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Read Ebook: Schelmuffskys wahrhaftige kuriöse und sehr gefährliche Reisebeschreibung zu Wasser und zu Lande by Reuter Christian Fritz Gottlieb Editor Berwald Ludwig Illustrator

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Ebook has 261 lines and 42314 words, and 6 pages

Editor: Gottlieb Fritz

Illustrator: Ludwig Berwald

Hausb?cherei

der Deutschen Dichter-Ged?chtnis-Stiftung

Hamburg-Grossborstel

Verlag der Deutschen Dichter-Ged?chtnis-Stiftung

S c h e l m u f f s k y s

wahrhaftige, kuri?se und sehr gef?hrliche Reisebeschreibung zu Wasser und zu Lande

von

Christian Reuter

Eingeleitet und bearbeitet von Dr. G o t t l i e b F r i t z. Mit Bildern von L u d w i g B e r w a l d

Hamburg-Grossborstel

Verlag der Deutschen Dichter-Ged?chtnis-Stiftung

Inhalt

Seite

Einleitung von Dr. Gottlieb Fritz 7-10

C h r i s t i a n R e u t e r: Schelmuffskys Reisebeschreibung

Erster Teil 13-99

Zweiter Teil 101-148

Ein ausf?hrliches Verzeichnis der fr?her erschienenen B?nde der >>Hausb?cherei<< sowie der >>Volksb?cher<< ist diesem Bande vorgeheftet.

Einleitung.

Der Leipziger Student Christian Reuter, der im Jahre 1696 >>Schelmuffskys wahrhaftige, curi?se und sehr gef?hrliche Reisebeschreibung zu Wasser und Lande<< anonym erscheinen liess, ist als der Verfasser eines der lustigsten B?cher unserer Literatur, das die Aufschneidereien des weltber?hmten Freiherrn von M?nchhausen noch ?bertrumpft, erst vor wenigen Jahrzehnten aus der selbstgew?hlten Verborgenheit an das Licht gezogen worden. Von seinem L e b e n wissen wir, abgesehen von seinen tollen Studentenjahren, ?ber die uns die umst?ndlichen Disziplinarakten eines hochl?blichen akademischen Senats Auskunft geben, herzlich wenig; aber gerade die Leipziger Jahre Reuters, der, 1665 als Sohn eines Bauern in der N?he von Z?rbig bei Halle geboren, 1694 die Universit?t bezog, sind mit der Entstehung des >>Schelmuffsky<< auf das engste verkn?pft und bieten auch sonst ein interessantes Bild von dem akademischen Leben jener Tage.

Christian Reuter, den wir uns als einen frischen, ?berm?tigen Burschen, dem ein geh?riger Schalk im Nacken sass, denken m?ssen, wohnte als Student in dem Hause >>Zum roten L?wen<< auf dem Br?hl bei einer gewissen Frau M?ller, die verwitwet war und eine Reihe erwachsener Kinder, drei S?hne und zwei T?chter, hatte. Die F a m i l i e M ? l l e r, dummstolz und hoff?rtig, scheint wegen ihrer ungebildeten, stereotypen Redensarten in studentischen Kreisen ein beliebtes Ziel des Spottes gebildet zu haben; der ?lteste Sohn Eustachius, das Urbild des Schelmuffsky, war ein Aufschneider und Tagedieb und nach einer gem?ss der Sitte junger Edelleute angeblich von ihm unternommenen Auslandreise in das m?tterliche Haus zur?ckgekehrt, wo er sich nicht wenig aufspielte und durch einen liederlichen Lebenswandel die Wirtschaft herunterbrachte. Es dauerte nicht lange, so geriet Reuter, wohl wegen r?ckst?ndiger Miete, mit seinen Wirtsleuten in Streit und musste, nachdem ihm, wie es scheint, ?bel mitgespielt worden war, das Haus verlassen.

Zwischen die Abfassung dieser beiden St?cke f?llt nun die Entstehung des >>S c h e l m u f f s k y<<. Der erste Teil erschien zuerst 1696, im darauffolgenden Jahre entstand ein zweiter Teil und wurde mit dem umgearbeiteten ersten zusammen ver?ffentlicht.

