Read Ebook: Die Entwicklung des gutsherrlich-bäuerlichen Verhältnisses in Galizien (1772-1848) by Von Mises Ludwig
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Ebook has 494 lines and 54581 words, and 10 pages
Die Untert?nigkeit ist als Standeseigenschaft erblich, aber die Geburt von untert?nigen Eltern ist nicht die einzige Art ihrer Entstehung. Ein freier Mann wird durch Verheiratung mit einer Untertanin ebenfalls untert?nig. Auch durch Annahme eines untert?nigen Grundes wird Untert?nigkeit begr?ndet. Schliesslich wird jeder schollenpflichtig, der ein Jahr lang auf Grund eines mit der Gutsherrschaft geschlossenen Vertrages in einem Dorfe wohnt. Die Untert?nigkeit erlischt durch Eintritt des Untertans in einen religi?sen Orden, durch Empfang der Weihen und durch Erlangung des Doktorates, ferner durch Entlassung und endlich durch Nobilitierung. Der Gutsherr kann den Untertanen auf zweierlei Art entlassen: entweder durch einen Freilassungsbrief oder durch Erkl?rung vor den Woiewodschaftsakten. Ohne Einwilligung des Herrn darf kein Bauer geadelt werden.
Der Untertan ist im Interesse des landwirtschaftlichen Grossbetriebes des Gutes in seiner Freiheit mannigfachen Beschr?nkungen unterworfen.
Er ist vor allem an die Scholle gebunden, glebae adscriptus. Verl?sst er den Gutsbezirk ohne Erlaubnis des Herrn, so hat dieser das Recht, ihn zu verfolgen, ihn zu fassen, wo er ihn findet, beziehungsweise seine Auslieferung zu verlangen. Durch strenge Gesetze trachtet man danach, diesem Rechtssatze im Inneren des Landes Geltung zu verschaffen. Durch wechselseitige Auslieferungs?bereinkommen, die mit dem Auslande getroffen wurden, ist es m?glich geworden, Untertanen, die in benachbarte L?nder geflohen sind, zur?ckzufordern. Solche ?bereinkommen werden umso leichter geschlossen, als nicht nur polnische Bauern ins Ausland fliehen, sondern noch bis in die Mitte des 18. Jahrhunderts Tausende von Bauern aus Preussen, Hinterpommern und der Neumark, aus Schlesien, aus Ungarn, aus der Moldau und aus Russland nach Polen fl?chteten.
Will ein Untertan ausserhalb des Gutsbezirkes eine Ehe eingehen, so bedarf er dazu der Erlaubnis des Gutsherrn. Einem Manne wird diese Bewilligung niemals erteilt, den Bauernm?dchen wird sie jedoch nicht verweigert. Daf?r hatten diese urspr?nglich meist einen Marderbalg an die Herrschaft zu entrichten. Die Naturalleistung des Marderbalges ist jedoch im 18. Jahrhundert allgemein durch eine von der Herrschaft von Fall zu Fall vorgeschriebene, entweder in Geld oder in Naturalien zu entrichtende Taxe ersetzt. Die H?he dieser Abgabe ist nicht ?berall gleich. Bald wird ein Kalb gefordert, bald Gefl?gel oder Feldfr?chte. Die Geldleistung betr?gt meist acht Gulden polnisch. Hier und da werden auch betr?chtlich h?here Betr?ge gefordert, deren Bezahlung den Untertanen unm?glich ist. Auf vielen G?tern aber, besonders auf k?niglichen, ist die kuniczne ganz abgestellt worden, und wird den Br?uten freier Abzug nach allen jenen Dominien gew?hrt, die Reziprozit?t ?ben.
Der Untertan besitzt weder die aktive, noch die passive Prozessf?higkeit. Nicht er klagt, sondern f?r ihn die Herrschaft, wie auch sie in Vertretung ihres Untertans belangt wird.
Die hohe und die niedere Gerichtsbarkeit ?ber die Untertanen steht ausschliesslich dem Herrn zu. Er schaltet nach Belieben ?ber Leben und Tod der Untertanen.
