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Read Ebook: Mümmelmann: Ein Tierbuch by L Ns Hermann

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Ebook has 561 lines and 46283 words, and 12 pages

Er hoppelte bis an den Graben, setzte trotz seiner drei L?ufe ?ber die hohe Schneewehe und hoppelte den Patt entlang. Auf dem grossen Schlehbusch sass der Neunt?ter. Den fragte er, ob er nicht s?he, was da die Strasse entlangkomme, seine Augen h?tten nachgelassen. Der W?rger sagte ihm, dass es J?ger und Hunde w?ren, und flog nach der Dieme, denn da hatte er eine Maus gesehen.

M?mmelmann kratzte sich bedenklich hinter den L?ffeln und hoppelte weiter, bis an den grossen Stein, der an der Sandkuhle lag. Dort klopfte er dreimal mit dem linken Hinterlauf. Er hatte nur den einen, den rechten frassen nach der vorj?hrigen Treibjagd die Nebelkr?hen. Auf sein Klopfen tauchten hinter einem d?rren Kamillenbusch zwei sauber gek?mmte L?ffel auf. Sie geh?rten Geesche Wittblaume.

>>'n Dag, Geesche<<, knurrte M?mmelmann, >>van Dage giff dat Drievjagd. Eck weit blot noch nich, wenn sei in Holte drieven oder inn'e Feldmark. Seih deck v?r!<<

>>Eck r?cke to Holte, da kann'n seck lichter bargen,<< meinte Geesche. >>Adj?s, Haanrich<< und damit hoppelte sie von dannen.

>>Segg et de annern an,<< rief M?mmelmann ihr nach, und Geesche machte einen Kegel, spitzte die L?ffel, nickte und hoppelte fort.

M?mmelmann traf bei Wege noch Trine Geelzahn und Jochen Pielsteert und sagte ihnen, dass sie gut t?ten, die L?ffel steif zu halten. Und dann hoppelte er weiter, bis nach einer ganz kahlen, hoch gelegenen Stelle. Dort lief er eilig hin und her, als habe er etwas verloren, schlug Haken auf Haken, und schob sich dann in einen Pott, den er sich scharrte.

Eine Stunde mochte er in seinem Lager gelegen haben, da vernahm er ein Ger?usch und machte einen Kegel. Da sah er Aadje Slappuhr eilig daherkommen, Aadje, dessen L?ffel keinen Halt hatten, weil ihm im vorigen November die Schroten die Knorpel zerschlagen hatten.

>>Junge,<< sagte Aadje und verpustete sich, >>dat ward leege van Dage. De Driever dr?cket dat Holt d?r und denn schall ekesselt weern.<<

>>D?bel,<< sagte M?mmelmann, >>de vermuckten Schinners war'd von Dag to Dag heller. Na, will't sehn, wat seck dohn l?tt. 'dj?s.<< Und damit r?ckte er sich wieder in seinem Pott zurecht, und Aadje lief weiter.

Noch eine Stunde lag M?mmelmann da und dachte nach, dass der Mensch doch das b?seste Raubzeug sei, trotz Reinke Rotvoss und Griepto H?hnerdeiw, dem Habicht, und dass es Zeit w?re, dass man dagegen etwas t?te; da h?rte er von weitem einen Ton, als klopfe da ein riesiger Rammler. Und der wiederholte sich immer wieder.

Haanrich M?mmelmann machte sich hoch und ?ugte nach der Gegend hin, aber seine Lichter trugen so weit nicht. So r?ckte er wieder zusammen und wartete. Die Sonne brannte ihm warm auf den billigen Balg, der Wind hatte sich gelegt, das war alles gut und sch?n soweit, wenn nur die J?ger nicht gewesen w?ren. Na, sein Testament hatte der Olle schon lange gemacht, er war nun fast zehn Jahre alt, und ewig kann man nicht leben. So philosophierte er.