Der Triumph Reuters dauerte jedoch nicht lange. Zwar hatte er die Lacher auf seiner Seite, die die ungl?ckliche Familie reichlich mit Spott und Hohn ?bersch?tteten und vor allem nicht vers?umten, den Sohn Eustachius in geb?hrender Weise als Schelmuffsky zu feiern; aber eine Klage nach der andern wurde von der gequ?lten Witwe M?ller in beweglichen Worten gegen ihn erhoben, und der akademische Senat sah sich zun?chst veranlasst, Reuter mit Karzer zu bestrafen, dann aber, als der zweite Teil des Schelmuffsky erschien und mit gewaltigem Hallo unter den Studenten und in der B?rgerschaft aufgenommen war, ihn schlankweg v o n d e r U n i v e r s i t ? t z u r e l e g i e r e n. Reuter hat dann in der Folgezeit in Dresden eine Anstellung erhalten. 1703 taucht er in Berlin auf, wo er zur Kr?nung des K?nigs und noch einmal sp?ter im Jahre 1710 zu dessen Geburtstag ein Festspiel schrieb. ?ber seine weiteren Lebensschicksale ist so gut wie nichts bekannt.

Den >>S c h e l m u f f s k y<< werden wir unbedingt zu den M e i s t e r w e r k e n d e r d e u t s c h e n h u m o r i s t i s c h e n L i t e r a t u r z?hlen m?ssen. Die Prachtgestalt des Helden mit seiner Renommiersucht und grotesken Erfindungsgabe kann sich ruhig neben Falstaff sehen lassen und ?bertrifft an komischer Kraft jedenfalls den M?nchhausen um ein bedeutendes. Das Ganze ist wie aus einem Gusse, die bunte F?lle der Erlebnisse und drastisch ausgemalter Situationen, dazu die k?stliche Selbstcharakteristik Schelmuffskys, seine stetig wiederkehrenden Redensarten, wie das zum gefl?gelten Wort gewordene >>Der Tebel hol mer<<, und die eindrucksvolle Erz?hlung von seiner wunderbaren Geburt werden ihre Wirkung nie verlieren. Aber der >>Schelmuffsky<< ist mehr als der Ausfluss pers?nlichen Rachegef?hls und jugendlichen ?bermutes einer humoristisch veranlagten Natur: er ist zugleich eine g l ? n z e n d e S a t i r e a u f d i e l ? g e n h a f t e n R e i s e s c h i l d e r u n g e n, die in jener Zeit zahlreich erschienen und begierig gelesen wurden, und vor allem auf die >>alamodische<< Sucht gewisser b?rgerlicher Kreise, es in Haltung, Kleidung und sonstigen Gewohnheiten dem Adel gleichzutun.

Der vorliegende Abdruck h?lt sich genau an den Wortlaut des Originals; nur mussten einige f?r unsere Ohren allzu derbe Stellen, an denen die Zeitgenossen Reuters keinen Anstoss nahmen, fortbleiben. Auch ist die Rechtschreibung mehr den heutigen Verh?ltnissen angepasst worden.

Charlottenburg, G. Fritz. Mai 1912.

Christian Reuter:

