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Read Ebook: Ameisenbüchlein; oder Anweisung zu einer vernünftigen Erziehung der Erzieher by Salzmann Christian Gotthilf

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Ebook has 633 lines and 38214 words, and 13 pages

sses kennen;

Salzmanns ~Ameisenb?chlein~ verdient auch noch jetzt trotz der vielen p?dagogischen Schriften, die allj?hrlich auf den B?chermarkt gelangen, gelesen und studiert zu werden. Ist heutzutage auch das meiste von dem, was es giebt, wenigstens theoretisch allgemein anerkannt, so ist der Inhalt des Buches noch nicht als veraltet zu betrachten. ~Moller~ sagt in Schmids Encyklop?die des gesamten Erziehungs- und Unterrichtswesens: >>Es giebt in der neueren p?dagogischen Litteratur vielleicht kein Werk, das die Pflicht des Erziehers, sich selbst zu vervollkommnen und den Grund jedes Misserfolgs vor allem in sich selbst zu suchen, so eindringlich mit mildem Ernst und erfahrungsreicher Weisheit ans Herz gelegt h?tte, wie das ~Ameisenb?chlein~.<< Ist nun auch diese Salzmannsche Schrift besonders f?r Erzieher von Fach und f?r diejenigen geschrieben, die es werden wollen, so finden doch auch die Eltern manchen beherzigenswerten Wink in demselben. Klarheit und Wahrheit, Frische und Nat?rlichkeit spricht sich auf jeder Seite dieser Schrift aus, so dass ihre Lekt?re auch jetzt noch reichen Genuss bietet. M?ge deshalb auch die von mir veranstaltete Ausgabe freundliche Aufnahme bei Deutschlands Lehrern und in deutschen Familien finden.

Das >>~Ameisenb?chlein~<< erschien im Jahre 1806 in Schnepfenthal in der Buchhandlung der Erziehungsanstalt. Veranlasst dazu ward Salzmann durch den Mangel an Anweisungen zur Erziehung der Erzieher, w?hrend an B?chern, die Anweisungen zur Erziehung der Kinder enthalten, ?berfluss war. Salzmann schreibt: >>Was helfen aber diese, wenn jene nicht da sind? Wozu n?tzen alle Theorien, wenn die Leute fehlen, die sie ausf?hren k?nnen? Statt darauf zu denken, das Wahre und Gute, was wir von der Erziehung bereits wissen, in Aus?bung zu bringen, f?hrt man fort, neue Theorien aufzustellen, denen, so gut wie jenen, die Ausf?hrung fehlen wird. Wir gleichen theoretischen Baumeistern, die die Ideale zu den vollkommensten Geb?uden mit der Reissfeder entwerfen k?nnen, die aber immer nur Risse bleiben, mit denen man etwa die W?nde bekleiden kann, da ihren Verfertigern die Geschicklichkeit fehlt, das Entworfene zur Wirklichkeit zu bringen.<<

Dem nachfolgenden Abdrucke ward die Originalausgabe von 1806 zu Grunde gelegt. Diese erschien doppelt, n?mlich in einer auf besserem Papier, in gr?sserem Drucke und mit dem oben erw?hnten Bilde auf dem Titelblatte hergestellten Ausgabe und in einer >>wohlfeilen Ausgabe<< ohne Titelbild. Hinderlich waren der Verbreitung der Schrift die bald nach ihrem Erscheinen in Deutschland auftretenden Kriegsunruhen, die auch auf die Schnepfenthaler Anstalt nachteilig wirkten. Ein Nachdruck des >>Ameisenb?chleins<< erschien 1807 in der J.J. M?ckenschen Buchhandlung in Reutlingen. Wieder abgedruckt ward es in der 1845 von der Hoffmannschen Verlagsbuchhandlung in Stuttgart verlegten und zum hundertj?hrigen Geburtstage Salzmanns von dessen Familie veranstalteten Ausgabe seiner Volks- und Jugendschriften. Benutzt sind von mir auch, soweit es meinen Zwecken entsprach, die Ausgabe der Salzmannschen Schriften von Karl Richter, sowie diejenige von Richard Bosse und Johs. Meyer.

