Read Ebook: Über allgemeine Landesbewaffnung insbesondere in Beziehung auf Württemberg by Prittwitz M Von Moritz
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?ber allgemeine Landesbewaffnung,
insbesondere in Beziehung auf W?rttemberg,
von
Moritz v. Prittwitz,
Oberstlieutenant im K. preussischen Ingenieur-Corps und K. w?rttembergischer Baudirektor der Bundesfestung Ulm.
Ulm. 1848.
Geislingen, gedruckt in der M. Ils'schen Buchdruckerei.
In Commission in der Stettin'schen Sortiments-Buchhandlung in Ulm.
Dieser Aufsatz wurde bereits vor mehreren Jahren geschrieben. Die Cottasche Vierteljahrschrift wollte ihn nur mit mehreren Ver?nderungen aufnehmen. So blieb er bis zum Herbste 1847 liegen, wo er in der vorliegenden Form mehreren hochstehenden Personen vorgelegt wurde. Ein unver?nderter Abdruck desselben in jetziger Zeit d?rfte vielleicht durch die neuesten Ereignisse und die dadurch herbeigef?hrten Debatten ?ber denselben Gegenstand gerechtfertigt sein.
Ulm im August 1848.
Bei der jetzt in mehreren deutschen Staaten zur Sprache gekommenen Frage, in wie weit das Preussische Militairsystem angemessen in denselben Anwendung finden k?nne, wird es vielleicht zeitgem?ss seyn, mit einigen Worten auf das Wesentliche dieses Systems aufmerksam zu machen, indem dar?ber noch mancherlei irrige Meinungen herrschen, auch oft unwesentliche Theile desselben f?r wesentliche angesehen werden.
Man muss darin nemlich zwei ganz von einander verschiedene und ganz unabh?ngige Grundz?ge sondern:
Wer sich freiwillig zum Dienst meldet, kann sich selbst die Waffengattung und den Truppentheil w?hlen. Ausserdem k?nnen Freiwillige, durch Dienstleistung w?hrend eines Jahres, ihrer Dienstpflicht im stehenden Heere gen?gen, wenn sie einen bestimmten h?hern Bildungsgrad nachweisen und sich selbst equipiren und verpflegen.
Um jedoch die wegen ?berzahl nicht in der Linie anzustellenden Mannschaften wenigstens einigermassen auszubilden, bestand eine Zeitlang die Einrichtung, dass dieselben nur 6 Wochen bei den Fahnen blieben und dann zur Landwehr ?bertraten. Sp?ter ist jedoch hierin dadurch eine Ab?nderung getroffen worden, dass die wirkliche Dienstzeit bei der Infanterie auf 2 bis 1 1/2 Jahr verk?rzt wurde, wodurch es nunmehr m?glich ist, viel mehr Mannschaften auszubilden. Dem ungeachtet werden von etwa 90,000 Mann dienstf?higen jungen Leuten j?hrlich nur etwa 35,000 eingestellt und die ?brigen sind frei vom Linien- und Landwehrdienst und sollen im Kriege als Rekruten in die Ersatzbataillone eintreten. Hiernach verdient das Preussische Landwehrsystem eigentlich den Namen >>Volksbewaffnung<< nur darum, weil die Verpflichtung zum Kriegsdienst allgemein ist und nicht auf einen anderen ?bertragen werden kann. Diese Verpflichtung wird aber jetzt schon so gern getragen, namentlich von den jungen Leuten aus den gebildeten Klassen, dass diese meist vorziehen, freiwillig sich einen Truppentheil zu w?hlen, als den Versuch zu machen, sich durch das Loos vom Militair-Dienst befreit zu sehen.
Das Vorstehende ergiebt, dass in Preussen die Linienregimenter eigentlich nur die Schule sind, durch welche die Militairpflichtigen durchgehen, um demn?chst in die Landwehr, als dem eigentlichen Kern der Armee einzutreten, und dass mithin die jetzige preussische Landwehr von der Landwehr des Jahres 1813 ganz verschieden ist.
