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Read Ebook: Das Wirken der Seele: Ideen zu einer organischen Psychologie by Eisler Rudolf

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Ebook has 174 lines and 29552 words, and 4 pages

Nach der einen Seite hat sich der Trieb zum +Reflexvorgang+, nach der andern, durch Komplikation der Motive, zum Willk?rlichen entwickelt. Dies hat in vortrefflicher Weise +Wundt+ ausgef?hrt, dem wir uns hierin nur anschliessen k?nnen. Mit ihm m?ssen wir es ablehnen, aus dem seelenlosen Reflex das Willensleben genetisch abzuleiten, da so etwas wie >>Tendenz<<, Erstreben schon von Anfang an den Lebewesen eigen gewesen sein muss, sollten jemals wollende Wesen im h?heren Sinne aus ihnen werden. Ein absolut willenloser Zustand ist weder psychologisch noch auch +biologisch+ denkbar. Letzteres deshalb nicht, weil ohne einen wirklichen Trieb zur Selbsterhaltung, zum Selbstschutze, zur Abwehr feindlicher An- und Eingriffe, zur Aufsuchung, Festhaltung und Verarbeitung g?nstiger Lebensbedingungen und Erhaltungsfaktoren, ein Bestehen und Fortschreiten des Lebens, der Lebewesen kaum m?glich gewesen w?re. Ein indifferentes, bloss empfindendes Lebewesen w?rde nicht auf Reize so +reagiert+ haben, wie es unverkennbar schon die niedrigsten Organismen tun. Ohne Bed?rfnis und triebm?ssige Befriedigung desselben, ohne Impulse zur Nahrung, Bewegung usw. sind die Tatsachen der Biologie nicht wahrhaft verst?ndlich; denn nicht bloss die ?usseren physikalisch-chemisch beschreibbaren Lebenserscheinungen, Lebens?usserungen wollen wir in der Biologie und organischen Naturphilosophie erkennen, auch ihren inneren Grund, ihre innere Dynamik, ihr Triebwerk suchen wir zu erforschen. Will man nun die Unklarheiten und metaphysischen oder sonstigen ?berfl?ssigen Annahmen des >>Vitalismus<< vermeiden, auf unbekannte, ad hoc erdachte und konstruierte >>Lebenskr?fte<< Verzicht leisten, will man ferner die Geschlossenheit der Naturkausalit?t auch auf dem Gebiete des Organischen festhalten, dann bleibt nichts ?brig, als die Biophysik und Biochemie durch eine +Biopsychik+ zu erg?nzen und einzusehen, dass psychische Regungen niederer und h?herer Art, Strebungen eindeutiger und komplizierter Form, Tendenzen zur +Erhaltung der organischen Einheit+ und Triebe und +Wollungen+, die daraus als Konsequenzen fliessen, Mittel zum obersten Zweck sind -- direkt und indirekt die Lebensvorg?nge regieren und modifizieren, so aber, dass diese an sich psychischen Gestaltungen und Regulierungen objektiv als ein +System physischer Prozesse+ erscheinen, die bei den niedersten Lebewesen noch an die gesamte Plasmamasse, bei h?heren aber an ein besonderes Organ, das Nervensystem und schliesslich das Gehirn gebunden sind. Mit voller Ber?cksichtigung des Anteils ?usserer Faktoren und der ungewollten Neben- und Nachwirkungen des Wollens m?ssen wir doch mit +Wundt+ den Willen als +innerstes teleologisches Agens des Lebens, als Sch?pfer biotischer Zweckm?ssigkeit+ ansprechen. Von diesem Standpunkte l?sst sich der Mechanismus des Lebens +als Werkzeug und zugleich als Niederschlag des Lebenswillens+ und dessen Funktionen ansehen, als ?ussere >>H?lle<<, deren Inneres den Willen als Motor, als sich selbst verwirklichende und entfaltende Kraft birgt.

Weit entfernt, dass der Wille ein Entwicklungsprodukt von mechanischen Reflexen ist, lassen sich umgekehrt die +Reflexe+ und automatischen Vorg?nge am besten als +Residuen urspr?nglicher Willensprozesse+ betrachten. Wir sehen ja t?glich, wie durch ?bung T?tigkeiten, die erst vollbewusst und willk?rlich waren, mit der Zeit immer triebm?ssiger werden, bis sie schliesslich >>mechanisiert<<, automatisch geworden sind, d. h. mit einem Minimum von Bewusstsein und Willensimpuls leicht und eindeutig bestimmt ablaufen. Und so finden wir auch phylogenetisch, durch Vergleichung verschiedener Entwicklungsstufen miteinander, ein Hervorgehen von Reflexen und Automatismen aus Trieb- und Willk?rhandlungen, die durch ?bung abgek?rzt, eindeutig, minderbewusst wurden und schliesslich auf dem Wege der Vererbung als Reflexdispositionen auftreten. Eine Art +Entseelung+ findet so statt, durch die Arbeit erspart wird und die auch durch die gr?ssere Bestimmtheit und Leichtigkeit der Handlung vielfach ausserordentlich zweckm?ssig, erhaltungsgem?ss wirkt. Freilich darf man sich auch die Reflexe nicht als absolut >>apsychisch<< vorstellen; sind auch ihre Antriebe vielfach nur unterbewusst oder f?r sich ?berhaupt nicht bewusst, nicht apperzipierbar, so weist doch vieles darauf hin, dass sie nicht fehlen, wenigstens nicht als Bestandteil des organischen Gesamttriebsystems, ganz abgesehen davon, dass Reflexe nun auch in den Dienst eigentlicher Willensakte gestellt, vom Willen beherrscht werden k?nnen. Jedenfalls reihen sich auch die Reflexe in den Zusammenhang von Willenstendenzen des Lebewesens ein, sie werden von ihm eingeschlossen und geh?ren zu ihm als Wirkungen, Nachwirkungen des Willens.

Der Wille ist also nicht ein Aggregat willenloser Zust?nde, sondern eine urspr?ngliche und spezifische +Richtung+ des Bewusstseins, die sich in Momente und Elemente gliedern l?sst. Nicht nur f?r die beobachtende Analyse tritt der Wille als konkrete Wollung in solche Elemente auseinander, er hat sich auch im Laufe der Entwicklung +differenziert+ und +kompliziert+. Im urspr?nglichen, primitiven Trieb sondern sich Empfindung, Gef?hl und Streben noch keineswegs scharf voneinander ab, sondern sie sind, wie wir noch jetzt an vielen unserer Triebhandlungen ersehen k?nnen, vielmehr zur Einheit verschmolzen. Die +Empfindung+, die unlust- oder lustbetont ist und in eine Tendenz zur Entfernung des Unangenehmen oder zur Festhaltung des Angenehmen m?ndet, ist mit allen ihren Konsequenzen nur ein undeutliches +Glied des einheitlichen Triebvorganges+, w?hrend auf h?heren Stufen der Entwicklung Empfindung, Vorstellung, Gef?hl deutlicher hervortreten und gr?ssere Selbst?ndigkeit, wenn auch keine isolierte Existenz haben. Aber auch der komplizierteste Willk?rwille ist von dem primitiven Willen, dem Trieb, nur graduell unterschieden, indem er, statt eindeutig, durch einen oder wenige Reize bestimmt, ausgel?st zu sein, einen >>Kampf der Motive<<, einen Konflikt verschiedener Willensrichtungen , ?berlegung, Reflexion u. dgl. voraussetzt, im ?brigen aber geradeso Tendenz zur Verwirklichung eines Zieles ist. Der Trieb ist +reaktiver+, der Willk?rwille aber +aktiver+ Wille, indem der letztere, von der Umwelt relativ unabh?ngig, aus dem selbstbewussten, formal permanenten Ich entspringt und eine Grundrichtung des Lebens zum Ausdruck bringt, die f?r das individuelle Ich charakteristisch, der Umwelt gegen?ber etwas Selbst?ndiges, Initiatorisches ist. Nat?rlich ist auch die Willk?rhandlung nicht gesetzlos, sondern ebenso kausal bestimmt wie alles Geschehen. Aber die Kausalit?t und Gesetzlichkeit, die hier in Frage steht, ist psychischer Art, sie ist keine ?ussere Macht ?ber den Willen und das Ich, sondern nur die Konstanz und Regelm?ssigkeit, die Identit?t und Einheit des wollend sich bet?tigenden Subjekts. Daher ist die +Notwendigkeit+ der Willenskausalit?t, wie sie im Handeln, Denken, kurz in allen psychischen Akten sich darstellt, durchaus mit einer +Freiheit+ des Willens, des Subjekts vereinbar, die nichts anderes ist, als Autonomie, Eigengesetzlichkeit, +Eigenrichtung+ des Willens. Der wohlverstandene Indeterminismus und der wohlverstandene Determinismus sind demnach nur Seiten des >>Autodeterminismus<<.

Wenn nun der Voluntarismus im Willen das +Dynamische+, das innerste Triebwerk des Seelenlebens erblickt, wenn ihm der Wille Ausgangspunkt aller seelischen Entwicklung ist und er in allen psychischen Erlebnissen den direkten oder indirekten, lebendigen oder mechanisierten, selbstbewusst-planm?ssigen oder minderbewusst-triebhaften Einfluss des Willens findet, wenn er endlich das Empfinden, Vorstellen, Denken, kurz, die Intelligenz als untrennbar und abh?ngig vom Willenszusammenhange ansieht, so wird dies nicht mehr dahin missverstanden werden, als ob es einen gleichsam nackten Willen als einfache Qualit?t und Kraft hinter den Erlebnissen gebe. Sondern der Satz: der Wille ist das dynamische Prinzip des Bewusstseins, bedeutet nur, dass das Bewusstsein insofern Aktivit?t und Reaktivit?t aufweist, als es selbst willensartig, willensdurchzogen, selbst wollend, strebend ist, als in ihm +Impulse+ walten, welche dem Erlebnisverlauf die +Direktive+ geben, Impulse, die teilweise in muskul?re Vorg?nge m?nden, die also objektiv sich als Bewegungen darstellen, so dass das Motorische die objektivierte ?usserung des Willens ist. Dass +blosse+ Muskelempfindungen, Bewegungsvorstellungen u. dgl. noch nicht Wille sind, sehen wir leicht, wenn wir den Zustand, in dem wir uns einfach eine Bewegung unseres Leibes vorstellen, mit demjenigen vergleichen, in welchem wir die vorgestellte Bewegung auch anstreben, wollen; auch die Gef?hlsbetonung der Bewegungsvorstellung ist noch nicht das Willensph?nomen, sondern dazu geh?rt noch eine besondere >>Stellungnahme<< seitens des Subjekts, die in der Besonderheit des Bewusstseinsverlaufes zum Ausdruck kommt. Es muss wiederholt betont werden, dass >>Wollen<< zwar kein einfacher, elementarer Zustand hinter und neben dem ?brigen Erleben, aber auch keine blosse Summation von willenlosen Vorg?ngen ist.

Der Voluntarismus, mag er nun in extremer oder gem?ssigterer Form auftreten, bestreitet wesentlich zweierlei: 1. die M?glichkeit, aus blossen intellektuellen Prozessen das Seelenleben befriedigend zu erkl?ren, 2. den Aufbau der geistigen Gebilde durch blosse >>Assoziation<<; die Aktivit?t des Bewusstseins wird von der Assoziationspsychologie oft verkannt oder ungen?gend zur Geltung gebracht.

Was das Verh?ltnis des +Intellekts+ zum Willen anbelangt, so ist folgendes zu sagen. Eine reine, willenlose Intelligenz, ein teilnahmsloses Vorstellen und Denken ist uns nirgends gegeben. Mag das Willensmoment noch so +abgeschw?cht+ sein, mag es sich dem klaren Bewusstsein entziehen, weil es w?hrend des Funktionierens nicht selbst zur Apperzeption gelangt, g?nzlich fehlt es nie. Schon die primitiven +Sinneswahrnehmungen+ sind gef?hlsbetont und mit irgendeinem Grade des Strebens behaftet, das in gewissen F?llen stark hervortreten kann; ausserdem bringen wir vielfach den Sinnesreizen Tendenzen zur Perzeption entgegen, wir suchen Empfindungen auf, haben ein Bed?rfnis nach Bet?tigung unserer Sinnesorgane, ein >>funktionelles Bed?rfnis<< bestimmter Art. Das neutrale, >>indifferente<< Wahrnehmen ist schon ein Grenzfall, ein Entwicklungsprodukt, keineswegs das Prim?re, wo Empfinden oder Wahrnehmen und Streben viel inniger vereint sind, wo also die Wahrnehmung durchaus >>appetitiv<<, triebhaft ist, was auch biologisch wohl begr?ndet ist. Denn die Sinneswahrnehmung steht zun?chst v?llig im Dienste des Selbsterhaltungswillens, der die Sinnesreize teils aufsucht, teils vermeidet und der also eine +Auswahl+ unter ihnen trifft.

Diese ausw?hlende, auslesende T?tigkeit der Psyche ist nun ?berhaupt von fundamentaler Bedeutung. Wir zeigen dies zun?chst an der Tatsache der +Apperzeption+ im allgemeinen, die besonders durch +Wundt+ in ihrer Wichtigkeit erkannt wurde, so dass fortan der Assoziationspsychologie eine >>Apperzeptionspsychologie<< entgegentreten konnte. Unter der >>Apperzeption<< ist nun nichts anderes zu verstehen als eine Leistung des Willens, des Willens zur Bewusstheit insbesondere. Je nachdem der Wille Trieb- oder Willk?rwille ist, haben wir +passive+ oder +aktive+ Apperzeption vor uns, ohne dass beide voneinander schroff geschieden sind. Die Apperzeption ist also nicht, wie man zuweilen gemeint hat, ein mystisches, metaphysisches Verm?gen, ein Akt hinter und vor dem Bewusstsein, sondern eine Leistung im und am Bewusstsein, an den Erlebnissen. Apperzeption ist +Fixierung von Erlebnisinhalten durch den Willen+, Festhaltung, Bevorzugung, Auswahl eines Bewusstseinsbestandteiles, der dadurch vor anderen momentan ausgezeichnet wird, indem er klarer, deutlicher, selbst?ndiger, bewusster wird. Das Apperzipierte ist gleichsam im >>Blickpunkt<< des Erlebens. Durch diese Klarwerdung eines Erlebnisses tritt dasselbe aus dem Gesamtzustande des Subjekts sch?rfer hervor, das ?brige tritt entsprechend zur?ck, ist minder bewusst oder unterbewusst. Diese Bevorzugung kann ein Erlebnis zun?chst +triebhaft erzwingen+, indem es aus irgendeinem Grunde die Aufmerksamkeit, d. h. den Erlebniswillen auf sich zieht und das ?brige verdr?ngt. Geht aber ein bestimmter +Erlebniswille+, eine Erwartung, ein Suchen u. dgl. voraus, ist die Aufmerksamkeit schon im vornherein auf einen zu gew?rtigenden Inhalt eingestellt, dann findet eine +aktive+ Apperzeption statt, hinter der die konzentrierte aktive Energie des Ichs steckt. In jedem Falle wird aber ein Inhalt dadurch apperzipiert, nicht bloss perzipiert, dass er in m?glichst g?nstige, zweckm?ssige Beziehung zum auffassenden oder verarbeitenden psychisch-physischen Organ gebracht wird, indem alles St?rende, Beeintr?chtigende durch den Willen abgewiesen, gehemmt, zur?ckgedr?ngt wird. In verschiedenen Gef?hlen und Empfindungen kommt dieser Zustand der >>Spannung<< zum Ausdruck, ohne mit ihnen identisch zu sein; denn wir versp?ren unweigerlich das Triebhafte bzw. das Willk?rliche im Aufmerken und Apperzipieren -- Vorg?nge, die nur Momente und Seiten eines einheitlichen Geschehens bilden. Das +physiologische+ Korrelat der Apperzeption kann entweder die Funktion bestimmter Gehirnpartien sein oder in einer erh?hten Energie, in einem besonderen Grade eines bestimmten Zusammenwirkens von Gehirnprozessen bestehen.

