Read Ebook: Iphigenie auf Tauris by Goethe Johann Wolfgang Von
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Ebook has 365 lines and 23884 words, and 8 pages
Iphigenie. Verbarg ich meiner Eltern Namen und Mein Haus, o K?nig, war's Verlegenheit, Nicht Misstraun. Den vielleicht, ach w?sstest du Wer vor dir steht, und welch verw?nschtes Haupt Du n?hrst und sch?tzest, ein Entsetzen fasste Dein grosses Herz mit seltnem Schauer an, Und statt die Seite deines Thrones mir Zu bieten, triebest du mich vor der Zeit Aus deinem Reiche; stiessest mich vielleicht, Eh' zu den Meinen frohe R?ckkehr mir Und meiner Wandrung Ende zugedacht ist, Dem Elend zu, das jeden Schweifenden, Von seinem Haus Vertriebnen ?berall Mit kalter fremder Schreckenshand erwartet.
Thoas. Was auch der Rath der G?tter mit dir sei, Und was sie deinem Haus und dir gedenken; So fehlt es doch, seitdem du bei uns wohnst Und eines frommen Gastes Recht geniessest, An Segen nicht, der mir von oben kommt. Ich m?chte schwer zu ?berreden sein, Dass ich an dir ein schuldvoll Haupt besch?tze.
Iphigenie. Dir bringt die Wohlthat Segen, nicht der Gast.
Thoas. Was man Verruchten thut wird nicht gesegnet. Drum endige dein Schweigen und dein Weigern; Es fordert diess kein ungerechter Mann. Die G?ttin ?bergab dich meinen H?nden; Wie du ihr heilig warst, so warst du's mir. Auch sei ihr Wink noch k?nftig mein Gesetz: Wenn du nach Hause R?ckkehr hoffen kannst, So sprech' ich dich von aller Fordrung los. Doch ist der Weg auf ewig dir versperrt, Und ist dein Stamm vertrieben, oder durch Ein ungeheures Unheil ausgel?scht, So bist du mein durch mehr als Ein Gesetz. Sprich offen! und du weisst, ich halte Wort.
Iphigenie. Vom alten Bande l?set ungern sich Die Zunge los, ein lang verschwiegenes Geheimniss endlich zu entdecken; denn Einmal vertraut, verl?sst es ohne R?ckkehr Des tiefen Herzens sichre Wohnung, schadet, Wie es die G?tter wollen, oder n?tzt. Vernimm! ich bin aus Tantalus Geschlecht.
Thoas. Du sprichst ein grosses Wort gelassen aus. Nennst du Den deinen Ahnherrn, den die Welt Als einen ehmals Hochbegnadigten Der G?tter kennt? Ist's jener Tantalus, Den Jupiter zu Rath und Tafel zog, An dessen alterfahrnen, vielen Sinn Verkn?pfenden Gespr?chen G?tter selbst, Wie an Orakelspr?chen, sich ergetzten?
Iphigenie. Er ist es; aber G?tter sollten nicht Mit Menschen, wie mit ihres Gleichen, wandeln; Das sterbliche Geschlecht ist viel zu schwach In ungewohnter H?he nicht zu schwindeln. Unedel war er nicht und kein Verr?ther; Allein zum Knecht zu gross, und zum Gesellen Des grossen Donnrers nur ein Mensch. So war Auch sein Vergehen menschlich; ihr Gericht War streng, und Dichter singen: ?bermuth Und Untreu' st?rzten ihn von Jovis Tisch Zur Schmach des alten Tartarus hinab. Ach und sein ganz Geschlecht trug ihren Hass!
Thoas. Trug es die Schuld des Ahnherrn oder eigne?
