Read Ebook: Das Wirken der Seele: Ideen zu einer organischen Psychologie by Eisler Rudolf
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Ebook has 174 lines and 29552 words, and 4 pages
Das Wirken der Seele
Ideen zu einer organischen Psychologie
Von
DR. RUDOLF EISLER
LEIPZIG Alfred Kr?ner Verlag 1909
Druck von Oscar Brandstetter in Leipzig.
Vorwort.
Die vorliegende Arbeit enth?lt die Grundz?ge einer +organisch-teleologischen Psychologie+, deren systematischen Ausbau sich der Verfasser f?r eine sp?tere Zeit vorbeh?lt. Es wird hier versucht, zu zeigen, wie sich eine konsequente Durchf?hrung des psychologischen >>Voluntarismus<<, f?r den das Streben und Wollen, die zielsetzende T?tigkeit der Psyche das +Dynamische+, das innerste Triebwerk des Seelenlebens ist, gestalten muss, wenn dieser Voluntarismus im guten Sinne des Wortes +monistisch+ und +evolutionistisch+ gef?rbt ist, d. h. wenn er bei vollster Anerkennung der Eigenkraft des Psychischen einer Durchbrechung des geschlossenen Naturzusammenhanges nirgends Raum gew?hrt, und wenn er die innere, durch ?ussere Faktoren mitbedingte Entwicklungsarbeit der Psyche geb?hrend ber?cksichtigt. Wenn auch naturgem?ss so manches schon Bekannte gebracht werden musste, so hofft der Verfasser doch, durch seine Schrift nicht bloss weiteren Kreisen, sondern auch dem Psychologen, Biologen und Philosophen manche Anregungen bieten zu k?nnen.
+Wien+, April 1909.
Dr. +Rudolf Eisler+.
Vgl. +Eisler+, Krit. Einf?hr. in die Philos., Berlin 1905; +Leib und Seele+, Leipzig 1908; +Grundlagen der Philos. des Geisteslebens+, Leipzig 1908; W?rterbuch der philos. Begriffe, Berlin, 3. Aufl., 1909, sowie die in Vorbereitung befindliche im gleichen Verlage erscheinende >>Geschichte des Monismus<<.
Inhalt.
Seite
Anmerkungen 70
Die Zeiten, da man unter der Seele eine immaterielle, einfache, unzerst?rbare Substanz hinter dem Bewusstsein und dessen Modifikationen verstand, scheinen nun doch vor?ber zu sein. Zwar fehlt es gerade in j?ngster Zeit nicht an einer +dualistischen Reaktion+ nicht bloss gegen den Materialismus, sondern auch gegen die >>Identit?tstheorie<< und jeden sonstwie gearteten >>Monismus<<, aber erstens ist diese Reaktion nur ein neuer Vorstoss des alten Seelenglaubens, und zweitens weist sie vielfach +Konzessionen+ gegen?ber der monistischen Ansicht auf, welche bezeugen, dass es mit der metaphysischen Hypothese der absolut einfachen, dem Leibe v?llig selbst?ndig gegen?berstehenden und von ihm trennbaren Seelensubstanz rapid zu Ende geht.
Die psychologische >>Aktualit?tstheorie<< mag sich mancher Einseitigkeiten und ?bertreibungen schuldig gemacht haben, wie wir weiter unten zeigen werden. Aber das nimmt ihr keinesfalls das ausserordentliche Verdienst, an Stelle der >>transzendenten<<, aller Erfahrung sich entziehenden Seelensubstanz mit besonderen >>Verm?gen<< und T?tigkeiten das +konkrete Bewusstsein+ als Inbegriff und Zusammenhang von Erlebnissen selbst gesetzt zu haben. Mit vollem Recht betont diese Aktualit?tstheorie zweierlei. Erstens, dass die +psychischen Vorg?nge+, die Bewusstseinserlebnisse als solche +weder Schein noch blosse Erscheinung+ sind, sondern volle Wirklichkeit und Wirksamkeit haben, so dass also das Psychische nicht aus unerfahrbaren, hinter und unter den Bewusstseinserlebnissen stehenden Prozessen besteht. Zweitens, dass das Psychische +nichts starr Substantielles, Ruhendes+, sondern >>aktuell<< ist, dass es nicht Zustand einer absolut beharrenden, unver?nderlichen Substanz ist, sondern in einem Zusammenhang von Vorg?ngen, von lebendigen Prozessen besteht, in welchen nichts sich absolut gleichbleibt. Die psychischen Gebilde sind nicht Dinge, sondern +fliessende Resultate best?ndiger Aktionen und Reaktionen+, sie sind in einem +unaufh?rlichen Flusse+ begriffen und bilden die +Momente einer fortlaufenden Entwicklung und Entfaltung+, deren Konstanz in erster Linie +formaler+ Art ist. Die Seele ist hiernach keine >>Substanz<< im Sinne des naturwissenschaftlichen Substanzbegriffs. Dieser ist durch die Beschaffenheit des Inhalts der >>?usseren<<, sinnlich vermittelten Erfahrung gefordert; er dient zu deren objektiven Vereinheitlichung, zur Setzung fester Ansatzpunkte f?r die Anschauung und das Denken der Objekte. F?r die Psychologie aber ist der abstrakte Substanzbegriff ohne Nutzen, er ist hier ?berfl?ssig, weil das Zentrum, um das sich die psychischen Erlebnisse gruppieren, unmittelbar im +Subjektmoment+ gegeben ist, und er ist sogar sch?dlich, weil er den konkreten Tatbestand des Erlebens leicht zugunsten eines unbekannten, mit hypothetischen oder fiktiven Kr?ften und Eigenschaften ausgestatteten Seelendinges verf?lscht, dem Reichtum der Bewusstseinsmannigfaltigkeit nicht gen?gt, der im Widerspruche zu der vorgeblichen >>Einfachheit<< der Seelensubstanz steht, und endlich die Wechselbeziehungen zwischen Psychischem und Physischem zu einem R?tsel macht. Denn alle Versuche, die >>Wechselwirkung<< zwischen der einfachen Seelensubstanz und dem K?rper verst?ndlich zu machen, scheitern teils an der Heterogenit?t beider Wirklichkeitsglieder, teils an der Durchbrechung, welche hier das Prinzip der geschlossenen Naturkausalit?t und das Prinzip der Erhaltung der physischen Energie erleiden.
?brigens gilt das meiste des hier Gesagten auch f?r jene Annahme, wonach das Psychische zwar nicht Zustand einer unbekannten Seelensubstanz, aber doch ein vom Physischen absolut verschiedenes, trennbares und eigenartiges +Geschehen+ ist, das mit jenem in Wechselwirkung steht. Erstens l?sst sich nicht, wie dies von mancher Seite geschieht, das Psychische in genau demselben Sinne wie das Physische als eine >>Energie<< auffassen; denn es ist unr?umlich, unmassenhaft und entbehrt auch sonst der Eigenschaften, welche eine physikalisch-chemische Arbeitsleistung erm?glichen. Ist es aber keine Energie im physikalischen Sinne, l?sst es sich seiner Natur nach weder aus physischer Energie gewinnen noch in solche umsetzen, schon weil es keinen Bestandteil des Inhalts der ?usseren Erfahrung bildet, ist ferner nicht einzusehen, wie ein immaterielles Geschehen Bewegung erzeugen oder auch nur der Richtung nach ab?ndern und wie Bewegung, Druck und Stoss, kurz mechanische Kraft, auf ein Immaterielles, Unr?umliches einwirken kann, dann ist die Annahme eines solchen, dem Physischen als selbst?ndiges Geschehen gegen?berstehenden Psychischen, auch abgesehen von anderen Schwierigkeiten, schon suspekt. Ein Psychisches kann auf ein Physisches nicht wahrhaft einwirken, ohne dass die Menge der physikalisch-chemischen Energie einen +Zuwachs+ erh?lt, und umgekehrt kann das Physische, Materielle nicht auf das Seelische eine Wirkung aus?ben, ohne dass physische Energie +verloren+ geht. Es m?sste denn neben der normalen Art physischer Wirksamkeit noch eine zweite geben, welche das Energieprinzip intakt l?sst -- eine undurchf?hrbare und vor allem ganz unn?tige Annahme.
