bell notificationshomepageloginedit profileclubsdmBox

Read Ebook: Gockel Hinkel und Gackeleia by Brentano Clemens

More about this book

Font size:

Background color:

Text color:

Add to tbrJar First Page Next Page

Ebook has 498 lines and 69254 words, and 10 pages

Gockel, Hinkel und Gackeleia

Clemens Brentano

In Deutschland in einem wilden Wald, zwischen Gelnhausen und Hanau, lebte ein ehrenfester bejahrter Mann, und der hiess Gockel. Gockel hatte ein Weib, und das hiess Hinkel. Gockel und Hinkel hatten ein T?chterchen, und das hiess Gackeleia. Ihre Wohnung war in einem w?sten Schloss, woran nichts auszusetzen war, denn es war nichts darin, aber viel einzusetzen, n?mlich Th?r und Thor und Fenster. Mit frischer Luft und Sonnenschein und allerlei Wetter war es wohl ausger?stet, denn das Dach war eingest?rzt und die Treppen und Decken und B?den waren nachgefolgt. Gras und Kraut und Busch und Baum wuchsen aus allen Winkeln, und V?gel, vom Zaunk?nig bis zum Storch, nisteten in dem w?sten Haus. Es versuchten zwar einigemal auch Geier, Habichte, Weihen, Falken, Eulen, Raben und solche verd?chtige V?gel sich da anzusiedeln, aber Gockel schlug es ihnen rund ab, wenn sie ihm gleich allerlei Braten und Fische als Miethe bezahlen wollten.

Einst aber sprach sein Weib Hinkel: "mein lieber Gockel, es geht uns sehr knapp, warum willst du die vornehmen V?gel nicht hier wohnen lassen? Wir k?nnten die Miethe doch wohl brauchen, du l?sst ja das ganze Schloss von allen m?glichen V?geln bewohnen, welche dir gar nichts daf?r bezahlen."--Da antwortete Gockel: "o du unvern?nftiges Hinkel, vergisst du denn ganz und gar, wer wir sind, schickt es sich auch wohl f?r Leute unserer Herkunft, von der Miethe solches Raubgesindels zu leben?--und gesetzt auch, Gott suchte uns mit solchem Elende heim, dass uns die Verzweiflung zu so unw?rdigen Hilfsmitteln triebe,--was doch nie geschehen wird, denn eher wollte ich Hungers sterben,--womit w?rden die r?uberischen Einwohner uns vor Allem die Miethe bezahlen? Gewiss w?rden sie uns alle unsre lieben Gastfreunde erw?rgt in die K?che werfen, und zwar auf ihre m?rderische Art zerrupft und zerfleischt. Die freundlichen Singv?gel, welche mit ihrem unschuldigen Gezwitscher unsre w?ste Wohnung zu einem herzerfreuenden Aufenthalte machen, willst du doch wohl lieber singen h?ren, als sie gebraten essen? W?rde dir das Herz nicht brechen, die allerliebste Frau Nachtigall, die trauliche Grasm?cke, den fr?hlichen Distelfink, oder gar das liebe treue Rothkehlchen in der Pfanne zu r?sten, oder am Spiesse zu braten, und dann zuletzt, wenn sie alle die Miethe bezahlt h?tten, nichts als das Geschrei und Gekr?chze der gr?ulichen Raubv?gel zu h?ren? Aber wenn auch alles dieses zu ?berwinden w?re, bedenkst du dann in deiner Blindheit nicht, dass diese M?rder allein so gern hier wohnen m?chten, weil sie wissen, dass wir uns von der H?hnerzucht n?hren wollen? Haben wir nicht die ehrbare Stamm-Henne Gallina jetzt ?ber dreissig Eiern sitzen, werden diese nicht dreissig H?hner werden, und kann nicht jedes wieder dreissig Eier legen, welche es wieder ausbr?tet zu dreissig H?hnern, macht schon dreissig mal dreissig, also neunhundert H?hner, welchen wir entgegensehen? O du unvern?nftiges Hinkel! und zu diesen willst du dir Geier und Habichte ins Schloss ziehen? Hast du denn g?nzlich vergessen, dass du ein edler Sprosse aus dem hohen Stamme der Grafen von Hennegau bist, und kannst du solche Vorschl?ge einem gebornen leider armen, leider verkannten Raugrafen von Hanau machen? Ich kenne dich nicht mehr!--O du entsetzliche Armuth! ist es denn also wahr, dass du auch die edelsten Herzen endlich mit der Last deines leeren und doch so schweren Bettelsackes zum Staube nieder dr?ckest?"

Also redete der arme alte Raugraf Gockel von Hanau in edlem hohen Zorne, zu Hinkel von Hennegau seiner Gattin, welche so betr?bt und besch?mt und k?mmerlich vor ihm stand, als ob sie den Zipf h?tte. Aber schon sammelte sie sich und wollte so eben sprechen: "die Raubv?gel bringen uns wohl auch manchmal junge Hasen"--doch da kr?hte der schwarze Alektryo, der grosse Stammhahn ihres Mannes, der ?ber ihr auf einem Mauerrande sass, in demselben Augenblick so hell und scharf, dass er ihr das Wort wie mit einer Sichel vor dem Munde wegschnitt, und als er dabei mit den Fl?geln schlug, und Graf Gockel von Hanau sein zerrissenes M?ntelchen auch ungeduldig auf der Schulter hin und her warf, so sagte die Frau Hinkel von Hennegau auch kein Piepsw?rtchen mehr, denn sie wusste den Alektryo und den Gockel zu ehren.

Sie wollte eben umwenden und weggehen, da sagte Gockel: "o Hinkel! ich brauche dir nichts mehr zu sagen, der ritterliche Alektryo, der Herold, Wappenpr?fer und Kreisw?rtel, Notarius Publikus und kaiserlich gekr?nte Poet meiner Vorfahren hat meine Rede unterkr?het, und somit dagegen protestirt, dass seinen Nachkommen, den zu erwartenden H?hnchen, die gef?hrlichen Raubv?gel zugesellt w?rden." Bei diesen letzten Worten b?ckte sich Frau Hinkel bereits unter der niedrigen Th?re und verschwand mit einem tiefen Seufzer im H?hnerstall.

Im H?hnerstall? Ja--denn im wunderbaren, kunstreichen, im neben-, durch--und hintereinandrigen Stil der Urwelt, Mitwelt und Nachwelt erbauten H?hnerstall wohnten Gockel von Hanau, Hinkel von Hennegau und Gackeleia, ihre Fr?ulein Tochter, und in der Ecke stand in einem alten Schilde das auf gothische Weise von Stroh geflochtene Raugraf Gockelsche Erbh?hnernest, in welchem die Glucke Gallina ?ber den dreissig Eiern br?tete, und von einer Wand zur andern ruhte eine alte Lanze in zwei Mauerl?chern, auf welcher sitzend der schwarze Alektryo Nachts zu schlafen pflegte. Der H?hnerstall war der einzige Raum in dem alten Schlosse, der noch bewohnbar unter Dach und Fach stand.