Iphigenie. Zwar die gewalt'ge Brust und der Titanen Kraftvolles Mark war seiner S?hn' und Enkel Gewisses Erbtheil; doch es schmiedete Der Gott um ihre Stirn ein ehern Band. Rath, M?ssigung und Weisheit und Geduld Verbarg er ihrem scheuen d?stern Blick; Zur Wuth ward ihnen jegliche Begier, Und gr?nzenlos drang ihre Wuth umher. Schon Pelops, der Gewaltig-wollende, Des Tantalus geliebter Sohn, erwarb Sich durch Verrath und Mord das sch?nste Weib, ?nomaus Erzeugte, Hippodamien. Sie bringt den W?nschen des Gemahls zwei S?hne, Thyest und Atreus. Neidisch sehen sie Des Vaters Liebe zu dem ersten Sohn Aus einem andern Bette wachsend an. Der Hass verbindet sie, und heimlich wagt Das Paar im Brudermord die erste That. Der Vater w?hnet Hippodamien Die M?rderin, und grimmig fordert er Von ihr den Sohn zur?ck, und sie entleibt Sich selbst--
Thoas. Du schweigest? Fahre fort zu reden! Lass dein Vertraun dich nicht gereuen! Sprich!
Iphigenie. Wohl dem, der seiner V?ter gern gedenkt, Der froh von ihren Thaten, ihrer Gr?sse Den H?rer unterh?lt, und still sich freuend An's Ende dieser sch?nen Reihe sich Geschlossen sieht! Denn es erzeugt nicht gleich Ein Haus den Halbgott noch das Ungeheuer; Erst eine Reihe B?ser oder Guter Bringt endlich das Entsetzen, bringt die Freude Der Welt hervor.--Nach ihres Vaters Tode Gebieten Atreus und Thyest der Stadt, Gemeinsam-herrschend. Lange konnte nicht Die Eintracht dauern. Bald entehrt Thyest Des Bruders Bette. R?chend treibet Atreus Ihn aus dem Reiche. T?ckisch hatte schon Thyest, auf schwere Thaten sinnend, lange Dem Bruder einen Sohn entwandt und heimlich Ihn als den seinen schmeichelnd auferzogen. Dem f?llet er die Brust mit Wuth und Rache Und sendet ihn zur K?nigsstadt, dass er Im Oheim seinen eignen Vater morde. Des J?nglings Vorsatz wird entdeckt: der K?nig Straft grausam den gesandten M?rder, w?hnend, Er t?dte seines Bruders Sohn. Zu sp?t Erf?hrt er, wer vor seinen trunknen Augen Gemartert stirbt; und die Begier der Rache Aus seiner Brust zu tilgen, sinnt er still Auf unerh?rte That. Er scheint gelassen Gleichg?ltig und vers?hnt, und lockt den Bruder Mit seinen beiden S?hnen in das Reich Zur?ck, ergreift die Knaben, schlachtet sie, Und setzt die ekle schaudervolle Speise Dem Vater bei dem ersten Mahle vor. Und da Thyest an seinem Fleische sich Ges?ttigt, eine Wehmuth ihn ergreift, Er nach den Kindern fragt, den Tritt, die Stimme Der Knaben an des Saales Th?re schon Zu h?ren glaubt, wirft Atreus grinsend Ihm Haupt und F?sse der Erschlagnen hin.-- Du wendest schaudernd dein Gesicht, o K?nig: So wendete die Sonn' ihr Antlitz weg Und ihren Wagen aus dem ewg'en Gleise. Diess sind die Ahnherrn deiner Priesterin; Und viel unseliges Geschick der M?nner, Viel Thaten des verworrnen Sinnes deckt Die Nacht mit schweren Fittigen und l?sst Uns nur die grauenvolle D?mmrung sehn.
Thoas. Verbirg sie schweigend auch. Es sei genug Der Gr?uel! Sage nun, durch welch ein Wunder Von diesem wilden Stamme du entsprangst.