Schelmuffsky

Deutschland ist mein Vaterland, in Schelmerode bin ich geboren, zu Sankt Malo habe ich ein ganz halb Jahr gefangen gelegen und in Holland und England bin ich auch gewesen. Damit ich aber diese meine sehr gef?hrliche Reisebeschreibung fein ordentlich einrichte, so muss ich wohl von meiner wunderlichen Geburt den Anfang machen. Als die grosse Ratte, welche meiner Frau Mutter ein ganz neu seiden Kleid zerfressen, mit dem Besen nicht hatte k?nnen totgeschlagen werden, indem sie meiner Schwester zwischen den Beinen durchl?uft, f?llt die ehrliche Frau deswegen aus Eifer in eine solche Krankheit und Ohnmacht, dass sie ganzer vierundzwanzig Tage daliegt und kann sich, der Tebel hol mer, weder regen noch wenden. Ich, der ich dazumal die Welt noch niemals geschaut und nach Adam Riesens Rechenbuche vier ganzer Monat noch im Verborgenen h?tte pausieren sollen, war dermassen auch auf die sappermentsche Ratte so t?richt, dass ich mich aus Ungeduld nicht l?nger zu bergen vermochte, und kam auf allen Vieren sporenstreichs in die Welt gekrochen. Wie ich nun auf der Welt war, lag ich acht ganzer Tage unten zu meiner Frau Mutter F?ssen im Bettstroh, ehe ich mich einmal recht besinnen kunnte, wo ich war. Den neunten Tag so erblickte ich mit grosser Verwunderung die Welt. O sapperment! wie kam mir alles so w?ste da vor, sehr malade war ich, nichts hatte ich auf dem Leibe, meine Frau Mutter hatte alle Viere von sich gestreckt und lag da, als wenn sie vor den Kopf geschlagen w?re, schreien wollte ich auch nicht, weil ich wie ein jung Ferkelchen dalag, und wollte mich niemand sehen lassen, weil ich nackend war, dass ich also nicht wusste, was ich anfangen sollte. Endlich dachte ich, du musst doch sehen, wie du deine Frau Mutter ermunterst, und versuchte es auf allerlei Art und Weise; bald kriegte ich sie bei der Nase, bald krabbelte ich ihr unten an den Fusssohlen, letztlich nahm ich einen Strohhalm und kitzelte sie damit in dem linken Nasenloche, wovon sie eiligst auffuhr und schrie: Eine Ratte! Eine Ratte! Da ich nun von ihr das Wort Ratte nennen h?rte, war es, der Tebel hol mer, nich anders, als wenn jemand ein Schermesser n?hme und f?hre mir damit unter meiner Zunge weg, dass ich hierauf alsobald ein erschreckliches Auweh! an zu reden fing. Hatte meine Frau Mutter nun zuvor eine Ratte! eine Ratte! geschrien, so schrie ich hernachmals wohl ?ber hundert Mal: Eine Ratte! Eine Ratte! denn sie meinte nicht anders, es nistelte eine Ratte bei ihr unten zu ihren F?ssen. Ich war aber her und kroch sehr artig an meiner Frau Mutter hinauf, guckte bei ihr oben zum Deckbett heraus und sagte: Frau Mutter, Sie f?rchte sich nur nicht, ich bin keine Ratte, sondern ihr lieber Sohn; dass ich aber so fr?hzeitig bin auf die Welt gekommen, hat solches eine Ratte verursacht. Als dieses meine Frau Mutter h?rte, Ei sapperment! wie war sie froh, dass ich so unvermutet war auf die Welt gekommen, dass sie ganz nichts davon gewusst hatte. Indem sie sich nun so mit mir eine gute Weile in ihren Armen geh?tschelt hatte, stund sie mit mir auf, zog mir ein weiss Hemde an und rief die Mietsleute im ganzen Hause zusammen, welche mich alle miteinander h?chst verwundernd ansahen und wussten nicht, was sie aus mir machen sollten, weil ich schon so artig schwatzen kunnte. Herr Gerge, meiner Frau Mutter damaliger Pr?zeptor, meinte, ich w?re gar von dem b?sen Geiste besessen, denn sonst k?nnte es unm?glich von rechten Dingen mit mir zugehen, und er wollte denselben bald von mir austreiben. Lief hierauf eiligst in seine Studierstube und brachte ein gross Buch unter dem Arme geschleppt, damit wollte er den b?sen Geist nun von mir treiben. Er machte in die Stube einen grossen Kreis mit Kreide, schrieb einen Haufen kauderwelsche Buchstaben hinein und machte hinter und vor sich ein Kreuz, trat hernachmals in den Kreis hinein und fing folgendes an zu reden:

Hafenstadt in der Bretagne.

der Teufel hole mich.

Hokus pokus schwarz und weiss, Fahre stracks auf mein Geheiss Schuri muri aus dem Knaben, Weils Herr Gerge so will haben.

Wie Herr Gerge diese Worte gesprochen hatte, fing ich zu ihm an und sagte: Mein lieber Herr Pr?zeptor, warum nehmet Ihr doch solche K?ckelpossen vor und vermeinet, ich sei von dem b?sen Geiste besessen; wenn Ihr aber wissen wolltet, was die Ursache w?re, dass ich flugs habe reden lernen und weswegen ich so fr?hzeitig bin auf die Welt gekommen, Ihr w?rdet wohl solche n?rrische H?ndel mit Eurem Hokuspokus nicht vorgenommen haben. Als sie mich dieses nun so reden h?reten, O sapperment! was erweckte es vor Verwunderung vor den Leuten im Hause. Herr Gerge stund, der Tebel hol mer, da in seinem Kreise mit Zittern und Beben, dass auch die um ihn Herumstehenden alle aus der Luft mutmassen kunnten, der Herr Pr?zeptor m?sste wohl in keinem Rosengarten stehn.

