Read Ebook: Körperpflege durch Gymnastik Licht und Luft by Jaerschky Paul
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Ebook has 470 lines and 35970 words, and 10 pages
Anmerkungen zur Transkription
Weitere Anmerkungen befinden sich am Ende dieses Textes.
Verlagsbuchhandlung
Ernst Heinrich Moritz in Stuttgart.
#Wie urteilt die medizinische Presse ?ber die Bibliothek der Gesundheitspflege?#
Bibliothek der Gesundheitspflege
K?rperpflege durch Gymnastik, Licht und Luft
von
Dr. med. Paul Jaerschky Berlin.
Mit 42 Abbildungen.
Stuttgart Ernst Heinrich Moritz. 1905.
Alle Rechte, einschliesslich des Uebersetzungsrechts vorbehalten.
Druck von Carl Schnabel in Ludwigsburg.
Inhalts-Verzeichnis.
Seite
Einleitung. 7
Anhang:
~ 3 ~Uebungstabellen~ f?r ~Kinder~, ~Frauen~ und ~M?dchen~, ~J?nglinge~ und ~M?nner~.
Einleitung.
K?rperpflege wird heutzutage in verschiedenster Weise betrieben, da man zur Erkenntnis gekommen ist, dass in unserer schnell lebenden Zeit bei dem gesteigerten Verbrauch an K?rper- und Geisteskr?ften dieselbe dringend ben?tigt wird. Als Hauptmittel wird dazu das ~Wasser~ in seinen verschiedensten Formen gebraucht. Ohne den Nutzen des Wassermittels zu verkennen und ohne seinen hohen Wert schm?lern zu wollen, glaube ich doch, dass man demselben h?ufig einen zu weiten Raum einr?umt. Dass dies so ist, kommt jedoch nur daher, dass man die urspr?nglichen und nat?rlichen Pflegemittel des K?rpers zu wenig kennt und deshalb zu wenig bewertet.
~Wir Menschen sind Gesch?pfe, die nicht wie die Fische und andere Wassertiere im Wasser, sondern vielmehr in ihrem nat?rlichen Element, in dem Licht-Luftmeer schwimmen und sich bewegen sollen~. Wir haben jedoch den richtigen Gebrauch des Lichtluftmittels verlernt. Durch unsere Kultur sind wir mehr und mehr dazu gekommen, dass wir den ganzen K?rper und jeden Teil desselben noch im besonderen m?glichst sch?tzen vor der Luft durch Kleidung, Schuhe, Schirme, T?cher u. s. w.
Ist es da zu verwundern, dass dasselbe Luftmittel, das unseren K?rper so unendlich viel Segen bei richtiger Ausn?tzung bringen k?nnte, uns verderblich wird, sobald wir mit demselben unfreiwillig und ?berraschend in Verbindung gebracht werden?
Es ist f?r den Menschen gut, dass er nicht nur die Vorteile, welche die Kultur bringt, sondern auch deren Nachteile kennen und dadurch dieselben vermeiden lernt.
Deshalb muss die heutige Menschheit, um nicht durch die Bekleidungskultur zu sehr zu leiden, lernen, wie sie sich ~im Rahmen der heutigen Kultur~ den Nutzen der Bewegung im grossen Licht-Luftmeer zu eigen machen kann.
Die nat?rlichsten Mittel zur K?rperpflege sind erstens die ~Bewegung, welche dem individuellen Kraftzustand des Menschen entspricht, und zweitens das Licht und die Luft in den verschiedensten Wetterkombinationen~.
Bewegung im nackten Zustand, oder mit dem Worte griechischen Ursprungs ,,~Gymnastik~" bezeichnet, ist das beste Zuchtmittel des K?rpers.
Die alten Griechen haben ihren K?rper und Geist nicht zuf?llig, sondern ganz bewusst nackt geschult; nicht anders liegen die Verh?ltnisse bei unseren germanischen Vorfahren.
