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Read Ebook: Der Weltkrieg III. Band Vom Eingreifen Amerikas bis zum Zusammenbruch by Helfferich Karl

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Ebook has 761 lines and 89758 words, and 16 pages

Am Vormittag des gleichen Tages hatte ich meinen t?rkischen Kollegen Ghalib Kemal Bey besucht und ihm zugesagt, dass ich den Abend bei ihm in einem kleineren Kreise verbringen werde. Wir hatten auf seinen Vorschlag verabredet, die Tatsache, dass ich zu ihm kommen w?rde, geheimzuhalten. Kurz vor der verabredeten Zeit erhielt ich von einer russischen Seite die Mitteilung, es sei bekannt, dass ich zur t?rkischen Gesandtschaft fahren wolle; unterwegs werde ein Anschlag auf mich ver?bt werden. Die Herren meiner Umgebung baten mich dringend, die Warnung ernst zu nehmen. Ich f?gte mich widerstrebend und blieb zu Hause. Gleich nach elf Uhr knallten Gewehrsch?sse und wurde Alarm geschlagen. Es war ein ?berfall auf den Lettenposten am Garteneingang unseres Geb?udes versucht worden. Etwa eine Stunde sp?ter wurde aus der gleichen Ursache nochmals alarmiert.

In den n?chsten Tagen h?uften sich die Mitteilungen, dass ein Anschlag auf mich pers?nlich und auf das Geb?ude der deutschen Vertretung geplant sei. Die Sowjetregierung verst?rkte nicht nur ihre Wachen -- allerdings durch zweifelhafte Rotgardisten, da die Lettenregimenter nach der Front abgezogen wurden --, sondern entzog mir auch mit peinlicher Sorgfalt jede Veranlassung, dienstlich meinen Bau zu verlassen. Herr Tschitscherin besuchte mich, sooft ein Anlass zu einer Besprechung vorlag, statt -- wie es der ?bung entspricht -- meinen Besuch zu erwarten oder zu erbitten. Als ich ihm vorstellte, dass mir dies nicht konveniere, entgegnete er: >>Ich denke, Sie sind gewarnt worden.<< Die ?berreichung meines Beglaubigungsschreibens an den Vorsitzenden des Vollzugsausschusses der Sowjets, Swerdloff, sollte nach der bei meinem ersten Besuch getroffenen Verabredung im Kreml in Gegenwart der s?mtlichen Volksbeauftragten stattfinden. Die Zeremonie wurde schliesslich auf Montag, 5. August, verschoben; im letzten Augenblick jedoch liess mich Herr Tschitscherin bitten, mich mit der ?berreichung noch weiter zu gedulden. Die Sowjetregierung getraue sich nicht, die Verantwortung zu ?bernehmen, dass ich von meiner Wohnung nach dem Kreml f?hre!

Die Lage fing an, unw?rdig und unm?glich zu werden.

Sie wurde versch?rft dadurch, dass die >>Znamja Borby<< ungehindert die Ermordung des Feldmarschalls von Eichhorn in fetten Lettern als eine Grosstat der Moskauer Linken Sozialrevolution?re feiern konnte. Ich remonstrierte bei Herrn Tschitscherin gegen diesen Zustand auf das nachdr?cklichste. Ich tat dies auf meine eigene Initiative und Verantwortung; denn von Berlin erhielt ich trotz meiner Berichte keinerlei Auftrag, wegen der auf Moskau zur?ckweisenden Bluttat und ihrer offenen Glorifikation irgendwelche Schritte zu unternehmen. Die Ermordung eines ?sterreichischen Erzherzogs hatte die Veranlassung zu dem Krieg gegeben. Der Ermordung eines deutschen Feldmarschalls durften sich jetzt die T?ter ungestraft r?hmen!

Wenn ich jetzt nach Berlin berufen wurde, so vermochte ich nicht den von allen meinen Beratern als notwendig erachteten Entschluss der Verlegung unserer diplomatischen Vertretung meinem Vertreter zu ?berlassen. Ich w?re mir vor mir selbst als Feigling erschienen, wenn ich die Verantwortung f?r diesen Entschluss nicht auf mich selbst genommen h?tte, gerade weil f?r mich pers?nlich jetzt mit meiner Abreise das Moment der pers?nlichen Sicherheit wegfiel. Ich habe sp?ter in Berlin mit einigem Erstaunen den Vorwurf geh?rt: >>Nachdem Sie nach Berlin gerufen waren, h?tten Sie die Sache doch ruhig in Schwebe lassen k?nnen.<< Ich habe darauf geantwortet, dass ich nicht gewohnt sei, nach dem Vers zu handeln: >>W?r' ich mit guter Art davon, k?nnt' Euch der Teufel holen.<<

Ich betrachtete es allerdings nicht nur als meine Pflicht, entsprechend der mir vom Ausw?rtigen Amt ausdr?cklich erteilten Weisung f?r die Sicherheit meines Personals zu sorgen, sondern es kam mir auch darauf an, unserer Regierung f?r alle etwa von ihr zu fassenden Entschl?sse dadurch freie Hand zu schaffen, dass ich die zahlreichen bei unserer Vertretung besch?ftigten Personen aus der Moskauer Mausefalle, in der sie einfach Geiseln der Bolschewiki waren und aus der es im Ernstfall kein Entrinnen gab, rechtzeitig entfernte.