Nur wenn ein Mann nichtadeligen Standes einen Bauer t?tet, wird gegen den ?belt?ter mit Kapitalstrafe vorgegangen. T?tet aber ein Edelmann einen fremden Bauer, so muss er eine Busse von hundert Mark erlegen, die zur H?lfte dem Herrn des Get?teten, zur H?lfte seinen Hinterbliebenen zuf?llt. Dar?ber, was zu geschehen habe, wenn der Herr selbst einen seiner Untertanen ermordet, geben die Gesetze keine Auskunft. Gerade dieses Schweigen lehrt aber, dass der M?rder in einem solchen Falle straflos ausgeht. Im Jahre 1768 wird die hohe Gerichtsbarkeit dem Adel entzogen und an die Grodgerichte ?bertragen. Auch wird festgesetzt, dass die Ermordung eines Bauern fortan nicht mehr durch ein Wehrgeld abgel?st werden k?nne, sondern dass Kapitalstrafe eintreten solle. Doch wird die wohlt?tige Wirkung dieses Gesetzes durch den Zusatz aufgehoben, dass der Edelmann nur dann hingerichtet werden solle, wenn er auf frischer Tat ertappt und von sechs Zeugen, von denen mindestens zwei von Adel sein m?ssen, ?berf?hrt worden ist. So ist das ius vitae et necis nur dem Scheine nach aufgehoben: in der Tat aber besteht es fort.
Ein nat?rliches Ergebnis der Schollenpflicht sind die Zwangsgesindedienste, die nicht infolge eines Rechtssatzes, sondern lediglich gewohnheitsm?ssig bestehen. Doch kommt den Zwangsgesindediensten in Polen nicht entfernt jene Bedeutung zu, die sie in Preussen, Sachsen und B?hmen hatten. In den westlichen Teilen Galiziens war die Gesindehaltung nicht gross, dem Osten war sie fast ganz fremd.
Wir sehen also: Der polnische Privatbauer des 18. Jahrhunderts ist leibeigen. Er steht in der absoluten Gewalt des Gutsherrn. Seine rechtliche Stellung ist weitaus schlechter als die des preussischen oder b?hmischen Bauers, obschon g?nstiger als die des russischen.
Die Zeitgenossen sprechen auch von dem Bauer als einem Unfreien und alle polnischen Juristen setzen die in Polen bestehende Untert?nigkeit der r?mischen Sklaverei gleich.
? 4. Die l?ndliche Verfassung Galiziens im 18. Jahrhundert.
?ber den Untertanen steht herrschend die Grundobrigkeit. "Sie vereinigt in sich Herrschaftsverh?ltnisse und Berechtigungen privat- und ?ffentlich-rechtlichen Charakters." Sie ist ein kleiner Staat im Staate.
Nach dem Stande der Besitzer zerfallen die G?ter in vier Kategorien: In die k?niglichen, geistlichen, adeligen und die von privilegierten St?dten oder von B?rgern solcher St?dte besessenen G?ter.
Die k?niglichen G?ter zerfallen wieder in zwei Klassen: In die ?konomieg?ter und die Staatsg?ter. Die ?konomieg?ter sind zur Bedeckung des Aufwandes des k?niglichen Haushaltes bestimmt. Sie werden von Administratoren bewirtschaftet. Die Staatsg?ter dagegen werden als panis bene merentium an verdiente Edelleute zu lebensl?nglichem Besitz verliehen. Der K?nig ist verpflichtet, diejenigen G?ter, die durch den Tod der zeitlichen Besitzer an die Krone heimfallen, wieder auszutun. Die Besitzer dieser Starosteien, Advokatien, Tenuten und Skultetien f?hren den vierten Teil des Ertr?gnisses, die sogenannte Quarta, an den Staatsschatz ab. Zu den bestbewirtschafteten G?tern geh?ren die Kircheng?ter. Auch gegen?ber den Untertanen ist die Herrschaft des Klerus milder als die der Edelleute. Die weitaus gr?sste Zahl von G?tern befindet sich in H?nden des Adels. Doch sind die B?rger auch nicht v?llig der Grundbesitzf?higkeit beraubt. Die B?rger von Lemberg und Krakau haben das Recht, Herrschaften zu erwerben und zu besitzen. Auch besitzen einzelne St?dte als solche Herrschaften und Untertanen.
