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Read Ebook: Die mehreren Wehmüller und ungarischen Nationalgesichter by Brentano Clemens

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Ebook has 66 lines and 21604 words, and 2 pages

"Das Wasser, das kalte Wasser", schrie hier Devillier aufspringend, "war das Allerfatalste!" und die ganze Gesellschaft sah ihn verwundert an. "Nun, was schauen Sie", fuhr er fort, "soll ich l?nger schweigen? Habe ich nicht schrecklich ausgehalten und mich hier in der Erz?hlung nochmals misshandeln lassen?" Baciochi wusste nicht, was er vor Erstaunen sagen sollte ?ber Devilliers Unterbrechung; dieser aber sprach heiter: "Ja, Herr Baciochi, ich war der wilde J?ger, mich habt Ihr so kr?ftig zugedeckt, ich habe es von Anfang der Geschichte gewusst und h?tte gern geschwiegen, aber das kalte Wasser lief mir wieder erweckend ?ber den R?cken." Da ward die ganze Gesellschaft vergn?gt, der Feuerwerker reichte Devillier die Hand, und dieser sagte: "Es freut mich, Euch wiederzusehen; alles ist l?ngst vergessen, nur Mitidika nicht!"--"Das will ich hoffen", meinte der Zigeuner ernsthaft, "ich bitte mir das Ende der Geschichte aus." Da tranken alle lustig herum, und Devillier trank die Gesundheit der Mitidika, wozu Michaly einen Tusch geigte und Lindpeindler das hochpoetische freie Leben der Zigeuner pries; der Vizegespan meinte jedoch: sie h?tten nicht die reinsten H?nde. Die Kammerjungfer aber fragte: "Wo hat sie nur den Schmuck hergehabt?" Der Tiroler sagte: "Den wilda Jaaga hobt's maisterli zuagdeckt!" und alle drangen, Devillier m?ge weiter erz?hlen.