Auf die passive oder reaktive Apperzeption kommen wir noch weiter unten zu sprechen. Zun?chst haben wir von der +aktiven+ Apperzeption zu sprechen, um das Verh?ltnis des Willens zum Intellekt klarzulegen und der Einseitigkeit des Assoziationismus entgegenzutreten.

Betrachten wir das +Denken+ n?her seiner subjektiven psychischen Seite nach, so sehen wir, dass es sich vom blossen Vorstellen, von bloss assoziativen Verbindungen unmittelbar in der Art des Erlebens unterscheidet. Das Denken erweist sich, kurz gesagt, subjektiv als eine +Willenst?tigkeit+. Ein willenloses Denken, ein willensfreier Intellekt existiert nicht, oder nur in der Abstraktion. Denken als Prozess ist +innere Handlung+ im Unterschiede von der >>Praxis<<, lebendige Aktion, +aktive Ich-Leistung+. Ohne +Antriebe+, +Motive zum Denken+, ohne ein zu erreichendes +Denkziel+, dem ein +Interesse+ uns nachgehen l?sst, k?me es zu keinem wirklichen Denken und Erkennen. Der Wille ist dem Denken >>immanent<<, aber nicht, wie oft erkl?rt wird, weil Wille nur eine Eigenschaft, eine Richtung des Denkens ist, sondern weil das Wollen ein prim?res Moment der Denkhandlung, die subjektive Bedingung und Grundlage, die innerste Triebkraft des Denkens, dieses also eine Bet?tigung, eine Richtung des Willens, des >>Denkwillens<< ist. Denken ist eine +geistige Arbeit+ an einem Materiale , +aktive Formung und Gliederung+, die zu oberst dem +Willen+ zur +Einheit+ Gen?ge tut, ihm entspringt. Ich denke nur, weil ich Inhalte geistig beherrschen, durchdringen, zusammenh?ngend-einheitlich erfassen will, abgesehen von anderen Motiven, etwa praktischen. Der Wille setzt das Denken in Bewegung, gibt ihm Anstoss und Richtung. Durch die aktive Apperzeption wird nur das im Bewusstsein fixiert und mit anderem ebenso Fixierten zusammengehalten, vereinigt, was in der Richtung des Denkwillens liegt oder zu liegen scheint; alles andere wird zur?ckgedr?ngt, vernachl?ssigt. Indem ich denke, +w?hle+ ich unter meinen zur Disposition stehenden Vorstellungen und Vorstellungsdispositionen jene, welche meinem so und so bestimmten Denkwillen entsprechen oder wenigstens zu entsprechen scheinen. Nat?rlich muss mir ein Material von Inhalten zur Verf?gung stehen, welches nicht selbst erst durch mein Denken geschaffen wird, und von diesem Material gehen Anregungen aus, welche mich -- teilweise triebhaft -- in meinem konkreten, speziellen Denken bestimmen; ich >>richte<< mich nach dem +Inhalte+ meiner Erlebnisse, auch wenn ich noch so aktive Geistesarbeit verrichte, ich verfahre nicht willk?rlich im Sinne ungebundener, gesetzloser, absoluter Freiheit. Der Denkwille hat seine +eigene feste Gesetzlichkeit+, die er anerkennt, anerkennen muss, will er sein Ziel erreichen, so dass die +Denkgesetze+ zwar nicht mechanische, aber +teleologische Notwendigkeit+ besitzen, indem sie der >>Autonomie des Denkwillens<< entspringen. -- Intellekt und Wille sind nicht zwei gesonderte Verm?gen oder Kr?fte, sondern was wir Intellekt, Verstand, bzw. Vernunft nennen, ist der rein geistig sich bet?tigende Wille selbst; das Denken, die sich bet?tigende Vernunft ist Willenshandlung. Die +Wechselwirkung zwischen Intellekt und Wille+ besteht darin, dass einerseits das Erstreben, Wollen bestimmter Inhalte einen Einfluss auf das Denken aus?bt und dass dieses von der Energie und Richtung des Willens abh?ngig ist, und dass anderseits das Denken und dessen Produkte den Willen, der insofern >>Vernunftwille<< ist, zu motivieren, zu leiten vermag; der Vernunftwille wiederum kann einen Einfluss auf Triebe, Leidenschaften u. dgl. aus?ben. So lassen sich also Wille und Intellekt als wechselseitige Abh?ngige, als einander bestimmende Momente und Faktoren anerkennen, ohne dass auf der einen Seite ein intelligenzloser Wille, auf der andern ein willensfreier Intellekt zu stehen braucht.

Unter dem Einflusse der aktiven Apperzeption entstehen nun u. a. die +Denkgebilde+, als eine Form der >>apperzeptiven Verbindungen<< . Ein +Begriff+ z. B. ist nicht eine blosse Assoziation von Vorstellungen, sondern ein Denkgebilde, bei dem die Apperzeption nur bestimmte, logisch zweckm?ssige Elemente von Erlebnissen festh?lt, heraushebt und einheitlich zusammenfasst. Begriffe entstehen nie passiv, ganz von selbst, auch die empirisch fundierten Begriffe sind, subjektiv angesehen, Denkgebilde, Produkte aktiver Geistesbet?tigung. So verh?lt es sich auch mit dem +Urteil+. Dieses ist keine assoziative Abfolge von Vorstellungen, sondern eine aktive Synthese auf Grundlage einer Analyse des Erlebnisses, ein Akt der In-Beziehung-Setzung, die niemals von selbst dem Subjekt gegeben ist. Beziehen, Vergleichen, Zerlegen, Verbinden usw. sind nicht fertige Bewusstseinsinhalte, sondern Ich-Bet?tigungen, die an einem Materiale stattfinden, ohne in diesem schon vorzuliegen. Die T?tigkeit des denkenden Subjekts schwebt aber nicht in absolut freier Willk?r ?ber diesem Material, sondern geh?rt zu eben demselben Bewusstsein, dessen Inhalt jenes bildet; sie ist eine >>Form<< des Bewusstseins, eine Art des Zusammenhanges, die sich unmittelbar als >>aktiv<< charakterisiert und von anderen Arten abhebt. Die apperzeptive T?tigkeit l?sst sich zwar von dem apperzipierten Inhalt unterscheiden und begrifflich fixieren, bildet aber in Wirklichkeit ein mit diesem Inhalt zur Einheit verbundenes Ganzes.

+Gedanken+ sind also Gebilde aktiver Geistest?tigkeit, welche den Willen zum Motor hat. Das Denken benutzt das durch Assoziation gelieferte Vorstellungsmaterial, es ist aber nicht selbst blosse Assoziation. W?hrend bei dieser Vorstellung auf Vorstellung folgt, in bunter Reihe, durch ?hnlichkeit, Ber?hrung in Raum und Zeit usw. hervorgetrieben, erweist sich das Denken als ein den Verlauf der Vorstellungen +hemmender+, +regulierender+ Prozess, der zu bestimmten Zusammenh?ngen f?hrt, durch welche dem Ablauf des Vorstellens ein gewisser Abschluss zuteil wird. Die Gesetzlichkeit des Denkens ist aus blossen >>Assoziationsgesetzen<< nicht abzuleiten, nicht zu begreifen, sie ist anderer Art als die des >>Spieles der Einbildungskraft<<, das um so leichter und besser von statten geht, je unbeherrschter das Vorstellen ist. Das Denken hingegen, besonders das streng logische Denken bedeutet +Disziplin+, +Planm?ssigkeit+, +Zwecksamkeit im Geistesleben+. Nicht bloss das Denken, auch die aktiv gestaltende, Normen befolgende, beachtende +Phantasie+ ist mehr als blosse Assoziation. Durch eine Art >>sch?pferischer Synthese<< entstehen im Denken und in der aktiven Phantasie seelische Gebilde, die sich zwar in Elemente zerlegen lassen, welche zum Aufbau der Gebilde beitragen, die aber diesen Elementen und ihrer blossen Summe gegen?ber qualitativ etwas Neues, Spezifisches darstellen. --

Was nun die +Assoziation+ selbst betrifft, so hat die Assoziationspsychologie meistens nicht nur den Fehler begangen, aus jener alles ableiten zu wollen, sondern auch noch den, dass sie die Assoziation nicht richtig aufgefasst hat. Wir sprachen schon von der unzul?ssigen Verdinglichung der Vorstellungen und Empfindungen und von der Ausstattung dieser mit Kr?ften gegenseitiger Anziehung. Es gibt aber im konkreten Erleben keine selbst?ndigen, reinen Empfindungen und Vorstellungen, die sich von selbst, ganz unabh?ngig von einem erlebenden Subjekt, miteinander verbinden. Eine Vorstellung ist kein beseeltes Wesen, welches von einem andern, einer zweiten Vorstellung einen Anstoss zum Wiederauftreten im Bewusstsein empfangen kann. Sondern alle Assoziation ist nur dadurch m?glich, dass Vorstellungen usw. +Abh?ngige eines erlebenden Subjekts+, Momente und Glieder bzw. Seiten eines einheitlichen Zusammenhanges sind, durch den sie ebenso bedingt sind, wie sie ihn selbst mit konstituieren. Die Assoziationen schweben nicht in der Luft, sind nicht Beziehungen zwischen Objekten, sondern +Formen des Zusammenhanges von Erlebnissen im Subjekt und durch den jeweiligen Zustand desselben bedingt+. Sowohl die allgemeine, als die besondere, individuelle Natur des erlebenden Subjekts kommt in den Assoziationen, in anderer Weise als in den Apperzeptionsverbindungen, zum Ausdruck, so dass die Assoziationen zwar gesetzlich, aber keineswegs eindeutig bestimmt sind.

Nun ist das Subjekt in zentralster Selbstunterscheidung von den Objekten Wille, zun?chst als triebhaft, dann aber vorzugsweise als aktiv wollend. Daher ist die Assoziation durch den Willen, durch das Streben bedingt. Es >>assoziieren<< sich also nicht reine Vorstellungen miteinander, sondern +willensbehaftete Erlebnisse des einheitlichen Subjekts+. In der Einheit des erlebenden Subjekts bzw. des Strebens sind die Assoziationen letzten Endes gegr?ndet, aus ihr fliessen sie. Die Assoziation besteht darin, dass durch >>triebhafte<< Einwirkung auf die Apperzeption Erlebnisse einander ins Bewusstsein rufen und mit ihnen Zusammenh?nge bilden, die bald durch innere, bald durch mehr ?usserliche Beziehungen bedingt sind, so aber, dass das Willenselement nie fehlt. Die Assoziation ist, wie dies +Wundt+ erkannt hat, ein +Triebvorgang+, wenn auch ein solcher, wo das Moment des Strebens vielfach in den Hintergrund des Bewusstseins tritt. Dies ist wohl begreiflich, wenn man an die durch ?bung erzielte >>Mechanisierung<< des Bewusstseins, der Willens- und Triebhandlung denkt. Assoziation ist in der Tat relativ +mechanisierte Geistesarbeit+, und das um so mehr, je weniger das Triebmoment, das manchmal ziemlich stark hervortreten kann, zur?cktritt, ohne aber je ganz zu fehlen . Erlebnisse, die irgendwie zur +Einheit im Ich+ zusammengehen k?nnen -- bei verschiedenen Individuen in verschiedener Weise -- haben die Tendenz, sich zu >>assoziieren<<, d. h. sie assoziieren sich, sofern nicht ?ussere oder innere st?rende, hemmende, ablenkende Faktoren ins Spiel treten. Die Vorstellungen assoziieren sich aber nicht direkt und von selbst, sondern nur so, dass sie +auf das Streben einwirken, und dieses zur Reproduktion anderer Vorstellungen anregen, reizen, aus dessen Natur heraus, die auf Einheit geht+.

