bell notificationshomepageloginedit profileclubsdmBox

Read Ebook: Geschichte vom braven Kasperl und dem schönen Annerl by Brentano Clemens

More about this book

Font size:

Background color:

Text color:

Add to tbrJar First Page Next Page Prev Page

Ebook has 186 lines and 18614 words, and 4 pages

Der Kasper lief zu seinem Vater mit einer entsetzlichen Angst. Er stieg hinten ?ber den Gartenzaun, er h?rte die Plumpe gehen, er h?rte im Stall wiehern, das fuhr ihm durch die Seele; er stand still. Er sah im Mondschein, dass zwei M?nner sich wuschen; es wollte ihm das Herz brechen. Der eine sprach: ,Das verfluchte Zeug geht nicht herunter'; da sagte der andre: ,Komm erst in den Stall, dem Gaul den Schwanz abzuschlagen und die M?hnen zu verschneiden. Hast du das Felleisen auch tief genug unterm Mist begraben?' - ,Ja,' sagte der andre. Da gingen sie nach dem Stall, und Kasper, vor Jammer wie ein Rasender, sprang hervor und schloss die Stallt?re hinter ihnen und schrie: ,Im Namen des Herzogs! Ergebt euch! Wer sich widersetzt, den schiesse ich nieder!' Ach, da hatte er seinen Vater und seinen Stiefbruder als die R?uber seines Pferdes gefangen. ,Meine Ehre, meine Ehre ist verloren!' schrie er, ,ich bin der Sohn eines ehrlosen Diebes.' Als die beiden im Stall diese Worte h?rten, ist ihnen b?s zumute geworden; sie schrien: ,Kasper, lieber Kasper, um Gottes willen, bringe uns nicht ins Elend! Kasper, du sollst ja alles wiederhaben; um deiner seligen Mutter willen, deren Sterbetag heute ist, erbarme dich deines Vaters und Bruders!' Kasper aber war wie verzweifelt, er schrie nur immer: ,Meine Ehre, meine Pflicht!' Und da sie nun mit Gewalt die T?re erbrechen wollten und ein Fach in der Lehmwand einstossen, um zu entkommen, schoss er ein Pistol in die Luft und schrie: ,Hilfe, Hilfe, Diebe, Hilfe!' Die Bauern, von dem Gerichtshalter erweckt, welche schon herannahten, um sich ?ber die verschiedenen Wege zu bereden, auf denen sie die Einbrecher in die M?hle verfolgen wollten, st?rzten auf den Schuss und das Geschrei ins Haus. Der alte Finkel flehte immer noch, der Sohn solle ihm die T?re ?ffnen, der aber sagte: ,Ich bin ein Soldat und muss der Gerechtigkeit dienen.' Da traten der Gerichtshalter und die Bauern heran. Kasper sagte: ,Um Gottes Barmherzigkeit willen, Herr Gerichtshalter, mein Vater, mein Bruder sind selbst die Diebe, o dass ich nie geboren w?re! Hier im Stalle habe ich sie gefangen, mein Felleisen liegt im Miste vergraben.' Da sprangen die Bauern in den Stall und banden den alten Finkel und seinen Sohn und schleppten sie in ihre Stube. Kasper aber grub das Felleisen hervor und nahm die zwei Kr?nze heraus und ging nicht in die Stube, er ging nach dem Kirchhofe an das Grab seiner Mutter. Der Tag war angebrochen. Ich war auf der Wiese gewesen und hatte f?r mich und f?r Kasper zwei Kr?nze von Bl?melein Vergissnichtmein geflochten; ich dachte: er soll mit mir das Grab seiner Mutter schm?cken, wenn er von seinem Ritt zur?ckkommt. Da h?rte ich allerlei ungewohnten L?rm im Dorf, und weil ich das Get?mmel nicht mag und am liebsten alleine bin, so ging ich ums Dorf herum nach dem Kirchhof. Da fiel ein Schuss, ich sah den Dampf in die H?he steigen, ich eilte auf den Kirchhof - o du lieber Heiland, erbarme dich sein! Kasper lag tot auf dem Grabe seiner Mutter. Er hatte sich die Kugel durch das Herz geschossen, auf welches er sich das Kr?nzlein, das er f?r sch?n Annerl mitgebracht, am Knopfe befestigt hatte; durch diesen Kranz hatte er sich ins Herz geschossen. Den Kranz f?r die Mutter hatte er schon an das Kreuz befestigt. Ich meinte, die Erde t?te sich unter mir auf bei dem Anblick. Ich st?rzte ?ber ihn hin und schrie immer: ,Kasper, o du ungl?ckseliger Mensch, was hast du getan? Ach, wer hat dir denn dein Elend erz?hlt? O warum habe ich dich von mir gelassen, ehe ich dir alles gesagt! Gott, was wird dein armer Vater, dein Bruder sagen, wenn sie dich so finden!' Ich wusste nicht, dass er sich wegen diesen das Leid angetan: ich glaubte, es habe eine ganz andere Ursache. Da kam es noch ?rger. Der Gerichtshalter und die Bauern brachten den alten Finkel und seinen Sohn mit Stricken gebunden. Der Jammer erstickte mir die Stimme in der Kehle, ich konnte kein Wort sprechen. Der Gerichtshalter fragte mich, ob ich meinen Enkel nicht gesehn? Ich zeigte hin, wo er lag. Er trat zu ihm, er glaubte, er weine auf dem Grabe; er sch?ttelte ihn, da sah er das Blut niederst?rzen. ,Jesus Marie!' rief er aus, ,der Kasper hat Hand an sich gelegt.' Da sahen die beiden Gefangenen sich schrecklich an; man nahm den Leib des Kaspers und trug ihn neben ihnen her nach dem Hause des Gerichtshalters. Es war ein Wehgeschrei im ganzen Dorfe, die Bauerweiber f?hrten mich nach. Ach, das war wohl der schrecklichste Weg in meinem Leben!"