Nun k?nnte man glauben, es bleibe nur noch der materialistische Ausweg, das Psychische mit dem Physischen zu identifizieren oder es als >>Funktion<< desselben zu bestimmen. Dem ist aber nicht so. Der +Materialismus+ ist als Dogma eine unhaltbare Theorie und was er Richtiges enth?lt, die +strenge Koordination+ zwischen psychischen und physiologischen Vorg?ngen, bietet auch der nicht materialistische Monismus, von dem gleich die Rede sein wird. In keiner seiner Abarten ist der Materialismus haltbar, aus Gr?nden, die hier nur angedeutet werden k?nnen. Das >>Psychische<<, d. h. irgendein beliebiges >>Erleben<<, wie die Empfindung eines Tones, die Vorstellung einer Gestalt, das Gef?hl einer Lust oder Unlust, eine Begierde oder ein Abscheu, ein Willensentschluss, ein Urteilsakt u. dgl., +ist ein subjektiver+, auf ein Subjekt, ein Ich unmittelbar sich beziehender, in physikalischen Ausdr?cken nicht beschreibbarer Vorgang, der etwas anderes ist als der Inhalt oder Gegenstand des Erlebens, das objektive Raumgebilde, an welchem Bewegung und Energie auftritt. Es ist einfach absurd, zu behaupten, ein Schmerz etwa >>sei nichts als Bewegung<<; denn wir meinen ja mit Schmerz, Lust, Wille u. dgl. qualitativ etwas ganz Bestimmtes, Erlebbares, was sich ohne weiteres von einer Bewegung, von einem r?umlichen Geschehen unterscheidet. +Psychische Erlebnisse+ sind weder stoffliche Substanzen, die von anderen gleichsam ausgeschieden werden k?nnten, noch physische Vorg?nge, sie sind +nicht Objekte+ des Erlebens, sondern das +subjektive Erleben selbst in dessen unmittelbarem Auftreten+. Das Psychische ist kein w?g- oder r?umlich messbares, mechanische Arbeit verrichtendes Etwas, keine >>Nervenschwingung<< u. dgl., mag es auch mit einer solchen untrennbar verkn?pft sein. Es hat mit Massen und Massenbewegungen nichts zu tun, es kann nicht eine >>Eigenschaft<< unter materiellen Eigenschaften bilden, es geht nicht in die mathematischen Formeln f?r physikalisch-chemische Vorg?nge ein. Aber auch nicht eine kausale Funktion, eine Wirkung physiologischer Prozesse kann das Psychische, das subjektive Erleben sein. Erkenntnistheoretisch nicht, weil das Physische als solches schon durch ein Subjekt und dessen psychisches Erleben +bedingt+ und im besten Falle nur die von einem Bewusstsein qualitativ abh?ngige >>Erscheinung<< eines >>An sich<< ist, das nicht selbst physisch ist, wenn es auch den objektiven >>Grund<< f?r das Auftreten physischer Ph?nomene abgibt. Aber auch aus methodologischen Gr?nden kann das Psychische nicht die Wirkung des Physischen, Physiologischen sein, ganz abgesehen von seiner Ungleichartigkeit gegen?ber dem letzteren. Physiologische Prozesse sind physikalisch-chemischer Art, soweit sie vom Standpunkte der >>?usseren<< Erfahrung betrachtet werden. Die +methodische Konsequenz+ erfordert es, den einmal eingenommenen Standpunkt bis zum Ende und +ausnahmslos festzuhalten+. Es ergibt sich daraus die +Geschlossenheit+ der physischen Kausalit?t, wonach jeder physische Vorgang, auch im Organismus, immer wieder nur einen physischen Vorgang zur Wirkung und zur Ursache haben kann, sollen nicht, was die +Einheit und Vollst?ndigkeit+ der Erfahrung und Erkenntnis beeintr?chtigt, die Standpunkte fortw?hrend miteinander vermengt und vertauscht werden. Der Materialismus leidet also an +demselben Fehler+ wie der Dualismus, wenn er ein Bewirktwerden des Psychischen durch Physisches, etwa durch Gehirnprozesse annimmt, ganz abgesehen davon, dass ganz und gar nicht abzusehen ist, wie aus rein Objektivem und Materiellem etwas >>Subjektives<<, >>Immaterielles<< entstehen oder hervorgehen kann. Auch ist hier, wie beim Dualismus, das Gesetz der Konstanz der Energie, welches die Anwendung des apriorischen Kausalprinzips auf die ?ussere Erfahrung ist, ein festes Bollwerk gegen alle Auffassung des Psychischen, des Bewusstseins als kausaler Funktion physiologischer Prozesse.
Meint man nun, gewiss sei das Psychische im Bewusstsein vom Physiologischen verschieden, aber das sei nur Schein oder Erscheinung, in Wirklichkeit oder >>an sich<< sei das Erleben doch nur physischer Art, so ist darauf zu erwidern, dass hier +das richtige Verh?ltnis geradezu umgedreht+ wird. Das Physische kann zwar kein Schein, wohl aber >>objektive Erscheinung<< sein, denn es ist durch das erkennende Subjekt, durch ein Psychisches also, qualitativ bedingt. Aber das Psychische als solches, das Bewusstsein im weitesten Sinne, kann +nicht blosse Erscheinung+ sein. Denn damit etwas >>erscheint<<, ist schon ein psychisches Erleben notwendig, +durch das+, und ein Subjekt, +f?r welches+ es erscheint. Ein Physisches, das nicht schon zugleich psychisch ist, kann sich also gar nicht >>erscheinen<<, nicht irgendwie >>erfassen<<. Kann es sich aber erleben, erkennen, dann ist es eben nicht mehr rein physisch und hat eigenartige Erlebnisse, eben das Psychische: Empfindung, Vorstellung usw., das unmittelbar und sicher da ist. An der Existenz psychischer Erlebnisse in uns k?nnen wir nicht im geringsten zweifeln; dass wir f?hlen wollen, denken usw., muss auch f?r den gr?ssten Skeptiker, der das Dasein der K?rper in Frage stellt, evident sein. Es gibt kein unmittelbareres und gewisseres Sein als das Bewusstsein; es ist nicht blosse Erscheinung, sondern die +Urbedingung aller Erscheinungsm?glichkeit+; es setzt sich selbst logisch voraus, ist v?llig unableitbar.
Mit der Wendung: >>eigentlich<< ist das Psychische nur eine Nervenschwingung, ist es also nichts. So wie der Dualist geht auch der Materialist hinter die Erfahrung zur?ck, indem er das unmittelbare Erlebnis, das wir als unbefangene Beurteiler selbst das Psychische nennen, transzendiert. Das gleiche tut nat?rlich der Vertreter der >>Philosophie des Unbewussten<<, wenn er das psychische Wirken in das absolut Unbewusste verlegt. Ein Unbewusstes absoluter Art, das zugleich psychisch sein soll, ist ein Unding, ein >>unbewusster Geist<<, ist eine contradictio in adjecto, denn >>Bewusstsein<< und >>psychisch<< sind ja zwei Bezeichnungen f?r ein Geschehen, von dem man gar nichts wissen k?nnte, w?re es nicht im Erleben gegeben. In der Tat sind die >>unbewusste Vorstellung<< und der >>unbewusste Wille<< nur Entlehnungen aus dem Bewusstsein, das >>Unbewusste<< hat in diesem sein Vorbild, ist nur eine metaphysische Kopie und Verdoppelung desselben.
Zwischen Materialismus und Dualismus schwankt jene Lehre, nach welcher das Psychische, das Bewusstsein nur ein >>Epiph?nomen<< des Physiologischen ist. Das Seelische ist hiernach nicht selbst physisch, es ist auch nicht eine Wirkung des Physischen, sondern eine Art Schatten, welcher das physiologische Geschehen im Zentralnervensystem begleitet, in steter >>Abh?ngigkeit<< von diesem, aber ohne eigene Wirksamkeit. Im Menschen, der einen lebenden Automaten darstellt, vollz?ge sich alles ganz genau so, wie es sich vollzieht, auch wenn es kein Bewusstsein g?be. Dieses kommt nur auf einer bestimmten Stufe der organischen Entwicklung zum Physiologischen hinzu , man weiss nicht wie und woher und wozu. Denn einen Einfluss auf das organische Getriebe soll es ja nicht haben, und aus dem Physischen soll es ja nicht entstehen, da es diesem nur parallel geht. Es schwebt durchaus in der Luft und erscheint als biologisch nutzlos und schon vom Standpunkte des Darwinismus wegen dieser Zwecklosigkeit als genetisch unbegreiflich. Dass man sich gegen eine solche Form des >>psycho-physischen Parallelismus<< energisch gewandt hat, ist durchaus in der Ordnung. Ebensowenig wie das Prinzip der Stetigkeit und die Kausalit?t es zul?sst, dass aus Bewegungen durch blosse Komplikation etwas ganz Neues, das Bewusstsein, entsteht, ebensowenig kann dieses pl?tzlich, bei den Organismen, aus dem Nichts zum Physischen hinzukommen. Es m?sste denn das Erzeugnis eines Sch?pfers sein, eine Annahme, die kaum als eine wissenschaftliche gelten kann, ganz einerlei, ob man f?r sich nun an einen Gott glaubt oder nicht.
Ein neben dem physischen einhergehendes, ohne innere Verbindung mit demselben ablaufendes psychisches Geschehen, das gleichwohl in steter Korrelation zu ihm steht, obzwar es selbst >>inkausal<< ist und auch vom Physischen keine Wirkungen empf?ngt, ist nicht das, was die Psychologie und die Biologie von dem Begriffe des Seelischen mit Recht fordern k?nnen. Dieser Begriff muss den Tatsachen der Erfahrung m?glichst gerecht werden und sie m?glichst umfassend erkl?ren k?nnen. Und er muss deshalb auch in rationeller Beziehung zum Begriff des Physischen, bzw. Physiologischen stehen.
Ist nun das Psychische nicht der Zustand oder die T?tigkeit eines transzendenten Seelenwesens, auch nicht die blosse Funktion oder Erscheinung des Physischen, des Nervensystems, ist es weder selbst ein physischer Prozess, noch ein neben diesem einhergehender Vorgang, was ist es denn, was kann es denn noch sein?
Jedenfalls ist das Psychische, da es nicht das Erzeugnis eines rein Materiellen sein kann, ein +Prinzip+ des Seins, ein >>Urgeschehen<<. Es ist mindestens +ebenso prim?r+, urspr?nglich wie das Physische. Wie Subjekt und Objekt Korrelate sind, die getrennt nicht bestehen, sondern zu +einer und derselben Erfahrung+ als deren beide Seiten, Glieder, Beziehungspunkte geh?ren, ohne dass das eine ein Produkt des andern ist, so erweisen sich auch Psychisches und Physisches als untrennbare, nur in der Abstraktion unterscheidbare und voneinander abzul?sende >>Seiten<< der +Gesamterfahrung+. Diese ist die urspr?ngliche Einheit, die >>Identit?t<< des Psychischen und Physischen. Die Verschiedenheit beider >>Seiten<< bedingt einen, vom metaphysischen durchaus zu sondernden +empirischen+ Dualismus auf Grundlage eines ebenso empirischen Monismus. In der Abstraktion und zwecks begrifflicher Verarbeitung des Erfahrungsinhalts m?ssen wir von zwei >>Seiten<< des Geschehens sprechen. Die eine ist das Physische, die andere das Psychische. Sehen wir n?mlich davon ab, dass die Inhalte der Sinneswahrnehmung und des diese verarbeitenden Denkens in konkreter Wirklichkeit zu einem Subjekt, einem >>Bewusstsein ?berhaupt<<, einem Erleben geh?ren, behandeln wir diese Inhalte, die Objekte der Erfahrung, als von aller Individualit?t unabh?ngige, selbst?ndige, gesetzlich miteinander verkn?pfte, in raum-zeitlich-kausalen Relationen zueinander stehende Dinge und Eigenschaften, die wir in mathematischen Formeln quantitativ festlegen, dann ergibt sich jene Auffassungsweise, die wir >>?ussere<< Erfahrung und >>mittelbare<< Erkenntnis nennen, deren Gegenstand das Physische, K?rperliche, Materielle ist. Dieses besteht also, ungeachtet des >>Idealismus<<, den die Erkenntniskritik f?r die Objekte der Erfahrung als solche statuiert, nicht aus psychischen Erlebnissen, sondern wird von diesen +methodisch unterschieden+. Das Psychische hingegen ergibt sich aus einer anderen >>Auffassungsweise<< der Erfahrung, n?mlich sofern diese +in voller Unmittelbarkeit und Konkretheit+, ohne jede Abstraktion und Hypostasierung, ohne >>Objektivierung<< hingenommen und gedacht wird. Das Erfahren, Erleben selbst in allen seinen Momenten und Elementen , als +unmittelbarer subjektiver Prozess+, als Bewusstsein, f?r ein Ich-Gegeben-Sein, als unmittelbarste Aktion und Reaktion eines Subjekts ist das Psychische. Ein und derselbe Tatbestand also, ein Erlebnisganzes bildet den Ausgangspunkt f?r zwei verschiedene +Betrachtungsweisen+, f?r den >>empirischen Dualismus<<, der, philosophisch gedeutet, zu irgendeiner Art des +Monismus+, wenn auch nicht zum Materialismus f?hrt, wofern man sich nur der Korrelation beider Seiten der Gesamterfahrung bewusst bleibt.