Zu Olims Zeiten, wo Dieses und Jenes geschehen ist, war dieses Schloss eines der herrlichsten und deutlichsten in ganz Deutschland; aber die Franzosen haben es so ?bel mitgenommen, dass sie es recht abscheulich zur?ckliessen. Ihr K?nig Hahnri hatte gesagt, jeder Franzose solle Sonntags ein Huhn, und wenn keines zu haben sei, ein Hinkel in den Topf stecken und sich eine Suppe kochen. Darauf hielten sie streng, und sahen sich ?berall um, wie jeder zu seinem Huhn kommen k?nne. Als sie nun zu Haus mit den H?hnern fertig waren, machten sie nicht viel Federlesens und hatten bald mit diesem, bald mit jenem Nachbarn ein H?hnchen zu pfl?cken. Sie sahen die Landkarte wie einen Speisezettel an, wo etwas von Henne, Huhn oder Hahn stand, das strichen sie mit rother Tinte an und giengen mit K?chenmesser und Bratspiess darauf los. So giengen sie ?ber den Hanebach, steckten Gross--und Kleinh?ningen in den Topf, und kamen dann auch bis in das Hanauer Land. Als sie nun Gockelsruh, das herrliche Schloss der Raugrafen von Hanau, im Walde fanden, wo damals der Grossvater Gockels wohnte, statuirten sie ein Exempel, schnitten allen H?hnern die H?lse ab, steckten sie in den Topf und den rothen Hahn auf das Dach, das heisst, sie machten ein so gutes Feuerchen unter den Topf, dass die lichte Lohe zum Dach herausschlug und Gockelsruh dar?ber verbrannte. Dann giengen sie weiter nach H?nefeld und Hunhaun und sind noch lang unterwegs geblieben.

Als sie abgespeist hatten, gieng Gockels Grossvater, der mit seiner Familie und dem Stamm-, Erb--und Wappen-Hahn und Hinkel im Walde versteckt gewesen, um das Desert zu besehen, es war eine W?ste. Nichts war ihm geblieben, er konnte sein Schloss nicht mehr herstellen und ?bergab es daher gratis an die Versch?nerungs-Commission der vier Jahrszeiten, des Windes und des Wetters, welche es auch in Jahr und Tag mit Gras und Kraut und Moos und Epheu und B?schen und B?umen so reichlich austapezierten, dass es ein rechtes Paradies aller Waldv?gelein und andern Wildpretts ward.--Er selbst zog nach Gelnhausen und nahm die Stelle eines Erb-H?hner--und Fasanenministers bei dem dortigen K?nig an. Sein Sohn trat nach ihm in dieselbe Stelle, und nach dessen Absterben unser Gockel, der gewiss auch als H?hnerminister mit Tod abgegangen w?re, wenn ihn nicht sein Menschen--oder vielmehr H?hnergef?hl gezwungen h?tte, noch lebendig von Gelnhausen Abschied zu nehmen. Dieses aber gieng folgendermassen zu.

Der K?nig Eifrasius von Gelnhausen ?berliess sich der Leidenschaft des Eieressens so unm?ssig, dass keine Brut H?hner mehr aufkommen konnte. Dies war gegen den Eid Gockels und gegen das Landesgesetz, Artikel H?hnerzucht. Gockel machte eine allerunterth?nigste vergebliche Vorstellung nach der andern. Eifrasius errichtete den r?hrenden Eierorden verschiedener Grade und liess von seinem Leibredner eine Rede dabei halten, die einer Schmeichelei so ?hnlich sah, wie ein Ei dem andern. Er sagte, Eifrasius esse nur allein so viele Eier, um die H?hner zu vermindern, damit die Franzosen nicht ins Land k?men. Dabei machte er bekannt, dass man k?nftig nicht Ihro Majest?t, sondern Ihre Eiesst?t K?nig Eifrasius sagen solle und vieles Aehnliche. Auch wusste er sehr viele hinreissende Stellen grosser Dichter in seiner Rede anzubringen, z. B.:

Ein Huhn und ein Hahn, Meine Rede geht an; Eine Kuh und ein Kalb, Meine Rede ist halb; Eine Katze und eine Maus, Meine Rede ist aus!

und weiter

Ein Ei, un oeuf, Ein Ochs, un boeuf, Une vache, eine Kuh, Fermez la porte, mach die Th?r zu!

womit er den K?nig ganz bezauberte. Nach dieser Rede wurden alle anwesenden Anh?nger und Schmeichler des K?nigs ganz eigelb im Gesicht und steckten gelbe Cocarden auf; Gockel von Hanau aber wurde vor Zorn und Schrecken und Unwill und Schaam ganz gr?n und blau und roth, und kriegte ordentlich einen rothen Kamm und sch?ttelte den Federbusch, wie ein Hahn, auf seinem bordirten Hut und scharrte mit den F?ssen und hackte mit den Spornen. Da zog der K?nig Eifrasius eben in der Kirche an ihm vor?ber, sah ihn sehr ungn?dig an und sprach: "in Gnaden entlassen, das H?hnerministerium ist bis auf ein Weiteres aufgehoben."--Somit hatte Gockel seinen Abschied.

Gockel war voll Ehrgef?hl, er zeigte sogleich seiner Frau an, dass er am folgenden Morgen mit ihr und Gackeleia nach seinem Stammschlosse Gockelsruh aus Gelnhausen so wegziehen werde, wie seine Grosseltern hineingezogen waren. Er befahl ihr, jene alten Kleider aus dem Kasten zu nehmen und im H?hnerministerium zurecht zu legen, wo sie sich morgen umkleiden wollten. Frau Hinkel war schier untr?stlich ?ber die alten seltsamen Kleider und meinte, alle Hunde w?rden ihr nachlaufen. Das Entsetzlichste aber war ihr, dass Gockel am hellen lichten Tage vor der Wachparade vorbei und ?ber den Gem?ssmarkt in diesem Aufzug aus der Stadt hinaus wollte, und nur unter den heftigsten Thr?nen mit Gackeleia vor ihm auf den Knieen liegend, konnte sie erflehen, dass er mit ihr Morgens vor Tag zur Gartenth?re hinaus, hinten um die Stadtmauer herum, seine Abreise anzutreten versprach.

Gockel h?ngte seine H?hnerminister-Kleidung an das k?nigliche H?hnerministerial-Zapfenbrett, legte alle die ihm aufgedrungenen Eierorden ab, den Orden der Schmeichelei und Heuchelei und befestigte seinen eigenen, Raugr?flich Gockel Hanauischen Haus-Orden der Kinderei wieder in das Knopfloch der Jacke seines Grossvaters, die er morgen fr?h anziehen wollte; dann setzte er sich an seinen Schreibtisch, um alle die Rechnungen ?ber seine Verwaltung heute Nacht noch auszubr?ten, und als er es so weit gebracht, dass Einnahme und Ausgabe sich wie ein Ei dem andern glichen, sank er erm?det mit der Nase auf das Papier und schnarchte, dass der Streusand von zerstossenen Eierschalen umherflog, und mehrere Muster von H?hnerfedern, die vor ihm lagen, durch einander wehten. Aber der Schaden war nicht gross.