Vorstellungen sind keine Dinge oder Kr?fte, die, wenn sie dem Ich nicht pr?sent sind, irgendwo unbewusst lauern, bis sie wieder ins Bewusstsein treten k?nnen. Nimmt man von der Vorstellung das Bewusstsein weg, dann hebt man sie selbst auf, denn sie ist nur eine besondere Form, eine Modifikation des Bewusstseins , welches nicht neben den Erlebnissen einhergeht, zu ihnen hinzukommt, sondern ein Ausdruck f?r das Gemeinsame aller Erlebnisse, eben das Erleben ist. Es gibt also keine absolut unbewussten Vorstellungen und die Reproduktion, mit der die Assoziation verbunden ist, ist keine Hervorholung der Vorstellungen aus dem Unbewussten ins Licht des Bewusstseins. Jede >>reproduzierte<< Vorstellung ist vielmehr ein +neues+, besonderes Erlebnis, das inhaltlich zwar einem fr?heren Erlebnis sehr ?hnlich ist, trotzdem aber, abgesehen von mehr oder weniger erheblichen Abweichungen, funktionell nicht mit dem alten Erlebnis zusammenf?llt. Freilich muss die Reproduktion der Vorstellungen +Bedingungen+ haben, durch die sie erm?glicht wird. Diese Bedingungen sind, objektiv-physisch betrachtet, >>Spuren<<, potentielle Energien bzw. molekulare Umlagerungen im Zentralnervensystem, im Gehirn. Und bei der Assoziation d?rften infolge von >>Bahnungen<< u. dgl. zusammengeh?rige, fr?her irgendwie verbunden gewesene Partien oder Funktionsanlagen in T?tigkeit treten, indem die Erregung der einen Partie oder der einen Funktionsanlage eine Erregung bestimmter anderer Bestandteile nach sich zieht. Psychologisch aber kann nat?rlich nicht von Molekularumlagerungen u. dgl. gesprochen werden. Gleichwohl ist man berechtigt, von funktionellen +Dispositionen+ zur Reproduktion von Vorstellungen u. dgl. zu reden. Es sind das nicht bestimmte, unbewusst existierende, bereitliegende Inhalte, sondern Nachwirkungen fr?herer Erlebnisse in der psychischen Organisationseinheit, +Tendenzen+ der Psyche zur Erneuerung von Erlebnissen unter bestimmten Anregungen, Antrieben, welche von gewissen anderen Erlebnissen ausgehen. So zeigt sich auch die +Erinnerung+ und die F?higkeit dazu, das +Ged?chtnis+, als ein nicht rein intellektuelles, sondern +volitionelles Ph?nomen+, dessen physiologisches Korrelat wohl in der Aufspeicherung potentieller Energie im Gehirn und deren ?bergehen in aktuelle Energie besteht. Psychische >>Dispositionen<< sind also nicht selbst Vorstellungen, sondern nur >>Bereitschaften<< zu solchen, es sind psychische Potenzen als das Innensein der Gehirndispositionen. So verh?lt es sich auch mit den sog. +Anlagen+, die nichts anderes sind als urspr?ngliche, ererbte, angeborene psycho-physische Dispositionen, im Unterschiede von den individuell erworbenen Dispositionen und Fertigkeiten. Alle Dispositionen, ererbte und erworbene, sind Resultate der +?bung+, als solche stehen sie zur Richtung des +geringsten Widerstandes, der kleinsten Kraftaufwendung+ in Beziehung, haben also eine +?konomische+ Bedeutung, aus der sich auch die ihnen eigene Tendenz oder Strebung begreift. Sind die Dispositionen einerseits Nachwirkungen von Willens- und Triebhandlungen, inneren und ?usseren, so ?ben sie anderseits einen ausserordentlichen Einfluss auf die Weiterentwicklung des Seelenlebens aus, sie werden zur Grundlage neuer und h?herer, reicherer geistiger Prozesse und zugleich mitbestimmend f?r die +Richtung+, welche diese nehmen.

Der Begriff der +Richtung+ ist ?berhaupt f?r die Psychologie wichtig. Er ist hier wie in der Naturwissenschaft unentbehrlich, weil der Qualit?ts- und der Intensit?tsbegriff nicht ausreichen, um gewisse Unterschiede in den psychischen Vorg?ngen festzulegen. In erster Linie und prim?r ist die >>Richtung<< im Seelischen ein Modus des Willens, dessen Wirksamkeit verschieden ist, je nach dem Ziele, auf das der Wille gerichtet, eingestellt ist. Mit gutem Sinne k?nnen wir z. B. von einer Richtung des Vorstellungsverlaufes sprechen, die entweder von momentanen, triebartigen Impulsen oder aber vom zweckbewussten Willen abh?ngig ist. Der Wille beeinflusst die Richtung der Erlebnisse, die Art des Ablaufes, des zeitlichen Zusammenhanges, des Abschlusses derselben, abgesehen davon, dass der Aufmerksamkeitswille verschieden gerichtet sein kann, indem er bald auf das eigene subjektive Erleben, bald auf die objektiven Inhalte desselben sich lenkt. Der Wille als solcher ist, in Beziehung auf seinen Zielpunkt, ein >>Gerichtetsein<<, dessen direkte oder indirekte, totale oder partielle Objektivierung die Richtung der psychischen Energie der Gehirn- und Nervenprozesse ist. F?r den Unterschied zwischen Trieb und Willk?r mechanisierter und aktiver Geistesfunktion ist die Unterscheidung eindeutig und mehrdeutig bestimmter Richtung von Wichtigkeit, z. B. f?r das Problem der Willensfreiheit. --

Es w?rde den Rahmen dieser Arbeit weit ?bersteigen, sollte der Anteil des Willens an den seelischen Geschehnissen im einzelnen aufgezeigt werden. Es gen?gt, wenn wir dartun konnten, dass sowohl im niederen, einfachen, wie im h?heren, komplizierten Seelen- und Geistesleben der Wille in verschiedener Form und Richtung das +zentral Wirksame+, die innerste Energie des Bewusstseins ist, und dass der +vollst?ndige+, unabgek?rzte, ungehemmte psychische Vorgang eine +Willenshandlung+ ist. Erst durch +Abschw?chung+, +Abstumpfung+ des Strebens und F?hlens, des Appetitiven und Affektiven kommt das verh?ltnism?ssige >>rein<< Intellektuelle, das neutrale Wahrnehmen, Vorstellen und Denken zustande, +teilweise aber selbst wieder unter dem Einfluss des Willens+, n?mlich des Kulturwillens, der eine m?glichste Beherrschung, Zur?ckdr?ngung des Triebhaften, Affektiven mit sich bringt.

W?hrend in fr?heren Perioden der wissenschaftlichen Forschung die Idee des Zweckes und der Zweckm?ssigkeit, kurz, die +Teleologie+ meist in der Form eines Gegensatzes zum Kausalit?tsbegriff oder aber so auftrat, dass in der Natur zwei Arten von Urs?chlichkeiten, die kausale und die finale, nebeneinander, ohne innere Verbindung walten sollten, ist es ein Postulat unserer Zeit -- das aber schon bei ?lteren Denkern, besonders bei +Leibniz+ sich geltend machte -- die Teleologie so zu fassen, +dass sie zu der kausalen Betrachtungsweise in keinen Widerspruch ger?t+, vielmehr mit ihr aufs beste harmoniert. Von einer >>transzendenten<< Teleologie, wonach Gott oder die Natur den Dingen bestimmte Zwecke gesetzt hat, denen diese unbewusst oder bewusst nachgehen, will man mit Recht, wenigstens innerhalb der empirischen Wissenschaft, nichts wissen. Anderseits ist den noch immer in grosser Zahl vorhandenen Gegnern aller Teleologie entgegenzuhalten, dass man in der Biologie und in den Geisteswissenschaften ohne Teleologie nicht auskommt. Nur muss das eine +immanente+, eine >>Auto-Teleologie<< sein, welche Ziele und Zwecke nicht als Wesenheiten ausserhalb der lebenden, handelnden Wesen, sondern als etwas diesen +Innerliches, Immanentes, von ihnen selbst Gesetztes, Erstrebtes, Verwirklichtes+ bestimmt und den Einfluss +?usserer+, nicht-teleologischer, rein kausaler Faktoren geb?hrend w?rdigt. Finalit?t und Kausalit?t schliessen einander nicht aus, sondern sind, wie wir gleich sehen werden, nur +zwei Betrachtungsweisen bzw. Phasen einer und derselben Reihe des Geschehens+, ohne dass deshalb, wie manche meinen, etwa die Finalit?t nur subjektiv, nur ein >>Regulativ<< f?r unser Erkennen sein muss.

Wo wir innerhalb der empirischen Wissenschaft kein Seelisches annehmen d?rfen oder, besser, nicht anzunehmen brauchen, beim Anorganischen, und ?berall da, wo wir nicht in der Lage sind, mit Sicherheit bestimmte psychische Handlungen einf?hlend zu erkennen, da sind wir berechtigt, bloss von einer >>regulativen<< und heuristischen Anwendung des Zweckbegriffes zu sprechen, d. h. die Dinge so anzusehen, +als ob+ sie einem Zwecke dienten, um leichter zu kausalen Reihen zu kommen und diese besser zu verstehen. Aber das ist nicht der einzige zul?ssige Gebrauch, den man von der Teleologie machen darf, und zwar nicht erst in der Metaphysik, sondern schon in der Biologie, Psychologie und in den Geisteswissenschaften. Hier ist es vielfach oft die Idee des Zweckes, die erst +Einheit in die Erfahrung+ bringt, diese erst >>konstituiert<< und das Geschehen erst sinnvoll, bedeutsam macht. Aber auch hier ist die >>Finalit?t<< nur eine Seite oder Phase desselben Geschehens, das zugleich sich kausal beschreiben l?sst. >>Konstitutiv<< ist der Zweckbegriff hier aber schon deshalb, weil wir, w?hrend Zwecksamkeit, Finalit?t in das Physische zun?chst nur +hineingelegt+ wird, sie +an uns selbst, in unserem seelischen Verhalten unmittelbar erleben+ oder setzen und sie ebenso als ein allem Seelischen unmittelbar Anhaftendes ansehen m?ssen, als ein +Charakteristikon des Psychischen selbst+.

In der Tat, der +Zweckbegriff+, der formal unserem beziehenden Denken entspringt, hat sein Ur- und Vorbild im eigenen Erleben des +Subjekts+. Dieses ist selbst durch und durch ein Zwecke-setzendes, >>zielstrebiges<< Wesen und es ist t?tig, um diesen seinen Zwecken zu gen?gen, um sie zu verwirklichen, aus der Potenz in die Aktivit?t ?berzuf?hren. +Das Subjekt ist ein Zwecke-objektivierendes Wesen.+ Sein ganzes Tun ist ein +Inbegriff von Mitteln zur Realisation von Zwecken+, zur Erreichung von Zielen. Zun?chst ist aber zu zeigen, wie das m?glich ist, ohne dass das Kausalit?tsgesetz durchbrochen, ausser Geltung gesetzt wird.

Ein einfaches Beispiel f?r eine Zweckt?tigkeit ist die Handlung, bei der ich den Arm ausstrecke, um ein Buch zu ergreifen. Psychologisch geht folgendes vor: ich habe ein Ziel in Gestalt einer Vorstellung vor Augen, die >>Lust<< dazu und das Streben nach dessen Erreichung, welches sich in Bewegungsempfindungen u. dgl. umsetzt und schliesslich zu jenem psychischen Zustande f?hrt, welcher mit dem Besitze des Buches verbunden ist. Dieselbe Reihe ist nun auch rein kausal beschreibbar. Zuerst war meine Armbewegung >>Mittel<< zur Besitzergreifung des Buches, diese aber >>Zweck<< meiner Handlung; jetzt ist die Handlung >>Ursache<< des Ergreifens und Festhaltens des Buches und zwar sowohl psychisch wie physisch . Was bei der einen Betrachtungsweise Mittel und Zweck ist, ist f?r die andere Ursache und Wirkung. Der Zweck ist nichts als die im Erleben antizipierte, die +vorstellend erstrebte Wirkung+, die reale Wirkung ist der +aktualisierte Zweck+, ohne dass sie stets genau mit diesem ?bereinstimmt. Die oft gestellte Frage: wie kann etwas, was noch nicht da ist, was der Zukunft angeh?rt, Ursache eines Geschehens sein, beantwortet sich dahin, dass +nicht die reale Wirkung selbst+ Ursache des Handelns ist, sondern die +Vorstellung der Wirkung+, des Resultates und zwar als +Inhalt oder Motiv des Willens+. Zweck ist soviel wie Willensziel, Willensinhalt, nicht etwas selbst?ndig Existierendes und Wirksames. Der Zweck wirkt nur +im und durch den Willen+, dieser ist als psychischer Vorgang die Ursache von Handlungen, durch welche das Gewollte, der Zweck, verwirklicht wird. Das Eigenartige der Zwecksamkeit, das >>Wozu<< ist kein besonderes Geschehen, dem physisch etwas parallel geht, sondern liegt schon im +Zusammenhange des Wollens+, der allein sein physiologisches Gegenst?ck hat. Das Subjekt will etwas, und zwar weil es ein anderes will usf. Dies f?hrt zu einem ganzen +System von Wollungen+, deren jede auf die andere so bezogen ist, dass eine aus der andern mit +innerer Notwendigkeit+ erfolgt, einer Notwendigkeit, die final und kausal +zugleich+ ist, je nachdem wir in der Ordnung der Reihen vorgehen. Dieses System von Zwecksetzungen, in welchem jeder Zweck wieder Mittel f?r einen anderen Zweck sein kann, ist nicht bloss formal zur Einheit verkn?pfbar, sondern erweist sich bei geh?riger Selbstbesinnung und vergleichender Betrachtung fremden Seelenlebens als +einheitlich gerichtet+, indem es dem obersten subjektiven Zweck, der +Erhaltung und Bet?tigung der Einheit des Subjekts+, also dem +Einheitswillen+ sich unterordnet. Dieser Einheitswille, der +Wille zur Bewahrung der Ich-Einheit in aller Mannigfaltigkeit der Erlebnisse+, ist der oberste Grund, dem das seelische Handeln entfliesst, das Motiv der Motive. Indem nun die Psyche in ein solches System von Wollungen oder Zielsetzungen sich auseinanderlegt, ist sie so recht eine >>Entelechie<< , +eine sich von innen aus aktiv-reaktiv entfaltende, entwickelnde Subjektivit?t+, ein >>Organismus<<, dessen Objektivation oder Ausdruck der leibliche Organismus ist.

Wenn der +Neo-Lamarckismus+ so sehr die Wirksamkeit psychischer Faktoren und die Geltung einer >>Auto-Teleologie<< betont, so ist er durchaus im Rechte, vorausgesetzt, dass er nicht die Bedeutung ?usserer Faktoren vernachl?ssigt. In der Tat: wollen wir das Leben nicht bloss ?usserlich in dessen Erscheinungen beschreiben, sondern es in seinem inneren Wirken verstehen, wollen wir die Zweckm?ssigkeit der Lebensprozesse und deren Produkte begreifen, so k?nnen wir nicht umhin, auf die +Bed?rfnisse+ zur?ckzugreifen, die durch Anregung des Strebens zu lebensn?tzlichen Reaktionen verschiedenster Art f?hren. Es gibt zweifellos eine +aktive Anpassung+, bei welcher der Organismus, seinen durch den Wechsel der ?usseren Bedingungen erregten +Bed?rfnissen+ folgend, so t?tig ist, dass diesen Bed?rfnissen Gen?ge getan wird, bis, durch +?bung+ und +Vererbung+ festgewordener ?bungsresultate, eine gr?ssere Harmonie des Baues und der Funktionen des Organismus mit dem Naturmilieu erreicht ist. Die erreichte Zweckm?ssigkeit ist also ein Resultat der psychischen, zielstrebigen Einwirkung des Organismus auf sich selbst, die, wir wissen bereits warum -- ihr physisches, physiologisches Korrelat hat. Die Zielstrebigkeit ist aber nur zum geringeren Teil direkt auf Realisierung von bestimmten Vorstellungsinhalten gerichtet, vielfach und prim?r ist sie nur triebhafte Reaktion zur Abstellung von Unlust oder Gewinnung von Lust nach einer bestimmten Richtung, Tendenz zur Herstellung des gest?rten Gleichgewichts, zur Entfernung st?render Reize u. dgl. Das objektiv Zweckm?ssige ist zwar durch das zielstrebige Verhalten des Organismus bedingt, aber keineswegs ein direktes Resultat desselben, sondern das Produkt einer +Komplikation von Faktoren+ und einer ganzen Reihe von Zielstrebigkeiten und Handlungen.

