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Read Ebook: Aus zwei Welttheilen. Zweiter Band. Gesammelte Erzählungen by Gerst Cker Friedrich

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Ebook has 857 lines and 77313 words, and 18 pages

St. Clyde sprang die Treppe hinab, schwang sich auf sein Pferd und sprengte mit verh?ngten Z?geln dem Mississippi zu; Gabriele bog sich schluchzend zu dem armen Kinde nieder und band ihr das eigene Tuch um die blutende Stirn, die beiden Neger aber starrten mit weit von einander gerissenen Lippen bald den Einen, bald den Andern an und konnten das Vorgefallene nicht begreifen, bis sie ihres Vorgesetzten erneuter Ruf und die drohend geschwungene Peitsche an die Erf?llung des gegebenen Befehls erinnerte. Sie hoben die Indianerin vom Boden auf und verschwanden mit ihr bald nachher in einer der niederen, gleichf?rmigen Negerh?tten, die in langen, regelm?ssigen Reihen, einer kleinen Stadt nicht un?hnlich, das Herrenhaus umgaben. Gabriele zog sich auf ihr Zimmer zur?ck, die M?nner aber -- der Overseer wurde heute ebenfalls von seinem Prinzipal eingeladen zu Tisch zu bleiben -- liessen sich an der Tafel nieder, und Beaufort schien mit dem eisigen Claret allen Aerger und Verdruss hinuntersp?len zu wollen, bedankte sich aber, ehe er sein Lager suchte, noch einmal bei dem Fremden, dass er ihn und sein Haus von der Schande befreit habe, >>verdammtes Niggerblut<< neben Weissen zu beherbergen.

Mr. Pitwell hatte seine Schlafstelle angewiesen bekommen; da aber die Luft k?hl war, wie er sagte, so zog er es vor, noch ein Viertelst?ndchen mit dem Overseer am Flusse auf- und abzugehen, stieg also mit diesem hinunter, und schritt zwischen einer Allee von China- und Tulpenb?umen hin, dem Eingang der Plantage zu, der durch eine dichte Feigen- und Orangenhecke beschattet wurde.

>>H?rt einmal, Pitwell<< -- sagte Duxon, hier stehen bleibend -- >>habt Ihr wieder einen von Euren alten Streichen ausge?bt, he? Ist das M?dchen ein Nigger oder ist's keiner?<<

>>Was geht's Euch an?<< brummte Pitwell, sich ?ngstlich dabei umsehend -- >>es kann uns doch Niemand hier behorchen?<<

>>Keine Seele -- aber kommt -- Ihr m?sst mir die Sache erz?hlen; verdammt will ich sein, wenn das mit rechten Dingen zugeht. Oh zum Henker, Mann, seid doch nicht so verschwiegen; von uns Beiden wird doch wahrhaftig keiner den Andern verrathen?<<

>>Nun gut, Ihr sollt Alles wissen, aber kommt fort von hier, ins Freie hinaus,<< fl?sterte Pitwell, >>hier unter den B?umen ist mir's so unheimlich und kommt mir immer vor, als ob mich Jemand behorchte.<<

Die beiden w?rdigen Leute schritten mitsammen an das Ufer des Fausse Rivi?re und wanderten hier Arm in Arm herauf und herunter von der Plantage. Pitwell erz?hlte nun dem Freunde und Bundesgenossen aufrichtig den ganzen Hergang, erkl?rte ihm aber auch, dass er, trotz seiner Sicherheit, doch nicht abwarten wolle, bis der junge Laffe -- St. Clyde -- seine Drohungen wahr machen k?nne, sondern morgen mit dem Fr?hsten aufbrechen werde.

>>Das trifft sich herrlich!<< sagte der Overseer, >>ich bin mit Beaufort ebenfalls in Abrechnung begriffen und kann Euch vielleicht, wenn Ihr nur noch ein oder zwei Tage bleibt, begleiten. Ueber die jetzige Nachlese l?sst sich dann leicht ein ungef?hrer Ueberschlag machen. Mir gef?llt's nicht mehr hier am Fluss, ich will nach Texas und eine eigene Plantage kaufen.<<

>>Wie? Schon so viel verdient? Das ist geschwind gegangen,<< lachte der Fremde.

