bell notificationshomepageloginedit profileclubsdmBox

Read Ebook: Grundgedanken über Krieg und Kriegführung by Clausewitz Carl Von

More about this book

Font size:

Background color:

Text color:

Add to tbrJar First Page Next Page

Ebook has 230 lines and 27882 words, and 5 pages

en positiven Zweck, ohne die unendlichen Schwierigkeiten geh?rig ins Auge zu fassen, die sie in dieser Beziehung hat.

Die Kriegf?hrung verl?uft fast nach allen Seiten hin in unbestimmte Grenzen. Jedes System, jedes Lehrgeb?ude aber hat die beschr?nkende Natur einer Synthesis, und damit ist ein nie auszugleichender Widerspruch zwischen einer solchen Theorie und der Praxis gegeben.

Unstreitig geh?ren die der Kriegskunst zugrunde liegenden Kenntnisse zu den Erfahrungswissenschaften. Denn wenn sie auch gr?sstenteils aus der Natur der Dinge hervorgehen, so muss man doch diese Natur selbst meistens erst durch die Erfahrung kennen lernen. Ausserdem aber wird die Anwendung durch so viele Umst?nde modifiziert, dass die Wirkungen nie aus der blossen Natur des Mittels vollst?ndig erkannt werden k?nnen.

Bei der Ungewissheit aller Daten im Kriege m?ssen wir uns sagen, dass es eine reine Unm?glichkeit w?re, die Kriegskunst durch ein positives Lehrgeb?ude wie mit einem Ger?ste versehen zu wollen, das dem Handelnden ?berall einen ?usseren Anhalt gew?hren k?nnte. Der Handelnde w?rde sich in allen jenen F?llen, wo er auf sein Talent angewiesen ist, ausser diesem Lehrgeb?ude und mit ihm in Widerspruch befinden, und es w?rde, wie vielseitig dasselbe auch aufgefasst sein m?chte, immer dieselbe Folge wieder eintreten, von der wir schon gesprochen haben: dass das Talent und Genie ausser dem Gesetze handelt und die Theorie ein Gegensatz zur Wirklichkeit wird.

Historische Beispiele machen alles klar und haben nebenher in Erfahrungswissenschaften die beste Beweiskraft.

Wenn ein Sachverst?ndiger sein halbes Leben darauf verwendet, einen dunklen Gegenstand ?berall aufzukl?ren, so wird er wohl weiter kommen als einer, der in kurzer Zeit damit vertraut sein will. Dass also nicht jeder von neuem aufzur?umen und sich durchzuarbeiten brauche, sondern die Sache geordnet und gelichtet finde, dazu ist die Theorie vorhanden. Sie soll den Geist des k?nftigen F?hrers im Kriege erziehen, oder vielmehr ihn bei seiner Selbsterziehung leiten, nicht aber ihn auf das Schlachtfeld begleiten.

Beim Handeln folgen die meisten einem blossen Takt des Urteils, der mehr oder weniger gut trifft, je nachdem mehr oder weniger Genie in ihnen ist. So haben alle grossen Feldherren gehandelt, und darin liegt zum Teil ihre Gr?sse, dass sie mit diesem Takt immer das Rechte trafen. So wird es f?r das Handeln auch immer bleiben. Dieser Takt reicht dazu vollkommen hin. Aber wenn es darauf ankommt, nicht selbst zu handeln, sondern in einer Beratung andere zu ?berzeugen, dann kommt es auf klare Vorstellungen, auf das Nachweisen des inneren Zusammenhanges an.

Man hat fr?her behauptet, der Krieg sei ein Handwerk. Damit war aber mehr verloren als gewonnen, denn ein Handwerk ist nur eine niedrige Kunst und unterliegt als solche auch bestimmteren und engeren Gesetzen. In der Tat hat sich die Kriegskunst eine Zeitlang im Geiste des Handwerks bewegt, n?mlich zur Zeit der Condottieri. Aber diese Richtung hatte sie nicht nach inneren, sondern nach ?usseren Gr?nden, und wie wenig sie in dieser Zeit naturgem?ss und befriedigend war, zeigt die Kriegsgeschichte.