Dagegen lag mir der mir sp?ter vielfach zugeschriebene Gedanke fern, einen >>Staatsstreich<< zu machen und den Entschl?ssen meiner Regierung durch die Schaffung der vollendeten Tatsache eines Bruches mit der Sowjetregierung vorzugreifen. Ich einigte mich deshalb mit Herrn Tschitscherin in aller G?te ?ber die Verlegung der Mission nach Petersburg, die ich mit der offenkundigen Unhaltbarkeit der Situation des deutschen Vertreters in Moskau begr?ndete; auch wies ich auf die Tatsache hin, dass die s?mtlichen Botschafter und Gesandten der neutralen M?chte nach wie vor ihren Sitz in Petersburg h?tten. Ich verst?ndigte mich ferner mit ihm ?ber die zur Erleichterung des Gesch?ftsverkehrs zwischen Petersburg und Moskau zu treffenden Massnahmen und Einrichtungen. Herr Tschitscherin nahm meine Er?ffnung ohne ?berraschung auf und ?usserte nur einigen Zweifel, ob die Sicherheitsverh?ltnisse in Petersburg besser seien als in Moskau. Darin mag er recht gehabt haben, soweit die Attentatsgefahr f?r einen Einzelnen in Betracht kam; dagegen war f?r die Gesamtheit des Personals die unmittelbare N?he unserer Grenzposten an der auf eine Autostunde an Petersburg heranreichenden finnischen und estl?ndischen Grenze gegen?ber der sechshundert Kilometer langen Entfernung, die Moskau von der deutschen Milit?rgrenze trennte, eine entschiedene Erleichterung.

Ich reiste am Abend des 6. August von Moskau mit dem Kurierzug ab. Es war mir ein besonderer Wagen zur Verf?gung gestellt und ein Kommando von Rotgardisten beigegeben worden.

Die Reise verlief nicht ganz programmgem?ss. Am Nachmittag des 7. August hatte der Zug in Jarzewo, der Station vor Smolensk, einen langen Aufenthalt. Pl?tzlich machten sich Eisenbahnarbeiter daran, meinen Wagen, den Wagen der Bedeckungsmannschaft und den Kurierwagen, die als letzte dem langen Zug angeh?ngt waren, abzukoppeln. Auf meine Anfrage erhielt ich vom Stationsvorstand die Antwort, es sei aus Smolensk der Befehl gekommen, diese Wagen zur?ckzuhalten. Als ich ?ber die Gr?nde keine Auskunft erhielt, erhob ich Einspruch. Der Kommandant meiner Wache stellte sich auf meine Seite und erkl?rte, er werde das Abkoppeln der Wagen mit Gewalt verhindern. Nach l?ngerem Parlamentieren und einer telegraphischen Anfrage in Moskau erhielt der Stationsvorstand ein Telegramm des Volkskommissars f?r Eisenbahnen, die Wagen seien abzukoppeln und nach Wiasma zur?ckzubringen; dort w?rden sie weitere Befehle zu erwarten haben. Ich bestand nun darauf, durch den Bahntelegraphen mit dem Volkskommissar f?r das Ausw?rtige in Verbindung gesetzt zu werden. Nach l?ngerem Warten erschien der Stellvertreter Tschitscherins, Herr Karachan, am Telegraphen und teilte mir mit: der Befehl zur Zur?ckf?hrung der Wagen sei im Einverst?ndnis mit dem deutschen Gesch?ftstr?ger erteilt worden, da in Orscha, der Grenzstation, Milit?runruhen ausgebrochen seien, die eine Weiterfahrt gef?hrlich erscheinen liessen; in Wiasma werde mich Radek erwarten, mit dem ich das Weitere besprechen k?nne.

In der Tat hatte die russische Garnison von Orscha, die Befehl zum Abmarsch nach der Tschecho-Slowaken-Front erhalten hatte, gemeutert, die bolschewistischen Beh?rden teils erschossen, teils verjagt, eine sozialrevolution?re Republik erkl?rt und den deutschen Grenztruppen mitgeteilt, sie betrachte sich als mit Deutschland im Kriegszustand befindlich. Die Sowjetregierung sandte sofort Truppen aus Smolensk und Witebsk, um die Ordnung wiederherzustellen. ?ber die weitere Entwicklung der Dinge lagen angeblich Nachrichten noch nicht vor. Ich verlangte von Herrn Radek, gleichwohl nach Orscha gebracht zu werden. Bei unserer Ankunft hatten sich die meuternden Truppen aus der Stadt zur?ckgezogen und auf einer benachbarten H?he eingegraben. Auf der deutschen Seite hatte man sich ?ber mein Verbleiben beunruhigt und bereits Vorkehrungen getroffen, um mich n?tigenfalls herauszuhauen.

Als ich am Morgen des 10. August in Berlin eintraf, erfuhr ich zu meinem nicht geringen Erstaunen, dass der Staatssekret?r des Ausw?rtigen Amtes, ohne meine Ankunft abzuwarten, die Weiterverlegung unserer Vertretung von Petersburg nach dem hinter der deutschen Milit?rgrenze liegenden und von unseren Truppen besetzten Pleskau angeordnet hatte, da nach seiner Ansicht auch Petersburg keine Gew?hr f?r gr?ssere Sicherheit als Moskau biete. Auf meine Meldung liess mir der Staatssekret?r sagen, dass er mich, da er unwohl sei, erst am n?chsten Nachmittag um f?nf Uhr empfangen k?nne. Im Amt erfuhr ich, dass der Staatssekret?r beabsichtigte, am n?chsten Abend nach Spa zum Vortrag beim Kaiser und Reichskanzler zu reisen. Ich teilte daraufhin dem Staatssekret?r mit, dass ich mich gleichfalls nach Spa begeben w?rde.