Kaum graute der Tag, als Alektryo, der edle Stammhahn sich selbst ermunternd mit den Fl?geln in die Seite schlug, den Hals emporreckte und mit aufgerissenem Schnabel lautkr?hend wie mit einem Trompetenstoss alle zur Abreise erweckte; das Stammhuhn Gallina begleitete sein Morgenlied mit einigen wehm?thigen Accorden. Gockel sprang auf und weckte Weib und Kind, die sich bald einstellten. Frau Hinkel war sehr traurig, auch sie musste ihre H?hnerministerial-Kontusche ans Zapfenbrett h?ngen und die Kleider von Gockels Grossmutter anziehen; h?nderingend stand sie in diesem Putz vor dem Spiegel. Gockel hatte viel zu ermahnen und zu tr?sten; er hatte seine Raugr?fliche Gockelskappe aufgesetzt, auf der ein Hahnenkamm war, er h?ngte seine Per?cke von Eierschalen an den Ministerialper?cken-Hahn und fuhr in die grossv?terlichen Stiefel und Grafenhosen, welche ihm Gackeleia hinbrachte, die ziemlich lustig in ihrem seltsamen R?ckchen war und das alte Erbh?hnernest wie einen Fallhut auf dem Kopf trug.

Alektryo, der Stammhahn, sass neben dem Schreibtische auf der Raugr?flich Gockelschen Erbh?hnertrage, welche der ber?hmte Erwin von Steinbach zugleich mit dem Strassburger M?nster erfunden hatte, und wiederholte, da er die ganze Familie wieder in ihren altgr?flichen Kleidern sah, sein Kr?hen mit stolzer Freude. Er hatte einen reichsfreiritterlichen Unmittelbarkeitssinn und war nie gern in Gelnhausen gewesen, wo er nur zu Haus der Hahn im Korb war, am Hof aber nie auf dem Mist kr?hen durfte, weil dieses ein Regale, ein k?nigliches Recht der Hofh?hne war. Er war hier nur Kammerhahn ? la suite, hatte allerlei Kr?nkungen seiner Verh?ltnisse von den Hofhahnen zu erleiden, und durfte sie nicht einmal deswegen herausfordern. Gleich Graf Gockel war er sehr mit dem K?nig Eifrasius unzufrieden, denn dieser hatte einmal die Eier seiner lieben Gemahlin Gallina durch die Polizei wegnehmen und sich in die Pfanne schlagen lassen.--Seine h?usliche Gl?ckseligkeit war dadurch gest?rt. Er war heftig und ungeduldig, Gallina aber gacksig, glucksig und piepsig geworden. Sie sassen immer auf dem H?hnerministerium und kamen nicht ins Freie; statt auf dem Miste, scharrte Alektryo in Papiersp?nen, und die leidende Gallina w?lzte sich im Streusand oder br?tete hoffnungslos auf den ausgeblasenen Eierschaalen des Eierordens, welche dort aufbewahrt wurden. Nun aber, da alle zur Abreise gekleidet waren, trieb Alektryo die Gallina an, von seiner Seite auf dem Gockelschen H?hnersteg hinab zu dem Hennegauschen Erbh?hnerkorb der Frau Hinkel zu schreiten, und sagte ihr dabei ganz freundlich ins Ohr, was ihr tr?stend zu Herzen ging: "heute Abend sind wir frei und gl?cklich in Gockelsruh, dem Pallaste unsrer Vorfahren, da giebt es W?rmchen und Maik?fer und allerlei S?merei die Menge; da wollen wir ein neues Leben beginnen, da geh?ren wir uns allein an, da wirst du eine Brut ausbr?ten, die unser w?rdig ist." Gallina trippelte mit einem lieblichen L?cheln gacksend den Steg hinab und setzte sich oben auf den H?hnerkorb.

Frau Hinkel nahm den Korb, worauf Gallina sass, auf ihren Kopf. In diesem Korbe hatte sie ein paar Hemden, etwas Flachs-, Hanf--und andere S?mereien, Nadel, Zwirn und Fingerhut und ein Wachsst?mpfchen, ein Gebetbuch und einige sch?ne neue Lieder, gedruckt in diesem Jahr, und den Gr?flich Hennegauschen Stammbaum und ihren Taufschein und Copulationsschein und so weiter Schein bewahrt. Dann ergriff sie ihren Rocken und sprach: "ich bin fertig." Gockel schl?pfte mit den Armen in die Tragriemen seiner Erbh?hnertrage und trug sie wie eine gothische Kirche auf dem R?cken, oben drauf sass Alektryo, neben dran war sein Grafenschwert befestigt, und im Innern befanden sich sein Stammbaum, Grafenbrief, Taufschein, Ehekontrakt, ein Buch von Geheimnissen der Hahnen und H?hner und auch ein altes Geschlechts-Register, nach welchem Alektryo vom Hahn des Hiob und Gallina vom Hahn Petri abstammen sollte; es war aber theils sehr unleserlich mit H?hnerpfoten geschrieben, theils hatten es die M?use so durchstudiert, dass viele L?cher darin waren. Solche grosse Rarit?ten waren in der H?hnertrage. Gockel nahm nun seine Raugr?fliche Standarte, die zugleich ein H?hnersteg war, als Stab in die Hand und sagte: "wohlan ich bin fertig."

Gackeleia hatte das Erbh?hnernest auf dem Kopf, und weil sie auf alle Weise noch sonst etwas tragen wollte, steckte sie der Vater in einen Korb, wie man sie ?ber die jungen H?hnchen stellt, und befestigte ihr denselben ?ber die Schultern mit B?ndern, so dass sie wie in einem lustigen Reifrock mitspazierte. In der einen Hand hielt sie ihr ABC-Buch, worauf ein Hahn abgebildet war, und in der andern einen Eierweck von gestern, man nennt sie dort Bubenschenkel. Das Kind war sehr lustig, und schrie. "Kikeriki, ich bin schon lang fertig."

Nun blies Gockel die H?hnerministerial-Lampe aus, und sie giengen zu der Th?re hinaus. Gockel gab dem Nachtw?chter den Hausschl?ssel, und dann verliessen sie still durch die hintere Gartenth?re, die durch die Stadtmauer f?hrte, das undankbare Gelnhausen. Kaum waren sie auf einer nahen kleinen Anh?he, welche die Stadt ?berschaut, als Alektryo sich hoch aufrichtete und mit einem trotzigen k?hnen Kr?hen allen Hahnen von Gelnhausen Hohn sprach, die erwachend von Haus zu Haus, von Thurm zu Thurm sich wieder zukr?hten, so dass die Gockelsche Familie wo nicht unter dem Gel?ute aller Glocken, doch unter dem Kr?hen aller Hahnen die Stadt verliess.

