Read Ebook: Das Geschlechtsleben in der Deutschen Vergangenheit by Bauer Max
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Ebook has 830 lines and 68124 words, and 17 pages
Ein Verzeichnis der vorgenommenen ?nderungen befindet sich am Ende des Textes.
DAS
GESCHLECHTSLEBEN
IN DER
DEUTSCHEN VERGANGENHEIT
VON
MAX BAUER
LEIPZIG 1902 HERMANN SEEMANN NACHFOLGER
Alle Rechte vom Verleger vorbehalten!
Zum Geleit.
Einen kurzen, nur die behandelten Themen ersch?pfenden Abriss des Geschlechtslebens der deutschen Vorzeit zu geben, ist der Zweck der vorliegenden Arbeit, die kein Lehrbuch, sondern haupts?chlich eine auf wissenschaftlicher Grundlage fussende Abhandlung ?ber eine Materie sein will, der alle f?r jung und alt geschriebenen Kulturgeschichten ?ngstlich aus dem Wege gehen.
F?r den ernsten Laien ist mein Werkchen bestimmt, f?r den gebildeten Mann und die reife, denkende Frau, denen es >>ein herrliches Erg?tzen, sich in den Geist der Zeiten zu versetzen<<, auch dann, wenn dieser Geist d?stere Bilder zeitigt, auf die unsere vielgeschm?hte Gegenwart mit Schaudern zur?ckblickt.
Manch kerniges Wort ist in den nachfolgenden Bl?ttern gesprochen, doch nur, wenn es der Stoff erforderte. Gar mancher wird sich darob entsetzen und entr?sten, aber: >>Niemand l?gt so viel, als der Entr?stete,<< sagt Friedrich Nietzsche -- und ich glaube, er hat recht!
#Friedenau#, September 1902.
+Max Bauer.+
INHALT.
Seite
Das fr?he Mittelalter 1
Das Leben auf dem Dorfe 51
Die Kl?ster 74
Beilager und Ehe 89
Die feile Liebe 133
Das Badewesen 215
Tanz und Spiel 265
Das Sch?nheitsideal 304
Die Kleidung 318
Liebeszauber und Zauberliebe 339
Das fr?he Mittelalter.
An einer dem Urwalde abgerungenen Stelle, die ein B?chlein durchrieselt, dessen Ufer Blumen schm?cken und Weiden beschirmen, liegt das Geh?ft des Germanen. Wiesen mit vereinzelten B?umen und Felder von bescheidener Ausdehnung, bestellt mit der Brotfrucht oder Gerste, um den Trank des Hausherrn daraus zu brauen, oder dem gelbbl?henden Hanf, aus dessen F?den die Hausfrau manch Gewand zu wirken weiss, umschliessen die Baulichkeiten bis an die Grenze des Waldes hin, dessen breit?stige Riesen ihre Schatten auf die wogenden Halme werfen. Waldesn?he war Notwendigkeit f?r den Urdeutschen, denn der gewaltige Wald war geradezu Lebensbedingung f?r ihn. Aus seinen St?mmen zimmerte er das kunstlose, schirmende Dach; seine harzreichen ?ste und das Reisig gaben der fensterlosen Halle Licht und W?rme im rauhen Herbste; die aus Waldesst?mmen geschnittenen Pallisaden und der aus biegsamen Zweigen geflochtene Zaun hielten das Raubzeug von dem Einbruch in des Herrn Herden ab, wenn Schnee und Eis die Erde deckte und der Hunger die Tiere den menschlichen Behausungen zutrieb. Die aus seinen Scheiten gen?hrten Essen verfl?ssigten das Erz, aus dem der Germane die Schutz- und Trutzwaffen schmiedete, wie die Werkzeuge f?r das Feld: Sichel und Sense. Im Waldesdickicht barg sich das Wild: Hirsch, Reh, Elen, Ur, das Schwarzwild, Meister Petz und anderes Getier, dessen Jagd des Mannes Herzensfreude war, und das ihn und die Seinen mit Fleisch und w?rmendem Rauchwerk zur Kleidung versorgte. Aus Waldesd?ster stieg vom Opfersteine der Rauch gen Walhalla auf; an entlegenen, schwer zug?nglichen Stellen hauste einsam die Seherin, >>die weit und breit f?r ein g?ttliches Wesen galt<<, durch dessen Mund die G?tter in seltsam gef?gter Rede sprachen, ihren Willen kundgaben, lobten oder tadelten, verhiessen oder verdammten, die Prophetin, verehrter als der Oberpriester, als der erkorene Herr und F?hrer in Frieden und Kampf, sie #das heilige Weib#!