Wenn man auf der einen Seite sieht, wie das kriegerische Handeln so h?chst einfach erscheint; wenn man h?rt und sieht, wie die gr?ssten Feldherren sich dar?ber gerade am einfachsten und schlichtesten ausdr?cken, wie das Regieren und Bewegen der aus hunderttausend Gliedern zusammengesetzten schwerf?lligen Maschine in ihrem Munde sich nicht anders ausnimmt, als ob von ihrer Person allein die Rede sei, so dass der ganze ungeheuere Akt des Krieges zu einer Art von Zweikampf individualisiert wird; wenn man dabei die Motive ihres Handelns bald mit ein paar einfachen Vorstellungen, bald mit irgendeiner Regung des Gem?tes in Verbindung gebracht findet; wenn man diese leichte, sichere, man m?chte sagen leichtfertige Weise sieht, wie sie den Gegenstand auffassen, -- und nun von der anderen Seite die grosse Anzahl von Verh?ltnissen, die f?r den untersuchenden Verstand in Anregung kommen; die grossen, oft unbestimmten Entfernungen, in die die einzelnen F?den auslaufen, und die Menge von Kombinationen, die vor uns liegen; wenn man dabei an die Verpflichtung denkt, die die Theorie hat, dies alles systematisch, d. h. mit Klarheit und Vollst?ndigkeit, aufzufassen und das Handeln immer auf die Notwendigkeit des zureichenden Grundes zur?ckzuf?hren, so ?berf?llt uns die Besorgnis mit unwiderstehlicher Gewalt, zu einem pedantischen Schulmeistertum hinabgerissen zu werden, in den untersten R?umen schwerf?lliger Begriffe herumzukriechen und dem grossen Feldherrn in seinem leichten ?berblick also niemals zu begegnen. Wenn das Resultat theoretischer Bem?hungen von dieser Art sein sollte, so w?re es ebensogut, oder vielmehr besser, sie gar nicht angestellt zu haben. Sie ziehen der Theorie die Geringsch?tzung des Talentes zu und fallen bald in Vergessenheit. Und von der andern Seite ist dieser leichte ?berblick des Feldherrn, diese einfache Vorstellungsart, diese Personifizierung des ganzen kriegerischen Handelns so ganz und gar der Kern jeder guten Kriegf?hrung, dass sich nur bei dieser grossartigen Weise die Freiheit der Seele denken l?sst, die n?tig ist, wenn sie ?ber die Ereignisse herrschen und nicht von ihnen ?berw?ltigt werden soll.

Es ist f?r die Realit?t einer Theorie h?chst wesentlich, diese beiden T?tigkeiten zu trennen, denn es ist leicht einzusehen, dass, wenn jede Kriegskunst mit der Einrichtung der Streitkr?fte anfangen und diese f?r die Kriegf?hrung, sowie sie dieselben angegeben, bedingen wollte, sie nur auf die wenigen F?lle anwendbar sein k?nnte, wo die vorhandenen Streitkr?fte dem gerade entspr?chen. Will man dagegen eine Theorie haben, die f?r die grosse Mehrzahl der F?lle geeignet, f?r keinen aber ganz unbrauchbar sei: so muss sie auf die grosse Mehrheit der gew?hnlichen Streitmittel, und bei diesen auch nur auf die wesentlichsten Resultate gebaut sein.

Es ist also nach unserer Einteilung die Taktik die Lehre vom Gebrauch der Streitkr?fte im Gefecht, die Strategie die Lehre vom Gebrauch der Gefechte zum Zweck des Krieges.

Kriegerische Tugenden. Heer und Feldherr

Der Krieg ist ein bestimmtes Gesch?ft. Und wie allgemein auch seine Beziehung sei, und wenn auch alle waffenf?higen M?nner eines Volkes dasselbe trieben, so bliebe es doch immer ein solches: verschieden und getrennt von den ?brigen F?higkeiten, die das Menschenleben in Anspruch nehmen.

Vom Geiste und Wesen dieses Gesch?fts durchdrungen sein, -- die Kr?fte, die in ihm t?tig sein sollen, in sich ?ben, erwecken und aufnehmen, -- das Gesch?ft mit dem Verstande ganz durchdringen, -- durch ?bung Sicherheit und Leichtigkeit in ihm gewinnen, -- ganz darin aufgehen, -- aus dem Menschen ?bergehen in die Rolle, die uns darin angewiesen wird: das ist die kriegerische Tugend des Heeres in jedem einzelnen.

Die kriegerische Tugend ist f?r die Teile ?berall, was das Genie des Feldherrn f?r das Ganze ist.

Je mehr ein Feldherr gewohnt ist, von seinen Soldaten zu fordern, um so sicherer ist er, dass die Forderung geleistet wird. Der Soldat ist ebenso stolz auf ?berwundene M?hseligkeiten als auf ?berstandene Gefahren. Aber nur im Boden einer best?ndigen T?tigkeit und Anstrengung gedeiht dieser Keim, auch nur im Sonnenlicht des Sieges.