Den Beweis zu erbringen, dass das ~Nacktturnen~ die ~beste K?rperpflege~ ist, und das System des Nacktturnens so zu erl?utern, dass es jeder Mensch, ob M?nnlein ob Weiblein, ob Kind oder Erwachsener, richtig und bequem zu gebrauchen weiss, ist der Zweck aller folgenden Auseinandersetzungen.
Wenn mein Schriftlein dies erreicht und die Menschen zur pers?nlichen Kultur anregt, so wird der Wunsch, den Se. Majest?t der deutsche Kaiser auf der Schulkonferenz 1890 aussprach: ,,~Wir wollen eine kr?ftige Generation~", erf?llt und das deutsche Volk durch vern?nftige Selbstzucht von einem Kultursieg zum anderen schreiten.
Wert der Leibes?bung f?r die einzelnen K?rper-Organe und f?r den gesamten Organismus.
Wer den K?rper bewegen will, um denselben zu pflegen, muss den Wert dieser Uebungsbewegungen kennen; nur dann wird er die Leibes?bung ~individuell~ verstehen und gebrauchen.
Wir wissen, dass ein Muskel, den wir durch einen Verband bewegungslos machen, an Muskelfleisch verliert; wir wissen ferner, dass, wenn wir eine Muskelgruppe besonders stark gebrauchen, dieselbe an Muskelsubstanz zunimmt z. B. die Wadenmuskulatur des Bergsteigers, die Oberarme der Schmiede, die Vorderarmmuskulatur der Klavierspieler.
~Dieser Dickenzunahme entspricht die h?chste Einzelleistung der Muskeln~, die durch ~Uebung~ erreicht wird. Gleichzeitig wird aber durch Uebung eine gewisse Unerm?dlichkeit der Muskeln erzielt. Fixiert man z. B. den Oberarm und l?sst nun den Vorderarm Gewichte heben und notiert die Hubh?hen auf einem rotierenden Zylinder, so findet man, dass die H?chstleistung nur kurze Zeit geleistet werden kann; damit nun die Hubh?he gleich gross bleibt, muss die Belastung stetig vermindert werden, bis schliesslich die kleinste Belastung erreicht wird, bei welcher die Muskeln stundenlang in demselben Tempo fortarbeiten k?nnen. Dieser ~Unerm?dbarkeitswert~ w?chst durch Uebung ebenso stark wie der Wert der h?chsten Einzelleistung. Und zwar steigt die Tagesleistung ausgedr?ckt auf das 2 1/2 fache. Muskelreize bringen den Muskel in T?tigkeit; sie wirken wie der Funke, der die im Schiesspulver enthaltenen Spannkr?fte zur Explosion frei macht. Oder wie der Lichtreiz, der unter Explosion, Chlor und Wasserstoff zu Chlorknallgas vereinigt. Der ~normale physiologische Reiz~, der im t?glichen Leben unsere Bewegungen veranlasst, ist der ~Willensreiz~. Auch dieser wird durch Uebung gr?sser, deshalb muss auch die Aeusserung des ge?bten Willens eine m?chtigere und ausdauerndere sein. In gleicher Weise erzeugen mechanische, chemische, thermische, elektrische und physiologische Reize aus den chemischen Spannkr?ften des Muskels ~W?rme und Arbeit~, d. h. er verwandelt chemische in physikalische Kr?fte. Dabei ver?ndert der Muskel seine Gestalt, er wird ~k?rzer~ und ~dicker~ und zwar desto mehr, je st?rker der wirkende Reiz ist. Entsprechend dem lebhafteren Stoffwechsel sind die ~Blutgef?sse etwas erweitert~. Man darf sich das Festerwerden des Muskels nicht etwa so vorstellen, als ob er durch Zusammenziehung den Inhalt seiner Blutgef?sse wie einen Schwamm auspresst. Denn der Muskel besteht ja zu 3/4 aus Wasser, einer Fl?ssigkeit, die fast gar nicht zusammengedr?ckt werden kann. ~Die Gestaltsver?nderung der Muskeln ist aber nicht nur eine augenblickliche, sondern zeigt sich bei dauernder Uebung in der Muskelmodellierung~, d. h. in der dauernden Dickenzunahme des Muskelfleisches und in dem Sichtbarwerden der einzelnen Muskelabschnitte, ihrer Ursprungs- und Ansatzpunkte.
