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Read Ebook: Der Kriegsfreiwillige by M Hlenfels Hedwig Von Vogt Curt Illustrator

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Ebook has 1784 lines and 79210 words, and 36 pages

Illustrator: Curt Vogt

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Anmerkungen zur Transkription

Der vorliegende Text wurde anhand der 1915 erschienenen Buchausgabe so weit wie m?glich originalgetreu wiedergegeben. Zeichensetzung und offensichtliche typographische Fehler wurden stillschweigend korrigiert. Ungew?hnliche sowie inkonsistente Schreibweisen wurden beibehalten, insbesondere wenn diese in der damaligen Zeit ?blich waren oder im Text mehrfach auftreten.

Die Buchversion wurde in Frakturschrift gedruckt. Die von der Normalschrift abweichenden Schriftschnitte wurden in der vorliegenden Fassung mit den folgenden Sonderzeichen gekennzeichnet:

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Der Kriegsfreiwillige

Dritte Auflage

Bei +Egon Fleischel & Co.+ erschienen folgende Werke von

+Helene von M?hlau+

Beichte einer reinen T?rin Sie sind gewandert hin und her Das Witwenhaus Liviana Saltern-Santos Eine irrende Seele Nach dem dritten Kind Das K?tzchen Hamtiegel Die zweite Generation Ehefrauen

Der Kriegsfreiwillige

Roman

von

Helene von M?hlau

Egon Fleischel & Co. / Berlin 1915

Alle Rechte vorbehalten ~Amerikanisches Copyright 1915 by Egon Fleischel & Co., Berlin

~ Zeichnung f?r den Umschlag und den Original-Einband von +Curt Vogt+

Dieses mit bangem Herzen geschriebene B?chlein widmet ihrem verehrten Freunde +Herrn Hermann Sudermann+ in Dankbarkeit die Verfasserin

Leise und z?gernd zog der Abend nach dem langen, heissen Sommertag ins Zimmer. Die Umrisse der M?bel wurden unbestimmt, die Bilder an den W?nden zerflossen in Schatten, auf dem Teppich schlich noch ein St?ckchen Tageslicht hin wie eine wellig gekr?mmte, fast farblose Schlange. Alles war weich und mild und lind geworden, und die Grossmutter sagte mit ungewohnt sanftem Ton: ,,Komm einmal her zu mir, Maria." Und Maria, die, ganz in sich zusammengesunken, in einem riesengrossen, altv?terischen Sessel gesessen hatte, erhob sich leise und ging zur Grossmutter hin.

Sie sagte ,Grossmutter' zu der alten Frau, obwohl sie ihre Schwiegermutter war. Maria war am fr?hen Morgen von Berlin abgefahren; erst sechs Stunden mit der Bahn, dann, vom Grossvater abgeholt, noch zwei Stunden Wagenfahrt. Sie war m?de angekommen, und die Grossmutter hatte ihr ein paar Stunden Ruhe geg?nnt und sie erst gegen f?nf Uhr zum Tee rufen lassen.

Die Grossmutter wohnte in einem kleinen, h?bschen Villenort; sie hatte mit Grossvater den unteren Stock eines netten Landhauses inne und sah gesund und zufrieden aus. Grossvater war nicht zu Hause; er stand freiwillig auf Brunnenwache, denn irgend jemand im Orte hatte erz?hlt, dass die Russen durchziehen und die Brunnen vergiften w?rden. Da hatte Grossmutter zu ihrem Manne gesagt: ,,Selbstverst?ndlich wachst du mit", und Grossvater hatte sich auch freiwillig zur Verf?gung gestellt und erf?llte trotz seiner zweiundsiebzig Jahre aufs gewissenhafteste die ?bernommene Pflicht.

Die Grossmutter zog Maria zu sich aufs Sofa nieder und legte den Arm um ihre Schultern. ,,So, nun erz?hl' vom Jungen!"