Gehen wir vom menschlichen Organismus als einem Teil unserer Erfahrung, oder, noch besser, geradezu von unserem eigenen Ich aus. Erfasse ich mich mittels der Sinne und denke ich mich als ein +Objekt+ unter Objekten, abstrahiere ich von dem Umstand, dass das, was ich sinnlich an mir vorfinde, zu meinem Ich, Subjekt, Bewusstsein zugeh?rt, denke ich es methodisch als System von Bewegungen oder Energien selbst?ndiger, miteinander in Wechselwirkung stehender Elemente um, dann bin ich f?r mein eigenes wie f?r das fremde Erkennen ein +Physisches+, ein K?rper mit k?rperlichen Vorg?ngen, ein Raumding unter gleichartigen Dingen. Ich finde dann an mir nichts als ausgedehnte Masse, Bewegungen der Glieder, der Muskeln, Nervenschwingungen, kurz, physikalisch-chemische Prozesse, die miteinander in durchg?ngigem Zusammenhang stehen, ohne dass irgendwo die kausale Verkettung eine L?cke zeigt. Vom Standpunkt der >>?usseren<< Erfahrung, welcher der der Naturwissenschaft ist, bin ich, wie jeder andere Organismus, nichts als bewegte Materie, ein Komplex physikalisch-chemischer Energien, kurz, ganz so, wie der Materialismus es lehrt. Aber dieser Materialismus ist v?llig +einseitig+. Denn sobald ich den Standpunkt der ?usseren mit dem der >>inneren<< Erfahrung vertausche, ?ndert sich das Bild. Jetzt bin ich nicht mehr bewegte Materie oder Energiekomplex, sondern ein lebendiges, empfindendes, f?hlendes, wollendes, denkendes +Subjekt+, ein +einheitlicher Zusammenhang von Erlebnissen+, die als solche -- m?gen sie auch K?rper und Bewegungen zum Inhalt oder Gegenstand haben -- weder K?rper noch Bewegungen sind. Ich habe Erlebnisse von Farben, T?nen, Ausdehnung usw., aber das subjektive Erleben als solches, das Auftreten oder Erzeugen von Vorstellungen, Gef?hlen usw. ist nicht selbst farbig, t?nend, ausgedehnt, schwer u. dgl., sondern intensiv, klar, lebhaft, deutlich usw., es muss +anders beschrieben und bestimmt+ werden als das Physische, als +der objektivierte und hypostasierte Erfahrungsinhalt+. Ebendasselbe also, was von dem einen Gesichtspunkt als K?rper sich darstellt, erscheint, ist in seinem unmittelbaren >>F?r-sich-Sein<<, als erlebendes Subjekt, eine >>Seele<<, ein psychischer Zusammenhang. Insofern das Physische als solches ein +Abstraktionsprodukt+ ist und von den Formen der Anschauung und des Denkens abh?ngig ist, kann es als >>Erscheinung<< bestimmt werden. Das Psychische hingegen, das die Bedingung der Erkenntnisformen, ja der Zusammenhang von Erkenntnisfunktionen selbst ist, das ferner niemals direktes Objekt eines fremden Erkennens sein kann, ist nicht blosse Erscheinung , sondern ein >>An sich<< des Organismus, jedenfalls aber das mehr unmittelbare, mehr konkrete, vollere Sein oder Geschehen.
Die >>Identit?tstheorie<<, wonach Psychisches und Physisches zwei >>Seiten<<, >>Attribute<<, >>Erscheinungen<<, >>Aspekte<< eines und desselben Wesens bilden, kann in realistischer oder auch in mehr oder weniger idealistischer Weise formuliert werden. Wir glauben nun, dass die realistische Identit?tstheorie mit ihrer Annahme eines an sich unbekannten Wesens, dessen ?usserungen oder Seiten das Psychische und Physische darstellen, immerhin durchf?hrbar ist, halten sie aber doch entweder f?r einen >>agnostischen<< Verzicht auf eine weitere Vereinheitlichung der Erkenntnis oder aber, wenn sie als der Weisheit letzter Ausspruch gilt, f?r +halb-dualistisch+ und in manche Schwierigkeiten verwickelnd. Wir ziehen es daher vor, den Monismus +idealistisch+ zu fassen, indem wir sagen: +Was an sich, f?r sich, unmittelbar erfasst psychisch ist, das ist der objektiven Erscheinung nach, mittelbar erkannt, methodisch verarbeitet physisch.+ Der ?usseren, k?rperlichen Organisation >>entspricht<< die innere, seelische Organisation; erstere ist die >>Erscheinung<<, der >>Ausdruck<<, die >>Objektivation<< der letzteren, diese das >>An sich<<, das >>Innensein<< jener, so aber, dass beide nur aus der +einheitlichen Gesamterfahrung+, in der sie untrennbar sind, herausgehoben sind. Diese und das beiden Betrachtungsweisen Gemeinsame ist das >>Identische<< der beiden Daseinsweisen. Seele und Leib sind demnach +nicht zwei trennbare Dinge+, nicht zwei Substanzen, aber es ist auch nicht die Seele mit dem K?rper, dieser mit der Seele identisch. Sondern je nach der Betrachtungsweise ist dasselbe Wirkliche, der >>Organismus<<, durchweg >>Seele<< oder durchweg >>K?rper<<. Und weil dem so ist, weil Psychisches und Physisches +Korrelate+ sind, die sich auf +dasselbe Wesen+ beziehen, besteht zwischen ihnen vollkommene +Harmonie+, >>entspricht<< jedem psychischen ein physisches Geschehen und umgekehrt, ohne dass eine wahre Wechselwirkung zwischen ihnen zu bestehen braucht. So genommen, verliert der >>psychophysische Parallelismus<< alles Mystische und Unbegreifliche, denn jetzt handelt es sich nicht mehr um zwei fremd einander gegen?berstehende und doch in genauer ?bereinstimmung befindliche, selbst?ndige Seins-Reihen, sondern +nur um eine Wirklichkeit, die von zwei Gesichtspunkten aus betrachtet und denkend verarbeitet wird+.
Jedem psychischen Vorgang entspricht ein physiologischer Prozess, und umgekehrt hat jeder physiologische Vorgang in einem psychischen Geschehen mehr oder weniger bewusster Art sein Korrelat. Es besteht also eine wechselseitige +Abh?ngigkeit beider Daseinsweisen voneinander+, die aber nicht direkt kausal ist, sondern >>funktionell<< im Sinne der Mathematik, wiewohl man sich popul?r und im einzelnen auch der kausalen Ausdrucksweise bedienen kann, wenn man sich nur der +Laxheit+ derselben bewusst bleibt. Die F?lle scheinbar echter Wechselwirkung zwischen Leib und Seele erkl?ren sich wie folgt. Es gibt ausser den vollbewussten, apperzipierten psychischen Vorg?ngen >>unterbewusste<< und f?r sich allein, gesondert ?berhaupt nicht gewusste, nicht bemerkte, nicht >>apperzipierte<< Prozesse und Elemente von solchen, die sich zum Teil zu dem vereinigen und in dem aufgehen, was wir das dunkle >>Lebensgef?hl<< nennen. An diesem partizipieren jene psychischen Teilvorg?nge, die den +vegetativen+ Lebensprozessen parallel gehen, ohne ins Licht des eigentlichen, des klaren Selbstbewusstseins zu fallen. Die Abh?ngigkeit des geistigen Lebens, des Denkens z. B., vom >>leiblichen<< bedeutet nun, streng genommen, nicht eine kausale Beeinflussung des Geistigen durch das K?rperliche als solches, sondern durch jene >>Innenseite<< desselben, die in Form mehr oder weniger dunkler Empfindungen, dumpfer Gef?hle und Strebungen u. dgl. auftritt. Das >>Leibliche<< wirkt also, wenn man will, auf das Seelische ein, aber schon als Bestandteil des Psychischen, als ein +Seelisches niederer Ordnung+, als eine +Provinz der psychischen Organisation+. In diesem Sinne ist es wahr, dass z. B. Verdauungsbeschwerden einen Einfluss auf die Denkt?tigkeit, die Stimmung usw. aus?ben; aber nicht die physikalisch-chemischen Vorg?nge im Magen sind die Ursachen der psychischen Depression, sondern die diesen Vorg?ngen entsprechenden >>Innenzust?nde<<, bzw. diese Vorg?nge vom Standpunkt der inneren Erfahrung aufgefasst. Ebenso sind St?rungen des Gehirns, die durch L?sion desselben bedingt sind, nur insofern die Ursachen geistiger Erkrankung, als sie zugleich, an sich, St?rungen unbewusster psychischer Prozesse, Dispositionen und Verbindungsm?glichkeiten sind, an die sich die eigentliche Geistesst?rung kn?pft. So wie der Leib nur als Psychisches auf den Geist einwirkt, mit dem zusammen er einen Teil der seelischen Gesamtorganisation bildet, so wirkt die Seele auf den Leib wahrhaft nur, sofern dieser ein >>Innensein<< hat, d. h. als unmittelbares Erlebnis, nicht wie er als Komplex von Atomen und Energien abstrakt aufgefasst und bestimmt wird. Nur die unmethodische willk?rliche +Vertauschung der Standpunkte+, die ja gewiss bequem ist, verf?hrt zu dem Glauben, es k?nne etwa der Wille eine Bewegung kausal beeinflussen. In Wahrheit geschieht folgendes: ein von Empfindungen oder Vorstellungen ausgehender Willensimpuls hat zur Folge eine Ver?nderung in Muskelempfindungen u. dgl., kurz, eine Art Umlagerung von Bewegungsvorstellungen. Die Willenshandlung beginnt psychisch mit dem Antrieb und endet in Muskel- und ?hnlichen Empfindungen, und dem geht parallel eine physische Reihe, welche mit Gehirnprozessen beginnt und in einer Bewegung etwa des Armes endigt. Auf diese Weise geht der Willensimpuls tats?chlich der angef?hrten Bewegung zeitlich voran; aber gleichwohl fallen innere Willenshandlung und ?ussere Gesamtbewegung zeitlich zusammen, indem je einem Moment der ersteren ein Moment der letzteren zugeordnet ist. In der Bewegung kommt der Wille zum sichtbaren und messbaren +Ausdruck+, er ist der innere +Grund+ der Bewegung, aber nicht die ph?nomenale >>Ursache<< derselben, welche in einem Nervenprozesse zu suchen ist, gem?ss dem Prinzip der geschlossenen Naturkausalit?t und dem der Konstanz der Energie. Der Willensvorgang ist der Grund, dass die objektive Erscheinung einer K?rperbewegung f?r ein Subjekt auftritt, und insofern kann man sagen, die K?rperbewegung ist durch das Psychische >>bedingt<<, sie w?rde ohne dieses nicht auftreten, da sie ja nur die >>Aussenseite<< desselben ist. +In Wahrheit wirkt die Seele immer nur auf ein Glied oder Element ihrer Organisation und dies erscheint objektiv als Wechselwirkung zwischen Bestandteilen der k?rperlichen Organisation.+ Alles physiologische Geschehen l?sst sich insofern als ein +Zeichen+ f?r einen psychischen Vorgang auffassen; ja der gesamte k?rperliche Organismus bildet geradezu ein +System der Ausdrucksbewegungen+, in welchen sich mehr oder weniger bewusste oder unterbewusste, h?here oder niedere psychische Zust?nde und Vorg?nge verraten, manifestieren.
