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Read Ebook: Die sechs Mündungen: Novellen by Edschmid Kasimir

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Ebook has 740 lines and 36024 words, and 15 pages

Die anderen Cow-Boy ritten sp?ter an, pflockten und nickten ihm zu. Einige gaben ihm die Hand und einer nahm seinen Hut ab und sagte mit einem knappen Einknicken der H?ften: >>Heinz Freiherr von Kladern. Werde hier allerdings selten mit vollem Titel angeredet.<< Die ?brigen schauten dumm, weil er es deutsch sagte. Doch Raoul liebte ihn darum noch nicht, denn obwohl ihm das Originelle der Situation gefiel, sagte ihm die ins Humoristische stilisierte Form des ?usserlich Verkrachtseins nicht zu. Dagegen schloss er sich zusammen mit Jim, einem frischen Kerl. Er sagte sich, dass er im Augenblick ungef?hr im Steigen auf der H?he angekommen sei, die dieser Bursche hatte. N?mlich Kraft, Saftigkeit und eine Helligkeit des Auges, die den Dingen und besonders dem gl?nzenden Himmel etwas abzuzwingen immer bereit und sicher war.

Am n?chsten Morgen hasste Raoul den Freiherrn.

Raoul hatte nicht Gewohnheit, ungesattelt zu reiten. Da nahm der Freiherr die Kugel aus einer Patrone, steckte einen Seifenbolzen hinein und schoss ihn dem Gaul auf den Bauch. Wie ein angedrehter Springbrunnen flog das Tier in die H?he und Raoul sass mit hartem Schlag auf der Erde. Wut stieg ihm in die F?uste, aber er entkrallte die H?nde wieder, faltete sein Gesicht in Ruhe. Er wusste, er w?rde in einigen Tagen besser reiten als der Freiherr und empfand auch dies als Drang zum Handeln, ?berwinden und Durchsetzen. Aber da die anderen gelacht hatten und das b?s war, bat er den Freiherrn, eine Flasche mit der Hand wagerecht zu halten auf zwanzig Schritt von ihm. Der weigerte sich. Jim zog seine Reithandschuhe an und hielt sie, und Raoul bluffte sich damit in alle Achtung und Bewunderung zur?ck, dass er seelenruhig zum Hals hinein und den Boden heraus schoss. Und keiner lachte mehr.

Nach einem halben Jahre fand er zwei Werst von der Farm ein Buch. Er hob es auf. Longfellow: Hiawatha . . . Helen stand vor dem Hause und knotete ihre Z?pfe auf. Und er vergass sich und redete das erstemal zu ihr, und gegen seinen Willen, ohne dass er es sp?rte, gingen viele abgestorbene Formen wieder in ihm auf, und er sprach, dass er das Buch gefunden h?tte und dass er wisse aus seiner fr?hen Jugend, wie rauschvoll es sei, und dass er es ihr bringe; denn er glaube, dass es nur ihr geh?ren k?nne und f?rchte, sie h?tte diesen Verlust als einen besonderen Schmerz empfunden. Und hier sei es nun.

Da entdeckte er an ihrem ver?nderten Wesen und ihrem schwer beherrschten Erstaunen, dass er in seinen alten Leib zur?ckgefallen sei oder vielmehr sich selbst in seiner neuen Entwicklung ?bersprungen habe. Er merkte, dass es in ihm w?te, sah, wie sie den Blick hob. Sp?rte ihn steigen an seinem K?rper, grausam und langsam wie Quecksilber sich hebt, bis er die Richtung seiner Augen traf. Da sagte sie: >>Danke.<<

Er kam wochenlang nicht auf das Geh?ft aus Zorn gegen sich. Er schlief nachts schlimmer als die anderen, frei im Gras, auf Steinen, fluchte und betrank sich hin und wieder.

Aber sie kam zu ihm. Sie kam als Herrin, das tat ihm wohl. Sie kam freundlich, und er wusste nicht, wie er sich hierzu stellen sollte. Aber sie nahm ihn einfach mit in ihrer Art, riss ihn vorw?rts, w?hrend er von Europa sprach und sie Washington dagegen hielt, in dem sie zwei Jahre in einem Pensionat interniert war, und sie sprach franz?sisch und er entgegnete ebenso, doch sie fragte ihn nie, wer er sei, und gab ihm zwischendurch leichte Auftr?ge, halb W?nsche mehr mit ausgepr?gtem Akzent. Einmal sah er den Freiherrn sich wo besch?ftigt machen. Er wies sie auf ihn. Sie hob kaum die Schultern. Wie konnte der sie etwas angehn. Und Raoul liebte das Grenzlose dieser Verachtung und hasste sie darum gleich. Denn sie war ?ber ihm und der Geist seiner Kaste sass in ihm.