"Wohlan!" sagte dieser: "Ich hatte damals Gesch?fte mit der Contrebande und manche andere politische Ber?hrungen diesseits und jenseits auf der Grenze. Ich dirigierte den ganzen Schleichhandel und forschte auf h?here Veranlassung dem Orden der Carbonari nach. Auf meinen Streifereien hatte ich Mitidika kennengelernt und mich leidenschaftlich in dies sch?ne, unschuldige und geistvolle wilde Naturkind verliebt. In bestimmten N?chten besuchte ich sie; der Schmuck, den Ihr, Baciochi, sie anlegen sahet, war ein Geschenk von mir. Sie hatte den Glauben der Alten an den wilden J?ger benutzt, um sich unentdeckt einige Stunden von mir unterhalten zu lassen. Wenn ich kommen sollte, schm?ckte sie sich immer wie eine Zauberin; ich setzte sie dann mit auf mein Pferd und brachte sie nach einer H?hle, eine Viertelstunde von ihrer H?tte, welche das Warenlager meines Schleichhandels war; da sass sie in einem mit dem feinsten englischen bunten Kattun ausgeschlagenen Raum mit mir und erg?tzte mich und einen verstorbenen Freund mit Tanz, Gesang und freundlicher Rede. Gegen Morgen ging sie zur?ck, einen B?ndel Holz in die K?che tragend, und wurde von der Grossmutter wegen ihrem Fleiss gelobt. Ich liebte sie unaussprechlich um ihrer Tugend und Sch?nheit, und ihr ganzes Wesen war so wunderbar und bei allem Mutwillen und aller kindlichen Ergebenheit so gebieterisch, dass ich nie daran denken konnte, ihre Unschuld auch nur mit einem Gedanken zu verletzen. O, sie war gar nicht mehr wie ein Mensch, sie war wie eine Zauberin, wie ein Berggeist, wenn sie in dem Edelsteinschmuck vor uns tanzte, sang, lachte und weinte; ich kann sie nie vergessen. In der Nacht, wo Ihr und Martino mich so h?sslich zerpr?geltet, ging die ganze Herrlichkeit zu Ende. Anfangs hielt ich meine Angreifer f?r italienische Gendarmen, die mir auf die Spur kamen; als wir uns aber erkl?rt hatten, nahm mir die Entdeckung vom Gegenteil allen Zorn hinweg, und unsere erste Sorge war: wo Mitidika hingekommen sei. Die alte Zigeunerin jammerte auch nach ihr, wir suchten alle Winkel aus und fanden sie nicht, bis die Alte die Leiter vermisste. Baciochi sagte: zur T?re k?nne sie nicht hinausgekommen sein, er habe davorgelegen; da machte uns der Regen, der durch das Loch in der Decke hereinstr?mte, aufmerksam; Martino kletterte auf den Schultern Baciochis hinan und fand die Leiter, aber Mitidika, welche die Leiter nach sich gezogen, war durch das Strohdach hinaus geklettert und nirgends zu finden. Ich eilte nach der T?re und vermisste mein Pferd; nun war ich gewiss, dass sie nach meinem Schlupfwinkel entflohen sein m?sse, und war ruhig. Ich durfte diesen weder an Baciochi noch an die Zigeunerin, die nichts von meinem Verh?ltnisse mit Mitidika wusste, verraten und suchte deshalb noch lange mit. Das Wetter war aber so abscheulich, dass wir bald wieder zur?ckkehrten, und die Alte jammerte nicht mehr lange; da h?rten wir Hufschlag, und Mitidika st?rzte in ihrem ganzen Schmuck mit wilder Geb?rde in die Stube auf mich zu: "Geschwind, fort, geflohen!" schrie sie, "die italienischen Gendarmen streifen in der N?he, Euren Freund haben sie mit einem ganzen Zug Schleichh?ndler gefangen; es ist ein Gl?ck, dass hier der Spektakel losging, ich bin aus Angst durch das Dach geschl?pft, dadurch habe ich die nahe Gefahr entdeckt; geschwind fort!"--"Wohin?" schrie ich, und Baciochi, Martino und Marinina, die sich auch vor der Entdeckung f?rchteten, folgten alle mit mir der treibenden Mitidika zur T?re hinaus. Sie schwang sich auf mein Pferd, ich hinter sie, und so sprengten wir beide nach unserem Schlupfwinkel, unbek?mmert um Euch, Herr Baciochi, und die Eurigen."

"Ja", sagte der Feuerwerker, "Ihr rittet nicht schlecht, und wir hatten in dem wilden Wetter ?bles Nachsehen; ?brigens war es Euch nicht zu verargen, dass Ihr uns nicht eingeladen, mitzugehen; wir hatten Euch schlecht bewillkommt. Ich will mein Lebtag an den Mordweg denken. Meine Marinina ward krank und starb zwei Monate nachher in Kroatien; Gott habe sie selig! Martino liess sich bei der ?sterreichischen Artillerie anwerben und war neulich mit in Neapel, wenn er noch lebt. Ich fand mein Brot--Gott sei gelobt!--bei unserm gn?digen Herrn. Es freut mich, dass Ihr so gut davongekommen; aber was ist denn aus der braunen Mitidika geworden?"

"Ja, wer das w?sste!" sagte Devillier; "wir kamen vor der H?hle an und zogen das Pferd herein. Sie war voll Sorge um mich, wusch mir meine Kopfwunden und Beulen mit Wein und bewies mir unendliche Liebe. So brachten wir die Nacht in steter Angst und Sorge zu. Gegen Morgen hatte sie keine Ruhe mehr, sie verlangte nach der alten Mutter; sie beschwor mich, sogleich die H?hle zu verlassen und zu fliehen. Das Schicksal meines Freundes ersch?tterte mich tief, ich war entschlossen, ihn aufzusuchen. Sie schwur mir ewige Treue; ich versprach ihr, wenn ich sie nach einiger Zeit hier wieder f?nde, sie zu meiner Frau zu machen; sie lachte und meinte: sie wolle nie einen Mann, der kein Zigeuner sei, und nun auch keinen Zigeuner, sie wolle gar keinen Mann. Dabei scherzte und weinte sie, tanzte und sang noch einmal vor mir, und als ich sie umarmen wollte, schlug sie mich ins Gesicht und floh zur H?hle hinaus. Ich verliess den Ort gegen Abend. Als ich vom Tode meines Freundes geh?rt hatte und zu Mitidika zur?ckkehrte, war ihre H?tte abgebrannt; ich ging nach der H?hle, sie war ausgepl?ndert. Auf der Wand aber fand ich mit Kohle geschrieben: "Wie gewonnen, so zerronnen! Ich behalte dich lieb, tue, was du kannst, ich will tun, was ich muss." Ich habe das holdselige Gesch?pf durch ganz Ungarn aufgesucht, aber leider nicht wiedergefunden; hundert Mitidikas sind mir vorgestellt worden, aber keine war die rechte."