Wenn wir ein rohes Volk betrachten, so ist ein kriegerischer Geist unter den einzelnen Menschen viel gew?hnlicher als bei den gebildeten V?lkern, denn bei jenen besitzt ihn fast jeder einzelne Krieger, w?hrend bei den gebildeten eine ganze Masse nur durch die Notwendigkeit und keineswegs durch inneren Trieb mitfortgerissen wird. Aber unter rohen V?lkern findet man nie einen eigentlich grossen Feldherrn und ?usserst selten, was man ein kriegerisches Genie nennen kann, weil dazu eine Entwicklung der Verstandeskr?fte erforderlich ist, die ein rohes Volk nicht haben kann.

Der Krieg ist das Gebiet der Gefahr. Es ist also Mut vor allen Dingen die erste Eigenschaft des Kriegers.

Der Mut ist doppelter Art: einmal Mut gegen die pers?nliche Gefahr, und dann Mut gegen die Verantwortlichkeit, sei es vor dem Richterstuhl irgendeiner ?usseren Macht, sei es vor dem einer inneren, n?mlich des Gewissens.

Der Mut gegen die pers?nliche Gefahr ist wieder doppelter Art. Erstens kann er Gleichg?ltigkeit gegen die Gefahr sein. Sei es, dass sie aus dem Organismus des Individuums oder aus Geringsch?tzung des Lebens oder aus Gewohnheit hervorgehe, in diesen F?llen ist der Mut als ein bleibender Zustand anzusehen.

Zweitens kann er aus positiven Motiven hervorgehen, wie Ehrgeiz, Vaterlandsliebe, Begeisterung jeder Art. In diesem Fall ist der Mut nicht sowohl ein Zustand als eine Gem?tsbewegung, ein Gef?hl.

Es ist begreiflich, dass beide Arten von verschiedener Wirkung sind. Die erste Art ist sicherer, weil sie, zur zweiten Natur geworden, den Menschen nie verl?sst; die zweite f?hrt oft weiter. Der ersteren geh?rt mehr die Standhaftigkeit, der zweiten mehr die K?hnheit an. Die erste l?sst den Verstand n?chterner, die zweite steigert ihn zuweilen, verblendet ihn aber auch oft. Beide vereinigt geben die vollkommenste Art des Mutes.

Der Krieg ist das Gebiet k?rperlicher Anstrengungen und Leiden. Um dadurch nicht zugrunde gerichtet zu werden, bedarf es einer gewissen Kraft des K?rpers und der Seele, die, angeboren oder einge?bt, gleichg?ltig dagegen macht. Mit diesen Eigenschaften, unter der blossen F?hrung des gesunden Verstandes, ist der Mensch schon ein t?chtiges Werkzeug f?r den Krieg, und diese Eigenschaften sind es, die wir bei rohen und halbkultivierten V?lkern so allgemein verbreitet antreffen.

Die K?hnheit ist vom Trossknecht bis zum Feldherrn hinauf die edelste Tugend, der rechte Stahl, der der Waffe ihre Sch?rfe und ihren Glanz gibt.

Der Geist der K?hnheit kann in einem Heere zu Hause sein, entweder weil er es im Volke ist oder weil er sich in einem gl?cklichen Kriege unter k?hnen F?hrern erzeugt hat.

Je h?her wir unter den F?hrern hinaufsteigen, desto notwendiger wird es, dass der K?hnheit ein ?berlegender Geist zur Seite trete, dass sie nicht zwecklos, nicht ein blinder Stoss der Leidenschaft sei. Denn immer weniger betrifft es die eigene Aufopferung, immer mehr kn?pft sich die Erhaltung anderer und die Wohlfahrt eines grossen Ganzen daran. Was also bei dem grossen Haufen die zur zweiten Natur gewordene Dienstordnung regelt, das muss in dem F?hrer die ?berlegung regeln, und hier kann die K?hnheit einer einzelnen Handlung schon leicht zum Fehler werden. Aber dennoch bleibt es ein sch?ner Fehler, der nicht angesehen werden darf wie jeder andere. Wohl dem Heere, wo sich unzeitige K?hnheit h?ufig zeigt! Es ist ein ?ppiger Auswuchs, aber der Zeuge eines kr?ftigen Bodens. Selbst die Tollk?hnheit, d. h. die K?hnheit ohne allen Zweck, ist nicht mit Geringsch?tzung anzusehen. Im Grunde ist es dieselbe Kraft des Gem?ts, nur ohne alles Zutun des Geistes, in einer Art von Leidenschaft ausge?bt. Nur wo die K?hnheit sich gegen den Gehorsam auflehnt, wo sie einen ausgesprochenen h?heren Willen geringsch?tzend verl?sst: da muss sie, nicht um ihrer selbst willen, sondern wegen des Ungehorsams, wie ein gef?hrliches ?bel behandelt werden; denn nichts geht im Kriege ?ber den Gehorsam.