Tacitus, Germania, ? 8.
Denn >>der Germane schreibt dem Weibe eine gewisse Heiligkeit und prophetische Gabe zu<<. Darum war ihm auch heilig die Frau, die er an seinen Herd genommen, heilig das Weib des Nachbarn und unantastbar, wie die eigenen T?chter. Nur den Feind traf er t?dlich damit, dass er nach erfochtenem Sieg dessen Weiber seinen L?sten opferte. >>Die frouwen sie n?tzogeten, Und die megde wol getan<< heisst es noch Jahrhunderte sp?ter von den Weibern einer erst?rmten Stadt. Aber auch das Gegenteil l?sst sich bezeugen. Als K?nig Rudolf 925 die Stadt Auga erst?rmte, in die sich die Normannen unter Rallo geworfen hatten, wurden alle M?nner niedergemacht, die Frauen aber unber?hrt gelassen. Gleiche Schonung hatte fr?her Totila den Neapolitanerinnen und R?merinnen bewiesen, und als ein vornehmer Gote sich eine Ungeb?hrlichkeit gegen ein neapolitanisches M?dchen erlaubt hatte, liess er ihn trotz allgemeiner Verwendung hinrichten und sein Verm?gen jenem M?dchen geben. Also auch im Kriege bewahrten deutsche St?mme die Achtung vor den Frauen.
Tacitus a. a. O. ? 8.
Dem Germanen, dem rauhen Sohne eines unwirtlichen Landes, galt eben sein Weib als die Gef?hrtin seines Lebens, eins mit ihm in Freud und Leid, die f?r ihn schaffte, f?r ihn sorgte, ihn pflegte, wenn er siech darniederlag, seine Wunden verband und sie mit geheimnisvollen Spr?chen zu heilen suchte; die er daf?r mit seinem Leibe sch?tzte, f?r die er starb, wenn es das Geschick erforderte, gleichwie sie selbst den Tod der Ehrlosigkeit vorzog. Ihre Gemeinschaft war ernst und unverbr?chlich, kein loses Spiel, wie bei vielen kulturell h?her stehenden V?lkern jener Epoche, die in der Frau nur den Gegenstand zur Befriedigung der L?ste, oder die tief unter dem Manne stehende Sklavin, im g?nstigsten Falle das zur Fortpflanzung n?tige Werkzeug sahen. Nimmt es da wunder, wenn #Cornelius Tacitus#, der erste, dem wir sichere Kunde von germanischen Sitten und Gebr?uchen verdanken, der elegante R?mer, das leichtlebige Kind der Weltkloake Roma mit ihren marklosen M?nnern, ihren entarteten Weibern, bei denen der Ehebruch zum guten Ton geh?rte, deren abgestumpfte Nerven nur die raffinierteste Wollust reizte, in Germanien und der unverf?lschten Nat?rlichkeit seiner Eingeborenen eine neue Welt, ein Utopien zu sehen glaubte, das er seinen Landsleuten nicht genug preisen konnte. >>So lebt denn das Weib dahin, unter der Obhut reiner Sitten, nicht verderbt vom Sinnenreiz l?sterner Theaterst?cke, noch durch wollustreizende Gelage. Geheimen Verkehr durch Briefe kennt weder Mann noch Frau. Ehebruch ist unter diesem doch so zahlreichen Volke ?usserst selten. Seine Bestrafung ist schnell, und dem Ehemanne ?berlassen. Mit abgeschnittenem Haar, nackt, und in Gegenwart der Verwandten, st?sst der Gatte die Schuldige zum Hause hinaus und peitscht sie durch das ganze Dorf. Auch die preisgegebene Jungfr?ulichkeit findet keine Verzeihung. Nicht Sch?nheit, noch Jugend, noch Reichtum gewinnt ihr einen Mann. Denn dort freilich lacht niemand des Lasters; verf?hren und verf?hrt werden nennt man nicht Zeitgeist. Besser, wenigstens bis jetzt noch, steht es mit einem Lande, wo nur Jungfrauen in die Ehe treten und wo es mit der Hoffnung und dem Gel?bde der Gattin ein f?r allemal abgethan ist. So erhalten sie nur den einen Gatten, gleichwie sie Leib und Leben nur einmal empfingen, damit in Zukunft kein Gedanke ?ber ihn hinaus, kein weiteres Gel?bde sich rege, damit Liebe nicht sowohl zum Ehemanne, als zum Ehebunde sie beseele.<<
Tacitus a. a. O. ? 19.