Ich erfuhr ferner, dass die Zusatzvertr?ge fertiggestellt seien und dass Herr Kriege beabsichtige, sie im Laufe des Nachmittags mit Herrn Joffe zu paraphieren. Der Weggang der deutschen Vertretung von Moskau hatte offenbar die russische Delegation stark beunruhigt und sie bestimmt, alles zu tun, um durch das sofortige Zustandekommen der Zusatzvertr?ge den anscheinend wankenden R?ckhalt bei der deutschen Regierung neu zu befestigen. Herr Joffe ?bernahm es, alsbald nach der Paraphierung mit den Vertr?gen nach Moskau zu reisen, um dort ihre sofortige und unver?nderte Annahme durchzusetzen. Auch der Sowjetregierung in Moskau, die urspr?nglich den Weggang der deutschen Vertretung von Moskau ruhig aufgenommen hatte, kamen die ernstlichsten Sorgen wegen der Aufrechterhaltung der damals f?r sie unentbehrlichen R?ckendeckung durch die deutsche Politik. Sie entschloss sich, Herrn Radek in besonderer Mission nach Berlin zu entsenden, um jedes etwa m?gliche Missverst?ndnis zu beseitigen. Nachdem jedoch Herr Radek auf der Fahrt nach Berlin in Orscha mit Herrn Joffe zusammengetroffen war, der mit den paraphierten Zusatzvertr?gen in der Tasche seine Besorgnisse ohne weiteres zerstreuen konnte, brauchte sich Herr Radek nicht weiter zu bem?hen und konnte mit Herrn Joffe nach Moskau zur?ckreisen. Mein Einspruch gegen die Paraphierung, ehe ich Gelegenheit gehabt h?tte, meinen Standpunkt zu vertreten, war vergeblich gewesen. Die Vertr?ge waren in der Tat am Abend des 10. August paraphiert worden.

Meine Unterhaltung mit Herrn von Hintze am n?chsten Nachmittag war gleichfalls ergebnislos. Der Staatssekret?r blieb auf seinem Standpunkt, dass die Zusatzvertr?ge unter allen Umst?nden zustandekommen und dass wir uns mit den Bolschewiki verhalten m?ssten. Dieses >>Verhalten mit den Bolschewiki<< ging so weit, dass das Ausw?rtige Amt Berichte deutscher Korrespondenten ?ber die Zust?nde in Russland und ?ber das wahre Gesicht des Bolschewismus unterdr?ckte.

Ebensowenig gelang es mir, im Grossen Hauptquartier meinen Standpunkt durchzusetzen, obwohl der General Ludendorff erkl?rte, er nehme an dem Zustandekommen der Zusatzvertr?ge und insbesondere auch an der Abtrennung Estlands und Livlands nach der Entwicklung der Gesamtlage kein Interesse mehr. Der Kanzler behielt sich formell seine Entscheidung vor bis zu seiner f?r den 26. August in Aussicht genommenen R?ckkehr nach Berlin. Ich liess keinen Zweifel daran, dass ich bei der -- kaum mehr zweifelhaften -- Entscheidung gegen mich meinen Abschied nehmen w?rde. Den Kaiser bat ich, eine schriftliche Darlegung meiner Gesichtspunkte geben zu d?rfen. Ich sandte diese Denkschrift am 20. August an den Kanzler mit der Bitte um Weitergabe an Seine Majest?t, habe aber Grund zu der Annahme, dass die Denkschrift dem Kaiser niemals vorgelegt worden ist.

Der Kanzler kam erst am 29. August nach Berlin zur?ck. Am Tage vorher waren die am 10. August paraphierten Vertr?ge unterschrieben worden. Ich ?bergab dem Kanzler am 30. August mein eingehend begr?ndetes Abschiedsgesuch. In diesem hob ich noch einmal die Gefahren hervor, die ich in wichtigen Punkten der entgegen meinem dringenden Abraten unterzeichneten Zusatzvertr?ge f?r die Gestaltung unseres k?nftigen Verh?ltnisses zu Russland und f?r unser eigenes B?ndnissystem erblicken m?sse. Ich begr?ndete ferner die Unm?glichkeit eines gedeihlichen, uns tats?chliche Entlastung und Erleichterung verschaffenden Zusammengehens mit der Bolschewikiherrschaft und f?gte hinzu:

>>Ich sehe die R?ckschl?ge kommen, nicht nur in aussenpolitischer Beziehung, sondern auch innerpolitisch. Die systematisch- sch?nf?rberischen Darstellungen des in seinen Ausschreitungen kaum von den Jakobinern ?bertroffenen Bolschewistenregimes in der deutschen Presse, die ostensible Behandlung dieses Regimes auf gleichem Fusse, die Solidarisierung oder mindestens der Anschein der Solidarisierung mit diesem Regime bis zur Duldung der laxen Verfolgung, richtiger Nichtverfolgung der an der Ermordung des Grafen Mirbach und des Feldmarschalls von Eichhorn beteiligten Personen und Gruppen, -- das alles kann auf die deutsche Volksseele und unsere eigenen innerpolitischen Verh?ltnisse nicht ohne gef?hrlichen Einfluss bleiben.<<

Die Genehmigung meines am 30. August eingereichten Entlassungsgesuchs wurde mir erst am 22. September zugestellt. Aus bestimmten Andeutungen hatte ich den Eindruck, dass man es f?r zweckm?ssig hielt, mich solange wie m?glich unter dem Druck des >>Arnim-Paragraphen<< zu halten, um mir eine ?ffentliche Bek?mpfung der von mir f?r verh?ngnisvoll gehaltenen Regierungspolitik unm?glich zu machen. Meinem Wunsch, dass bei der Ver?ffentlichung meiner Verabschiedung offen die un?berbr?ckbare Meinungsverschiedenheit ?ber die Fragen unserer Ostpolitik als Grund angegeben werden m?chte, wurde nicht entsprochen.