Der Mut ist immer das erste Element im Krieger, aber er erh?lt sich in den h?heren Regionen grosser Verantwortlichkeit nur dann, wenn ihn ein kr?ftiger Kopf unterst?tzt. Darum gelangen von so vielen braven Soldaten so wenige dazu, mutige und unternehmende Feldherren zu sein.

Die K?hnheit hat im Kriege eigene Vorrechte. ?ber den Erfolg des Kalk?ls mit Raum, Zeit und Gr?sse hinaus m?ssen ihr noch gewisse Prozente zugestanden werden, die sie jedesmal, wo sie sich ?berlegen zeigt, aus der Schw?che der anderen zieht. Sie ist also eine wahrhaft sch?pferische Kraft. Das ist selbst philosophisch nicht schwer nachzuweisen. Sooft die K?hnheit auf die Zaghaftigkeit trifft, hat sie notwendig die Wahrscheinlichkeit des Erfolgs f?r sich, weil Zaghaftigkeit schon ein verlorenes Gleichgewicht ist. Nur wo sie auf besonnene Vorsicht trifft, die, man m?chte sagen, ebenso k?hn, in jedem Falle ebenso stark und kr?ftig ist als sie selbst, muss sie im Nachteil sein. Das sind aber die seltenen F?lle. In der ganzen Schar der Vorsichtigen gibt es eine ansehnliche Mehrheit, die es aus Furchtsamkeit ist.

Solange eine Truppe voll guten Muts mit Lustigkeit und Leichtigkeit k?mpft, ist f?r den Feldherrn selten Veranlassung da, grosse Willenskraft in der Verfolgung seiner Zwecke zu zeigen. Sowie aber die Umst?nde schwierig werden, und das kann, wo Ausserordentliches geleistet werden soll, nie ausbleiben, so geht die Sache nicht mehr von selbst wie mit einer gut einge?lten Maschine, sondern die Maschine selbst f?ngt an, Widerstand zu leisten, und diesen zu ?berwinden, dazu geh?rt die grosse Willenskraft des F?hrers.

Kriegsgewohnheit kann kein Feldherr seinem Heere geben, und schwach ist der Ersatz, den Friedens?bungen gew?hren, schwach im Vergleich mit der wirklichen Kriegserfahrung, aber nicht im Vergleich mit einem Heere, bei dem auch diese ?bungen nur auf mechanische Kunstfertigkeiten gerichtet sind. Die ?bungen des Friedens so einzurichten, dass ein Teil jener Friktionsgegenst?nde darin vorkomme, dass das Urteil, die Umsicht, selbst die Entschlossenheit der einzelnen F?hrer ge?bt werde, dies ist von viel gr?sserem Wert, als die glauben, die den Gegenstand nicht aus Erfahrung kennen. Es ist unendlich wichtig, dass der Soldat, hoch oder niedrig, auf welcher Stufe er auch stehe, diejenigen Erscheinungen des Krieges, die ihn beim erstenmal in Verwunderung und Verlegenheit setzen, nicht erst im Kriege zum erstenmal sieht. Sind sie ihm fr?her nur ein einziges Mal vorgekommen, so ist er schon halb damit vertraut. Das bezieht sich selbst auf k?rperliche Anstrengungen. Sie m?ssen ge?bt werden, weniger, dass sich die Natur, als dass sich der Verstand daran gew?hne. Im Kriege ist der neue Soldat sehr geneigt, ungew?hnliche Anstrengungen f?r Folgen grosser Fehler, Irrungen und Verlegenheiten in der F?hrung des Ganzen zu halten und dadurch doppelt niedergedr?ckt zu werden. Dies wird nicht geschehen, wenn er bei Friedens?bungen darauf vorbereitet wird.