Die Gr?sse der G?ter ist sehr verschieden. Es gibt G?ter, die 30 und mehr D?rfer umfassen, und solche, zu denen nur Teile eines Dorfes geh?ren. Mancher Edelmann herrscht ?ber Tausende von Untertanen, w?hrend ein anderer wieder nur eine Bauernfamilie sein eigen nennt. Im Durchschnitte besteht ein Gut aus zwei bis drei D?rfern.
Viele Magnaten unterhalten auf ihren G?tern Haustruppen, deren Zahl im Vergleiche zu den k?niglichen ganz bedeutend ist.
Die Einhebung und Repartierung der Staatssteuern obliegt der Grundobrigkeit. Nicht selten ist diese gezwungen, f?r den nicht leistungsf?higen Bauer die Steuer zu bezahlen. Zur Bestreitung der Kosten der ?ffentlichen Agenden, die sie besorgen, heben manche Grundbesitzer selbst Steuern ein.
Die allgemein vorherrschende Form der Landwirtschaft ist im Polen des 18. Jahrhunderts die Gutsherrschaft. Die Haupteinnahmsquelle des Gutsherrn ist der eigene landwirtschaftliche Grossbetrieb. Er produciert f?r den Markt und besorgt auch selbst den Vertrieb der Erzeugnisse seiner Wirtschaft. Er schickt auf eigene Rechnung Getreide und Vieh nach Danzig und den anderen Ostseeh?fen und da der Adel f?r alle Waren, die er ein- oder ausf?hrt, Zollfreiheit geniesst, so wird es ihm leicht, die Konkurrenz nichtadeliger Kaufleute zu schlagen.
Trotzdem die wirtschaftliche Politik des Gutsherrn dahin gerichtet ist, seinem Eigenbetriebe die gr?sstm?gliche Ausdehnung zu geben, tritt das Bestreben, das Hoffeld auf Kosten des Bauernlandes zu erweitern, erst sp?t und nur in geringem Ausmasse hervor. Denn noch steht ihm reichlich unbebautes Land zur Verf?gung, und seine Bem?hungen m?ssen vor allem darauf abzielen, die kostbare und seltene Arbeitskraft des Bauern beim Gute zu erhalten.
Neben den Abgaben an die Obrigkeit m?ssen die Untertanen auch an die obrigkeitlichen Beamten Taxen und Sporteln entrichten. So das Waggeld f?r das Abwiegen der untert?nigen Zinsungen, sowie das Quittowe und Groszowe f?r das Ausstellen von Quittungen ?ber geleistete Dienste.
Zur Verwaltung des Gutes unterh?lt der Gutsherr ein Wirtschaftsamt , an dessen Spitze der Amtmann steht. Die Vorwerke leitet ein Unterverwalter . Doch wird nur der kleinere Teil der G?ter von Beamten verwaltet. Der gr?ssere Teil ist verpachtet. W?hrend der Gutsherr in Warschau lebt und sich ausschliesslich mit Politik besch?ftigt, treibt der P?chter, der entweder ein Edelmann oder ein Jude ist, auf dem Gute Raubbau, sowohl mit den Kr?ften des Bodens und dem Holzbestande, als auch mit den Kr?ften der Fronbauern. Auch auf jenen G?tern, die in eigener Verwaltung des Gutsherrn stehen, sind Propination und M?hle an Juden verpachtet.
? 5. Die l?ndliche Verfassung Galiziens im 18. Jahrhundert.