Auf dem runden Tisch vor ihnen lag ein Stoss Zeitungen, und die Grossmutter war damit besch?ftigt gewesen, einige Artikel auszuschneiden.

,,F?r den Jungen!" sagte sie. ,,Der wird jetzt keine Zeit zum Zeitunglesen haben; aber sp?ter wird er froh sein, dass Grossmutter an ihn gedacht hat."

,,Ich habe auch schon f?r ihn gesammelt!" sagte Maria, nicht ohne leisen Trotz in der Stimme.

Die Grossmutter faltete pl?tzlich ihre H?nde und rief laut: ,,Lieber, lieber Gott, warum hast du dieses namenlose Leid ?ber uns gesandt? Siehst du, Maria, du weisst, dass ich fromm bin und ohne meinen Gott nicht leben konnte! Aber seit er all dies Furchtbare geschehen l?sst, ist es mir jeden Morgen von neuem, als ob ich mit ihm hadern m?sste. Ich kann nicht ruhig mehr sagen: Vater unser, der du bist im Himmel. Geheiligt werde dein Name! Nein, das kommt mir nicht mehr glatt von den Lippen, und das ist f?r eine alte Frau, die eigentlich keinen andern Halt mehr hat, sehr hart, wenn sie an ihrem Lebensende mit ihrem Gott in Zwietracht geraten muss!"

,,Du hast doch Grossvater," antwortete Maria, und die alte Frau nickte.

,,Ja, und er ist ein guter Mann und hat mich nicht entt?uscht." Das best?tigte die Grossmutter sehr kr?ftig, fast herausfordernd; denn es war ihr im Laufe der Zeit allerlei zu Ohren gekommen, was man ?ber ihre sp?te Heirat gesagt hatte. ,,Ich halte es mit dem alten Fritz: Jeder nach seiner Fasson! Es mag alte Frauen in F?lle geben, die das Alleinsein nicht empfinden, oder die in Kaffeeklatschen Befriedigung suchen oder irgendwo bei Verwandten unterkriechen. Das gen?gte mir nicht. Ich muss jemanden haben, f?r den ich sorgen kann. W?rest du nach Alfreds Tod mit dem Jungen zu mir gekommen, oder h?ttest du wieder geheiratet und mir den Jungen ?berlassen, dann h?tte ich eben Grossvater nicht genommen. Da dir aber nicht beizukommen war, handelte ich, wie ich es f?r gut hielt."

,,Du sagst das immer so, als ob ich etwas gegen deine Heirat gehabt h?tte, Grossmutter," meinte Maria.

,,Das w?rde dir auch wenig genutzt haben," rief die Grossmutter und sah einen Augenblick triumphierend aus, aber dann wurde ihr Gesicht wieder weich.

,,Ich hatte einmal in einem Buch gelesen, Maria, dass eine Ehe zwischen alten Leuten, die des Lebens St?rme hinter sich haben, unendlich gut und sch?n sein m?sste. Das ist mir nicht aus dem Sinn gegangen, und als ob es so h?tte sein sollen, musste der Grossvater, der sich ebensosehr vor der Einsamkeit wie ich f?rchtete, mir in den Weg laufen. Schickung! Und ich muss gestehen, nachdem er seine grossen Eigenheiten, die er anf?nglich durchsetzen wollte, abgelegt hat, sind wir recht gl?cklich zusammen. Er tut, was ich will, und hat keinerlei Launen mehr. Das ist eine grosse Kunst f?r eine Frau, sich den Mann so zu ziehen, wie sie ihn haben will, eine Kunst, von der du nicht viel verstehst, Maria. Du w?rdest dich in den ersten zwei Wochen unterkriegen lassen."

,,Darum habe ich ja auch nicht wieder geheiratet, Grossmutter."

,,Schlimm genug f?r dich und den Jungen, der ohne Vater aufwachsen musste."