Ein anderes, weniger umfassendes, aber doch h?chst wichtiges Mittel, die Kriegsgewohnheit im Frieden zu gewinnen, ist das Heranziehen kriegserfahrener Offiziere anderer Heere. Selten ist in Europa ?berall Frieden, und nie geht der Krieg in den anderen Weltteilen aus. Ein Staat, der lange im Frieden ist, sollte also stets suchen, von diesen Kriegsschaupl?tzen sich einzelne Offiziere, aber freilich nur solche, die gut gedient haben, zu verschaffen, oder von den seinigen einige dahin zu schicken, damit sie den Krieg kennen lernen.

Wie gering auch die Anzahl solcher Offiziere zur Masse eines Heeres erscheinen m?ge, so ist doch ihr Einfluss sehr f?hlbar. Ihre Erfahrungen, die Richtung ihres Geistes, die Ausbildung des Charakters wirken auf ihre Untergebenen und Kameraden.

Nicht immer bringt es ein gew?hnlicher Mensch im Gefecht bis zur v?lligen Unbefangenheit und zur nat?rlichen Elastizit?t der Seele, und so mag man denn erkennen, dass mit Gew?hnlichem hier wieder nicht auszureichen ist, was um so wahrer wird, je gr?sser der Wirkungskreis ist, der angef?hrt werden soll. Enthusiastische, stoische, angeborene Bravour, gebieterischer Ehrgeiz, auch lange Bekanntschaft mit der Gefahr, viel von alledem muss da sein, wenn nicht alle Wirkung in diesem erschwerenden Mittel hinter dem Mass zur?ckbleiben soll, das auf dem Zimmer als ein gew?hnliches erscheinen mag.

Wie sorgf?ltig man sich auch den B?rger neben dem Krieger in einem und demselben Individuum ausgebildet denken, wie sehr man sich die Kriege nationalisieren, und wie weit man sie sich in eine Richtung hinausdenken m?ge, entgegengesetzt derjenigen der ehemaligen Condottieri: niemals wird man die Individualit?t des Gesch?ftsganges aufheben k?nnen, und wenn man das nicht kann, so werden auch immer diejenigen, die es treiben, und solange sie es treiben, sich als eine Art von Innung ansehen, in deren Ordnungen, Gesetzen und Gewohnheiten sich die Geister des Krieges vorzugsweise fixieren. Und so wird es auch in der Tat sein. Man w?rde also bei der entschiedensten Neigung, den Krieg vom h?chsten Standpunkt aus zu betrachten, sehr unrecht haben, den Innungsgeist mit Geringsch?tzung anzusehen, der mehr oder weniger in einem Heer vorhanden sein muss.

Ein Heer, das im zerst?rendsten Feuer seine gewohnten Ordnungen beh?lt, das niemals von einer eingebildeten Furcht geschreckt wird und der begr?ndeten den Raum Fuss f?r Fuss streitig macht, das, stolz im Gef?hl seiner Siege, auch mitten im Verderben der Niederlage die Kraft zum Gehorsam nicht verliert, nicht die Achtung und das Zutrauen zu seinen F?hrern, dessen k?rperliche Kr?fte in der ?bung von Entbehrung und Anstrengung gest?rkt sind wie die Muskeln eines Athleten, das diese Anstrengungen ansieht als ein Mittel zum Siege, nicht als einen Fluch, der auf seinen Fahnen ruht, und das an alle diese Pflichten und Tugenden durch den kurzen Katechismus einer einzigen Vorstellung erinnert wird, n?mlich der Ehre seiner Waffen: ein solches Heer ist vom kriegerischen Geiste durchdrungen.

Wir glauben, dass die Entschlossenheit einer eigent?mlichen Richtung des Verstandes ihr Dasein verdankt, und zwar einer, die mehr kr?ftigen als gl?nzenden K?pfen angeh?rt. Wir k?nnen diese Genealogie der Entschlossenheit dadurch belegen, dass es eine grosse Anzahl von Beispielen gibt, wo M?nner, die in niederen Regionen die gr?sste Entschlossenheit gezeigt hatten, diese in den h?heren verloren. Obgleich sie das Bed?rfnis haben, sich zu entschliessen, so sehen sie doch die Gefahren ein, die in einem falschen Entschluss liegen, und da sie mit den Dingen, die ihnen vorliegen, nicht vertraut sind, so verliert ihr Verstand seine urspr?ngliche Kraft, und sie werden nur um so zaghafter, je mehr sie die Gefahr der Unentschlossenheit, in die sie gebannt sind, kennen, und je mehr sie gewohnt waren, frisch von der Faust weg zu handeln.