Die b?uerliche Bev?lkerung des flachen Landes zerf?llt in Untertanen und in freie Bauern. Freibauern gibt es nur mehr wenige. Die Schulzeng?ter sind auf den adeligen Besitzungen g?nzlich verschwunden, auf den k?niglichen G?tern aber sind sie als Tenuten im Besitze von Edelleuten.
Viele Schulzeng?ter und adelige G?ter sind im Laufe der Zeiten durch fortgesetzte Teilungen unter den Nachkommen der fr?heren Besitzer in kleine Stellen zersplittert worden. Sie bilden jetzt die sogenannten adeligen D?rfer . Hier bebaut der Edelmann mit eigener Hand den Boden; er geniesst keinerlei Dominikalrechte und bezieht keine obrigkeitlichen Eink?nfte. Neben diesen adeligen Landleuten, die Erbeigent?mer ihrer Gr?nde sind, gibt es noch eine zweite Klasse von adeligen Bauern, die keine eigenen Gr?nde besitzen, sondern obrigkeitliche Gr?nde bebauen, die ihnen censititie, d. i. gegen Zahlung von Grundzins einger?umt wurden. Viele von diesen Zinsedelleuten sind auch robotpflichtig. Die "kleinen Edelleute" sind in Galizien ?beraus zahlreich. Wenn auch rechtlich dem ?brigen Adel vollkommen gleichgestellt, sind sie sozial von ihm durch eine tiefe Kluft getrennt.
In den westlichen, an Schlesien grenzenden Bezirken sind die Bauern einiger neu gestifteter D?rfer Nutzungseigent?mer ihrer Gr?nde. Hingegen sind die weitaus ?berwiegende Mehrzahl aller Untertanen der westlichen H?lfte des Landes und alle Untertanen der ?stlichen nur "Wirte bis weiter". Sie haben keinerlei Recht an dem Boden, den sie bearbeiten. Sie sind, um mit dem amtlichen Sprachgebrauche des 18. Jahrhunderts zu reden, uneingekaufte Dominikalisten. Der Grundobrigkeit steht das uneingeschr?nkte Verf?gungsrecht ?ber die Grundst?cke der Untertanen zu. Sie darf sie ihnen nach Belieben entziehen oder gegen andere vertauschen. Auch das Bauernhaus und das gesamte Wirtschaftsinventar, das Vieh und die Ackerger?te, ja auch die Einrichtung der Wohnr?ume sind Eigentum der Herrschaft, und nichts hindert diese, den Bauer t?glich und st?ndlich aus seinem Besitztume zu verjagen. Das geschieht freilich nur in den seltensten F?llen, denn es widerspricht dem Interesse des Gutsherrn, dessen Streben vor allem dahin gerichtet sein muss, seinem Gute die Arbeitskr?fte zu erhalten. Es kommt wohl vor, dass der Gutsherr dem Untertan gute Gr?nde entzieht und daf?r schlechtere gibt, dass er ihm in Zeiten der Not das Vieh wegnimmt, dass er -- etwa aus pers?nlichem Hasse -- einen Bauer abstiftet. Die Regel bildet das aber durchaus nicht. Typischerweise werden vielmehr nur schlechte Wirte oder solche, die sich ein Verbrechen haben zuschulden kommen lassen, abgestiftet. Die Mehrzahl der Untertanen dagegen bleibt im lebensl?nglichen Genusse ihrer Gr?nde. Sterben sie, so teilen die Kinder die ?cker des Vaters, oder setzen -- was in den ?stlichen Teilen des Landes nicht selten vorkommt, -- die Haus- und Wirtschaftsgemeinschaft fort. Die Grundobrigkeit ihrerseits beg?nstigt ?brigens die Teilung, bietet sie ihr doch eine erw?nschte Gelegenheit, die Fronen zu erh?hen.
Ebenso unbestritten wie an den untert?nigen Gr?nden ist das Eigentum des Gutsherrn an Wald und Weide. Doch stehen auch an diesen den Untertanen weitgehende Nutzungsrechte zu, die juristisch prek?r sind wie das Recht am Ackerland, dennoch aber von der Obrigkeit nicht eingeschr?nkt werden. Ist doch der Wert des Waldes gering, da Holz noch nicht ausgef?hrt wird, im Lande aber reichlich vorhanden ist.