Als Alektryo gekr?ht hatte, schauten sie alle noch einmal schweigend nach Gelnhausen zur?ck. Es lag eine weisse Nebelwolke ?ber der herrlichen Stadt, die Sonne schoss mit ihren ersten Strahlen nach den blinkenden Wetterhahnen auf den Thurmspitzen, welche aus dem Nebel hervorblitzten; hie und da drang ein dunkler dichter B?ckerrauch wie eine dicke braune Schlange durch den Nebel hervor. Frau Hinkel war betr?bt. Gackeleia fieng laut an zu weinen; ihr Eierweck war ihr gefallen und sie konnte ihn von dem H?hnerkorb, in dem sie steckte, gehindert nicht aufheben.--Gockel hob sie aus dem Korbe heraus und h?ngte sich denselben noch hinten auf die Trage, denn Gackeleia w?re mit diesem Reifrocke an allen B?schen des wilden Waldes h?ngen geblieben, durch welchen jetzt ihr Weg f?hrte.

Frau Hinkel durch das Kr?hen aller Hahnen in Gelnhausen und durch den aufsteigenden Rauch von neuem sehr betr?bt, folgte ihrem Manne mit manchem Seufzer durch den Wald. Sie gedachte an die Herrlichkeit von Gelnhausen, wo immer das eine Haus ein B?ckerladen, das andre ein Fleischerladen ist;--ach, dachte sie, jetzt ist die Stunde, jetzt ?ffnen die Fleischer ihre Laden, jetzt h?ngen sie die fetten K?lber, H?mmel und Schweine auf und breiten in deren aufgeschlitzten Leibern reinliche schneeweisse T?cher aus!--Ach jetzt ist die Stunde, jetzt ?ffnen die B?cker ihre Laden und stellen auf weissen B?nken die braungl?nzenden Brode, die gelben Semmeln und sch?n lakirten Eierwecke, Bubenschenkel genannt, in Reih und Glied. Gackeleia, die sie an der Hand f?hrte, weckte mit ihren Reden ihre Betr?bniss oft von neuem wieder auf, denn sie fragte ein um das anderemal: "Mutter, giebt es auch Bretzeln, wo wir hingehen?" Da seufzte Frau Hinkel; Gockel aber, der ernsthaft und freudig voranschritt, sagte: "nein, mein Kind Gackeleia, Bretzeln giebt es dort nicht, sie sind auch nicht gesund und verderben den Magen; aber Erdbeeren, sch?ne rothe Waldbeeren giebt es die Menge," und somit zeigte er mit seinem Stocke auf einige, die am Wege standen, welche Gackeleia mit vielem Vergn?gen verzehrte. Hierauf fragte Gackeleia wieder:

"Mutter, giebt es auch so sch?ne braune Kuchenh?schen, wo wir hingehen?" Da seufzte Frau Hinkel abermals und die Thr?nen traten ihr in die Augen; Gockel aber sagte freundlich zu dem Kinde: "Nein, mein Kind Gackeleia, Kuchenh?schen giebt es da nicht, sie sind auch nicht gesund und verderben den Magen, aber es giebt da lebendige Seidenh?schen und weisse Kaninchen, aus deren Wolle du der Mutter auf ihren Geburtstag Str?mpfe stricken kannst, wenn du fleissig bist. Sieh, sieh, da lauft eines!" und somit zeigte er mit seinem Stocke auf ein vor?berlaufendes Kaninchen. Da riss sich Gackeleia von der Mutter los, und sprang dem Hasen mit dem Geschrei nach: "gieb mir die Str?mpfe, gieb mir die Str?mpfe!" aber fort war er, und sie fiel ?ber eine Baumwurzel und weinte sehr.

Der Vater verwies ihr ihre Heftigkeit und tr?stete sie mit Himbeeren, welche neben der Stelle wuchsen, wo sie gefallen war. Nach einiger Zeit fragte Gackeleia wieder: "liebe Mutter, giebt es denn auch da, wo wir hingehen, so sch?ne gebackene M?nner von Kuchenteig, mit Augen von Wachholderbeeren und einer Nase von Mandelkern, und einem Mund von einer Rosine?" Da konnte die Mutter ihre Thr?nen nicht zur?ckhalten und weinte; Gockel aber sagte:

"nein, mein Kind Gackeleia, solche Kuchenm?nner giebt es da nicht, die sind auch gar nicht gesund und verderben den Magen. Aber es giebt da sch?ne bunte V?gel die Menge, welche allerliebst singen und Nestchen bauen, und Eier legen und ihre Jungen f?ttern. Die kannst du sehen und lieben und ihnen zuschauen, und die s?ssen wilden Kirschen mit ihnen theilen." Da brach er ihr ein Zweiglein voll Kirschen von einem Baum und das Kind ward ruhig. Als Gackeleia aber nach einer Weile wieder fragte: "liebe Mutter, giebt es denn dort, wo wir hingehen, auch so wundersch?ne Pfefferkuchen, wie in Gelnhausen?" und die Frau Hinkel immer mehr weinte, ward der alte Gockel von Hanau unwillig, drehte sich um, stellte sich breit hin und sprach: "o mein Hinkel von Hennegau! Du hast wohl Ursache zu weinen, dass unser Kind Gackeleia ein so naschhafter Fresssack ist und an nichts als Bretzeln, Kuchenhasen, Butterm?nner und Pfefferkuchen denkt, was soll daraus werden? Noth bricht Eisen, Hunger lehrt beissen. Sei vern?nftig, weine nicht, Gott, der die Raben f?ttert, welche nicht s?en, wird den Gockel von Hanau nicht verderben lassen, der s?en kann. Gott, der die Lilien kleidet, die nicht spinnen, wird die Frau Hinkel von Hennegau nicht umkommen lassen, welche sehr sch?n spinnen kann, und auch das Kind Gackeleia nicht, wenn es das Spinnen von seiner Mutter lernt."

Diese Rede Gockels ward von einem gewaltigen Geklapper unterbrochen, und sie sahen alle einen grossen Klapperstorch, der aus dem Geb?sche ihnen entgegentrat, sie sehr ernsthaft und ehrbar anschaute, nochmals klapperte und dann hinwegflog. "Wohlan, sagte Gockel, dieser Hausfreund hat uns willkommen geheissen, er wohnet auf dem obersten Giebel von Gockelsruh, gleich werden wir da seyn; damit wir aber nicht lange zu w?hlen brauchen, in welchen von den weitl?ufigen Gem?chern des Schlosses wir wohnen wollen, so will ich unsere h?chste Dienerschaft voraussenden, damit sie uns die Wohnungen aussuche."