Nur das reine Weib hatte Geltung bei den Germanen. Der auf uralten Rechtsgrunds?tzen sich aufbauende Sachsenspiegel, das s?chsische Landrecht, niedergeschrieben im 13. Jahrhundert, vertritt die Anschauung, dass ein einmal gefallenes Weib, selbst wenn sie wider ihren Willen ihre Ehre verloren, nie wieder die Rechte eines reinen M?dchens erlangen k?nne. Da den germanischen J?nglingen strenge Gesetze die Keuschheit bis zur vollendeten M?nnlichkeit zur Pflicht machten -- der Umgang mit Weibern galt f?r den jungen Mann vor Vollendung des 20. Lebensjahres f?r eine Schmach -- ebenso wie den M?dchen, so war der Unmoral nur ein enger Spielraum gegeben. Sexuelle Ausschreitungen kamen wohl vor, doch d?rften sie immerhin als Ausnahmen zu betrachten sein.
Der 37. Artikel: Wer eines Mannes ehelich Weib ?ffentlich behuret, oder sonst ein Weib oder Magd notz?get, nimpt er sie darnach zur Ehe, eheliche Kinder gewinnet er nimmermehr bey ihr.
Mit der Errichtung von befestigten D?rfern, den Vorl?ufern der deutschen St?dte, dem engeren Aneinanderr?cken urspr?nglich weit voneinander abgelegener Anwesen und dem Eindringen fremder oder aus der Fremde wieder heimgekehrter Elemente, vollzog sich allm?hlich eine Sittenwandlung zum schlechteren, die aber vorderhand noch nicht bis zum h?uslichen Herde vordrang. Die Hausfrau und die T?chter des Deutschen blieben ebenso keusch und z?chtig wie vordem.
War es erst die r?mische Invasion und die R?ckkehr deutscher Krieger aus r?mischen Kriegsdiensten, die manche Unsitte auf deutschen Boden verpflanzten, manche leichtere Sittenanschauung nach Germanien eingef?hrt hatten, die wie stets bei allen Naturv?lkern nur zu leicht Wurzeln fasste und ?ppig weiterwucherte, so ging auch sp?ter die V?lkerwanderung und die mit ihr einbrechenden wilden Horden nicht spurlos an den Vorfahren vor?ber. Auch das Christentum r?umte mit vielem Althergebrachten f?r immer auf oder entstellte es, wo es galt, die Gef?hle der Bekehrten zu schonen, nach und nach bis zur Unkenntlichkeit.
Eine neue, von der alten grundverschiedene Zeit war f?r Germania angebrochen. Das Volk, das ein Tacitus als Muster hingestellt, das das r?mische Weltreich zertr?mmert hatte, war aus dem Naturzustand in die Kultur eingetreten. Der rauhe Naturmensch, dem bislang Krieg und Jagd als Um und Auf des Lebens galten, der jede Arbeit, die nicht mit diesen seinen Herzensneigungen zusammenhing, verachtete und sie den Frauen und den Sklaven ?berliess, war zum Edeling oder zum Bauerb?rger geworden, der nun nicht mehr ganz so schalten und walten durfte, wie damals, wo er als unbeschr?nkter Gebieter auf seinem Grund und Boden hauste. Er musste jetzt selbst die H?nde r?hren und die Oberaufsicht ?ber sein Eigentum ?bernehmen. Das mit elementarer Macht sich verbreitende Christentum erschloss eine neue Gedankenwelt und milderte vieles von der Rauheit des fr?heren Sohnes der Wildnis. Die allerorts entstehenden Kl?ster wurden zu den ersten und einzigen Bildungsst?tten, aus deren festen, bewehrten Mauern so manche Kunde drang von der Kunst, seine Gedanken aufzeichnen zu k?nnen und sie auf diese Weise selbst dem Fernen mitzuteilen; dann von Glaubenshelden, die ihre Treue gegen den Heiland mit dem Leben bezahlt, die f?r das Christentum den M?rtyrertod erlitten; vom Heiland selbst, seinem Leben, Leiden und Sterben, und von seiner Mutter, der herrlichsten, edelsten und erhabensten aller Frauen, der gebenedeiten Jungfrau Maria. In ihr erstand f?r den Deutschen neuerdings das g?ttliche Weib der Germanen, darum sammelte sich auch in dem Marienkultus die ganze Verehrung, die der Deutsche einem Weibe zu zollen vermag, in einem Brennpunkte zusammen, der aber im Gange der Jahrhunderte verblasste, um sp?ter noch einmal, aber weniger intensiv und mit einer Beimischung von Groteskkomik, als Minne und Minnedienst aufzuleuchten, ehe er f?r immer erl?schte.