Der Wirtschaftsbetrieb des Untertanen steht unter best?ndiger Aufsicht der Obrigkeit. Wird sein Haus durch Feuer oder Wasser zerst?rt, so baut es die Herrschaft wieder auf; f?llt sein Vieh, so schafft die Obrigkeit Ersatz.
Die Entstehung und die Geschichte der Feldgemeinschaft in Pokutien liegen im Dunkeln. Jedenfalls ist sie mit jenen Formen des Gemeineigentums verwandt, die wir um dieselbe Zeit in Kleinrussland, in der Moldau, in der Bukowina und in Ungarn treffen.
In den Inventaren sind die Untertanen nach der Gr?sse ihres Besitzes in Klassen eingeteilt. Doch sind die Unterschiede zwischen den einzelnen Klassen durch die Sitte der Naturalteilung bei Erbf?llen verwischt. Die Inventare teilen nun die Untertanen auf dem flachen Lande -- die Bewohner der untert?nigen St?dte interessieren uns hier nicht -- in Bauern, G?rtner, H?usler und Innleute ein.
Die Bauern sind Ganzbauern , Halbbauern oder Viertelbauern . Sie besitzen einen Hausplatz im Dorfe und Ackerst?cke, die auf der Flur im Gemenge mit denen der Herrschaft liegen. Die G?rtner besitzen nur H?tte und Hausgarten , die H?usler nur eine H?tte . Die Innleute besitzen weder H?tte noch Grund und wohnen bei angesessenen Untertanen zu Miete.
Die Gr?sse des Grundbesitzes eines Ganzbauern ist in den einzelnen Teilen des Landes verschieden; im Westen ist er am kleinsten und wird in dem Masse gr?sser, als man nach Osten schreitet.
? 6. Die l?ndliche Verfassung Galiziens im 18. Jahrhundert.
Die Untertanen sind verpflichtet, der Obrigkeit unentgeltlich Dienste zu leisten, die nach der Gr?sse ihres Besitzes abgestuft sind.
Auf den Privatg?tern sind die Untertansschuldigkeiten in den Inventaren verzeichnet. Die Inventare entstehen durch den blossen Willen des Gutsherrn, der sie nach Willk?r umstossen oder ?ndern kann. Das geschieht auch ?beraus h?ufig, besonders bei Verk?ufen und Verpachtungen, um einen h?heren Kaufpreis, beziehungsweise Pachtschilling zu erzielen.
Man muss zwischen den w?chentlichen Frondiensten und den Hilfs- oder Nebendiensten unterscheiden.
Die Robot ist entweder Zugrobot oder Hand-, resp. Fussrobot . Ein Tag Zugrobot wird allgemein zwei Tagen Handrobot gleichgesetzt. Die Zugrobot ist in manchen Gegenden mit Pferden, in anderen wieder mit Ochsen zu leisten. In der Regel sind zwei Tiere anzuspannen. Nur die gr?sseren Bauern haben viersp?nnig zur Arbeit zu erscheinen. Einsp?nnige und dreisp?nnige Robot sind selten.
Die Fronpflicht muss nicht von dem Untertan pers?nlich erf?llt werden. Er kann auch ein Familienmitglied oder einen Knecht zur Arbeit schicken. Ein Teil der Dienste wird nicht in natura gefordert, sondern in Geldabgaben verwandelt, wobei ein Zugtag mit 12 Groschen polnisch, ein Fusstag mit 6 Groschen angesetzt zu werden pflegt.