Nun nahm er den Stammhahn von der Schulter auf die rechte Hand und die Stammhenne auf die linke, und redete sie mit ehrbarem Ernste folgendermassen an: "Alektryo und Gallina, ihr stehet im Begriff, wie wir, in das Stammhaus eurer Vor?ltern einzuziehen, und ich sehe an euren ernsthaften Mienen, dass ihr so ger?hrt seid als wir. Damit nun dieses Ereigniss nicht ohne Feierlichkeit sey, so ernenne ich dich Alektryo, edler Stammhahn, zu meinem Schlosshauptmann, Haushofmeister, Hofmarschall, Astronomen, Propheten, Nachtw?chter, und hoffe, du wirst unbeschadet deiner Familienverh?ltnisse als Gatte und Vater diesen Aemtern gut vorstehen; das N?mliche erwarte ich von dir, Gallina, edles Stammhuhn; indem ich dich hiemit zur Schl?sseldame und Oberbettmeisterin des Schlosses ernenne, zweifle ich nicht, dass du diesen Aemtern trefflich vorstehen wirst, ohne desswegen deine Pflichten als Gattin und Mutter zu vernachl?ssigen. Ist diess euer Wille, so best?tigt es mir feierlich." Da erhob Alektryo seinen Hals, blickte gegen Himmel, riss den Schnabel weit auf und kr?hete feierlichst, und auch Gallina gab ihre Versicherung mit einem lauten und r?hrenden Gacksen von sich, worauf sie Gockel beide an die Erde setzte, und sprach: "nun, Herr Schlosshauptmann und Frau Schl?sseldame, eilet voraus, suchet eine Wohnung f?r uns aus, zeiget auch allen Bewohnern unsers Schlosses an, sie m?chten sich durch kein Ger?usch in ihrem Abendgebete st?ren lassen, weil ich in der N?he des Schlosses, wo der englische Garten ein wenig ins Kraut geschossen seyn mag, wahrscheinlich mit meinem Grafenschwert die Hecken werde schneiden m?ssen, um mir und Frau Hinkel mit unsern hohen Insignien durchzuhelfen; also thuet und bereitet uns einen w?rdigen Empfang. "--Da eilte der Hahn und die Henne in vollem Laufe, was giebst du, was hast du? In den Wald hinein nach dem Schlosse zu.

Nun ermahnte Gockel auch noch die Frau Hinkel und das Kind Gackeleia zur Zufriedenheit, zum Vertrauen auf Gott und zu Fleiss und Ordnung in dem neu bevorstehenden Aufenthalt auf eine so liebreiche Art, dass Frau Hinkel und das Kind Gackeleia den guten Vater herzlich umarmten und ihm alles Gute und Liebe versprachen; und so zogen sie alle froh und heiter durch den sch?nen Wald, die Sonne sank hinter die B?ume, es ward so recht stille und vertraulich, ein k?hles L?ftchen spielte mit den Bl?ttern und Frau Hinkel von Hennegau sang folgendes Liedchen mit freundlicher Stimme, wozu Gockel und Gackeleia leise mitsangen.

Wie so leis die Bl?tter wehn In dem lieben, stillen Hain, Sonne will schon schlafen gehn, L?sst ihr goldnes Hemdelein Sinken auf den gr?nen Rasen, Wo die schlanken Hirsche grasen In dem rothen Abendschein. Gute Nacht, Heiapopeia! Singt Gockel, Hinkel und Gackeleia. In der Quellen klarer Fluth Treibt kein Fischlein mehr sein Spiel, Jedes suchet, wo es ruht, Sein gew?hnlich Ort und Ziel, Und entschlummert ?berm Lauschen Auf der Wellen leises Rauschen Zwischen bunten Kieseln k?hl. Gute Nacht, Heiapopeia! Singt Gockel, Hinkel und Gackeleia. Schlank schaut auf der Felsenwand Sich die Glockenblume um, Denn versp?tet ?ber Land Will ein Bienchen mit Gesumm Sich zur Nachtherberge melden In den blauen zarten Zelten, Schl?pft hinein und wird ganz stumm. Gute Nacht, Heiapopeia! Singt Gockel, Hinkel und Gackeleia. V?glein, euer schwaches Nest, Ist das Abendlied vollbracht, Wird wie eine Burg so fest; Fromme V?glein sch?tzt zur Nacht Gegen Katz und Marderkrallen, Die im Schlaf sie ?berfallen, Gott, der ?ber alle wacht. Gute Nacht, Heiapopeia! Singt Gockel, Hinkel und Gackeleia. Treuer Gott, du bist nicht weit, Und so ziehn wir ohne Harm In die wilde Einsamkeit Aus des Hofes eitelm Schwarm. Du wirst uns die H?tte bauen, Dass wir fromm und voll Vertrauen Sicher ruhn in deinem Arm. Gute Nacht, Heiapopeia! Singt Gockel, Hinkel und Gackeleia.

Als diess Lied zu Ende war, ward der hohe Eichenwald lichter. Sie h?rten ein Geklapper, und Gackeleia blickte in die H?he und schrie. "Ach, der Klapperstorch, der Klapperstorch mit seinen Jungen, da oben steht er auf der hohen Mauer, ach, was hat der aber ein grosses Nest, o da will ich mich auch einmal hineinsetzen und mit ihm klappern!" Nun waren die Reisenden an dem ganz verwilderten Raugr?flich Gockelschen Schlossgarten angekommen. Da war an kein Durchkommen zu gedenken, und Gockel sprach zu Frau Hinkel, indem er seine Erbh?hnertrage absetzte, und das Grafenschwert von ihr losband und herauszog:

"setze deinen Korb ab, sch?rze deinen Rock nieder, streiche dein Haar zurecht, dort an dem alten Springbr?nnchen wasche dich, bade dir die F?sse, ruhe ein bischen aus, damit wir mit Respekt einziehen. Thue der Gackeleia eben so.--Ich will indessen mit meinem Grafenschwert hier das wilde Genist lehren, dass man seinem Herrn den Weg nicht verrennt."

Nun setzten sich Frau Hinkel und Gackeleia an das Br?nnchen, wuschen und musterten sich, und Gackeleia patschte mit ihren erhitzten F?sschen in dem kalten Wasser herum. Gockel aber erhob sein Grafenschwert, und hieb kreuz und quer mit grosser Kraft einen Weg durch die wildverwirrten Hecken, B?sche und B?ume. Er nannte jedes Gestr?uch, das er zusammenhieb, mit Namen, und weil er schnell arbeitete, so verk?rzte er die Worte--er schrie:

"Potz Stachel-, Kreusel-, Preissel-, Kloster-, Hollunder-, Wachholder-, Berberitzen-,Johannis-, Brom-, Himbeeren! Ich will euch lehren, mir mein Haus zu sperren!--Potz Quentel, Lavendel, Bux, Taxus, Mispel, Quitten und Hassel!--Potz Thymian, Majoran, Baldrian, Rosmarin, Hisop und Salbei!" Und mit jedem Worte ein Schwertschlag, der ihm den Weg ?ffnete und mit Zweigen, Bl?ttern und Blumen bestreute. Als er so bis in die N?he des Schlossthores gekommen, kehrte er zu den Seinigen an das Br?nnchen zur?ck.

Gockel hatte sich ganz m?de gearbeitet, auch er wusch und erquickte sich an dem Wasser. Frau Hinkel hatte sich recht frisch und sauber gemacht. Sie hatte Gackeleia einen sch?nen Blumenkranz aufgesetzt und ihr das H?hnernest mit harten Brosamen, welche sie am Brunnen erweicht, gef?llt, diese sollte sie beim Einzug in das Schloss den V?geln ausstreuen. Das war so, als wenn bei der Kaiserkr?nung zu Frankfurt Gold ausgeworfen wird.

