Read Ebook: Aus zwei Welttheilen. Zweiter Band. Gesammelte Erzählungen by Gerst Cker Friedrich
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Ebook has 857 lines and 77313 words, and 18 pages
beiden Damen da oben auf der Gallerie? die Frau und Tochter vom Hause wahrscheinlich, eh?<<
>>So? kann man denn diesen Mr. Beaufort gar nicht einmal zu sehen bekommen? ich m?chte gern wissen, welche Art von Mann es ist, ehe ich ein Gesch?ft mit ihm mache -- es handelt sich leichter.<<
>>Ihr k?nnt den Yankee nicht verleugnen,<< lachte Duxon, >>aber ich h?re ihn die Treppe herunterkommen. Unter uns gesagt, geht ihm ein Bischen um den Bart mit seiner reizenden Plantage -- mit den herrlichen Heerdeneinrichtungen und dergleichen. -- Ihr versteht mich schon.<<
>>Danke -- danke!<< sagte der Fremde freundlich -- >>werde nicht ermangeln.<<
Mr. Beaufort trat jetzt in's Zimmer, begr?sste den Gast und hiess ihn herzlich in seiner Wohnung willkommen. Bald hatte ihn dieser auch in ein sehr interessantes Gespr?ch verwickelt und er lud ihn ein, da ?berdies der Abend nahte, bei ihm zu ?bernachten, was von jenem bereitwillig angenommen wurde.
So r?ckte die Zeit des Abendessens heran. Die Sonne war noch nicht untergegangen und der Tisch oben auf der Piazza, des k?hlen Luftzugs und der freundlichen Aussicht ?ber die Felder und benachbarten Plantagen wegen, gedeckt. Die H?ngematte hing zur?ckgeschlagen an einem der Pfeiler, Gabriele aber lehnte sinnend daneben, und blickte auf die Strasse hinaus, die dem Mississippi zuf?hrte und auf welcher sie den Boten zur?ckerwartete. Saise sass zu ihren F?ssen, hielt schmeichelnd ihre Hand gefasst, an die sie die heisse Wange lehnte und -- folgte den Blicken der Gebieterin und Freundin.
Die Schritte der M?nner wurden jetzt auf der Treppe geh?rt.
>>Er bleibt lange,<< fl?sterte Gabriele.
>>Recht lange,<< sagte Saise und sie f?hlte pl?tzlich, wie der Freundin Augen auf ihr hafteten -- aber sie begegnete ihnen nicht, sondern schmiegte sich nur inniger und fester an sie an.
>>Saise -- bist Du noch nicht beruhigt?<< bat Gabriele -- >>fehlt Dir noch etwas? sieh nur wie feuerroth Du geworden.<<
>>Guten Abend, Ladies,<< sagte die Stimme des Fremden.
>>Um Gottes willen, Kind -- was ist Dir? alles Blut flieht aus Deinen Wangen?<< rief die Creolin erschrocken, die Ver?nderung in den Z?gen der Freundin bemerkend.
>>Guten Abend, Kinder,<< wiederholte Mr. Beaufort -- >>Mr. Pitwell, meine Tochter und ihre Freundin, eine junge Indianerin. -- Nun, Gabriele -- ist Saise krank? was fehlt dem M?dchen?<<
>>Ich weiss in der That nicht, Vater -- sie erblasste eben; und zittert jetzt so heftig am ganzen K?rper -- Saise!<<
>>Ja,<< fl?sterte das sch?ne M?dchen, richtete sich empor, wandte sich gegen den Fremden um, blickte ihn einen Augenblick starr an und st?rzte dann mit einem Mark und Bein zerschneidenden Schrei ohnm?chtig zu Boden.
Gabriele, die wie ein Blitzesschlag die Wahrheit durchzuckte, warf ihr Tuch ?ber das Antlitz der Freundin -- aber es war zu sp?t -- Pitwell, durch das sonderbare Benehmen aufmerksam gemacht, sprang, kaum wissend was er that, auf sie zu, riss das Tuch herunter und rief in h?chstem Schreck und Staunen:
>>Alle Wetter -- meine ertrunkene Sklavin!<<
>>Es ist falsch!<< st?hnte Gabriele in entsetzlicher Seelenangst, den leblosen K?rper der Ungl?cklichen unterst?tzend -- >>es ist eine teuflische L?ge -- dies M?dchen ist den Ihrigen geraubt -- ein niedertr?chtiges Bubenst?ck ist begangen -- Saise ist so frei wie ich selbst -- Ihr d?rft Euch nicht an ihr vergreifen.<<
>>Ich fordere mein Eigenthum zur?ck,<< sagte der Fremde finster, und griff zugleich in die Tasche, aus der er ein Paket zusammengebundener Papiere herausnahm. -- >>Hier ist ihr Kaufbrief,<< fuhr er dann, sich gegen den Pflanzer wendend, fort -- >>ihr Vater war Indianer, ihre Mutter war Mulattin -- seht nur ihr Haar an. Und dass es die rechte ist, daf?r b?rgt Euch, wenn nicht ihr jetziger Schreck, das hier verzeichnete Maal auf ihrer linken Schulter.<<
Beaufort durchlief schweigend die Schrift und schritt dann auf Saise zu.