Ich kunnte aber seinen erb?rmlichen Zustand nicht l?nger mit ansehen, sondern fing da an, meine wunderliche Geburt zu erz?hlen, und wie es niemand anders als diejenige Ratte verursacht h?tte, welche das seidene Kleid zerfressen, dass ich so fr?hzeitig auf die Welt gekommen w?re und flugs reden k?nnen. Nachdem ich nun mit vielen Umst?nden den s?mtlichen Hausgenossen die ganze Begebenheit von der Ratte erz?hlt hatte, so glaubten sie hernach allererst, dass ich meiner Frau Mutter ihr Sohn w?re. Herr Gerge aber, der sch?mte sich wie ein Hund, dass er meinetwegen solche Narrenpossen vorgenommen hatte und vermeint, ein b?ser Geist m?sste aus mir reden. Er war her, l?schte seinen Hokuspokuskreis wieder aus, nahm sein Buch und ging stillschweigend immer zur Stubent?re hinaus. Wie auch die Leute hernach alle mit mir taten, und mich zu herzten und zu possten, weil ich so ein sch?ner Junge war und mit ihnen flugs schwatzen kunnte, das w?re, der Tebel hol mer, auf keine Kuhhaut zu schreiben; ja sie machten auch alle miteinander flugs Anstalt, dass mir selben Tag noch bei grosser Menge Volks der vortreffliche Name Schelmuffsky beigelegt wurde. Den zehnten Tag nach meiner wunderlichen Geburt lernte ich allm?hlich, wiewohl etwas langsam, an den B?nken gehn, denn ich war ganz malade, weil ich auf der Welt gar noch nichts weder gefressen noch gesoffen hatte. Was trug sich zu? Meine Frau Mutter, die hatte gleich selben Tag ein gross Fass voll Ziegenmolken auf der Ofenbank stehn; ?ber dasselbe gerate ich so ohngef?hr und titsche mit dem Finger hinein und koste es. Weil mir das Zeug nun sehr wohl schmeckte, kriegte ich das ganze Fass bei dem Leibe und soffs, der Tebel hol mer, halb aus. Wovon ich hernach ganz lebend wurde und zu Kr?ften kam. Als meine Frau Mutter sah, dass mir das Ziegenmolken so wohl bekam, war sie her und kaufte hernach noch eine Ziege, denn eine hatte sie schon, die mussten mich also bis in das zw?lfte Jahr meines Alters mit lauter solchem Zeuge ern?hren und auferziehen. Ich kanns wohl sagen, dass ich denselben Tag, als ich gleich zw?lf Jahr alt war, der Tebel hol mer, Speck ellendicke auf meinem R?cken hatte, so fett war ich von dem Ziegenmolken geworden. Bei Anfange des dreizehnten Jahres lernte ich auch alle sachte die gebratenen Kramsv?gelchen und die jungen gespickten H?hnerchen abknaupeln, welche mir endlich auch sehr wohl bekamen. Da ich nun so ein bisschen besser zu Jahren kam, so schickte mich meine Frau Mutter in die Schule und vermeinte nun, einen Kerl aus mir zu machen, der mit der Zeit alle Leute an Gelehrsamkeit ?bertreffen w?rde. Ja es w?re dazumal wohl endlich was aus mir geworden, wenn ich h?tte Lust, was zu lernen, gehabt, denn so klug als ich in die Schule ging, so klug kam ich auch wieder heraus. Meine gr?sste Lust hatte ich an dem Blaserohre, welches mir meine Frau Grossmutter zum Jahrmarkte von der Eselswiese mitgebracht hatte. So bald ich denn aus der Schule kam, so schmiss ich meine B?cherchen unter die Bank und nahm mein Blaserohr, lief damit auf den obersten Boden und schoss da entweder die Leute auf der Gasse mit auf die K?pfe oder nach den Spatzianern, oder knapste den Leuten in der Nachbarschaft die sch?nen Spiegelscheiben entzwei, und wenn sie denn so klirrten, kunnte ich recht herzlich dr?ber lachen; das trieb ich nun so einen Tag und alle Tage, ich hatte auch so gewiss mit meinem Blaserohr schiessen gelernt, dass ich einem Sperlinge, wenn er gleich dreihundert Schritt von mir sass, damit das Lebenslicht ausblasen kunnte. Ich machte das Rabenzeug so sch?chtern, wenn sie nur meinen Namen nennen h?rten, so wussten sie schon, wieviel es geschlagen hatte.