~Hannover~, am Todestage Salzmanns, den 31. Oktober 1887.

#Ernst Schreck.#

Ameisenb?chlein.

An Hermann!

So nenne ich dich, lieber junger Mann, der du in deiner Brust ein Streben f?hlst, durch Th?tigkeit f?r Menschenwohl dich in der Welt auszuzeichnen.

Gieb mir die Hand! Wenn du nicht vorz?gliche Talente und entschiedene Neigung zu einem andern Gesch?fte in dir f?hlst -- so widme dich der Erziehung!

Diese schafft dir Gelegenheit, f?r Menschenwohl recht th?tig zu sein. Wer Mor?ste austrocknet, Heerstrassen anlegt, Tausenden Gelegenheit verschafft, sich ihre Bed?rfnisse zu verschaffen, G?rten pflanzt, Krankenh?user stiftet, wirkt auch f?r Menschenwohl, aber nicht so unmittelbar und durchgreifend als der Erzieher. Jener verbessert den Zustand der Menschen, dieser veredelt den Menschen selbst. Und ist der Mensch erst veredelt, so geht aus ihm die Verbesserung von selbst hervor, und der Z?gling, dessen Veredelung dir gelungen ist, hat Anlage, auf dem Platze, wohin ihn die Vorsehung stellt, den Zustand von tausenden seiner Br?der angenehmer und behaglicher zu machen.

In keiner Klasse von Menschen findest du so viel Empf?nglichkeit f?r alles Gute, als bei Kindern. Ihr Herz ist die wahre Jungfernerde, in welcher jedes Samenkorn schnell Wurzel schl?gt und emporw?chst; es ist ein Wachs, das sich willig in jede Form schmiegt, in die du es dr?ckst. Das Herz der Erwachsenen gleicht einem Lande, das schon mit Gew?chsen besetzt ist, die darin tiefe Wurzeln schlugen, und die erst mit vieler, oft vergeblicher M?he ausgerottet werden m?ssen, wenn der Same, den du in dasselbe werfen willst, gedeihen soll; einem Marmor, der mit grosser Behutsamkeit bearbeitet sein will, und in dem man, nach langer m?hseliger Arbeit, oft auf eine Ader st?sst, die alle fernere Arbeit zwecklos macht. Wenn du die Erziehungskunst wirklich gr?ndlich erlernst und mit Gewissenhaftigkeit aus?best, so verschaffst du dir gewiss die Seligkeit, einst M?nner, durch dich gebildete M?nner, zu sehen, die mit Kraft und Nachdruck f?r alles Gute th?tig sind.

Wende mir nicht ein, das Erziehungsgesch?ft w?re so m?hsam. Wo ist denn ein gemeinn?tziges Gesch?ft, das nicht m?hsam w?re? Und wenn es ein solches, wie z. B. das Zerlegen einer Pastete, g?be, wolltest du dich wohl demselben widmen? Aber glaube mir, das Erziehungsgesch?ft ist nicht so m?hsam, als du denkst. Erzieher, die die Erziehung nicht verstanden, haben es in einen ?beln Ruf gebracht. Merke nur auf die Winke, die dir in diesem Buche gegeben werden, ~und befolge sie~, so wirst du bei der Erziehung zwar M?he, aber fast immer solche finden, die durch einen baldigen gl?cklichen Erfolg belohnt wird, und deswegen kaum den Namen der M?he verdient. Und diese kleine M?he -- durch wie mannigfaltige Freude wird sie vers?sst werden! Sieh', was f?r ein harmloses, fr?hliches V?lklein die Leutchen sind, in deren Kreise der Erzieher wirkt! Wird, wenn du ein wirklicher Erzieher wirst und dich zu ihnen herabstimmen lernst, ihre best?ndige Fr?hlichkeit nicht einen wohlth?tigen Einfluss auf dich haben?