In anderen Armeen, namentlich in der W?rttembergischen, wird der Stamm von Leuten mit l?ngerer Dienstzeit dadurch gebildet, dass der intelligentere Theil der eingezogenen Mannschaften l?nger bei den Fahnen bleiben muss, und dass als Rempla?ants, Ersatzm?nner oder Einsteher f?r diejenigen, welche ihre Dienstpflicht nicht selbst ableisten wollen, so viel als m?glich nur solche Leute angenommen werden, welche bereits fr?her ihrer Dienstpflicht gen?gt haben und als Soldaten ausgebildet sind. Und da hier die Unteroffiziere bei Weitem nicht so sehr, wie im Preussischen, durch die Aussicht auf Civilanstellung zum Weiterdienen als Unteroffiziere vermocht werden: so giebt nur die Gelegenheit, als Einsteher von neuem gegen ein kleines Kapital f?r einen anderen einzutreten, Veranlassung, dass viele Unteroffiziere als Einsteher fortdienen, wodurch allein es m?glich wird, eine gen?gende Zahl von Unteroffizieren mit l?ngerer Dienstzeit zu erhalten. Dieser Umstand wird in W?rttemberg vorzugsweise als Rechtfertigungsgrund f?r das Einstehersystem angegeben.
Es w?re wahrlich nicht schwer, schon aus den Kammerverhandlungen der meisten deutschen Staaten und namentlich auch den w?rttembergischen Kammerverhandlungen, Belege genug f?r die vorstehenden Behauptungen aufzufinden, w?hrend auf dem letzten preussischen Landtage auch nicht eine Stimme gegen das Militair-Budget aufgetreten ist, die Armee vielmehr eine Menge eifriger Vertheidiger auf demselben gefunden hat.
Noch mehr wird und muss aber diese Verschiedenheit bei ausbrechendem Kriege hervortreten; denn w?hrend in diesem Fall, bei einer Armee, wo das Rempla?ement statt findet, die reicheren und intelligenteren Klassen der Gesellschaft sich nach M?glichkeit dem Dienste zu entziehen suchen, oder, wenn sie dennoch dazu gezwungen werden, dann eine sehr traurige Stelle darin spielen, stellt sich in Preussen bei ausbrechendem Kriege, sogleich der ganze beg?terte, einflussreiche und intelligente Theil der Nation an die Spitze der Armee, und es kann deshalb mit Gewissheit vorausgesetzt werden, dass, sollte Preussen noch jemals in den Fall kommen, seine Nationalkraft gegen einen ausw?rtigen Feind zu entwickeln, dies auf eine noch viel gl?nzendere Weise als im Jahre 1813 geschehen werde, wo Alles improvisirt werden musste, w?hrend jetzt Alles dazu vorbereitet und vollst?ndig organisirt ist, und w?hrend jetzt namentlich die Landwehr aus lauter ausgewachsenen und ausgebildeten Soldaten besteht, so dass sie jetzt unstreitig als der Kern der Armee anzusehen ist. Was man auch auf Rechnung des Rausches der Begeisterung im Jahre 1813 schreiben m?ge - abgesehen davon, dass diese Begeisterung auch in einem anderen Falle der Art nicht ausbleiben w?rde, wof?r die ungeschw?chte Lebhaftigkeit b?rgt, mit welcher noch alle Jahre die Erinnerung an die Zeit von 1813-1815 erneut wird: - so ist der militairische Geist bereits jetzt in Preussen so allgemein in die ganze Nation, trotz aller provinciellen Verschiedenheiten, von der Saar bis zum Pregel, von der Ostsee bis zu den Karpathen eingedrungen, dass ein anderes Militairsystem als das jetzige in diesem Staat gar nicht mehr m?glich und denkbar ist, und dass sogar Verbesserungen desselben, die wohl m?glich und auch in Vorschlag gekommen, ja ohne Zweifel, wie oben bereits angedeutet wurde, sehr w?nschenswerth und dringend sind, ?berall mit der gr?ssten Ungunst ausgenommen werden, wie dies namentlich auch wirklich schon jedesmal geschehen ist, wo von einer ver?nderten Organisation der Landwehr die Rede war.