Auf einmal spielohrte er. Er h?rte den Mordschrei der Nebelkr?he. Er machte sich ein ganz klein bisschen h?her und seine Seher wurden starr. ?ber das Feld kam ein Hase in ungleichen S?tzen, und ?ber ihm strichen zwei grosse graue Kr?hen. Eine stieg immer und strich vorw?rts, und die andere fuhr herab und stiess nach den Lichtern des armen Hasen, und Arr und Err ging es. Alle Augenblicke wurde der kranke Hase k?rzer, dann fuhren beide Kr?hen auf ihn los. Und dann rappelte er sich wieder auf und machte ein paar S?tze, aber nach wenigen S?tzen wurde er wieder k?rzer. Und vom Horizont kam ein schwarzer Punkt und noch einer und immer wieder einer, lauter Kr?hen, graue und schwarze, und wie eine Wolke von Blut und Tod zog es ?ber den Kranken her. Und jetzt, M?mmelmann schauerte zusammen und legte die L?ffel an, denn er wusste, was jetzt kam, jetzt kam der Graben, und das war das Ende. Und da scholl es auch zu ihm heran: >>O weh, o weh, o wee?h, o weih mir,<< und dann war alles still und nur die Galgenv?gel, die sich zankten, h?rte man.

Nach einem Weilchen vernahm der Alte wieder ein Gepolter und sah die Kr?hen abstieben. Er richtete sich ein bisschen hoch, und sah einen grossm?chtigen K?ter einen kranken Hasen hetzen. Schwer krank, das sah der Alte, war der andere nicht, aber doch so, dass der fl?chtige Hund ihn bald zu Stande hetzen w?rde. Das war ein guter Kerl, Natz Klewersitter vom Uhlenbrink. Dem musste geholfen werden.

>>Natz,<< knurrte M?mmelmann leise, >>eck stah upp, sett di dahl!<< Der kranke Waldhase nahm alle Kraft zusammen, fuhr in das warme Lager, und mit einem Hui, eine Schneewolke hinter sich werfend, fegte der alte Feldhase aus dem Pott, schlug ein halbes Dutzend Haken, dass der Hund ganz verbiestert wurde, sauste dann geradeaus, schlug wieder Haken, machte einen Kegel, nahm wieder das Feld hinter sich, bis dem Hunde die Zunge aus dem Halse hing und er die Jagd aufgab. M?mmelmann ?ugte ihm nach, lachte, hoppelte bis zum n?chsten Brink und rodete sich wieder ein. Seine alten Knochen brauchten Ruhe.

Lange dauerte es damit aber nicht, da vernahm er ein Dr?hnen und Knirschen. Erst war es n?rdlich, dann westlich, dann s?dlich, dann auch im Osten. Er machte sich hoch und sah rundum lauter schwarze Pf?hle. Und nach einer Weile ging es, >>Tara, Tarattata<<, und die Pf?hle kamen auf ihn zu. Und dann h?rte er es knallen und er sah hier einen aus seiner Sippe ?ber den Schnee rennen, und da einen von den Waldhasen, und da stand einer auf dem Kopf und hier rollte einer im Dampf. >>D?bel,<< dachte der Alte, >>eck sitte in'n Kessel!<<

Die schwarzen Pf?hle kamen n?her. ?berall stob der Schnee, prasselten die Schrote, flog der Dampf, knallten die Sch?sse. M?mmelmann blieb in seinem Pott und ?berlegte. Rechts, nein, da ging es nicht, da knallten wenige Sch?sse und immer einzeln, da standen gute Sch?tzen. Links, da ging es bergab, das war auch schlecht. Aber gerade aus da war ein J?ger, der schoss immer beinah beide L?ufe auf einmal, und sein Nachbar, der fuchtelte immer erst lange hin und her, ehe er dr?ckte.