Die Erfahrung lehrt, dass M?nner, die in der jugendlichen Atmosph?re leben und weben, gemeiniglich alt werden, unterdessen dass von denjenigen ihrer Jugendfreunde, die in dem Dunstkreise der Erwachsenen arbeiteten, einer nach dem andern dahin welkt.

Man hat diese unleugbare Erscheinung oft den jugendlichen Ausd?nstungen zugeschrieben, die solche M?nner einatmen, und damit ihre z?hwerdende Blutmasse verd?nnen. Ob es wahr sei, kann ich nicht entscheiden, da mir hierzu die n?tigen ?rztlichen Kenntnisse fehlen. Sicher tr?gt aber die best?ndige Munterkeit und Fr?hlichkeit der Jugend das ihrige dazu bei, wenn man ihr nur nicht durch Eigensinn und ?ble Laune entgegenarbeitet. Will man sich in den Lehnstuhl setzen, um des Marasmus Ankunft ruhig abzuwarten, so kommt ein munterer Knabe geh?pft, bittet, einen seiner jugendlichen W?nsche zu befriedigen, und reizt uns, den Lehnstuhl zu verlassen. Dort beginnen einige frohe Knaben ein munteres Spiel, das auch uns zum Frohsinn stimmt. Nun ruft uns die Glocke in das Lehrzimmer, wo man, soll anders der Unterricht einen guten Erfolg haben, der ?blen Laune entsagen und zum Frohsinn sich stimmen muss. So verj?ngt der Erzieher, der seiner Bestimmung gem?ss lebt, sich t?glich, und h?lt das Alter mit seinen mannigfaltigen Beschwerden von sich entfernt.

Die Erziehung, denkst du vielleicht, wird aber so schlecht belohnt.

Das glaubst du wirklich? Mir deucht, kein Gesch?ft ist belohnender als dieses. Sind denn Frohsinn, Gesundheit und ein heiteres Alter, die gew?hnlich dem ~wahren~ Erzieher zu teil werden, eine Kleinigkeit?

Und nun, mein guter Hermann! wenn du bei dem Erziehungsgesch?fte gesund und froh wirst, wenn dabei dein innerer Mensch gedeihet und immer mehr edlen Sinn bekommt, bist du nicht belohnt genug? Gesetzt, du m?sstest deine Tage in niedriger D?rftigkeit verleben, bist du nicht belohnt genug? Oder, wolltest du wohl dies alles dahin geben, um eine gl?nzende Rolle zu spielen? wolltest lieber an einer reichlich besetzten Tafel krank, als bei einer einfachen Mahlzeit mit gutem Appetite sitzen? wolltest lieber Jubel um dich und in dir Gram, als in dir Frohsinn und um dich Stille haben? wolltest lieber einen Schwarm feiler Seelen befehlen, als dich selbst beherrschen? Nun, so triff den Tausch, aber -- mein Hermann bist du nicht -- dir ist dies Buch nicht geweihet.

An dich wende ich mich, der du den Wert dieser grossen Belohnung f?hlen kannst. Erlangtest du auch keine als diese, so wirst du jede andere entbehren k?nnen.

Aber gewiss, wenn du dich bestrebst, kein mittelm?ssiger, sondern ein ausgezeichneter Erzieher zu werden, wird dir auch andere Belohnung nicht fehlen. Die Zeiten sind vorbei, da das Erziehungsgesch?ft ver?chtlich war. Die Familien werden immer zahlreicher, denen ein ~guter~ Erzieher das h?chste Bed?rfnis ist, die sich denselben um jeden Preis zu verschaffen suchen; die ihn nicht als ersten Bedienten, sondern als ersten Freund des Hauses betrachten. F?rstenfamilien sehen sich nach dem Manne um, dessen Leitung sie ihre Kinder mit vollem Zutrauen ?bergeben k?nnen. -- Und du wolltest nicht Erzieher werden?

