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Read Ebook: Der letzte Hansbur: Ein Bauernroman aus der Lüneburger Heide by L Ns Hermann

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Ebook has 1032 lines and 38661 words, and 21 pages

Anmerkungen zur Transkription

Das Original ist in Fraktur gesetzt.

Im Original in Antiqua gesetzter Text ist ~so ausgezeichnet~.

Im Original gesperrter Text ist +so ausgezeichnet+.

Weitere Anmerkungen zur Transkription befinden sich am Ende des Buches.

Hermann L?ns

Der letzte Hansbur

Ein Bauernroman aus der L?neburger Heide

Adolf Sponholtz Verlag, G. m. b. H. / Hannover

Als ich damit begann, die Geschichte des letzten Hansburen niederzuschreiben, war ich mir dar?ber klar, dass es unm?glich sei, die Gespr?che plattdeutsch wiederzugeben, da eine Erz?hlung nicht in zwei Sprachen geschrieben werden kann. Ganz von selber kam ich dann dazu, den gesamten Text in der Denk- und Sprechweise der Haidjer zu halten, woraus sich, wie mir scheint, eine gl?ckliche Einheit zwischen dem Stoffe und der Form ergab. Diese Darstellungsweise zwang mich, vielfach Worte und Wendungen zu gebrauchen, die manchem Leser ungewohnt sein werden, weswegen ich am Schlusse des Buches die notwendigen Erl?uterungen gebe. / H. L.

Copyright 1909 by Adolf Sponholtz Verlag G. m. b. H. Hannover.

Der Bullerborn.

Es war meist noch Nacht, da warf der Storch den Tau von sich und flog los.

Mitten in der Heide lag ein klarer Pump, der Bullerborn geheissen; da liess er sich nieder.

Die Nebelhexen verjagten sich, als der Adebar angebraust kam, und als ein heller Wind ?ber die Heide lief und sie bei Seite stiess, und als die Sonne ?ber die Wohld stieg und sie scharf ansah, da gaben sie das Tanzen ?ber dem Bullerborn auf und machten, dass sie in das Bruch kamen.

Der Storch ging um den Born herum und nickte mit dem Kopfe. Fische gab es nicht in dem Wasser, dazu war es zu frisch, und Fr?sche erst recht nicht, denn dazu war es zu wild. Wer aber lange in den Born sah, in dem das Wasser immer um und um ging, dass der weisse Sand nur so m?lmte, der wusste, was der Storch da suchte, und wenn der Pastor von Lichtelohe es auch einen Heidenschnack nannte, dass der Adebar aus dem Bullerborn die Seelen f?r die kleinen Kinder holen sollte, die Bauern wussten das besser.

Als die Sonne so hoch stand, dass sie just in den Born hineinsehen konnte, nahm der Storch sich auf und flog ?ber das Bruch und die hohe Heide und die Felder, bis er da war, wo er hergekommen war, auf dem Hehlenhof, der ganz allein f?r sich in seinem Hausbusche lag, so dass man vor lauter Eichen und H?lsen und Holderb?schen, die hinter der m?chtigen Mauer aus Ortsteinen wuchsen, nichts von ihm sah, als den Herdrauch.

Die St?rchin stand auf, als der Storch kam; er aber flog ?ber das Hausdach fort und liess sich im Blumengarten hinter dem Wohnhause nieder, wo der Flieder durch den Tau roch und der Goldregen ?ber den Zaun hing. Er stand zwischen den Buchsbaumrabatten und sah sich um; dann ging er bis zu der Ecke, wo das Fenster der D?nze offen stand.

Das Totenhuhn, das auf dem Windbrett sass und einen Diener ?ber den anderen machte, drehte sich bald den Hals ab, aber es konnte nicht sehen, was der Adebar da machte, denn er war hinter einem der spitzen Machangelb?sche, die rechts und links vor der T?re standen, kam aber bald wieder heraus, ging bis mitten in den Garten und flog fort.

Adebarstag.

In der Schlafbutze der D?nze lag die B?uerin und in ihrem Arme der Hoferbe und beide atmeten durcheinander.

Als der Storch fortflog, schlug das Kind die Augen auf und meldete sich.

Die B?uerin seufzte den Schlaf fort, strich sich den Schweiss von der Stirn, sah um sich und l?chelte, als sie das Kind sah, das mit den H?nden nach ihrer Brust f?hlte.

Sie legte es an und sah zu, wie es trank. Im Flett gingen bed?chtige Schritte, die D?nzent?r ging leise auf und der Bauer kam auf Str?mpfen herein.

Seine Augen l?chelten, als er vor die Butze trat. Er strich mit seiner grossen Hand ?ber die Backe seiner Frau und mit einer Fingerspitze ?ber den Kopf des Kindes, nickte und sagte: >>N?tigen braucht man ihn nicht.<<

Im Flett kamen wieder Schritte n?her, eine grosse, breite Frau mit sch?nem Gesicht stand in der T?re.

>>Komm' man her, Grossmutter,<< sagte der Bauer, >>ich muss jetzt nach den Wiesen. Bei Uhre elfe bin ich wieder zur?ck.<<

Er ging, aber in der T?re drehte er sich noch einmal um: >>Es ist eine wahre Pracht, wie er trinkt.<<

Die Grossmutter nickte und sah zu, wie das Kind trank, und als es die Mutterbrust von sich stiess, nahm sie es hin und wickelte es aus.

