Read Ebook: Studien und Plaudereien im Vaterland. Second Series by Stern Menco Stern Sigmon M Sigmon Martin
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Ebook has 1384 lines and 55085 words, and 28 pages
Und war sie gl?cklich geworden?
Oft kam ich zu ihr in's Kloster. Mir wurde stets so wohl, wenn ich sie sah, und so ging es allen Menschen, wenn sie zur guten, sch?nen Schwester Martha kamen. -- Wenn Schwester Martha an das Bett der Kranken trat, so f?hlten sie Erleichterung, und ber?hrte sie die Kranken mit der Hand, so schwanden die Schmerzen.
Sie selbst aber war am liebsten unter den Kindern und bei den ?lteren M?dchen in der Schule des Konvents und hier wurde sie am meisten geliebt, so vom ganzen, warmen, jungen Herzen der M?dchen.
Als ich sie wieder einmal in der Schule sah unter den fr?hlichen M?dchen, sprach ich zu ihr: Du bist doch recht gl?cklich!
Gl?cklich, sagte sie langsam, -- ach ja, ich bin's. -- Ich sah sie verwundert an und zweifelte zum ersten Male an ihrer Zufriedenheit.
So waren wieder einige Jahre vergangen, und grosse Trauer herrschte im Konvent, besonders in der Schule, denn die gute, sch?ne Schwester Martha war krank, bedenklich krank, hatte der Arzt gesagt.
Ich war viel bei ihr; sie w?nschte es; zuletzt kam ich nicht mehr von ihrem Bette hinweg.
Da eines Tages, sp?t am Nachmittage, fasste sie wieder meine Hand und sagte: Teure, h?re mir zu; ich habe mit Dir zu sprechen.
Ich r?ckte n?her, so dass ich ihre schwache Stimme besser h?ren konnte; ihre Hand ruhte in der meinen, und sie sah mir in die Augen so tief, so innig und so liebevoll, und ihre Stimme klang so mild.
Schwester, sagte sie, geh' und ?ffne jenes Fenster. -- Ich ging und tat es und kam zur?ck und sagte:
Du siehst so wohl aus, beste Schwester, bald wirst Du wieder ganz gesund sein.
Sehr bald; -- siehst Du die Sonne dort, meine Liebe? -- Bald wird sie sinken hinter jenem Berge und dann scheint sie mir niemals mehr.
O, sprich nicht so; nein, o nein! sagte ich.
Weine nicht, sprach sie dann mit freundlicher Stimme, weine nicht; sei gl?cklich mit mir; denn jetzt bin ich wirklich gl?cklich, endlich einmal nach langen, langen Jahren.
O, Gott; warst Du es denn nicht immer?
Ich war es nicht. H?re meine Worte; es werden meine letzten sein.
Meine teure, liebe Schwester, sagte ich.
Sie begann:
Denkst Du noch jenes Sommer-Tages, da wir einen Ausflug machten in den Wald? Da war es, dass mich ein edler Mann gebeten hatte, sein Weib zu werden; und bevor ich noch Antwort gab, ja oder nein sagen konnte, kam die Gesellschaft zu uns. Wir gingen nach Hause und in dieser Nacht k?mpfte ich einen schweren Kampf mit mir selbst:
Soll ich sein Weib werden? Soll ich an das Haus gebunden sein? Soll ich die vielen, kleinen Dienste tun, -- ich, die ich das Gr?sste, Edelste tun wollte? -- Was kann das Weib grosses tun im Hause? -- Der Mann thut das Grosse ausser dem Hause, -- soll es nicht auch das Weib k?nnen? -- Und wahrlich, ich f?hlte Kraft genug in mir.
So dachte ich und traf meine Entscheidung. -- Du kennst sie. -- Ich kam hierher mit hohen Ideen, mit grossen Pl?nen, -- ach, sie waren so sch?n! -- Aber es waren die Pl?ne eines M?dchens.
So viel Ungl?ck hatte ich in der Welt gesehen und so viel ?bel, und ich glaubte, das ?bel schneller beseitigen, das Gute schneller bef?rdern zu k?nnen. -- Es waren Gedanken eines unerfahrenen M?dchens.
Da ich in die H?tten der Armen kam und an die Betten der Kranken, da linderte ich viel Ungl?ck; -- aber das Ungl?ck beseitigen, g?nzlich beseitigen, wie ich es einst getr?umt hatte, -- das konnte ich nicht; und alle Menschen gl?cklich, gut und n?tzlich zu machen, -- das war unm?glich.
Aber eins habe ich gesehen und gelernt, dass die Familien gl?cklich, dass die V?ter froh und fleissig, dass die Kinder gesund und wohlerzogen waren, wo eine Mutter war, -- eine weise, gute Mutter.
Aber das Ungl?ck war im Hause, und der Vater war unfreundlich und mutlos zu seinem Berufe, und die Kinder waren unzufrieden und z?nkisch, wo die Mutter-Liebe fehlte, wo das freundliche Wort fehlte und der freundliche Blick und der Komfort im Hause; -- ich meine nicht den Komfort, der teuer zu erkaufen ist mit Geld, sondern den Komfort, den der Blick, der Ton, den das liebende Herz der Mutter giebt.
