Read Ebook: Japanische Märchen by Alberti Karl Translator
Font size:
Background color:
Text color:
Add to tbrJar First Page Next Page Prev Page
Ebook has 415 lines and 24078 words, and 9 pages
Am zweiten Tage nahm er diesen Beutel, steckte ihn in den ?rmel seiner Jacke und liess sich beim Kaiser melden, dieser empfing ihn und fragte, ob das Wunder schon geschehen sei.
Der Polizist bat hierauf den Kaiser sich den Beutel einmal ansehen zu d?rfen, dieser genehmigte es und ging selbst mit zur Halle, wo der Beutel noch immer hing, bewacht von vier Soldaten.
Nachdem er sich den Beutel ein Weilchen von allen Seiten angesehen hatte, fragte er, ob es gestattet sei den Beutel in die Hand zu nehmen. Auch das genehmigte der Kaiser. Der Polizist holte hierauf eine Bank, stellte sich darauf und nahm den Beutel vom Haken, sah ihn sich wieder an und steckte ihn in den ?rmel, indem er sagte:
>>Auf diese Weise w?rde es gehen!<<
Der Kaiser erwiderte lachend: >>So ginge es wohl, ist aber nicht erlaubt. Der Beutel soll fortgenommen werden, ohne dass es jemand weiss. H?nge ihn also nur ruhig wieder an die Decke und gib zu, dass auch du ihn nicht ausf?hren kannst!<<
Der Andre machte scheinbar ein trauriges Gesicht, zog seufzend den Beutel wieder hervor und h?ngte ihn auf. Er hatte aber nicht den Beutel mit dem Golde genommen, sondern ihn im ?rmel mit dem von ihm vorbereiteten und mit Steinen gef?llten Beutel vertauscht und diesen aufgehangen, w?hrend er den echten Beutel im ?rmel behielt und sich mit diesem entfernte, indem er dem Kaiser versicherte, er hoffe bis zum anderen Morgen doch das Kunstst?ck ausf?hren zu k?nnen.
Der Kaiser liess daher f?r diese Nacht die Wache verdoppeln; auch musste die Halle so hell erleuchtet werden, dass der Beutel stets zu sehen war.
Der n?chste Tag kam und auf Befehl des Kaisers mussten sich alle Polizisten in der Halle versammeln um, wie der Kaiser beabsichtigte, sie f?r immer ihres Dienstes zu entlassen. Er herrschte die Leute denn auch recht unfreundlich an und wandte sich dann an jenen jungen Polizisten, indem er ihn h?hnisch fragte, ob das Wunder geschehen sei.
>>Ich glaube ja!<<, erwiderte dieser.
>>Er ist total verr?ckt oder unversch?mt frech!<< rief da der Kaiser. >>Glaubt er denn, ich kann nicht sehen? Da h?ngt doch der Beutel!<<
>>Ich sehe,<< erwiderte der Gescholtene, >>dass dort wohl ein Beutel h?ngt, ob es aber der wirkliche ist, m?chte ich bezweifeln!<<
>>Das ist denn doch zu stark!<< schrie der Kaiser. >>Holt den Beutel herunter und bringt ihn her!<< befahl er der Wache.
Der Beutel wurde abgenommen und dem Kaiser gebracht, der ihn ?ffnete, aber ein ganz verwundertes Gesicht machte, als er nur Steine in dem Beutel fand und beim genaueren Sehen erkannte, dass es gar nicht der fr?here Beutel war.
>>Kerl, wie hat er das fertig gebracht?<< fragte er den listigen Mann. Dieser erz?hlte, wie er einen gleichen Beutel angefertigt und diesen dann in des Kaisers Gegenwart vertauscht habe.
>>Bist ein verteufelt schlauer Bursche!<< sagte dann der Kaiser. >>Und da du mir der Kl?gste von allen zu sein scheinst, sollst du deren Oberster sein und ich will sie nicht entlassen. Sorge daf?r, dass deine Leute ihre Pflicht tun und dir nacheifern!<< Und so geschah es!
Der Abt des Klosters Yakushi.
Bei Nara auf der Strasse nach Osaka liegt ein altes Kloster, das heute allgemein unter dem Namen Nishi no Kiyo bekannt ist, obgleich sein alter wirklicher Name >>Yakushi-ji<< ist.