Als nun meine Frau Mutter sah, dass mir das Studieren ganz nicht zu Halse wollte und nur das Schulgeld vor die lange Weile hingeben musste, nahm sie mich aus der Schule wieder heraus und tat mich zu einem vornehmen Kaufmann, da sollte ich ein ber?hmter Handelsmann werden, ja ich h?tte es wohl werden k?nnen, wenn ich auch Lust dazu gehabt h?tte; denn anstatt da ich sollte die Nummern an den Waren merken und wie teuer die Elle m?sste mit Profit verkauft werden, so hatte ich immer andere Schelmst?cke in Gedanken, und wenn mich mein Patron wohin schickte, dass ich geschwinde wiederkommen sollte, so nahm ich allemal erstlich mein Blaserohr mit, ging eine Gasse auf, die andere wieder nieder und sah, wo Sperlinge sassen; oder wenn wo sch?ne grosse Scheiben in Fenstern waren und es sah niemand heraus, so knapste ich nach denselben und lief hernach immer meine Wege wieder fort; kam ich denn wieder zu meinem Herrn und war etwa ein paar Stunden ?ber der Zeit aussen gewesen, so wusste ich allemal so eine artige L?gente ihm vorzubringen, dass er mir sein Lebetage nichts sagte. Zuletzt versah ichs aber dennoch auch bei ihm, dass es nicht viel fehlte, so h?tte er mir mein Blaserohr auf dem Buckel entzweigeschmissen. Ich aber merkte den Braten und gab mit meinem Blaserohre Reissaus und soll nun noch wieder zu ihm kommen. Hernach so schickte er zu meiner Frau Mutter und liess ihr sagen, wie dass ich ihm allen Unfug mit meinem Blaserohre bei den Leuten angerichtet h?tte und mich ganz zur Handlung nicht schicken wollte. Meine Frau Mutter liess dem Kaufmann aber wieder sagen, es w?re schon gut, und sie wollte mich nicht wieder zu ihm tun, weil ich indem schon von ihm weggelaufen und wieder bei ihr w?re, vielleicht kriegte ich zu sonst was Bessers Lust. Das war nun wieder Wasser auf meine M?hle, als meine Frau Mutter dem Kaufmann solches zur Antwort sagen liess, und hatte ich zuvor die Leute auf der Gassen und die sch?nen Spiegelscheiben in den Fenstern nicht geschoren, so foppte ich sie hernach allererst, wie ich wieder meinen freien Willen hatte. Endlich, da meine Frau Mutter sah, dass immer Klage ?ber mich kam, und etlichen Leuten die Fenster musste wieder machen lassen, fing sie zu mir an: Lieber Sohn Schelmuffsky, du k?mmst nun alle sachte zu besserem Verstande und wirst auch fein gross dabei: sage nur, was ich noch mit dir anfangen soll, weil du ganz und gar keine Lust zu nirgends zu hast und nur einen Tag und alle Tage nichts anders tust, als dass du mir die Leute in der Nachbarschaft mit deinem Blaserohre zum Feinde machst und mich in Ungelegenheit bringst. Ich antwortete aber meiner Frau Mutter hierauf wieder und sagte: Frau Mutter, weiss sie was? Ich will her sein und fremde L?nder und St?dte besehen, vielleicht werde ich durch mein Reisen ein ber?hmter Kerl, dass hernach, wenn ich wiederkomme, jedweder den Hut vor mir muss unter den Arm nehmen, wenn er mit mir reden will. Meine Frau Mutter liess sich diesen Vorschlag gefallen und meinte, wenn ichs so weit bringen k?nnte, sollte ich mich immer in der Welt umsehen, sie wollte mir schon ein St?ck Geld mit auf den Weg geben, dass ich eine Weile daran zu zehren h?tte. Hierauf war ich her, suchte zusammen, was ich mitnehmen wollte, wickelte alles zusammen in ein zwilchen Schnupftuch, steckte es in die Ficke und machte mich reisefertig; doch h?tte ich mein Blaserohr auch gerne mitgenommen, allein so wusste ichs nicht mit fortzubringen und besorgte, es m?chte mir unterwegens gestohlen oder genommen werden, liess also dasselbe zu Hause und versteckte es auf dem obersten Boden hinter die Feuermauer und trat in dem vierundzwanzigsten Jahre meines Alters meine sehr gef?hrliche Reise an. Was ich nun in der Fremde zu Wasser und Lande ?berall gesehen, geh?rt, erfahren und ausgestanden, das wird in den folgenden Kapiteln mit h?chster Verwunderung zu vernehmen sein.