Gleichzeitig wurden vom Ausw?rtigen Amt den f?hrenden Reichstagsabgeordneten und der Presse Informationen ?ber die Vorg?nge in Moskau erteilt, die geeignet waren, mein Verhalten in ein falsches Licht zu setzen. Der Staatssekret?r des Ausw?rtigen Amtes ?usserte in einer Besprechung mit Journalisten unter anderem, ich h?tte ihn zum >>Verrat<< an der Bolschewikiregierung anstiften wollen! In einer Anzahl von Zeitungen, die sich offen auf Mitteilungen der zust?ndigen Stelle beriefen, wurde mir vorgeworfen, ich h?tte aus Gr?nden meiner pers?nlichen Sicherheit den Moskauer >>Sch?tzengraben<< verlassen. Das Stichwort wurde von Bl?ttern, die mir von meiner fr?heren T?tigkeit her ihr Wohlwollen bewahrt hatten, mit Behagen aufgenommen.

Die pers?nlichen Angriffe ber?hrten mich nicht; ich war abgebr?ht. Aber ich litt auf das schwerste unter dem Verh?ngnis, das ich kommen sah und das ich mit allen meinen Warnungen nicht abwenden konnte.

So endete meine Moskauer Mission f?r mich nicht nur mit einer starken pers?nlichen Entt?uschung, sondern mit dem niederdr?ckenden Gef?hl, dass die G?tter unser Verderben wollten.

Der Zusammenbruch

Unser Verh?ltnis zu Sowjetrussland und unseren Bundesgenossen

Die deutsche Politik hatte in eigensinniger Verkennung der Sachlage dem Bolschewismus ?ber seine schwerste Krisis hinausgeholfen. In Russland begriff jedermann, dass die deutsche Regierung ihren Moskauer Vertreter der Freundschaft mit dem Bolschewistenregime geopfert hatte. Das gab der wankenden Sowjetregierung einen starken R?ckhalt und schmetterte im Lager der Nichtbolschewisten alle Hoffnungen nieder. Die >>Ausserordentliche Kommission<< konnte jetzt ungest?rt ihres Amtes walten und die Tr?ger des Gedankens einer Erhebung gegen den Bolschewismus einzeln ausrotten. Der Terror erfuhr eine grauenhafte Steigerung nach dem missgl?ckten Attentat auf Lenin und der Ermordung des Petersburger Sowjetgewaltigen Uritzky Ende August 1918.

Das bolschewistische Heer, das einen Augenblick lang der Aufl?sung nahe zu sein schien, konsolidierte sich. Nachdem die Lettenf?hrer bei uns den gesuchten R?ckhalt nicht gefunden hatten, betrachteten sie sich erneut als mit den Bolschewiki auf Gedeih und Verderb verbunden. Trotzki entfaltete als Kriegsminister eine gewaltige Werbet?tigkeit, und mehr als das: es gelang ihm, Organisation und Disziplin in die Rote Armee zu bringen. Die Gefahr des Ententevormarschs von Norden her trat in den Hintergrund, und die Tschecho-Slowaken erlitten einige R?ckschl?ge. Kurz, die Bolschewikiherrschaft, zu deren Sturz es Anfang August nur eines leichten Anstosses zu bed?rfen schien, war aufs neue befestigt.

In Berlin legte man augenscheinlich Wert darauf, die Tr?bung, die durch mich dem guten Verh?ltnis zu der Bolschewikiregierung gedroht hatte, durch eine demonstrativ-freundschaftliche Behandlung des Herrn Joffe und seiner Leute wieder gutzumachen. Die bisher noch ge?bte gesellschaftliche Zur?ckhaltung gegen?ber den Herren der russischen Vertretung wurde aufgegeben; Herr Joffe wurde durch Fr?hst?cke und Diners gefeiert. Mehr denn je hielt man sich an das Wort, das Graf Hertling im Hauptausschuss des Reichstags ausgesprochen hatte: >>Wir sind geneigt, an die Loyalit?t der russischen Regierung uns gegen?ber zu glauben; wir sind insbesondere geneigt, an die Loyalit?t des Vertreters der russischen Regierung hier in Berlin zu glauben.<<

Vergeblich mahnte ich zur Vorsicht. Vergeblich brachte ich zum Ausdruck, dass ich nach meinen Wahrnehmungen nicht daran zweifeln k?nne, dass unter Herrn Joffe die russische Botschaft Unter den Linden das exterritoriale Hauptquartier unserer deutschen Revolution?re geworden sei. Vergeblich bat ich, den auffallend starken Kurierverkehr der russischen Vertretung zu ?berwachen. Das alles galt nur als Gespensterseherei. Erst kurz vor Ausbruch der Berliner Revolution gab die mit revolution?ren Aufrufen und Flugschriften gef?llte Kiste des russischen Kuriergep?cks, die im Bahnhof Friedrichstrasse den Aufzug hinunterfiel und platzte, den Anlass, Herrn Joffe zu entlarven und mit der Sowjetregierung die Beziehungen abzubrechen. Es war zu sp?t.

Wir wissen heute, dass in der Tat in der Berliner russischen Botschaft von dem >>loyalen<< Herrn Joffe alles geschehen ist, um die deutsche Revolution vorzubereiten und zu organisieren, dass dort unsere Unabh?ngigen und Spartakisten sich Rat, Belehrung und Geld holten, dass dort erfahrene russische Agitatoren und Konspiratoren zur Verf?gung gestellt wurden. Unter der blinden und unbegreiflich vertrauensseligen Duldung der deutschen Regierung ist so das bolschewistische Gift, das schliesslich unsern Zusammenbruch so verh?ngnisvoll beeinflusst hat, durch die russische Botschaft in den deutschen Volksk?rper planm?ssig eingef?hrt worden. Der russische Bolschewismus hat sich f?r die rettende Hilfe der deutschen Regierung durch die revolution?re Unterw?hlung Deutschlands bedankt.