"Es gibt auch nur eine", sagte hier Michaly, "und wird alle tausend Jahre nur eine geboren."--"Kennt Ihr sie?" sprach Devillier heftig. "Was geht es Euch an", erwiderte Michaly, "ob ich sie kenne? Habt Ihr nicht die Ehe ihr versprochen und doch eine Ungarin geheiratet? Sie hat Euch Treue gehalten bis jetzt, sie ist meine Schwester, und ich wollte sie abholen, da die Grossmutter in Siebenb?rgen gestorben, wo sie sich mit Goldwaschen ern?hrten; der Pestkordon hat mir aber den Weg abgeschnitten." Da ward Devillier ?usserst bewegt; er sagte: "Ich habe sie lange gesucht und nicht gefunden, sie hatte mir ausdr?cklich gesagt, sie werde nie einem Blanken die Hand reichen und nun auch keinem Zigeuner; nur in der Hoffnung, sie wiederzusehen, blieb ich bis jetzt in Ungarn, und ich w?rde nicht die Mittel gehabt haben, hier zu bleiben, wenn ich die alte Dame nicht geheiratet h?tte, die mir jetzt mein sch?nes G?tchen zur?ckgelassen. K?nnt Ihr mich mit Mitidika wieder zusammenbringen, so will ich sie gern heiraten und ihr alles lassen, was ich habe."--"Das ist ein nicht zu verachtender Vorschlag, Michaly", sagte der Vizegespan, "schlagt das nicht so in den Wind, Ihr habt Zeugen!" Michaly aber lachte und sprach: "Mitidika wird nicht an dem St?ckchen Erde kleben, sie wird nicht in einem gemauerten Hause gefangen sein wollen und sich um Abgaben und Zinsen zerqu?len. Wer nichts hat, hat alles; es war immer ihr Spr?chwort: "Der Himmel ist mein Hut; die Erde ist mein Schuh; das heilige Kreuz ist mein Schwert; wer mich sieht, hat mich lieb und wert.""-"Das ist echt zigeunerisch gesprochen", sagte der Vizegespan, "drum bleibt ihr auch immer vogelfreies Gesindel." Michaly nahm da seine Geige und wollte ein Lied auf die Freiheit singen, aber der Nachtw?chter blies zw?lf Uhr und mahnte die Gesellschaft zur Ruhe. Lindpeindler hatte sich mit dem Feuerwerker und der Kammerjungfer, welche durch die erwachte Neigung Devilliers f?r Mitidika sehr gekr?nkt worden war , noch eine Viertelstunde nach dem Edelhof begeben. Als sie sich der Gesellschaft empfahlen, bot Devillier der Zofe seine Begleitung an; sie sagte aber: "Ich danke, ich m?chte das werte Andenken an die unbeschreibliche Mitidika nicht st?ren." Damit machte sie einen h?hnischen Knicks und verliess die Stube mit Lindpeindler, der diese Nacht als eine der romantischsten seines Lebens pries.