aus >>L?ge<< und >>Legende<< gebildet.

will mich aufmachen.

von Zwillich, grobem Zeug.

Tasche.

Der Kuckuck fing gleich denselben Tag das erstemal im Jahre an zu rufen, als ich in Schelmerode von meiner Frau Mutter Abschied nahm, ihr um den Hals fiel, sie auf jedweden Backen zu guter Letzt dreimal herzte und hernach immer zum Tore hinaus wanderte. Wie ich nun vor das Tor kam, O sapperment! wie kam mir alles so weitl?ufig in der Welt vor, da wusste ich nun, der Tebel hol mer, nicht, ob ich gegen Abend oder gegen der Sonnen Niedergang zu marschieren sollte; hatte wohl zehnmal den Willen, wieder umzukehren und bei meiner Frau Mutter zu bleiben, wenn ich solches nicht so l?sterlich verschworen gehabt, nicht eher wieder zu ihr zu kommen, bis dass ich ein brav Kerl geworden w?re. Doch h?tte ich mich endlich auch nicht gross an das Verschw?ren gekehrt, weil ich sonst wohl eher was verschworen und es nicht gehalten hatte, sondern w?rde unfehlbar wieder zu meiner Frau Mutter gewandert sein, wann nicht ein Graf auf einem Schellenschlitten w?re querfeldein nach mir zugefahren kommen und mich gefragt, wie ich so da in Gedanken st?nde. Worauf ich dem Grafen aber zur Antwort gab, ich w?re willens, die Welt zu besehen, und es k?me mir alles so weitl?ufig vor, und w?sste nicht, wo ich zugehen sollte. Der Graf fing hierauf zu mir an und sagte: Monsieur, es siehet ihm was Rechts aus seinen Augen, und weil er willens ist, die Welt zu besehen, so setze er sich zu mir auf meinen Schellenschlitten und fahre mit mir, denn ich fahre deswegen auch in der Welt nur herum, dass ich sehen will, was hier und da passiert. Sobald der Herr Graf dieses gesagt, sprang ich mit gleichen Beinen in seinen Schellenschlitten hinein und steckte die rechte Hand vorne in die Hosen und die linke in den rechten Schubsack, dass mich nicht frieren sollte, denn der Wind ging sehr kalt und hatte selbige Nacht ellendicke Eis gefroren; doch war es noch gut, dass der Wind uns hintennach ging, so kunnte er mich nicht so treffen, denn der Herr Graf hielt ihn auch etwas auf, der sass hinten auf der Pritsche und kutschte, damit so fuhren wir immer in die Welt hinein und gegen Mittag zu. Unterwegens erz?hlten wir einander unser Herkommens; der Herr Graf machte nun den Anfang und erz?hlte seinen gr?flichen Stand und dass er aus einem uralten Geschlechte herstammte, welches zweiunddreissig Ahnen h?tte, und sagte mir auch, in welchem Dorfe seine Grossmutter begraben l?ge, ich habe es aber wieder vergessen; hernach so schwatzte er mir auch, wie dass er, als er noch ein kleiner Junge von sechzehn Jahren gewesen w?re, seine Lust und Freude an dem Vogelstellen immer gehabt h?tte und einstmals auf einmal zugleich einunddreissig Pumpelmeisen in einem Sprenkel gefangen, welche er sich in Butter braten lassen und ihm so vortrefflich bekommen w?ren. Nachdem er nun seinen Lebenslauf von Anfang bis zum Ende erz?hlt hatte, so fing ich hernach von meiner wunderlichen Geburt an zu schwatzen, wie auch von meinem Blaserohre, mit welchem ich so gewiss schiessen k?nnen. O sapperment! wie sperrte der Herr Graf Maul und Nasen dar?ber auf, als ich ihm solche Dinge erz?hlte, und meinte, dass noch was Rechts auf der Welt aus mir werden w?rde.