>>Mir w?r's recht, so lange zu warten,<< sagte Pitwell, >>aber ich kann nicht, ich muss machen, dass ich das Ding verkaufe; erstlich f?hl ich mich hier nicht so recht sicher, und dann -- hab ich sonst noch Arbeit. Das Wiederfinden h?tte mir ?brigens nicht gelegener kommen k?nnen; weiss nur der Teufel, wie das kleine Gesch?pf dem Ersaufen entgangen ist; mit meinen eigenen Augen hab ich gesehen, wie es unterging, und noch dazu mit gebundenen H?nden.<<

>>Die Indianer k?nnen schwimmen und tauchen wie die Fische;<< lachte Duxon; >>aber wisst Ihr was, Pitwell, ich kaufe Euch die Kleine ab?<<

>>Was -- Ihr? -- Aber jener Creole?<<

>>Mag zum Teufel gehen, ich ?bernehme jede weitere Verantwortung.<<

>>Und kauft Ihr sie so, wie ich sie verkaufen kann?<< frug vorsichtig der Yankee, >>wollt Ihr den Verlust tragen, wenn die Indianer k?men und sie als die Tochter ihres H?uptlings reclamirten?<<

>>Ja gewiss,<< rief sp?ttisch der Overseer, >>aber daf?r muss ich sie auch billig haben -- ich gebe Euch zweihundert Dollar.<<

>>Hallo -- das ist zu wenig -- bedenkt, das M?dchen ist achthundert werth.<<

>>Wenn ich Euch im Stiche lasse, keine funfzig Cent,<< h?hnte Duxon.

>>Topp -- kommt mit in mein Haus, schreibt den Kaufbrief auf mich ?ber und nehmt das Geld in Empfang.<<

>>Und glaubt Ihr, dass ich noch, ohne Gefahr zu laufen, ein paar Stunden hier verweilen kann?<<

>>Ein paar Jahre, wenn Ihr wollt; hab ich erst einmal das M?dchen, so soll sie mir ganz Louisiana nicht mehr entreissen k?nnen; die Gesetze m?ssen in allen Sklavenstaaten auf meiner Seite sein, und es giebt dann nichts Gef?hrlicheres auf der Welt, als ihnen, gerade in diesem Punkt, widerstreben zu wollen. Kommt, Pitwell, in zehn Minuten muss die sch?ne Indianerin mir geh?ren, und morgen schon mache ich meine Anrechte auf sie geltend; nachher kann ihr ganzer Stamm kommen und schw?ren -- mir gleich.<<

Die beiden M?nner schritten eilig in das zwischen den Negerh?tten stehende, und sich nur durch ein h?heres Dach und eine Galerie von diesen unterscheidende Haus des Overseers zur?ck, und schlossen dort den beredeten Handel ab. Pitwell empfing das Geld und Saise wurde dem Overseer als alleiniges und rechtm?ssiges Eigenthum ?berschrieben. Beaufort selbst sollte am n?chsten Morgen seinen Namen als Zeuge daruntersetzen.

St. Clyde hatte indessen sein Pferd mit Sporen und Peitsche so angetrieben, dass es, als er vor des Richters Th?r in Point-Coupee anhielt, ein paar Secunden lang hin und her schwankte und dann, matt und aufgerieben, wie es war, zusammenbrach; ohne es aber auch nur eines Blickes zu w?rdigen, flog er die Treppe hinauf, st?rzte in des Richters Zimmer und rief diesen, ihm mit wenigen Worten die Frevelthat erz?hlend, um Beistand an.

Der Richter war ein wackerer Mann, streng rechtlich und in der Aus?bung seiner Pflicht menschlich, aber gar bedenklich sch?ttelte er mit dem Kopfe, als er von dem nach Form Rechtens ausgestellten Kaufbriefe h?rte. Er kannte die Gewalt, die ein solches Schreiben hatte.

>>Aber Sie werden doch nicht zugeben, dass eine freie Indianerin aufgegriffen und verkauft wird?<< rief St. Clyde erz?rnt, >>dasselbe k?nnte ja jedem Weissen begegnen, wenn sich zwei Buben vereinigten, einen Kaufbrief ?ber ihn zu schreiben und zu schw?ren, dass seine Mutter eine Mestize gewesen sei.<<

>>Das nun wohl nicht,<< l?chelte der Richter; >>ehe ein Weisser verkauft w?rde, m?ssten gewaltige Beweise vorliegen, dass er wirklich aus Negerblut abstamme; aber Sie d?rfen auch nicht allen solchen Erz?hlungen weggelaufener Neger glauben; grosser Gott, die l?gen Ihnen manchmal das Blaue vom Himmel herunter.<<