Iphigenie. Des Altreus ?lt'ster Sohn war Agamemnon: Er ist mein Vater. Doch ich darf es sagen, In ihm hab' ich seit meiner ersten Zeit Ein Muster des vollkommnen Manns gesehn. Ihm brachte Klyt?mnestra mich, den Erstling Der Liebe, dann Elektren. Ruhig herrschte Der K?nig, und es war dem Hause Tantals Die lang entbehrte Rast gew?hrt. Allein Es mangelte dem Gl?ck der Eltern noch Ein Sohn, und kaum war dieser Wunsch erf?llt, Dass zwischen beiden Schwestern nun Orest Der Liebling wuchs, als neues ?bel schon Dem sichern Hause zubereitet war. Der Ruf des Krieges ist zu euch gekommen, Der, um den Raub der sch?nsten Frau zu r?chen, Die ganze Macht der F?rsten Griechenlands Um Trojens Mauern lagerte. Ob sie Die Stadt gewonnen, ihrer Rache Ziel Erreicht, vernahm ich nicht. Mein Vater f?hrte Der Griechen Heer. In Aulis harrten sie Auf g?nst'gen Wind vergebens: denn Diane, Erz?rnt auf ihren grossen F?hrer, hielt Die Eilenden zur?ck und forderte Durch Kalchas Mund des K?nigs ?lt'ste Tochter. Sie lockten mit der Mutter mich in's Lager; Sie rissen mich vor den Altar und weihten Der G?ttin dieses Haupt. Sie war vers?hnt: Sie wollte nicht mein Blut und h?llte rettend In eine Wolke mich; in diesem Tempel Erkannt ich mich zuerst vom Tode wieder. Ich bin es selbst, bin Iphigenie, Des Altreus Enkel, Agamemnons Tochter, Der G?ttin Eigenthum, die mit dir spricht.
Thoas. Mehr Vorzug und Vertrauen geb' ich nicht Der K?nigstochter als der Unbekannten. Ich wiederhole meinen ersten Antrag: Komm, folge mir, und theile was ich habe.
Iphigenie. Wie darf ich solchen Schritt, o K?nig, wagen? Hat nicht die G?ttin, die mich rettete, Allein das Recht auf mein geweihtes Leben? Sie hat f?r mich den Schutzort ausgesucht, Und sie bewahrt mich einem Vater, den Sie durch den Schein genug gestraft, vielleicht Zur sch?nsten Freude seines Alters hier. Vielleicht ist mir die frohe R?ckkehr nah; Und ich, auf ihren Weg nicht achtend, h?tte Mich wider ihren Willen hier gefesselt? Ein Zeichen bat ich, wenn ich bleiben sollte.
Thoas. Das Zeichen ist, dass du noch hier verweilst. Such' Ausflucht solcher Art nicht ?ngstlich auf. Man spricht vergebens viel, um zu versagen; Der andre h?rt von allem nur das Nein.
Iphigenie. Nicht Worte sind es, die nur blenden sollen; Ich habe dir mein tiefstes Herz entdeckt. Und sagst du dir nicht selbst, wie ich dem Vater, Der Mutter, den Geschwistern mich entgegen Mit ?ngstlichen Gef?hlen sehnen muss? Dass in den alten Hallen, wo die Trauer Noch manchmal stille meinen Namen lispelt, Die Freude, wie um eine Neugeborne, Den sch?nsten Kranz von S?ul an S?ulen schlinge. O sendetest du mich auf Schiffen hin! Du g?best mir und allen neues Leben.
Thoas. So kehr' zur?ck! Thu' was dein Herz dich heisst, Und h?re nicht die Stimme guten Raths Und der Vernunft. Sei ganz ein Weib und gib Dich hin dem Triebe, der dich z?gellos Ergreift und dahin oder dorthin reisst. Wenn ihnen eine Lust im Busen brennt, H?lt vom Verr?ther sie kein heilig Band, Der sie dem Vater oder dem Gemahl Aus langbew?hrten, treuen Armen lockt; Und schweigt in ihrer Brust die rasche Gluth, So dringt auf sie vergebens treu und m?chtig Der ?berredung goldne Zunge los.
Iphigenie. Gedenk', o K?nig, deines edeln Wortes! Willst du mein Zutraun so erwiedern? Du Schienst vorbereitet alles zu vernehmen.
Thoas. Auf's Ungehoffte war ich nicht bereitet; Doch sollt' ich's auch erwarten: wusst' ich nicht, Dass ich mit einem Weibe handeln ging?
Iphigenie. Schilt nicht, o K?nig, unser arm Geschlecht. Nicht herrlich wie die euern, aber nicht Unedel sind die Waffen eines Weibes. Glaub' es, darin bin ich dir vorzuziehn, Dass ich dein Gl?ck mehr als du selber kenne. Du w?hnest, unbekannt mit dir und mir, Ein n?her Band werd' uns zum Gl?ck vereinen. Voll guten Muthes wie voll guten Willens Dringst du in mich, dass ich mich f?gen soll; Und hier dank' ich den G?ttern, dass sie mir Die Festigkeit gegeben, dieses B?ndniss Nicht einzugehen, das sie nicht gebilligt.