Vorbericht.

Als ich mich bei Ausfertigung des ~Krebsb?chleins~ in das Kerbtierfach warf, war meine Meinung, eine Reihe von Schriften auszuarbeiten, die ihren Namen von Kerbtieren haben sollten. Allein die Gesch?fte, in die ich von diesem Zeitpunkte an verwickelt wurde, hielten mich immer davon ab, und nun l?sst mir das herannahende Alter wenig Hoffnung ?brig, meinen Vorsatz ausf?hren zu k?nnen. Das Skorpionb?chlein, oder Anweisung zu einer unvern?nftigen Regierung der V?lker, sowie das Spinnenb?chlein, oder Anweisung zu unvern?nftiger F?hrung der Ehe, wird also nicht zur Wirklichkeit kommen. ~Das Ameisenb?chlein oder die Anweisung zu einer vern?nftigen Erziehung der Erzieher~ erscheint aber hier.

Wozu der sonderbare Titel? wird man fragen. Erstlich dazu, dass dadurch Leser herbeigelockt werden. Der Inhalt dieses Buches scheint mir so wichtig, dass ich w?nsche, es m?chte von allen, die erziehen oder erziehen lassen, gelesen und beherzigt werden. Gleichwohl ist zu besorgen, dass es unter der Flut von Schriften, mit welchen Deutschland in jeder Messe ?berschwemmt wird, nicht m?chte bemerkt werden, wenn es nicht eine Auszeichnung bekommt, die in die Augen f?llt, und es unter den tausenden, von welchen es umgeben ist, bemerkbar macht. Was ist hierzu aber wohl schicklicher als der Titel? Ein anderer w?rde dazu vielleicht einen griechischen oder franz?sischen Namen, oder den Namen einer Gottheit oder eines Weisen des Altertums gew?hlt haben; mir aber gefiel der Titel: ~Ameisenb?chlein~.

Zweitens w?hlte ich gerade diesen Titel, weil das Krebsb?chlein so gut ist aufgenommen worden, dass es noch nach 24 Jahren gelesen und hier und da empfohlen wird, und ich daher hoffen durfte, dass die ?hnlichkeit des Namens diesem Buche einen ?hnlichen Beifall im Publikum verschaffen w?rde.

Endlich liegt auch wirklich ein Grund zu der Wahl dieses Titels im Ameisenhaufen selbst. Die Eltern der Ameisen, nachdem sie ihr Geschlecht fortgepflanzt haben, schwingen sich in die Luft, und sind, nach menschlicher Art und Weise, um ihre Brut unbek?mmert, deren Pflege und Erziehung sie jenen Ameisen ?berlassen, die durch die Natur zu einem niederen Wirkungskreise bestimmt sind. Diese nun besorgen ihr Gesch?ft auch recht gut; sie bringen die junge Brut t?glich an die Sonne, laufen herbei und suchen sie zu retten bei jeder Gefahr, von welcher sie bedroht wird -- und der Erfolg b?rgt f?r die G?te der Erziehung, da jeder Ameisenhaufen der Wohnsitz der Gesundheit, Reinlichkeit, Th?tigkeit und Folgsamkeit ist, die in vielen menschlichen Gesellschaften vermisst werden, zu welchen man aber die jungen Ameisen gleich nach ihrem Entstehen gew?hnt. So wie also Salomo den Faulen zum Ameisenhaufen verweist, k?nnte man auch in anderer R?cksicht den Erzieher auf denselben aufmerksam machen.