Da ward die Alte wieder still, und ich sagte zu ihr: ,,Liebe Mutter, Euer Leid ist entsetzlich, aber Gott hat Euch auch recht lieb; die er am h?rtesten schl?gt, sind seine liebsten Kinder. Sagt mir nun, liebe Mutter, was Euch bewogen hat, den weiten Weg hierherzugehen, und um was Ihr die Bittschrift einreichen wollt!"

,,Ei, das kann Er sich doch wohl denken," fuhr sie ganz ruhig fort, ,,um ein ehrliches Grab f?r Kasper und die sch?ne Annerl, der ich das Kr?nzlein zu ihrem Ehrentag mitbringe. Es ist ganz mit Kaspers Blut unterlaufen, seh Er einmal!"

Da zog sie einen kleinen Kranz von Flittergold aus ihrem B?ndel und zeigte ihn mir. Ich konnte bei dem anbrechenden Tage sehen, dass er vom Pulver geschw?rzt und mit Blut besprengt war. Ich war ganz zerrissen von dem Ungl?ck der guten Alten, und die Gr?sse und Festigkeit, womit sie es trug, erf?llte mich mit Verehrung. ,,Ach, liebe Mutter," sagte ich, ,,wie werdet Ihr der armen Annerl aber ihr Elend beibringen, dass sie gleich nicht vor Schrecken tot niedersinkt, und was ist denn das f?r ein Ehrentag, zu welchem Ihr dem Annerl den traurigen Kranz bringet?"

,,Lieber Mensch," sprach sie, ,,komme Er nur mit, Er kann mich zu ihr begleiten, ich kann doch nicht geschwind fort, so werden wir sie gerade zu rechter Zeit noch finden. Ich will Ihm unterwegs noch alles erz?hlen."

Nun stand sie auf und betete ihren Morgensegen ganz ruhig und brachte ihre Kleider in Ordnung, und ihren B?ndel h?ngte sie dann an meinen Arm. Es war zwei Uhr des Morgens, der Tag graute, und wir wandelten durch die stillen Gassen.

,,Seh Er," erz?hlte die Alte fort, ,,als der Finkel und sein Sohn eingesperrt waren, musste ich zum Gerichtshalter auf die Gerichtsstube. Der tote Kasper wurde auf einen Tisch gelegt und mit seinem Ulanenmantel bedeckt hereingetragen, und nun musste ich alles dem Gerichtshalter sagen, was ich von ihm wusste und was er mir heute morgen durch das Fenster gesagt hatte. Das schrieb er alles auf sein Papier nieder, das vor ihm lag. Dann sah er die Schreibtafel durch, die sie bei Kasper gefunden; da standen mancherlei Rechnungen drin, einige Geschichten von der Ehre und auch die von dem franz?sischen Unteroffizier, und hinter ihr war mit Bleistift etwas geschrieben." Da gab mir die Alte die Brieftasche, und ich las folgende letzte Worte des ungl?cklichen Kaspers: ,,Auch ich kann meine Schande nicht ?berleben. Mein Vater und mein Bruder sind Diebe, sie haben mich selbst bestohlen; mein Herz brach mir, aber ich musste sie gefangennehmen und den Gerichten ?bergeben, denn ich bin ein Soldat meines F?rsten, und meine Ehre erlaubt mir keine Schonung. Ich habe meinen Vater und Bruder der Rache ?bergeben um der Ehre willen. Ach! bitte doch jedermann f?r mich, dass man mir hier, wo ich gefallen bin, ein ehrliches Grab neben meiner Mutter verg?nne! Das Kr?nzlein, durch welches ich mich erschossen, soll die Grossmutter der sch?nen Annerl schicken und sie von mir gr?ssen. Ach, sie tut mir leid durch Mark und Bein, aber sie soll doch den Sohn eines Diebes nicht heiraten, denn sie hat immer viel auf Ehre gehalten. Liebe, sch?ne Annerl, m?gest Du nicht so sehr erschrecken ?ber mich! Gib Dich zufrieden, und wenn Du mir jemals ein wenig gut warst, so rede nicht schlecht von mir! Ich kann ja nichts f?r meine Schande! Ich hatte mir so viele M?he gegeben, in Ehren zu bleiben mein Leben lang, ich war schon Unteroffizier und hatte den besten Ruf bei der Schwadron, ich w?re gewiss noch einmal Offizier geworden, und Annerl, Dich h?tte ich doch nicht verlassen und h?tte keine Vornehmere gefreit - aber der Sohn eines Diebes, der seinen Vater aus Ehre selbst fangen und richten lassen muss, kann seine Schande nicht ?berleben. Annerl, liebes Annerl, nimm doch ja das Kr?nzlein, ich bin Dir immer treu gewesen, so Gott mir gn?dig sei! Ich gebe Dir nun Deine Freiheit wieder, aber tue mir die Ehre und heirate nie einen, der schlechter w?re als ich. Und wenn Du kannst, so bitte f?r mich, dass ich ein ehrliches Grab neben meiner Mutter erhalte. Und wenn Du hier in unserm Ort sterben solltest, so lasse Dich auch bei uns begraben; die gute Grossmutter wird auch zu uns kommen, da sind wir alle beisammen. Ich habe funfzig Taler in meinem Felleisen, die sollen auf Interessen gelegt werden f?r Dein erstes Kind. Meine silberne Uhr soll der Herr Pfarrer haben, wenn ich ehrlich begraben werde. Mein Pferd, die Uniform und Waffen geh?ren dem Herzog, diese meine Brieftasche geh?rt Dein. Adies, herztausender Schatz, adies, liebe Grossmutter, betet f?r mich und lebt alle wohl! - Gott erbarme sich meiner! - Ach, meine Verzweiflung ist gross!"