Nach solcher Erz?hlung kamen wir an ein Wirtshaus, welches flugs an der Strasse im freien Felde lag, daselbst stiegen wir ab und gingen hinein, uns ein wenig da auszuw?rmen; sobald als wir in die Stube kamen, liess sich der Herr Graf ein gross Glas geben, in welches wohl hierzulande auf achtzehn bis zwanzig Mass gehn, dasselbe liess er sich von dem Wirte voll Branntwein schenken und brachte mirs von da auf Du und Du zu. Nun h?tte ich nicht vermeint, dass der Graf das Glas voll Branntwein alle auf einmal aussaufen w?rde, allein er soffs, der Tebel hol mer, auf einen Soff ohne Absetzen und Bartwischen reine aus, dass sich auch der Wirt grausam dar?ber verwunderte. Hernach so liess ers wieder so voll schenken und sagte zu mir: Nun allons, Herr Bruder Schelmuffsky, ein Hundsfott, der mirs nicht auch Bescheid tut. Sapperment! das Ding verdross mich, dass der Graf mit solchen Worten flugs um sich schmiss, und fing gleich zu ihm an: Topp, Herr Bruder, ich wills Bescheid tun. Als ich dieses ihm zur Antwort gab, fing der Wirt h?hnisch zu dem Grafen an zu l?cheln und meinte, ich w?rde es unm?glich k?nnen Bescheid tun, weil der Herr Graf ein dicker, korpulenter Herr und ich gegen ihn nur ein Aufsch?ssling w?re und in meinen Magen das Glas voll Branntwein wohl schwerlich gehen w?rde. Ich war aber her und setzte mit dem Glase voll Branntwein an und soff es, der Tebel hol mer, flugs auf einen Schluck aus. O sapperment! was sperrte der Wirt vor ein paar Augen auf und sagte heimlich zum Grafen, dass was Rechts hinter mir stecken m?sste. Der Graf aber klopfte mich hierauf gleich auf meine Achseln und sagte: Herr Bruder, verzeihe mir, dass ich dich zum Trinken gen?tigt habe, es soll hinfort nicht mehr geschehen, ich sehe nun schon, was an dir zu tun ist, und dass deinesgleichen von Konduite wohl schwerlich wird in der Welt gefunden werden. Ich antwortete dem Herrn Bruder Grafen hierauf sehr artig wieder und sagte, wie dass ich wahrlich ein brav Kerl w?re und noch erstlich zu was Rechts werden w?rde, wenn ich weiter in die Welt hineinkommen sollte und wenn er mein Bruder und Freund bleiben wollte, sollte er mich k?nftig mit dergleichen Dingen verschonen. O sapperment! wie dem?tigte sich der Graf gegen mich und bat mirs auf seine gebogenen Knien ab und sagte, dergleichen Exzesse sollten k?nftig nicht mehr von ihm geschehen.

feinem Benehmen.

Hierauf bezahlten wir den Wirt, setzten uns wieder auf unsern Schellenschlitten und fuhren immer weiter in die Welt hinein. Wir gelangten zu Ende des Oktobers, da es schon fast ganz dunkel worden war in der ber?hmten Stadt Hamburg an, allwo wir mit unserm Schlitten am Pferdemarkte in einem grossen Hause einkehrten, worinnen viel vornehme Standespersonen und Damens logierten. Sobald als wir da abgestiegen waren, kamen zwei itali?nische Nobels die Treppe oben heruntergegangen; der eine hatte einen messingenen Leuchter in der Hand, worauf ein brennendes Wachslicht brannte, und der andere eine grosse t?pferne brennende Lampe, welche geschwippt voll Bomolie gegossen war, die hiessen uns da willkommen und erfreuten sich meiner wie auch des Herrn Bruders Grafen seiner guten Gesundheit. Nachdem sie nun solche Komplimente gegen uns abgelegt hatten, nahm mich der eine Nobel mit dem brennenden Wachslichte bei der Hand und der andere mit der brennenden Bomolienlampe fasste den Herrn Grafen bei dem ?rmel und f?hrten uns da die Treppe hinauf, dass wir nicht fallen sollten, denn es waren sechs Stufen oben ausgebrochen. Wie wir nun die Treppe oben hinaufkamen, so pr?sentierte sich ein vortrefflicher, sch?ner Saal, welcher um und um mit den sch?nsten Tapezereien und Edelgesteinen ausgeziert war und von Gold und Silber flimmerte und flammte. Auf demselben Saale nun stunden zwei vornehme Staaten aus Holland und zwei portugiesische Abgesandte, die kamen mir und meinem Herrn Bruder Grafen gleichfalls entgegengegangen, hiessen uns auch willkommen und erfreuten sich ebenfalls unserer guten Gesundheit und gl?cklichen Anherokunft. Ich antwortete denselben flugs sehr artig wieder und sagte, wenn sie auch noch fein frisch und gesund w?ren, w?rde es mir und dem Herrn Grafen sehr lieb auch sein. Als ich mein Gegenkompliment nun auch wieder abgelegt hatte, so kam der Wirt in einem gr?nen Samtpelze auch dazu, der hatte nun ein gross Bund Schl?ssel in der Hand, hiess uns auch willkommen und fragte, ob ich und der Herr Graf belieben wollten, noch eine Treppe h?her mit ihm zu steigen, allwo er uns anweisen wollte, wo wir unser Zimmer haben sollten.