Zwischendurch qu?lte er sich ?ber das Ungewisse des Verh?ltnisses, das zwischen geschenktem Vertrauen, das er durch nichts erworben hatte , und der Gefahr des Beiseitegeschmissenwerdens hin und her vibrierte. Da gab es einen Tag, wo sie die Sache kl?rte, indem sie ihm mit ihrem Stolz wie mit einer Gerte ?ber das Gesicht schlug.

Sie hatte in seiner Herde eine helle Stute entdeckt mit ausgesprochen weichen und feinen Formen und w?nschte sie, fehlte aber mit ihrer Schnur. Raoul fing sie mit seiner hanfenen. Zuerst war sie erfreut, klopfte dem zitternden Tier den samtenen Hals und schien dankbar, bis sich im Weiterreiten eine Falte in ihre Stirn bohrte und sie mit einer hochm?tigen Bewegung ihren Lazo ihm hin?berschnickte und mit gesch?rfter Stimme sagte : >>Sie k?nnen ihn haben. Da! Er taugt mir doch nicht mehr.<<

Seit seiner Knabenzeit sp?rte er, wie zum erstenmal wieder rote Wallungen sein Gesicht zudeckten, er r?hrte keine Hand nach der Schnur, wandte, ritt davon, grusslos. Zornig. Wusste nun, dass es ein Ziel sei, sie zu besitzen, sie zu gewinnen. Gott, wie die Wunde ihn freute, die sie ihm gerissen, wie er sich freute, dass er heruntergeschmissen war von ihrem achtungsvollen Interesse, in dem alle Handlung ihm gebunden war. Nun lag alles an der Gewalt seiner H?nde.

In dieser Zeit kam ein Verwandter des Besitzers aus England auf die Farm. Er hatte in New York Gesch?fte gehabt und wollte den Westen sehen. Er hatte vor, zwei, drei Wochen zu bleiben, ward aber nach ein paar Tagen schwer krank. Die gewohnten Praktiken versagten. Raoul und Jim rissen eine Stange aus dem Zaun und ritten vierundzwanzig Stunden hindurch. Dann waren sie wieder da. Auf einem dritten Pferd hatten sie den Arzt, an der Stange zwischen sich die Apotheke. Die Krankheit war jedoch nicht schlimm.

Helen traf Raoul im Gang zu ihrem Stall. Vielleicht hatte sie auf ihn gewartet. Sie war ganz weiss und schien an ihm vorbei zu wollen. Dann blieb sie doch stehen und sagte mit einer Stimme, die so beherrscht war, dass die Verzweiflung aus jedem Vokal weinte und in jedem Konsonanten pfiff und mit einer K?lte, die kaum die Wut markierte, dass ihrer Unnahbarkeit dies zugestossen sei: der Freiherr habe sie die Nacht angegriffen . . . Sie stockte, denn sie empfand, dass sie nicht wisse, was sie eigentlich wolle. Und stotterte, dass ihr Vater zwar den Freiherrn peitschen lassen w?rde . . . aber . . . nein . . . das . . . sie k?nne es ihm nicht sagen. Raoul begriff, dass es Zorn von ihr sei gegen sich, so klein zu ihren Vater zu kommen, denn sie hielt ihren Stolz allein durch die M?glichkeit einer solchen Sache besch?mt, aber er wunderte sich nicht und fragte nicht: warum sie das ihm sagen k?nne. Provozierte nur einen Wortwechsel, warf dem Freiherrn die Schlinge ?ber und schleifte ihn ein St?ck.

Dann erwartete er alles. Am selben Abend h?rte er einen Schuss und die Kugel. Zwei Tage darauf ritt er auf ein Geb?sch zu. Es fiel ein Schuss. Die Kugel drang in den Sattel. Sie war von vorne gekommen und hatte ihm den Schenkel gestreift. Trotz aller Schmerzen suchte er das Geb?sch ab, fand aber nichts.