Aber nicht nur, dass wir um der Zusatzvertr?ge und des guten Verh?ltnisses zu der Bolschewikiregierung willen achtlos ?ber die uns von dem Bolschewismus drohenden inneren Gefahren hinweggingen, -- wir gef?hrdeten auch ernstlich unsere Beziehungen zu unseren Bundesgenossen.

An sich schon erschien mir die ?bertreibung des Brester Friedens durch die Zusatzvertr?ge geradezu als eine verblendete Hybris, als eine unverantwortliche Herausforderung des Schicksals zu einer Zeit, in der die Entwicklung der Dinge im Westen die dringlichste Mahnung war, abzubauen, sich in den Zielen zu bescheiden und die Kr?fte zu konzentrieren. Diese Herausforderung des Schicksals wurde in einer mir geradezu unbegreiflichen Weise gesteigert durch die Behandlung, die das Ausw?rtige Amt in Ansehung der Zusatzvertr?ge unseren Bundesgenossen zuteil werden liess, mit denen wir nun doch einmal den Brester Frieden gemeinschaftlich abgeschlossen hatten. Das Ausw?rtige Amt hielt es zun?chst nicht f?r n?tig, den Bundesgenossen von den Verhandlungen ?ber die Erg?nzung und Ab?nderung des gemeinschaftlich abgeschlossenen Brester Vertrags irgendwelche Kenntnis zu geben. Ja, als ?sterreich-Ungarn und die T?rkei gegen gewisse Bestimmungen der trotzdem zu ihrer Kenntnis gekommenen Vertr?ge Bedenken erhoben, glaubte man, ?ber diese ohne weiteres hinweggehen zu k?nnen.

Die T?rkei, die an den Kaukasien ber?hrenden Punkten der Zusatzvertr?ge ein grosses Interesse hatte, nahm die Angelegenheit so ernst und wichtig, dass der Grosswesir Talaat Pascha seinen Besuch in Berlin ank?ndigte, um die Dinge vor der Ratifikation der Vertr?ge pers?nlich zu besprechen. Als er am Morgen des 7. September in Berlin eintraf, las er in den Zeitungen, dass die Ratifikationsurkunden der Zusatzvertr?ge am Abend vorher ausgetauscht worden waren. Er wollte sofort, ohne den Kanzler und den Staatssekret?r des Ausw?rtigen ?berhaupt zu besuchen, nach Konstantinopel zur?ckreisen und konnte nur mit grosser M?he bewogen werden, von diesem einen offenen Bruch markierenden Schritt Abstand zu nehmen. Aber eine schwere Verstimmung blieb.

Auch der ?sterreichisch-ungarische Botschafter hatte noch unmittelbar vor dem Austausch der Ratifikation gegen die Zusatzvertr?ge beim Ausw?rtigen Amt remonstriert. Dass man dar?ber glaubte hinweggehen zu k?nnen, ist um so unbegreiflicher, als schon bei den Besprechungen, die Mitte August gelegentlich des Besuchs des Kaisers Karl und des Grafen Burian im Grossen Hauptquartier stattgefunden hatten, es nur mit M?he gelungen war, ?sterreich-Ungarn noch einmal bei der Stange zu halten und ihm einen gesonderten Friedensschritt auszureden; als ferner unsere abermalige Ablehnung der polnischen W?nsche des ?sterreichischen Kaisers eine sichtliche Verstimmung hervorgerufen hatte.

Noch bedenklicher standen unsere Beziehungen zu Bulgarien. Die Ver?rgerung ?ber die Vorenthaltung der n?rdlichen Dobrudscha wirkte fort und richtete sich -- ebenso wie die Verstimmung ?ber die Anspr?che der T?rken auf das Maritzagebiet, die wir nicht rechtzeitig einged?mmt hatten -- in der Hauptsache gegen uns. Die bedenkliche Zuspitzung der Ern?hrungsverh?ltnisse verst?rkte die Kriegsm?digkeit. Die Armee wurde unter der Duldung des unzuverl?ssigen Kabinetts Malinoff parteipolitischer Zersetzung preisgegeben, w?hrend sich der Druck der durch die griechischen Truppen verst?rkten Ententestreitkr?fte an der Saloniker Front immer mehr steigerte. Die bulgarischen Hilferufe um Brot und Truppen glaubte man bei uns nicht erf?llen zu k?nnen. Als am 12. September der Vizekanzler von Payer in einer ?ffentlichen Rede die Wiederherstellung des territorialen Standes vom 1. August 1914 nicht nur f?r uns, sondern ausdr?cklich auch f?r alle unsere Bundesgenossen als Kriegsziel erkl?rte, bem?chtigte sich das bulgarische Misstrauen auch dieser ?usserung, in der es ein Abr?cken Deutschlands von den Bulgarien vor seinem Eintritt in den Krieg gemachten Zusicherungen territorialer Art erblicken wollte.

Die Entscheidungsk?mpfe im Westen

Wir hielten und h?tschelten unsern Todfeind, den Bolschewismus, und verprellten in jeder Weise unsere eigenen ohnedies kriegsm?den und schwankenden Bundesgenossen zu einer Zeit, in der auf dem Hauptkriegsschauplatz des Westens die Aussicht auf den Sieg endg?ltig verlorenging, die ?bermacht der Feinde immer schwerer auf uns dr?ckte und die Widerstandskraft von Heer und Volk bedrohliche Zeichen des Verfalls verriet.