Leute von Adel.

holl?ndisch f?r Baum?l.

Abgeordnete der Generalstaaten.

Ich und der Herr Bruder nahmen hierauf von der s?mtlichen Kompagnie mit einer sehr artigen Miene Abschied und folgten dem Wirte, dass er uns in unser Zimmer f?hren sollte, welches wir zu unserer Bequemlichkeit innehaben sollten. Sobald wir nun mit ihm noch eine Treppe hinaufkamen, schloss er eine vortreffliche sch?ne Stube auf, worinnen ein ?ber alle Massen galantes Bett stund und alles sehr wohl in derselben Stube aufgeputzt war; daselbst hiess er uns unsere Gelegenheit gebrauchen, und wenn wir was verlangten, sollten wir nur zum Fenster hinunterpfeifen, so w?rde der Hausknecht alsobald zu unsern Diensten stehen, und nahm hierauf von uns wieder Abschied. Nachdem wir uns nun so ein bischen ausgemaustert hatten, so kam der Wirt im gr?nen Samtpelze wieder hinauf zu uns und rief uns zur Abendmahlzeit, worauf ich und der Herr Bruder Graf gleich mit ihm gingen. Er f?hrte uns die Treppe wieder hinunter ?ber den sch?nen Saal weg und in eine grosse Stube, allwo eine lange Tafel gedeckt stund, auf welche die herrlichsten Traktamenten getragen wurden. Der Herr Wirt hiess uns da ein klein wenig verziehen, die andern Herren wie auch Damens w?rden sich gleich auch dabei einfinden und uns Kompagnie leisten.

Es w?hrte hierauf kaum so lange, als er davon geredet hatte, so kamen zu der Tafelstube gleich auch hineingetreten die zwei italienischen Nobels, welche uns zuvor bekomplimentiert hatten, ingleichen auch die zwei Staaten aus Holland und die zwei portugiesischen Abgesandten, und brachte ein jedweder eine vornehme Dame neben sich an der Hand mit hinein geschleppt. O sapperment! als sie mich und meinen Herrn Bruder Grafen dastehen sahen, was machten sie alle mit einander vor Reverenzen gegen uns, und absonderlich die Menscher, die sahen uns, der Tebel hol mer, mit rechter Verwunderung an. Da nun die ganze Kompagnie beisammen war, welche mitspeisen sollte, n?tigten sie mich und meinen Herrn Bruder Grafen, dass wir die Oberstelle an der Tafel einnehmen mussten, welches wir auch ohne Bedenken taten. Denn ich setzte mich nun ganz zu oberst an, neben mir zur linken Hand sass der Herr Bruder Graf und neben mir rechts an der Ecke sassen nacheinander die vornehmen Damens, weiter hinunter hatte ein jedweder auch seinen geh?rigen Platz eingenommen. Unter w?hrender Mahlzeit nun wurde von allerhand Staatssachen diskuriert, ich und der Bruder Graf aber schwiegen dazu stockstille und sahen, was in der Sch?ssel passierte, denn wir hatten in drei Tagen keiner keinen Bissen Brot gesehen.

Frauenspersonen, Damen.

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