So viel vom Titel! Was den Inhalt betrifft, so scheint er mir von grosser Wichtigkeit zu sein. Wir haben einen ?berfluss von B?chern, die Anweisung zur Erziehung der Kinder enthalten, aber an Anweisungen zur Erziehung der Erzieher scheint mir noch Mangel zu sein. Was helfen aber jene, wenn diese nicht da sind? Wozu n?tzen alle Theorien, wenn die Leute fehlen, die sie ausf?hren k?nnen? ~Die Revision des Schul- und Erziehungswesens~ stellt gute Theorien auf, wo sind sie aber ausgef?hrt worden? Statt darauf zu denken, das Wahre und Gute, was wir von der Erziehung bereits wissen, in Ausf?hrung zu bringen, f?hrt man fort, neue Theorien aufzustellen, denen, so gut wie jenen, die Ausf?hrung fehlen wird. Wir gleichen theoretischen Baumeistern, die die Ideale zu den vollkommensten Geb?uden mit der Reissfeder entwerfen k?nnen, die aber immer nur Risse bleiben, mit denen man etwa die W?nde bekleiden kann, da ihren Verfertigern die Geschicklichkeit fehlt, das Entworfene zur Wirklichkeit zu bringen.

Ach, gebt uns gute Erzieher! gebt uns Leute, die die Neigung, Geschicklichkeit und Fertigkeit haben, Kinder vern?nftig zu behandeln, sich die Liebe und das Zutrauen derselben zu erwerben, die Kr?fte zu wecken, ihre Neigungen zu lenken, und durch ihre Lehre und ihr ~Beispiel~ die jungen Menschen zu dem zu machen, was sie, ihren Anlagen und ihrer Bestimmung nach, sein k?nnen und sein sollen, und die Erziehung wird gelingen, ohne dass wir neue Theorien n?tig haben. So geht aus der Dorfschule manches verst?ndigen, rechtschaffenen und treuen Schulmeisters, der nie etwas von reiner Pflicht h?rte, noch neue Theorien ?ber den Unterricht im Lesen studierte, nach und nach eine Gemeinde hervor, die durch ihre Rechtschaffenheit, helle Einsichten, Ordnung, Th?tigkeit und Lesefertigkeit sich im ganzen Umkreise zu ihrem Vorteile auszeichnet, und alle hinter sich zur?ckl?sst, die nach den neuesten Theorien von M?nnern erzogen wurden, die nicht zu erziehen verstanden.

Was ist z. E. vern?nftiger, als die Forderungen der Erzieher, die Kinder mehr durch Vorstellungen, als durch Belohnungen und Strafen zu lenken? Allein zu dem Lenken der Kinder durch Vorstellungen geh?rt eine ganz eigene Geschicklichkeit. Derjenige, dem sie fehlt, kann den Kindern sehr viel Vern?nftiges und Gutes sagen, das sich recht gut lesen l?sst, und wird damit doch nichts ausrichten, unterdessen dass ein anderer, der die Erziehung versteht, mit weit weniger Worten zu seinem Zwecke kommt.

Es ist unter den Erziehern allgemein angenommen worden, dass zur Erziehung auch eine gewisse Abh?rtung des K?rpers geh?re; wenn der Erzieher aber selbst weichlich ist, wie will er andere abh?rten? u. s. w.

Was die Art meines Vortrags betrifft, so wird man manches daran auszusetzen finden, das aber doch wegen meiner Eigenheit verdient entschuldigt zu werden. Bisweilen werde ich etwas stark und entscheidend sprechen, und fordern, dass dies und jenes so und nicht anders sein m?sse. Dies ist eine Folge von der Lebhaftigkeit meiner ?berzeugung. Ich bin kein J?ngling mehr, der sich mit Idealen besch?ftigt, von denen er noch zweifelhaft ist, ob sie ausser seinem Gehirne gedeihen werden; ich habe einige und zwanzig Jahre selbst erzogen, die Eigenheiten der Kinder in mancherlei Verh?ltnissen kennen gelernt, manchen Versuch mit ihnen gemacht, der mir misslang, und andere, von denen ich die gesegnetsten Wirkungen versp?rte. Was ich also weiss, das weiss ich aus vielj?hriger Erfahrung; ist es mir daher zu verdenken, wenn ich davon mit eben der Zuversicht spreche, mit welcher ein alter Arzt die Heilart einer gewissen Krankheit, deren G?te ihm eine vielj?hrige Erfahrung best?tigte, zu empfehlen pflegt?