Es musste dies betont werden, weil es auch f?r die Psychologie als solche, nicht bloss f?r die Biologie gilt. Auch hier m?ssen wir von den +prim?ren+ Zielstrebigkeiten und Zwecksetzungen jene +Folgen+ und +Nebenwirkungen+ unterscheiden, die, indem sie irgendwie in die Richtung der individuellen Zielstrebigkeit hineinpassen, sp?ter selbst finalen Charakter erlangen, ohne dass vorher auch nur im geringsten an sie gedacht worden w?re. F?r die individuelle, wie f?r die soziale, kulturelle Entwicklung ist dieses Prinzip der >>Heterogonie der Zwecke<< von nicht geringer Bedeutung, es erkl?rt uns die best?ndige Steigerung, das Wachstum geistiger Werte, und es zeigt uns, wie es das Wesen des Geistes ist, +Kausalit?t in Finalit?t+ zu verwandeln, bzw. in deren Dienst zu nehmen.

Das Umgekehrte ist nun die +Verwandlung von Finalit?t in Kausalit?t+. Wir meinen damit freilich nicht, als ob je im Seelenleben die Finalit?t verloren ginge und an ihre Stelle reine, mechanische Kausalit?t tr?te. Wir wissen bereits, dass die >>Mechanisierung<<, von der in der Psychologie die Rede ist, nur eine Abk?rzung und ein Eindeutig-Werden von Willenshandlungen ist, keine absolute Entseelung. Aber Tatsache ist es, dass Handlungen, welche urspr?nglich mit mehr oder weniger Bewusstseinsklarheit auf ein bestimmtes Ziel gerichtet waren, sp?ter durch das, was wir >>Gew?hnung<< nennen, rein triebm?ssig und schliesslich +ganz automatisch+, ohne Richtung auf ein bewusstes Ziel verlaufen k?nnen, so dass sie uns als blosse Wirkungen psycho-physischer Antezedentien erscheinen. Nur insofern diese Handlungen Glieder des teleologischen Zusammenhanges der Gesamtpsyche sind, haben sie jetzt finalen Charakter, nicht aber f?r sich genommen. Oder wenn man will, l?sst sich diese Art psychischer Kausalit?t als Grenzfall psychischer Finalit?t ansehen, als +stabilisierte Zielstrebigkeit+. Der psychische >>Mechanismus<< ist, weit entfernt die Quelle der geistigen Finalit?t zu sein, schon nur ein +Spezialfall, eine Phase und ein Niederschlag der Finalit?t+, die nach zwei Richtungen sich entfaltet: einerseits zur vollbewussten +aktiven+ Zweckt?tigkeit im Denken, Wollen und Gestalten, anderseits zum seelischen +Automatismus+. Zugleich bleibt der Satz bestehen, dass die psychische Kausalit?t im allgemeinen Sinne durch eine Betrachtungsweise desselben Zusammenhanges gegeben ist, der sonst als finaler Zusammenhang sich darstellt, und zwar am +unmittelbarsten+ sich darstellt.

Dass die Psychologie nicht umhin kann, die +Teleologie des Seelenlebens+ zu ber?cksichtigen, ist bisher haupts?chlich von jenen Psychologen betont worden, welche biologische Gesichtspunkte in ihre Wissenschaft hineintragen. In der Tat: so wichtig und notwendig es ist, die biologischen Prozesse schliesslich auch psychologisch zu interpretieren, psychische Faktoren zum Verst?ndnis von Lebensvorg?ngen verschiedener Art heranzuziehen, so unumg?nglich ist auch die Erkl?rung fundamentaler psychischer Funktionen durch Rekurrierung auf +biotische+ Momente. Es ist dies ganz nat?rlich, denn das Seelenleben ist auch ein Ausschnitt, bzw. eine Seite des Lebens schlechthin, und das Leben ist qualitativ eine Manifestation seelischer Faktoren. Wir ?bertragen also nicht etwa in ?usserlicher Form, durch k?nstliche Analogien, biologische Gesichtspunkte auf das Seelische, sondern dieses hat an sich selbst, verm?ge seiner Identit?t mit dem Leben die Eigenschaften desselben. Daher gelten die von der Entwicklungstheorie verwandten Momente: Anpassung, Kampf ums Dasein, Auslese, ?bung, Korrelation, Vererbung usw. auch f?r die Psychologie. Freilich muss man sich hier vor +Einseitigkeiten+ h?ten, wie sie etwa die +extreme Selektionstheorie+ aufweist, und man muss der spezifischen Beschaffenheit des Psychischen als solchen geb?hrend Rechnung tragen.

Der teleologische Charakter des Seelenlebens h?ngt aufs innigste damit zusammen, dass dasselbe etwas +Organisches+, kein Aggregat selbst?ndiger Elemente, kein ?usserlich verbundenes Ganzes, sondern eine +innerlich zusammenh?ngende Einheit+ ist, die in lebendiger Wechselwirkung mit ihren Gliedern steht. Diese Glieder sind ebenso durch das Ganze bedingt, wie das Ganze durch die Teile; es sind ja beide nur Abstraktionen aus dem +konkreten Zusammenhang, der zugleich Einheit und Mannigfaltigkeit ist+. Die Seele ist, das muss aller mechanistischen Psychologie gegen?ber entschieden betont werden, eine sich in der Mannigfaltigkeit ihrer Modifikationen entfaltende und entwickelnde +aktuale Organisation+ und hat alle Eigenschaften einer solchen. Was +Herbart+ von der metaphysischen, einfachen Seelensubstanz lehrte, die sich wie alle >>Realen<< gegen?ber St?rungen st?ndig zu erhalten strebt, gilt auch, nur noch viel plausibler, von der gegliederten Seeleneinheit, die +im+ Erlebniszusammenhange, +nicht hinter+ diesem besteht und t?tig ist. Die Zielstrebigkeit, die das Psychische charakterisiert, ?ussert sich in verschiedener Weise, so aber, dass das Streben nach Erhaltung und Durchsetzung, sowie nach Steigerung, Bereicherung, Potenzierung der Subjekt-Einheit +sowohl das Prim?rste als auch das Letzte und H?chste+ ist, was die Psyche als solche, als Individuum unter anderen, im Reagieren und Agieren bestimmt. Die Psyche ist von Natur aus so geartet, dass sie St?rungen, die sie erleidet, zu beseitigen, dass sie alles Neue sich, dem Grundbestande ihrer Modifikationen einzuordnen strebt, Widerspr?che, soweit ihr diese zum mehr oder minder klaren Bewusstsein kommen, nicht duldet. Und wie sie sich selbst als Ganzes im Konflikte mit der physischen und psychischen Umwelt zu erhalten strebt, so hat die Psyche auch die Tendenz, alles f?r sie und ihre Einheit und Entwicklung F?rderliche m?glichst festzuhalten, zu erhalten. Nicht die Vorstellungen f?r sich allein haben einen Selbsterhaltungstrieb, sondern die Psyche, das erlebende Subjekt ist es, welches Teile seiner Erlebnisse gegen?ber andern triebm?ssig oder willk?rlich +beg?nstigt+ und sie so anderen gegen?ber sich behaupten l?sst, wobei nat?rlich die M?glichkeit der +Konkurrenz verschiedener Tendenzen+ nicht zu ?bersehen ist, die sich aber schliesslich irgendwie der Einheitstendenz des Ganzen einordnen m?ssen, soll das Seelenleben >>normal<<, intakt oder wenigstens im relativen Gleichgewicht bleiben. Dass Vorstellungen usw. im Bewusstsein herrschend werden u. dgl., ist gewiss kausal bedingt, wir k?nnen h?ufig die Faktoren aufzeigen, welche die Erhaltung, Fixierung, Beg?nstigung von Erlebnissen zur notwendigen Folge haben, aber zugleich liegt hier eine Finalit?t vor, da diese Erhaltung im Dienste der psychischen Zielstrebigkeit steht, so dass der psychische Zusammenhang durch einen Zweck bestimmt ist; die kausale Notwendigkeit ist hier also auch teleologische Notwendigkeit. Das ganze +logische Denken+ z. B. l?sst dies deutlich erkennen, denn der >>reine Denkzweck<< ist zugleich der Grund, aus dem die Bildung bestimmter Urteile und Schl?sse erfolgt, und im Erkenntnisprozesse wieder sind die +Kategorien+ Mittel zur Herstellung eines +objektiv-einheitlichen Zusammenhanges+, zur Konstituierung von objektiver Erfahrung und von Erfahrungsobjekten. Die Gesetze des Denkens und Erkennens fliessen gewiss aus dem Wesen der >>Sachen<<, sind +nicht bloss individuell-subjektiv+, nicht relativ, aber sie sind auch nicht in der Luft schwebende Wesenheiten, existieren nicht an sich, sondern geh?ren zum >>Bewusstsein ?berhaupt<<, sind +Forderungen des auf reine Erkenntnis gerichteten Willens+, der nur durch sie seinen Zweck: die Erkenntnis, die Erfassung der Wahrheit und Wirklichkeit, erreichen kann und daher +sich selbst bindet+, um so bewusster und entschiedener, je mehr er die +Tauglichkeit+ der einzelnen Denk- und Erkenntnismittel im Fortschritte der wissenschaftlichen Entwicklung und als +an der Erfahrung sich bew?hrend+ einsieht....

Der teleologische Charakter des Seelenlebens tritt schlagend in dem zutage, was man +Interesse+ benannt und oft auch schon bei der Erkl?rung psychischer Prozesse verwertet hat. Was in irgendeiner bemerkbaren Beziehung zum Willen und damit zur Zielstrebigkeit der Psyche steht, daran nimmt diese Interesse, d. h. sie erfasst es willig, reiht es leicht dem Zusammenhang ihrer Erlebnisse ein, verweilt triebm?ssig oder willk?rlich bei ihm, besch?ftigt sich mit ihm. Interesse erweckt etwas, wenn es tauglich ist, die psychische Organisation irgendwie zu f?rdern, irgendwelche Bed?rfnisse des Subjekts zu befriedigen. Je nach der Art der Bed?rfnisse und Zwecke, f?r die etwas geeignet sein kann, gibt es verschiedene +Richtungen+ des Interesses, verschiedene Arten des Interessanten, welches wieder allgemein oder individuell, f?r die Psyche ?berhaupt oder f?r bestimmt geartete Subjekte erregend sein kann. Daher die Relativit?t und Wandelbarkeit des Interesses, je nach der >>Stimmung<<, den vorangegangenen Erlebnissen, der Besch?ftigung usw., kurz, je nach den jeweilig vorherrschenden Tendenzen und Zielsetzungen, denen Erlebnisse und deren Gegenst?nde begegnen. Je mehr wir uns f?r etwas interessieren, desto mehr ist unsere seelische Energie einem Inhalt zugewandt, desto mehr >>Seelenkraft<< ist an dessen Verarbeitung beteiligt, desto besser und nachhaltiger wird der Inhalt vom Ich aufgenommen und verwertet. Daher die grosse Bedeutung des Interesses f?r die Aufmerksamkeit und Apperzeption, f?r das Ged?chtnis und die Erinnerung, f?r die Richtung unseres Denkens und Handelns. Das Interesse selbst aber ist ohne die allgemeine und spezielle +Finalit?t+ der Psyche nicht zu verstehen, denn es ist nur der gef?hlsm?ssige Ausdruck f?r dieselbe, ein Moment derselben, nicht etwa ein selbst?ndiges >>Seelenverm?gen<<. Die >>interessierte<< Seele ist nur die nach einer bestimmten Richtung besonders erregte, an einem Erlebnis besonderen Anteil, besondere Lust nehmende Seele, f?r die in irgendeinem Ausmasse das Erlebnis bedeutsam ist. Das Interesse ist es, was die Psyche eine +Auslese+ unter den ihr sich in F?lle darbietenden Eindr?cken treffen und sie nur dasjenige assimilieren l?sst, was auf Dispositionen, in >>Bereitschaft liegende<< Bewusstseinszust?nde bestimmter Art st?sst. Solche Dispositionen, welche f?r die Richtung des Interesses bedeutsam sind, sind auch ?berall da vorhanden, wo sog. >>funktionelle Bed?rfnisse<< bestehen, d. h. Tendenzen bestimmter Organe oder Seelenpartien zur Bet?tigung der ihnen gem?ssen Funktionen. Ein Beispiel daf?r ist der >>Lichthunger<<, der uns nach l?ngerem Verweilen im Dunkeln bef?llt, der Bewegungsdrang nach l?ngerer Ruhe, die Lust am H?ren von Kl?ngen, am Reden, an Phantasiespielen usw. Im +Spiel+ und in der +Kunst+ kommen funktionelle Bed?rfnisse stark zur Geltung. Daher auch die teleologische Bedeutung von Spiel und Kunst, welche nicht bloss eine wohlt?tige Kraftentladung in der Psyche bewirken, sondern auch durch die +?bung+ bestimmter, sonst vernachl?ssigter psychischer Systeme und Organe subjektiv zweckm?ssig sind. Uninteressiert sind wir beim ?sthetischen Genuss nur insofern, als wir nicht auf irgendeinen Nutzen, auf irgendwelche G?tererlangung ausschauen, aber willen- und interesselos sind wir keineswegs, sondern ein >>Wille zur Schau<<, zum +reichen und dabei harmonischen Erleben+ besteht, der im und durch das ?sthetische Erleben befriedigt wird, genau so, wie das Spiel in gewissem Sinne Selbstzweck ist....

