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Read Ebook: Die acht Gesichter am Biwasee: Japanische Liebesgeschichten by Dauthendey Max

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Ebook has 935 lines and 45068 words, and 19 pages

Im Brief stand: <>

Der Brief war unterschrieben mit dem Namen eines jungen Prinzen aus dem kaiserlichen Hause. Und Hanake wusste als guterzogene Japanerin, dass es eine ungeheure Ehre bedeutete, dass ein kaiserlicher Prinz sie seiner Liebe w?rdigte, und sie liess den Freund des Prinzen sogleich zu sich herein ins Zimmer bitten.

Die Diele zitterte, und ein pr?chtiger junger Mann trat ein. Hanake fiel vor ihm auf die Kniee und ber?hrte mit der Stirn die Diele, wie es die japanische Begr?ssungssitte vorschreibt. Aber es war nicht, als ob ein Mensch, sondern als ob ein st?rmisches kleines Pferd ins Zimmer gekommen sei. Sie h?rte den Mann mit beiden F?ssen mehrmals kr?ftig aufstampfen, und aus seiner Brust drangen ein paar hohle seufzende Laute.

Hanake wartete mit gesenktem Angesicht lange Zeit auf die Anrede des kaiserlichen Gesandten, denn sie durfte sich erst erheben, wenn der Begr?sste sie dazu aufforderte.

Nach einer Weile, als immer noch keine Anrede erfolgte, hob Hanake leicht ihr Gesicht von der Diele, die noch unter den stampfenden F?ssen des Mannes zitterte. Wie zwei Steine aus einer Schleuder geworfen, fielen des jungen Mannes starke Augen in des M?dchens blinzelnden Blick. <> schrien ihr diese ungeduldigen Augen entgegen, und Hanake senkte von neuem ihr Gesicht, das abwechselnd weiss und rot wurde, von Blutf?lle und Blutschw?che.

<> sagte pl?tzlich der Mann laut.

<> sagte Hanake, tief auf die Diele gebeugt, als w?re die Diele ein Ohr, in das sie hineinfl?sterte. Zugleich fiel ihr ein, dass der Befehl <> sich wahrscheinlich auf den Brief des Prinzen bezogen habe. Aber es war nicht mehr zur?ckzunehmen. Ihre Lippen hatten deutlich gesprochen: <> und den zwei M?nneraugen geantwortet, die sie gefragt hatten.

Dann f?hlte sich das junge M?dchen von zwei hastigen H?nden um den Leib gefasst. Wie ein H?ufchen Seide hob sie der ungeduldige Mann hoch und trug sie aus dem Hause, den Landungssteg entlang. In demselben Augenblick hatte sich der Abendwind erhoben, und der seidene ?rmel von Hanakes Kleid bauschte sich und fiel wie eine Kapuze ?ber den Kopf des Mannes, der sie auf den Armen trug. Und als Hanake aufsah, und ehe sie noch den ?rmel zur?ckziehen konnte, erblickte sie ein zweites grosses Segel, das eben an der Landungsbr?cke vorbeizog. Ein Schauder, k?lter als der Wind, rieselte ihr ?ber die Haut. Denn in dem Boot stand ein Mann, der war kein Japaner. Er hatte keine sch?ne gelbe Elfenbeinhaut. Er war grau im Gesicht wie Moder, wie ein Stein, der lange auf dem Seegrund gelegen hat, und seine Haut war runzlig wie die Haut der Kr?ten. Er hatte ein erschreckend gelbes Haar. Das war hell wie Hobelsp?ne, und seine Augen waren fischblau, und eine unordentliche Seele blickte Hanake wirr an, als st?rze ein surrendes h?ssliches Insekt auf Hanake los und wolle sie stechen. Sie wusste: es war der Amerikaner, der abends hier am Biwasee im Uferschilf Wildenten jagte. Morgens und abends hatte sie oft den Knall aus seiner Jagdb?chse geh?rt, und dann waren, zu Tode ge?ngstigt, kreischend und entsetzt, Scharen von Wildenten ?ber Hanakes Haus fortgeflogen.

Das junge M?dchen wartete eine Sekunde; es liess das Boot des h?sslichen Fremden vor?bergleiten und zog dann erst den ?rmel vom Kopf des Geliebten. Denn dass der Mann, der sie trug, ihr Geliebter war, sagten ihr seine H?nde, die beim Tragen Hanakes Blut anredeten und ihr von grossen Z?rtlichkeiten erz?hlten, die sie ihr gl?hend versprachen.