Wir verstehen nun, warum und inwiefern das Psychische an ein Nervensystem und dessen Funktionen, bzw. an organische Substanz, an Substanz ?berhaupt >>gebunden<< ist. Nicht weil es ein Produkt dieser Substanz ist, sondern weil es das >>Innensein<< derselben bildet, weil das Subjektive als materielles Sein und Geschehen erscheint oder unter entsprechenden Bedingungen erscheinen kann und muss. Da h?heres Geistesleben nur auf der Basis eines niederen, sinnlichen, teilweise schon >>mechanisierten<< Seelenlebens erw?chst, so ist es begreiflich, dass dieses h?here, entwickeltere, +differenzierte Geistesleben+ auch in Form einer +differenzierteren Materie+ erscheint und demnach an ein Nervensystem, beim Menschen sogar an ein Grosshirn gebunden ist, w?hrend das Seelische in niederer Form auch nur niedere, weniger organisierte Substanz zum Korrelat hat. Diese substantiellen >>Tr?ger<< des Seelischen sind erkenntnistheoretisch und naturphilosophisch als >>Objektivationen<< einer Organisation, einer >>Struktur<<, eines Seins zu betrachten, das aus der +Wirksamkeit des Seelenlebens auf sich selbst+, in aktiver und reaktiver Anpassung auf die Umwelt, durch ?bung und Vererbung und andere Faktoren hervorgegangen ist. Die Seele >>baut<< sich ihren Leib selbst, nicht durch mystische Formung des K?rpers, sondern durch +Selbstorganisation+, die den Ausgangspunkt und die Basis f?r h?here Entwicklungen bildet und objektiv als mehr oder weniger differenzierte Materie mit entsprechenden, physischen, physiologischen Funktionen erscheint. In diesem Sinne ist der +Leib+ in Wahrheit die +verk?rperte und teilweise mechanisierte Seele+, diese die +lebendige, aktive >>Form<<, die >>Entelechie<< des Leibes+, in dem sie sich objektiviert und stabilisiert. Jedes psychische Geschehen ist also insofern zugleich physisch, als es in einer physischen Erscheinung zum >>Ausdruck<< kommt und es hat Physisches zur Folge, insofern es der +innere Grund+ einer Ver?nderung in den physischen Ph?nomenen, die den Organismus betreffen, ist. Direkte, +ph?nomenale+, exakt-messbare, naturwissenschaftliche +Ursache+ einer organisch-physischen Ver?nderung ist stets wieder ein +physischer+ Vorgang im Organismus als Reaktion auf einen ?usseren Reiz. Indem dieser den Organismus erregt, +bedeutet+ diese >>Erregung<< zweierlei: vom Standpunkt der ?usseren Erfahrung eine Ausl?sung physischer Energie, vom Standpunkt der inneren Erfahrung ein inneres >>Versp?ren<< und einen >>Antrieb<< zur T?tigkeit. Die ?ussere Handlung, die daraus resultieren kann, ist +der objektive Ausdruck der inneren, psychischen Aktion oder Reaktion+, die an sich nichts Physisches, Materielles bewirken kann. Es muss dies wiederholt betont werden, damit die zuweilen schwer zu vermeidende laxere Ausdrucksweise eines Bewirktwerdens physischer Vorg?nge durch psychische nicht missverstanden, +nicht im metaphysisch-ontologischen Sinne+ genommen und dann etwa gar der Vorwurf des Selbstwiderspruches erhoben wird. --
Wir sind nun so weit, dass wir auch der Einseitigkeit der +extremen Aktualit?tstheorie+ begegnen k?nnen. Wenn diese die Seele f?r ein blosses >>B?ndel<< von Vorstellungen, f?r einen blossen >>Komplex<< von elementaren Zust?nden und Vorg?ngen, f?r ein blosses >>Summationsph?nomen<< erkl?rt , so besteht die Einseitigkeit hier darin, dass nur auf die Vielheit und Mannigfaltigkeit der seelischen Teilinhalte +geachtet+ wird. Wenn wir n?mlich auf diese Vielheit achten, d. h. +Teile apperzeptiv aus dem Zusammenhang des Erlebens herausheben+, dann entgeht uns leicht der +Einheitscharakter+ des Erlebens, oder wir werden wenigstens geneigt, ihn zu untersch?tzen. Wir verfallen dann geradeso in Einseitigkeit wie die Dualisten, welche die Einheit des Ich +hypostasieren+, vom Erleben abtrennen und zu einer vom Leibe gesonderten Seelensubstanz machen. Die +Einheit+ des Erlebens ist also weder Schein noch ein selbst?ndiges Wesen, sie ist weder ein blosses Summationsph?nomen, noch eine transzendente Wesenheit, sondern sie ist +so real wie das Bewusstsein ?berhaupt+ es ist, sie ist +eine im Bewusstsein, in der F?lle der Erlebnisse sich entfaltende und erhaltende Einheit, eine aktive Einheitsfunktion+, kurz das, was wir ein >>Subjekt<< nennen. Das Subjekt hat mit der Substanz die +Konstanz+ und +Identit?t+ gemein, ohne die Starrheit jener zu teilen, ohne einen dinghaften Charakter zu besitzen. Das Subjekt ist +kein einzelner Bewusstseinsinhalt+, sondern die +aktive Form und das lebendig Formende des Bewusstseins+, es besteht +nicht neben+ der Mannigfaltigkeit der Erlebnisse, sondern +in ihnen+, in ihrem inneren Zusammenhange, der mehr als eine Summe oder ein Aggregat ist. Und die Erlebnisse, die Bewusstseinszust?nde, sind +nicht vor und ohne das Subjekt+ da, sondern immer schon +Abh?ngige, Aktionen und Reaktionen eines wenn auch noch so primitiven Subjektmoments+, eines >>prim?ren Ichs<< , um das als Zentrum, als Ausgangs- und Quellpunkt sie sich gruppieren. Die +Seele+ ist also +das in der Mannigfaltigkeit der Bewusstseins-Erlebnisse sich identisch setzende, erhaltende und entwickelnde Subjekt, eine gegliederte, organisierte Einheit in der Vielheit, ein aktiv-reaktives Einheitsprinzip+ -- nicht transzendenter, wohl aber, als Bedingung alles Erlebens, >>transzendentaler<< Art . Die Seele ist also dem Bewusstsein immanent, sie ist das aktive und reagierende +Bewusstsein selbst+, das sich +inhaltlich+ stets nur in einem Zusammenhang von Erlebnissen findet, stets aber ?ber jeden Bestandteil, jedes Moment dieses Zusammenhanges hinausragt als ein formales, +synthetisches+ Prinzip, nicht als ein Wesen mit unbekannten Eigenschaften. Das Wesen der Seele ergibt sich vielmehr aus den +Grundt?tigkeiten+, in denen sie ihre Natur bekundet. Diese Grundt?tigkeiten sind es, worauf die Mannigfaltigkeit psychischer Prozesse zur?ckf?hrt, und aus den +Gesetzen+ jener, aus der +konstanten Wirkungsweise, Funktion derselben+ sind die typischen Zusammenh?nge, Verbindungen und Gebilde des Bewusstseins wenigstens formal zu erkl?ren. Man muss also von der Oberfl?che der Bewusstseinsvorg?nge auf das +innerste Getriebe+ derselben zur?ckgehen, wobei man teilweise zu relativ >>Unbewusstem<<, d. h. Ungewusstem gelangt, nicht aber zu einem absolut und wahrhaft Unbewusstem, prinzipiell Nicht-Erlebbaren. Eine absolut >>subjektlose<< Psychologie, die alles aus der blossen Verbindung absolut selbst?ndiger Elemente erkl?ren will, spottet ihrer selbst und weiss nicht wie. Sie f?hrt zur Verdinglichung jener >>Elemente<<, die nur +als Glieder eines einheitlichen Zusammenhanges+ Existenz und Wirksamkeit haben, aus denen also das >>Subjektmoment<< nie herauszudestillieren ist. +Einheit und Vielheit, Subjekt und Inhalt des Bewusstseins sind untrennbare, schon urspr?nglich, wenn auch noch undifferenziert bestehende Seiten des Erlebens, des Bewusstseins, die auseinander nicht oder nur scheinbar abzuleiten sind.+ Schon im primitivsten Seelenleben muss eine >>Subjektivit?t<<, wenn auch noch ohne Abhebung von einer Objektenwelt, bestehen, welche in ihren Erlebnissen sich findet, sich bejaht, sich setzt und erh?lt, als einfache >>Trieb-Seele<< mit wenig ver?nderlichem Inhalt, meist mit ?usserst geringen Entwicklungsm?glichkeiten. Aus solchen primitiven >>Seelen<< haben sich, durch das Zusammenwirken innerer und ?usserer Faktoren, nicht zum wenigsten aber durch aktive Anpassung, die hochorganisierten Seelen der Menschen gebildet, als +Subjekte h?herer Ordnung+, aber wesensverwandt mit den der untermenschlichen Seelen.