Thoas. Es spricht kein Gott; es spricht dein eignes Herz.
Iphigenie. Sie reden nur durch unser Herz zu uns.
Thoas. Und hab' Ich, sie zu h?ren, nicht das Recht?
Iphigenie. Es ?berbraust der Sturm die zarte Stimme.
Thoas. Die Priesterin vernimmt sie wohl allein?
Iphigenie. Vor allen andern merke sie der F?rst.
Thoas. Dein heilig Amt und dein geerbtes Recht An Jovis Tisch bringt dich den G?ttern n?her, Als einen erdgebornen Wilden.
Iphigenie. So B?ss' ich nun das Vertraun, das du erzwangst.
Thoas. Ich bin ein Mensch; und besser ist's, wir enden. So bleibe denn mein Wort: Sei Priesterin Der G?ttin, wie sie dich erkoren hat; Doch mir verzeih' Diane, dass ich ihr, Bisher mit Unrecht und mit innerm Vorwurf, Die alten Opfer vorenthalten habe. Kein Fremder nahet gl?cklich unserm Ufer; Von Alters her ist ihm der Tod gewiss. Nur du hast mich mit einer Freundlichkeit, In der ich bald der zarten Tochter Liebe, Bald stille Neigung einer Braut zu sehn Mich tief erfreute, wie mit Zauberbanden Gefesselt, dass ich meiner Pflicht vergass. Du hattest mir die Sinnen eingewiegt, Das Murren meines Volks vernahm ich nicht; Nun rufen sie die Schuld von meines Sohnes Fr?hzeit'gem Tode lauter ?ber mich. Um deinetwillen halt' ich l?nger nicht Die Menge, die das Opfer dringend fordert.
Iphigenie. Um meinetwillen hab ich's nie begehrt. Der missversteht die Himmlischen, der sie Blutgierig w?hnt; er dichtet ihnen nur Dir eignen grausamen Begierden an. Entzog die G?ttin mich nicht selbst dem Priester? Ihr war mein Dienst willkommner, als mein Tod.
Thoas. Es ziemt sich nicht f?r uns, den heiligen Gebrauch mit leicht beweglicher Vernunft Nach unserm Sinn zu deuten und zu lenken. Thu' deine Pflicht, ich werde meine thun. Zwei Fremde, die wir in des Ufers H?hlen Versteckt gefunden, und die meinem Lande Nichts Gutes bringen, sind in meiner Hand. Mit diesen nehme deine G?ttin wieder Ihr erstes, rechtes, lang entbehrtes Opfer! Ich sende sie hierher; du weisst den Dienst.
Vierter Auftritt.
Iphigenie . Du hast Wolken, gn?dige Retterin, Einzuh?llen unschuldig Verfolgte, Und auf Winden dem ehrnen Geschick sie Aus den Armen, ?ber das Meer, ?ber der Erde weiteste Strecken Und wohin es dir gut d?nkt zu tragen. Weise bist du und siehest das K?nftige; Nicht vor?ber ist dir das Vergangne, Und dein Blick ruht ?ber den Deinen Wie dein Licht, das Leben der N?chte, ?ber der Erde ruhet und waltet. O enthalte vom Blut meine H?nde! Nimmer bringt es Segen und Ruhe; Und die Gestalt des zuf?llig Ermordeten Wird auf des traurig-unwilligen M?rders B?se Stunden lauern und schrecken. Denn die Unsterblichen lieben der Menschen Weit verbreitete gute Geschlechter, Und sie fristen das fl?chtige Leben Gerne dem Sterblichen, wollen ihm gerne Ihres eigenen, ewigen Himmels Mitgeniessendes fr?hliches Anschaun Eine Weile g?nnen und lassen.
Zweiter Aufzug.
Erster Auftritt.
Orest. Pylades.