Der Kroate, der Tiroler und der Savoyarde waren bereits eingeschlummert, und der Vizegespan lud Wehm?llern, der mit seiner Arbeit ziemlich fertig war, wie auch den Zigeuner und Devillier zu sich in sein Haus ein. Sie nahmen es mit Freuden an, da sie dort doch ein Bett zu erwarten hatten. Frau Tschermack, die Wirtin, ward bezahlt und schloss die T?re mit der Bitte: wenn sie l?nger hier blieben, nochmals eine so sch?ne Gesellschaft bei ihr zu halten. Vor Schlafengehen wussten Devillier und der Zigeuner den Vizegespan zu bereden, am andern Morgen den Kordon mit durchschleichen zu d?rfen, denn Michaly und Devillier sehnten sich ebenso sehr nach Mitidika, die jenseits war, als Wehm?ller nach seiner Tonerl. Sie schliefen bis zwei Uhr, da packte der Vizegespan jedem eine Jagdflinte auf, und sie zogen, als J?ger, einem Waldr?cken zu; aber kaum waren sie hundert Schritt vor dem Dorf, als sie seitw?rts bei den Kordonpiketten verwirrtes L?rmen und Schiessen h?rten und bald einen Husaren, dem das Pferd erschossen war, querfeldein laufen sahen, welcher auf das Anrufen des Vizegespans schrie: "Cordonus est ruptus cum armes in manibus a pestiferatis loci vicini, der Kordon ist mit bewaffneter Hand von den Pestkranken des benachbarten Ortes durchbrochen." Als der Vizegespan dies h?rte, liess er seine Gesellschaft im Stich und lief ?ber Hals und Kopf nach dem Dorfe zur?ck, um seine Bauern unter die Waffen zu bringen. Wehm?ller und der Zigeuner schrien: "Gott sei Dank, nun lasst uns eilen!" Devillier besann sich auch nicht lange, und sie liefen spornstreichs nach dem verlassenen Pikettfeuer hin, wo sie Bauern besch?ftigt fanden, unter grossem Geschrei das Brot und die anderen Vorr?te zu teilen, welche das Pikett zur?ckgelassen hatte. Als sie sich n?herten, kam ihnen ein Reiter entgegen und schrie: "Steht, oder ich schiesse euch nieder!" Sie standen und warfen die Waffen hinweg. Sie wurden gefragt, wer sie seien? und als sie erkl?rt: sie wollten ?ber den Kordon, und der Reiter ihre Stimmen vernommen, st?rzte er vom Pferde und fiel dem Zigeuner und Devillier wechselsweise um den Hals und schrie immer: "Michaly! Devillier! Ich bin Mitidika."

Vor Freude des Wiedersehens ganz zitternd, riss das M?dchen sie in die Erdh?tte des Piketts, wo sie dieselbe in m?nnlicher Kleidung, mit S?bel und Pistole bewaffnet, erkannten, und sie wollte eben zu erz?hlen anfangen, als sie Wehm?llern scharf ansah und zu ihm sprach: "Bist du noch immer hier, Betr?ger? Ich meinte, du seist gestern zu deiner angeblichen Frau nach Stuhlweissenburg gereist." Alle sahen bei diesen Worten auf den best?rzten Wehm?ller; dieser sperrte das Maul auf vor Verwunderung.

"Ich?" fragte er endlich, "ich, gestern zu meiner angeblichen Frau?"-"Ja, du!" sagte Mitidika, "du, der du dich Wehm?ller nennst und es nicht bist, du, der du deine Frau nicht einmal kennst."-"O, das ist um rasend zu werden!" schrie Wehm?ller, "welche tolle Beschuldigungen, und das von einer wildfremden Person, die ich niemals gesehen!"-"Unversch?mter Gesell!" schrie Mitidika; "du kenntest mich nicht! Hast du mir nicht seit mehreren Tagen mit deinen Liebesversicherungen zugesetzt? Hat der wirkliche Wehm?ller dir nicht deswegen schon ins Gesicht bewiesen: dass du Wehm?ller nicht sein k?nnest, weil der rechte Wehm?ller an niemand denkt als an sein liebes Tonerl?"--"Der rechte Wehm?ller?" schrie nun Wehm?ller, "wo haben Sie den je gesehen? Er wenigstens kennt Sie nicht."--"Kennt mich nicht?" erwiderte Mitidika, "und reist mit mir?"--"Ich werde verr?ckt!" schrie Wehm?ller, "nun ist gar noch ein dritter auf dem Tapet; wo sind die zwei andern? Geschwind, ich will sie sehn, ich will sie erw?rgen!"--"Den dritten l?gst du hinzu", versetzte Mitidika; "der echte wird nicht weit von hier sein, ich will ihn holen, da sollst du besch?mt werden!" Nun lief sie schnell zur H?tte hinaus.