Nun nahm Gockel seine H?hnertrage, Frau Hinkel den H?hnerkorb wieder auf und Gackeleia trug das Nest voll Brosamen vor sich; so giengen sie durch den Weg, den Gockel gehauen hatte, auf das Schlossthor zu. Gackeleia nahm sich Zeit, sie pfl?ckte links und rechts viele Brombeeren und Heidelbeeren, und als der Vater sie heranrief, in das Schloss einzugehen, hatte sie die H?nde und das halbe Gesicht schwarz wie ein Mohrenkind. Gockel riss mit der H?hnerstange, die er trug, eine dichte Epheudecke auseinander, welche das Gartenthor zugesponnen hatte, und sie traten vor das wunderbare Raugr?fliche Schloss in seinem vollen Glanz.

Der Empfang war feierlich; aus den leeren Fenster?ffnungen des Schlosses hingen Teppiche von Epheu und mancherlei Blumen nieder, und wehten bl?hende Gestr?uche wie festliche Fahnen, und zwischen ihnen durch sah der stille Abendhimmel in purpurnem Gewande herab. Die vielen S?ulen und Bildwerke des Schlosses hatten Wind und Wetter und die vier Jahreszeiten seit lange mit dem sch?nsten Laubwerke verziert.

Der Hahn Alektryo sass auf dem steinernen Wappen ?ber dem Thore, sch?ttelte sich, schlug mit den Fl?geln und kr?hte als ein rechtschaffener Schlosstrompeter dreimal lustig in die Luft, und alle V?gelein, die in dem verlassenen, Baum durchwachsenen Baue wohnten, und welchen der Hahn die Ankunft der gn?digen Herrschaft verk?ndiget hatte, waren aus ihren Nestern herausgeschl?pft und schmetterten lustige Lieder in die Luft, indem sie sich auf den bl?henden Hollunderb?umen und wilden Rosenhecken schaukelten, welche ihre Bl?then vor den Eintretenden niederstreuten. Der Storch auf dem Schlossgiebel klapperte dazu mit seiner ganzen Familie, so dass alles wie eine grosse Musik mit Pauken und Trompeten klang. Gockel, Hinkel und Gackeleia hiessen alle willkommen, und Gackeleia streute mit vollen H?nden die Brosamen aus, was mit grossem Beifall von allen den V?geln aufgenommen ward. Hierauf zogen sie in die alte verfallene Schlosskapelle, knieten neben den wilden Waldblumen am Altare dicht bei dem Grabstein des alten Urgockels von Hanau nieder, sagten Gott f?r ihre gl?ckliche Reise Dank, und flehten ihn um fernern Schutz und Segen an.

W?hrend ihres Gebetes waren alle V?gel ganz stille, und da sie sich von den Knieen erhoben, lockten Alektryo und Gallina, als Schlosshauptmann und Schl?sseldame, an der Th?re, sie sollten ihnen nach dem ausgesuchten Gemache folgen. Sie thaten diess, und der Hahn und die Henne schritten gackernd und majest?tisch ?ber den Schlosshof auf den sehr kunstreich von Stein erbauten H?hnerstall zu, dessen Dach allein im Schlosse bis auf einige L?cken im Stande war. Als Alektryo ?ber die Schwelle schritt, b?ckte er sich tief mit dem Kopf, als bef?rchtete er, mit seinem hohen rothen Kamme oben anzustossen, da die Th?re doch f?r einen starken Mann hoch genug war; aber dieses war im Gef?hle seines Adels, denn alle hohen Adeligen und alle gekr?nten H?upter pflegten in den guten alten Zeiten es so zu machen, wenn sie durch ein Thor schritten; das kam aber von den erstaunlich hohen Federb?schen her, welche ihre Vorfahren auf den Helmen getragen hatten.

In diesem H?hnerstalle nun, dessen Fenster in ein kleines G?rtchen giengen, richteten sie sich ein, so gut sie konnten; Gockel h?ngte seine Erbh?hnertrage an einen Haken hoch an der Wand auf, stellte die H?hnersteige daran, und Alektryo und Gallina sagten gute Nacht und spazierten sogleich fein ordentlich hintereinander hinauf und setzten sich still zusammen und liessen sich was tr?umen.--Frau Hinkel stellte den Korb, den Spinnrocken, den Bratspiess, die Pfanne, die Sch?ssel, den Topf und den Wasserkrug an ihre Stelle, und Gackeleia setzte das H?hnernest, wo es hin geh?rte.--Dann machte Gockel aus gr?nen Zweigen zwei grosse und einen kleinen Besen, und fegte mit Hinkel und Gackeleia den Boden ein wenig rein. Gackeleia fuhr ganz stolz und gesch?ftig mit ihrem Besen umher. Nun machten sie ein Lager von Moos und d?rren Bl?ttern, wor?ber Gockel seinen Mantel und Hinkel ihre Sch?rze breitete. Dann betete Gockel ein kurzes Nachtgebet vor, worauf sie sich schlafen legten, Gockel rechts, Hinkel links, das T?chterlein Gackeleia in der Mitte zwischen beiden. Von der Reise und der Arbeit erm?det, schliefen sie alle bald ein.

Gegen Mitternacht r?hrte sich pl?tzlich der wachsame Schlosshauptmann Alektryo mit warnender Stimme auf seinem Sitz, und Gockel, der vor allerlei Gedanken, wie er seine Familie ern?hren solle, nicht fest schlief, richtete sich auf und blickte umher, was vorgehe. Da sah er an der offnen Th?re, durch welche der Mond schien, eine grosse lauernde Katze, die auch sogleich einen heftigen Sprung herein that. In demselben Augenblick h?rte Gockel ein Gepfeife, und f?hlte, dass ihm etwas Lebendiges in den weiten Aermel seines Wammses hineinlief. Alektryo und Gallina erhoben ein banges Geschrei wegen der Katze. Gockel sprang auf, verjagte die Feindin und warf ihr einen Stein nach. Dann zog er an der Pforte die Thierchen, die ihm in den Aermel geschl?pft waren, hervor, und erkannte im Mondschein zwei weisse M?uschen von ausserordentlicher Sch?nheit. Sie waren nicht scheu vor ihm, sondern setzten sich auf seiner Hand auf die Hinterbeine, und zappelten mit den Vorderpf?tchen, wie ein H?ndchen, das bittet, was dem alten Herrn wohl gefiel. Er setzte sie in seine Gockelsm?tze, legte sich wieder nieder und diese neben sich, mit dem Gedanken, die guten Thierchen am folgenden Morgen seinem T?chterchen Gackeleia zu schenken, welche sehr erm?det, wie ihre Mutter, nicht erwacht war.