Ich konnte diese letzten Worte eines gewiss edeln, ungl?cklichen Menschen nicht ohne bittere Tr?nen lesen. - ,,Der Kasper muss ein gar guter Mensch gewesen sein, liebe Mutter," sagte ich zu der Alten, welche nach diesen Worten stehen blieb und meine Hand dr?ckte und mit tief bewegter Stimme sagte: ,,Ja, es war der beste Mensch auf der Welt. Aber die letzten Worte von der Verzweiflung h?tte er nicht schreiben sollen, die bringen ihn um sein ehrliches Grab, die bringen ihn auf die Anatomie. Ach, lieber Schreiber, wenn Er hierin nur helfen k?nnte."

,,Wieso, liebe Mutter?" fragte ich, ,,was k?nnen diese letzten Worte dazu beitragen?" - ,,Ja gewiss," erwiderte sie, ,,der Gerichtshalter hat es mir selbst gesagt. Es ist ein Befehl an alle Gerichte ergangen, dass nur die Selbstm?rder aus Melancholie ehrlich sollen begraben werden; alle aber, die aus Verzweiflung Hand an sich gelegt, sollen auf die Anatomie, und der Gerichtshalter hat mir gesagt, dass er den Kasper, weil er selbst seine Verzweiflung eingestanden, auf die Anatomie schicken m?sse."

,,Das ist ein wunderlich Gesetz," sagte ich, ,,denn man k?nnte wohl bei jedem Selbstmord einen Prozess anstellen, ob er aus Melancholie oder Verzweiflung entstanden, der so lange dauern m?sste, dass der Richter und die Advokaten dar?ber in Melancholie und Verzweiflung fielen und auf die Anatomie k?men. Aber seid nur getr?stet, liebe Mutter, unser Herzog ist ein so guter Herr, wenn er die ganze Sache h?rt, wird er dem armen Kasper gewiss sein Pl?tzchen neben der Mutter verg?nnen."

,,Das gebe Gott!" erwiderte die Alte, ,,sehe Er nun, lieber Mensch, als der Gerichtshalter alles zu Papier gebracht hatte, gab er mir die Brieftasche und den Kranz f?r die sch?ne Annerl, und so bin ich dann gestern hierhergelaufen, damit ich ihr an ihrem Ehrentag den Trost noch mit auf den Weg geben kann. - Der Kasper ist zu rechter Zeit gestorben; h?tte er alles gewusst, er w?re n?rrisch geworden vor Betr?bnis."

,,Was ist es denn nun mit der sch?nen Annerl?" fragte ich die Alte. ,,Bald sagt Ihr, sie habe nur noch wenige Stunden, bald sprecht Ihr von ihrem Ehrentag, und sie werde Trost gewinnen durch Eure traurige Nachricht. Sagt mir doch alles heraus, will sie Hochzeit halten mit einem andern, ist sie tot, krank? Ich muss alles wissen, damit ich es in die Bittschrift setzen kann."

Da erwiderte die Alte: ,,Ach, lieber Schreiber, es ist nun so! Gottes Wille geschehe! Sehe Er: als Kasper kam, war ich doch nicht recht froh; als Kasper sich das Leben nahm, war ich doch nicht recht traurig; ich h?tte es nicht ?berleben k?nnen, wenn Gott sich meiner nicht erbarmt gehabt h?tte mit gr?sserem Leid. Ja, ich sage Ihm: es war mir ein Stein vor das Herz gelegt, wie ein Eisbrecher, und alle die Schmerzen, die wie Grundeis gegen mich st?rzten und mir das Herz gewiss abgestossen h?tten, die zerbrachen an diesem Stein und trieben kalt vor?ber. Ich will Ihm etwas erz?hlen, das ist betr?bt.