Eine sehr grosse Kluft liegt zwischen einem Feldherrn, d. h. einem entweder an der Spitze eines ganzen Krieges oder eines Kriegstheaters stehenden General und der n?chsten Befehlshaberstufe unter ihm, aus dem einfachen Grunde, weil dieser einer viel n?heren Leitung und Aufsicht unterworfen ist, folglich der eigenen Geistest?tigkeit einen viel kleineren Kreis bietet. Dies hat denn veranlasst, dass die gew?hnliche Meinung eine ausgezeichnete Verstandest?tigkeit nur in jener h?chsten Stelle sieht und bis dahin den gemeinen Verstand f?r ausreichend erachtet. Ja, man ist nicht abgeneigt, in einem unter den Waffen ergrauten Unterfeldherrn, den seine einseitige T?tigkeit zu einer unverkennbaren Geistesarmut gef?hrt hat, eine gewisse Verdummung zu erblicken, und bei aller Verehrung f?r seinen Mut ?ber seine Einfalt zu l?cheln. Es ist nicht unser Vorsatz, diesen braven Leuten ein besseres Los zu erk?mpfen. Dies w?rde nichts zu ihrer Wirksamkeit und wenig zu ihrem Gl?ck beitragen, sondern wir wollen nur die Sachen zeigen, wie sie sind, und vor dem Irrtum warnen, dass im Kriege ein blosser Bravo ohne Verstand Vorz?gliches leisten k?nne.

Wenn wir schon in den niedrigsten F?hrerstellen f?r den, der ausgezeichnet sein soll, auch ausgezeichnete Geisteskr?fte fordern und diese mit jeder Stufe steigern, so folgt daraus von selbst, dass wir eine ganz andere Ansicht von den Leuten haben, die die zweiten Stellen in einem Heere mit Ruhm bekleiden; und ihre scheinbare Einfalt neben dem Polyhistor, dem federt?tigen Gesch?ftsmann, dem konferierenden Staatsmann soll uns nicht irre machen an der ausgezeichneten Natur ihres werkt?tigen Verstandes. Freilich geschieht es zuweilen, dass M?nner den Ruhm, den sie sich in niederen Stellen erworben haben, in die h?heren mit hin?berbringen, ohne ihn dort wirklich zu verdienen. Werden sie nun in diesen nicht viel gebraucht, kommen sie also nicht in die Gefahr, sich Bl?ssen zu geben, so unterscheidet das Urteil nicht so genau, welche Art von Ruf ihnen zukommt; und so tragen solche M?nner oft dazu bei, dass man einen geringeren Begriff von der Pers?nlichkeit fasst, die in gewissen Stellen noch zu gl?nzen vermag.

Die ausgezeichneten Feldherren sind niemals aus der Klasse der vielwissenden oder gar gelehrten Offiziere hervorgegangen. Meistens konnten sie ihrer ganzen Lage nach auf keine grosse Summe des Wissens eingerichtet sein. Darum sind auch die immer als l?cherliche Pedanten verspottet worden, die es f?r die Erziehung eines k?nftigen Feldherrn n?tig oder auch nur n?tzlich halten, mit der Erkenntnis aller Details anzufangen. Es l?sst sich ohne grosse M?he beweisen, dass sie ihm schaden wird, weil der menschliche Geist durch die ihm mitgeteilten Kenntnisse und Ideenrichtungen erzogen wird. Nur das Grosse kann ihn grossartig, das Kleine nur kleinlich machen, wenn er es nicht wie etwas ganz Fremdes ganz von sich st?sst.

Je h?her wir in den F?hrerstellen hinaufsteigen, um so mehr wird Geist, Verstand und Einsicht in der T?tigkeit vorherrschend, um so mehr wird also die K?hnheit, die eine Eigenschaft des Gem?ts ist, zur?ckgedr?ngt, und darum finden wir sie in den h?chsten Stellen so selten, aber um so bewunderungsw?rdiger ist sie auch dann. Eine durch vorherrschenden Geist geleitete K?hnheit ist der Stempel des Helden. Diese K?hnheit besteht nicht im Wagen gegen die Natur der Dinge, in einer plumpen Verletzung des Wahrscheinlichkeitsgesetzes, sondern in der kr?ftigen Unterst?tzung jenes h?heren Kalk?ls, den das Genie, der Takt des Urteils in Blitzesschnelle und nur halb bewusst durchlaufen hat, wenn er seine Wahl trifft. Je mehr die K?hnheit den Geist und die Einsicht befl?gelt, um so weiter reichen diese mit ihrem Flug, um so umfassender wird der Blick, um so richtiger das Resultat. Aber freilich immer nur in dem Sinne, dass mit den gr?sseren Zwecken auch die gr?sseren Gefahren verbunden bleiben. Der gew?hnliche Mensch, um nicht von den schwachen und unentschlossenen zu reden, kommt h?chstens bei einer eingebildeten Wirksamkeit auf seinem Zimmer, entfernt von Gefahr und Verantwortlichkeit, zu einem richtigen Resultat, soweit n?mlich ein solches ohne lebendige Anschauung m?glich ist. Treten ihm aber Gefahr und Verantwortlichkeit ?berall nahe, so verliert er den ?berblick, und bliebe ihm dieser etwa durch den Einfluss anderer, so w?rde er den Entschluss verlieren, weil da kein anderer aushelfen kann.