Als Gockel wieder eingeschlafen war, machten sich die zwei M?uschen aus der Pudelm?tze wieder heraus und unterhielten sich miteinander. Die eine sprach: "Ach Sissi, meine geliebte Braut, da hast du es nun selbst erlebt, was dabei herauskommt, wenn man des Nachts so lange im Mondschein spazieren geht, habe ich dich nicht gewarnt?"--Da antwortete Sissi:

"O Pfiffi, mein werther Br?utigam, mache mir keine Vorw?rfe, ich zittere noch am ganzen Leibe vor der schrecklichen Katze, und wenn sich ein Blatt regt, fahre ich zusammen, und meine, ich sehe ihre feurigen Augen."--Da sagte Pfiffi wieder: "Du brauchst dich nicht weiter zu ?ngstigen, der gute Mann hier hat der Katze einen so grossen Stein nachgeworfen, dass sie vor Angst schier in den Springbrunnen gesprungen ist."-"Ach!" erwiederte Sissi, "ich f?rchte mich nur auf unsre weite Reise, wir m?ssen wohl noch acht Tage laufen, bis wir zu deinem k?niglichen Herrn Vater kommen, und da jetzt einmal eine Katze uns ausgekundschaftet hat, werden diese Freilaurer an allen Ecken auf uns lauern."--Da versetzte Pfiffi: "wenn nur eine Br?cke ?ber das Fl?sschen f?hrte, das eine halbe Tagreise von hier durch den Wald fliesst, so w?ren wir bald zu Haus; aber nun m?ssen wir die Quelle umgehen."--Als sie so sprachen, h?rten sie eine Eule draus schreien und krochen bang tiefer in die M?tze.--"Auch noch eine Eule," fl?sterte Sissi, "o w?re ich doch nie aus der Residenz meiner Mutter gewichen," und nun weinte sie bitterlich.--Der M?usebr?utigam war hier?ber sehr traurig, und ?berlegte her und hin, wie er seine Braut ermuthigen und vor Gefahren sch?tzen solle.--Endlich sprach er: "geliebte Sissi, mir f?llt etwas ein; der gute Mann, der uns in seine M?tze gebettet hat, w?rde uns vielleicht sicher nach Hause helfen, wenn er unsere Noth nur w?sste. Lasse uns leise an seine Ohren kriechen und ihm recht flehentlich unsere Sorgen vorstellen; ich will zuerst mit ihm sprechen, hilft das nicht, dann rede du in deinen s?ssesten T?nen zu ihm, wer kann dir widerstehen? Aber ja recht leise, damit er nicht aufwacht, denn nur im Schlafe verstehen die Menschen die Sprache der Tiere."--Sissi war sogleich bereit und nahte sich besinnend dem linken Ohre Gockels. Pfiffi aber lief zum rechten Ohre und sang, nachdem er sich auf die Hinterbeine gesetzt und seinen Schweif quer durch das Maul gezogen hatte, um seiner Stimme, welche durch das Kommandiren bei der letzten Revue etwas rauh geworden war, einen mildern Ton zu geben.

Ich bin der Prinz von Speckelfleck Und f?hre heim die sch?nste Braut; Die Katze bracht' ihr grossen Schreck, Sie bangt um ihre Sammethaut. Ach, Gockel, bring uns bis zum Fluss Und bau uns dr?ber einen Steg, Dass ich mit meiner Braut nicht muss Den Quell umgehn auf weitem Weg. Gedenken wird dir's immerdar Ich und der hohe Vater mein; Ist's auch nicht gleich, vielleicht aufs Jahr Stellt Zeit zu Dank und Lohn sich ein.-- Doch was brauchts da viel Worte noch, Hart wird es mir, der edeln Maus, Vor deinem grossen Ohrenloch Zu betteln.--Ich, der stets zu Haus Als erstgeborner K?nigssohn Gef?rchtet und befehlend sitzt Auf einen Parmesank?sthron, Der stolze Butterthr?nen schwitzt, Sag dir hiemit, erw?hl' dein Theil, Nimm mich und meine Braut in Schutz, Schaff uns nach Haus gesund und heil, Sonst biete ich dir Fehd' und Trutz. Wenn uns die Katze auch nicht beisst, Maulleckend nur die Z?hne bleckt, Miauend meine Braut erschreckt, Woran viel liegt, was du nicht weisst, Kr?mmt sie uns nur ein einzig Haar, Fasst uns ein wenig nur beim Schopf,-- Vielmehr,--frisst sie uns ganz und gar, So kommt die That auf deinen Kopf, Wonach du dich zu richten hast! Gegeben vor dem Ohrenloch Des Wirthes, auf der dritten Rast Von unsrer Brautfahrt, da ich kroch In seinen Aermel vor der Katz, Nebst meiner Braut aus grossem Schreck, Worauf in seiner M?tze Platz Er uns gemacht. Prinz Speckelfleck. Punktum, Streusand, nun halte still, Ins Ohr beiss ich dir mein Sigill.

Nach dieser ziemlich unh?flichen Rede biss Prinz Speckelfleck den ehrlichen Gockel so derb ins Ohrl?ppchen, dass er mit einem lauten Schrei erwachte und um sich schlug. Da flohen die beiden M?use in grosser Angst wieder in die Pudelm?tze.--"Nein das ist doch zu grob, einen ins Ohr zu beissen," sagte Gockel. Da erwachte Frau Hinkel, und fragte: "wer hat dich denn ins Ohr gebissen, du hast gewiss getr?umt. "-"Ist m?glich," sagte Gockel, und sie schliefen wieder ein.

Nach einer Weile sprach Sissi zu Pfiffi: "Aber um alle Welt, was hast du nur gethan, dass der Mann so b?s geworden?"--Da wiederholte ihr Pfiffi seine ganze Rede, und Sissi sagte mit Unwillen: "Ich traue meinen Ohren kaum, Pfiffi! kann man unvern?nftiger und plumper bitten, als du? Die niedrigste Bauernmaus w?rde sich in unsrer Lage diplomatischer benommen haben. Alles ist verloren, ich bin ohne Rettung in die Krallen der Katze hingegeben durch deine ?bel angebrachte Hoffart.--Ach mein junges Leben, o h?tte ich dich nie gesehen! u.s.w."--Pfiffi war ganz verzweifelt ?ber die Vorw?rfe und Klagen seiner Braut, und sprach: "Ach Sissi, deine Vorw?rfe zerschneiden mein Herz, ich f?hle, du hast recht; aber fasse Muth, gehe an das linke Ohr und wende alle deine unwiderstehliche Redekunst an--das linke Ohr geht zum Herzen, er erh?rt dich gewiss; o ich Ungl?cklicher, dass ich in die verw?nschten standesm?ssigen Redensarten gefallen bin!"--Da erhob sich Sissi, und sprach: "wohlan, ich will es wagen."--Leise, leise schl?pfte sie wieder an das linke Ohr Gockels, nahm eine r?hrende Stellung an, kreuzte die Vorderpf?tchen ?ber der Brust, schlang den Schweif wie einen Strick um den Hals, neigte das K?pfchen gegen das Ohr, und fl?sterte so fein und s?ss, dass das Klopfen ihres bangen Herzchens schier lauter war, als ihr Stimmchen.