>>W?r es denn nicht m?glich, die Indianerin den H?nden jenes Mannes zu entziehen, bis man Zeugen aus ihrem Stamm herbeischaffen k?nnte?<<

>>Ich f?rchte -- nein -- auf jeden Fall aber w?re dies das Sicherste, sie doch wenigstens f?r den Augenblick zur?ckzuhalten. Vielleicht l?sst sich jener Fremde auch bewegen, vorher nur einen Theil der Zahlung zu nehmen, und man kann dann sehen, was weiter in der Sache zu thun ist; was sagen Sie dazu?<<

>>H?ren Sie, St. Clyde, ich will Ihnen einen Vorschlag machen, ich selbst will das M?dchen kaufen und bei mir behalten; haben Sie sich das Geld verdient -- so -- ?berlass ich sie Ihnen.<<

>>Nehmen Sie meinen Vorschlag an,<< sagte der Richter herzlich, >>sie soll in meinem Hause wie eine Tochter behandelt werden.<<

>>Gut denn, es sei,<< rief St. Clyde, >>ich muss mich f?gen; es rettet sie ja wenigstens f?r den Augenblick; dann aber schaffe ich die Zeugen ihrer freien Geburt und wenn ich sie aus den Eisregionen des Nordens herunterholen m?sste.<<

>>Es wird Ihnen nicht viel helfen; wollen Sie ?brigens schlechterdings nach jenem Stamme einen Boten haben, so kann ich Ihnen zuf?llig die Anweisung geben, den zu finden. Heute Morgen waren sieben oder acht Indianer aus dem Parish West-Feliciana, von dr?ben ?ber dem Mississippi, hier in Point-Coupee; sie haben Hirschfleisch verkauft und daf?r Pulver, Blei und Whisky mit hin?ber genommen.<<

>>Von welchem Stamme waren sie?<<

>>Wahrscheinlich Chocktaws, von denen halten sich stets einige hier in der N?he auf. Doch erst bringen Sie den Handel in Richtigkeit; denn ist dem wirklich so, wie Sie glauben, und hat der gute Mann kein recht reines Gewissen, so wird er sich schwerlich lange in der hiesigen Nachbarschaft aufhalten, sondern seine Beute in Sicherheit bringen wollen. -- So -- hier dieses Papier geben Sie nur an Mr. Beaufort, er mag den Kauf f?r mich abschliessen; meine Frau ist doch jetzt ganz allein und kennt die Indianerin auch schon, die Beiden werden sich sicherlich recht gut vertragen.<<

>>Was wollen Sie d'ran wenden?<< frug dieser; denn ein Amerikaner l?sst nie eine Gelegenheit ungenutzt vor?ber, wo er hoffen darf einen Pferdehandel zu machen.

>>Vierzig Dollar bleiben mir, das Nothwendigste abgerechnet, ?ber.<<

>>Gut -- ich schaffe Ihnen ein Pferd, aber heute Abend k?nnen Sie unm?glich noch fort.<<

>>Gleich! --<<

>>Unsinn, verderben Sie sich jetzt ihr Spiel nicht selbst durch Ihre Hitze; Abends acht Uhr hat der alte Beaufort seine Ladung Claret und geht zu Bett; erstlich ist es nachher ein Ding der Unm?glichkeit, ihn munter zu bringen, und gel?ng es Ihnen wirklich, so m?chte ich die Laune sehen, in der er sich befindet. Vor neun Uhr morgen fr?h ist er nicht zu sprechen, und reiten Sie um acht Uhr hier fort, so treffen Sie ihn gerade beim Fr?hst?ck -- das ist die beste Zeit. Uebrigens habe ich Beaufort ersucht, die Zahlung drei Tage zu verz?gern und Saise indessen an sich zu nehmen; vielleicht gelingt es mir doch noch, sie zu retten. Ich will morgen mit Beatty, einem unserer besten Advokaten hier, sprechen; giebt es eine Art und Weise, auf welche wir die Identit?t der H?uptlingstochter beweisen k?nnen, so wird der sie schon ausfinden.<<