Es ist eine sehr hervorstechende Eigent?mlichkeit grosser Feldherren, im Ungl?ck und in der Bedr?ngnis so wenig als m?glich aufzugeben, sich und dem Gl?cke zu vertrauen und es darauf ankommen zu lassen, ob bessere Zeiten ohne grosse Verluste zu erreichen sind. Gelingt es, so sind wir geneigt, jedesmal alles f?r sichere Rechnung und klares Bewusstsein zu halten, was erst bloss dunkles Wagen war.

Je hervorstechender diese Eigent?mlichkeit ist und je mehr wir die innere Zuversicht bewundern, auf die alles gegr?ndet gewesen zu sein scheint, um so geneigter ist man, dieses hartn?ckige Verweilen auf einer Station der Laufbahn als eine notwendige Bedingung, als ein unfehlbares Zeichen der Gr?sse im Ungl?ck zu betrachten. H?tte Napoleon im Jahre 1812 im Oktober jenseits Moskau durch irgendeinen Ministerwechsel in Petersburg noch einen vorteilhaften Frieden erhalten, so spr?che man mit der h?chsten Bewunderung von der Ausdauer, die man jetzt f?r eine Art Raserei ansieht.

Dass sich unser Urteil so sehr nach dem Erfolge richtet, ist nichts weniger als unvern?nftig, denn in den meisten F?llen bleibt uns doch nicht viel anderes ?brig. Der Erfolg einer Unternehmung ist gewissermassen die Rechenprobe, und es ist sehr nat?rlich, dass man sich an sie h?lt.

Dieser nat?rlichen, instinktartigen Richtung entgegen sieht man oft, dass sich eine d?nkelvolle Kritik darin gef?llt: in den bestgelungensten Unternehmungen gerade die gr?ssten Fehler zu entdecken. In den meisten F?llen sind diese Urteile wirklich nicht viel besser, als wenn ein Arzt behaupten wollte, ein Kranker, dem er das Leben abgesprochen, lebe zu Unrecht weiter.

Wer sich in einem Elemente bewegen will, wie der Krieg es ist, darf durchaus aus seinen B?chern nichts mitbringen als die Erziehung seines Geistes. Bringt er fertige Ideen mit, die ihm nicht der Stoss des Augenblicks eingegeben, die er nicht aus seinem eigenen Fleisch und Blut erzeugt hat, so wirft ihm der Strom der Begebenheiten sein Geb?ude nieder, ehe es fertig ist. Es wird den anderen, den Naturmenschen, niemals verst?ndlich sein und wird gerade unter den ausgezeichnetsten von ihnen, die selbst wissen, was sie wollen, das wenigste Vertrauen geniessen.

Der vollkommenste Generalstab mit den richtigsten Ansichten und Grunds?tzen reicht nicht hin, die ausgezeichnete F?hrung einer Armee zu bedingen, wenn die Seele eines grossen Feldherrn fehlt. Die einer grossen Feldherrnnatur angeborene Richtung des Blickes und des Willens aber ist auch da ein vortreffliches Korrektiv gegen die sich in ihre eigenen Pl?ne verwickelnde Generalstabsgelehrsamkeit, wo sie dieser ?brigens als Instrument nicht entbehren kann.

Da der Krieg kein reines Produkt notwendiger Beziehungen von Zweck und Mittel ist, sondern immer etwas von der Natur des Gl?ckspiels beh?lt, so kann auch die Kriegf?hrung jenes Elements durchaus nicht entbehren, und der Feldherr, der zu wenig Neigung zu diesem Spiel hat, wird, ohne es zu ahnen, hinter der Linie zur?ckbleiben und im grossen Kontobuche der kriegerischen Erfolge in eine tiefere Schuld geraten, als er denkt.