Auch werde ich wenig oder gar nicht dessen Erw?hnung thun, was andere Erzieher geleistet haben. Dies r?hrt keineswegs von der Geringsch?tzung anderer her, sondern ist bloss eine Folge meiner Eigenheit. Ich habe wenig gelesen, desto mehr gedacht, beobachtet und gehandelt. Will man dies als Unvollkommenheit ansehen, so mag man es; so viel ist aber doch gewiss, dass es einem Manne, der die Arbeiten anderer nicht hinl?nglich kennt, nicht geziemt, dar?ber zu urteilen.

Besonders auffallend wird man es finden, dass ich der Pestalozzischen Lehrart, die die Augen von Europa auf sich gezogen hat, nicht oft Erw?hnung thue.

Es geschieht dies aus eben diesem Grunde. So viel ich in einem fl?chtigen Blicke von der Lehrart dieses verdienten Mannes gefasst habe, scheint es mir, als wenn wir in der Hauptsache mit einander ?bereinstimmten, und nur im Ausdrucke voneinander verschieden w?ren. Manches aber, das mir bei ihm neu war, habe ich angenommen und benutze es mit Dank.

Dahin geh?ren seine Linearzeichnungen, die ?bungen des Ged?chtnisses, die Rechnungsmethode und das laute Aussprechen von mehreren Sch?lern zugleich.

M?ge dies kleine Buch den Zweck, zu welchem es aufgesetzt wurde, ~ganz~ erreichen! M?gen viele deutsche J?nglinge dadurch f?r das wichtige, wohlth?tige Gesch?ft der Erziehung gewonnen, m?gen sie dadurch auf den einzig wahren Weg, den die Natur uns vorzeichnet, geleitet, m?ge dadurch das Vorurteil zerst?rt werden, als wenn die Erziehung eine l?stige Arbeit und das Gelingen derselben ?usserst zweifelhaft sei, damit unsere Nation den Ruhm, den sie sich durch ihre Erziehungskunst im Auslande erwarb, noch ferner behaupte und begr?nde.

~Schnepfenthal~, im Oktober 1805.

#C.G. Salzmann.#

Symbolum.

Denen, die sich entschliessen, das Christentum anzunehmen, wird gew?hnlich bei Einweihung zu demselben eine Formel vorgelegt, zu deren Annahme sie sich bekennen m?ssen, die man Symbolum nennt. Damit ist nun freilich grosser Missbrauch getrieben worden, und manches Symbolum scheint mehr in der Absicht gegeben zu sein, um Hass gegen Andersdenkende, als Anh?nglichkeit an die Partei, mit welcher man sich vereinigen will, einzufl?ssen. An sich ist diese Gewohnheit aber doch gut und n?tig. Jede Gesellschaft muss doch einen gewissen Zweck haben, zu welchem sie sich vereinigt, und gewisse Grunds?tze, durch deren Befolgung sie den vorgesetzten Zweck erreichen will; diese k?nnen in eine kurze Formel verfasst, und die Annahme derselben von denen verlangt werden, die mit der Gesellschaft sich verbinden wollen.

Ich lade jetzt deutsche J?nglinge ein, sich dem wichtigen Gesch?ft der Erziehung zu weihen. Man wird es also nicht sonderbar finden, wenn ich ihnen auch eine Formel zur Annehmung als Symbolum vorlege. Ein jeder, der Neigung hat, in die Gesellschaft der Erzieher zu treten, beherzige sie und pr?fe sich selbst, ob er wohl von ganzem Herzen sie glauben und annehmen k?nne. Wer dies nicht kann, wer darin Widerspruch findet, der lasse mein Buch lieber ungelesen, weil er unf?hig ist, das Erziehungsgesch?ft mit Vergn?gen, mit Eifer und Wirksamkeit zu betreiben.