Die Schritte kamen n?her. Dicht neben M?mmelmann schlug Kunrad Flinkfoot ein Rad, sprang noch einige Todesspr?nge und f?rbte den Schnee rot. Weiter rechts machte Dorette Quappbuk ihr Testament, nicht weit davon Lischen Hopsinskrut. Aber zwischen dem langen Schnellschiesser und dem kurzen Fuchtelmeier passierten eben Jochen Pielsteert und Fritze Pattl?per heil die Sch?tzenlinie, und da richtete sich der alte Hase steif auf, hoppelte in gerader Linie voran, gerade auf die L?cke zwischen den beiden Sch?tzen zu, ganz langsam, bis er fast in Schussn?he war, witschte dann nach links, schlug einen Haken nach rechts, einen nach links, einen nach rechts, sah noch eben, wie zwei Gewehrl?ufe in der Luft herumfuhren, wie Schw?nze von K?hen, um die die Bremsen sind, und dann gab er her, was er in sich hatte, fuhr durch die L?cke, schlug sieben Haken, h?rte einen Knall, einen Schrei, einen Fluch, n?hte aus, bis er nichts mehr h?rte, und dann machte er ein M?nnchen und ?ugte zur?ck.

Das Jagdhorn erklang. Die Sch?sse h?rten auf. Die J?ger liefen nach einem Fleck, hoben etwas auf und gingen nach dem Dorfe. Und es war doch erst Mittag. Als sie alle weg waren, hoppelte M?mmelmann nach dem Kessel. Da lag Schweiss, hier wenig, Hasenschweiss, und da viel. Menschenschweiss, und dem alten Hasen schwoll sein kleines Herz von befriedigter Rachsucht; nun wollte er gern sterben, er hatte sein Volk ger?cht.

Nachts um zw?lf Uhr, als der Vollmond klar am Himmel stand, kamen die Knubbendorfer Hasen auf dem Felde, wo der letzte Kessel gewesen war, zusammen. M?mmelmann rief sie alle der Reihe nach auf. Zweiundsechzig antworteten nicht, zwanzig waren entschuldigt, sie heilten ihre Wunden im Lager, sechzehn humpelten, sie waren leicht angekratzt. Und als sie alle zusammen waren, da hielt Natz Klewersitter eine Rede und sagte allen, wie Haanrich M?mmelmann ihm das Leben gerettet hatte, und alle zweihundert klopften dem guten Kameraden Beifall und rieben ihre Nase an seiner. Und dann machte Jochen Pielsteert ein M?nnchen und erz?hlte, dass der Alte vom grossen Stein sie alle gerettet habe. Er, Jochen, habe gesehen, dass M?mmelmann durch seine Taktik den einen J?ger so d?tsch gemacht habe, dass er seinen Nachbar schwer angeflickt habe. >>Kommt mit, eck will ju dat wiesen!<< so schloss er seine Rede.

Reinke Rotvoss, der oben an der Strasse unter dem Winde herangeschn?rt kam, blieb pl?tzlich stehen und seine N?stern schnupperten wohlig, denn die Witterung von zweihundert Hasen kitzelte sie. Aber dann setzte er sich pl?tzlich, denn eine wimmelnde, krimmelnde Masse kam ?ber das mondlichte Schneefeld, Hase bei Hase, und jetzt hielten sie an.

So etwas hatte Reineke noch nicht erlebt, und er hatte viel mitgemacht. Als aber die zweihundert Hasen anfingen, mit den Hinterl?ufen zu klopfen und gespenstisch im Kreise herum zu tanzen, da kriegte er es mit der Angst, er machte kehrt und gab Fersengeld, dass ihm die Standarte nur so flog. Als am anderen Tage der Jagdaufseher Nachsuche hielt, da fand er um den roten Fleck, wo der Assessor den Baurat laufkrank schoss, einen Kreis, festgestampft wie eine Tenne. Und er sah, dass das die Hasen gemacht hatten, und er sch?ttelte den Kopf und machte ein ganz verst?rtes Gesicht.

Das war die Stelle, wo vorige Nacht die Knubbendorfer Hasensippe M?mmelmann, den Heldenhasen, nach Hasenweise geehrt hatte.

Murkerichs Minnefahrt.

Auf der Spitze der grossen Pyramide stand ein Mann. Der Abend hatte die gelbe W?ste in braune und blaue Farben getaucht, hatte die Palmen und Kuppeln der fernen Stadt mit Gold und Purpur umwebt.

Der Mann auf der Plattform des Riesenbaues sah die zauberhaften Farben, die m?rchenhaften T?ne nicht. Er war das ganze ?gypten satt, die eleganten Reisenden, das schmierige Volk, den Spielsaal und die Blumeng?rten. Traumverloren sah er nach Norden hin.