Der F?hrer im Kriege muss das Werk seiner T?tigkeit einem mitwirkenden Raume ?bergeben, den seine Augen nicht ?berblicken, den der regste Eifer nicht immer erforschen kann, und mit dem er bei dem best?ndigen Wechsel auch selten in eigentliche Bekanntschaft kommt. Diese h?chst eigent?mliche Schwierigkeit muss er durch eine eigent?mliche Geistesanlage besiegen, die, mit einem zu beschr?nkten Ausdruck, der Ortssinn genannt wird. Es ist das Verm?gen, sich von jeder Gegend schnell eine richtige geometrische Vorstellung zu machen und als Folge davon sich in ihr jedesmal leicht zurechtzufinden. Offenbar ist dies ein Akt der Phantasie. Zwar geschieht das Auffassen dabei teils durch das k?rperliche Auge, teils durch den Verstand, der mit seinen aus Wissenschaft und Erfahrung gesch?pften Einsichten das Fehlende erg?nzt und aus den Bruchst?cken des k?rperlichen Blicks ein Ganzes macht. Aber dass dies Ganze nun lebhaft vor die Seele trete, ein Bild, eine innerlich gezeichnete Karte werde, dass dies Bild bleibend sei, die einzelnen Z?ge nicht immer wieder auseinanderfallen, das vermag nur die Geisteskraft zu bewirken, die wir Phantasie nennen.

Es ist nat?rlich, dass auch die Anwendungen dieses Talents sich nach obenhin erweitern. M?ssen sich Husar und J?ger auf einer Patrouille in Weg und Steg leicht zurechtfinden, und bedarf es daf?r immer nur weniger Kennzeichen, einer beschr?nkten Auffassungs- und Vorstellungsgabe, so muss der Feldherr sich bis zu den allgemeinen geographischen Gegenst?nden einer Provinz und eines Landes erheben, den Zug der Strassen, Str?me und Gebirge immer lebhaft vor Augen haben, ohne darum den beschr?nkten Ortssinn entbehren zu k?nnen. Zwar sind ihm f?r die allgemeinen Gegenst?nde Nachrichten aller Art, Karten, B?cher, Memoiren, und f?r die Einzelheiten der Beistand seiner Umgebungen eine grosse Hilfe, aber gewiss ist es dennoch, dass ein grosses Talent in schneller und klarer Auffassung der Gegend seinem ganzen Handeln einen leichteren und festeren Schritt verleiht, ihn vor einer gewissen inneren Unbeholfenheit sch?tzt und weniger abh?ngig von andern macht.

Die sehr grosse Masse von Kenntnissen und Fertigkeiten, die der kriegerischen T?tigkeit im allgemeinen dienen, und die n?tig werden, ehe ein ausger?stetes Heer ins Feld r?cken kann, dr?ngen sich in wenige grosse Resultate zusammen, ehe sie dazu kommen, im Kriege den endlichen Zweck ihrer T?tigkeit zu erreichen, so wie die Gew?sser des Landes sich in Str?me vereinigen, ehe sie ins Meer kommen. Nur diese sich unmittelbar ins Meer des Krieges ergiessenden T?tigkeiten hat der kennen zu lernen, der sie leiten will.

Der Feldherr braucht weder ein gelehrter Geschichtsforscher, noch Publizist zu sein, aber er muss mit dem h?heren Staatsleben vertraut sein, die eingewohnten Richtungen, die aufgeregten Interessen, die vorliegenden Fragen, die handelnden Personen kennen und richtig ansehen. Er braucht kein feiner Menschenbeobachter, kein haarscharfer Zergliederer des menschlichen Charakters zu sein, aber er muss den Charakter, die Denkungsart und Sitte, die eigent?mlichen Fehler und Vorz?ge derer kennen, denen er befehlen soll. Er braucht nichts von der Einrichtung eines Fuhrwerks, der Anspannung der Pferde eines Gesch?tzes zu verstehen, aber er muss den Marsch einer Kolonne seiner Dauer nach unter den verschiedenen Umst?nden richtig zu sch?tzen wissen. Alle diese Kenntnisse lassen sich nicht durch den Apparat wissenschaftlicher Formeln und Maschinerien erzwingen, sondern sie erwerben sich nur, wenn in der Betrachtung der Dinge und im Leben ein treffendes Urteil, wenn ein nach dieser Auffassung hin gerichtetes Talent t?tig ist.

Add to tbrJar First Page Next Page

 

Back to top