Ich hatte in Spa am 15. August eine Unterhaltung mit dem Feldmarschall von Hindenburg und im Anschluss daran eine lange Aussprache mit dem General Ludendorff. Die unmittelbare Gefahr der Katastrophe, die aus der schweren Niederlage des 8. August zu erwachsen drohte, war f?rs n?chste abgewehrt. Der beginnenden Desorganisation unserer Verb?nde war Einhalt geboten, unsere Truppen standen wieder, und die Oberste Heeresleitung hatte die Z?gel wieder in die Hand bekommen. Aber die Generale rechneten mit neuen schweren Anst?rmen der Feinde und vermochten diesen nicht die alte Zuversicht gegen?berzustellen. Weitere R?ckw?rtsbewegungen waren notwendig, um eine einigermassen gesicherte Verteidigungsfront wiederherzustellen, R?ckw?rtsbewegungen unter dem unmittelbaren Druck des Feindes. Und wenn diese Bewegungen ohne allzu grossen Verlust an Menschen und Material gelangen, so war damit nach den Erfahrungen des 8. August noch keineswegs eine Garantie gegen die Wiederholung eines solchen ?berraschenden Einbruchs geschaffen. Ludendorff machte mir die bezeichnende Bemerkung: >>Es war am 8. August, wie wenn alles sich gegen uns verschworen h?tte. Wir haben alles getan, was wir k?nnen, damit so etwas sich so leicht nicht wiederholen kann. Aber -- was einmal m?glich war, wer sagt mir, dass das nicht auch ein zweites Mal passieren kann!<<

An den beiden vorhergehenden Tagen hatten eingehende Besprechungen zwischen den beiden Generalen, dem Reichskanzler und Herrn von Hintze stattgefunden, am 14. August unter Vorsitz des Kaisers. Ich war, obwohl in diesen Konferenzen die gesamte milit?rische und politische Lage einschliesslich der Ostfragen er?rtert werden sollte, ebensowenig zugezogen worden, wie der gleichfalls in Spa anwesende Staatssekret?r des Reichswirtschaftsamts Freiherr von Stein. Ich bin damals auch weder von dem Grafen Hertling oder Herrn von Hintze, noch von den beiden Generalen ?ber den Verlauf der Besprechungen unterrichtet worden. Nach den inzwischen erfolgten amtlichen Ver?ffentlichungen haben in jenen Besprechungen die beiden Generale dargelegt, dass es nicht mehr m?glich erscheine, den Krieg milit?risch zu gewinnen, und dass daher eine Verst?ndigung mit den Feinden herbeigef?hrt werden m?sse. Der Kaiser hat damals entschieden: >>es m?sse auf einen geeigneten Zeitpunkt geachtet werden, wo wir uns mit dem Feinde zu verst?ndigen h?tten<<.

Ohne Kenntnis von diesen Er?ffnungen unserer Heerf?hrer zu haben, hielt ich mich f?r verpflichtet, unmittelbar nach meiner Unterhaltung mit General Ludendorff zum Reichskanzler zu fahren und ihm ?ber diese Unterhaltung zu berichten, mit dem eindringlichen Hinzuf?gen, dass ich nach meiner Kenntnis der Art Ludendorffs, sich ?ber solche Dinge zu ?ussern, den Eindruck gewonnen habe, dass die milit?rische Lage ausserordentlich ernst sei. Mein Eindruck war, dass Graf Hertling meine Auffassung f?r ?bertrieben hielt.

Die von der Obersten Heeresleitung erwarteten neuen Angriffe setzten am 16. August beiderseits Roye ein. Der Feind vermochte hier in mehrt?gigen erbitterten K?mpfen keine nennenswerten Vorteile zu erzielen.

Den Erfolg, der ihm bei diesem Frontalangriff versagt blieb, erk?mpfte er sich jedoch am 20. August in den zwischen der Oise und Aisne und tags darauf in der Gegend Bapaume--Arras einsetzenden Fl?gelangriffen. An beiden Stellen wurden wir in schweren K?mpfen zur?ckgedr?ckt. Der flache Frontbogen Bapaume--Chaulnes--Roye--Noyon kam dadurch in Gefahr. Unsere Heeresleitung entschloss sich, um dieser Gefahr vorzubeugen, diesen Frontteil zur?ckzunehmen. In den letzten Augusttagen wurden deshalb die viel umk?mpften St?dte Roye, Noyon, Bapaume und P?ronne dem nachdr?ngenden Feinde ?berlassen. Gleichzeitig wurde der in der Apriloffensive gewonnene, auf Hazebrouck vorspringende Keil zwischen Ypern und La Bass?e, mit ihm auch der Kemmelberg, aufgegeben.

W?hrend diese R?ckw?rtsbewegungen in leidlicher Ordnung vor sich gingen, gelang den Engl?ndern am 2. September ein mit grosser Wucht gef?hrter Schlag gegen unsere Front an der Strasse Arras--Cambrai. Sie drangen hier in das n?rdliche Schulterst?ck der alten Siegfriedstellung ein, um das sie im Jahre 1917 vergeblich mit dem st?rksten Einsatz gek?mpft hatten. Der Keil, den sie n?rdlich des Sens?ebaches vortrieben, war eine empfindliche Flankendrohung sowohl f?r die sich n?rdlich anschliessende, zun?chst unver?ndert gebliebene Front Arras--Lens--La Bass?e als auch f?r die sich nach S?den erstreckende Siegfriedstellung, in die unsere Truppen im Begriff waren einzur?cken.