Einst war in diesem Kloster ein frommer, gottesf?rchtiger Abt, der sich bem?hte, durch seinen Lebenswandel allen ein gutes Beispiel zu geben; er sammelte keine Reicht?mer an, sondern verteilte die dem Kloster gemachten Geschenke und Gaben wieder an die Armen und behielt keinen Sen f?r sich. So hoffte er, wenn seine Todesstunde nahe, als gerechter Diener in Buddha's Paradies einziehen zu k?nnen. Als aber diese Stunde kam und er gottergeben des Boten Buddha's harrte, der ihn abrufen sollte, da sah er nicht diesen, sondern einen feurigen Wagen nahen, der von allerlei buntfarbigen H?llengeistern gezogen wurde. Der Abt war aufs tiefste erschrocken und bat um Auskunft, was er, der sich keines Unrechts bewusst war, B?ses begangen habe, da anstatt Buddhas Bote Diener der H?lle k?men. Die Antwort lautete:
>>Du hast vor vielen Jahren eine Mass Reis aus dem Klostereigentum f?r dich entnommen und bis heute noch nicht zur?ckgegeben. Dieser S?nde wegen harret deiner die H?lle!<<
Der Abt bat, ihm noch Zeit zu g?nnen, diese von ihm l?ngst vergessene Schuld, der er keine Bedeutung beigelegt habe, tilgen zu k?nnen. Diese Bitte wurde ihm gew?hrt.
Er rief hierauf alle Klosterbr?der und Sch?ler des Klosters an sein Lager, erz?hlte ihnen die Gefahr, in der er wegen der geringen unbedachten Schuld geschwebt habe und sagte: >>Nehmet alle meine geringe Habe, ver?ussert sie und gebet den Erl?s zum Klostergute, auf dass meine Schuld getilgt werde und ich in Frieden sterben kann. Euch alle aber ermahne ich, lasst diese Lehre nie aus eurem Herzen schwinden, denn wenn mir schon einer einzigen Mass Reis wegen die H?lle drohte, wie mag es denen erst ergehen, die sich bewusst am Klostergute vergreifen und Reicht?mer zur Lust und zum Wohlleben aufsammeln!<<
Nachdem er dies gesagt hatte, legte er sich zur?ck, seine Lippen murmelten: >>Der Friedensbote naht!<< >>Namida Butsu -- Heiliger Buddha hilf!<< Ein L?cheln verkl?rte sein Gesicht, er war tot, eingegangen in das Paradies als getreuer Diener des Herrn.
List geht ?ber Gewalt.
Vor vielen, vielen Jahren lebte einmal ein Holzf?ller. Der ging stets in den Wald, um B?ume zu f?llen. Als er einmal wieder im Walde war, h?rte er pl?tzlich ein dumpfes Br?llen, das von einem wilden Tiere zu kommen schien. Voller Angst kletterte er auf einen Baum und versteckte sich dort. Da das Br?llen andauerte, aber nicht n?her kam, so packte ihn die Neugierde zu sehen, woher es komme.
Er kletterte also wieder von dem Baum und schlich sich zu der Gegend hin, aus der das Br?llen erscholl. So kam er immer n?her und sah endlich eine Raubtierfalle, in der sich ein Tiger gefangen hatte, der sich vergeblich bem?hte wieder frei zu kommen und ein w?tendes Br?llen ausstiess.
Als dieser den Holzf?ller bemerkte, rief er ihm zu: >>Was gaffst du mich an? Mache mich lieber frei und ich zeige dir einen Platz, wo viele Reicht?mer verborgen sind!<<
>>Dass ich dumm w?re!<< entgegnete der Mann. >>Bist du frei, so frisst du mich auf!<<
>>Wenn du mich befreist, tue ich dir sicherlich nichts!<< versicherte der Tiger und gab so viele sch?ne gute Worte, dass der Holzf?ller sich bereden liess und den Tiger befreite.
Kaum war dieser frei, so dehnte und streckte er sich, dann sah er seinen Befreier eine Weile an und sagte:
>>Seit gestern steckte ich in dieser Falle und habe daher einen solchen Riesenhunger, dass ich dich fressen will. Was brauchst du Reicht?mer? Einmal musst du doch sterben und wenn ich dich fresse, erspare ich dir die Kosten des Begr?bnisses.<<
>>H?ltst du so dein Wort? Ist das deine Dankbarkeit?<< rief der Holzf?ller.
>>Ach was!<< sprach der Tiger. >>Mit leerem Magen f?hlt man keine Dankbarkeit, erst muss ich meinen Hunger gestillt haben!<< So stritten sich die Beiden eine Zeitlang, da kam ein munterer Hase angesprungen, h?rte den Streit und fragte, warum der Tiger den Mann fressen wolle.
Der Tiger erz?hlte ihm, dass der Mann ihn zwar befreit habe, dass aber das Gef?hl des Hungers st?rker sei als das der Dankbarkeit.
