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Read Ebook: Sewastopol by Tolstoy Leo Graf L Wenfeld Raphael Editor Cissarz J V Johann Vincenz Illustrator

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Ebook has 920 lines and 48347 words, and 19 pages

>>Wenn ich sterben muss, wenn es sein muss, dass ich vergehe, lass es geschehen, Herr -- dachte er -- lass es schnell geschehen! ... Bedarf es aber der Tapferkeit, bedarf es der Standhaftigkeit, die ich nicht habe, so gieb sie mir, sch?tze mich vor Schmach und Schande, die ich nicht ertragen kann, lehre mich, was ich zu thun habe, um Deinen Willen zu erf?llen.<<

Seine kindliche, eingesch?chterte, ge?ngstigte Seele ward pl?tzlich von Mannesmut erf?llt. Sie wurde heller und sah neue, weite, lichte Horizonte. Noch vieles dachte und empfand er in diesem kurzen Augenblick, den diese Stimmung w?hrte; er schlief bald ruhig und furchtlos ein, mitten unter den T?nen des fortdauernden Get?ses des Bombardements und des Klirrens der Scheiben.

Grosser Gott! Nur du allein hast geh?rt und kennst die einf?ltigen, aber inbr?nstigen und verzweifelten Gebete der Unwissenheit und irrenden Reue, die Bitten um Heilung des K?rpers und Erleuchtung der Seele, die zu dir von diesem schrecklichen Orte des Todes emporgestiegen sind, aus dem Herzen des Generals, der eben an das Georgskreuz gedacht hat und mit Bangen Deine N?he ahnt, wie des einfachen Soldaten, der sich auf dem nackten Boden der Nikolajew-Batterie w?lzt und Dich bittet, ihm im Jenseits Belohnung zu gew?hren f?r alle Leiden! ...

Der ?ltere Koselzow hatte auf der Strasse einen Soldaten seines Regiments getroffen und ging zusammen mit ihm geradewegs nach der f?nften Bastion.

Halten Sie sich an die Mauer, Euer Wohlgeboren! sagte der Soldat.

Weshalb?

Es ist gef?hrlich, Euer Wohlgeboren: sehen Sie, da fliegt sie schon hin?ber! sagte der Soldat, indem er auf den pfeifenden Ton einer Kanonenkugel horchte, die auf dem trockenen Weg auf der anderen Seite der Strasse einschlug.

Koselzow ging, ohne auf den Soldaten zu h?ren, k?hn in der Mitte der Strasse.

Es waren dieselben Strassen, dasselbe sogar noch h?ufigere Feuern, dasselbe St?hnen, Vor?bertragen von Verwundeten und dieselben Batterien, Brustwehren und Laufgr?ben, wie im Fr?hjahr, da er in Sewastopol gewesen; aber das alles war jetzt noch trauriger und zugleich energischer: es gab noch mehr durchgeschlagene D?cher, Licht in den Fenstern war gar nicht mehr sichtbar, ausser in Kuschtschins Hause , Frauen sah man gar nicht mehr auf der Strasse, auf allem lag nicht mehr der fr?here Charakter des Allt?glichen und der Sorglosigkeit, sondern der Stempel einer bangen Erwartung und M?digkeit.

Aber da ist schon der letzte Laufgraben, da t?nt auch die Stimme eines Soldaten vom P.-Regiment, der seinen fr?heren Hauptmann erkannt hat; da steht auch das dritte Bataillon in der Dunkelheit, an die Wand gelehnt, bisweilen auf einen Augenblick durch Sch?sse beleuchtet und seine Gegenwart nur durch ged?mpftes Murmeln und das Klirren der Gewehre verratend.

Wo ist der Regimentskommandeur? fragte Koselzow.

In der Blindage, Euer Wohlgeboren, bei den Seeleuten, antwortete ein dienstfertiger Soldat. Bitte, ich werde Sie f?hren.

Von Laufgraben zu Laufgraben f?hrte der Soldat Koselzow zu einem kleinen Graben in einem Laufgraben. Im Graben sass ein Matrose, der seine Pfeife rauchte; hinter ihm war eine Th?r sichtbar, durch deren Spalt Licht schimmerte.

Darf man eintreten?

Werde Sie sogleich melden! und der Soldat trat zur Th?r ein.

Drinnen sprachen zwei Stimmen.

Wenn Preussen die Neutralit?t bewahrt, sagte die eine Stimme, so wird auch ?sterreich ...

Ach was, ?sterreich, sagte die andere, wenn die slavischen V?lker ... Lass eintreten.