Nach einer Weile ging das Boot vor dem Wind, und drinnen lag Hanake mit dem Kopf zwischen den Knien des Mannes, der wie ein Feuerdrache in Hanakes Haus gest?rzt war, und der wie ein grosser Zauberer den Biwasee jetzt in ein riesiges Seidenbett verwandelt hatte, darinnen die beiden eingebettet lagen. Und Hanake sah das Wasser ohne Grenzen, den Himmel ohne Grenzen und die Liebe zu dem pl?tzlich erschienenen Mann ohne Grenzen.

Sie fragte nicht: <> Sein Name war ohne Namen. Sie fragte nicht: <> Ihre Fahrt war ohne Fahrt. Das Segel stand senkrecht zwischen Wasser und Himmel, und sie wusste, das Segel hatte ein Spiegelbild unten im See, so wie ihr Gesicht im Schoss des Mannes das Spiegelbild des geliebten Gesichtes geworden war.

Das Segelboot glitt nah am Schilfufer hin. Das M?dchen verstand: der Mann vermied es, auf die H?he des Sees zu segeln, damit nicht Boote, die von Yabase k?men, ihnen begegneten.

Da knallte ein Schuss im R?hricht, und braune Wildenten strichen aus dem Schilf heraus aufkreischend ?ber die Seefl?che. Ein zweiter Schuss schallt, und Hanakes Geliebter wirft die Arme in die Luft, springt auf, wie von einem Strick in die H?he gerissen, und st?rzt kopf?ber in den abenddunkeln See. Kein Schrei; nur das Aufklatschen des Wassers und der Hall der Sch?sse am Ufer des Biwasees entlang springt durch die Stille. Hanake greift unwillk?rlich mit beiden H?nden ?ber den Bootrand in das Wasser, wohin der Geliebte verschwand, und als sie die H?nde aus dem Wasser zieht, sind sie blutig. Sie f?llt lautlos auf den Boden des Bootes, das im Winde weitertreibt.

Hanakes Diener sehen vom Fenster, dass das Boot, in dem die Herrin fortfuhr, draussen nicht weit vom Ufer steuerlos im Kreise treibt und dass ein anderes Boot aus dem Schilf heraus die Seew?lbung ersteigt und hinter dem Wasser verschwindet. Ein paar der Diener schwimmen hinaus und bringen das Boot mit der ohnm?chtigen Hanake an den Landungssteg.

Zur gleichen Stunde wie am vorhergehenden Abend liegt Hanake ohnm?chtig in dem Zimmer, das auf den See geht, bei derselben Kerze, die gestern brannte, sitzt ihre Lieblingsmagd, die Singende Seemuschel, und wartet auf das Erwachen ihrer Herrin.

Als diese gar nicht zu sich kommen will, kommt die Magd auf den Einfall, den grauen Papagei zu holen, der von den drei S?tzen immer nur den einen gelernt hat: Ich liebe dich. Als sie den Vogel neben die Kerze in das Gemach bringt, schreit er sofort: <> Da zuckt das Gesicht der ohnm?chtigen Hanake zusammen, als habe ihr einer einen unendlichen Schmerz angetan. Ihre Lippen seufzen tief auf, ihr Gesicht ver?ndert die Farbe und wird wie Asche im Aschentopf, der neben der Kerze steht. Die Magd beugt sich erschrocken ?ber ihre Herrin, und wie sie noch zweifelt: Ist das der Tod, der Hanake so entf?rbt?, da sch?ttelt der Papagei sein Gefieder, schl?gt mit den Fl?geln um sich und schreit pl?tzlich und unvermittelt: <>

Die Singende Seemuschel starrt entsetzt den Vogel an, dessen grosser Schatten vor der Kerze wie der Schatten eines m?chtigen, schwarzen Segels ?ber die W?nde des Gemaches fliegt.

Die Magd greift mit beiden H?nden nach dem um sich schlagenden Papagei. Der Vogel schreit zum zweitenmal: <> Die H?nde der Magd packen das Tier und dr?cken dem Papagei den Hals zu, damit er nicht zum drittenmal das schauerliche <> schreien kann. Der Vogel verdreht seine Augen, l?sst mit einem Ruck die Fl?gel schlaff h?ngen, spreizt die Krallen und h?ngt als lebloser Vogelbalg in den H?nden der Magd.