Von neuen Hoffnungen erf?llt, liess sich St. Clyde endlich durch die Gr?nde des Richters bewegen, auf seine Vorschl?ge einzugehen und die Nacht bei ihm zuzubringen. Als er aber am n?chsten Morgen mit dem Brief, der Saise aus den Klauen jenes Buben retten sollte, auf der breiten Strasse dahinsprengte, da ward er es sich erst selbst so recht bewusst und klar, wie er jenes ungl?ckliche M?dchen liebe und wie es f?r ihn auf dieser Welt keinen weitern Frieden gebe, als den, den er an ihrer Seite finden konnte. Wohl war er arm und hatte Nichts, als seine eigene Kraft und Ausdauer; die Tochter der W?lder aber, an Entbehrungen von Jugend auf gew?hnt, w?rde sich wohl schwerlich zu dem civilisirteren Leben der Ansiedlungen zur?ckgesehnt haben, wenn er ihr wirklich, wie er es hoffte und glaubte, nicht gleichg?ltig war; nur erst frei musste sie sein, frei wieder, wie der Vogel der Luft und der Hirsch der Prairie, und diese Angst von ihr genommen werden.

Zu schnellerem Trab spornte er sein wackeres Thier an, als er des armen M?dchens gedachte, und unter den hohen, schattigen Magnolien flog er rasch und fr?hlich dahin. Endlich erreichte er die Ansiedlungen des Fausse Riviere, durch das kleine St?dtchen sprengte er mit verh?ngten Z?geln -- an Plantage nach Plantage brauste er vorbei -- schon war er am >>Poydras-College<< vor?ber und dort -- dort schimmerte ihm jetzt das hohe, gl?nzende Dach aus dem gr?nen, schwellenden Laub entgegen. Er hatte die Orangenhecke erreicht, sprang vom Pferd, hing den Z?gel desselben ?ber einen alten, halbverdorrten Feigenbaum und flog die Stufen hinauf, wo er wusste, dass Mr. Beaufort allmorgendlich sein Fr?hst?ck halte.

>>Hallo, St. Clyde,<< rief ihm dieser freundlich entgegen, >>das ist h?bsch von Euch, dass Ihr wiederkommt, ich war gestern Abend ein bischen brummig, aber der verdammte Nigger hatte mich so ge?rgert. Nun, kommen Sie her -- dahinten steht noch ein Stuhl -- Scipio, Canaille, kannst Du nicht aufpassen, wenn Gentleman einen Stuhl sucht,<< unterbrach er sich dann selbst, um einem kleinen, bei Tisch aufwartenden Negerknaben vorher diese freundliche Ermahnung zukommen zu lassen.

St. Clyde blickte ?ngstlich in dem Raum umher, in dem sonst zu dieser Zeit Gabriele und Saise nie gefehlt hatten.

>>Sie suchen meine Tochter?<< frug Beaufort, den Blick bemerkend -- >>ist nicht recht wohl heute Morgen, l?sst sich entschuldigen.<<

>>Und -- und Saise!<<

>>H?ren Sie, St. Clyde,<< sagte der alte Beaufort, sein Messer niederlegend, >>wenn wir gute Freunde bleiben sollen, so verderben Sie mir mein Fr?hst?ck nicht und lassen Sie die alte Geschichte ruhen. Die Sache ist abgemacht.<<

>>Abgemacht? Um Gottes willen, wie? Ist Saise fort?<<

>>Noch nicht, aber nun thun Sie mir den Gefallen und setzen Sie sich. Der Claret ist ausgezeichnet und das Beefsteak vortrefflich.<<

>>Mr. Beaufort, ich habe diesen Brief vom Richter an Sie abzugeben; er l?sst Sie dringend bitten, seinem Wunsche zu willfahren!<<

>>Sch?n,<< sagte Beaufort, das Schreiben, ohne es weiter anzusehen, unter den Teller schiebend, >>wollen's nachher einmal untersuchen.<<

>>Es hat Eile, Mr. Beaufort, es h?ngt das Gl?ck eines Lebens davon ab,<< bat St. Clyde.

St. Clyde sah wohl dass hier keine weiteren Vorstellungen halfen, er liess sich also neben dem Pflanzer nieder, aber nicht m?glich war es ihm einen Bissen ?ber die Lippen zu bringen; ein paar Gl?ser Wein trank er, sein kochendes Blut abzuk?hlen, und ging dann unruhig in der von Blumen und Bl?ten durchdufteten Galerie auf und ab. Mr. Beaufort beendete indessen sein Fr?hst?ck in aller Behaglichkeit, schl?rfte noch langsam den letzten Rest Wein hinunter, wischte sich dann den Mund ab, lehnte sich ein wenig im Stuhl zur?ck und sagte mit einem tiefen Athemzug:

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