Wir h?rten bisher, dass die Seele nicht im metaphysischen Sinne auf den Leib einwirkt, sondern dass sie in Wahrheit, genau gesprochen, +stets nur auf sich selbst wirkt und von sich selbst Wirkungen empf?ngt+, so aber, dass alle Wirkungen +k?rperlich irgendwie zum Ausdruck+ kommen, wobei eine Wechselwirkung zwischen dem Nervensystem und dem ?brigen Organismus besteht. Jedes psychische Geschehen hat sein physiologisches Gegenst?ck, seine physische >>Seite<<. Infolge des Zur?ckwirkens der seelischen Organisation auf sich selbst, das seinen physiologischen Ausdruck hat, ist es verst?ndlich, warum an den Ver?nderungen, an der Entwicklung des Organismus +psychische Faktoren+ beteiligt sind, ohne dass sie den physischen Zusammenhang durchbrechen, also ohne dass irgend einmal an Stelle physikalisch-chemischer Ursachen von leiblichen Prozessen rein psychische Ursachen treten.
Gibt es aber ?berhaupt eine +psychische Kausalit?t+, wird man fragen, oder haben am Ende jene recht, welche das Psychische als >>inkausal<<, als ohne wirksame Eigenschaft bestimmen und behaupten, nur das Physische bzw. Physiologische k?nne wirken bzw. als wirkend gedacht werden? Die Vertreter des >>psychophysischen Materialismus<< sind der Meinung, das Psychische, das Bewusstsein -- wenigstens soweit es objektiviert, aus dem unmittelbaren, konkreten Erleben methodisch herausgehoben werde -- sei ein >>Epiph?nomen<<, eine schattenhafte >>Begleiterscheinung<<, ein >>Nebenerfolg<< der Nervenprozesse, es habe keine Aktivit?t und Kraft, keinen ureigenen, inneren Zusammenhang, keine Eigenkausalit?t, sondern es bestehe aus Verbindungen, deren Ursache oder Grundlage einzig und allein der raum-zeitliche Zusammenhang der Gehirnprozesse sei. Es gibt hiernach keine wahre psychische T?tigkeit, was wir so nennen ist nichts als die Summe von >>Spannungsempfindungen<< u. dgl. Empfindungen und Vorstellungen verbinden sich dann miteinander, wenn auch die entsprechenden Gehirnprozesse sich miteinander verbinden, und alle Ver?nderungen und St?rungen im Ablauf des Bewusstseins sind nur Spiegelungen zerebraler Modifikationen.
Eine solche Auffassung ist aber unhaltbar. So wenig ein einzelner physischer Vorgang einen psychischen bewirken oder auf ihn einwirken kann, ebensowenig kann eine Verbindung physischer Vorg?nge eine psychische Verbindung bewirken. Und ebensowenig als ein Bewusstseinsvorgang die blosse >>Erscheinung<< eines physischen Geschehens sein kann, ist es denkbar, dass der Zusammenhang eines seelischen Geschehens nur der Widerschein eines physischen Kausalnexus ist. Alles was gegen diese Art Abh?ngigkeit des Psychischen vom Physischen spricht, spricht auch gegen diesen Spezialfall, vor allem der Umstand, dass das Seelische nicht blosse Erscheinung eines Geschehens sein kann, das des Seelischen ganz ermangelt, dem also die +Bedingung des Sich-erscheinen-k?nnens+ durchaus abgeht. Auch l?sst sich der psychische Zusammenhang nicht aus der blossen Verbindung der Nervenprozesse erkl?ren, ableiten. Ich mag noch so eifrig und genau in das Getriebe der Hirnprozesse hineinschauen k?nnen, so werde ich, wenn ich nicht die schon damit verkn?pften Bewusstseinsvorg?nge erlebt habe und kenne, diese und deren Beschaffenheit nicht zu erkennen verm?gen; denn die Qualit?t, die das Psychische als solches konstituiert, das eigenartige Erleben eines Tones, einer Farbe, einer Lust, eines Zornes usw. liegt keineswegs im Nervenvorgang, ist aus ihm nimmer herauszulesen, zu erraten. Und ebenso werden wir zwar aus raum-zeitlichen Verbindungen von Gehirnprozessen Schl?sse auf psychische Zusammenh?nge ziehen, manches an diesen aus jenen begreiflich machen k?nnen, aber den Schl?ssel zum +Verst?ndnis+ des seelischen Zusammenhanges, der spezifischen psychischen Verbindungen und Gebilde, geben die physiologischen Zusammenh?nge nicht. Das Physiologische dient zur Erkl?rung des Psychischen in der Regel nur da, wo eine +Gemeinsamkeit+ von Modifikationen beider statthat, wie Ausfallserscheinungen, Hemmungen, St?rungen verschiedener Art, Simultaneit?t oder Sukzession u. dgl. Das Qualitative, Spezifische der psychischen Verbindung ist +nur psychologisch+, nicht physiologisch zu verstehen, wofern man nicht, was oft der Fall ist, unbewusst schon das Psychische +voraussetzt+ oder psychische Zust?nde und Zusammenh?nge in das Physiologische +hineintr?gt+.
Die Auffassung des Psychischen als >>inkausal<< ist nur dann begreiflich, wenn man sich die unberechtigte Verdinglichung der Empfindungen und Vorstellungen seitens der >>Assoziationspsychologie<< und die Einseitigkeit des psychologischen >>Atomismus<< vor Augen h?lt.
Schon +Herbart+ hat den folgenschweren Fehler begangen, die psychischen Elemente -- bei ihm die Vorstellungen -- als selbst?ndige Wesenheiten aufzufassen, die miteinander konkurrieren, um die Vorherrschaft im Bewusstsein k?mpfen, einander hemmen und verdr?ngen; in ihrem Zusammen- und Gegeneinanderwirken werden sie zu Kr?ften, ja zu einer Art lebendiger Dinge, die mit Tendenzen ausgestattet sind. ?hnlich sind f?r die +Assoziationspsychologen+ die Empfindungen oft selbst?ndige Elemente, die prim?r nebeneinander bestehen, miteinander in Verbindung treten usw., kurz, kausale Faktoren, aus deren Wirken das seelische Leben abgeleitet wird.
Diese Auffassung ist die Reaktion gegen die ?ltere >>Verm?genspsychologie<<. Diese stattet die substantielle Seele mit spezifischen Kr?ften, Verm?gen, T?tigkeiten aus, welche das Bewusstsein erzeugen und Bewusstseinsverbindungen herstellen. ?hnlich wirkt das >>Unbewusste<< +Ed. v. Hartmanns+ als Agens hinter dem Bewusstsein und ist das eigentlich und einzig Aktive, Kausale im Ablauf des Seelischen.
Wenn man nun, mit Recht, sich nicht zu einer solchen Verm?genspsychologie bekennen will, zugleich aber einsieht, dass >>reine Empfindungen<< nicht prim?re, selbst?ndige, absolute Wirklichkeiten, sondern in gewissem Sinne +Abstraktions- und Zerlegungsprodukte+ sind, Glieder eines einheitlichen Zusammenhanges, dann kann man leicht dazu gelangen, diesen psychischen Elementen alles Wirken, alle Kausalit?t abzusprechen und sie bloss dem Physiologischen zuzuerkennen, wie es +M?nsterberg+ tut.
Aber hier vermischt sich Wahrheit mit Irrtum. Richtig ist: 1. Es gibt keine psychische Kausalit?t und Aktivit?t +hinter+ und +neben+ den Bewusstseinsvorg?ngen, keine transzendenten Verm?gen oder Kr?fte, wenigstens kommen sie f?r die Psychologie nicht in Betracht; 2. Empfindungen als +isolierte+, aus der Einheit des Seelenlebens herausgehobene Elemente, als Abstraktionsgebilde sind ohne Wirksamkeit, weil ohne absolute, konkrete Wirklichkeit. Verfehlt ist aber unseres Erachtens die Abtrennung der Psychologie als einer >>objektivierenden<< Wissenschaft, welche es mit inkausalen, physiologisch zu erkl?renden Abstraktionsgebilden zu tun hat, von den >>subjektivierenden<< Geisteswissenschaften, welche das konkrete, wirkliche, >>stellungnehmende<< Subjekt und dessen Aktionen zum Gegenstande haben. Die Psychologie will entschieden das Psychische, d. h. das +wirkliche Erleben des Subjekts in dessen Zusammenhange+ erforschen, nicht Abstrakta, nicht Objektivierungen, mit denen es die Physik und Physiologie zu tun hat. Die abstrakten Empfindungen sind nicht das Psychische, nicht der Gegenstand der Psychologie, sondern h?chstens +Hilfsmittel+ zur Erkenntnis des Psychischen. Die v?llige Abstrahierung und Verselbst?ndigung der Empfindungen verf?lscht und t?tet das Seelenleben, sie wird dem Tatbestande der inneren, unmittelbaren Erfahrung nicht gerecht. Nicht erst in den einzelnen Geisteswissenschaften und in der Philosophie brauchen wir die geistige, psychische Kausalit?t, schon in der Psychologie m?ssen wir sie ber?cksichtigen, sonst erreichen wir den +Zweck+ dieser Wissenschaft: das Verst?ndnis des Seelenlebens in seiner Gesetzlichkeit, nicht. Mag auch -- und das ist der haltbare Kern der +M?nsterberg+schen Ausf?hrungen -- die Psychologie wie jede Gesetzeswissenschaft nicht das unmittelbare Erlebnis in seiner vollen individuellen Bestimmtheit erfassen, sondern es mehr oder weniger begrifflich umschreiben und logisch verarbeiten, so entf?llt hier doch, im Unterschiede von den Naturwissenschaften, die Notwendigkeit einer Abstraktion vom erlebenden Subjekt und dessen Zust?nden und Akten. Gerade die +Beziehung der Erlebnisse zum Subjekt+ ist es, was sie zu psychischen Vorg?ngen macht, ohne diese Beziehung haben wir nur fiktive Wesenheiten oder aber, bei konsequenter Objektivierung, physische Inhalte vor uns.