Aber er sp?rte, dass ein Ende not sei. Die Nacht, ehe er nach den Weidepl?tzen des Freiherrn ritt, nahm er Blei und Papier und schrieb seinem Onkel, er solle ihm nicht ?belnehmen, dass er heute erst dazu komme, ihm zu schreiben, er sei jedoch sehr besch?ftigt gewesen und habe die unmassgebliche Absicht, seine Reise noch einige Zeit fortzuf?hren. Er sei ?brigens in Amerika, momentan wenigstens, f?r den Fall, dass der Pr?riestempel unleserlich sei. Doch sei der augenblickliche Aufenthaltsort ebenfalls unmassgeblich. Er k?nne auch dem Wunsche des Onkels, etwas f?r ihn zu tun, womit er ihn das ganze Leben stets im ?bermass bedr?ngt habe, gar nicht entgegenkommen, da er leider ganz ohne Bed?rfnisse sei. Vielleicht nehme er aber ihm zuliebe die kleine M?he auf sich, bis unter das Dach zu kriechen, wenn er wisse, wo das sich in seinem Haus befinde, dort am dritten Dachfenster aus dem grossen Spinnnetz, aber ohne die Spinne zu t?ten, eine Papierkugel zu nehmen und ihren anbei pr?zisierten Wert an seinen Freund Jim zu schicken. Jim sei n?mlich ein entz?ckender Mensch, Gourmand, und w?nsche ein Hotel in der Pr?rie aufzutun. Woraufhin sich der Onkel vielleicht entschl?sse, die Gegend einmal zu besehen. Leider werde er voraussichtlich nicht mehr dort antreffen seinen Neffen Raoul.

Darauf schritt er am Morgen nach den Pferden. Wieder traf er Helen. Er hatte wegen seinem Schuss am Abend die Apotheke benutzt. M?glich, dass es ihr aufgefallen war. Sie war entschieden verlegen und hatte Ringe im braunen Gesicht. >>Wohin . . .?<<

Raoul machte eine undefinierbare Bewegung. Ganz ziellos und gross ins Weite.

>>Vielleicht -- das wollte ich sagen -- reiten Sie f?r diesmal mein Pferd. Ich kann heute nicht reiten und es soll nicht aus der Gewohnheit kommen . . . und dann . . . dann . . . nehmen Sie etwa auch meinen Lazo mit -- ?<<

Raoul z?gerte.

Sie: >>Ich -- bitte.<<

Raoul ritt von der Farm. Helens Stute war das beste Pferd im Umkreis. Wie leicht ihr Lazo war!

Der Freiherr erwartete ihn unruhig. Lang umkreisten sie, einander jagend, einen grossen Pferdetross. Die Tiere schoben sich schnaubend in dicken Keilen zwischen sie. Sie konnten nicht schiessen. Die Lazos peitschten die Luft. Pl?tzlich riss zwischen den G?ulen eine Gasse. Der Freiherr brach durch. Raoul sp?rte, wie ihm das Blut gleich Nadeln in die Beine str?mte unter dem Druck der entsetzlich pressenden Ber?hrung des Lazos, der seine Brust einschn?rte. Wie ein Paket sauste er auf die Erde. Die Arme waren angeschn?rt, er konnte sie von den Ellenbogen ab erst bewegen.

Es gen?gte. Eh' der Gegner anzog, ihn zu schleifen, zielte er, stemmte das Knie hoch, schrie etwas, schoss Heinz Freiherrn von Kladern eine Kugel mitten durch den Kopf.

Dann setzte er sich auf das Gras und schlug die Beine zusammen. Das da war ein Duell im Sinne des Landes. Dieses war klar. Er wusste, was das sagen wolle, dass Helen ihm Pferd und Lazo geliehen hatte. Er w?rde wieder sehr reich werden. Pah! Aber Helen w?rde auf ihn warten, wenn er nach S?den ritte. Und sie war sch?n, war stolz. Und dies: er glaubte, dass er sie liebe. Aber es schien ihm, dass er dann wieder da angelangt sei, wo er ausgegangen. Kein Himmel werde seine n?chtliche Lockung ?ber ihn w?lben. Der Himmel w?rde eine Mauer sein, fest um ihn herum gebaut. Das Leben w?rde nichts mehr zum Steigern f?r ihn haben. Er begriff in einer qualvollen Sekunde, dass er f?r dieses Leben und seine Anspr?che verdorben sei, weil er mit einem satten Punkt eingesetzt und mit einem Ende begonnen habe, und dass nur ein Reiz ewig und wertvoll in ihm sei: sich selbst h?her zu werfen und weiter zu steigern, und er begriff, dass dies in diesen Zeitl?uften nur so weiter ungebunden und von unten weiterstossend m?glich sei.

Ein Schmerz stach sich in ihn hinein in dem Erfassen, dass er ?ber Helen hinausm?sse und ihre Liebe und seine Sehnsucht ?berwinden m?sse. Ihre Haare, der Nacken und das Bleiche, o vor allem, das ihren Trotz und ihre Ersch?tterung f?rbte . . . Er schloss schmerzlich die Augen und hielt die Lider lange dar?ber. Dann erhob er sich.