Die Entstehung der preussischen Landwehr ist schon oben kurz angedeutet worden. Es ist aber schon oft zur Sprache gekommen, ob eine andere Organisation derselben, namentlich eine engere Verschmelzung mit der Linie, so dass die Landwehrm?nner, die Kriegsaugmentation oder Reserve der Letztern bildeten, nicht angemessener und wohlfeiler w?re. Es ist hier nicht der Ort, die Gr?nde daf?r und dagegen zu entwickeln, um so mehr, da hierbei sehr Vieles auf individuelle Ansichten ankommen m?chte: so viel ist aber gewiss, dass die Idee der allgemeinen Volksbewaffnung, wie sie dem preussischen Militairsystem zu Grunde liegt, sehr wohl verwirklicht werden kann, ohne gerade das preussische Landwehrsystem nachzuahmen, welches gewiss noch gar mancher Verbesserungen f?hig ist; - und dass es hiernach eine Thorheit w?re, bei einer Armee, deren Einrichtung sich mehr f?r eine andere Form der Volksbewaffnung eignet, gerade jenes System annehmen zu wollen, in so ferne nur die Hauptgrunds?tze festgehalten werden:
a) dass jeder pers?nlich zum Kriegsdienst verpflichtet ist, ohne einen Ersatzmann stellen zu d?rfen;
b) dass so viel junge Leute wie m?glich in der Linie zum Waffendienst ausgebildet werden;
d) ebenso auch diese Kriegsreserve alle Jahre, oder alle 2 Jahre wenigstens, eine kurze Zeit hindurch in jenem f?rmlichen Militair-Verbande zusammen gestellt und in den Waffen ge?bt werde.
Der von Mehreren aufgestellten Ansicht, im Falle der Noth werde sich ebenso wie in Preussen 1813 die Landwehr von selbst bilden, und es seien daher keine solche Opfer f?r dieselbe w?hrend des Friedens nothwendig, muss entschieden entgegen getreten werden. H?tte Preussen schon 1813 seine jetzige Landwehr gehabt, dann h?tte es nicht mehrere Monate zu seinen Formationen gebraucht; der Feldzug konnte 3 Monate fr?her am Rhein, statt an der Elbe er?ffnet und alle die Schlachten des Jahres 1813 durften nicht geschlagen werden, um nur erst bis an den Rhein vorzudringen. Wer hieran noch zweifeln kann, lese und studiere die Beitr?ge zur Geschichte des Jahres 1813 von einem h?heren Offizier der preussischen Armee! -
Alle Zwecke der Landwehr k?nnten z. B. in einer Armee, wie die W?rttembergische, auf folgende einfache Weise ohne wesentliche Mehrkosten erreicht werden, wenn -
a) Die erste Dienstzeit f?r den gr?ssten Theil der Mannschaft wie bisher auf 6 Monate beschr?nkt bliebe, und sie nur sp?ter wieder auf kurze Zeit einigemal einberufen w?rde, um in der ?bung zu bleiben;
b) den jungen Leuten aus den wohlhabenderen St?nden gestattet w?rde, ihrer Dienstpflicht durch eine k?rzere Dienstzeit als Freiwillige bei einem von ihnen selbst zu w?hlenden Truppentheile zu gen?gen, insofern sie
aa) sich selbst equipirten, besoldeten und verpflegten,
bb) einen gewissen Grad von h?herer Schulbildung und
cc) ebenso bereits eine gen?gende militairische Vorbildung nachwiesen, wof?r ihnen dann auch wie in Preussen vorzugsweisse die Aussicht er?ffnet werden m?sste, zu Unteroffizieren oder Offizieren in der Kriegsreserve oder Landwehr bef?rdert zu werden.