Orest. Es ist der Weg des Todes, den wir treten: Mit jedem Schritt wird meine Seele stiller. Als ich Apollen bat, das gr?ssliche Geleit der Rachegeister von der Seite Mir abzunehmen, schien er H?lf' und Rettung Im Tempel seiner vielgeliebten Schwester, Die ?ber Tauris herrscht, mit hoffnungsreichen Gewissen G?tterworten zu versprechen; Und nun erf?llet sich's, dass alle Noth Mit meinem Leben v?llig enden soll. Wie leicht wird's mir, dem eine G?tterhand Das Herz zusammendr?ckt, den Sinn bet?ubt, Dem sch?nen Licht der Sonne zu entsagen. Und sollen Atreus Enkel in der Schlacht Ein siegbekr?ntes Ende nicht gewinnen; Soll ich wie meine Ahnen, wie mein Vater, Als Opferthier im Jammertode bluten: So sei es! Besser hier vor dem Altar, Als im verworfnen Winkel, wo die Netze Der nahverwandte Meuchelm?rder stellt. Lasst mir so lange Ruh, ihr Unterird'schen, Die nach dem Blut ihr, das von meinen Tritten Hernieder tr?ufelnd meinen Pfad bezeichnet, Wie losgelass'ne Hunde sp?rend hetzt. Lasst mich, ich komme bald zu euch hinab; Das Licht des Tags soll euch nicht sehn, noch mich. Der Erde sch?ner gr?ner Teppich soll Kein Tummelplatz f?r Larven sein. Dort unten Such' ich euch auf: dort bindet alle dann Ein gleich Geschick in ew'ge matte Nacht. Nur dich, mein Pylades, dich, meiner Schuld Und meines Banns unschuldigen Genossen, Wie ungern nehm' ich dich in jenes Trauerland Fr?hzeitig mit! Dein Leben oder Tod Gibt mir allein noch Hoffnung oder Furcht.
Pylades. Ich bin noch nicht, Orest, wie du bereit, In jenes Schattenreich hinabzugehn. Ich sinne noch, durch die verworrnen Pfade, Die nach der schwarzen Nacht zu f?hren scheinen, Uns zu dem Leben wieder aufzuwinden. Ich denke nicht den Tod; ich sinn' und horche, Ob nicht zu irgend einer frohen Flucht Die G?tter Rath und Wege zubereiten. Der Tod, gef?rchtet oder ungef?rchtet, Kommt unaufhaltsam. Wenn die Priesterin Schon, unsre Locken weihend abzuschneiden, Die Hand erhebt, soll dein' und meine Rettung Mein einziger Gedanke sein. Erhebe Von diesem Unmuth deine Seele; zweifelnd Beschleunigest du die Gefahr. Apoll Gab uns das Wort: im Heiligthum der Schwester Sei Trost und H?lf' und R?ckkehr dir bereitet. Der G?tter Worte sind nicht doppelsinnig, Wie der Gedr?ckte sie im Unmuth w?hnt.
Orest. Des Lebens dunkle Decke breitete Die Mutter schon mir um das zarte Haupt, Und so wuchs ich herauf, ein Ebenbild Des Vaters, und es war mein stummer Blick Ein bittrer Vorwurf ihr und ihrem Buhlen. Wie oft, wenn still Elektra, meine Schwester, Am Feuer in der tiefen Halle sass, Dr?ngt' ich beklommen mich an ihren Schoos, Und starrte, wie sie bitter weinte, sie Mit grossen Augen an. Dann sagte sie Von unserm hohen Vater viel: wie sehr Verlangt' ich ihn zu sehn, bei ihm zu sein! Mich w?nscht' ich bald nach Troja, ihn bald her. Es kam der Tag--
Pylades. O lass von jener Stunde Sich H?llengeister n?chtlich unterhalten! Uns gebe die Erinnrung sch?ner Zeit Zu frischem Heldenlaufe neue Kraft. Die G?tter brauchen manchen guten Mann Zu ihrem Dienst auf dieser weiten Erde. Sie haben noch auf dich gez?hlt; sie gaben Dich nicht dem Vater zum Geleite mit, Da er unwillig nach dem Orcus ging.
Orest. O, w?r' ich, seinen Saum ergreifend, ihm Gefolgt!
Pylades. So haben die, die dich erhielten, F?r mich gesorgt: denn was ich worden w?re, Wenn du nicht lebtest, kann ich mir nicht denken; Da ich mit dir und deinetwillen nur Seit meiner Kindheit leb' und leben mag.