Kilogrammeter ist dasjenige Mass der Arbeit, welches angibt, dass ein Kilogramm ein Meter hoch gehoben wird.
Wichtig ist auch die ~Elastizit?tseigenschaft~ der Muskeln; denn da dieselben in etwas gedehntem Zustande am Skelett befestigt sind, so suchen sie verm?ge ihrer Elastizit?t zum nat?rlichen Zustande zur?ckzukehren, pressen also die Gelenkenden mit einer gewissen Kraft zusammen, ~verleihen demnach den Gelenken ihre Festigkeit~ und haben dadurch die F?higkeit einander entgegenzuwirken.
~Je st?rker ein Muskel vor seiner T?tigkeit gedehnt wird, um so mehr Kraft entwickelt er~.
Wollen wir demnach kr?ftige Bewegungen ausf?hren, so m?ssen wir zu denselben ausholen. Wir dehnen zuvor den grossen Brustmuskel, indem wir den Arm etwas nach hinten nehmen, wenn wir den ~Wurf~ m?chtig gestalten wollen. Soll die Wurfbewegung zart und abgemessen sein, so brauchen wir die der Zusammenziehung vorangehende Vorbereitung der Muskeldehnung nicht.
Ein ~Springer~ kann, sofern er wirksam springen soll, nicht aus dem Stande springen, denn der das K?rpergewicht emporfedernde grosse Streckmuskel des Oberschenkels ist bei gestreckter Haltung des Standsprunges zusammengezogen. Um ihn zu dehnen, macht man zuvor die Kniebeuge.
Je h?rter die Speise ist, die man zu ~beissen~ hat, desto weiter schiebt man sie nach hinten zwischen die Backenz?hne um die Kaumuskeln zu dehnen und ihre T?tigkeit wirksamer zu gestalten. Um eine weiche Nahrung zu bearbeiten braucht man die Schneidez?hne, so dass man den Mund kaum ?ffnen und die Kaumuskeln nur wenig zu dehnen braucht.
Daraus folgt, dass man bei vern?nftiger Leibesschulung die Muskeln zur Erzielung von H?chst-Leistungen so erziehen muss, dass sie mit Leichtigkeit die volle Dehnungsweite ausnutzen k?nnen, man aber auch da, wo es auf die gr?sste Entfaltung von Kraft nicht ankommt, vielleicht zum Zwecke einer Dauer- oder Schnelligkeitsleistung sich durch Einschr?nkung der Dehnungsweite Reservekraft erh?lt. Auch das ,,Federn" des K?rpers, das er beim Sprung aus gr?sserer H?he gebraucht, ist nur bei einer bestimmten Muskelelastizit?t denkbar.
Alle Bewegungen, die wir f?r gew?hnlich ausf?hren, sind ~anhaltende Zusammenziehungen~.
Eine ununterbrochene Arbeit k?nnen die Muskeln indess nicht leisten, weil sie ~erm?den~. Diese Erm?dung ?ussert sich zun?chst in einem Gef?hl der Schw?che, welches sich allm?hlig zum Schmerzgef?hl steigert; das Gesicht wird rot, Schweiss bricht aus und es treten Mitbewegungen auf, bis schliesslich trotz gr?sster Willensanstrengung die Muskeln vollkommen arbeitsunf?hig werden und den Dienst versagen. Noch mehrere Tage nach einer derartigen Muskelleistung kann der Muskel schmerzhafte Nachempfindungen ?ussern, wie wir sie bei dem sogenannten ,,~Turnfieber~" beobachten. Ein durchge?bter, d. h. trainierter Muskel dagegen zeigt solche Ueberm?dungserscheinungen nicht mehr.