>>Zur?ck, Vater -- um Gottes willen zur?ck<< -- rief Gabriele in h?chster Angst, >>Du darfst den Worten jenes Mannes nicht glauben -- sie sind falsch, bei dem ewigen Gott da oben.<<
>>Vater -- bei allen Heiligen beschw?r' ich Dich -- dieser Kaufbrief ist verf?lscht -- Saise hat mir Alles entdeckt -- sie ist den Ihrigen sch?ndlich geraubt -- ihr Vater erschlagen, sie selbst fortgeschleppt. --<<
>>M?rchen,<< l?chelte Pitwell kopfsch?ttelnd. >>Haben Sie schon je einen weggelaufenen Nigger gesehen, mein Fr?ulein, der sich nicht irgend eine solche glaubw?rdige Geschichte ausgedacht h?tte?<<
>>Vater -- Vater!<< bat Gabriele, und versuchte ihn zur?ckzuhalten, er stiess sie aber jetzt unwillig bei Seite und rief:
>>Nun wird's mir bald zu bunt -- ich thue dem Ding ja Nichts; ist sie eine Indianerin, so ist sie so frei wie wir selbst, findet sich aber -- ha -- beim Teufel -- das ist es -- Mr. Pitwell --<<
>>Mr. St. Clyde soll zum Teufel gehen,<< z?rnte der alte Pflanzer -- >>hat sich der in die Rechte eines fremden Mannes zu mischen? Mr. Pitwell, das M?dchen ist die Ihrige, und meiner Tochter mag sie's danken, dass sie nicht noch vorher eine geh?rige Anzahl Peitschenhiebe mitnimmt. Verdammt! ein Nigger, der so frech ist sein Fell zu verleugnen!<<
>>Wir k?nnen sie ja bis morgen fr?h in irgend eine der Negerh?tten schaffen,<< sagte Pitwell, auf sie zugehend und seine Hand nach der immer noch Bewusstlosen ausstreckend, >>morgen fr?h<< --
Die fl?chtigen Schritte eines Mannes wurden auf der Treppe geh?rt.
>>Mr. St. Clyde -- zu H?lfe!<< rief Gabriele in letzter Noth. In demselben Moment aber dass die Creolin diesen Namen ausstiess und der junge Mann in der Th?re erschien, schlug auch Saise die Augen wieder auf. Ein einziger Blick sagte ihr Alles -- wenige Secunden lang barg sie ihr Antlitz an der Brust der Freundin, dann aber hob sie sich, von Gabriele gehalten, empor und schaute, die grossen dunkeln Augen weit ge?ffnet, wild und leise zusammenschaudernd im Kreise umher.
>>Um Gottes willen -- was ist hier vorgefallen?<< rief St. Clyde, indem er auf das zitternde M?dchen zusprang und es unterst?tzte -- >>was ist geschehen, Miss Beaufort?<<
>>Retten Sie Saise,<< rief die Jungfrau -- >>retten Sie Saise vor jenem Buben.<<
Der Fremde wurde leichenblass und starrte wild umher.
>>Mr. Beaufort!<<
>>Allerdings -- das M?dchen ist eine, diesem Gentleman entflohene Sklavin.<<
>>Nein!<< rief er, >>nein -- das hiesse bekennen, sie geh?re zu jenem verachteten Stamm! rein und frei soll sie dastehen und wenn ich den Beweis dazu mit meinem Blute f?hren sollte. Mr. Pitwell, Sie werden diesen Parish nicht wieder verlassen, ehe Sie sich von der gegen Sie erhobenen Anklage gereinigt haben --<<
>>Ich selber klage diesen Mann an,<< rief St. Clyde, >>ich selber -- nicht diese Ungl?ckliche, die seinen H?nden bis dahin nicht ?berliefert werden darf.<<
>>Das m?chte Ihnen schwer werden durchzusetzen,<< hohnlachte Pitwell, >>gl?cklicherweise bin ich vertraut genug mit den hiesigen Gebr?uchen. Sie k?nnen mich anklagen, aber mein Eigenthum d?rfen Sie mir indessen nicht vorenthalten.<<
>>Herr, Sie m?ssen erst beweisen, dass Saise Ihr Eigenthum ist!<< rief St. Clyde.
>>Mr. Duxon,<< wandte er sich dann an den Overseer, der in diesem Augenblick in der Th?r erschien, >>haben Sie die G?te, diese entflohene Sklavin -- und er deutete auf Saise -- in einer der Negerh?tten unterzubringen; Sie haften mir aber f?r ihre Sicherheit.<<
>>Saise?<< rief Duxon erstaunt und wollte kaum seinen Ohren und Augen trauen -- >>Saise -- ein Nigger? -- Ei, da muss ja der Teu... --<<
>>Herr!<< rief St. Clyde entr?stet.