Als mein Patchen, die sch?ne Annerl, ihre Mutter verlor, die eine Base von mir war und sieben Meilen von uns wohnte, war ich bei der kranken Frau. Sie war die Witwe eines armen Bauern und hatte in ihrer Jugend einen J?ger liebgehabt, ihn aber wegen seines wilden Lebens nicht genommen. Der J?ger war endlich in solch Elend gekommen, dass er auf Tod und Leben wegen eines Mordes gefangen sass. Das erfuhr meine Base auf ihrem Krankenlager, und es tat ihr so weh, dass sie t?glich schlimmer wurde und endlich in ihrer Todesstunde, als sie mir die liebe, sch?ne Annerl als mein Patchen ?bergab und Abschied von mir nahm, noch in den letzten Augenblicken zu mir sagte: ,Liebe Anne Margret, wenn du durch das St?dtchen k?mmst, wo der arme J?rge gefangen liegt, so lasse ihm sagen durch den Gefangenw?rter, dass ich ihn bitte auf meinem Todesbett, er solle sich zu Gott bekehren, und dass ich herzlich f?r ihn gebetet habe in meiner letzten Stunde, und dass ich ihn sch?n gr?ssen lasse.' - Bald nach diesen Worten starb die gute Base, und als sie begraben war, nahm ich die kleine Annerl, die drei Jahre alt war, auf den Arm und ging mit ihr nach Haus.

Vor dem St?dtchen, durch das ich musste, kam ich an der Scharfrichterei vor?ber, und weil der Meister ber?hmt war als ein Viehdoktor, sollte ich einige Arznei mitnehmen f?r unsern Schulzen. Ich trat in die Stube und sagte dem Meister, was ich wollte, und er antwortete, dass ich ihm auf den Boden folgen solle, wo er die Kr?uter liegen habe, und ihm helfen aussuchen. Ich liess Annerl in der Stube und folgte ihm. Als wir zur?ck in die Stube traten, stand Annerl vor einem kleinen Schranke, der an der Wand befestigt war, und sprach: ,Grossmutter, da ist eine Maus drin, h?rt, wie es klappert, da ist eine Maus drin!'

Auf diese Rede des Kindes machte der Meister ein sehr ernsthaftes Gesicht, riss den Schrank auf und sprach: ,Gott sei uns gn?dig!' denn er sah sein Richtschwert, das allein in dem Schranke an einem Nagel hing, hin und her wanken. Er nahm das Schwert herunter, und mir schauderte. ,Liebe Frau,' sagte er, ,wenn Ihr das kleine, liebe Annerl lieb habt, so erschreckt nicht, wenn ich ihm mit meinem Schwert rings um das H?lschen die Haut ein wenig aufritze: denn das Schwert hat vor ihm gewankt, es hat nach seinem Blut verlangt, und wenn ich ihm den Hals damit nicht ritze, so steht dem Kinde gross Elend im Leben bevor.' Da fasste er das Kind, welches entsetzlich zu schreien begann, ich schrie auch und riss das Annerl zur?ck. Indem trat der B?rgermeister des St?dtchens herein, der von der Jagd kam und dem Richter einen kranken Hund zur Heilung bringen wollte. Er fragte nach der Ursache des Geschreis. Annerl schrie: ,Er will mich umbringen!' Ich war ausser mir vor Entsetzen. Der Richter erz?hlte dem B?rgermeister das Ereignis. Dieser verwies ihm seinen Aberglauben, wie er es nannte, heftig und unter scharfen Drohungen. Der Richter blieb ganz ruhig dabei und sprach: ,So habens meine V?ter gehalten, so halt ichs.' Da sprach der B?rgermeister: ,Meister Franz, wenn Ihr glaubtet, Euer Schwert habe sich ger?hrt, weil ich Euch hiermit anzeige, dass morgen fr?h um sechs Uhr der J?ger J?rge von Euch soll gek?pft werden, so wollt ich es noch verzeihen; aber dass Ihr daraus etwas auf dies liebe Kind schliessen wollt, das ist unvern?nftig und toll. Es k?nnte so etwas einen Menschen in Verzweiflung bringen, wenn man es ihm sp?ter in seinem Alter sagte, dass es ihm in seiner Jugend geschehen sei. Man soll keinen Menschen in Versuchung f?hren.' - ,Aber auch keines Richters Schwert,' sagte Meister Franz vor sich und hing sein Schwert wieder in den Schrank. Nun k?sste der B?rgermeister das Annerl und gab ihm eine Semmel aus seiner Jagdtasche, und da er mich gefragt, wer ich sei, wo ich herkomme und hinwolle, und ich ihm den Tod meiner Base erz?hlt hatte und auch den Auftrag an den J?ger J?rge, sagte er mir: ,Ihr sollt ihn ausrichten, ich will Euch selbst zu ihm f?hren. Er hat ein hartes Herz, vielleicht wird ihn das Andenken einer guten Sterbenden in seinen letzten Stunden r?hren.' Da nahm der gute Herr mich und Annerl auf seinen Wagen, der vor der T?r hielt, und fuhr mit uns in das St?dtchen hinein.