Ebenso wie das Interesse, bezieht sich auch das Ph?nomen der +Wertung+ auf die Finalit?t des erlebenden Subjektes. Was irgendwie zur Befriedigung eines Bed?rfnisses zur Erreichung eines Strebenszieles nicht bloss geeignet, sondern auch notwendig, gefordert ist, das ist uns +wert+, das ist f?r uns und alle Gleichgerichteten ein Wert. Werten kann also nur ein zielstrebiges Wesen, und die Grundrichtung, die es ?berhaupt oder jeweils verfolgt, sein +Grundwille+ und alles daraus folgende Streben ist gleichsam das >>a priori<< aller Wertung. Erst und nur im bewussten oder unbewussten Hinblick auf einen Zweck ist etwas f?r uns wertvoll, als Mittel zu einem Zweck, das selbst in anderer Hinsicht ein Zweck sein kann, bis hinauf zum obersten Endzweck, der, als identisch mit dem Inhalt des reinen Grundwillens, an sich, >>absolut<< wertvoll ist; die Relativit?t und Subjektivit?t der Einzelwerte, deren Abh?ngigkeit von verschiedenen Verh?ltnissen, von der Art der psycho-physischen Organisation, vom Milieu, von historischen und sozialen Bedingungen schliesst keineswegs das Bestehen +objektiver, intersubjektiver+, relativ konstanter Werte und die Absolutheit der +obersten Grundwerte+ der Menschheit f?r den menschlichen bzw. ideal-menschlichen Grundwillen aus, ein Umstand, der f?r die Ethik und Sozialphilosophie von h?chster Bedeutung ist und der vor allem die Vers?hnung zwischen Historismus und Apriorismus erm?glicht, sofern man nur mitten im Geschichtlichen, im menschlichen Entwicklungsprozess das Apriorische, die in Form von Ideen und Idealen gegebenen, vom Gesamtwillen gesetzten und anerkannten +Grundwerte+ zu finden und die Geschichte als eine, freilich nicht geradlinige und rein rationelle Ann?herung an die Verwirklichung und +Objektivierung dieser Wertideale+ zu erkennen weiss.

Eine Art Wertung liegt schon in den +Gef?hlen der Lust und der Unlust+ vor, welche zweifellos eine teleologische Bedeutung besitzen, die man nur richtig auffassen muss. Denn es ist zu ber?cksichtigen, dass etwas f?r bestimmte Partien oder auch f?r den Gesamtorganismus direkt oder indirekt unzweckm?ssig sein kann, was +relativ+ f?r bestimmte Partien und Funktionen, also im Hinblick auf besondere Tendenzen der Psyche als zweckm?ssig empfunden wird und Lust bereitet. Dies festhaltend, kann man ruhig behaupten, dass das Gef?hlsleben ebenfalls die Finalit?t des Subjekts zum Ausdruck bringt, dass lustvolle Gef?hle Zeichen, Symptome f?r Bed?rfnisbefriedigungen sind, d. h. f?r Zust?nde, die der Psyche +in irgendeiner Beziehung+ und Weise genehm, die f?r sie irgendwie zweckm?ssig sind, w?hrend Unlust in der Regel auf das Gegenteil hinweist. Die scheinbare Durchbrechung der Regel erkl?rt sich eben aus dem Bestehen +verschiedener Tendenzen+ der Psyche und aus dem +Konflikte+, in welchen dieselben unter Umst?nden miteinander geraten k?nnen. Ferner kann die Erfahrung und Verstandeserw?gung das Bewusstsein der ?blen Folgen an sich lustvoller Erlebnisse und Handlungen als Gegengewicht gegen diese ins Treffen f?hren und dies zeigt, dass eben eine Entwicklung des Wertens wie eine solche der seelischen F?higkeiten ?berhaupt besteht; wo die Wertvoraussetzungen anders sich gestalten, muss nat?rlich auch, ungeachtet der Z?higkeit mancher organisch gewordener Wertungen, die Wertung sich modifizieren. Ist doch die Zweckm?ssigkeit, auf die das Werten sich bezieht, ?berhaupt nichts Festes, Starres, sondern ein Werdendes, ein Produkt der Entwicklung. Je nach dem erreichten Entwicklungszustande nimmt das erlebende Subjekt in verschiedener Weise Stellung zu seinen Erlebnissen, wertet es diese, bzw. deren Inhalt verschieden. Stets kommt aber in der Wertung die Natur und Gesetzlichkeit des Subjekts, des einzelnen wie der Subjektivit?t schlechthin zum Ausdruck, und diese Gesetzlichkeit ist im Kerne finaler Art.

Diese Finalit?t d?rfen wir nicht vergessen, wenn wir vom +Wettbewerb+ der Vorstellungen usw. um die Erhaltung im Seelenleben, im Bewusstsein, im subjektiven und objektiven Geiste sprechen. Ein solcher Wettbewerb besteht zweifellos, aber er ist ebensowenig wie der Daseinskampf in der Natur rein kausal oder mechanisch zu erkl?ren. Denn was bestimmte Bewusstseinsinhalte miteinander streiten l?sst, das sind die verschiedenen +Tendenzen+, die der in mannigfache Verh?ltnisse gelangende seelische Organismus aufweist, und was bestimmten Vorstellungen, Ideen usw. den Sieg verleiht, das ist das +?berwiegen einer Tendenz vor anderen+. Es siegt stets das direkt oder indirekt als relativ Wertvollste, f?r das so und so beschaffene Subjekt relativ Zweckm?ssigste, Befundene, sei es im Denken, sei es im Wollen und Handeln . Es obsiegen im intra- und intersubjektiven geistigen Wettbewerbe schliesslich die an der Erfahrung am besten bew?hrten Ideen und Handlungsweisen . Der Zweck, die Willensrichtung und die Beziehung auf sie ist also das Ausschlaggebende, nicht die Vorstellung f?r sich genommen, nicht die blutleere Theorie. Ein Wille, und sei es auch nur ein >>reiner<< Denk- und Erkenntniswille ist das +aktiv Auslesende+, den Wettbewerb Regelnde, Normierende, dem schliesslich sich unwesentliche oder st?rende Tendenzen unterordnen m?ssen, damit der reine Zweck rein erf?llt wird, was eben nur durch +Erhaltung des bestimmt gerichteten Willens in der ganzen Mannigfaltigkeit seiner Bet?tigungen+, also durch das, was wir >>Konsequenz<<, >>Folgerichtigkeit<<, +Einstimmigkeit mit sich selbst+ nennen, erreicht wird. Dass innerhalb der Willensgesetzlichkeit das Herrschendwerden gewisser Bewusstseinsinhalte und die Zur?ckdr?ngung oder gar Verk?mmerung anderer durch das +Milieu+ in dessen verschiedenen Arten mitbedingt ist, steht ausser Frage; man denke nur an den Wandel der Lieblingsideen bei verschiedenen V?lkern und in verschiedenen Perioden der Geschichte, denke an den Wechsel der Stile, der Moden, der Denkweisen, an das ?berwiegen bestimmter Denkmittel, Gef?hlsweisen, Willenstendenzen usw.

Es besteht eben im Geistesleben zweierlei +Anpassung+: einmal eine +passive+, besser +reaktive+ Anpassung von Erlebnissen an ein physisches oder psychisches Milieu, dann aber auch eine +aktive+ Anpassung des Milieus an die Natur des Seelenlebens. Die passive Anpassung ist teils +indirekter+ Art, durch eigentliche +Selektion+, die aber im Seelischen noch weniger belangreich sein d?rfte als im Biologischen, teils eine +direkte+, indem das +Milieu+ durch die von ihm ausgehenden Reize und Einfl?sse das Seelenleben der Individuen und V?lker in einer zu diesem Milieu in Beziehung stehenden Weise modifiziert. W?hrend auf den niederen Stufen der Geistesentwicklung die passive Anpassung ?berwiegt, kommt auf den h?heren immer mehr die +aktive Anpassung+ zur Geltung. Die ganze +Kulturarbeit+ des Menschen gibt davon Zeugnis, wie sehr es der menschliche Geist versteht, Inhalte seines Erlebens so zu formen, dass sie seinen ureigenen Bed?rfnissen, Tendenzen, Zwecken zu entsprechen verm?gen. Nicht bloss die Aussenwelt wird diesen Zwecken angepasst, auch das Innenleben, wie es sich besonders im >>objektiven Geist<<, in Religion, Sitte, Sittlichkeit, Recht, Wissenschaft usw. bekundet, wird aktiv gestaltet, best?ndig umgeformt, und zwar im ganzen und grossen schliesslich doch immer wieder in der Richtung, welche die Linie der +Realisierung des reinen Menschheitswillens+ bedeutet, also im Sinne der +Kulturidee+. Hierbei findet, +da die Einheit des Geisteslebens immer wieder nach Selbsterhaltung strebt und bewusste Widerspr?che in ihrem Bereiche nicht dauernd ertr?gt+, eine best?ndige, wenn auch nicht immer gleich merkliche +gegenseitige Anpassung der geistigen Gebilde aneinander+ statt, die aller Einseitigkeit, aller Verk?mmerung einzelner Partien des Seelenlebens immer wieder entgegenarbeitet. So gibt es z. B. eine Anpassung zwischen Recht und Wirtschaft, zwischen Glauben und Wissen, zwischen Individualismus und Kollektivismus. Es besteht eine Art +Selbstregulierung+ des Geisteslebens, durch welche St?rungen und Einseitigkeiten, welche der Integrit?t der seelischen Einheit Abbruch zu tun drohen, soweit als m?glich aufgehoben werden, und diese Selbstregulierung ist ein Mittel zur Anpassung der Mannigfaltigkeit geistiger Inhalte an die Einheit und Gesetzlichkeit der individuellen und der sozialen Psyche. -- Die Bedeutung der aktiven Anpassung im Geistesleben erhellt u. a. aus der Methodik des wissenschaftlichen Erkennens. Denn es findet nicht nur eine +Anpassung des Denkens an die Erfahrung+ statt, sondern auch eine +Anpassung der Erfahrung an das Denken+, bzw. an den Denkwillen, indem die Erfahrung methodisch so geformt wird, dass sie die allgemeine, >>apriorische<< Gesetzlichkeit des Intellekts in ihrer Struktur immer sch?rfer und ausgedehnter zum Ausdruck bringt. Dies ist nur ein Spezialfall aus der fortschreitenden +Rationalisierung+ des gesamten Lebens, welche triebhaft einsetzt und dann vornehmlich durch die spontane, autonome, planm?ssige, zweckbewusste Arbeit des Geistes, der alle seine Inhalte seinen Forderungen, den Postulaten des Vernunftwillens zu unterwerfen strebt, erfolgt. In der fortschreitenden +Vergeistigung der Natur+, sowohl der ?usseren als auch der inneren Natur des Menschen besteht ja der Sinn aller wahren, vollen Kultur. Durch die reaktive und aktive Formung, welche das Geistesleben best?ndig an seinen Objekten vornimmt, erzeugt es einen stets zunehmenden +Reichtum geistiger Werte+ und zugleich entwickelt es sich selbst zu immer h?heren Daseinsstufen; die +Funktion+ wirkt hier, wie im Biologischen, durch ?bung und deren Nachwirkungen sowie durch Vererbung derselben, zu der auch die Tradition geh?rt, auf die +Organisation+, von der sie ausgeht, zur?ck, so dass auch hier ein besonnener >>Lamarckismus<< Recht beh?lt.

Wenn es wahr ist, dass alle Entwicklung zwar auch durch ?ussere Faktoren bedingt und bestimmt ist, aber doch in erster Linie unmittelbar von innen her erfolgt, so gilt dies nun ganz besonders f?r die +seelische Evolution+. Dies folgt schon aus der Finalit?t der Psyche, aus deren +Gerichtetsein auf immer neu sich entfaltende Ziele+. In unaufh?rlicher Bewegung muss ein Seelenleben sein, dessen +innerstes Triebwerk+ wirkliches Streben, wahre Tendenz, also >>Wille<< im allgemeinsten Sinne des Wortes ist. Nur die +Verbindung von immanenter Teleologie und Voluntarismus+ ist geeignet, uns die wachsende Zweckm?ssigkeit des Psychischen ohne Berufung auf >>transzendente<<, von aussen gesetzte Zwecke oder auf geheimnisvolle Zweckursachen verst?ndlich zu machen. Gewiss sind nicht alle erzielten Resultate von Anfang an Objekt und Inhalt des Willens, gewiss weiss das Subjekt oft nichts oder nur wenig von dem, was es erzeugt und wozu es erw?chst, aber wenn es auch wahr ist, dass nur eine Summation, ein fortlaufender Zusammenhang relativ selbst?ndiger Zielstrebungen und Zwecksetzungen die endlich erreichten Zweckm?ssigkeiten mit sich bringt, so ist es doch ebenso wahr, dass ohne diese Strebungen, in denen das Wesen des Subjekts, der Psyche zum Ausdruck gelangt, nichts von dem erreicht w?rde, was tats?chlich gewonnen wird. Mit ausserordentlicher Genialit?t hat insbesondere +Leibniz+ diese +Selbstentwicklung+ der Seele erfasst und nur den Fehler begangen, die Seele als einfache Substanz, als Monade unter anderen Monaden zu fassen, statt sie als eine, eine Vielheit von >>Elementen<< und Momenten einschliessende +aktuale Organisation+ zu betrachten, wie wir es heute tun m?ssen. Es gibt eben nicht ein besonderes, qualitativ unbekanntes Wesen, Seele genannt, sondern die Seele ist +der einheitliche, sich von seinen ihn zur Erscheinung bringenden Momenten und Elementen selbst unterscheidende, abhebende Zusammenhang zielstrebiger Aktionen und Reaktionen+, eine sich permanent setzende, durchsetzende, erhaltende, entfaltende >>Subjekt-Einheit<< als das >>Innensein<< dessen, was objektiv angesehen oder gedacht als physischer Organismus sich darstellt. Insofern diese Einheit aus sich heraus t?tig, wirksam ist, F?higkeiten zu verschiedenen Handlungen besitzt, ist sie im wahrsten Sinne des Wortes eine >>Kraft<<, w?hrend die objektiv-physischen Kr?fte uns nur als gedankliche Ausgangspunkte von kausalen Relationen gegeben sind. Jede Seele ist ein sich selbst unmittelbar erfassendes +Aktionszentrum+, nicht >>substantiell<<, sondern durch ihr Wirken und ihre Dispositionen dazu. Sie >>wirkt<< aber dadurch, dass sie strebend, wollend, also auf Ziele >>gerichtet<< ist; +ihr Wirken ist also final bestimmt+. So kann man die Seele als eine Art +Apparat zur Verwirklichung von Zwecken+ ansehen, freilich als einen +lebendigen, aktiven, bewussten Apparat+, nicht als einen blossen Sitz oder ein Reservoir von Kr?ften.