,,Ist denn der Junge nicht sehr gut gross geworden? Du tust mir wirklich oft Unrecht, Grossmutter." Aber dann kam der wilde Schmerz all dieser Tage wieder in ihr auf; sie warf den Kopf in die Arme und weinte.

,,Vielleicht ist alles zwecklos gewesen, alles umsonst!" Grossmutter liess sie eine Weile so liegen, dann hob sie ihr den Kopf in die H?he.

,,Das Weinen hat gar keinen Zweck, Maria. Damit ?nderst du absolut nichts und machst nur dich selbst elend."

Sie war sehr gut und weich in diesen Augenblicken und zog den Kopf der Schwiegertochter an ihre Brust.

,,Wir sind sehr verschieden, Maria," sagte sie, ,,und werden wohl nie ganz zueinander hink?nnen; aber wenn du um das Jungchen weinst, habe ich dich lieb, denn dann f?hle ich, dass du doch zu uns geh?rst."

Es war nun ganz dunkel im Zimmer geworden, und die Grossmutter sprach leise, aber nicht ohne Heftigkeit:

,,Siehst du nun ein, dass es eine Dummheit ist, wenn eine Frau, die noch jung ist, den Wahn hat, allein bleiben zu m?ssen. Man kann sich den Mann nicht malen, ganz besonders nicht, wenn man so wenig Mittel hat wie du. Aber, da hat man, wenn ein braver, solider Mann mit reellen Absichten kommt, gleich grosse Schlagreden bei der Hand: ,Ich muss verstanden sein, muss seelische Gemeinschaft, gleiche Interessen haben!' Der lautere Bl?dsinn, Maria, den sich meinethalben eine Million?rin erlauben kann. Aber f?r dich passte sich das absolut nicht! Nun, wo Gott dies furchtbare Strafgericht in die Welt geschickt hat, stehst du gottverlassen da und w?rest vielleicht froh, wenn einer k?me und dir Sicherheit b?te."

,,Nein, das w?re ich auch heute noch nicht, wenn ich ihn nicht lieben k?nnte!" Der Kopf hob sich von der Brust der Grossmutter, und die alte Kluft war wieder da.

,,Dann weine auch nicht! Der Hochm?tige darf nicht weich werden."

Der Grossvater trat ins Zimmer. ,,Warum denn so im Dunkeln?" fragte er und liess den Kronleuchter aufblitzen.

Die Grossmutter ward ?rgerlich. ,,Du weisst, dass ich diese pl?tzliche Beleuchtung nicht vertrage!" Und der alte Herr schaltete, mit einem feinen L?cheln um den Mund, die Krone aus und drehte eine kleine, gelbverschleierte Lampe an. Er hielt Zeitungen in der Hand und machte ein bedeutendes Gesicht. ,,Kann ich noch eine Tasse Tee haben?" fragte er; aber als Maria aufspringen wollte, hielt Grossmutter sie fest.

,,Geh, Alterchen, und klingle der M?ller! Sie wird dir schon irgendwas Trinkbares bringen."

Die M?ller, eine ?ltliche Frau, die bei den zwei alten Leuten wohnte und sie bediente, kam schon von selbst mit einer Tasse Tee, und der Grossvater richtete ein paar freundlich scherzende Worte an sie.

,,Was Neues?" fragte die Grossmutter; und er las den Hauptartikel aus der Zeitung vor.

,,Also mit Belgien werden sie bald durch sein. Rat Mertens behauptet, in drei Wochen w?ren sie in Paris."

,,Rat Mertens soll besser seinen Mund halten," schalt die Grossmutter. ,,In drei Wochen sind wir nicht in Paris, das sagt mir mein klarer Verstand. Die Franzosen, wenn sie nur einigermassen ihre f?nf Sinne beisammen haben, werden ihr Paris diesmal zu verschanzen wissen!"

Grossvater lenkte ab und wandte sich an die Schwiegertochter: ,,Nun, hast du den ersehnten Brief vom Jungen vorgefunden?"

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