Er hiess mich zu seiner K?chin gehn; da kriegten wir gutes Essen, und gegen Abend ging er mit mir zu dem armen S?nder. Und als ich dem die letzten Worte meiner Base erz?hlte, fing er bitterlich an zu weinen und schrie: ,Ach Gott! wenn sie mein Weib geworden, w?re es nicht so weit mit mir gekommen.' Dann begehrte er, man solle den Herrn Pfarrer doch noch einmal zu ihm bitten, er wolle mit ihm beten. Das versprach ihm der B?rgermeister und lobte ihn wegen seiner Sinnesver?nderung und fragte ihn, ob er vor seinem Tode noch einen Wunsch h?tte, den er ihm erf?llen k?nne. Da sagte der J?ger J?rge: ,Ach, bittet hier die gute alte Mutter, dass sie doch morgen mit dem T?chterlein ihrer seligen Base bei meinem Rechte zugegen sein m?gen, das wird mir das Herz st?rken in meiner letzten Stunde.' Da bat mich der B?rgermeister, und so graulich es mir war, so konnte ich es dem armen, elenden Menschen nicht abschlagen. Ich musste ihm die Hand geben und es ihm feierlich versprechen, und er sank weinend auf das Stroh. Der B?rgermeister ging dann mit mir zu seinem Freunde, dem Pfarrer, dem ich nochmals alles erz?hlen musste, ehe er sich ins Gef?ngnis begab.

Die Nacht musste ich mit dem Kinde in des B?rgermeisters Haus schlafen, und am andern Morgen ging ich den schweren Gang zur Hinrichtung des J?gers J?rge. Ich stand neben dem B?rgermeister im Kreis und sah, wie er das St?blein brach. Da hielt der J?ger J?rge noch eine sch?ne Rede, und alle Leute weinten, und er sah mich und die kleine Annerl, die vor mir stand, gar beweglich an, und dann k?sste er den Meister Franz, der Pfarrer betete mit ihm, die Augen wurden ihm verbunden, und er kniete nieder. Da gab ihm der Richter den Todesstreich. ,Jesus, Maria, Josef!' schrie ich aus; denn der Kopf des J?rgen flog gegen Annerl zu und biss mit seinen Z?hnen dem Kinde in sein R?ckchen, das ganz entsetzlich schrie. Ich riss meine Sch?rze vom Leibe und warf sie ?ber den scheusslichen Kopf, und Meister Franz eilte herbei, riss ihn los und sprach: ,Mutter, Mutter, was habe ich gestern gesagt? Ich kenne mein Schwert, es ist lebendig!' - Ich war niedergesunken vor Schreck, das Annerl schrie entsetzlich. Der B?rgermeister war ganz best?rzt und liess mich und das Kind nach seinem Hause fahren. Da schenkte mir seine Frau andre Kleider f?r mich und das Kind, und nachmittag schenkte uns der B?rgermeister noch Geld, und viele Leute des St?dtchens auch, die Annerl sehen wollten, so dass ich an zwanzig Taler und viele Kleider f?r sie bekam. Am Abend kam der Pfarrer ins Haus und redete mir lange zu, dass ich das Annerl nur recht in der Gottesfurcht erziehen sollte und auf alle die betr?bten Zeichen gar nichts geben, das seien nur Schlingen des Satans, die man verachten m?sse, und dann schenkte er mir noch eine sch?ne Bibel f?r das Annerl, die sie noch hat; und dann liess uns der gute B?rgermeister am andern Morgen noch an drei Meilen weit nach Haus fahren. Ach, du mein Gott, und alles ist doch eingetroffen!" sagte die Alte und schwieg.

Eine schauerliche Ahnung ergriff mich, die Erz?hlung der Alten hatte mich ganz zermalmt. ,,Um Gottes willen, Mutter!" rief ich aus, ,,was ist es mit der armen Annerl geworden, ist denn gar nicht zu helfen?"

,,Es hat sie mit den Z?hnen dazu gerissen!" sagte die Alte. ,,Heut wird sie gerichtet; aber sie hat es in der Verzweiflung getan, die Ehre, die Ehre lag ihr im Sinn. Sie war zu Schanden gekommen aus Ehrsucht, sie wurde verf?hrt von einem Vornehmen, er hat sie sitzen lassen, sie hat ihr Kind erstickt in derselben Sch?rze, die ich damals ?ber den Kopf des J?gers J?rge warf und die sie mir heimlich entwendet hat. Ach, es hat sie mit Z?hnen dazu gerissen, sie hat es in der Verwirrung getan. Der Verf?hrer hatte ihr die Ehe versprochen und gesagt, der Kasper sei in Frankreich geblieben. Dann ist sie verzweifelt und hat das B?se getan und hat sich selbst bei den Gerichten angegeben. Um vier Uhr wird sie gerichtet. Sie hat mir geschrieben, ich m?chte noch zu ihr kommen; das will ich nun tun und ihr das Kr?nzlein und den Gruss von dem armen Kasper bringen, und die Rose, die ich heut nacht erhalten, das wird sie tr?sten. Ach, lieber Schreiber, wenn Er es nur in der Bittschrift auswirken kann, dass ihr Leib und auch der Kasper d?rfen auf unsern Kirchhof gebracht werden."