>>Ganz recht, alter Onkel!<< sagte da der Hase. >>Verspeise den Mann mit gutem Appetit, wenn er so dumm war, euch zu befreien; denn bei euch Grossen kommt immer zuerst der Magen und dann alles andere. -- Aber, was sehe ich! Aus diesem Dinge konntet ihr euch bei eurer St?rke nicht selbst befreien?<< sprach der Hase ganz erstaunt weiter, indem er die Falle betrachtete. >>Ich glaube, alter Onkel, ihr flunkert!<<
>>Ich flunkern?<< rief ?rgerlich werdend der Tiger und rannte wieder in die Falle, dem Hasen zeigend, wie er gefangen wurde. >>Seht! so ging ich, ohne zu beachten, was es ist, hier in die Falle!<<
>>Sch?n, sch?n! nun m?chte ich aber auch gern sehen, wie es der Mensch gemacht hat, euch zu befreien, werter Onkel!<< lachte der Hase, sprang auf die Falle, l?ste flink den Riegel, so dass die Falle sich schloss und der Tiger wieder gefangen war.
>>So!<< sagte der Hase zum Holzf?ller, >>wenn es euch nun beliebt, den alten S?nder da drinnen wieder zu befreien, mag er euch mit vollem Recht verspeisen; ich aber will nicht dabei sein!<< So sprechend machte er ein M?nnchen und sprang lustig in den Wald hinein.
Der Holzf?ller, froh sein Leben gerettet zu sehen, h?tete sich nat?rlich, den Tiger zum zweiten Male zu befreien und eilte frohgemut zu seiner Arbeitsst?tte zur?ck, verfolgt von dem w?tenden Gebr?ll des ?berlisteten alten R?ubers.
So kommt man mit List weiter als mit Gewalt und wer mehr seinem Magen folgt als seinem Verstande, geht meistens zugrunde.
Die Kr?te von Osaka und die von Kyoto.
In Kyoto wohnte einmal eine Kr?te, die sehr reich und gelehrt war. Einmal h?rte sie von Naniwa und den dortigen Kunstsch?tzen sprechen und sie bekam den Wunsch diese einmal zu sehen.
Eines sch?nen Fr?hlingstages machte sie sich denn auch auf die Reise, die sie aber zu Fuss unternahm, weil man bei einer Fussreise mehr sehen und erfahren kann.
So wanderte sie denn von Kyoto den Weg entlang, der nach Osaka f?hrt und kam ?ber Myosin und Yamasaki bei Hishi Kaido, wo der ber?hmte Berg Tenno ist, ?ber den der Weg f?hrt.
Da der Tenno yama in der Mitte zwischen Kyoto und Osaka liegt, so beschloss die Kr?te, als sie mit M?he und Not die Bergh?he erklettert hatte Rast zu machen.
Nun wohnte aber auch in Osaka eine Kr?te, die zur gleichen Zeit den Wunsch hatte, Kyoto zu sehen; auch diese machte sich auf den Weg und kam nach vieler M?he ?ber Tokatsuki ebenfalls auf dem Gipfel des Tennoyama an, wo sie mit ihrer Kollegin aus Osaka zusammentraf.
Beide Kr?ten begr?ssten sich, wie es bei solch hohen Herrschaften ?blich ist, mit vielen Verbeugungen und besprachen ihre Reise.
Schliesslich sagten sie: >>Wir haben hier erst die H?lfte unserer Reise hinter uns und die andere H?lfte noch vor uns. Aber unsere Beine und H?ften schmerzen uns und dr?cken uns nieder. Da wir von hier Osaka und Kyoto sehen k?nnen, so wollen wir uns auf unsere f?nf Zehen stellen und jede den Ort betrachten, wo wir hin wollten. Auf diese Weise vermeiden wir weitere Anstrengung und Schmerzen!<<
So taten sie.
Die Kr?te von Osaka wendete den Kopf nach Kyoto, die von Kyoto nach Osaka, dann richteten sie sich auf ihren Hinterf?ssen auf und betrachteten aufmerksam die betreffende Stadt.
Da nun aber die Kr?ten ihre Augen oben auf dem Kopfe haben, , so schauen sie, wenn sie sich emporrichten stets r?ckw?rts. Und so kam es, dass die Kr?te von Osaka nicht Kyoto sondern Osaka und die andere gleichfalls nicht Osaka sondern Kyoto sah, jede also die Stadt, von der sie hergekommen war.
Als sie genug geschaut hatten, sagte die Kr?te von Kyoto: >>Ich habe geh?rt, dass Osaka eine ber?hmte Kunststadt sein soll; aber ich sehe, sie ist gar nicht anders als Kyoto. Da ist es besser gleich heimzukehren!<<
Add to tbrJar First Page Next Page Prev Page