Dieser Wortwechsel war so schnell und heftig und die Veranlassung so wunderbar, dass Michaly und Devillier nicht Zeit hatten, dem verbl?fften Maler zu bezeugen: dass er seit gestern in ihrer Gesellschaft sei und unm?glich der sein k?nne, welchen Mitidika kannte. Sie waren eben noch besch?ftigt, den weinenden Wehm?ller zu tr?sten, als eine ganz ?hnliche Figur wie er selbst in die H?tte trat; bei dem erloschenen Feuer war es unm?glich, jemand bestimmter zu erkennen. Kaum hatte Wehm?ller sein Ebenbild in derselben Gestalt und Kleidung erkannt, als er wie eine Furie darauf losst?rzte; der andre tat ein gleiches, und beide schrien: "Ha, ertappe ich dich bei deiner Buhlerei unter meinem ehrlichen Namen!" Sie rissen sich wie zwei H?hne herum. Devillier und Michaly brachten sie mit Gewalt auseinander, und Mitidika f?hrte den dritten Wehm?ller herein. Wie gross war die Best?rzung aller, da nun wirklich drei Wehm?ller zugegen waren. "Nein, das ist zum Verzweifeln!" rief der Wehm?ller, den Mitidika mitgebracht hatte, "da ist noch einer!"--"Herr Jesus!" schrie nun unser Wehm?ller, "Tonerl, bist du es, bist du hier, Tonerl?"--"Franzerl, lieber Franzerl!" schrie der andere, und sie sanken sich als Mann und Frau in die Arme. Da wurde es dem einen Wehm?ller, den Devillier festhielt, nicht recht wohl, und er sank vor Schreck zur Erde. Michaly sch?rte nun das Feuer wieder an, dass man sehen konnte, und Mitidika bezeugte die gr?sste Freude, dass Tonerl, die in einem ganz ?hnlichen Kleide wie ihr Mann von Stuhlweissenburg mit ihr diesem entgegengereist war, ihn endlich gefunden habe, nachdem sie zu ihrem grossen Schrecken von dem falschen Wehm?ller in dem Dorfe, das man wegen Pestverdacht eingeschlossen, sehr geplagt worden war, ohne sich ihm als Wehm?llers Weib zu entdecken, denn sie war auf einen alten Pass ihres Mannes gereist.