Noch war das deutsche Staatengef?ge lose aus einer Unzahl deutscher St?mme zusammengesetzt, die, in nie ruhender Eifersucht einander befehdend, kaum ein Gef?hl der Zusammengeh?rigkeit kannten.
Erst dem Heros #Karl dem Grossen#, seiner eisernen Faust, seinem m?chtigen, zielbewussten Willen, der mit unbeugsamer Energie das f?r richtig Erkannte durchzusetzen wusste, gelang es, das V?lkerkonglomerat auf deutscher Erde zusammenzuschweissen und zu einer Einheit, dem r?misch-deutschen Reiche, zu gestalten. Karls staatsm?nnisches und kulturelles Wirken zu w?rdigen ist nicht meine Aufgabe. Hier soll nur der Einfluss er?rtert werden, den Karls Regierung auf das Geschlechtsleben seiner Zeit aus?bte. Kaiser Karls Leben war in dieser Hinsicht nicht einwandsfrei. Wenn er auch am 29. Dezember 1165 heilig gesprochen und diese Kanonisation von der Kirche stillschweigend best?tigt wurde, so war Karl durchaus kein Heiliger. Er war f?nfmal verheiratet. Seine erste Frau, die Fr?nkin Himiltrud, verstiess er, ebenso die zweite, eine Tochter des Longobardenk?nigs Desiderius, nach der Angabe eines M?nches von St. Gallen deshalb, weil sie unfruchtbar gewesen. Hildegard, die dritte Gattin, ein Fr?ulein aus hohem schw?bischen Adel, z?hlte erst 13 Jahre, als er sie heimf?hrte. Sie starb 783 im 26. Lebensjahre, nachdem sie ihm neun Kinder, darunter Hludoic, seinen Thronerben, geboren hatte. Wenige Monate nach Hildegards Tode heiratete Karl die Ostfrankin Fastrada, nach deren Hinscheiden er die Alemannin Luitgard zur Gemahlin nahm, mit der er schon vor der Verheiratung Beziehungen unterhalten hatte. Sie war seine letzte rechtm?ssig angetraute Gattin, und als sie um das Jahr 800 in Tours starb, wirtschaftete der Kaiser bis zu seinem Ableben mit Kebsweibern, von denen vier namhaft gemacht werden: Madelgard, Gersuinda, Regina und Adallinde.
Einhard, Das Leben Karls d. Gr. ?bers. und erl. von H. Althof, S. 42 ff.
Karls sinnliche Natur vererbte sich auf seine T?chter, von denen Einhard schreibt: >>Obwohl diese T?chter sehr sch?n waren und von ihm ?beraus geliebt wurden, wollte er wunderbarerweise keine von ihnen einem der Seinen oder einem Fremden zur Ehe geben; er behielt sie vielmehr alle bis an sein Ende in seinem Hause und sagte, er k?nne den n?heren Umgang mit ihnen nicht entbehren. Aber deswegen musste er, sonst so gl?cklich, die Abgunst des Schicksals erfahren, was er sich jedoch so wenig merken liess, als ob in Bezug auf seine T?chter niemals irgend ein Verdacht der Unkeuschheit sich erhoben, niemals das Ger?cht hiervon sich verbreitet h?tte.<< Dieses Ger?cht bestand in der That und st?tzte sich auf Thatsachen. Alkuin, des Kaisers Ratgeber und Freund, warnte seine Sch?ler vor den >>gekr?nten Tauben, die n?chtlich durch die Pfalz fliegen.<< Die Folgen der Lasterhaftigkeit liessen nicht auf sich warten.
Einhard a. a. O. S. 45.
Bertha, aus des Kaisers Ehe mit Hildegard, hatte vom gelehrten Dichter Angilbert zwei S?hne. Diese Bertha ist die Urheberin der reizenden Sage von dem treuen Liebespaare Eginhard und Emma , nach welcher Emma ihren Geliebten, w?hrend dessen n?chtlichem Besuche Schnee im Schlosshofe gefallen war, der durch die in ihm hinterlassenen Fusstapfen des Geliebten Fortgehen h?tte verraten m?ssen, auf ihrem R?cken zu seiner Wohnung trug. Der Kaiser, den Schmerzen auf seinem Lager wachhielten, sah dies, und ger?hrt von so viel Liebe, gab er dem Paare seinen Segen. >>Offenbar hat die gesch?ftig webende Sage hier einen anderen G?nstling und vertrauten Rat Karls, den gelehrten Angilbert, mit Einhard verwechselt. Letzterer hatte allerdings eine vornehme Jungfrau von trefflichem Charakter und hervorragender Bildung, Namens Imma, zum Weibe, mit der er bis zum Jahre 836 in gl?cklichster Ehe lebte, doch war er sicher nicht Karls Schwiegersohn, da der Kaiser eine Tochter Imma unseres Wissens nicht hatte.<<
Berthas Schwester Hruotrud, in Hofkreisen Columba genannt, hatte mit dem Grafen Rorich von Maine einen Sohn, und die anderen T?chter Karls waren ebenso leichtfertig, wie die erw?hnten. Das gr?ssere Leben Ludwigs des Frommen, Karls Nachfolger, erz?hlt, das Treiben, das seine Schwestern im v?terlichen Hause f?hrten, habe Ludwigs Sinn, obgleich er von Natur milde war, schon lange ge?rgert. Bald nach seiner Thronbesteigung habe er daher den ganzen, sehr grossen weiblichen Tross mit Ausnahme der geringen Dienerinnen aus dem Palaste schaffen lassen, und seine Schwestern veranlasst, sich auf die ihnen vom Vater bestimmten oder von ihm selbst verliehenen Kl?ster zur?ckzuziehen.