Verehrter Herr! Ich nahe dir Best?rzt, besch?mt und herzensbang; Ich weiss, mein Br?utigam war hier Und ziemlich grob vor nicht gar lang; Auch war sein Siegel sehr apart, Mit Recht hast du ihn angeschnarrt! Weil er verw?hnt, von Noth entfernt, Als einz'ger Prinz verzogen ward, Hat er das Bitten nicht gelernt; Drum, edler Mann, nimms nicht so hart! Wie Grobseyn ihm, sey H?flichseyn Dir leicht, weil du erzogen fein. Er meints gewiss von Herzen gut, Doch k?mmt beim Sprechen er in Zug, So regt sich sein erhabnes Blut, Und er wird gr?ber als genug. Bedenk, der Kinder Pfeife klingt, Wie ihrer Eltern Orgel singt; Doch reut's ihn immer hintendrein, Und in der Pudelm?tze sitzt Jetzt krumm das arme S?nderlein Und seufzt und wimmert, dass es schwitzt, Und schimpft, dass ihm die Hofmanier So grob entfuhr zur Ungeb?hr. Bekennet hat er mir, der Braut, Die ihn erst t?chtig zappeln liess, Ihm t?chtig wusch die grobe Haut, Die Nas' ihm auf den Fehler stiess, Und endlich, nach manch bitterm Ach, Dich zu vers?hnen ihm versprach. Doch, dass ich selbst mich nicht vergess', Verg?nne jetzt in Demuth mir Zu sagen, dass ich, was Prinzess Bei Menschen ist, bin als ein Thier, Und zwar als kleine, weisse Maus, So sch?tt' ich nun mein Herz dir aus!-- Prinzess Sissi von Mandelbiss Fleht dich um Ritterdienste an; Du weisst aus dem Aesop gewiss, Was f?r die Maus ein L?w gethan, Und wie ihm dankbar half die Maus Dann wieder aus dem Netz heraus. Auch meinem Br?utigam und mir Hilf sicher in das M?usereich,-- Die Katz, das ungeheure Thier, Macht mich vor Schreck ganz todtenbleich! O h?ttest du ein Bischen nur Von Mausgeschmack und Mausnatur. O w?sstest du, wie weiss und zart, Wie lieblich ich an Leib und Seel, Gar nicht nach andrer M?useart, Ja unter allen ein Juwel, Du littest lieber selbst den Tod, Als du mich liess'st in Katzennoth. Die Aeuglein sind wie Diamant, Die Z?hne Perl und Elfenbein, Mein Leib ist zierlich und gewandt, Die Pf?tchen rosenroth und klein, Die Oehrlein sind zwei Blumen zart, Die Nase einer Bl?the gleich; Wie Bl?thenf?den ist mein Bart So rein, so fein, so weiss und weich. Schweig M?ulchen, pfiffiglich gespitzt, Von Sch?nheit, die der Leib besitzt, Sprich von der Kunst, dem Sinn, dem Geist, Von Leistungen, die jeder preis't,-- Denn, wie Frau Catalani singt, Mein Stimmlein bei den M?usen klingt. Man hat mich drum als Gegensatz Oft Mausalani auch genannt, Weil Cata etwas klingt wie Katz, Hat man das Wort so umgewandt; Das Lani liess man angeh?ngt, Weil man dabei an Wolle denkt. Verl?ugne nicht dein Zartgef?hl, Lass r?hren dich durch meinen Sang, Denn lockender als Fl?tenspiel, Als Harfenton und Geigenklang Fleht er aus meiner Brust heraus: Besch?tz die kleine weisse Maus! Bei deiner hohen Adelspflicht, Die dich zum Schutz der Damen weiht, Beschw?r ich dich, verlass mich nicht! Vielleicht ist ja der Tag nicht weit, Dass ich dir wieder helfen kann-- Doch danach fr?gt kein Edelmann! Wer mich zu retten einen Stein Der Katze in die Rippen warf, Wer zugab, dass der Liebste mein An meiner Seite schlummern darf In seiner M?tze weich und warm, Der sch?tzt mich auch mit starkem Arm! Erlaub nun, dass dir als Sigill Der Wahrheit, ohne Hinterlist Hier einsamlich und in der Still Das Ohrl?ppchen dem?thig k?sst, Was niemals sie noch that gewiss, Prinzess Sissi von Mandelbiss.

Nun k?sste sie ganz leise das Ohrl?ppchen Gockels, und weil er im Schlafe etwas durch die Nase pfiff, glaubte sie, er sage ihr in der M?usesprache die artigsten Sachen und verspreche ihr seine Hilfe f?r ganz gewiss. Mit leichtem Herzen begab sie sich daher in die M?tze zur?ck und verk?ndigte ihrem Br?utigam den guten Erfolg ihrer Bitten, worauf dieser sie z?rtlich umarmte.

Jetzt aber war die Stunde gekommen, da die schwarze Nacht gegen Morgen ergrauet, und Alektryo, als ein getreuer Burgvogt, streckte dem anbrechenden Lichte seinen Hals entgegen, um es zum erstenmal mit einem kr?henden Trompetenstosse zu bewillkommen. Da erwachte Gockel und Frau Hinkel, Gackeleia aber schlief fest. Frau Hinkel fragte ihren Mann, warum er denn heute Nacht so unruhig gewesen, und wie er nur getr?umt habe, dass ihn jemand ins Ohr gebissen. Da zeigte Gockel ihr die weissen M?uschen in seiner M?tze, und erz?hlte ihr, was ihm alles mit ihnen geschehen sey, und dass er versprochen habe, ihnen zu helfen; "und das will ich auch thun," fuhr Gockel fort, "ich will beide sogleich ?ber den n?chsten Fluss bringen, wo sie bald ausser Gefahr in ihrer Heimath sind."

Nun wollte er aufstehen und sich auf den Weg begeben, aber Frau Hinkel sagte: "du bist nicht recht klug; dir tr?umt, du h?ttest den M?usen etwas versprochen und willst es ihnen nun im Wachen halten, und desswegen willst du mich hier in der Wildniss mit Gackeleia allein lassen, wo du so n?thig bist, um aufzur?umen und alles in Ordnung zu bringen."--Da erwiederte Gockel: "du hast scheinbar ganz recht, aber versprochen muss gehalten werden, ich habe mein Ehrenwort gegeben, und das ist mir so deutlich und gegenw?rtig als der Biss in das Ohr. "--"Wenn aber der Biss,"

sagte Frau Gockel, "ein Traum war, so war auch das Ehrenwort ein Traum." Gockel sprach hierauf unwillig: "ein Ehrenwort ist nie ein Traum, das verstehst du nicht, und den Biss habe ich so deutlich gef?hlt, dass ich mit einem Schrei erwachte, das Ohr brennt mich noch. "--"Lass doch einmal sehen," sagte Frau Hinkel, und erblickte mit grosser Verwunderung wirklich die Spur von f?nf spitzen Z?hnchen an Gockels Ohr.

Add to tbrJar First Page Next Page

 

Back to top