Mein Symbolum ist kurz und lautet folgendermassen: ~Von allen Fehlern und Untugenden seiner Z?glinge muss der Erzieher den Grund in sich selbst suchen.~

Dies ist eine harte Rede, werden viele denken; sie ist aber wirklich nicht so hart, als sie es bei dem ersten Anblicke scheint. Man verstehe sie nur recht, so wird die scheinbare H?rte sich bald verlieren.

Meine Meinung ist gar nicht, als wenn der Grund von allen Fehlern und Untugenden seiner Z?glinge in dem Erzieher wirklich l?ge; sondern ich will nur, dass er ihn in sich suchen soll.

Sobald er Kraft und Unparteilichkeit genug f?hlt, dieses zu thun, ist er auf dem Wege, ein guter Erzieher zu werden.

Es liegt freilich in der Natur des Menschen, den Grund von allen Unannehmlichkeiten, ja von seinen eigenen Fehltritten ausser sich zu suchen; man findet Spuren davon schon in der Geschichte des ersten S?ndenfalls; es ist also kein Wunder, wenn auch der Erzieher geneigt ist, die Schuld von der Unfolgsamkeit, Ungeschicklichkeit und dem Mangel an Fortschritten seiner Z?glinge lieber diesen, als sich selbst beizumessen; allein diese Neigung geh?rt zu denen, die durch die Vernunft nicht nur geleitet, sondern, wie Neid und Schadenfreude unterdr?ckt werden m?ssen.

Ich setze es als bekannt voraus, dass der Grund von den Fehlern der Z?glinge wirklich ~oft~ in den Erziehern liege. W?re dies nicht, m?sste man die Ursache derselben schlechterdings allemal den Kindern oder der Lage zuschreiben, in welcher sich die Erzieher befinden, so w?re es freilich eine ungerechte und th?richte Forderung, dem Erzieher zuzumuten, sie in sich selbst zu suchen. Welcher vern?nftige Erzieher wird dies aber wohl glauben?

Bist du nun ?berzeugt, dass der Grund von den Fehlern der Z?glinge wirklich ~oft~ in den Erziehern liege, so w?nsche ich, dir es glaublich zu machen, dass dies auch bei dir oft der Fall sei, der du es liesest.

Hast du nicht vielleicht bemerkt, dass die Z?glinge, die gegen dich unfolgsam sind, anderen willig gehorchen? oder dass die n?mlichen Z?glinge, die bei deinem Vortrage flatterhaft sind und nichts lernen, wenn sie in die Lehrstunden anderer kommen, Aufmerksamkeit zeigen und gute Fortschritte machen?

Solltest du diese Bemerkung wirklich gemacht haben, so t?usche dich nicht, sei aufrichtig gegen dich selbst, und gestehe dir ein, dass du selbst an dem schuld sein kannst, was du an deinen Z?glingen tadelst. Sage nicht, ich bin mir doch bewusst, dass ich meine Pflichten redlich erf?lle. Dies kann wohl sein, aber vielleicht verstehst du noch nicht recht, die Kinder zu behandeln.

Vielleicht hast du in deinem Betragen etwas Zur?ckstossendes, das die Kinder misstrauisch und abgeneigt macht. Vielleicht fehlt dir die Lehrgabe. Du bist zu schl?frig, oder dein Vortrag ist zu trocken und zu abstrakt. Hast du ferner nicht wahrgenommen, dass die n?mlichen Z?glinge, die zu gewissen Zeiten auf deinen Vortrag merken und deine Winke befolgen, zu anderen Zeiten flatterhaft und unfolgsam sind? Kann dich dies nicht auch belehren, dass der Grund von ihren Fehlern in dir zu suchen sei?

Ich begreife nicht, antwortest du, wie dies daraus folge. Bin ich nicht der n?mliche, der ich gestern war? Wenn meine Z?glinge nun nicht die n?mlichen mehr sind, muss der Grund von diesen Ver?nderungen nicht in ihnen liegen?

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