Koselzow war nie in dieser Blindage gewesen. Sie frappierte ihn durch ihren Luxus. Der Fussboden war get?felt, an der Th?r hielt eine spanische Wand den Wind ab. Zwei Betten waren an den W?nden aufgestellt; in einer Ecke stand ein grosses Bild der Gottesmutter in goldenen Gew?ndern, und vor ihm brannte eine rosa Lampe. Auf dem einen Bett schlief ein Marineoffizier, vollst?ndig angekleidet; auf dem andern sassen vor einem Tisch, auf dem zwei halbvolle Flaschen Wein standen, der neue Regimentskommandeur im Gespr?ch mit seinem Adjutanten. Obgleich Koselzow durchaus kein Feigling war und sich weder der Beh?rde, noch dem Regimentskommandeur gegen?ber einer Schuld bewusst war, wurde er doch zaghaft bei dem Anblick des Hauptmanns, der vor kurzem noch sein Kamerad gewesen war; so stolz erhob sich dieser Hauptmann, um ihn auszufragen. >>Sonderbar, dachte Koselzow, w?hrend er seinen Kommandeur ansah, sieben Wochen sind es erst, dass er das Regiment bekommen hat, und wie deutlich spricht schon aus allem, was ihn umgiebt, aus seiner Kleidung, aus seinem Gebahren, aus seinem Blick, die W?rde des Regimentskommandeurs. Vor kurzem -- dachte er -- hat dieser Batteriechef noch mit uns gezecht, an Wochentagen ein dunkles Zitzhemd getragen, das l?nger rein h?lt, nie jemand zu sich eingeladen, und immer und ewig Klops und Quarkpiroggen gegessen, und jetzt? ... Und im Blick dieser Ausdruck kalten Hochmuts, der zu sagen scheint: wenn ich auch dein Kamerad bin, weil ich Regimentskommandeur neuer Schule bin, glaube nur, ich weiss, wie gern du dein halbes Leben hing?best, um an meiner Stelle zu sein!<<

Sie haben sich recht lange kurieren lassen, sagte der Oberst zu Koselzow und sah ihn k?hl an.

Ich bin krank gewesen, Oberst! Die Wunde ist jetzt noch nicht ganz geschlossen.

So sind Sie unn?tz gekommen, sagte der Oberst und betrachtete misstrauisch die volle Gestalt des Offiziers. Sie k?nnen aber doch den Dienst versehen?

Gewiss kann ich das!

Nun, ich freue mich sehr. So ?bernehmen Sie vom F?hnrich Sajzow die neunte Kompagnie -- Ihre fr?here; sogleich werden Sie die Ordre erhalten.

Zu Befehl!

Wollen Sie die G?te haben, wenn Sie fortgehen, den Regimentsadjutanten zu mir zu schicken, schloss der Regimentskommandeur, und gab durch eine leichte Verbeugung zu verstehen, dass die Audienz beendet sei.

W?hrend Koselzow aus der Blindage herausging, brummte er etwas vor sich hin und zog die Schultern hoch, als bereite ihm etwas Schmerz, Unbehagen oder ?rger -- ?rger nicht ?ber den Regimentskommandeur ; er war mit sich selbst, mit allem, was um ihn her vorging, unzufrieden.

Bevor Koselzow sich zu seinen Regimentskameraden begab, ging er, seine Kompagnie zu begr?ssen und zu sehen, wo sie stand. Die aus Schanzk?rben gebildeten Brustwehren, die Anlage der Laufgr?ben, die Kanonen, an denen er vorbeikam, sogar die Splitter der Bomben, ?ber die er unterwegs stolperte, -- das alles, unaufh?rlich durch das Feuer der Sch?sse erhellt, war ihm bekannt; das alles hatte sich vor drei Monaten, im Verlauf der vierzehn Tage, die er ununterbrochen auf derselben Bastion zugebracht, seinem Ged?chtnisse lebhaft eingepr?gt. Obwohl viel Schreckliches in der Erinnerung lag, hatte sie doch auch den grossen Zauber des Vergangenen, und er sah mit Vergn?gen, als w?ren die hier zugebrachten vierzehn Tage angenehme gewesen, die bekannten Orte und Gegenst?nde wieder. Die Kompagnie lag an der Verteidigungswand, bei der sechsten Bastion.