Da zuckte er zusammen und sah sich um. Nicht der Ruf der Eule war es gewesen, der ihn aus seinem Sinnen geweckt hatte, nicht das von weitem heranschallende Geschrei der Kameltreiber, nein, ein ganz anderer Laut, der ihm die gelben Troddeln der Haselb?sche im d?mmernden Wald, Drosselschlag und Ammernsang vor die Seele rief.

Er rieb sich die Augen und l?chelte: >>Ich habe getr?umt,<< dachte er. Aber da war er wieder, der seltsame, tiefe, quarrende Ton, das >>Quoark, quoark, quoark<<, und da kam es auch schon herangestrichen, ein schwarzes Ding, eulenhaft die Fittige bewegend, zwischen denen ein langer, senkrechter schwarzer Strich sich abhob, und verschwand in der D?mmerung.

Das war Murkerich. Auch dem war dieses ?gypten langweilig geworden mit seinen Palmen, seinem Nilschlick, seinen fetten Fliegenmaden und Kamelsmistk?fern. Nach weissschimmernden Birkenw?ldern sehnte er sich, nach braunem Fallaub zwischen goldenen Schl?sselblumen, jungen Fichten und breiten Weissdornb?schen und einem ordentlichen, deutschen Regenwurm.

Er moarkte verdriesslich, als ihm eine grosse Fledermaus mit einem blatt?hnlichen Gew?chs auf der Nase etwas zuzwitscherte, das er nicht verstand, strich weiter, den Nil hinauf, und pfuitzte schnell sein >>Pssewitt<< in den Abend hinein. Antwort erhielt er wohl, aber Begleitung bekam er nicht. >>Noch zu kalt da oben<<, pfuitzte Kulpsauge. >>Noch keine W?rmer draussen<<, quarrte Silbersteert. >>Noch Frost im Boden<<, wispelte Stecherine. Da reiste Murkerich allein.

Im Garten des Augustinerkellers in M?nchen ging ein Mann. Er liess sich die Abendluft um die Stirn ziehen, denn arg viele Masse Bier hatte er binnen. Pl?tzlich blieb er stehen und sah nach dem Himmel, wo ein einziger, kleiner, blasser Stern blinzelte. >>Herrgottsaxen<<, brummte er vor sich hin, >>hoab i oan Rausch. Alleweil hoab i meint, dass i die Schnepfen h?r'!<<

Einen Rausch hatte er, aber richtig geh?rt hatte er doch. Murkerich hatte Afrika hinter sich, das Mittelmeer und den Balkan, Tirols weisse Gipfel und Bayerns dunkle Berge. Viele Gefahren zu Wasser und zu Lande hatte er erlebt, Seesturm und Meeresgewitter, Lawinengepolter und Telegraphendrahtsurren; am Gardasee stellte eine verwitwete Schnepfin seinem Herzen Garn und Schlinge und wollte ihn bewegen, dort zu bleiben. Er pfuitzte ihr etwas und strich weiter.

?ber dem Dorfe Sievershausen im Solling stand ein Mann. Rotkehlchen und Amseln sangen, Waldw?hlm?use pfiffen im Fallaub, unten im Dorf rief der Totenvogel und im hohen Ort lachte der Kauz. Stillzufrieden lauschte der Mann den Stimmen des Vorfr?hlings.

Auf einmal durchfuhr ihn ein Ruck. Er riss das Gewehr von der Schulter, spannte und packte an, sah sich wild um und liess die Waffe wieder sinken. Er sch?ttelte den Kopf und lachte in sich hinein: >>Ich dachte, ich h?rte schon die Erste. Aber wir haben ja noch nicht einmal Reminiscere!<<

Er hatte doch richtig geh?rt, und wenn der Kauz gerade nicht solchen grossen Schnabel gehabt h?tte, dann h?tte Murkerichs Minnefahrt schon hier ein Ende gehabt. Aber Gl?ck muss ein junger Schnepfenhahn haben. Schon im Taunus waren ihm die Schrote um den Stecher gepfiffen und in seinem linken Fittig fehlte die Spitze der Malfeder. >>Die kann ich missen,<< hatte Murkerich gedacht; >>die ist ja doch bloss zum Staat da<<, und war weiter gestrichen. Und diese Nacht strich er noch weiter, bis er seine engere Heimat erreichte, den Ahltener Wald bei Hannover. Da strich er laut pfuitzend in der Fr?hd?mmerung die Gestelle auf und ab, fiel, als die erste Drossel pfiff, todm?de unter einer Schirmfichte ein und schlief wie tot.