Am 8. September meldete der Bericht der Obersten Heeresleitung, dass unsere Truppen an der Schlachtfront ?berall ihre neuen Stellungen bezogen h?tten. Seit dem unheilvollen 8. August, der die Zur?cknahme unserer Streitkr?fte veranlasst hatte, war also genau ein Monat vergangen. Engl?nder, Franzosen und Amerikaner hatten, trotz ihrer gewaltigen ?berlegenheit an Menschen und Material, einen vollen Monat gebraucht, um uns ?ber das Gel?nde zur?ckzudr?ngen, das wir im M?rz im Lauf von sechs Tagen ihnen abgenommen hatten. R?ckzug bleibt R?ckzug, und die Notwendigkeit der Preisgabe des in den M?rzoffensiven erstrittenen Gewinnes wurde in Heer und Heimat als ein grosses Ungl?ck empfunden. Der R?ckzug vollzog sich auch nicht ohne grosse Verluste an Menschen und Material. Aber die Tatsache, dass es gelang, diesen R?ckzug unter dem st?ndigen Druck eines weit ?berlegenen Feindes Schritt f?r Schritt und planm?ssig durchzuf?hren, war ein gl?nzendes Zeugnis f?r Truppe und F?hrung.

W?hrend aber unsere Feinde in den Amerikanern immer neuen und frischen Zuzug erhielten -- im August kamen allein 335000 amerikanische Soldaten in Frankreich an --, wurde bei uns der Ersatz f?r die grossen L?cken, die durch die schweren Angriffe in unsere Verb?nde gerissen wurden, immer sp?rlicher und immer schlechter. Die grosse zahlenm?ssige ?berlegenheit an Menschen und Material hatte dem Marschall Foch eine M?glichkeit in die Hand gegeben, die unseren Heerf?hrern, die mit beschr?nkteren Mitteln rechnen mussten, nie gew?hrt worden ist: eine grosse Offensive gleichzeitig an mehreren Stellen anzusetzen. Die Ausnutzung dieser M?glichkeit -- die gleichzeitige Offensive im Raume zwischen der Oise und der Aisne und im Raume Arras--Bapaume -- hatte ihm den Erfolg unseres R?ckzugs auf die Siegfriedlinie eingebracht. Jetzt gab ihm die F?lle seiner Reserven an Menschen und Material eine zweite M?glichkeit, die gleichfalls den deutschen Heerf?hrern in ihrer Offensive auf dem westlichen Kriegsschauplatz nie zuteil geworden ist: die M?glichkeit, einem kaum abgeschlossenen Angriff alsbald neue Schl?ge von nicht geringerer Wucht folgen zu lassen.

Schon wenige Tage, nachdem wir in die Siegfriedstellung einger?ckt waren, ging der Engl?nder beiderseits der von Arras und P?ronne nach Cambrai f?hrenden Strassen mit neuen Angriffen schwerster Art vor und machte der Franzose einen neuen heftigen Vorstoss zwischen Ailette und Aisne in der Richtung auf Allemant, der einen Keil zwischen die Siegfriedstellung und unsere Linien am Chemin des Dames zu treiben drohte. Gleichzeitig f?hrten -- am 12. September -- Amerikaner und Franzosen einen starken Angriff gegen unseren ?stlich der Maas auf St. Mihiel vorspringenden Frontteil aus. Die feindlichen Berichte sprachen hier zum erstenmal von einer Beteiligung einer >>amerikanischen Armee<<; nicht weniger als tausend Tanks sollen hier gegen uns eingesetzt worden sein. Die schon seit langer Zeit von unserer Heeresleitung ins Auge gefasste R?umung der vorspringenden >>Michelstellung<< erfolgte nun unter dem Druck dieses Angriffs, und wenn auch der feindliche Plan, die in dem Bogen von St. Mihiel stehenden Truppen durch den Angriff von beiden Seiten her in die Zange zu nehmen und abzukneifen, nicht gelang, so konnten die Feinde die Eroberung dieser seit dem September 1914 von uns gehaltenen Stellung als grossen Sieg verk?nden und sich einer grossen Beute an Gefangenen und an Material r?hmen.

Am 18. September begannen dann die entscheidenden K?mpfe um die Siegfriedstellung in ihrer ganzen Ausdehnung zwischen Cambrai und La F?re. In immer wiederholtem Ansturm trieben Engl?nder und Franzosen, verst?rkt durch amerikanische Truppenteile, ihre von ungez?hlten Tanks und Kampfflugzeugen begleiteten Massen gegen unsere Linien vor. In dem ununterbrochenen Ringen, bei dem der Feind immer wieder frische Reserven einsetzen konnte, erlahmte allm?hlich die Widerstandskraft der Verteidiger. In den letzten Tagen des September erzielte der Feind den entscheidenden Erfolg: es gelang ihm, unmittelbar s?dlich von Cambrai und n?rdlich von St. Quentin den Scheldekanal zu forcieren und damit schwere Breschen in unsere Stellung zu schlagen. St. Quentin wurde in der Nacht zum 1. Oktober ger?umt. In den folgenden Tagen erweiterten die Engl?nder den Einbruch durch neue wuchtige Vorst?sse in Richtung Le Cateau. Sie durchbrachen das ganze ausgebaute Stellungssystem und gewannen das freie Feld. So wurde in zwei Wochen der schwersten K?mpfe das Hauptst?ck unserer Westfront, die Siegfriedstellung, zerbrochen, die w?hrend des ganzen Jahres 1917 allen feindlichen Anst?rmen getrotzt hatte.