Neben diesen w?chentlich wiederkehrenden Diensten haben die Untertanen zur Zeit der dringenden Feldarbeiten, der Aussaat und der Ernte, sogenannte Hilfs- oder Nebendienste zu leisten. Auch der Umfang dieser Schuldigkeit ist in den Inventaren verzeichnet. In vielen Gegenden sparen die Obrigkeiten die Robot im Winter, um dann im Fr?hjahr und zur Erntezeit auf einmal r?ckst?ndige Arbeit einfordern zu k?nnen. In anderen D?rfern m?ssen die Untertanen im Winter f?r die Herrschaft spinnen, wobei ihnen die Herrschaft das Rohmaterial beistellt.
Da die Obrigkeiten die untert?nigen Schuldigkeiten beliebig erh?hen konnten, so wurden mit der Zeit die Untertanen zu allen Arbeiten, die im herrschaftlichen Betriebe zu verrichten waren, herangezogen. Alle Arbeit in den M?hlen und Brennereien, G?rten und Teichen wurde ihnen aufgeb?rdet.
Auch die Verfrachtung des Getreides besorgt die Obrigkeit vermittels der Arbeit der Untertanen. Die spannf?higen Bauern sind verpflichtet, das Getreide und auch andere Erzeugnisse des herrschaftlichen Wirtschaftsbetriebes, z. B. Salz, Pottasche u. s. w. viele Meilen weit bis an den Markt oder bis an das Ufer eines schiffbaren Flusses zu bringen. Die weiten Fuhren werden teils in die Robot eingerechnet, teils besonders verg?tet. Auf den k?niglichen G?tern sind sie in der Lustration verzeichnet. Von den Ufern der Fl?sse werden die obrigkeitlichen Produkte auf flachen Schiffen nach Danzig bef?rdert. Der Bau dieser Schiffe muss von den Untertanen unentgeltlich besorgt werden, und gegen geringe Verg?tung sind sie gehalten, Ruderdienste zu leisten.
Die Transportdienste haben eine besonders grosse Bedeutung in jenen ?stlichen Teilen des Landes, wo die Landwirtschaft weniger rentabel ist, und die Gutsherren sich daher vor allem auf die Salzgewinnung verlegen. Hier werden die Untertanen mit Salzfuhren bis in die Ukraine geschickt, w?hrend die anderen Fronen auf ein Minimum herabgesetzt werden.
Schwer seufzt der Bauer unter der Last der Frondienste und nur widerwillig leistet er die Arbeit, deren Wert eben wegen seiner L?ssigkeit gering ist. Hundertj?hrige Unterdr?ckung haben aus ihm fast ein tierisches Wesen gemacht, das allen Versuchen, die zu seiner geistigen und wirtschaftlichen Hebung unternommen werden, gleichg?ltig gegen?bersteht. Immer wieder heben es die Akten hervor: "Der gemeine Mann ist in Galizien noch viel zu roh, um den grossen Wert des freien Eigenthums zu kennen, er ist an Bande gewohnt, die ihn seit Jahrhunderten fesseln. Selbst unwirtsam verl?sst er sich wie der Knecht im Maierhofe und wie das Lastthier im Stalle, dass man ihn n?hre, wenn seine Fechsung missrath, dass man ihn bewahre, wenn sein Haus abbrennt, dass man ihm andere Gr?nde anweise, wenn seine Felder vom Wasser weggesp?lt oder mit unfruchtbarem Sand bedeckt werden. Sein Holz findet er in den obrigkeitlichen Waldungen, die Weide seines Viehes auf ihren Triften. Diese Art Existenz hat f?r den unwissenden Mann ihre Bequemlichkeit; er vegetiert auf dem Fleck Erdbodens fort, wo die Natur ihn hat aufwachsen lassen. Tr?gheit und Dummheit, wovon eine die andere wechselweise geb?hret und unterst?tzet, machen ihn gef?hllos, und nur ?usserst harte Behandlung wird ihn aus seiner Unt?tigkeit erwecken, und nach einer besseren Lage sehnen machen k?nnen".
? 7. Ein Blick auf die Stellung des Staates zur Bauernfrage in Polen und in ?sterreich.