Ein Rascheln im Laube weckte ihn. Eine Waldmaus w?re ihm fast auf den Kopf gesprungen. Als er sich spreizte, fuhr sie zitternd in ihr Loch. Die Sonne stand schon hoch und behaglich genoss Murkerich, Fl?gel und St?nder von sich streckend und das Halsgefieder aufrichtend, ihre W?rme. Dann richtete er sich auf, g?hnte gef?hrlich, trippelte einige Schritte vorw?rts, bis er an dem kleinen Ellernbruch anlangte, wo die ersten Bl?tter und Bl?ten sich ?ber dem pechschwarzen, nassen Boden zeigten.

Dort stellte er den Stecher senkrecht, fuhr damit ?ber die goldenen Bl?ten des Milzkrautes, die fetten Bl?tter des Aaronstabes, die blauen und weissen von Leberblume und Windr?schen, bohrte den Stecher in den Boden, vollf?hrte mit den St?ndern ein seltsames Getrampel, wobei er ab und zu leise schnurrte, und holte alle Augenblicke einen krampfhaft sich windenden Regenwurm oder eine langgeschw?nzte Sumpffliegenlarve heraus, die er sich dann mit kurzem Ruck einverleibte. Dann trippelte er wieder unter seine Schirmfichte und schlief weiter.

Als die D?mmerung die B?ume zusammenschmolz und der Kauz sein hohles Lied sang, wachte Murkerich auf. Der Abend war lau und die Luft dumpf, so recht geschaffen f?r ein z?rtliches Flugspiel ?ber den Wipfeln der Birken. Aber ihm lag noch die lange Luftreise in den Knochen, und so beschloss er, weiter zu schlafen, da erstens morgen auch noch ein Tag und zweitens eine Balz auf eigene Faust eine ziemlich ?de Besch?ftigung sei. Da vernahm er ein br?nstiges >>Pssewitt<<, und er schwang sich auf und folgte dem lockenden Rufe.

Auf der grossen Rodung holte er die Dame ein. Quarrline war es, eine Schnepfenmadam reiferen Alters, die im Fr?hling vor einem Jahre hier Witwe geworden war. Sie hatte damals gelobt, unverm?hlt zu bleiben, aber, die Liebe, das ist eine sonderbare Sache, und wenn eine alte Scheune ins Brennen kommt, dann helfen alle guten Vors?tze nicht. Und als sie Murkerichs flehendes Morken vernahm, da tat sie zwar erst etwas versch?mt, quarrte etwas von Aufdringlichkeit und Bel?stigung alleinstehender Damen, aber die kokette Art und Weise, wie sie ihn ?ber den R?cken anschielte, gab Kunde davon, wie heiss ihr Herz dem eleganten jungen Mann entgegenschlug. Ja, wer kann auch f?r die Gef?hle bei solcher lauen Luft!

Und so ging es denn mit Pssewitt und Mork-mork ?ber die Gr?ben und T?mpel, Schl?ge und Dickungen, bald neben-, bald hinter-, bald ?bereinander, jetzt langsam und leise, dann laut und schnell, in gerader Richtung ein Gestell entlang, im Zickzack durch den Lichtschlag, wo Quarrline ihrem Galan in dem Stockausschlag der Birken verschwand. Aber er fand sie bald, denn es war bei ihr nur Ziererei, und als er ihr erz?hlte, dass er in guten Verh?ltnissen lebte und ein Grundst?ck h?tte, das sich selbst im d?rrsten Sommer reichlich mit Regenw?rmern verzinste, da gab sie bald ihre Spr?digkeit auf und wurde aus einer ?lteren Witwe schnell eine junge Braut.

