Read Ebook: Cölestine oder der eheliche Verdacht; Erster Theil (von 2) by Chownitz Julian
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Ebook has 1316 lines and 61089 words, and 27 pages
,,Von wem reden Sie, Althing?" erhob der J?ngling jetzt Kopf und Stimme: ,,Reden Sie von C?lestine von Randow?"
,,Ei bewahre!" entgegnete der Andere lachend: ,,Ich rede -- -- sehen Sie denn nicht +dort+, meine G?ttin +dort+ -- von ihr +dort+ rede ich -- -- sehen Sie +dort+ -- +dort+ -- bester Baron! +dort+ sehen Sie sie, bester +Leuben+!... Ha, beim Himmel! so eben hat sie mir einen Blick zugeworfen; einen Blick sag' ich Ihnen! Haben Sie ihn denn nicht bemerkt?"
+Leuben+, denn so hiess der J?ngling, hatte schon wieder das Haupt auf die Brust fallen lassen und fragte jetzt eint?nig:
,,Und Sie wissen es also wirklich?"
,,Es ist so klar, wie die Sonne. Ueberzeugen Sie sich doch selbst, mein theurer Freund."
,,Man hat es Ihnen also nicht blos gesagt? Sie haben es nicht blos vom H?rensagen --?"
,,Ei, was f?llt Ihnen da ein, k?stlichster Leuben! Vom H?rensagen! -- Ich wiederhole Ihnen: diese meine eigenen Augen haben es gesehen, diese Augen hier, verstehen Sie mich? und Sie wissen doch, ich habe ein Paar Augen wie ein Adler, wiewohl, ohne dass ich darauf eitel w?re, auch noch von manchen andern Vorz?gen meiner Gestalt die Rede sein k?nnte. -- Allein..."
Der junge Mann stiess hier, als ganze Antwort darauf, einen schweren Seufzer aus, und als der einsammelnde Kassirer des Orchesters herbei trat, um seinen Groschen zu verlangen, warf Leuben ihm in der Zerstreuung einen Dukaten hin, was sonst f?r einen Morellischen Walzer doch wohl ein zu hoher Preis sein d?rfte.
Mit einem Male fing Althing wieder an: ,,Ach! Ach! bei Gott -- das ist zu stark! das war ein Blick so feurig wie eine Bombe! Du hast nicht n?thig, holde Zauberin, mein Herz mit so schwerem Gesch?tze zu best?rmen: es hat Dir seine Thore l?ngst schon aufgethan. -- Abermals! Abermals! -- Ach, ich sehe, Du bist rasend in Deiner Zuneigung zu mir! Nun ja, Du bist ja erh?rt! -- Ha! auch noch mit dem F?cher winkst Du mir? --"
,,Wie?" fiel Leuben tr?umerisch ein, ,,Sie hat Ihnen mit dem F?cher gewinkt?"
,,Und das so stark -- wie eine t?rkische Sultanin -- hehehe! Das war aber Alles nicht n?thig!"
,,Und dies Alles sagen Sie mir, mit so kaltem Blute -- -- mir mir?"
,,Mein Gott, was soll ich thun? Kann ich's denn ?ndern? Ich habe nun einmal schon das Fatum, liebensw?rdig zu sein! Was kann man f?r seine Vorz?ge, seine Eigenschaften!?"
,,Alle Teufel! es wird mir endlich zu toll!" rief der J?ngling jetzt aus und erhob sich rasch von seinem Sitze. ,,Mein Herr" sagte er in einem Tone, der auf halbe Sinnesabwesenheit schliessen liess: ,,es ist Alles m?glich, es kann Alles wahr sein, was Sie da erz?hlen. Wer kennt die Weiber und ihre Launen, ihre Leidenschaften! Es ist bereits da gewesen, dass eine Hebe sich in einen Vulkan verliebt hat -- -- und demnach kann es auch bei Ihnen wiederkehren. Allein was brauche ich dieses zu wissen? Wollen Sie mich kr?nken oder beleidigen? Wenn dies der Fall, so erfahren Sie, dass ich weder zu dem Einen noch zu dem Andern ruhig zusehen werde.... Ja, ja, ich weiss, jenes M?dchen, jenes Gesch?pf ist ein weiblicher D?mon, den wenigstens ich nicht verstehe: tugendhaft, streng, unbefleckt -- -- und zugleich eitel, gefalls?chtig und noch Gott weiss was. Allein wenn ich von ihr, wenn ich von diesem M?dchen, die mir Alles war, auch noch so Manches h?tte denken m?ssen, das Eine, f?rwahr -- das Eine w?re mir nie beigefallen: dass ein so junger und holder Engel f?hig sei, einem alten Subjekt +Ihrer+ Art Geh?r zu geben, w?hrend sie mich...."