Durch zwei Jahrhunderte besch?ftigt sich die polnische Gesetzgebung nicht mit den Bauern. Wenn sie ?berhaupt der Untertanen Erw?hnung tut, so spricht sie von ihnen nur als von Rechtsobjekten. F?r die Republik Polen existierte der Bauer als Rechtssubjekt ?berhaupt nicht.
Wohl gelobte K?nig Johann Kasimir im Jahre 1656, von Feinden hart bedr?ngt, feierlich in der Kathedrale zu Lemberg: er werde nach Beendigung der bevorstehenden K?mpfe dem geknechteten Volke zu Hilfe kommen und dessen Lasten erleichtern. Er war auch von gutem Willen erf?llt, sein Gel?bnis zu halten, allein es fehlte ihm die Macht, um gegen den im Staate allm?chtigen Adel erfolgreich auftreten zu k?nnen.
Nicht der Staat war es, sondern Private, von denen im 18. Jahrhundert der Anstoss zu Reformen ausging. Zahlreiche Grossgrundbesitzer, weltliche wie geistliche, begannen, von der geringen Produktivit?t der Frondienste ?berzeugt, auf ihren G?tern Reformen einzuf?hren, die ?brigens h?ufig nicht so sehr die Verbesserung des Loses der Untertanen, als die Erh?hung der gutsherrlichen Eink?nfte zum Ziele hatten.
Stanislaus August, der letzte K?nig von Polen, erkl?rte sofort nach seiner Thronbesteigung, er wolle auf gesetzlichem Wege die Lage der Bauern verbessern. Aber die Tat blieb weit hinter der Absicht zur?ck. Das einzige, was er durchsetzen konnte, war, dass dem Adel das ius vitae necisque scheinbar entzogen wurde. Erst nach der ersten Teilung setzte in Polen eine lebhafte Bewegung zu Gunsten der Bauern ein. In zahllosen Flugschriften wird die Abschaffung der Leibeigenschaft gefordert. Aber noch str?ubt sich der Adel gegen jede Konzession, und 1780 verwirft er nach vierj?hriger Beratung das neue Gesetzbuch, das der gewesene Krongrosskanzler Andreas Zamoyski in bauernfreundlichem Sinne ausgearbeitet hatte. Selbst als der Staat schon dem Untergange verfallen war, konnte der Adel sich nicht dazu entschliessen, auf seine Rechte zu Gunsten des Vaterlandes zu verzichten. Die Verfassung vom 3. Mai 1791 brachte nur ganz wertlose Zugest?ndnisse.
Im 16. und 17. Jahrhundert k?mmert sich allerdings der Landesf?rst in ?sterreich nur wenig um die Bauern. Dringendere Angelegenheiten nehmen ihn in Anspruch. Mit Aufwendung aller Kr?fte gelingt es ihm kaum, im Inneren der unbotm?ssigen St?nde Herr zu werden und nach aussen hin das Reich vor T?rken, Franzosen und Schweden zu sichern. Erst im letzten Viertel des 17. Jahrhunderts f?ngt es an, anders zu werden. Auch dann sind es freilich nur fiskalische Erw?gungen, die ein Eingreifen zu Gunsten der untert?nigen Bev?lkerung veranlassen. "Der haupts?chlichste k. k. Contribuent" soll in "contributionsf?higem Stande" erhalten bleiben. Im 18. Jahrhundert aber ist die ?sterreichische Verwaltung ?ber diesen Standpunkt hinausgegangen und hat es als ihre wichtigste Aufgabe erkannt, die Bauernschaft gegen Bedr?ckungen zu sch?tzen. "Wo die Unterthanen, in was es sei, wider Billigkeit hart gehalten und unterdr?ckt werden, sine respectu personae, wer es auch w?re, soll ernstlich abgestraft werden".
Diesem Grundsatze entsprechend wird denn auch in Galizien nach der Occupation in das gutsherrlich-b?uerliche Verh?ltnis eingegriffen.
Erstes Kapitel.
Die b?uerlichen Verh?ltnisse in den ersten Jahren der ?sterreichischen Herrschaft.
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