Koselzow ging in eine lange, vom Eingange her vollst?ndig offene Blindage, in der, wie man ihm sagte, die neunte Kompagnie stand. In der ganzen Blindage war buchst?blich kein Fuss breit Platz: so voll war sie vom Eingang ab von Soldaten. Auf der einen Seite brannte ein kurzes Talglicht. Das Licht hielt, liegend, ein Soldat und beleuchtete ein Buch, das ein anderer buchstabierend las. Um das Licht waren in dem tr?ben Halbdunkel der Blindage erhobene K?pfe sichtbar, die gespannt dem Leser zuh?rten. Das Buch war ein ABC-Buch. Als Koselzow in die Blindage eintrat, h?rte er folgendes:

>>Ge--bet nach Be--en--di--gung des Un--terrichts. Ich dan--ke Dir Sch?p--fer ...<<

Putzt doch das Licht! rief eine Stimme. Das Buch ist pr?chtig ... >>Mein ... Gott ...<< fuhr der Vorleser fort.

Als Koselzow nach dem Feldwebel fragte, verstummte der Vorleser, die Soldaten gerieten in Bewegung, husteten, schn?uzten sich, wie stets nach einem anhaltenden Schweigen. Der Feldwebel erhob sich, seinen Mantel zukn?pfend, von seinem Platz in der N?he des Vorlesers und kam, ?ber die F?sse und auf den F?ssen derer, die nicht Zeit hatten, sie wegzuziehen, schreitend, an den Offizier heran.

Guten Tag, Br?derchen! Ist das alles unsere Kompagnie?

Wir w?nschen Gesundheit! Wir gratulieren zur Ankunft, antwortete der Feldwebel, indem er heiter und freundlich Koselzow ansah. -- Hat sich Ihr Befinden gebessert? Nun Gott sei Dank. Wir haben uns sehr nach Ihnen gesehnt.

Man sah gleich, dass Koselzow bei der Kompagnie beliebt war.

Im Hintergrunde der Blindage liessen sich Stimmen h?ren: der fr?here Kompagniekommandeur ist wieder da, der verwundet war, Koselzow, Michail Ssemjonytsch ist wieder da u. dgl.; einige gingen sogar auf ihn zu, der Trommler begr?sste ihn.

Guten Tag, Obantschuck? sagte Koselzow. Unversehrt? ... W?nsch' euch Gesundheit, Kinder, rief er darauf mit erhobener Stimme.

Wir w?nschen Ihnen Gesundheit! t?nte es tosend in der Blindage.

Wie geht's euch, Kinder?

Schlecht, Euer Wohlgeboren; der Franzose hat die Oberhand, -- er schiesst so b?s von den Schanzen her -- und damit basta, ins Feld wagt er sich nicht.

Vielleicht giebt's Gott, zu meinem Gl?ck, dass sie auch ins Feld kommen, Kinder! erwiderte Koselzow. Ich bin ja nicht das erstemal bei euch: wir werden sie wieder ausklopfen.

An uns soll's nicht fehlen, Euer Wohlgeboren! antworteten einige Stimmen.

Na, aber sie sind tapfer! sagte eine Stimme.

Furchtbar tapfer! sagte der Trommler nicht laut, aber so, dass es h?rbar war, zu einem anderen Soldaten gewandt, als wenn er vor diesem die Worte des Kompagnief?hrers rechtfertigen und ihn ?berzeugen wollte, dass in diesen Worten nichts Prahlerisches und Unwahrscheinliches liege.

Von den Soldaten ging Koselzow in die Kaserne der Verteidigungstruppen zu den Offizieren, seinen Kameraden.

In dem grossen Zimmer der Kaserne waren eine Menge Leute: Marine-, Artillerie- und Infanterieoffiziere. Die einen schliefen, andere unterhielten sich, auf dem Pulverkasten und der Lafette einer Festungskanone sitzend; die dritten bildeten im Alkoven eine grosse und laute Gruppe, sie sassen auf der Diele auf zwei ausbreiteten Filzm?nteln, tranken Porter und spielten Karten.

Ah, Koselzow, Koselzow ... Gut, dass du gekommen bist. Brav! ... Was macht die Wunde? liess sich von verschiedenen Seiten h?ren. Auch hier konnte man sehen, dass man ihn gern hatte und sich ?ber seine Ankunft freute.

Koselzow trank einen Schnaps und setzte sich zu den Spielern.

Setzen Sie doch, Michail Ssemjonytsch! sagte der Bankhalter zu ihm. Geld, meine ich, m?ssen Sie die Menge mitgebracht haben.

Wie soll ich zu Geld kommen? Im Gegenteil, ich habe das letzte in der Stadt gelassen.

Wie? Sie haben doch gewiss jemanden in Ssimferopol aufsitzen lassen.

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