,,Alles, alles will ich versuchen!" rief ich aus. ,,Gleich will ich nach dem Schlosse laufen; mein Freund, der Ihr die Rose gab, hat die Wache dort, er soll mir den Herzog wecken. Ich will vor sein Bett knien und ihn um Pardon f?r Annerl bitten."

,,Pardon?" sagte die Alte kalt. ,,Es hat sie ja mit Z?hnen dazu gezogen; h?r Er, lieber Freund, Gerechtigkeit ist besser als Pardon; was hilft aller Pardon auf Erden? Wir m?ssen doch alle vor das Gericht:

Ihr Toten, ihr Toten sollt auferstehn, Ihr sollt vor das J?ngste Gerichte gehn.

Seht, sie will keinen Pardon, man hat ihn ihr angeboten, wenn sie den Vater des Kindes nennen wolle. Aber das Annerl hat gesagt: ,Ich habe sein Kind ermordet und will sterben und ihn nicht ungl?cklich machen; ich muss meine Strafe leiden, dass ich zu meinem Kinde komme, aber ihn kann es verderben, wenn ich ihn nenne.' Dar?ber wurde ihr das Schwert zuerkannt. Gehe Er zum Herzog und bitte Er f?r Kasper und Annerl um ein ehrlich Grab! Gehe Er gleich! Seh Er, dort geht der Herr Pfarrer ins Gef?ngnis; ich will ihn ansprechen, dass er mich mit hinein zum sch?nen Annerl nimmt. Wenn Er sich eilt, so kann Er uns draussen am Gerichte vielleicht den Trost noch bringen mit dem ehrlichen Grab f?r Kasper und Annerl."

Unter diesen Worten waren wir mit dem Prediger zusammengetroffen. Die Alte erz?hlte ihr Verh?ltnis zu der Gefangenen, und er nahm sie freundlich mit zum Gef?ngnis. Ich aber eilte nun, wie ich noch nie gelaufen, nach dem Schlosse, und es machte mir einen tr?stenden Eindruck, es war mir wie ein Zeichen der Hoffnung, als ich an Graf Grossingers Hause vor?berst?rzte und aus einem offnen Fenster des Gartenhauses eine liebliche Stimme zur Laute singen h?rte:

,,Die Gnade sprach von Liebe, Die Ehre aber wacht Und w?nscht voll Lieb der Gnade In Ehren gute Nacht.

Die Gnade nimmt den Schleier, Wenn Liebe Rosen gibt, Die Ehre gr?sst den Freier, Weil sie die Gnade liebt."

Ach, ich hatte der guten Wahrzeichen noch mehr: einhundert Schritte weiter fand ich einen weissen Schleier auf der Strasse liegend; ich raffte ihn auf, er war voll von duftenden Rosen. Ich hielt ihn in der Hand und lief weiter mit dem Gedanken: ,,Ach Gott, das ist die Gnade." Als ich um die Ecke bog, sah ich einen Mann, der sich in seinem Mantel verh?llte, als ich vor ihm vor?bereilte, und mir heftig den R?cken wandte, um nicht gesehen zu werden. Er h?tte es nicht n?tig gehabt, ich sah und h?rte nichts in meinem Innern als: Gnade, Gnade! und st?rzte durch das Gittertor in den Schlosshof. Gott sei Dank, der F?hndrich Graf Grossinger, der unter den bl?henden Kastanienb?umen vor der Wache auf und ab ging, trat mir schon entgegen.

,,Lieber Graf," sagte ich mit Ungest?m, ,,Sie m?ssen mich gleich zum Herzog bringen, gleich auf der Stelle, oder alles ist zu sp?t, alles ist verloren!"

Er schien verlegen ?ber diesen Antrag und sagte: ,,Was f?llt Ihnen ein, zu dieser ungewohnten Stunde? Es ist nicht m?glich. Kommen Sie zur Parade, da will ich Sie vorstellen."

Mir brannte der Boden unter den F?ssen. ,,Jetzt," rief ich aus, ,,oder nie! Es muss sein! Es betrifft das Leben eines Menschen."

,,Es kann jetzt nicht sein," erwiderte Grossinger scharf absprechend. ,,Es betrifft meine Ehre; es ist mir untersagt, heute nacht irgendeine Meldung zu tun."

Das Wort Ehre machte mich verzweifeln. Ich dachte an Kaspers Ehre, an Annerls Ehre und sagte: ,,Die vermaledeite Ehre! Gerade um die letzte Hilfe zu leisten, welche so eine Ehre ?briggelassen, muss ich zum Herzoge. Sie m?ssen mich melden, oder ich schreie laut nach dem Herzog."