Er gab der Stute einen Schlag auf die Kruppe, dass sie schnaubend allein nach Hause lief.

Er hatte einen Augenblick lang das Bewusstsein, dass er nun, wo diese Schmerzlichkeit weiter ?ber sein Leben hinaush?nge, das Alte und Schwermachende nicht mehr zu f?rchten habe. Doch sogleich kamen Zweifel, ob alles dies, was so qualvoll an Zeit und Geschick zu durchrennen ist, nicht doch allein aus einer Kette von aufgerollten Schlingen bestehe, die sich ineinanderfliessend wiederholten im Hochhinaufgerissenwerden und in der M?digkeit. Aber er sch?ttelte sie ab.

Stemmte sich auf, fing mit Helens Lazo ein wildes Pferd, b?ndigte es und sprang darauf. Der Lazo war aus weissen Pferdehaaren und aus dunkelen geflochten und mit Silberringen breit geschm?ckt. Raoul Perten ritt nach Norden zu. Und ritt und warf pl?tzlich die Arme hoch, dass sie hingereckt aufw?rts standen, als fasse er, sich eingliedernd, in den Schwung eines masslosen Trapezes und liess den Lazo in m?chtig sich vollendenden Ellipsen um seine H?nde fahren -- -- . . . und ritt auf ein St?ck Himmel zu, das sich wie ein blaues Dreieck zwischen zwei H?gel hineinbohrte und ?ber dem ein Horizont aufbrach, ungeheuer, voll Ewigkeit und in flimmernden Rotunden kreisend wie ein von R?tseln durchstochener Schild.

Der auss?tzige Wald

Benoit de St. More: Ceste historie n'est pas us?e

Jehan Bodel, Sire d'Arras ritt durch den Wald.

Er ritt ein gelbes Maultier und trug aus Verachtung keine Waffen ausser dem kleinen damaskenischen Messer im G?rtel. Seine Arme hingen lass auf beiden Seiten des Sattels herunter.

Nach zwei Stunden pfiff es scharf.

Aus einem Geb?sch sauste ein Kn?uel Menschen den Abhang herunter in die grelle Sonne. Einige hielten Keulen aus Holz in den F?usten. Der vorderste tanzte geduckt, auf demselben Platz sich stetig hochschnellend. In seiner linken Hand drehte sich ein quirlendes Instrument aus Eisen, die andere, deren Finger aus dem Fleisch herausgekrochen waren und die am Kn?chel zu einem dicken roten Schorf ward, krallte sich um ein altes rostiges Schwert. Alle waren von furchtbaren Fetzen schmutzigen Tuchs umh?ngt. Geschw?lste und Narben frassen sich durch die Gesichter der meisten. Langsam rollte etwas die B?schung auf allen Vieren ihnen nach herunter, hob sich mit langen weissen Haaren, stand ehrf?rchtig z?gernd, die H?nde in Bewunderung und Tasten hebend und streckte zwei rote leere Augenh?hlen mitten in das stechende Licht.

Jehan Bodel griff nach seinem Messer. Es war zu klein. Sein Blick fuhr herum. Nichts war im Bereich seiner H?nde. Er trat einen Schritt zur?ck und spie aus vor Wut.

Die M?nner krochen wie Spinnen auf ihn zu. Ihr Anf?hrer umtanzte ihn lautlos mit gierigen Spr?ngen.

Da warf Jehan sein Maultier auf die Erde, hieb drei Kerbschnitte in den Oberschenkel, drehte das Bein aus dem Gelenk und erschlug ein paar der Angreifer, ging zur?ck, streichelte rasch das schreiende Tier ?ber Maul und Hals, t?tete es und schritt l?ssig, hochm?tig den freien beschienenen Waldweg weiter.

Es bewegte ihn ein Gef?hl: Zorn, dass er keine Zeit hatte, das Maultier zu t?ten, eh' er es verwundete. Er dachte nicht daran, dass er auf ihm h?tte fliehen k?nnen. Jehan floh nicht.

Kam am Mittag nach Erigny, wo grosser Markt war. Viele Auslagen f?rbten den Platz bunt, und ein ersch?tternder Tumult bewegte sich ?ber die Strassen. Jehan stellte sich auf eine Trib?ne mitten im Platz, und als Ruhe war und Kopf an Kopf ges?t sich gegen ihn schoben, verhiess er, vor Ekel gesch?ttelt, jedem, der im Wald einen Auss?tzigen erschl?ge, zwanzig Denare.