Sie hatten sich kaum von der ersten Freude erholt, als Mitidika sagte: "Wir m?ssen doch den falschen Wehm?ller, der die Sprache verloren hat, wieder zu sich bringen." Da aber ihr R?tteln und Sch?tteln ganz vergeblich war, sagte sie: "Ich habe ein untr?glich Mittel von der seligen Grossmutter gelernt; das Herz ist ihm gefallen, wir wollen es ihm wieder heraufziehen." Da nahm sie ein Schoppenglas und gab es Michaly nebst einem Endchen Licht--das sie am Feuer anz?ndete--und einem Scheibchen Brot. "Aha, ich weiss schon!" sagte Michaly und ?ffnete dem Ohnm?chtigen die Weste ?ber dem Magen, setzte ihm das Licht, auf der Brotscheibe befestigt, auf den Leib und st?lpte das Glas dar?ber. Das brennende Licht, welches die Luft unter dem Glas verzehrte, machte ihm den Leib wie in einem Schr?pfkopf in das Glas aufsteigen. Die ganze Gesellschaft lachte ?ber dieses zigeunerische Kunstst?ck, und der falsche Wehm?ller kam bald zu Sinnen; der echte ging auf ihn zu und sprach: "Wer sind Sie, der auf eine so unversch?mte Weise meinen Namen missbrauchte?" Da antwortete der Patient, welchen Devillier und Michaly an der Erde festhielten: "Was Guckuck habe ich auf dem Leib? Es ist, als wollten Sie mir den Magen herausreissen; tun Sie mir die vermaledeite Laterne vom Leibe, eher sage ich kein Wort; ich bin Wehm?ller und bleibe Wehm?ller!"--"Gut", sagte Mitidika, "wenn du noch nicht bei Sinnen bist, wollen wir dir etwas S?sses eingeben."-"Recht", sagte Michaly, "Katzenkot mit Honig, Zigeunertheriak." Auf dieses Rezept bekam der Patient andere Gesinnung und sprach: "Um Gottes willen, lasst mich aufstehen, ich will alles bekennen! Ich bin der Maler Froschauer von Klagenfurt. "-"Das habe ich gleich gedacht", sagte Wehm?ller, "jetzt habe ich Sie in meinen H?nden, ich kann Sie als einen Falsarius bei der Obrigkeit angeben, aber ich will grossm?tig sein, wenn Sie mir einen k?rperlichen Eid schw?ren: dass Sie auf ewige Tage resignieren, ungarische Nationalgesichter in meiner Manier zu malen."-"Das ist sehr hart", sagte Froschauer, "denn ich habe ganz darauf studiert und m?sste verhungern; den Eid kann ich nicht schw?ren."--"Er ist noch hartn?ckig!" sagte Michaly; "geschwind den Zigeunertheriak her!" Und da Mitidika sich stellte, als wolle sie ihm etwas eingeben, entschloss er sich kurz und schwor alles, was man haben wollte, worauf sie ihn losliessen und ihm die Laterne vom Leib nahmen.

Die Freude und der Mutwille ward nun allgemein; aber der Tag n?herte sich, und Mitidika rief eben die Kordonbrecher zusammen, um mit ihrem erbeuteten Proviant sich dahin zur?ckzuziehen, wo sie hergekommen waren. Aber der Vizegespan kam mit dem Kroaten, dem Feuerwerker, dem Gutsbesitzer und einigen Heiducken und Panduren herbei und brachte die freudige Nachricht, dass sie gar nicht n?tig h?tten, sich zur?ckzuziehen, denn der Kordonkommandant habe soeben bekanntgemacht: nur durch Missverst?ndnis sei das Dorf, in dem sie vierzehn Tage blockiert waren, in den Kordon eingeschlossen worden. Es solle ihnen deshalb verziehen sein, dass sie den Kordon durchbrachen, wenn sie dagegen auch keine Klage ?ber den Irrtum erheben wollten; der Kordon habe sich schon nach einer andern Richtung bewegt. Der Gutsbesitzer best?tigte dies und lud die Gesellschaft, von der ihm Baciochi, Nanny und Lindpeindler so viel Interessantes erz?hlten, s?mtlich nach seinem Edelhofe ein.

Die Bauern und Zigeuner, die unter der Anf?hrung Mitidikas den Kordon durchbrochen hatten, waren hoch erfreut ?ber diese Nachricht, dankten ihrer Anf?hrerin herzlich und kehrten singend nach ihrer Heimat zur?ck. Michaly aber nahm seine Violine und spielte lustig vor der Gesellschaft her, die dem Edelmanne folgte. Unterwegs gab es viele Aufkl?rungen und Herzensergiessungen. Devillier und Mitidika hatten ihre Neigung bald z?rtlich erneuert und gingen Arm in Arm; dann aber folgten die drei Wehm?ller, Tonerl in der Mitte, und die andern gingen hintendrein ?ber das Stoppelfeld. Mitidika sagte, dass sie Tonerl in Stuhlweissenburg kennengelernt, die, sehr bek?mmert ?ber das Ausbleiben ihres Mannes, eine Reisegesellschaft nach Kroatien gesucht, und da sie selbst, nach dem Tode ihrer Grossmutter, zu ihrem Bruder Michaly habe ziehen wollen, h?tten sie sich entschlossen, zusammen zu reisen in m?nnlicher Kleidung. Frau Tonerl sei in einem Habit ihres Mannes und sie als ungarischer Arzneih?ndler gereist, bis sie in dem Dorfe pl?tzlich von dem Kordon eingeschlossen worden seien, wo sie auch Froschauer unter dem Namen Wehm?ller ganz in derselben Kleidung vorgefunden, was die arme Tonerl nicht wenig erschreckt habe. Nach vierzehn Tagen sei die Ungeduld und der Mangel der Einwohner, die wohl Hunger, aber keine Pest gehabt, ?ber alle Grenzen gestiegen, und so habe sie sich an ihre Spitze gesetzt und den Kordon durchbrochen; das sei ihr aber gar leicht geworden, denn die Kordonisten w?ren, aus Furcht, angesteckt zu werden, gleich ausgerissen, als sie mit ihrem Haufen unter ihnen erschien.