,,So Sie sich r?hren," sagte Grossinger heftig, ,,lasse ich Sie in die Wache werfen. Sie sind ein Phantast, Sie kennen keine Verh?ltnisse."

,,O, ich kenne Verh?ltnisse, schreckliche Verh?ltnisse! Ich muss zum Herzoge, jede Minute ist unerkauflich!" versetzte ich. ,,Wollen Sie mich nicht gleich melden, so eile ich allein zu ihm."

Mit diesen Worten wollte ich nach der Treppe, die zu den Gem?chern des Herzogs hinauff?hrte, als ich den n?mlichen in einen Mantel Verh?llten, der mir begegnete, nach dieser Treppe eilend bemerkte. Grossinger drehte mich mit Gewalt um, dass ich diesen nicht sehen sollte. ,,Was machen Sie, T?riger?" fl?sterte er mir zu, ,,schweigen Sie, ruhen Sie! Sie machen mich ungl?cklich."

,,Warum halten Sie den Mann nicht zur?ck, der da hinaufging?" sagte ich. ,,Er kann nichts Dringenderes vorzubringen haben als ich. Ach, es ist so dringend, ich muss, ich muss! Es betrifft das Schicksal eines ungl?cklichen, verf?hrten armen Gesch?pfs."

Da erleuchteten sich die Fenster des Herzogs. ,,Gott, er hat Licht, er ist auf!" sagte ich. ,,Ich muss ihn sprechen, um des Himmels willen lassen Sie mich, oder ich schreie Hilfe!"

Grossinger fasste mich beim Arm und sagte: ,,Sie sind betrunken, kommen Sie in die Wache. Ich bin Ihr Freund, schlafen Sie aus und sagen Sie mir das Lied, das die Alte heut nacht an der T?re sang, als ich die Runde vor?berf?hrte; das Lied interessiert mich sehr."

,,Gerade wegen der Alten und den Ihrigen muss ich mit dem Herzoge sprechen!" rief ich aus.

,,Wegen der Alten?" versetzte Grossinger. ,,Wegen der sprechen Sie mit mir, die grossen Herrn haben keinen Sinn f?r so etwas. Geschwind kommen Sie nach der Wache."

Er wollte mich fortziehen, da schlug die Schlossuhr halb vier. Der Klang schnitt mir wie ein Schrei der Not durch die Seele, und ich schrie aus voller Brust zu den Fenstern des Herzogs hinauf:

,,Hilfe! um Gottes willen Hilfe f?r ein elendes, verf?hrtes Gesch?pf!" Da ward Grossinger wie unsinnig. Er wollte mir den Mund zuhalten, aber ich rang mit ihm; er stiess mich in den Nacken, er schimpfte; ich f?hlte, ich h?rte nichts. Er rief nach der Wache; der Korporal eilte mit etlichen Soldaten herbei, mich zu greifen. Aber in dem Augenblick ging des Herzogs Fenster auf, und es rief herunter:

,,F?hndrich Graf Grossinger, was ist das f?r ein Skandal? Bringen Sie den Menschen herauf, gleich auf der Stelle!"

Ich wartete nicht auf den F?hndrich; ich st?rzte die Treppe hinauf, ich fiel nieder zu den F?ssen des Herzogs, der mich betroffen und unwillig aufstehen hiess. Er hatte Stiefel und Sporen an und doch einen Schlafrock, den er sorgf?ltig ?ber der Brust zusammenhielt.

Ich trug dem Herzoge alles, was mir die Alte von dem Selbstmorde des Ulans, von der Geschichte der sch?nen Annerl erz?hlt hatte, so gedr?ngt vor, als es die Not erforderte, und flehte ihn wenigstens um den Aufschub der Hinrichtung auf wenige Stunden und um ein ehrliches Grab f?r die beiden Ungl?cklichen an, wenn Gnade unm?glich sei. - ,,Ach, Gnade, Gnade!" rief ich aus, indem ich den gefundenen weissen Schleier voll Rosen aus dem Busen zog, ,,dieser Schleier, den ich auf meinem Wege hierher gefunden, schien mir Gnade zu verheissen."

Der Herzog griff mit Ungest?m nach dem Schleier und war heftig bewegt; er dr?ckte den Schleier in seinen H?nden, und als ich die Worte aussprach: ,,Euer Durchlaucht! Dieses arme M?dchen ist ein Opfer falscher Ehrsucht; ein Vornehmer hat sie verf?hrt und ihr die Ehe versprochen. Ach, sie ist so gut, dass sie lieber sterben will, als ihn nennen" - da unterbrach mich der Herzog mit Tr?nen in den Augen und sagte: ,,Schweigen Sie, ums Himmels willen schweigen Sie!" - Und nun wendete er sich zu dem F?hndrich, der an der T?re stand, und sagte mit dringender Eile: ,,Fort, eilend zu Pferde mit diesem Menschen hier; reiten Sie das Pferd tot; nur nach dem Gerichte hin; heften Sie diesen Schleier an Ihren Degen, winken und schreien Sie: ,Gnade, Gnade!' Ich komme nach."