>>Um Gottes willen!<< flehte Saise, seinen Arm ergreifend, >>k?mpfen Sie jetzt nicht gegen die Uebermacht an -- wenden Sie sich an die Gerichte -- die m?ssen mir helfen, ich stehe ja unter dem Schutz der Vereinigten Staaten. Mein Vater hat sein Land an diese abgetreten und sie haben versprochen, ihm beizustehen. Man soll mich nur so lange gefangen halten, bis ich einen Boten zu meinem Stamme schicken kann; Alle werden hierher kommen und Zeugniss f?r mich ablegen, dass ich die Tochter ihres H?uptlings bin. O, wenn mein Bruder nur w?sste --<<
>>Dazu braucht es keine Indianer,<< l?chelte Pitwell, >>das kann ich selbst bezeugen; wer aber war Deine Mutter? Eine Mestize -- steht es hier etwa anders geschrieben? Diese Mestize geh?rte meinem Freund, von dem ich Dich gekauft, und wenn der Dich Deinem Vater so lange Jahre liess, so geschah es bloss deshalb, dass er Dich erziehen sollte; seine Sklavin bist Du deshalb doch.<<
Die Faust des alten Beaufort f?llte die Ungl?ckliche mit einem Schlage zu Boden.
>>Was?<< schrie er, >>will das Niggerthier noch in meiner Gegenwart einen weissen Mann einen L?gner nennen? Ist's nicht genug, dass sie mich erst selber anl?gen und zum Narren haben musste?<<
Er w?rde seine Worte kaum so unangefochten beendet haben, denn mit einem Racheschrei auf den Lippen sprang St. Clyde auf ihn zu, aber ihm entgegen warf sich Gabriele und beschwor ihn bei Allem, was ihm heilig sei, bei Allem, was er liebe, ihres Vaters zu schonen. Jetzt trat aber auch der Overseer dazwischen und rief dem jungen Manne trotzig zu:
Clyde war unbewaffnet, und wusste auch, wie die Gesetze einen Overseer oder Sklavenbesitzer sch?tzen, wenn sich ein Fremder in ihre Angelegenheiten ungerufen mischt. Noch k?rzlich war auf solche Art ein Abolitionist aus Ohio erschossen, ohne dass der M?rder mehr Ungelegenheiten als ein etwa viertelst?ndiges Verh?r deshalb gehabt h?tte; f?r jetzt musste er also der rohen Gewalt weichen, aber retten wollte er Saisen, das schwur er sich, und wenn es sein eigenes Leben kosten solle.
>>Mr. Beaufort,<< rief er, sich noch einmal an den Pflanzer wendend, >>Sie werden mir f?r die Misshandlung dieser Ungl?cklichen Rede stehen; jetzt habe ich keine Macht, Ihrer Gewaltthat zu begegnen; thun Sie mit dem armen M?dchen, was Sie verantworten k?nnen, aber der ewige Gott da oben ist mein Zeuge, dass ich mich von jetzt an f?r Saisens Sch?tzer erkl?re, und die Gesetze des Staates m?ssen und werden mir beistehen. Leben Sie wohl, Fr?ulein Beaufort, und oh -- verlassen Sie die Arme nicht -- g?nnen Sie ihr wenigstens den Trost, zu f?hlen, dass sie nicht ganz allein auf der Welt steht.<<
Der Overseer hatte indessen zwei Negern, die eben Handwerkszeug zum Hause schafften, heraufzukommen gewinkt und rief diesen nun zu: >>Schafft das M?dchen da in Mutter Betty's H?tte hinunter, und Du, Ben, stehst Wache dabei, Dein schwarzes Fell b?rgt mir f?r sie; ich zieh es Dir lebendig vom Leibe, wenn Du sie entwischen l?sst.<<
>>Keine Furcht, Massa<< -- sagte der Neger grinsend, >>aber welches M?dchen, De Lor' bless you, ich sehe kein M?dchen zum mitnehmen, Missus Saise?<<
St. Clyde sprang die Treppe hinab, schwang sich auf sein Pferd und sprengte mit verh?ngten Z?geln dem Mississippi zu; Gabriele bog sich schluchzend zu dem armen Kinde nieder und band ihr das eigene Tuch um die blutende Stirn, die beiden Neger aber starrten mit weit von einander gerissenen Lippen bald den Einen, bald den Andern an und konnten das Vorgefallene nicht begreifen, bis sie ihres Vorgesetzten erneuter Ruf und die drohend geschwungene Peitsche an die Erf?llung des gegebenen Befehls erinnerte. Sie hoben die Indianerin vom Boden auf und verschwanden mit ihr bald nachher in einer der niederen, gleichf?rmigen Negerh?tten, die in langen, regelm?ssigen Reihen, einer kleinen Stadt nicht un?hnlich, das Herrenhaus umgaben. Gabriele zog sich auf ihr Zimmer zur?ck, die M?nner aber -- der Overseer wurde heute ebenfalls von seinem Prinzipal eingeladen zu Tisch zu bleiben -- liessen sich an der Tafel nieder, und Beaufort schien mit dem eisigen Claret allen Aerger und Verdruss hinuntersp?len zu wollen, bedankte sich aber, ehe er sein Lager suchte, noch einmal bei dem Fremden, dass er ihn und sein Haus von der Schande befreit habe, >>verdammtes Niggerblut<< neben Weissen zu beherbergen.
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