Nun musste Froschauer erz?hlen; er war eigentlich ein guter Schelm und sagte: "Lieber Herr Wehm?ller, ich will Ihnen die Wahrheit sagen; der Spass kostet mich f?nfundzwanzig Dukaten und meine Braut. Ich bin der Maler Froschauer von Klagenfurt und liebe die Tochter eines Fleischhauers; das M?dchen aber w?hlte immer zwischen mir und einem wohlhabenden Siebmacher, der auch um sie freite. Er setzte dem Vater des M?dchens in den Kopf: es sei in den kaiserlichen Erblanden kein Maler, der eine Frau ern?hren k?nne, und der ?berhaupt Genie habe, als der Wehm?ller in Wien, der die ungarischen Nationalgesichter male, und der so und so gekleidet gehe; dabei h?rte er nicht auf, von Ihnen und Ihrer Arbeit zu reden, so dass der alte Fleischhauer und seine Tochter mir endlich erkl?rten: sie w?rden den Siebmacher vorziehen, wenn ich Ihnen in Ungarn den Rang nicht abliefe, und nun wettete ich mit dem Siebmacher: dass ich ihm in Jahr und Tag das M?dchen abtreten und noch f?nfundzwanzig Dukaten dazu geben wollte, wenn ich Ihnen den Rang nicht ablaufen k?nne. Ich reiste nach Wien und nach Ungarn, forschte nach allen Ihren Bildern und warf mich so in Ihre Manier, dass man unsre Bilder nicht mehr unterscheiden konnte. Da ich nun erfuhr, dass Sie die Reise nach Stuhlweissenburg machen w?rden, wo Sie noch nicht gewesen, und sich auf dem Gute des Grafen Giulowitsch vorbereiteten, benutzte ich die Gelegenheit, Ihnen zuvorzukommen, denn ich wusste durch einen Freund bei der Hofkriegskanzelei, dass die dortigen Regimenter verlegt werden w?rden. Mit einem Vorrate von Nationalgesichtern in einer Blechb?chse und ganz gekleidet wie Sie, machte ich mich nun als neuer Wehm?ller auf, und als ich auf der Grenze an der Maut ein P?ckchen liegen sah, an Herrn Wehm?ller, wenn er durchreist, ?berschrieben, ward es mir von dem Mautbeamten ausgeliefert. Es war dies das Bild Ihrer Gemahlin, welches sie auf ihrer Reise in einem Posthause hatte liegen lassen; ich nahm es mit, um es ihr einh?ndigen zu lassen, habe es aber vergessen dem Boten abzunehmen, der es trug, als er mich durch den Kordon brachte; denn meine Eile war gross, und ich triumphierte schon, dass ich, indem der Kordon Sie aussperrte, Ihnen gewiss zuvorkommen w?rde. Aber wie war mir zumute, da ich mich mit Ihrer Frau, als einem zweiten Wehm?ller, den ich auch nicht f?r den echten erkannte, weil er von der Malerei gar nichts verstand, eingesperrt sah; bald ward ich aber von der K?hnheit und Sch?nheit Mitidikas, die es kein Hehl hatte, dass sie eine verkleidete Jungfer sei, so hingerissen, dass ich gern auf meine Braut und Wehm?llerschaft resigniert und alles gleich eingestanden h?tte; aber Ehrgeiz und die f?nfundzwanzig Dukaten hielten mich zur?ck. Ihr Erscheinen fuhr mir aber so durch alle Glieder, dass ich die Besinnung verlor; die fatale Laterne auf dem Magen und der angedrohte Theriak haben mich g?nzlich hergestellt, und nun bleibt mir nichts ?brig, als Sie herzlich um Verzeihung zu bitten, mit dem Vorschlag: mich in Ihren Unternehmungen zum Kompagnon zu machen; Sie k?nnen meine Arbeiten untersuchen, und gehen Sie den Vorschlag ein, so glaube ich, dass wir einen solchen Vorrat von Nationalgesichtern anfertigen, dass unser Gl?ck begr?ndet ist, wenn wir redlich teilen."--"Das l?sst sich h?ren!" sagte Wehm?ller, "die ganze Geschichte macht mir jetzt Spass, und wenn ich meine Tonerl nicht so lieb h?tte, so m?chte ich, um es Ihnen wettzumachen, nach Klagenfurt reisen und Ihre Fleischerstochter und die f?nfundzwanzig Dukaten Ihnen wegschnappen, aber so geht es nicht." Da umarmte er Tonerl herzlich und ward mit Froschauer eins: dass er ihm, wenn er seine Arbeiten untersucht, ein eigenh?ndiges Attest schreiben wolle: dass er ihn in allem sich gleich achte; gew?nne er dann seine Wette, so k?nne er sein M?dchen heiraten und sich mit ihm auf gleichen Vorteil vereinigen. "Ja", sagte Tonerl, "da habe ich doch eine Gesellschaft an Frau Froschauer, wenn ihr herumzieht."