Doch genug dar?ber, bleiben wir bei der +psychischen Kausalit?t+ und sehen wir, wie sie zu denken ist. Da wir die metaphysische Hypothese einer an sich unbewussten Seelensubstanz ablehnen m?ssen, so entfallen f?r uns die >>Seelenverm?gen<<, kraft deren der Geist im Bewusstsein wirkt. Diejenigen, welche erkl?ren, von einer T?tigkeit, Aktivit?t der Seele +neben+ den Bewusstseinsvorg?ngen, den Vorstellungen, Gef?hlen usw. sei nichts zu finden, haben nicht unrecht. Aber die Folgerung, es gebe ?berhaupt keine psychische Aktivit?t, ist falsch. Diese +Aktivit?t+ besteht, zwar nicht hinter und neben den Einzelerlebnissen, wohl aber in einem +Zusammenhange+ der Erlebnisse und ist durch besondere Gef?hle charakterisiert, so dass das Ich unmittelbar davon Kunde hat, dass und wann es t?tig ist. Aus der blossen Summe von Empfindungen, die sich passiv miteinander verbinden, besteht die Bewusstseinsaktivit?t nicht, wenn sie auch nur +in+ und +an+ dem Verlaufe des Erlebens zu konstatieren ist. Der eigenartige +Zusammenhang+ und +Ablauf+ von Erlebnissen, der als psychische T?tigkeit und Wirksamkeit sich abhebt, ist +ebenso real+ wie die einzelnen Momente und Elemente des Erlebens, +ebenso prim?r+, ja in gewissem Sinne urspr?nglicher. Denn erst die psychische +Analyse+, die durch die bestimmt gerichtete +Aufmerksamkeit+ an dem einheitlichen Bewusstseinszusammenhange willk?rlich oder unwillk?rlich bewerkstelligt wird, hebt aus demselben Momente und Elemente heraus, die in Wahrheit niemals isoliert und selbst?ndig vorkommen, sondern Glieder des Zusammenhanges bilden, von ihm untrennbar sind. +Die psychische T?tigkeit entfaltet und manifestiert sich in einer Mannigfaltigkeit von Momenten, existiert nicht ohne diese und neben diesen Momenten; aber umgekehrt haben diese Momente auch keine Existenz ausserhalb des T?tigkeitszusammenhanges, aus dem sie sich herausheben und f?r sich fixieren lassen.+
Die Existenz einer psychischen Kausalit?t, das wollen wir hier betonen, unterliegt keinem berechtigten Zweifel. Ist doch das Wirken des Ichs, die psychische Kausalit?t geradezu das +Ur- und Vorbild aller Kausalit?t+. T?tigkeit, Kausalit?t, Kraft wird von uns nicht als Bestandteil der Aussenwelt erlebt, wahrgenommen, sondern das Objektive, der Wahrnehmungsinhalt wird kausal +gedeutet+, d. h. es wird auf ihn die Kategorie des Wirkens angewendet, die durch den raum-zeitlichen Zusammenhang des Objektiven nur ausgel?st wird, im ?brigen aber der Funktion und Gesetzlichkeit des Denkens entspringt, die am unmittelbarsten im und am eigenen Erleben, am eigenen Ich sich bet?tigt. In und mit der Kategorie des Wirkens >>introjizieren<< wir in die Objekte der Sinneswahrnehmung ein Analogon der Eigent?tigkeit des Ichs, d. h. wir fassen gewisse ?ussere Zusammenh?nge als +Manifestationen innerer Verkn?pfungen+ auf, jenen analog, welche wir in unserem Wollen und Tun unmittelbar setzen und erleben. So wie in uns alles Tun +motiviert+ ist, in einem andern, vorangehenden Tun, Erleben seinen +Grund+ hat, so ist auch das objektive, physische Geschehen f?r uns begr?ndet, +verursacht+, und so wie wir innerlich +aktiv+ und +reaktiv+ sind, so erscheinen uns auch die Aussendinge als mit +Kr?ften+ begabt, verm?ge deren sie wirken, einander beeinflussen; kurz, sie sind uns insofern t?tige >>Subjekte<<, bei denen wir nur sp?ter, auf h?herer Kulturstufe und in der exakten, quantitativen Wissenschaft, von aller inneren Qualit?t, von allem >>F?r-sich-Sein<< absehen. Weit entfernt also, dass die psychische Kausalit?t nicht existiert oder nur die Erscheinung, das Epiph?nomen der physiologischen Kausalit?t ist, erweist sich gerade die physische Kausalit?t erkenntniskritisch als schon abh?ngig von der Gesetzlichkeit des Subjekts und dessen ureigenem Wirken.
Nur wenn man die prim?re Wirksamkeit der einheitlichen Psyche, des aktiven und reagierenden Bewusstseinssubjekts verkennt, verf?llt man dem Irrtum, aus den psychischen Elementen selbst?ndige Kr?fte zu machen. Alle Momente, Faktoren, Elemente des Bewusstseins k?nnen wirken, Kraft entfalten nur insofern, als sie eben +Glieder des Ich-Zusammenhanges+ sind; sie sind +nicht die prim?ren, vollen Ursachen+ des psychischen Geschehens, sondern Teilursachen, Anl?sse u. dgl., w?hrend die +einheitliche Psyche+ das prim?r und eigentlich in ihnen Wirksame, der tiefste Untergrund und oberste Grund der psychischen Verbindungen ist. Nat?rlich nicht als unbeschr?nkte, selbstherrliche Macht, sondern in Abh?ngigkeit von der +Umwelt+ und deren Reizen und in verschiedenem Masse der Bezogenheit auf die Einfl?sse dieser. Die Psyche wirkt aktiv und reaktiv, aber nicht allein und isoliert, sondern im Verein mit ?usseren Faktoren, durch die der Ablauf der Bewusstseinsvorg?nge mannigfach bestimmt, modifiziert wird. So wenig die Psyche absolut >>passiv<< ist, so wenig ist ihre >>Spontaneit?t<< absoluter Art; gleichwohl sind in ihr Tun und Erleiden, aktiver und passiver Bewusstseinsverlauf wohl unterschieden. Von den psychischen Zust?nden, in denen wir von momentanen Reizen und Einfl?ssen ausser und in uns direkt abh?ngig sind und triebartig auf sie reagieren, sondern sich mehr oder weniger scharf die geistigen Akte ab, in welchen die +Totalit?t+, die ganze Wucht des Ichs, der charakterisierte, in die fernste Vergangenheit zur?ckreichende Zusammenhang der Erlebnisse energisch zum Ausdruck gelangt, so dass der momentane Reiz zur?cktritt oder unwirksam wird.
Die +Geschlossenheit+ der psychischen Kausalit?t, auf die wir hier gleich zu sprechen kommen, darf nicht missverstanden werden. Sie ist, methodologisch, eine Forderung des um Konsequenz des einmal eingenommenen Betrachtungsstandpunktes besorgten Denkens und das Gegenst?ck zur L?ckenlosigkeit des physischen Kausalzusammenhanges. Psychische Vorg?nge gehen ureigentlich immer wieder nur aus psychischen Vorg?ngen hervor und haben, direkt und genau genommen, immer wieder nur psychische Vorg?nge zur Folge; physische Ursachen oder Wirkungen als solche geh?ren nicht in die Reihe psychischer Zusammenh?nge. Aber das bedeutet nicht etwa, dass die Seele alle ihre Erlebnisse aus sich allein heraus entwickelt, und dass die Umwelt nicht in den Ablauf des psychischen Geschehens eingreift. Vielmehr ist ein +best?ndiger Wechsel aktiver und reaktiver , bewusster und unterbewusster Vorg?nge+ vorhanden, so dass das Wirken der >>?usseren<< Faktoren und des >>Leibes<< fortw?hrend das spontane, aktive Wirken der Psyche durchkreuzt und durchzieht, und erst dieser +Gesamtzusammenhang+ psychischer Erlebnisse ist absolut >>geschlossen<<. Die Umwelt wirkt aber auf die Psyche nicht als Komplex von Bewegungen oder Energien ein, sondern als das >>An sich<< dieser Vorg?nge, das vielleicht selbst ein Psychisches niederster Stufe, jedenfalls aber nicht selbst physisch ist. H?lt man daran fest, dann kann man keinen Widerspruch zwischen der Geschlossenheit der psychischen Kausalit?t und dem unleugbaren Einflusse der >>Naturkausalit?t<< auf die Psyche, auf das Bewusstsein finden. Auch ist hier von keinem >>Dualismus<< die Rede. Denn die psychische Kausalit?t, die in verschiedenen Formen, je nach ihrer Richtung, auftritt -- als sinnliche und geistige, logische, ethische usw. Kausalit?t, ist das unmittelbar erfasste Wirken derselben Organisation, die objektiv als der Leib eines Lebewesens, des Menschen erscheint. Die Wirksamkeit des leiblichen Organismus bzw. des Nervensystems ist nur die Sichtbarwerdung, die >>Objektivation<< des Wirkens der Seele in allen ihren >>Provinzen<< und >>Phasen<<.