Hier hatte sich jedoch bereits auch Herr von Althing erhoben und in Positur gestellt. Zuerst schlug er mit seinem Fusse, woran sich ein klirrender Sporn befand, gewaltig gegen den Boden, dann stemmte er sich auf seinen Stock und endlich fing er mit einer Stimme an, die furchtbar sein sollte: ,,Wie mich d?nkt, so haben jetzt Sie, mein bester Leuben, jene Absicht, welche Sie mir zuvor untergeschoben, n?mlich zu beleidigen.... Mindestens begreife ich nicht, was sonst Worte wie: ,,ein altes Subjekt" u. s. w., wie Sie solche so eben gegen mich gebrauchten, zu bedeuten h?tten.... Wenn nun dies wirklich der Fall sein sollte...."
,,Nun?" l?chelte Leuben sp?ttisch: ,,wenn es der Fall sein sollte?"
,,Dann, dann" polterte Althing und gab sich ungeheure M?he, so wild als m?glich die Augen zu rollen: ,,dann muss ich ihnen sagen, dass --"
,,Weiter, weiter!"
,,Dass ich das nicht -- -- -- -- begreifen kann."
,,Wie, Sie k?nnen es nicht begreifen, dass mich Ihre verdammte Liebesgeschichte in Wuth bringt?"
,,Aber mein Gott, ist es meine Schuld, wenn man mich liebt, wenn man wahnsinnig vernarrt in mich ist? Sie wissen doch, wie ich die Weiber zu behandeln pflege -- und doch ist diese da eine solche N?rrin....."
,,Ha!" schrie der J?ngling nun und das Aussehen, welches in der Umgebung entstanden war, vergr?sserte sich von Augenblick zu Augenblick: ,,ha! Sie wagen es, mein Herr?"
,,Allein, mein Himmel -- ich begreife nicht, warum Sie sich so ereifern, Leuben. -- Was gehen Sie meine Liebschaften, meine Eroberungen, meine Siege an --?"
,,Elender -- so wissen Sie nicht, dass ich C?lestine von Randow liebe, wie ein Wahnsinniger, wie ein W?thender!?"
,,Nun -- und weiter?"
,,Weiter? Noch weiter?"
,,Nun ja, wozu erz?hlen Sie das mir? Weiss ich es denn nicht?"
,,Nun ja -- eben darum; und doch sprachen Sie eben --"
,,Von --? --"
,,C?lestine!"
,,Ich? -- Nicht eine Silbe."
,,Von wem also denn?"
,,Hahahaha! Hahahaha!" erhob jetzt der fr?her so d?stere Leuben ein schallendes Gel?chter: ,,hahahaha! Ist das das Ganze?"
,,Das Ganze! Hahahaha!" lachte der alte Ritter mit.
,,Ein Missverst?ndniss also? Beim Himmel! das m?ssen Sie mir verzeihen, theuerster Althing!"
,,Nun, nun es ist l?ngst verziehen, verlassen Sie sich d'rauf. Uebrigens -- da wir uns in dem anstrengenden Diskours beinahe die Kehlen ausged?rrt haben, so d?rfte, wie mich d?nkt, eine Flasche Tokaier oder so etwas dergleichen kein unebenes Anfeuchtungs- und Restaurationsmittel sein. Daher: Marqueur! Holla! -- Johann! Oder wie der Bursche sonst heisst."
,,Befehlen Euer Gnaden? Schaffen Euer Gnaden! Womit k?nnen wir aufwarten?"
Mit diesen Worten und tiefen Katzenbuckeln waren zwei bis drei Aufw?rter herbeigesprungen, so flink, so behend, so lustig, dass ein norddeutscher Kellner sich nicht einmal eine blasse Idee davon zu machen im Stande ist.
,,Wie steht es mit Eurem Keller?" nahm Althing das Wort: ,,Habt Ihr guten Tokaier? Was?"
,,Aufzuwarten, Euer Gnaden. Er ist aus dem Keller Sr. Durchlaucht des F?rsten -- --"
,,Zu dienen, Euer Gnaden! Im Augenblick, Euer Gnaden!"
Und diese Leute sprangen wieder wie die Hirsche davon, so dass es wie eine Art von Jagdvergn?gen war, ihnen zuzusehen.