c) Bei den j?hrlichen oder zweij?hrlichen ?bungen der Kriegsreserve, die Linientruppen die Cadres bildeten, so dass z. B. aus je 2 Compagnien oder jeder Compagnie der Linie ein Kriegs-Bataillon gebildet oder die Kopfzahl der Compagnien auf dem Friedensfuss, f?r den Kriegs- oder ?bungsfuss verdoppelt w?rde.
d) Endlich die erforderliche Zahl der Offiziere f?r die ?bungszeit durch Beiziehung der Offiziere der Kriegsreserve oder Landwehr vervollst?ndigt w?rde, die dann auf ganz gleichem Fuss mit den Linienoffizieren und mit diesen untermischt, den Dienst thun m?ssten .
Auf diese Weise w?rden die Wohlhabendern, die sich jetzt durch Stellung eines Einstehers loskaufen, durch den unentgeldlichen Dienst als Freiwillige dasselbe pekuni?re Opfer, nur unter einer andern Form bringen, und dabei nicht dem Militairdienst entzogen werden; und bei m?glichster Beg?nstigung der Freiwilligen auf k?rzere Dienstzeit ist es wohl denkbar, dass auf diese Weise die Zahl derselben sich so mehrte, um so viele Ersparnisse dadurch zu erlangen, dass daraus, unter Beseitigung des ganzen Einsteherwesens, eine gen?gende Zahl von altgedienten Unteroffizieren durch Gew?hrung hinreichender Zulagen gewonnen werden k?nnte, indem denselben zugleich noch besondere Aussichten auf Bef?rderungen im Civil, und in der Kriegsreserve oder Landwehr er?ffnet werden m?ssten.
Diese Unteroffiziere w?rden wahrscheinlich besser seyn, als die jetzigen Einsteher, die darin nichts weiter als einen Erwerbs-Zweig sehen, und nicht einmal durch die Aussicht auf k?nftige Bef?rderung und Anstellung, wie in Preussen, einen Sporn finden, sich ihres Standes besonders w?rdig zu zeigen, eben so wie auch selbst in Preussen die gew?hnlichen Capitulanten, welche nicht zu Unteroffizieren qualificirt sind, keineswegs als derjenige Theil der Armee angesehen werden k?nnen, in denen der beste militairische Geist herrscht. Was die Anstellung der l?nger gedient habenden Unteroffiziere in Civilstellen betrifft: so sind in Preussen alle Civilbeh?rden gern geneigt, die Unterbeamtenstellen mit solchen Unteroffizieren zu besetzen, weil diese Leute meist an eine viel strengere Ordnung gew?hnt sind, als junge Leute, die, wie in W?rttemberg, ihre Carriere blos >>als Schreiber<< machen.
Bereits in einem Entwurfe vom Jahre 1808 spricht General von Scharnhorst folgende Ansichten hier?ber aus
>>Die bisherigen Erziehungs-Institute werden immer nicht diesen Endzweck erf?llen: sie sind nur f?r einen Theil der Z?glinge der stehenden Armee bestimmt, und ohnehin, wie sie jetzt sind, sehr schlecht.
>>Aus diesen Gr?nden glaubt die Organisations-Kommission, dass es von Nutzen sein m?chte, wenn die Stadtschulen zugleich eine militairische Richtung erhielten, und gewissermassen eine Vorbereitungsschule f?r den Unteroffizier und Offizier w?rden, ohne dass sie deswegen in ihrer jetzigen Bestimmung verl?ren.