Psychische Vorg?nge und Zust?nde sind also Ursachen anderer nur insoweit, als sie +Modifikationen der einheitlichen Psyche+ sind. Weil die Seele im Moment 1 so beschaffen ist, so agiert oder reagiert, ist sie im Moment 2, 3 ... so beschaffen, so agierend oder reagierend. Die Einheit der Psyche -- nicht einer unbekannten Seelensubstanz, sondern des >>prim?ren Ichs<< -- ist der rote Faden, der durch den gesamten Bewusstseinsverlauf sich zieht, ohne von ihm real abtrennbar zu sein. Nicht die psychischen Elemente sind das Agierende, sie kommen nicht von selbst zusammen, erzeugen nicht das Denken usw., sondern die Psyche, das Ich, das Subjekt ist der t?tige Faktor, der spontan oder triebhaft synthetisch wirkt, psychische Gebilde erzeugt, Bewusstseinszusammenh?nge bestimmter Art erstellt. Und die +Gesetze+, welche die Psychologie zu erkunden sucht, sind nicht fremde M?chte, welche das seelische Geschehen ?usserlich determinieren, sondern nur +Formeln f?r das konstante, permanente Auswirken der Psyche, der Subjekt-Aktionen+. Aus diesen Aktionen die bunte Mannigfaltigkeit des Seelenlebens nicht aprioristisch zu deduzieren, was unm?glich ist, wohl aber begreiflich zu machen, ist die Aufgabe einer sich selbst und ihr Ziel verstehenden Psychologie, die von Metaphysik freizuhalten ist, wenn sie auch schliesslich in eine solche m?ndet und ausserdem erkenntnistheoretischer Voraussetzungen nicht entraten kann.
Eine solche Psychologie wird den psychischen >>Mechanismus<<, soweit er besteht, anerkennen. Aber sie wird erstens den Versuch unternehmen, die +lebendige Triebkraft+ dieses Mechanismus zur Erkl?rung desselben heranzuziehen und zweitens wird sie nicht dem vergeblichen Bem?hen sich unterziehen, aus dem blossen und fertigen Mechanismus, aus dem mehr oder weniger automatisch gewordenen >>Spiel der Vorstellungen<< das +gesamte+ Seelenleben abzuleiten, wie es die +Assoziationspsychologie+ oft unternimmt. Der Mangel dieser ist es, dass sie nicht bis zur psychischen Kraft, zur psychischen +Dynamik+ vordringt, dass sie nicht das +wahre+ Agens der psychischen Zusammenh?nge erfasst, sondern statt dessen bald das Gehirn, bald die Empfindungen heranzieht, und dass sie die +mechanisierten+ nicht von den +prim?ren, aktiv-reaktiven+ Bewusstseinsprozessen scharf genug unterscheidet. Sie +verdinglicht+ Elemente, die nur als +Glieder des einen Bewusstseinszusammenhanges+ bestehen, macht sie zu selbst?ndigen Kr?ften und unternimmt schliesslich auch oft den vergeblichen Versuch, die +nicht-intellektuellen+ Funktionen des Bewusstseins, besonders den Willen, aus blossen Empfindungen u. dgl. zu konstruieren. So ist sie im schlechten Sinne des Wortes psychologischer +Intellektualismus+, w?hrend diejenige Psychologie, welche dem vollen Tatbestand des Seelenlebens m?glichst gerecht zu werden sucht, +voluntaristisch+ ist.
Der Betrachtung der Rolle des Willens im Seelenleben uns zuwendend, verweisen wir bez?glich weiterer mit der psychischen Kausalit?t zusammenh?ngender Fragen auf den letzten Abschnitt.
Hier sollte nur gegen?ber allen Versuchen, die Existenz einer psychischen Kausalit?t zu leugnen, gezeigt werden, wie es nicht m?glich ist, durch blosse ausserpsychische, physiologische Zusammenh?nge die simultanen und sukzessiven Verbindungen psychischer Vorg?nge zu erkl?ren. Diese Verbindungen sind qualitativ von ihren Elementen und Momenten verschieden, sie sind auf blosse Abh?ngigkeiten in der Zeit nicht zur?ckzuf?hren, und durch den Nachweis der ihnen entsprechenden Verbindungen von Nervenprozessen keineswegs schon erkl?rt. Im Denken, Wollen und Handeln erleben wir >>unmittelbar<<, >>anschaulich<<, d. h. nicht erst durch abstrakte Konstruktion und Projektion, Zusammenh?nge kausaler Art, ein stetiges Hervorgehen der Folgen aus ihren Gr?nden, eine innere Motivierung und Determination zu bestimmten Aktionen und Reaktionen. Und wo uns die Zwischenglieder solcher Kausalzusammenh?nge im klaren Bewusstsein nicht vorliegen, da suchen wir mit Recht methodisch nach solchen; und wie die Physik es vermeidet, physische Vorg?nge aus nicht-physischen abzuleiten, so muss die im guten Sinne positivistische, nicht-metaphysische Psychologie die gesuchten Zwischenglieder als +psychische+ Faktoren annehmen, als welche sie sich in der Tat oft auch empirisch erweisen. Wissen wir auch nicht immer, +wie+ wir es verm?gen, kausal zu sein, wodurch unser Wollen und Handeln Wirkungen hervorbringt, so wissen wir doch wenigstens, +dass+ wir wirken und Wirkungen erleiden, dass unsere Erlebnisse miteinander zusammenh?ngen und einander hervorrufen, wobei nat?rlich der Einfluss der Faktoren der Umwelt nicht zu ?bersehen ist. So kompliziert die Verh?ltnisse des Seelenlebens sind, so ist es doch sehr m?glich, aus der Mannigfaltigkeit individueller Modifikationen +typische, regelm?ssige+, sowohl innerhalb einer Individualpsyche als auch bei einer Vielheit von Individuen +konstant wiederkehrende Abfolgen und Verbindungen+ herauszuheben. Wir k?nnen eben die Individualseelen gleichsam als Vertreter eines gemeinsamen Typus, des >>Psychischen ?berhaupt<<, ansehen und die Kausalzusammenh?nge, welche wir bei allen Individuen konstatieren, geh?ren zum Wesen des allgemein Psychischen. So gibt es typische Zusammenh?nge in den Gem?tsbewegungen, den Willenshandlungen, den Denkprozessen, in der Reproduktion und Assoziation von Vorstellungen usw. Und auch die +Abweichungen+ von dem Allgemeinen sind solcher Art, dass sie sich vielfach wieder zu +speziellen Typen+ vereinigen lassen. Die Existenz einer psychischen Kausalit?t, eines psychischen Wirkens und Gewirktwerdens, ist aber keineswegs an das Auftreten allgemeing?ltiger Zusammenh?nge gebunden. Auch da, wo es solche vielleicht nicht gibt sind die betreffenden psychischen Vorg?nge Modifikationen des Subjekts, die durcheinander bedingt sind und auseinander in bestimmter Abfolge hervorgehen. Um die psychische Kausalit?t, den +Kausalnexus der psychischen Aktionen und Reaktionen+, der sich von der +Kausalit?t der objektivierten Erfahrungsinhalte+ durch den Standpunkt der Betrachtung und Erkenntnis unterscheidet, kommt man nicht herum.
Das Wesen des psychologischen +Intellektualismus+ ist es, in den intellektuellen Prozessen und deren Elementen, also im Denken, Vorstellen oder in den Empfindungen den Ausgangspunkt, die Grundlage, den Kern alles Seelenlebens zu erblicken. Gef?hl und Wille sind hiernach sekund?r, abgeleitet, sie sind Produkte, Seiten, Reflexe, Abh?ngige des Intellektuellen oder blosse Komplexe von Empfindungen. Einen spezifischen Willen gibt es hiernach nicht; was wir so nennen, ist eine Summe von Vorstellungen, Empfindungen, ev. auch Gef?hlen, verbunden mit ausgef?hrten oder ideell antizipierten Bewegungen; entwickelt hat sich der Wille, nach dieser >>heterogenetischen<< Theorie, aus Reflexen, die sp?ter kompliziert, bewusster wurden. Eine eigentliche Willenskraft, die mehr ist als >>ideomotorische<< oder Bewegungsvorstellung plus Spannungsempfindungen u. dgl., haben wir nicht anzunehmen. W?hrend die ?ltere Psychologie intellektualistischer Richtung aus Akten des Denkens, des Urteilens, Schliessens, kurz aus der Reflexion psychische Vorg?nge ableitete, die entweder viel zu einfach oder primitiv sind, als dass sie mit bewusster ?berlegung u. dgl. etwas zu tun haben k?nnen , oder aber ?berhaupt nicht intellektueller Art sind , spricht der neuere Intellektualismus oft von angeborenen Vorstellungen, die unbewusst oder bewusst das Handeln leiten, von Urteilen u. dgl. schon auf niedriger Bewusstseinsstufe, von Empfindungen der Muskeln, Sehnen usw. als Willensgrundlagen. Der psychologische Intellektualismus verkennt die Urspr?nglichkeit und Wirksamkeit des Gef?hls- und Willenlebens, er ?bersieht dessen fundamentale Rolle, dessen Einfluss nicht bloss auf das ?ussere Handeln, sondern auf den Intellekt und das Vorstellen selbst. Und da sich einer genaueren Erforschung des Seelenlebens der Wille geradezu als das +zentrale Agens+ des psychischen Geschehens enth?llt, so gibt uns die intellektualistische Psychologie ein einseitiges und verzerrtes Bild vom seelischen Erleben und dessen innerem Zusammenhang. Wie ein blosses Vorstellen, Empfinden oder Denken sich in ein Wollen verwandeln oder ein solches erzeugen kann, ohne dass schon von Anfang an ein willensartiger +Impuls+, ein Streben bestand, ist unerfindlich, ebenso wie aus blossen mechanischen Reflexen ein Willensentscheid sich entwickeln konnte. So wenig das Psychische aus dem Physischen, das Subjektive aus dem Objektiven, das Ich aus dem Nicht-Ich abzuleiten ist, so wenig ist es einzusehen, dass und wie aus absolut Willenlosem jemals so etwas wie Streben, Trieb, Willensimpuls hervorgehen konnte. Und so wenig ein psychischer Vorgang einem physischen, einer Bewegung gleichgesetzt werden kann, so unm?glich ist es f?r jeden Unbefangenen, fast m?chten wir sagen, Unverdorbenen, den lebendigen Prozess des Wollens blossem Empfinden, Vorstellen u. dgl. gleichzusetzen. Ist doch das Wollen geradezu das +Sicherste+, was das Ich in sich selbst finden kann, so dass man mit Recht sagen kann: volo, ergo sum. Im Wollen erfasst sich das Ich am +unmittelbarsten+, es setzt sich selbst wollend und unterscheidet von sich, von seinem Eigenwillen die fremden Willen, die ihm als Objekte seines Wahrnehmens erscheinen und seinen Willen kreuzen und hemmen. Der Wille ist das +Konstanteste+ im Ich, er ist der +Einheitspunkt+, um den sich das Erleben bewegt, von dem es ausgeht und zu dem es gravitiert. Wollen, Ziele setzen und anstreben, ist ein so prononzierter Akt des Subjekts, dass man eher zweifeln kann, ob es Empfindungen oder Vorstellungen im Sinne des psychologischen Atomismus gibt als an der Existenz dieses Wollens.