Darauf kaufte er zwei Bracken, silbernes Sattelzeug, einen schneeweissen H?hnerhund und eine Stute, deren Schweif den Boden peitschte.

Er liess alles an seinen Gasthof bringen, bestellte Spielleute und ass. Als er seinen Lieblingsfisch auseinanderlegte, schob sich ein M?nch durch die T?r und suchte zu Jehan zu kommen. Doch der Wirt spreizte die Arme und dr?ckte ihn zur?ck. Jehan Bodel liebte allein zu speisen. Allein der M?nch bestand darauf und schwur lang und laut bei St. Vinzenz, bis Jehan aufmerksam ihn herbeiwinkte. Bis auf zwei Meter, denn er w?nschte nicht, von seinem Atem bel?stigt zu werden. Der M?nch schlug ein Gesch?ft vor. Jehan aber machte eine so abweisende Geste, dass er zu winseln begann und schwur bei den runden Blutstropfen von St. Morant, Jehan werde n?chtelang aus Reue seine Brust schlagen. Und wie er von dem ges?ttigten und zufriedeneren Mund des Gegen?bers die herbe Strenge abfallen sah, stiess er hastig einen Schritt vor und sagte leis etwas.

Jehans Gesicht blieb kaum bewegt, des M?nchs Fratze bedeckte sich aber mit einer fetten Vertraulichkeit und sagte und schwor bei dem Leibe der heiligen Afflise, die Ware sei gut.

Jehan lachte ungl?ubig und edelm?nnisch und folgte ein wenig zur?ckgestossen, mehr aber neugierig. Sie ?berquerten den Hof, schoben einen Strohhaufen zur Seite, gingen durch einen Stall . . . dann riss der M?nch eine verborgene T?r auf.

Ein kahles Zimmer tat sich auf, das nur ein schr?g in die Mauer gerammtes Bett enthielt, auf dem ein M?dchen kauerte in s?dlicher Haltung, von vielleicht siebzehn Jahren, die sich nun zu einer adligen und besch?mten Haltung erhob und eine r?hrend grosse Sch?nheit entfaltete. Der M?nch wollte ihr die Tunika abziehen, allein Jehan wies ihn zur?ck, verbeugte sich und fragte, wie sie heisse.

Sie sagte: >>Beautrix<< und sagte es in limusinischem Dialekt, dessen dunkle Schwingung Jehans Ohr entz?ckte. Sie hatte eine so schmelzend weisse Haut, dass sie unm?glich aus der Provence sein konnte. Der M?nch sagte: Aus Byzanz.

Da kaufte Jehan sie ohne Pr?fung um zweitausend Denare.

Er setzte sie auf ein Maultier und sie ritten zusammen aus der Stadt. Jehan sprach nichts zu einer Sklavin. Sie ritten schweigend, sie ein wenig hinter ihm. Pl?tzlich kam ihnen Gebr?ll entgegen, sch?umende Rufe spritzten durch die leere und helle Luft, in der vorher nur das Knirschen lag vom Huf der Tiere durch den mahlenden Sand.

An dem Kreuzweg raste eine nackte Prozession an ihnen vor?ber, M?nner, die Fahnen trugen, schmutzig bestaubt, Frauen und Kinder, einige mit S?uglingen an den strotzenden Br?sten, Greise, die ihre m?den Glieder vorw?rts schnellten, und alle die Munde voll Geheul. Manche hatten den Arm um die Weiber geschlungen und sich in sie verkrampft, M?dchen liefen mit gel?sten Haaren und liessen sie vom Wind hinter sich aufb?umen, in die M?nner wieder ihre Gesichter tauchten . . . und alle sausten singend und schreiend mit stampfenden Spr?ngen vorbei.

Beautrix err?tete und wandte den Kopf, als der Zug vorbeischoss.

Da wusste Jehan, dass er einen guten Kauf getan. Er schnallte seine B?gel hoher und hob sie her?ber vor sich auf die Knie, jagte ihr Maultier mit Gel?chter, lachte, k?sste sie und rannte mit ihr durch den Wald. Die Hunde jagten vor ihm.

Er dachte nicht an die Auss?tzigen. Denn er f?hlte, wie die Glieder von Beautrix heiss wurden. Noch einmal k?sste er sie. Da war es schon d?mmerig geworden. Der H?hnerhund sprang vor ihnen hin wie ein weisser Strich.

Der Wald lag dann hinter ihnen in einem dunklen Bogen gleich einer Augenbraue. Dumpf rauschend wie zwei Fledermausfl?gel zogen sich die Tore von Arras im Abend hinter ihnen zusammen.

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