Der Minister von Stein hatte hierzu folgende Randbemerkungen gemacht:
>>Man wird in allen Stadtschulen Anstalt treffen k?nnen, um Kenntniss des Gebrauchs der Waffen und der Bewegung gr?sserer Menschenmassen zu bewirken. Auch wird man mehr Gewohnheit zur Reinlichkeit, Ordnung und zum Gehorsam veranlassen k?nnen. Wegen Einf?hrung gymnastischer ?bungen in den Schulen ist Vieles in Schnepfenthal geschehen und k?nnten sie allgemein gemacht werden.<<
Wenn man sieht, wie leicht in Cadetten- und Waisenh?usern die Knaben die Elemente des Exercitiums und des Militair-Dienstes lernen; so kann an der leichten Ausf?hrbarkeit einer solchen Maasregel nicht gezweifelt werden. Auch ist die Ausf?hrung dieser Idee in den Turnanstalten vorbereitet, und in Stuttgart bestand bereits ein Verein von V?tern, die ihre Buben in den Freistunden zum Zeitvertreib und als Spiel, zugleich aber als k?rperliche ?bung und Erziehungsmittel in dem militairischen Exercitium unterrichten liessen, eine Maasregel, die der allgemeinsten Beachtung werth ist. Auch erheben sich immer mehr Stimmen daf?r, solche ?bungen als wesentlichen Bestandtheil in den Kreis der Jugendbildung aufzunehmen, so dass die Realisirung dieser Idee mit der Zeit bestimmt zu erwarten ist.
Wenn es hiernach erwiesen sein d?rfte, dass sich die Idee der allgemeinen Volksbewaffnung und der pers?nlichen Militairpflicht, auch in den ?brigen deutschen Staaten ausser Preussen, dem Wesen nach und wahrscheinlich ohne erhebliche Erh?hung des Militair-Budgets durchf?hren lasse; dass dadurch der militairische Geist in diesen Staaten, so wie die Stellung der Armeen merklich gewinnen m?sste; dass hiernach jede Regierung, die es mit ihrer Armee gut meint, und jeder Militair in diesen Staaten w?nschen muss, dass diese Einrichtung in's Leben trete: so ist endlich nicht zu verkennen, dass die politischen Gr?nde, welche in den kleinern deutschen Staaten f?r die Einf?hrung einer solchen allgemeinen Landesbewaffnung sprechen, noch viel erheblicher sind, ja diese Einrichtung dringend und unabweislich fordern, wenn diese Staaten ihren Anspruch auf Unabh?ngigkeit und Selbstst?ndigkeit behaupten wollen, und dass namentlich der kriegserfahrene und erlauchte Feldherr auf W?rttembergs Throne kein sch?neres Blatt in seinen Lorbeerkranz flechten k?nnte, als wenn er sich als Vorbild an die Spitze einer f?r die Vertheidigung von S?ddeutschland so wichtigen Maasregel stellte.
Zweimal bereits sind fast alle deutschen Staaten zweiten Ranges, Baiern nicht ausgenommen, in der Nothwendigkeit gewesen, der ?bermacht des eingedrungenen m?chtigern Feindes sich anzuschliessen, und nur zu ihrem eigenen Nachtheil vers?umten einige, den g?nstigsten Zeitpunkt dazu zu w?hlen. Diese Abh?ngigkeit von den Ereignissen, diese politische Ohnmacht, der sie unterlagen, ist kein Vorwurf f?r sie, sondern eine nothwendige Folge ihrer Lage und ihrer Gr?sse. Am ?belsten von allen in Bezug hierauf befinden sich aber die s?dwestlichen deutschen Staaten des 8ten Armeekorps, die dem ersten Stoss des feindlichen Nachbars ausgesetzt sind, der ihn noch dazu um so sicherer gerade gegen sie f?hren wird, je mehr er darauf rechnen kann, hier den geringsten Widerstand zu finden.
Nur zwei Mittel giebt es, diese Staaten mehr oder weniger dagegen zu sch?tzen: die Anlage angemessener Befestigungen im s?dlichen Deutschland, und die ausgedehnteste Entwickelung ihrer militairischen Nationalkraft!