Damit ist schon angedeutet, dass der Wille +keine metaphysische, transzendente Potenz hinter dem Bewusstsein+ ist. Von einem solchen Willen k?nnen wir absolut nichts wissen, was wir vom Willen aussagen, ist unserem bewussten Erleben entnommen. Der Wille ist +keine geheimnisvolle Kraft+, die wir erst erschliessen m?ssen, sondern das Konstante, Allgemeine im konkreten Wollen, das sich denkend und praktisch bet?tigt, das um sich und seine Ziele deutlich weiss oder sie dumpf f?hlt, das jedenfalls durch unmittelbares Erleben und psychische Analyse in uns zu finden ist. Ein Voluntarismus im Sinne +Schopenhauers+ oder +Ed. v. Hartmanns+ ist also f?r die Psychologie unbrauchbar. Und zwar auch aus folgendem Grunde.
F?r die >>autogenetische<< Willenstheorie, wie sie vorz?glich +Wundt+ vertritt, ist der Wille zwar etwas +Prim?res+ und +Spezifisches+, aber +nicht ein einfaches Bewusstseinselement+ analog den Empfindungen. Weder ist daher, wie manche Psychologen glauben, das Bewusstsein eine Verbindung dreier Verm?gen, Funktionen usw.: Vorstellung , Gef?hl und Wille, noch gibt es einen absolut einfachen, >>blinden<<, intelligenzlosen Willen +neben+ und +vor+ dem ?brigen Bewusstsein, eine Willenst?tigkeit neben und gesondert von dem ?brigen Erleben. So wenig aus einer reinen Empfindung oder Vorstellung ein Wollen hervorgehen kann, so wenig kann aus einem absolut einfachen, blinden Willen der Intellekt entstehen. Vor einem solchen extremen Voluntarismus m?ssen wir uns nicht minder h?ten wie vor dem, die Eigenart des Willens verkennenden Intellektualismus. Die Psychologie hat den Willen so zu nehmen, wie er sich im Erleben wirklich darstellt und wie er demgem?ss auch begrifflich zu bestimmen ist.
Hierbei muss sie sich aber h?ten, sich das Wollen gleichsam +hinwegzuanalysieren+. So wie die Einheit des Ichs leicht dem Beobachter sich entzieht, der durch die analytisch gewonnenen Elemente des Erlebens gefesselt wird, so kann die analytische Betrachtung des Wollens leicht die +T?uschung+ erzeugen, als ob der Wille nur aus Empfindungen, Vorstellungen, h?chstens auch noch Gef?hlen best?nde, obzwar es auf der Hand liegt, dass aus der Zusammensetzung solcher Elemente noch nicht das Wollen herauskommt, das zwar nichts Einfaches, aber doch kein >>Summationsph?nomen<< ist. Bei der Analyse des Willensaktes darf nicht vergessen werden, neben den Momenten desselben auch wieder das Ganze, den eigenartigen +Gesamtverlauf+ zu apperzipieren; erst dann rekonstruieren wir psychologisch das wirkliche Erlebnis, ohne es zu verf?lschen. Es zeigt sich dann klipp und klar, dass >>Wollen<< +ein Prozess, ein Bewusstseinsverlauf+ ist, der als solcher ganz eigenartig, spezifisch, unvergleichbar ist, sich aber in +Momente+ sondert, sondern l?sst, welche wir als Empfindungen, Vorstellungen, Gef?hle ... bezeichnen und f?r sich untersuchen k?nnen. Das >>Ich will<< ist der Ausdruck f?r ein Verhalten des Ichs, welches nicht neben dem Vorstellen usw. herl?uft, sondern in sich Momente, Elemente, Faktoren enth?lt, sich in solche zerlegen l?sst, die in Vorg?ngen, deren Willenscharakter abgeschw?cht oder zur?ckgedr?ngt ist, als spezifisches Vorstellen, F?hlen usw. auftreten. Es gibt verschiedene Formen und Entwicklungsstufen des Willens, vom dumpfen Trieb und Streben angefangen bis zum komplizierten Wahlakt, aber nirgends findet sich konkret-empirisch ein >>reiner<< Wille, der absolut empfindungs- und gef?hlsfrei w?re. Mit dem F?hlen h?ngt der Wille am innigsten zusammen, ohne dass er aber nur eine Summe von Gef?hlen ist. Vielmehr ist das Gef?hl urspr?nglich stets schon ein +Willensmoment+, die Einleitung, Begleitung, Endigung einer Willensfunktion. Der vollst?ndige, prim?re Vorgang ist der Willensvorgang mit seinen Momenten und Seiten; das Gef?hl ist entweder ein solches Moment oder aber abgeschw?chte, gehemmte Wollung, die auf einen eigentlichen, vollen Willen wirken und von ihm Wirkungen empfangen kann.
Der volle, ungebrochene psychische Vorgang ist ein +Willensvorgang+, mit den Momenten des Empfindens, Vorstellens, F?hlens, Strebens, kurz, das, was +Fouill?e+ treffend als >>processus app?titif<< bezeichnet hat. Zu unterscheiden sind zwei Stufen des Willens: Triebwille und Willk?r; ersterer ist der einfache, eindeutig bestimmte, letzterer der kompliziertere, aktivere, bewusstere Wille. Der Triebwille ist als +Ausgangspunkt der gesamten Seelenentwicklung+ sowohl onto- als phylogenetisch aufzufassen. Alle ?usseren Anzeichen sprechen daf?r, und seine Natur ist eine solche, dass sich sowohl die progressive als die regressive Entwicklung des Bewusstseins aus ihr verstehen l?sst. Im Vereine mit dem >>Willk?rwillen<< durchzieht der Triebwille das +gesamte Seelenleben+ des Menschen, in den verschiedensten Formen und Richtungen findet er sich hier und seine Herrschaft ist eine um so gr?ssere, je mehr wir uns dem Tierischen n?hern.
Nach der einen Seite hat sich der Trieb zum +Reflexvorgang+, nach der andern, durch Komplikation der Motive, zum Willk?rlichen entwickelt. Dies hat in vortrefflicher Weise +Wundt+ ausgef?hrt, dem wir uns hierin nur anschliessen k?nnen. Mit ihm m?ssen wir es ablehnen, aus dem seelenlosen Reflex das Willensleben genetisch abzuleiten, da so etwas wie >>Tendenz<<, Erstreben schon von Anfang an den Lebewesen eigen gewesen sein muss, sollten jemals wollende Wesen im h?heren Sinne aus ihnen werden. Ein absolut willenloser Zustand ist weder psychologisch noch auch +biologisch+ denkbar. Letzteres deshalb nicht, weil ohne einen wirklichen Trieb zur Selbsterhaltung, zum Selbstschutze, zur Abwehr feindlicher An- und Eingriffe, zur Aufsuchung, Festhaltung und Verarbeitung g?nstiger Lebensbedingungen und Erhaltungsfaktoren, ein Bestehen und Fortschreiten des Lebens, der Lebewesen kaum m?glich gewesen w?re. Ein indifferentes, bloss empfindendes Lebewesen w?rde nicht auf Reize so +reagiert+ haben, wie es unverkennbar schon die niedrigsten Organismen tun. Ohne Bed?rfnis und triebm?ssige Befriedigung desselben, ohne Impulse zur Nahrung, Bewegung usw. sind die Tatsachen der Biologie nicht wahrhaft verst?ndlich; denn nicht bloss die ?usseren physikalisch-chemisch beschreibbaren Lebenserscheinungen, Lebens?usserungen wollen wir in der Biologie und organischen Naturphilosophie erkennen, auch ihren inneren Grund, ihre innere Dynamik, ihr Triebwerk suchen wir zu erforschen. Will man nun die Unklarheiten und metaphysischen oder sonstigen ?berfl?ssigen Annahmen des >>Vitalismus<< vermeiden, auf unbekannte, ad hoc erdachte und konstruierte >>Lebenskr?fte<< Verzicht leisten, will man ferner die Geschlossenheit der Naturkausalit?t auch auf dem Gebiete des Organischen festhalten, dann bleibt nichts ?brig, als die Biophysik und Biochemie durch eine +Biopsychik+ zu erg?nzen und einzusehen, dass psychische Regungen niederer und h?herer Art, Strebungen eindeutiger und komplizierter Form, Tendenzen zur +Erhaltung der organischen Einheit+ und Triebe und +Wollungen+, die daraus als Konsequenzen fliessen, Mittel zum obersten Zweck sind -- direkt und indirekt die Lebensvorg?nge regieren und modifizieren, so aber, dass diese an sich psychischen Gestaltungen und Regulierungen objektiv als ein +System physischer Prozesse+ erscheinen, die bei den niedersten Lebewesen noch an die gesamte Plasmamasse, bei h?heren aber an ein besonderes Organ, das Nervensystem und schliesslich das Gehirn gebunden sind. Mit voller Ber?cksichtigung des Anteils ?usserer Faktoren und der ungewollten Neben- und Nachwirkungen des Wollens m?ssen wir doch mit +Wundt+ den Willen als +innerstes teleologisches Agens des Lebens, als Sch?pfer biotischer Zweckm?ssigkeit+ ansprechen. Von diesem Standpunkte l?sst sich der Mechanismus des Lebens +als Werkzeug und zugleich als Niederschlag des Lebenswillens+ und dessen Funktionen ansehen, als ?ussere >>H?lle<<, deren Inneres den Willen als Motor, als sich selbst verwirklichende und entfaltende Kraft birgt.
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