Als Murkerich sich am anderen Tage die Sache ?berlegte, fand er, dass er etwas voreilig gewesen war. Seine Quarrline passte doch nicht so ganz zu ihm. Sie war ein bisschen zu sehr in die Breite gegangen, ihr Gefieder war stark ergraut, kurz und gut, eine Sch?nheit war sie gerade nicht. Und dieses ewige Gequarre von ihrem Seligen, das war nicht zum Aushalten. Wenn sie so schon als Braut war, wie w?rde sie erst sp?ter werden, dachte der gl?ckliche Br?utigam und h?rte missmutig ihrem Gequarre zu, mit dem sie ihn sogar jetzt, mittags, wenn jede richtige Schnepfe schl?ft, an?dete.

So vernahm sie vor lauter Schwatzen das leise Rauschen nicht, das hinter ihr im d?rren Grase daher kam. Faul und breit lag sie da und erz?hlte von ihrem Seligen. Da fuhr ein rotes Ding rauschend und rasselnd durch das Gras, Murkerich strich schreiend ab und konnte eben noch er?ugen, dass Reineke Rotvoss mit Quarrline im Fang davonschn?rte. Unter einem gewaltigen Weissdornbusch fiel Murkerich ein. Der entsetzliche Vorfall bek?mmerte ihn tief, aber bei ruhigerer ?berlegung fand er, dass es so am besten f?r sie beide war; gl?cklich w?ren sie zusammen doch nicht geworden. ?ber diesen Betrachtungen schlief er ein.

Das Gezeter der Amsel weckte ihn. Die sass auf dem Dornbusch und machte einen Mordskrach, weil zwei M?nner das Grenzgestell entlang gingen. Im grossen Windbruch rief der Kauz, von der breiten Wiese erklang das Schreien der Kiebitze, Kraniche trompeteten ?ber den Forst hin, Goldammern und Rotkehlchen sangen ihre Abendlieder. Da vernahm Murkerich ?ber sich ein tiefes, dumpfes Quarren und ein ?ngstliches Pfuitzen. Ein alter Schnepfenhahn machte in grober Weise einer schlanken Schnepfin den Hof. Klack, klack, machten Murkerichs Fl?gel, und schon war er neben dem P?rchen. Der alte Hahn machte ein h?chst erbostes Gesicht, als er den jungen Mann erblickte, und versuchte, ihm eins zu stechen, aber Murkerich war gewandter, er wich ihm aus, stieg und stach ihn derartig in die Seite, dass der alte Herr wutquietschend in das Quergestell einschwenkte. Murkerich wollte ihm folgen, da fuhr ein langer, roter Strahl empor, der alte Hahn fiel wie ein fauler Ast zu Boden, ein Donnerschlag ert?nte, Stinkrauch stieg auf, und Murkerich und das kleine Fr?ulein schwenkten schleunigst ab.

>>Gl?ck muss ein junger Mann haben<<, dachte Murkerich, als er mit der Kleinen durch das Birkenbruch zickzackte. Die hatte sich so erschrocken, dass sie froh war, einen Mann bei sich zu haben. Pfuitzing hiess sie und war noch nicht ein Jahr alt. Murkerichs Herz brannte. >>So ein niedliches Ding<<, dachte er, >>so schlank und adrett, das ist doch etwas anderes, als die alte Dame von gestern.<< Und z?rtlich morkend, sagte er ihr die sch?nsten Sachen ?ber ihre wundersch?nen dunklen Seher, ?ber die blitzenden Silberspitzen ihres Stosses, und die Kleine legte geschmeichelt den Stecher an die Brust und dachte bei sich: >>Ein reizender junger Mann, viel netter, als der alte Murrkopf von vorhin.<< Und in niedlicher Koketterie liess sie ihres Stosses silbernes Spitzenwerk leuchten, und wenn sie auch so tat, als wollte sie sich ihres Anbeters Schmeicheleien entziehen und hastig fortstreichen, sie tat nur so.