Es leuchtet ein, dass so lange noch ein badisches Bataillon in Rastatt, ein W?rttembergisches in Ulm den Kampf gegen den Feind fortsetzt, die Regierungen dieser L?nder noch faktisch bestehen, w?re auch das ganze ?brige Land vom Feinde ?berschwemmt, und dies ist ein sehr wichtiger Umstand, da 2-3 Monate in dieser Beziehung sehr viel ausmachen. Wenn daher auch die Anlage der gedachten Bundesfestungen diesen L?ndern, und namentlich die Befestigung von Ulm dem Lande W?rttemberg im Kriege manchen Nachtheil zu bringen scheint: so tr?gt sie doch wesentlich zur Sicherung der Selbstst?ndigkeit dieser Staaten bei, und es ist nicht unbillig, vorauszusetzen, dass die Staaten des 8. Armeekorps ausserdem noch f?r die Befestigung des oberen Schwarzwaldes verh?ltnism?ssig aus eigenen Mitteln so viel thun k?nnten, als Preussen f?r die Sicherung des Unter-Rheins durch Festungen gethan hat.
Aber es ist auch nicht zu verkennen, dass diese Staaten der an sie in ihrem eigenen Interesse zu machenden Anforderung, ihre Militairmacht aufs ?usserste zu entwickeln, bisher nur sehr unvollst?ndig entsprochen haben. W?hrend das 8te deutsche Armeecorps die Avantgarde des s?dlichen Deutschlands bildet; w?hrend es daher vorzugsweise gegen den ersten Stoss von Westen ger?stet sein m?sste finden wir hier in den St?ndeversammlungen mit wenigen Ausnahmen, eine entschiedene Tendenz, die Last des Militairbudgets von sich zu w?lzen, und der Reichere dankt Gott, wenn er sich von der pers?nlichen Verpflichtung zur Landesvertheidigung durch das Opfer von ein paar hundert Gulden loskaufen, und die Erf?llung dieser heiligen Pflicht einem armen Teufel von Einsteher aufb?rden kann! Und dabei nehmen in diesen Staaten, wie es namentlich in Baden, bei Gelegenheit der Verhandlungen ?ber die Befestigung von Rastatt geschehen ist, Staatsm?nner, Publicisten und Privaten keinen Anstand, den deutschen Grossm?chten und vorzugsweise Preussen, den Vorwurf zu machen, dass dieses sie im Kriege im Stich lassen wolle und werde. Wie? Preussen verwendet auf seinen Militair-Etat verh?ltnism?ssig doppelt so viel und stellt ohne die Landwehr 2ten Aufgebots 1 1/2 mal so viel, und mit ihr 2 mal so viel Truppen in's Feld als Ihr; Preussen erbaute und unterh?lt 27 Festungen; Preussen giebt einen Beitrag von 5 Millionen Gulden zum Bau der Bundesfestung Ulm; in Preussen sind die edelsten S?hne und die Bl?the der ganzen Nation bereit, sich beim ersten Kriegsruf an die Spitze der Landwehren zu stellen, um ihren bedrohten deutschen Br?dern zu Hilfe zu eilen: und Ihr wollt ihm den Vorwurf machen, Euch im Stich zu lassen, w?hrend Ihr selbst in tr?ger Ruhe die Kreuzer berechnet, die es Euch kosten w?rde, wenn Ihr dieselben Anstrengungen machen solltet, die Euch wahrlich bei Eurer politischen Lage mehr noth thun, als Preussen und ?sterreich; w?hrend ihr engherzig, ja spiessb?rgerlich den Geldausfall herauscalculirt, den ein feindlicher Einfall Euch mehr oder weniger kosten w?rde, als ein h?heres Militairbudget, ohne dabei irgend auf die politischen und moralischen Wirkungen eines solchen Einfalls R?cksicht zu nehmen; und w?hrend Ihr unumwunden in Euren Kammern erkl?rt, absichtlich nicht mehr zu thun, damit die gr?ssern deutschen Staaten nicht veranlasst werden, Euch auf Eure eigenen Hilfsmittel zu verweisen, und Euch weniger zu unterst?tzen!! -
Einwohnerzahl. Militairmacht. Militairbudget.