Wir sehen aus dem Vorangehenden, wie notwendig die +teleologische Fundierung der Psychologie+ ist. Es ist in der Tat ganz und gar unm?glich, die Gesetzlichkeit, die im Seelenleben waltet, zu verstehen, wenn man nicht den +Strebungscharakter+ und damit die Finalit?t des Psychischen voll ber?cksichtigt. Die Zielstrebigkeit in ihren verschiedenen Abstufungen und Bewusstseinsgraden beherrscht das +gesamte Seelenleben+, sie ist die Grundbedingung, die +Urvoraussetzung+ f?r das Funktionieren desselben. Sie waltet im Wollen direkt, kommt im Gef?hlsleben zum Ausdruck und durchsetzt auch die +intellektuellen+ Prozesse, angefangen von der Empfindung und Sinneswahrnehmung bis hinauf zum Denken und Erkennen. Die Grundfunktionen des Bewusstseins und deren Wirkungen stehen alle, direkt oder indirekt, im Dienste der reaktiven Zielstrebigkeit oder der aktiven Zwecksetzung, handle es sich nun um das Ged?chtnis, die Phantasie, die Abstraktion, die ?bung, die Gew?hnung, die Erm?dung, die Aufmerksamkeit u. dgl. oder um die im Spiel, in der Kunst, im religi?sen, sittlichen, sozialen Leben wirksamen Seelenfunktionen. ?berall bestehen hier +Bed?rfnisse+, teils materialer, teils formaler Art, Tendenzen der psychischen Organisation und ihrer >>Provinzen<<, die triebhaft oder mittels des >>Vernunftwillens<< zur Erf?llung dr?ngen. Was oft als rein mechanische Reflext?tigkeit oder als Resultat unbewussten Wissens und Planens erscheint, wie die +Instinkthandlung+, ist das fixierte, durch ?bung und Vererbung der psychischen Organisation fest einverleibte +Resultat+ von zielstrebigen Reaktionen, die durch allm?hliche Anpassung zu objektiv zweckm?ssigen Erfolgen gef?hrt haben. Man muss sich also vor zweierlei h?ten: einerseits vor dem Fehler, da, wo schon triebhafte, impulsive, wenn auch sehr beschr?nkte, nur auf das Allern?chste, auf die Entfernung unlustvoller und die Festhaltung lustvoller Reize gerichtete Zielstrebigkeit besteht, bloss das Resultat rein mechanisch-reflektorischer Vorg?nge zu erblicken; anderseits aber auch vor dem ebenso gef?hrlichen Irrtum, einfach organisierten Lebewesen tierischer und pflanzlicher Art schon Denk- und Willensakte zuzuschreiben, die nur in einem komplizierten Bewusstsein m?glich sind, die F?higkeit aktiver Vergleichung, Abstraktion, ?berlegung, Wahl voraussetzen oder auch durch eine grosse Zahl in Bereitschaft stehender Erfahrungen bedingt sind. Schon der Ausdruck >>Zielstrebigkeit<< ist cum grano salis zu verstehen, sonst kann er leicht Unheil anrichten. Es ist nicht so, als ob es an sich Ziele g?be, die dem Lebewesen irgendwoher gesteckt sind und auf die es nun unbewusst oder bewusst zustrebt. Wir wissen wenigstens nichts davon, solange wir auf dem Boden der Empirie verbleiben und metaphysischen Theorien innerhalb der empirischen Forschung keinen Raum g?nnen. Zielstrebigkeit ist f?r uns nichts anderes als ein +Ausfluss des Lebens selbst+; das Ziel ist dem Streben durchaus immanent, es ist durch das erlebende Subjekt selbst >>gesetzt<<, ist von ihm unabtrennbar. Dieses ist durch und durch +Wille zur Erhaltung, Durchsetzung, m?glichst auch Steigerung und Entfaltung der eigenen Einheit+, nicht aber ist es irgendwoher auf dieses Ziel eingestellt worden. Und alle die Zwecke, die von lebenden Subjekten angestrebt werden, sind nur +Konsequenzen aus der prim?ren Zielstrebigkeit, in allm?hlicher Entwicklung entfaltet und jeweilig modifiziert und modifizierbar durch das Milieu, in welchem das Subjekt lebt+. Es muss dies wiederholt betont werden, damit die Gegner aller Teleologie einsehen lernen, dass von irgendwelchen >>reaktion?ren<< Tendenzen in dieser Form der >>Auto-Teleologie<< nicht im geringsten die Rede ist. F?r eine grosse Strecke der Finalit?t ist jedwedes Vorauswissen zweckm?ssiger Erfolge unbedingt ausgeschlossen, auch ist die +Erreichung+ solcher Erfolge keineswegs eindeutig bestimmt, nur zu oft finden Irrt?mer statt, es bedarf oft einer grossen Reihe von Erfahrungen, damit unter den in Bereitschaft stehenden Bedingungen die +richtigen Mittel+ zur Anwendung kommen. Die Kenntnis der richtigen Mittel zum Zweck ist vielfach erst das Produkt langer Entwicklung, die >>Zuf?lligkeit der Mittel<< ist ein nicht genug zu beachtender Umstand, der f?r die neben der Zweckm?ssigkeit stark hervortretende >>Dysteleologie<< von hoher Bedeutung ist. +Zielstrebigkeit schliesst also noch nicht die richtige Technik der Mittel ein, der Mangel einer solchen freilich nicht die Existenz einer Zielstrebigkeit aus.+ So sehen wir z. B. eine bestimmt geartete Individualit?t, einen bestimmt gerichteten Charakter zuweilen sich in der Wahl der diesem Charakter gem?ssen Lebensbedingungen vergreifen, weil er sich eben in seinem >>dunklen Drange<< des >>rechten Weges<< +nicht+ bewusst ist. Mit Recht ist gesagt worden, der Charakter eines Menschen sei dessen Schicksal. Das bedeutet psychologisch: der Grundwille, der das Wesen dieses bestimmten Subjekts ausmacht, leitet bewusst oder impulsiv dessen ganzes Tun und Lassen, wobei nicht auf die ?usseren Verh?ltnisse und deren bestimmenden, teilweise auch zwingenden Einfl?sse vergessen werden darf. Die Mittel aber, diesem Grundwillen Gen?ge zu tun, werden oft nicht richtig gew?hlt, weil Erfahrung oder Vernunfteinsicht nicht im rechten Masse vorhanden ist, so dass auch diese Faktoren das Geschick des Menschen bestimmen. Das >>Dysteleologische<< ist, kurz gesagt, nicht bloss auf Rechnung ?usserer Faktoren zu setzen, sondern es entspringt vielfach der Finalit?t, dem Teleologischen selbst, teils als +ungewollter Nebenerfolg+, teils infolge der +Beschr?nktheit des Subjekts+. An diese Dysteleologie ist in letzter Linie der +Konflikt+ verschiedener oder gegens?tzlicher Tendenzen und Zielstrebigkeiten, insbesondere zwischen verschiedenen Subjekten, schuld.

Wir haben bereits der verschiedenen Faktoren, welche an der Entwicklung des Seelenlebens beteiligt sind, Erw?hnung getan. Nun er?brigt uns noch die zusammenfassende Darlegung des Wesens dieser Entwicklung.

Zun?chst ist von einer Entwicklung der Psyche +als Ganzes+ zu sprechen. Wir wissen, dass diese Entwicklung eine Entfaltung von +innen+ heraus ist. Damit wurde keineswegs bestritten, dass eine durchg?ngige Beeinflussung der Psyche durch das ?ussere +Milieu+ besteht. Direkt und indirekt kommt dieser Einfluss zur Geltung und alle Seelenentwicklung steht, wenn sie auch innerlicher Art ist, zu jenem in Beziehung, passt sich ihm nach M?glichkeit an und schmiegt sich den waltenden Verh?ltnissen an. Aber das Milieu wirkt auf die Psyche entsprechend der eigenen Natur dieser. Es wirkt als eine Summe von +Reizen+, welche in der psychischen Organisation +Tendenzen+ wachruft, die zu bestimmt gerichteten +Reaktionen+ f?hren, die wieder auf die psychische Organisation +zur?ckwirken+; dann erst kann auch die nat?rliche Auslese einsetzen, welche das Erhaltungsgem?sse, Zweckm?ssige beg?nstigt, indem sie zugleich das Untaugliche auszumerzen bestrebt ist. In jedem Falle aber ist die psychische Entwicklung >>zielstrebig<<, indem zum Wesen der Psyche die Tendenz zur Erhaltung und Durchsetzung der eigenen Einheit geh?rt, aus welcher Tendenz in Reaktion zu den ?usseren Reizen die Entwicklung der Seele mit teleologischer und zugleich kausaler Notwendigkeit erfolgt. Je h?her entwickelt die Seele ist, desto mehr wird die Reaktivit?t derselben zur +Aktivit?t+, desto relativ unabh?ngiger wird sie vom Zwange des Milieu, desto mehr kann sie ihren ureigenen Tendenzen folgen, ihr Milieu selbstt?tig modifizieren, ein +neues Milieu+, einen neuen Wirkungskreis schaffen. Die gesamte +Kulturt?tigkeit+ ist nichts anderes als ein aktives Anpassen des Milieu an die Tendenzen, Bed?rfnisse, Zwecke, Ideale der menschheitlichen Psyche.

In welcher Hinsicht k?nnen wir von der Psyche sagen, dass sie sich entwickelt? +In extensiver+ und +intensiv-qualitativer+ Hinsicht, so aber, dass hier die Extension, das Quantitative sogleich auch qualitativen Charakter besitzt. Die psychische Entwicklung besteht zun?chst darin, dass die +Zahl der Erlebnisse+ des Subjekts w?chst, dass der +Umfang seines Bewusstseins+ ein immer gr?sserer wird, sich auf eine immer gr?ssere Menge von Vorstellungen, Gef?hlen usw. erstreckt. Das gilt sowohl vom Individuum als auch vom >>Gesamtgeist<<, von der >>Kollektivseele<< eines Volkes, einer sozialen Gemeinschaft. W?hrend das Individualsubjekt den Schatz seines Bewusstseins durch Erfahrung, Lernen, eigenes Denken vergr?ssert, entwickelt sich die Kollektivseele, als das Gemeinsame in einer Vielheit von Einzelseelen und zugleich als der durch Wechselwirkung bedingte einheitliche Zusammenhang dieser, durch +Akkumulation von Kollektiverfahrungen und der Produkte des Gemeinschaftswirkens+ auf allen Gebieten geistiger Bet?tigung. Was beim Individuum die Vererbung bedeutet, das ist f?r die Kollektivseele, f?r den Gesamtgeist die +Tradition+, durch welche die folgenden Generationen von vornherein in eine Welt geistiger Werte gestellt sind, an die sie ankn?pfen und die sie weiter verarbeiten k?nnen. Die Tradition stellt einen seelischen Zusammenhang in der Zeit dar, der trotz wiederholten scheinbaren Durchbruchs der geschichtlichen Kontinuit?t, trotz zeitweiligen Zur?cktretens, Vergessenwerdens, Nichtbeachtetseins geistiger Werte zustande kommt. Die Tradition ist die sozialhistorische Art der Vererbung, die Vererbung eine Art Tradition. Das letztere ist ohne weiteres verst?ndlich, wenn wir bedenken, dass freilich fertige Vorstellungen, Gedanken, Wertungen u. dgl. nicht vererbt werden k?nnen -- weil f?r solche in der unentfalteten Psyche des Keimes gar kein Organ vorhanden ist, und aus anderen Ursachen -- wohl aber psychische +Anlagen+ oder Dispositionen allgemeinster und auch spezieller Art. Verm?ge solcher Anlagen, d. h. Tendenzen der primitiven Seelenorganisation zu bestimmt gerichteten Reaktionen und Aktionen, Tendenzen, die freilich erst durch Reize ausgel?st werden m?ssen, ist die Psyche +besser ausgestattet+ als die fr?heren Generationen, sie kann sich extensiv und intensiv h?her entwickeln, einen komplizierteren und feineren Habitus annehmen. Gewiss wird nicht alles und jegliches, was ein erlebendes Subjekt erlebt hat, vererbt werden. Die >>direkte Vererbung erworbener Eigenschaften<< ist keineswegs durch die Neo-Darwinisten aus der Schule +Weismanns+ widerlegt, aber sie darf auch nicht ins Extreme gezogen werden. Vererbbar d?rfte nur das sein, was infolge +lang wiederholter+ oder sonstwie +nachhaltiger+ Eindr?cke die psychische Struktur erheblicher beeinflusst, modifiziert hat. Insbesondere geh?ren hierher die Resultate psychischer +?bung+ nach irgendwelcher Richtung hin; diese Resultate bestehen in der gr?sseren Leichtigkeit und Sicherheit bestimmter Funktionen, bestimmter Bewusstseinsakte oder Koordinationen solcher, die in den von den elterlichen Seelen sich abspaltenden, abl?senden >>Seelenkeim<< eingehen, wobei man aber nicht an substantielle Wesenheiten und Modifikationen denken darf. Die Erlebnisse der Subjekte gehen nicht spurlos vor?ber, sie wirken auf die psychische Organisation zur?ck und manches von diesen Wirkungen kommt in den Nachkommen scharf zum Ausdruck. Infolge bald des Zusammenwirkens, bald des einander Entgegenwirkens der Tendenzen v?terlicher- und m?tterlicherseits in der >>Keimpsyche<<, sowie des Einflusses ?usserer Faktoren ist die psychische wie alle Vererbung nat?rlich etwas ungemein Kompliziertes, keineswegs etwas eindeutig Bestimmtes. Und da wir bei der Beurteilung dessen, was psychisch ererbt ist, den Einfluss der Nachahmung, Erziehung, des gleichen Milieu usw. nicht vergessen d?rfen, so ist es kein Wunder, wenn wir ?ber den Umfang der direkten Vererbung noch recht wenig wissen. Erfahrung und Logik sprechen aber f?r das Bestehen einer solchen, so sicher es auch ist, dass zur Erwerbung bestimmter psychischer Eigenschaften schon gewisse +Pr?dispositionen+ n?tig sind....