Einhard, a. a. O. S. 45 Anmerkung 3.
So gerne Karl in der eigenen Familie beide Augen zudr?ckte und geflissentlich ?bersah, was allgemein offenkundig war, so unnachsichtlich zeigte er sich gegen die ?ffentliche Unsittlichkeit. Aus Paris z. B. suchte er alle ?ffentlichen M?dchen zu vertreiben. Die Dirnen sollten, falls man sie bei der Aus?bung ihres Gewerbes ertappte, gest?upt werden. Wer ihnen Vorschub geleistet oder ihnen Obdach gegeben, sollte sie auf dem R?cken zum Richtplatze tragen. Der Erfolg dieses Erlasses war ganz belanglos, denn die >>verliebten Weiber<< -- filles folles de leurs corps -- trieben ihr lichtscheues Handwerk offen und im geheimen nach wie vor und vermehrten sich wie die Wasserpest.
Gegen die auch in Deutschland immer mehr um sich greifende Sittenlockerung konnte oder wollte Karl nicht einschreiten, vielleicht schon deshalb nicht, weil sie in erster Linie bei dem an Gut und Macht vielverm?genden Adel zuerst und am auffallendsten zum Vorschein kam. Zu jedem der festen H?user, aus denen sich die Burgen entwickelten, geh?rten die Genitia, urspr?nglich Werkst?tten, in denen h?rige und freie Dienerinnen unter Aufsicht der weiblichen Herrschaft die Stoffe f?r die Kleidung herzustellen, zu sticken, weben, waschen, kochen, kurz alle weibliche Hand- und Hausarbeit vorzunehmen hatten. Diese Genitia oder Frauenh?user waren von dem Hauptgeb?ude, der Herrenwohnung, streng geschieden und mit Z?unen, Wall, Graben und Wachtt?rmen gegen fremde Eindringlinge wohl verwahrt. In diesen Frauenh?usern befanden sich auch die Schlafr?ume nicht allein der M?gde sondern auch der weiblichen Familienmitglieder, ein Grund mehr, sie zu sichern, besonders das vordere Abteil der Genitia, in dem die Angeh?rigen des Hausherrn n?chtigten, w?hrend das Hinterhaus die Dienerschaft beherbergte. Nach dem alten alemannischen Rechte wurde die Notzucht an einer Insassin des Vorderhauses mit sechs Schillingen, an einer des Hintergeb?udes mit nur drei Schillingen geahndet. Jedes der H?user der Grossen und jeder Meierhof besass solch Frauenhaus oder #Bordell#, nach dem angels?chsischen Bord, Schwelle, benannt. Die anr?chige Nebenbedeutung kam erst viel sp?ter in Gebrauch. Diese Frauenh?user galten bald mit Fug und Recht f?r die Harems ihrer Besitzer, da damals, bis tief in das Mittelalter hinein, die Frauen und T?chter der Unfreien im vollsten Sinne des Wortes die Leibeigenen ihrer Herren waren. Die Allgewaltigen besassen das Recht auf Leben und Tod ?ber ihre H?rigen, die nur als Wertobjekte galten, ?ber dessen Vermietung, Verkauf oder Verpf?ndung der Besitzer nach Gutd?nken zu verf?gen vermochte. Da der Wille des Herrn unverbr?chlichen Gehorsam bedingte, so wehrte keine Schranke seinen sinnlichen Gel?sten; er durfte verlangen und war der Gew?hrung sicher.
Memmingen, St?lin u. a. >>Beschreibung der w?rttemb. Aemter<<, Heft 20.
Aug. Bebel, Die Frau und der Sozialismus, 29. Aufl., S. 67.
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