Als dieses Ringen um unsere Zentralstellung seinen H?hepunkt noch nicht erreicht hatte, holten unsere Feinde zu Fl?gelangriffen gr?ssten Stiles aus. Am 26. September kam die ganze Front zwischen Reims und der Mosel in Bewegung. Der Schwerpunkt des Angriffs lag an der alten Champagnefront in der Gegend Somme-Py bis Tahure und nordwestlich von Verdun zwischen Argonnen und Maas. Hier setzten die Amerikaner, dort die Franzosen die volle Wucht ihrer Massen und Kriegsmittel ein. Gleichzeitig erneuerten die Franzosen ihren Angriff zwischen Ailette und Aisne gegen die Westflanke des Chemin des Dames und begannen im Norden Engl?nder und Belgier einen neuen Ansturm gegen unsere flandrische Front. Von der Nordsee bis zu den Vogesen sch?ttelte jetzt ein einziger Orkan die in ihrem Mittel- und Hauptst?ck bereits wankenden deutschen Stellungen.

Unsere zum grossen Teil ?berm?deten, vielfach auch bereits in ihrem Geist ersch?tterten Truppen schlugen sich ungleichm?ssig. Zwischen den Argonnen und der Maas gelang es, die Amerikaner nach einigen nicht unerheblichen Anfangserfolgen zum Stehen zu bringen; ebenso die Franzosen in der Champagne. Dagegen gelang es den Engl?ndern und Belgiern in den letzten Septembertagen, unsere flandrische Front im Ypernbogen zu ?berrennen. Zwei Kampftage brachten ihnen hier den Erfolg, den sie w?hrend des Jahres 1917 in f?nf Monaten des schwersten und opferreichsten Ringens nicht zu erreichen vermochten: den Durchbruch durch unsere H?henstellungen um Ypern bis in die flandrische Ebene.

Wenn durch diese Einbr?che und Durchbr?che im Zentrum und auf den Fl?geln unsere Front nicht in hilflose Teile auseinandergerissen und unser Heer nicht zersprengt und zertr?mmert werden sollte, war jetzt eine energische Konzentration nach r?ckw?rts notwendig. Diese wurde in den ersten drei Oktoberwochen Schritt f?r Schritt durchgef?hrt.

Zun?chst wurde der infolge des Einbruchs im Ypernbogen im Norden und in der Gegend Cambrai im S?den weit vorspringende Bogen Armenti?res--Lens in der Nacht zum 2. Oktober ger?umt und unsere Front in jener Gegend hart an Lille herangelegt. Dann wurden vom 3. Oktober ab unsere Stellungen bei Reims, in der Champagne, am Damenwege, bei La F?re und Laon zur?ckgenommen. Um den 9. Oktober wurde das zur Deckung der R?ckw?rtsbewegung lange z?h verteidigte Cambrai ger?umt und unsere Front auf Le Cateau zur?ckgelegt. Nachdem Engl?nder und Belgier um die Mitte des Oktober ihre Angriffe ?stlich Ypern erneut aufgenommen und ?ber Roussellaere hinaus vorgestossen waren, wurde in den folgenden Tagen die seit l?ngerer Zeit vorbereitete R?umung sowohl des flandrischen K?stengebietes mit Ostende, Zeebr?gge und Br?gge, als auch des Gebietes von Lille und Douai durchgef?hrt. Um den 20. Oktober verlief unsere Front von Ecloo an der belgisch-holl?ndischen Grenze in s?dlicher Richtung ?ber Tournai, Valenciennes, Le Cateau, dann in flachem Bogen nach Rethel, von da ?stlich mit leichter Abbiegung nach S?den ?ber Vouziers nach Sivry an der Maas, um schliesslich nach S?dosten an Verdun vorbei in der Gegend von Pont-?-Mousson Anschluss an unsere alte Vogesenlinie zu gewinnen.

In diesem gegen?ber der alten Front stark verk?rzten flachen Bogen kam die Bewegung zu einer Ruhepause. Auch dem Laien leuchtete ein, dass sie damit nicht abgeschlossen war, dass vielmehr eine weitere Zur?cknahme -- zun?chst auf die Linie Antwerpen--Namur--Maas, sp?ter vielleicht auf die noch wesentlich k?rzere Linie L?ttich--Metz -- in der Konsequenz der strategischen Entwicklung lag, die uns die Verteidigung des vaterl?ndischen Bodens auf einer m?glichst kurzen Front zum Gebot machte. Dass die Durchf?hrung einer solchen Verteidigung auf absehbare Zeit hinaus auch jetzt noch keineswegs aussichtslos war, uns vielmehr noch immer die M?glichkeit bot, das Schlimmste von unserm Vaterland abzuwenden, hatte die Tatsache gezeigt, dass es gelungen war, unsere Truppen, die um die Wende des September und Oktober auseinandergerissen und durcheinandergeworfen waren, auf einer einheitlichen Linie zu ordnen und zum Stehen zu bringen.

Die weitere R?ckw?rtsbewegung auf die Antwerpen-Maas-Linie wurde Anfang November eingeleitet, nachdem die Engl?nder und Belgier mit neuen Angriffen gegen unsere Scheldestellung zwischen Gent und Tournai einige Erfolge erzielt hatten und den Amerikanern und Franzosen am 31. Oktober ein Schlag gegen unsere Stellungen zwischen Aisne und Maas gelungen war. Als am 11. November der Waffenstillstand in Kraft trat, verlief unsere Front die Maas entlang von n?rdlich Verdun bis Charleville, dann weiter nordwestlich nach dem Gebiet von Mons, von dort n?rdlich ?ber Gent nach der holl?ndischen Grenze.

Der Zusammenbruch Bulgariens und der T?rkei

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