Es war ein herrlicher Abend. Die Luft war weich und warm, in den Sinken braute der Fuchs, der Mond stand ?ber den hohen Eichen. In seliger Minnefahrt strich das P?rchen ?ber die Schl?ge, zickzackte um die ?berh?lter, ruderte durch das Bruch, und fiel ab und zu zu kurzem Gekose an einem silbern blitzenden Graben ein, um bald wieder in langsamem Fluge ?ber die Gestelle zu streichen, er in m?nnlichem Bariton schmeichelnd und sie im hellen Diskant kichernd, wenn er ihr erz?hlte, welch ein herrliches Leben sie hier im sch?nen Ahltener Walde f?hren wollten, wo der Boden so tief und locker und w?rmerreich ist und wo Dornbusch an Dornbusch steht, die beste Wehr gegen Reinekes T?cke und Griepto Heuhnerdeiws, des Habichts, Roheit.

Und als sie so schw?rmten und tr?umten, da blitzte und krachte und rauchte es, und Pfuitzing stiess einen Schrei aus, st?rzte, nahm sich wieder auf und flatterte in das Unterholz. Murkerich war sofort bei ihr und trieb sie zur Eile an, denn er vernahm eine laute Stimme, und h?rte einen Hund durch die Pf?tzen patschen. Da flatterte das arme Ding mit Aufwand aller Kraft ein Endchen weiter und fiel ersch?pft in den gewaltigen, undurchdringlichen Windbruch. Noch ein Weilchen h?rten sie den Hund hechelnd im Unterholz herumst?bern, dann ert?nte ein Pfiff, und alles war ruhig.

Pfuitzing lag auf der Seite und wimmerte ganz leise. Ihr linker Lauf war von einem Hagelkorn getroffen und gebrochen. Sie zog ihn fest an den Leib und liess sich von Murkerich tr?sten. Den ganzen Tag blieb sie so liegen und humpelte erst abends ein bisschen hin und her, um zu wurmen, und Murkerich blieb immer bei ihr. Nach acht Tagen war der Lauf fast heil; die weichen Bauchfederchen hatten einen festen Verband darum gebildet, so dass die Kleine schon wieder ganz gut auftreten und sich auch wieder aufschwingen konnte.

Es war wieder ein wundervoller Abend, so lau, so weich, so milde, aber dem P?rchen war alle Lust am Strich vergangen. >>Weisst Du was, Pfuitzing,<< quarrte Murkerich, >>ich glaube, wir ziehen weiter. Wenn man immer geradeaus gegen Mitternacht streicht, dann kommt man hinter dem Meer in L?nder, da gibt es kaum einen Menschen, und die da sind, die k?mmern sich nicht um uns. Hier muss man ja immer wie eine Maus im Verborgenen leben und hat nichts vom Leben. Wollen wir weiter?<<

Pfuitzing war es zufrieden, und als der Mond sich hinter den Wolken versteckte, da stiegen beide ganz hoch in die Luft, kreisten dreimal und strichen dann geradeaus, nach dem Lande, wo es noch nette Menschen gibt. Und da leben sie heute noch.

Kr?hengespr?ch.

Jeden Nachmittag um 3 Uhr achtundf?nfzig Minuten, wenn der Barsinghausener Zug ?ber die grosse Bult bei Hannover keucht, kommt ein alter Herr mit einem alten Hunde den Fussweg entlang, der sich am Rande der Eilenriede nach der Bult hin zwischen dem D?hrener Turm und Bischofshol hinzieht. Auf der H?he der R?sterburg bleibt der alte Herr stehen, nimmt eine Prise, sieht gegen den hellen Abendhimmel und niest, und meistens niest sein Hund zur Gesellschaft mit. Dann gehen beide weiter.

Genau um diese Zeit kommt eine grosse graue Kr?he angeflogen, die bei der Korndieme auf M?use lauerte, l?sst sich auf einer der h?chsten Eichen am Rande des Waldes zwischen dem Eisenbahndamm und der R?sterburg nieder, sch?ttelt ihr Gefieder glatt und ruft dreimal laut: >>Arrr!<<

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