Orest. Erinnre mich nicht jener sch?nen Tage, Da mir dein Haus die freie St?tte gab, Dein edler Vater klug und liebevoll Die halberstarrte junge Bl?the pflegte; Da du ein immer munterer Geselle, Gleich einem leichten bunten Schmetterling Um eine dunkle Blume, jeden Tag Um mich mit neuem Leben gaukeltest, Mir deine Lust in meine Seele spieltest, Dass ich, vergessend meiner Noth, mit dir In rascher Jugend hingerissen schw?rmte.
Pylades. Da fing mein Leben an, als ich dich liebte.
Orest. Sag: meine Noth begann, und du sprichst wahr. Das ist das ?ngstliche von meinem Schicksal, Dass ich, wie ein verpesteter Vertriebner, Geheimen Schmerz und Tod im Busen trage; Dass, wo ich den gesund'sten Ort betrete, Gar bald um mich die bl?henden Gesichter Den Schmerzenszug langsamen Tod's verrathen.
Pylades. Der N?chste w?r' ich diesen Tod zu sterben, Wenn je dein Hauch, Orest, vergiftete. Bin ich nicht immer noch voll Muth und Lust? Und Lust und Liebe sind die Fittige Zu grossen Thaten.
Orest. Grosse Thaten? Ja, Ich weiss die Zeit, da wir sie vor uns sahn! Wenn wir zusammen oft dem Wilde nach Durch Berg' und Th?ler rannten und dereinst An Brust und Faust dem hohen Ahnherrn gleich Mit Keul' und Schwert dem Ungeheuer so, Dem R?uber auf der Spur zu jagen hofften; Und dann wir Abends an der weiten See Uns aneinander lehnend ruhig sassen, Die Wellen bis zu unsern F?ssen spielten, Die Welt so weit, so offen vor uns lag; Da fuhr wohl Einer manchmal nach dem Schwert, Und k?nft'ge Thaten drangen wie die Sterne Rings um uns her unz?hlig aus der Nacht.
Pylades. Unendlich ist das Werk, das zu vollf?hren Die Seele dringt. Wir m?chten jede That So gross gleich thun, als wie sie w?chs't und wird, Wenn Jahre lang durch L?nder und Geschlechter Der Mund der Dichter sie vermehrend w?lzt. Es klingt so sch?n was unsre V?ter thaten, Wenn es in stillen Abendschatten ruhend Der J?ngling mit dem Ton der Harfe schl?rft; Und was wir thun ist, wie es ihnen war, Voll M?h' und eitel St?ckwerk! So laufen wir nach dem, was vor uns flieht, Und achten nicht des Weges den wir treten, und sehen neben uns der Ahnherrn Tritte Und ihres Erdelebens Spuren kaum. Wir eilen immer ihrem Schatten nach, Der g?ttergleich in einer weiten Ferne Der Berge Haupt auf goldnen Wolken kr?nt. Ich halte nichts von dem, der von sich denkt Wie ihn das Volk vielleicht erheben m?chte. Allein, o J?ngling, danke du den G?ttern, Dass sie so fr?h durch dich so viel gethan.
Orest. Wenn sie dem Menschen frohe That bescheren Dass er ein Unheil von den Seinen wendet, Dass er sein Reich vermehrt, die Gr?nzen sichert, Und alte Feinde fallen oder fliehn; Dann mag er danken! denn ihm hat ein Gott Des Lebens erste, letzte Lust geg?nnt. Mich haben sie zum Schl?chter auserkoren, Zum M?rder meiner doch verehrten Mutter, Und, eine Schandthat sch?ndlich r?chend, mich Durch ihren Wink zu Grund' gerichtet. Glaube, Sie haben es auf Tantals Haus gerichtet, Und ich, der Letzte, soll nicht schuldlos, soll Nicht ehrenvoll vergehn.
Pylades. Die G?tter r?chen Der V?ter Missethat nicht an dem Sohn; Ein jeglicher, gut oder b?se, nimmt Sich seinen Lohn mit seiner That hinweg. Es erbt der Eltern Segen, nicht ihr Fluch.
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