Sie lachte, als sie die breite Brust und die geraden Glieder des Kindes sah. >>Er ist fast zu sch?n f?r ein Dreitagekind, Detta,<< meinte sie, >>so schier und eben. Und welche Masse Haare er hat, als wenn er sechs Wochen alt w?re. Und hat man schon bei einem Kinde, das noch nicht wochenalt ist, solche festen N?gel gesehen?<<

Sie klopfte es z?rtlich, aber dann nahm sie das rechte H?ndchen des Kindes zwischen ihre Finger: >>Den alten dummerhaftigen Beifinger, den brauchte er nicht zu haben. Junge, Junge, was brauchst du elf Finger?<<

Ihre Tochter l?chelte: >>Ach, Mutter, das ist ja wohl kein Ungl?ck! Wer lang hat, l?sst lang h?ngen. Und sein Grossvater hat ja sogar zw?lf gehabt.<<

Die Grossmutter machte eine krause Stirne: >>Das ist es ja eben, das mit dem Grossvater. H?tte er zehn Finger gehabt, dann h?tte er wohl noch ein Enkelkind h?ten k?nnen. Die alten vermuckten Beifinger! Alle Hehlmanns mit ?berz?hligen Fingern hatten zuviel Hitze im Gebl?t. Aber wenn man dieses Kind sieht, so h?bsch, als wie es daliegt, mit Augen, wie der liebe Himmel, dann sollte man meinen, dass das bloss ein dummer Aberglauben ist. Die Zukunft liegt in Gottes Hand; wir wollen uns dar?ber keine Gedanken machen. Wer zu lang vorausdenkt, macht sich zu fr?h Sorgen.<<

Sie legte das Kind hin, rief die Kleinmagd, dass sie das Wasserwarmbier bringe, und als die W?chnerin die Suppe ausgel?ffelt hatte, strich ihr die Mutter das Kissen zurecht, schloss das Fenster der Fliegen wegen dicht zu und mahnte: >>So, nun schlaf' man, dass du bald wieder beinig wirst.<<

In der T?r blieb sie stehen: >>Er sieht heute ganz anders aus den Augen, als wie die Tage vorher; er sieht einen heute schon ordentlich an, als wenn er einen kennen t?te. Gestern hatte er noch gar keinen Blick in den Augen.<<

Ihre Tochter l?chelte: >>Ja, Mutter, das bed?nkt mich auch so. Aber heute ist ja auch Adebarstag.<<

>>Heidenschnack<<, warf die Grossmutter l?chelnd hin, und dann liess sie Tochter und Enkel f?r sich.

Der Beifinger.

Das Kind schlief, und Detta Hehlmann sah es an, bis dass der gelbe Vogel draussen so laut an zu pfeifen fing, dass sie nach dem Fenster sehen musste.

Im Garten ging der Wind; das Weinlaub war rege und ein weisser N?gelchenbusch ging immer auf und ab.

Der jungen Frau bed?nkte es, als h?tte sie das alles noch kein mal gesehen. Vier Tage waren es erst her, dass sie von den F?ssen musste, aber ihr war zu Mute, als wenn ein Jahr dar?ber hin w?re.

Noch kein mal war ihr das Weinlaub so sch?n vorgekommen und noch nie hatte der Wigelwagel so s?ss in den Hofeichen gesungen.

Ihr wurde ganz weichm?tig zu Sinne und die Augen gingen ihr ?ber. Ihr war so wunderlich, dass sie die H?nde falten musste.

Ihren Johann hatte sie, einen guten Mann, und dann dieses Kind, so sch?n und so gesund. Am ersten Maitage in der Fr?he war es dagewesen, ein Morgenkind, ein Maikind, und darum war es wohl so sch?n.

Die Mutter hatte recht; heute hatte der Junge ganz andere Augen.

Detta l?chelte und dachte an die Worte der alten Magd: >>Am dritten Tage bekommt ein Kind die Seele. Der Adebar bringt sie ihm. Bis dahin ist es nicht mehr, als ein unvern?nftiges Vieh.<<

Das alte M?dchen steckte voll von Heidenglauben. Sie war manchmal nicht ganz bei sich, die alte Hermine; sie hatte auch ein trauriges Leben gehabt.

Sie war mit einem Grossknecht versprochen gewesen. Da kam der Bonaparte und nahm ihr den Br?utigam.

>>Ich wollte ihm etwas Gutes mitgeben,<< hatte die alte Magd an Dettas Ehrentage erz?hlt, >>und da konnte ich nicht anders, als meinem Karl zu willen sein. Und das ist mir heute noch nicht gereut.<<

Der Br?utigam blieb in Russland; es kam nie wieder eine Kunde von ihm. Sein Kind aber wuchs auf dem Hehlenhofe zu einem strammen Jungen heran und kein Mensch trug es ihm nach, dass er ein lediges Kind war. Zwei Jahre war er schon Kleinknecht, da schlug ihn der Schimmel tot.

Das arme alte M?dchen! Die junge Frau sah zu ihrem Kinde hinab. Das rechte H?ndchen mit dem Beifinger lag auf dem Kissen.

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