Das extensive Wachstum psychischer Werte ist von +teleologischer+ Bedeutung. Denn der gr?ssere Umfang von Vorstellungen usw. erm?glicht ein richtigeres, den mannigfachen Verh?ltnissen und Modifikationen des Daseins besser angepasstes Verhalten des Subjekts. >>Wissen ist Macht<<. Die reicher ausgestattete Psyche verf?gt ?ber mehr Mittel zur Selbsterhaltung und Selbstf?rderung, sie ist dem Zwange von Raum und Zeit viel mehr entr?ckt, sie kann viel aktiver auftreten. Ohne einen gewissen Vorrat in Bereitschaft stehender Vorstellungen und Begriffe ist kein h?heres Wollen, keine ?berlegung, keine Planm?ssigkeit des Handelns m?glich. Teleologisch bedeutsam ist nun auch das +intensive+ Wachstum der Seele. Infolge der ?bung ihrer Funktionen und infolge der daraus resultierenden Dispositionen +steigert sich die psychische Energie intensiv+, sie vermag bei gleichem oder geringerem Kraftaufwande +mehr und Besseres+ zu leisten, kurz, sie gewinnt an +Zweckt?chtigkeit+. Wir sehen denn auch in der individuellen wie in der kollektiven Evolution der Psyche die Leistungsf?higkeit dieser in vieler Beziehung durch die Vererbung der ?bungsresultate sich steigern. Wir konstatieren vielfach eine +Steigerung+ der +Bewusstheit+ durch die Entwicklung, daneben freilich auch eine +Herabsetzung+ der Bewusstheit gewisser Funktionen. Und auch dieses Zur?cktreten der Bewusstheit ist zweckm?ssig. Die >>Abstumpfung<< durch Gew?hnung sch?tzt vor der ?berzahl der die Psyche sonst leicht st?renden, verwirrenden, zerr?ttenden Reize, sie entlastet die Seele, +erspart ihr Arbeit+, erm?glicht eine um so st?rkere +Konzentration+ in bestimmter Richtung, sie wirkt also entschieden +?konomisch+. Zugleich werden durch die >>Mechanisierung<< des Bewusstseins die Handlungen +sicherer+, indem sie viel weniger dem Irrtume ausgesetzt sind. Daher die Treffsicherheit alles >>Instinktiven<<, die freilich nur f?r bestimmte, normale, typische Umst?nde gilt; soll das Seelenleben nicht erstarren, so muss eine Modifizierbarkeit auch der Instinkte m?glich sein und tats?chlich besteht sie in grossem Ausmasse. Die Verminderung der Bewusstheit ist keine absolute Verarmung des Seelenlebens, wofern sie eben die Anbildung neuer, h?herer Bewusstseinsinhalte und die Steigerung der psychischen Energie mitbedingt und erm?glicht. In dem rechten Verh?ltnis zwischen Bewusstheitssteigerung und Bewusstheitsschw?chung liegt das Maximum des f?r das erlebende Subjekt Zweckm?ssigen; dem entspricht das rechte Verh?ltnis zwischen Trieb- und aktivem Willensleben.

+Wundt+ spricht von einem >>Wachstum geistiger Energie<< und wir m?ssen ebenfalls ein solches konstatieren. Zun?chst sei bemerkt, dass damit dem Gesetz der +Erhaltung physischer Energie+ kein Abbruch getan wird. Denn es kann bei gleich bleibender Menge physischer Energie die Mannigfaltigkeit psychischer Qualit?ten und Werte wachsen. Man muss ferner beachten, dass innerhalb gewisser Grenzen und Normen auch die +Energie des Zentralnervensystems+ -- nat?rlich auf Kosten anderer physikalisch-chemischer Energie im und ausserhalb des Organismus -- w?chst, und zwar durch Ern?hrung und ?bung. An die extensive und intensive Leistungsf?higkeit des Zentralnervensystems ist nun die Steigerung psychischer Energie im intensiven Sinne gekn?pft, wie dies besonders +Jodl+ hervorgehoben hat . Dass innerhalb eines Partialsystems der Vorrat verf?gbarer Energie durch Aufnahme von aussen und Akkumulation zunehmen kann, ist ja ohne weiteres begreiflich und mit dem Gesetz der Erhaltung der Energie durchaus vereinbar; ebenso auch eine zeitweilige Abnahme an Nervenenergie. W?hrend also ein Teil der Steigerung psychischer Leistungsf?higkeit -- die durch ihre Wirkungen, den zu verarbeitenden geistigen Stoff, einigermassen, wenn auch nicht im physikalisch-exakten Sinne messbar ist -- der Bereitschaft des ersparten Kraftaufwands und der durch die ?bung erzielten besseren Richtung und Koordination der Energie zu verdanken ist, haben wir den andern Teil dem Wachstum des Innenseins dessen, was objektiv zerebrale Energie ist, zuzuschreiben. Der qualitativen und intensiven Steigerung dieser Energie und ihres Organs entspricht das Wachstum der Intensit?t und der Mannigfaltigkeit von seelischen Werten in deren immer vollkommeneren, bewussteren einheitlichen Zusammenfassung. Hier erscheint -- wie u. a. +M?nsterberg+ betont -- das Prinzip des psycho-physischen Parallelismus nirgends durchbrochen.

Das Wachstum geistiger Werte h?ngt, wie es wiederum +Wundt+ vortrefflich dargetan hat, mit der >>sch?pferischen Synthese<< zusammen, die das Bewusstseinswirken charakterisiert; es ist ein Prinzip, welches besagt, >>dass die psychischen Elemente durch ihre kausalen Wechselwirkungen und Folgewirkungen Verbindungen erzeugen, die zwar aus ihren Komponenten psychologisch erkl?rt werden k?nnen, gleichwohl aber neue qualitative Eigenschaften besitzen, die in den Elementen nicht enthalten waren, wobei namentlich auch an diese neuen Eigenschaften eigent?mliche, in den Elementen nicht vorgebildete Wertbestimmungen gekn?pft werden<< . Es besteht eine Art >>psychische Chemie<<, verm?ge deren eine Gesamtvorstellung, ein Gesamtgef?hl usw. mehr ist als die blosse Summe der Elemente, in welche sich diese psychischen Gebilde zerlegen lassen. Im Verlaufe der individuellen und generellen Entwicklung entstehen so immer neue psychische Qualit?ten und Werte, die wohl in den vorangehenden ihren zureichenden Grund haben, aber nicht restlos aus deren Zusammen zu erkl?ren sind. Das ?quivalenzprinzip, welches auf dem Gebiete des Psychischen ?berall gilt, hat hier ?berall da, wo es sich um rein +Qualitatives+ handelt, keine Bedeutung. Was diesem Prinzip sch?pferischer Energie in der Natur einigermassen entspricht, das ist die immer neue Entstehung von +Formen+, insbesondere von organischen Gestaltungen, die auch nicht restlos auf die Summation von Elementen zur?ckzuf?hren sind. Die psychische Synthese ist aber +nicht ein selbst?ndiges Zusammentreten von Bewusstseinselementen, sondern ein Auftreten neuer Bewusstseinsmodifikationen auf Grundlage des Zusammenhanges anderer+, also eine Art +Reaktion des erlebenden Subjekts auf seine eigenen Erlebnisse+, welche das Material zu neuen Gestaltungen und Gliederungen darbieten; das Subjekt bereichert sich so aus und in sich selbst, es +entfaltet+ und +steigert+ sich in und an seinen eigenen Zust?nden, Aktionen und Gebilden.

Doch gibt es im seelischen Leben auch ein Analogon zur Erhaltung der Energie im Sinne des ?quivalenzprinzips, also so etwas wie eine +Erhaltung psychischer Energie+. N?mlich als Parallele zu dem intrazerebralen Verh?ltnis der Energien, welches derart ist, dass mit der erh?hten Energie bestimmter Partien oder Funktionen die entsprechende Verminderung der Energie anderer Partien oder Funktionen verbunden sein wird. Wir sehen in der Tat, wie eine Konzentration der Aufmerksamkeit f?r bestimmte Inhalte eine Schw?chung der psychischen Energie f?r andere Inhalte bedingt, wie ferner die Steigerung gewisser Funktionen, wenn sie einseitig erfolgt, die Schw?chung anderer zum Korrelat hat, kurz, wie das Zustr?men psychischer Energie nach einer bestimmten Richtung ein Abfliessen solcher Energie von anderen Richtungen mit sich bringt. Die Begrenztheit der einem Subjekt zur Verf?gung stehenden psychischen Leistungsf?higkeit hat diese Art von >>Energie des Bewusstseins<< zur Folge. Dass damit ein Wachstum seelischer Werte durchaus vereinbar ist, liegt auf der Hand. Selbsterhaltung und Selbstentfaltung geh?ren beide zusammen zum Wesen der psychischen Organisation, welche eine +Erhaltung in der Entwicklung+ aufweist. Und diese Entwicklung ist eine +sch?pferische+ , dabei aber gesetzm?ssige, denn sie ist +das Gesetz des Seelischen selbst+, der Ausdruck des konstanten, unverlierbaren Wesens der Subjektivit?t. Die Seele >>w?chst<< +so von innen heraus+, durch eine Art Entfaltung; sie differenziert sich selbstt?tig oder in Reaktion auf die Reize der Umwelt, niemals aber kommt etwas direkt von aussen in sie hinein, da psychische Modifikationen nicht direkt ?bertragbar sind, nicht in der Luft schweben k?nnen, nur als Modi eines Subjekts Sinn und Existenz haben. Insofern hat +Leibniz+ durchaus recht, wenn er sagt, die Seele habe keine >>Fenster<<. Sie >>spiegelt<< das Universum, konzentriert wie in einem Focus die von der Umwelt erlittenen Eindr?cke, aber in der +ihr+ gem?ssen Weise, in Bewusstseinszust?nden, welche zu den objektiven Momenten in Korrelation stehen, aber mit ihnen nicht identisch sind und ihnen auch nicht qualitativ gleichen.

Von einer +Erhaltung+ des Psychischen ist auch insofern zu reden, als Psychisches weder neu entstehen noch in nichts vergehen kann. Wir m?ssen die Ewigkeit des Psychischen als Prinzip, als eines Wirklichkeitsfaktors im allgemeinen statuieren. Erstens, weil es das >>Innensein<< der Dinge ist, also ein Konstituens des Seins als solchen, und wir den Gedanken einer Entstehung oder Vernichtung des Seins logisch nicht zu konzipieren und durchzuf?hren verm?gen. Zweitens weil das Psychische aus dem Physischen nicht hervorgegangen sein kann, was aus methodologisch-erkenntniskritischen Gr?nden anzunehmen ist. Ebenso, wie die physische Energie sich im best?ndigen Wandel der verschiedenen Energieformen ineinander konstant erh?lt, so bleibt auch das Psychische als solches bestehen, wenn auch die +Formen+, in denen es jeweilig auftritt, best?ndig wechseln. Diese Formen sind ?usserst mannigfaltig, keine gleicht der andern v?llig, schon durch die wenigstens um ein Differenzial abweichende Stellung jedes Subjekts zur Umwelt m?ssen die Erlebnisse etwas anders ausfallen, abgesehen von den Komplikationen usw. Doch lassen sich psychische Formen, welche wesentlich miteinander ?bereinstimmen, zu +Typen+ vereinigen und diese wieder obersten Formen des psychischen Seins unterordnen. Die Art und der Grad des Bewusstseins und des Wollens ist f?r sie charakteristisch. Es findet eine Entwicklung von niederen, einfacheren, weniger reichen und klaren zu h?heren, differenzierteren, klareren, umfassenderen Bewusstseinsformen statt, mit welchen partiell wieder ein Herabsteigen zu niederen, einfacheren Bewusstheitsgraden verbunden ist. Zugleich ist bei den niederen Bewusstseinsformen zwar ein dumpfes >>Subjektgef?hl<< als vorhanden anzunehmen, nicht aber schon die Existenz eines reflektierten Selbstbewusstseins, ein Bewusstsein des eigenen Ichs in scharfer Abhebung von dessen Erlebnissen und ihren Inhalten, sowie ein Bewusstsein des eigenen Bewusstseins als solchen, welches wir eben als Reflexion, als Wissen, als Selbstbewusstsein im h?heren Sinne bezeichnen. Zwar hat es keinen Sinn, von +absolut unbewussten+ psychischen Prozessen zu reden, denn psychisch und bewusst sind eins; wohl aber gibt es +relativ unbewusste+ Vorg?nge, d. h. solche, die nicht gesondert, sondern nur als ununterscheidbare Bestandteile eines ?bergeordneten, allgemeineren Bewusstseinszusammenhanges auftreten, die also >>unterbewusst<< sind. Von den bewussten Vorg?ngen sind aber keineswegs alle auch als solche +gewusst+, d. h. beachtet und als Bewusstseinsakte auf das Subjekt als dessen Manifestationen bezogen. Das als solches gewusste, das +reflektierte+ Bewusstsein ist eine h?here Stufe des psychischen Lebens, ein +Bewusstsein h?herer Ordnung+, ein potenziertes oder ein auf sich selber sich zur?ckbiegendes Bewusstsein, welches schon hohe Erinnerungs-, Apperzeptions- und Abstraktionsf?higkeit voraussetzt. Seine relativ h?chste Stufe erreicht dieses Bewusstsein im begrifflichen Wissen und in den Urteilen der Psychologie, in der methodisch sicheren und klaren Beurteilung des seelischen Erlebens, in der Analyse und Synthese dessen, was sonst in der Regel nicht Gegenstand, nur Funktion des erlebenden Subjekts ist. Zu diesem Wissen geh?rt nicht bloss die Bewusstheit des eigenen Vorstellens und Denkens, sondern auch das Wissen um das eigene Wollen und Zwecksetzen, welches dadurch dem impulsiven Triebleben scharf gegen?bertritt.