Grossinger nahm den Schleier. Er war ganz verwandelt, er sah aus wie ein Gespenst vor Angst und Eile. Wir st?rzten in den Stall, sassen zu Pferde und ritten im Galopp; er st?rmte wie ein Wahnsinniger zum Tore hinaus. Als er den Schleier an seine Degenspitze heftete, schrie er: ,,Herr Jesus, meine Schwester!" Ich verstand nicht, was er wollte. Er stand hoch im B?gel und wehte und schrie: ,,Gnade, Gnade!" Wir sahen auf dem H?gel die Menge um das Gericht versammelt. Mein Pferd scheute vor dem wehenden Tuch. Ich bin ein schlechter Reiter, ich konnte den Grossinger nicht einholen; er flog im schnellsten Karriere, ich strengte alle Kr?fte an. Trauriges Schicksal! Die Artillerie exerzierte in der N?he; der Kanonendonner machte es unm?glich, unser Geschrei aus der Ferne zu h?ren. Grossinger st?rzte, das Volk stob auseinander, ich sah in den Kreis, ich sah einen Stahlblitz in der fr?hen Sonne - ach Gott, es war der Schwertblitz des Richters! - Ich sprengte heran, ich h?rte das Wehklagen der Menge. ,,Pardon, Pardon!" schrie Grossinger und st?rzte mit wehendem Schleier durch den Kreis wie ein Rasender. Aber der Richter hielt ihm das blutende Haupt der sch?nen Annerl entgegen, das ihn wehm?tig anl?chelte. Da schrie er: ,,Gott sei mir gn?dig!" und fiel auf die Leiche hin zur Erde. ,,T?tet mich, t?tet mich, ihr Menschen! Ich habe sie verf?hrt, ich bin ihr M?rder!"

Eine r?chende Wut ergriff die Menge. Die Weiber und Jungfrauen drangen heran und rissen ihn von der Leiche und traten ihn mit F?ssen, er wehrte sich nicht; die Wachen konnten das w?tende Volk nicht b?ndigen. Da erhob sich das Geschrei: ,,Der Herzog, der Herzog!" - Er kam im offnen Wagen gefahren; ein blutjunger Mensch, den Hut tief ins Gesicht gedr?ckt, in einen Mantel geh?llt, sass neben ihm. Die Menschen schleifen Grossinger herbei. ,,Jesus, mein Bruder!" schrie der junge Offizier mit der weiblichsten Stimme aus dem Wagen. Der Herzog sprach best?rzt zu ihm: ,,Schweigen Sie!" Er sprang aus dem Wagen, der junge Mensch wollte folgen; der Herzog dr?ngte ihn schier unsanft zur?ck; aber so bef?rderte sich die Entdeckung, dass der junge Mensch die als Offizier verkleidete Schwester Grossingers sei. Der Herzog liess den misshandelten, blutenden, ohnm?chtigen Grossinger in den Wagen legen, die Schwester nahm keine R?cksicht mehr, sie warf ihren Mantel ?ber ihn. Jedermann sah sie in weiblicher Kleidung. Der Herzog war verlegen, aber er sammelte sich und befahl, den Wagen sogleich umzuwenden und die Gr?fin mit ihrem Bruder nach ihrer Wohnung zu fahren. Dieses Ereignis hatte die Wut der Menge einigermassen gestillt. Der Herzog sagte laut zu dem wachthabenden Offizier: ,,Die Gr?fin Grossinger hat ihren Bruder an ihrem Hause vorbeireiten sehen, den Pardon zu bringen, und wollte diesem freudigen Ereignis beiwohnen; als ich zu demselben Zwecke vor?berfuhr, stand sie am Fenster und bat mich, sie in meinem Wagen mitzunehmen; ich konnte es dem gutm?tigen Kinde nicht abschlagen. Sie nahm einen Mantel und Hut ihres Bruders, um kein Aufsehen zu erregen, und hat, von dem ungl?cklichen Zufall ?berrascht, die Sache gerade dadurch zu einem abenteuerlichen Skandal gemacht. Aber wie konnten Sie, Herr Leutnant, den ungl?cklichen Grafen Grossinger nicht vor dem P?bel sch?tzen? Es ist ein gr?sslicher Fall: dass er, mit dem Pferde st?rzend, zu sp?t kam; er kann doch aber nichts daf?r. Ich will die Misshandler des Grafen verhaftet und bestraft wissen."

Auf diese Rede des Herzogs erhob sich ein allgemeines Geschrei: ,,Er ist ein Schurke, er ist der Verf?hrer, der M?rder der sch?nen Annerl gewesen; er hat es selbst gesagt, der elende, der schlechte Kerl!"

Als dies von allen Seiten hert?nte und auch der Prediger und der Offizier und die Gerichtspersonen es best?tigten, war der Herzog so tief ersch?ttert, dass er nichts sagte als: ,,Entsetzlich, entsetzlich, o der elende Mensch!"

Add to tbrJar First Page Next Page Prev Page

 

Back to top