Hanake schl?gt die Augen auf. Die Magd wirft die Vogelleiche auf die Diele und ruft:

<>

Hanake richtet sich auf, sitzt auf der Diele und sagt in Gedanken:

<>

Dann sprach sie lange nicht mehr. Sie sah nicht den toten Papagei. Sie weinte nicht ?ber den Tod ihres Geliebten. Sie liess sich von der Magd umkleiden, und als ihr diese ein Hauskleid bringen wollte, sagte sie, und ihre Augen sahen durchdringend durch die geschlossenen W?nde des Hauses:

<

Bringe mir ein weissseidenes Unterkleid, Singende Seemuschel, damit ich das rote Scharlachkleid, das man mitbringt, dar?ber ziehen kann.>>

Die Magd widersprach ihrer Herrin nicht. Sie ?ffnete nur ein wenig die Schiebewand nach dem See. Aber sie sah keine Lichter von Booten in der Nacht draussen, kein Bootskiel rauschte im Wasser, nur das Schilf zischte unten um das Haus und in der Ferne um den Landungssteg.

Hanake ist hellsehend geworden, dachte die Magd. Dann ging sie durch die Kammern des Hauses nach den Wandschr?nken, wo die Kleider gefaltet in grossen Lacktruhen lagen. Sie liess sich von zwei M?gden leuchten. Und die eine Magd erz?hlte halblaut:

<>

<>, sagte die Singende Seemuschel zu den M?gden.

<> fragten beide M?gde erstaunt. <>

<>, nickte die Gefragte.

Sie nahm das weissseidene Unterkleid ?ber den Arm und schickte die M?gde in die K?che. --

Am n?chsten Tag um die Mittagstunde kam ein Segel auf Hanakes Haus zu.

Die Singende Seemuschel sagte zu Hanake, die im Purpurkleid auf der Altane sass und weiss und rosa geschminkt war, so dick gepudert und geschminkt, als verb?rge sie das Gesicht hinter einer rot und weissen Maske:

<>, sagte Hanake mit einer fast m?nnlichen Stimme, die die Magd nie an ihr geh?rt hatte. <

Als ich im Tode lag unter den Toten, aber mit meinem Geliebten nicht vereinigt war, fragte meine Seele alle Toten:

'Was habe ich getan, dass ich meinen Geliebten nicht unter den Toten finde?'

'Du hast noch dem Leben verweigerten Gehorsam zu geben,' sagten die Toten, und ich erwachte wieder.

Ich weiss es, ich habe gefrevelt. Ich habe meinen Leib einem Prinzen, einem Sohn des Himmels, entziehen wollen und habe einen andern Mann umarmt. Aber der Geliebte konnte meinen Leib nicht mit in den Tod nehmen weil ich erst lernen musste, dem Leben zu gehorchen.>>

Die Magd weinte ?ber Hanakes Worte. Aber Hanake verbot es ihr und sagte:

<

Wenn der Prinz dich fragt: 'Wo ist Hanake?', sage, und lass dir nichts merken, sage: 'Verzeihung, Sohn des Himmels, meine Herrin trauert um ihren toten Lieblingspapagei. Aber wenn meine Herrin des Prinzen Angesicht sieht, wird ihre Trauer zur Freude werden und doppelt gl?nzen, wie dein weisses Segelboot, o Herr, im Biwasee.'>> --

Und wie der Schiller auf starrem, poliertem Porzellan gl?nzte Hanake bis zum Abend, so lange der Prinz in ihrem Hause war und mit ihr spielte. Und auch als sie ihr Scharlachkleid ?ffnete und ihren kleinen weissgepuderten Leib nackt in die Arme des Prinzen legte, sang sie Lieder und zwitscherte mit den Lippen. Der Prinz sagte am Abend:

<

Und nun singe mir noch zum Abschied das Lied vom Biwasee, das nur auf weisse Seide geschrieben werden darf.>>

Die Singende Seemuschel sass hinter der Papierwand im Nebenzimmer, wo sie die Gitarre spielen musste, so lange der Prinz die nackte Hanake umarmte. Aber als die treue Magd h?rte, dass der Prinz das Lied von ihrer Herrin verlangte, das nur eine sehns?chtig Liebende singen darf, da konnte sie sich nicht mehr des Schluchzens erwehren. Und w?hrend die H?nde der Singenden Seemuschel auf der Gitarre spielten, wimmerte ihre schluchzende Brust.

Hanake, die in ihr Scharlachkleid schl?pfte, raschelte mit der Seide, damit der Prinz das Wimmern der Magd nicht h?re. Dann wollte sie singen. Aber der Prinz fragte, ehe sie begann:

<>

<>, l?chelte Hanake, <>

<> sagte der Prinz.

Das Wimmern hinter der Papierwand verstummte, und Hanake sang das Lied:

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