So ward der Friede gestiftet, und sie kamen auf dem Edelhofe an. Die Kammerjungfer und Lindpeindler standen unter der T?re und waren in grossem Erstaunen ?ber die drei Wehm?ller, noch mehr aber ?ber Mitidika; schnell liefen sie, der gn?digen Frau und dem jungen Baron die interessante Gesellschaft anzuk?ndigen, und diese trat, von dem Edelmann gef?hrt, in eine ger?umige Weinlaube, wo die Hausfrau bald mit einem guten Fr?hst?ck erschien und alle die Abenteuer nochmals berichtet werden mussten; der Tiroler und der Savoyarde stellten sich auch ein, und der Edelmann bat alle, bei der Weinlese ihm behilflich zu sein, was zugesagt wurde.

Am Abend, als noch viel ?ber die drei Wehm?ller gescherzt worden war, wollte Devillier der Gesellschaft eine Geschichte erz?hlen, die er selbst erlebt, und bei welcher die Verwechselung zweier Personen noch viel unterhaltender war, als der Graf Giulowitsch und Lury, sein Hofmeister, mit seinen Eleven bei dem Edelmann zum Besuch kamen; sie freuten sich ungemein, den guten Wehm?ller zu finden und die Aufkl?rung seines Abenteuers zu h?ren. Die Erz?hlung Devilliers ward aufgeschoben, aber nach dem Abendessen musste die sch?ne Mitidika all ihren Schmuck, den sie einst von Devillier empfing, anlegen; die Edeldame half ihr selbst bei ihrer Toilette, denn Nanny, die Kammerjungfer, wurde unp?sslich. So geschm?ckt trat das braune M?dchen wie eine Zauberin vor die Gesellschaft; der Tiroler breitete seine Teppiche aus, und das reizende Gesch?pf tanzte, schlug das Tambourin und sang--wozu Michaly sie begleitete--so ganz wunderbar hinreissend, dass alles vor Erstaunen versteinert war. Sie schloss ihren Tanz damit, dass sie den Teppich pl?tzlich erfasste, sich schnell in ihn einpuppte und an die Erde niederstreckte, wie damals in der H?tte. Ein lebhaftes Beifallklatschen rauschte durch den Saal; Devillier aber kniete vor ihr, weinte wie ein Kind und wurde ausgelacht; so schied die Gesellschaft f?r diesen Abend auseinander.

Die Erz?hlung, welche Devillier versprochen, eine andere des Tirolers und eine des Savoyarden unterhielten an den folgenden Tagen, und ich werde sie mitteilen, wenn ich Lust dazu habe.

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