Alles, meine Schwester, alles, glaube es mir, -- das Gl?ck des Mannes, das Gl?ck der Kinder, das Gl?ck der Familie, das Gl?ck des Landes liegt in den H?nden der Frauen und nicht so viel in den H?nden der M?nner; denn diese sind willig und folgen den Frauen; und wohl dem Lande, das gute Frauen und gute M?tter hat!
Und siehe, Schwester; ein Gl?ck habe ich aus meinen H?nden gegeben. Wie oft habe ich die Mutter beneidet, wenn ich sah, wie sie ihr Kind k?sste, wie sie ihr Kind liebend an die Brust dr?ckte.
Da wurde es mir klar, dass ich geirrt hatte; ich hatte gefehlt, da ich das Beste gewollt.
Wohl versuchte ich gut zu machen, soviel ich konnte; darum lehrte ich die jungen M?dchen, und manches gute Samen-Korn habe ich ges?et.
Die gute Schwester weinte, und ich wollte sie tr?sten und sagte: Hast Du nicht dadurch viel Gutes gegr?ndet?
Ja, sagte sie, das habe ich allerdings, und mein Trost ist auch, das Du gl?cklich bist, teure Schwester; und nun versprich mir hier, dass Du auch ferner ein wahres, gutes Weib sein willst Deinem Gatten, wie Du es bis heute warst; dass Du eine treue Mutter sein willst Deinen Kindern, dass sie Dich so lieben wie eine Freundin, so dass Deine T?chter Dir alles, alles vertrauen; dass sie nichts und niemals etwas geheim halten vor Dir. Lehre sie, dass das Haus ein Heiligtum sei und das Weib die H?terin; denn der Mann geht in die Welt und sieht so viel des B?sen und wird oft so verwirrt; sage es ihnen doch, dass es des Weibes Pflicht ist, ihn zu l?utern vom Schlechten und ihn zu erheben vom Gemeinen und ihn zu st?rken zum Guten.
Lehre sie ihr Haus angenehm machen, dass jeder es gern betrete.
Lehre sie, dass des Weibes Mission hoch und heilig ist. -- Meine Stimme wird schwach, -- und nun versprich mir, Deinen T?chtern einst meine Geschichte zu erz?hlen; und nun lass' -- sieh', wie die Sonne schon sinkt, -- lass' uns beten. --
Ich sank neben ihrem Bette auf die Kniee und wir beteten; ich h?rte ihr Amen und dann einen leichten Seufzer; ich sah auf zu ihr, ihr Auge war geschlossen, sie schlief. --
Wochen waren vergangen, -- da legte ich Blumen auf ihr Grab. Ohnm?chtig hatte man mich von ihrem Bette nach meinem Hause getragen; ich verfiel in eine schwere Krankheit. Im Fieber sprach ich allein von ihr, meiner teuern, seligen Schwester. Ich habe mich bem?ht, ihre letzten Worte zu erf?llen. -- Nun habe ich Euch auch ihre Lebens-Geschichte erz?hlt; und ob es mir wohl gegl?ckt ist, Euch, liebe Kinder, eine Mutter zu werden, wie sie es gewollt?
Martha: O Mama, teuerste, liebste Mama!
Gretchen: Wie kannst Du nur so fragen, Mama?
Frau Meister: Mein Gatte, meine Freunde k?nnen die Antwort geben.
Bella: Verzeihung, Frau Meister. Aber was ist aus dem jungen deutschen Herrn geworden?
Frau Meister: Das kann ich in wenigen Worten sagen.
Eines Morgens kam sein Freund zu mir. Er war bleich und war kaum im Stande, zu sprechen. -- Sehen Sie hier, mein Fr?ulein. Lesen Sie, sagte er mit bebender Stimme; und ich las:
>>Teurer Wilhelm! Lange waren wir treue Freunde, und kein Tag fand uns getrennt. Vergieb mir, wenn ich dich heute verlassen habe; denn ich muss fort, fort in die weite Welt und muss allein sein mit mir. Ich muss versuchen, ob ich nicht dieses Herz stillen kann, denn mir ist gar weh. -- O, sie h?tte so gl?cklich werden k?nnen, -- und sie ist es jetzt nicht; glaube mir. Ich aber will k?mpfen wie ein Mann. Arbeit wird mich heilen; in Taten werde ich Vergessenheit suchen und finden. Und h?rst du einstmals meinen Namen nennen und h?rst du, dass ich grosses getan, dann wisse, es war ihr Bild, das mir vorschwebte, ihr Bild, das mich begeistert hat.
Lebe wohl, ich bleibe ewig
Dein treuer Freund Gustav von Halsen.<<
Seitdem haben wir nie mehr von ihm geh?rt.
Louis: Aber der andere? Der Freund, Frau Meister, der Ihnen den Brief brachte?
Frau Meister: Sitzt jetzt in jenem Zimmer, sehen Sie, dort.
Gretchen: Was? Jetzt? Bei Papa?
Frau Meister: Nein, -- Papa ist es selbst.
Martha: Papa?
Gretchen: Oh!
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