Bekanntlich ist auch der ruhende Muskel im steten ~Stoffwechsel~ begriffen. Er entnimmt dem Nahrungssafte des zustr?menden Blutes, um dem K?rper die n?tige W?rme und Kraft zu ?bermitteln, N?hrsubstanzen und Sauerstoff und gibt Kohlens?ure ab. Und zwar nimmt er mehr Sauerstoff auf, als er Kohlens?ure abgibt; ~wir haben also im Muskel einen Sauerstoffspeicher~. Aber dieser Sauerstoffumsatz ist beim ~t?tigen~ Muskel ein wesentlich h?herer; denn der Sauerstoffverbrauch und die Kohlens?ureabgabe sind bis zum f?nffachen gesteigert. Dabei ist, wie bekannte Forscher gezeigt haben, der Sauerstoffgehalt des K?rperblutes der Schlagadern noch gr?sser und der Kohlens?uregehalt desselben noch kleiner als beim ~unt?tigen~ Muskel.
Der Muskel hat also trotz des erh?hten Sauerstoffverbrauches durch seine T?tigkeit noch mehr Sauerstoff aufgespeichert als im Ruhezustande. Diese Vergr?sserung des Sauerstoffspeichers erreicht der Muskel dadurch, dass er durch Erweiterung seiner Blutgef?sse das Blutreservoir so stark vergr?ssert, dass eine 3-5mal so grosse Blutmenge den Muskel durchstr?mt, ferner dadurch, dass mit zunehmender Muskelt?tigkeit auch die Atmung vertieft und beschleunigt wird, so dass durch die Lungen w?hrend der Arbeit bis zum 4-5fachen mehr Sauerstoff aufgenommen wird als in der Ruhe.
~Aber nicht nur die Aufnahme und Verarbeitung der wichtigsten Lebensspeise, n?mlich des Sauerstoffs werden durch die Muskelt?tigkeit erh?ht, sondern auch alle ?brigen Muskelbestandteile~.
So nimmt die Menge der im Wasser l?slichen Muskelstoffe durch T?tigkeit ab, w?hrend die Menge der im Alkohol l?slichen zunimmt; ferner ?ndert der Muskel durch T?tigkeit seine chemische Reaktion, denn die neutrale Reaktion des ruhenden Muskels wird beim t?tigen durch Bildung ~von Fleischmilchs?ure sauer~.
Durch Muskelt?tigkeit wird n?mlich der K?rper- und Muskel-S?ssstoff verbraucht, indem derselbe erst in Zucker und dann in Milchs?ure verbrannt wird. Als stoffliche Ursachen der Erm?dung des Muskels haben wir bisher folgende Endprodukte des chemischen Umsatzes kennen gelernt:
Es sprechen jedoch f?r den Akt der Erm?dung resp. Ersch?pfung der Muskeln noch andere Dinge mit, die Alex. Haig zuerst wissenschaftlich nachgewiesen hat.
Dieser Forscher wies nach, dass, wenn die dem K?rper mit der Nahrung zugef?hrten Eiweissstoffe ungen?gend im K?rper verbrannt werden, das Blut und Gewebe des K?rpers mit Harns?ure belastet werden. Harns?ure ist aber ebenso wie Xanthin, Kreatinin etc. ein nur teilweise verbrannter Eiweissstoff.
Diese Harns?ure verstopft, wahrscheinlich wie ein Klebestoff, die Blutgef?sse kleinsten Kalibers, und verhindert dadurch erstens das schnelle Heranbringen des im Blute zirkulierenden Eiweisses an die Gewebe, zweitens die Auslaugung der Stoffwechselprodukte aus denselben.
Zur Erzeugung von Kraft und Ausdauer ist es daher notwendig, das Blut freizuhalten von Harns?ure und den ihr physiologisch gleichwertigen Xanthink?rpern. Denn ihre Anwesenheit bedingt, wie wir gesehen haben, eine Behinderung des Blut-Kreislaufs und eine Anh?ufung von Stoffwechselprodukten in den Geweben.
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