In innigster Verkettung und Durchdringung spielen sich in der entwickelten Seele gewusste und einfach bewusste, unterbewusste und relativ unbewusste Vorg?nge ab, einander wechselseitig beeinflussend. Bedeutsam ist hierbei die Rolle des +minder Bewussten+. Es macht einen wesentlichen Teil unserer Triebfedern und Motive aus, es ist mitbestimmend f?r die Richtung unseres Handelns, es gibt unserer Psyche die eigenartige, scheinbar grundlos wechselnde >>Stimmung<<, die sich ?ber alles ergiesst, was wir erleben. Die scheinbar geringf?gigsten Eindr?cke, die wir gar nicht bemerken, die aber nichtsdestoweniger in uns wirken, indem sie von unserer Umwelt ausgehen, kommen f?r die Richtung, die Lebhaftigkeit, die Geschwindigkeit, die Frische, den Gef?hlston usw. unserer psychischen Reaktionen in Betracht; dazu geh?ren auch die +organischen Empfindungen+, die von unserem eigenen Leibe ausgehen und durch ihren Gef?hlston das ?brige Seelenleben beeinflussen, ferner die Empfindungen, die durch die Bewegung und Haltung unseres K?rpers ausgel?st werden. Bedeutsam sind insbesondere auch die unterbewussten +Nachwirkungen+ von Erlebnissen, welche k?rzere oder l?ngere Zeit in der Seele nachklingen, bis ein bestimmtes Erlebnis, welches zuerst die Seele in einer gewissen Spannung erhielt, sich ausgelebt hat; hierbei kommt es oft entweder zu einem Zusammenwirken zweier oder mehrerer Erlebnisse zu einer verst?rkten Resultante, oder aber zu einer Interferenz und Opposition solcher Erlebnisse. Jedenfalls kann man mit Recht von +psychischen Wellenz?gen und Str?mungen+ sprechen, von einem psychischen Anklingen und Abklingen u. dgl.. Die +ganze Vergangenheit+ der Psyche ist f?r das jedesmalige neue Erleben in verschiedenem Grade bedeutsam, f?r ihr Erkennen wie f?r ihr F?hlen und Wollen. Das, was die Seele reaktiv und aktiv erlebt, durchgemacht hat, das ist sie, das bildet einen wesentlichen +Teil ihres Seins+; wie sie ist, so wirkt sie, und wie sie wirkt, so ist sie. Das Zentrum, der relativ konstante Kern der Seele, das sind die +Dispositionen+, die in Form von Gewohnheiten, Fertigkeiten, Neigungen auftreten und die, aus fr?heren Erlebnissen hervorgegangen, die neuen Erlebnisse formal mitbedingen. Weil diese Dispositionen in der Regel nicht zu klarem Bewusstsein gelangen, weil das >>Unterbewusste<< mit seinen Antrieben das ganze Seelenleben tr?gt und durchsetzt, aus einem stetig wachsenden Ressort aufsteigend, kennt sich das Subjekt nur wenig, wenn es bloss seine klar bewussten Erlebnisse in Betracht zieht. Nur ein Teil der psychischen Vorg?nge ist aus klar bewussten Erlebnissen abzuleiten. Wo dies nicht gelingt, ist das Prinzip der Kausalit?t +keineswegs durchbrochen+, es gibt auch keine absolut >>freisteigenden<< Vorstellungen, absolut unbewusste Assoziationen u. dgl., sondern es besteht ein +minderbewusster, relativ unbewusster Untergrund+ und es gibt unterbewusste Vermittler von Bewusstseinsprozessen und deren Verbindungen. Eine scharfe psychologische Analyse kann nachtr?glich solche Zwischenglieder ermitteln, und wir k?nnen wohl annehmen, dass sie auch dann vorhanden sind, wenn wir sie nicht zu unterscheiden verm?gen.

+Differenzierung+ und +Integrierung+ charakterisieren wie alle Entwicklung so auch die psychische Evolution. Das gilt wie f?r die Psyche als Ganzes so auch f?r deren Einzelerlebnisse, phylo- wie ontogenetisch. Ein dumpfes, verworrenes, chaotisches Bewusstsein ist der Ausgangspunkt dieser Entwicklung, die ihren idealen H?hepunkt in der klarsten und umfassendsten Synthese einer reichsten Mannigfaltigkeit scharf unterschiedener Inhalte des Bewusstseins erreicht. Ein gutes Beispiel daf?r ist das Hervorgehen der mannigfachen +Sinne+ aus einem primitiven Hautsinn, der noch kaum lokalisiert ist. Durch Anpassung an die verschiedenen physikalisch-chemischen Reize ver?ndert und verfeinert sich die psychophysische Organisation dahin, dass nun f?r jeden Typus des Reizes eine besondere Art des Empfindens besteht, die infolge der Arbeitsteilung auch sch?rfer ausgepr?gt ist. Diese Mannigfaltigkeit von Empfindungsarten vermag das entwickelte Bewusstsein dadurch zu >>integrieren<<, dass es sie in immer klareren und deutlicheren Vorstellungen zusammenfasst. Im gleichen Sinne entwickeln sich dann auch die gedanklichen Gebilde, Begriffe und Urteile, indem sie einerseits immer spezieller und bestimmter werden, anderseits immer zweckm?ssiger zur Einheit des Denkens und Erkennens zusammengefasst werden. Die F?higkeit der Synthese entwickelt, steigert sich parallel damit und zwar in bestimmter >>Gesetzlichkeit<<, aus welcher die >>apriorischen<< Erkenntniskonstanten, die >>Formen<< der Erkenntnis entspringen; die Genesis dieser ist also keineswegs, wie man zuweilen geglaubt hat mit einem empirischen Charakter derselben identisch, was hier nur nebenbei bemerkt sei. Ebenso differenziert und integriert sich das +Gef?hlsleben+, immer speziellere und feinere Gef?hlsnuancen verdr?ngen das anfangs noch arme, rohe Gef?hlsleben, zugleich schw?cht sich teilweise die urspr?ngliche Heftigkeit der Affekte ab. Endlich tritt das urspr?nglich ?usserst einfache, arme +Triebleben+ in eine Mannigfaltigkeit von Willenstendenzen auseinander, welche die verschiedensten Richtungen haben und doch immer mehr zur Einheit eines obersten >>Grundwillens<< verbunden werden. W?hrend also die niedrigste Bewusstseinsstufe ein h?chst einfaches, durch einzelne Reize unstetig ausgel?stes, des inneren Zusammenhanges noch entbehrendes >>Momentanbewusstsein<< sein muss, finden wir auf den h?chsten Stufen der Entwicklung eine allseitige Differenzierung, eine ausserordentliche F?lle von Qualit?ten, verbunden mit einer >>zentralisierten Organisation<< des Seelischen; an Stelle blosser Gef?hls-und Strebungseinheit tritt die synthetische Einheit des wollenden und denkenden, sich in der Mannigfaltigkeit seiner Inhalte konstant zusammenschliessenden Selbstbewusstseins.

Differenzierung und Integrierung sind auch f?r das Verh?ltnis des +Einzelgeistes+ zum +Gesamtbewusstsein+ charakteristisch. Ein isolierter, absolut selbst?ndiger Individualgeist ist nirgends zu finden, von Anfang an bildet das Einzelbewusstsein ein Glied eines Zusammenhanges, der durch die +Wechselwirkung gleich gearteter Individuen+ entsteht und sogleich auf die letzteren zur?ckwirkt. Erst +innerhalb+ des sozialpsychischen Verbandes erfolgt die immer weiter gehende Differenzierung der Individualseelen bzw. bestimmter Gruppen von solchen, eine Differenzierung, die so weit gehen kann, dass ein +Gegensatz+ zum Gesamtgeist entsteht. Aber diese psychische Differenzierung, die durch die Verschiedenheit der Lebensweise, des Berufes, des Milieu, der Erlebnisse usw. erfolgt, ist von einer Integrierung begleitet, indem der gleiche Beruf usw. einen gemeinsamen Berufs- und Korpsgeist erzeugt. Auf die Abtrennung der Individualit?ten vom Gesamtbewusstsein folgt eine neue Bindung durch das letztere, ein +Gesamtbewusstsein h?herer Stufe+ mit wachsender Bewusstheit des Zusammenhanges, mit ?berwiegen des willentlichen Aneinanderschliessens und Kooperierens vor dem zuerst rein triebm?ssigen Zusammengeh?rigkeitsgef?hl. Auf die, wie +T?nnies+ sagt, vom >>Wesenwillen<< beherrschte naturhafte >>Gemeinschaft<< folgt die durch mehr ?ussere Interessen und durch >>Willk?r<< bedingte >>Gesellschaft<<, der aber, f?gen wir hinzu, sich allm?hlich weitergreifend und verinnerlichend, eine von einem +neuen Wesenwillen+ beherrschte, +kulturelle Gemeinschaft+ im Denken, F?hlen, Wollen und Handeln sich ?berlagert. Zwischen Gesamt- und Einzelbewusstsein findet eine best?ndige +Wechselwirkung+ statt. Einerseits w?chst das Einzel-Ich in eine ihm als objektive Macht von Anfang an gegen?berstehende Gesamtheit hinein, durch deren Tendenzen es mehr oder weniger beeinflusst wird, abgesehen von dem Niederschlage kollektiv-psychischen Lebens, welches in Form von Dispositionen vom Individuum ererbt wird; der Gesamtgeist wirkt durch Erziehung, Zwang der Sitte, Nachahmung u. dgl. auf das Individualbewusstsein, in dem er schon partiell der Potenz nach enthalten ist, ein. Die aus dem >>Gesamtgeist<< differenzierten >>Individualseelen<< modifizieren ihrerseits den Gesamtgeist fortw?hrend, besonders die >>f?hrenden Geister<<, welche einerseits der klarste und kr?ftigste Ausdruck von Tendenzen und Idealen des Gesamtgeistes, anderseits die relativ originellen Neugestalter des Gesamtgeistes sind. Endlich stehen die Gebilde des Gesamtgeistes: Recht, Wirtschaft, Religion usw. in Wechselwirkung miteinander, und zugleich besteht eine Entwicklung innerhalb jedes dieser Gebilde....

Die Entwicklung der Einzel- wie der Gesamtpsyche ist eine >>gesetzliche<<. Freilich kann hier nicht von Gesetzen im Sinne der Physik, sondern eben nur von +Entwicklungsgesetzen+, die hier den Charakter +typischer Sukzessionen+ haben, denen die kausal-teleologische Wirksamkeit des Psychischen zugrunde liegt, die Rede sein. Differenzierung und Integrierung, Auseinandertreten des relativ homogenen Erlebens in eine Mannigfaltigkeit gesonderter Bewusstseinsvorg?nge und darauf folgende Zusammenfassung zu einheitlichem Zusammenhange -- das ist etwas, was die psychische mit der biologischen Entwicklung gemein hat. Ebenso finden wir das Prinzip der >>Heterogonie der Zwecke<< schon in der biologischen Sph?re, wo es freilich schon mit psychischen Faktoren zusammenh?ngt. Charakteristisch f?r das Psychische ist vor allem die +Entwicklung in Gegens?tzen+, welche vom +Kontrastprinzip+ beherrscht wird und mit der Natur des Gef?hls- und Willenlebens zusammenh?ngt. Dadurch n?mlich, dass sich Gef?hle und Strebungen zu h?chster St?rke und Wirkung ausleben, findet eine ?bers?ttigung und Abstumpfung der Psyche statt, die nun, des Alten ?berdr?ssig, nach Neuem, nach Ver?nderung ihres Zustandes strebt. Da nun das Bewusstsein des Neuen vorz?glich durch die gegens?tzlichen Strebungen, die infolge des Nachlassens der ?lteren an Kraft gewinnen, konstituiert wird, so ist der Umschlag der Tendenzen ins gerade Gegenteil, der ?bergang von einem +Extrem+ zum andern leicht verst?ndlich. Besonders zeigt sich eine solche Entwicklung im +geschichtlichen+ Geistesleben, im Wechsel z. B. von Moden, von k?nstlerischen Richtungen, von politischen oder religi?sen Str?mungen. Die Gegens?tze folgen einander nicht bloss in der Zeit, sondern auch in einer und derselben Periode ruft das eine Extrem leicht das andere, gegens?tzliche hervor, so dass z. B. n?chternste Wirklichkeitsbetrachtung auf der einen Seite mit Mystik und Aberglauben auf der andern in derselben Zeit zusammengehen k?nnen. Indem zur Thesis sich sogleich die Antithesis gesellt, fehlt es freilich auch fast nie an einer >>mittleren Linie<< der Geistesstimmung, an der Synthese von Extremen, bald in eklektischer Weise, bald aber auch in organischer, sch?pferischer Form, die sich dann weiter entwickelt und, wenigstens als Tendenz, den Extremen Konkurrenz macht, wie dies besonders das Beispiel philosophischer Systeme oder Theorien lehrt. Da die Synthese nie absolut, nie vollendet ist, da in den synthetischen Versuchen immer wieder neue Einseitigkeiten vorkommen, kommt das Geistesleben nie zur Ruhe, sondern mit einer gewissen +Periodizit?t+ kommen die gleichartigen Tendenzen immer wieder, um freilich immer neue Modifikationen psychischer Gebilde zu erzeugen. Selbsterhaltung im Wechsel hier wie ?berall! Jene Tendenzen, welche zu ihrer Zeit durch andere verdr?ngt wurden, kommen wieder auf, wenn die Verh?ltnisse g?nstiger geworden, und dies wiederholt sich so lange, +bis alle Potenzen der Psyche zur Entfaltung gekommen+, bis alles in ihr Angelegte sich verwirklicht hat, bis alle Willensrichtungen und Ideen sich >>ausgelebt<< haben. Beharrungs- und Ver?nderungstendenz wirken hierbei stets zusammen, indem bald mehr die eine, bald mehr die andere ?berwiegt.

Anmerkungen.

Den Aktualit?tsstandpunkt nehmen ein: +Spinoza+, +Hume+, +Fichte+, +Schopenhauer+, +Fechner+, +Paulsen+, +Wundt+, +Jo?l+, +J. St. Mill+, +Spencer+, +H?ffding+, +Jodl+, +Jerusalem+, +Mach+, +Fouill?e+, +Bergson+, +Luquet+ u. a. Nach +Wundt+ ist das geistige Leben >>nicht eine Verbindung unver?nderter Objekte und wechselnder Zust?nde, sondern in allen seinen Bestandteilen Ereignis, nicht ruhendes Sein, sondern T?tigkeit, nicht Stillstand, sondern Entwicklung<< . Die innere Erfahrung ist >>ein Zusammenhang von Vorg?ngen<< .

Diese Ziffern bedeuten die Auflage des angef?hrten Werkes.

Vgl. meine Schrift >>Leib und Seele<<, Leipzig 1906.

Die reine Zeitlichkeit des psychischen Geschehens, die Stetigkeit desselben, das wir erst zu einer Summe von Elementen ver?usserlichen, betont neuerdings +H. Bergson+.

Vgl. +Lachelier+, Psychologie und Metaphysik; +Busse+, Geist und K?rper, u. a.

So +Huxley+, +Ribot+ u. a.

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