Der alte Schw?tzer w?re noch lange in dieser Weise fortgefahren, indem er dabei seine l?sternen Blicke immerw?hrend von der einen seiner Auserkornen zur andern gehen liess -- -- allein jetzt pl?tzlich schien er von einem neuen Anblick ?berrascht und mit lauter Stimme rief er aus: ,,Ah -- da kommt unser theurer Freund +Edmund von Randow+!... Ah, das ist wirklich sch?n! Der Bursche ist mir so zu sagen ans Herz gewachsen: es ist ein k?stlicher Junge, der Edmund."
Die Person, von welcher Althing also deklamirte, n?herte sich in raschen Schritten und verdoppelte dieselben noch, sobald sie die Zwei ansichtig wurde. Man denke sich einen jungen eleganten Mann von guter aber etwas leichtfertiger Haltung -- dessen lachendes Auge k?hn oder nach Umst?nden auch frech den Leuten bis zwischen die Zahnreihen sieht, dieser junge Mensch, ein Liedchen summend, eilte jetzt durch die Reihen der G?ste hin, indem er Diesem auf den Fuss trat, Jenen am Ellbogen anstiess -- und auf alle Mahnungen die hierauf erfolgten nichts that, als dass er mit seiner d?nnen Reitgerte in der Luft umherfocht, als wollte er M?cken vertreiben.
,,Haha!" liess er sich mit einem Male so laut vernehmen, dass man es gewiss bis zum Zeughause h?ren konnte: ,,da sitzen sie ja beisammen die zwei Freunde, die zwei Kameraden..... Ach! und welche Blicke dieser alte S?nder wieder um sich herum wirft...."
In diesem Augenblick war er zu ihnen gelangt und ohne Weiteres warf er sich auf einen Stuhl, griff nach einer von den bereits herbeigeschafften Flaschen und schenkte sich ein Glas Champagner ein, das er auf einen Zug leerte; -- dann streckte er die Beine von sich, erhob die Reitgerte und versetzte damit seinem Nachbar, dem Liebesritter Althing, einen leichten Schlag auf die Knie: ,,Nun, wie geht es? Was macht Ihr da? Was machen die holden Fr?uleins -- und wie viele hat ihrer dieser grosse Verf?hrer bereits in einem Augenblick erobert? --"
Diese Apostrophe schien dem alten Seladon zu schmeicheln und mit den Lippen schmatzend versetzte er in geheimnissvollem Tone: ,,Bis jetzt ist es nur Eine -- -- aber diese kann f?r Tausend gelten, hahaha!"
,,Wirklich?" rief Edmund: ,,Das muss in der That ein kleines Weltwunder sein.... Nun und wo sitzt denn diese Helena -- mein lieber Alter..?"
,,Ich habe" versetzte dieser mit gekr?nktem Tone -- ,,Dich bereits zu oft gebeten, mich nicht ,,mein lieber +Alter+" zu nennen; denn erstens bin ich noch in meinen besten Jahren -- zwischen 30 und 40 -- und zweitens haben wir uns, was man so sagt, conservirt -- -- endlich drittens -- --"
Er hatte noch nicht ausgesprochen, als ein neuer +Fall+, den man wirklich +Fall+ nennen konnte, sich ereignete; Edmund hatte n?mlich seine Beine so weit ausgestreckt, dass ein Aufw?rter, welcher eben mit einer Platte voll Confituren und Getr?nken vor?bereilte und die sehr vern?nftige Absicht hatte, auszuweichen -- so unvern?nftig war, es ein wenig allzu rasch thun zu wollen -- solchergestalt mit seiner Platte hinfiel und den ganzen Inhalt der Gl?ser auf Edmunds Beinkleider und Althings Stiefel ausgoss -- das Uebrige verm?lte sich mit dem Staube auf dem Boden und wurde von zwei herbeieilenden Knaben und drei Hunden in friedfertiger Weise getheilt. Edmund lachte wie toll ?ber das, was er ,,Impromptu" nannte -- hingegen war Althing ?ber die Vertilgung des Glanzes auf seinen Stiefeln so untr?stlich, dass er dem unseligen Aufw?rter nicht nur einen Schimpfnamen nach dem andern -- sondern zum Beschluss auch noch einen Tritt auf einen gewissen Theil des K?rpers versetzte; eine Mode, die in Wien eben nicht ungew?hnlich ist, w?hrend man dergleichen Divertissements der grossen Herrn in dem ganzen ?brigen Europa bereits l?ngst abgeschafft hat.
Die Unterhaltung erhielt demnach eine bedeutende L?cke, wenigstens in ihrer conversationellen Seite; das war jedoch Keinem angenehmer als unserm bleichen, melancholischen Freunde, unserm armen Freunde Leuben, der, w?hrend hier Alles lachte, auch nicht einmal das Gesicht verzog.
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