Und sind die Bedenken, die Ihr zur Besch?nigung Eurer Tr?gheit und Knauserei in dieser Beziehung vorbringt, in Preussen in Erf?llung gegangen? Ist Preussen verarmt? Hat es keine Bauern und B?rger, die das Feld bauen und das Gewerbe treiben? Hat es keine M?nner der Kunst und der Wissenschaft? Hat es bei den Ereignissen des Jahres 1831. weniger Liebe f?r sein Herrscherhaus bewiesen? Hat seine ganz nationale Armee etwa gef?hrliche liberale oder republikanische Ideen an den Tag gelegt, die der Monarchie nachtheilig werden k?nnten? - Ha! wahrlich, es kann sich in allen diesen Dingen, trotz seines hohen Militairbudgets und trotz seines Landwehrsystems dreist mit Euch messen!
Darum also, Ihr Regierungen, St?ndeversammlungen und Stammgenossen des s?dwestlichen Deutschlands: wenn Ihr nicht beim ersten Anlauf des m?chtigen Nachbars ?ber den Haufen gerannt werden wollet; wenn Ihr den Stand des Kriegers wirklich zu ehren und erheben beabsichtigt; wenn Ihr w?rdig seyn wollt, eine wirkliche Macht zu werden, ebenso wie es Preussen gegen?ber den 4 andern europ?ischen Grossm?chten durch m?glichste Entwickelung seiner kriegerischen Nationalkraft zu thun gen?thigt ist; wenn Preussens, aus allen Klassen der Gesellschaft hervorgegangene Krieger nicht mit Selbstgef?hl auf Eure erkauften Einsteher blicken, vielmehr Eure Reihen, als ganz ebenb?rtig begr?ssen sollen, was sie mit der lautersten, herzlichsten und uneigenn?tzigsten Gesinnung thun werden: so zeigt, dass Ihr vom H?chsten bis zum Niedrigsten bereit seid, den Waffenrock zu tragen, und Gut und Blut f?r den deutschen Namen daran zu setzen; duldet nicht, dass bei ausbrechendem Kampfe blos den Proletariern die Vertheidigung des Vaterlandes ?berlassen bleibe; ruft vielmehr Eure ganze kriegerische Nationalkraft auf; werft statt der 30,000 Mann des 8ten Armeekorps, bei dem Feuerschein des ersten Kriegsfanals am Rhein, 90,000 Mann wohlbewaffnet, und wohlge?bt dem Feinde in den Schluchten des Schwarzwaldes entgegen; seid ?berzeugt, dass Preussens Heer diesen Entschluss mit lautem Jubel begr?ssen, ein neues kr?ftiges Band zwischen sich und Euch darin finden, und bereitwilligst in den Tagen der Gefahr wie Br?der an Eure Seite eilen werde; - z?gert nicht damit, bis der Friedensschlaf Euch wieder ganz ?bermannt hat: es handelt sich um Eure Ehre, Eure Selbstst?ndigkeit, ja um Eure politische Existenz in den Tagen der Gefahr!
Was auch Wahres und Falsches, Richtiges und Unrichtiges in den vorliegenden Bogen enthalten sein m?ge, der Verfasser wollte blos darthun, dass es im Interesse der s?dwestlichen deutschen Staaten liege
a) die Militairpflicht zu einer pers?nlichen, nicht mit Gelde abzukaufenden, zu machen;
b) M?glichst viel junge Leute zum Waffendienst auszubilden.
c) Die so geschaffene Volksbewaffnung schon im Frieden vollst?ndig zu organisiren und in ?bung zu erhalten.
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