Read Ebook: The Water-Finders by Vandeleur Judith
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Ebook has 545 lines and 32706 words, and 11 pages
DER TOR UND DER TOD
VON
HUGO VON HOFMANNSTHAL
IM INSEL-VERLAG ZU LEIPZIG
Der Tod
Claudio, ein Edelmann
Sein Kammerdiener
Claudios Mutter } } Eine Geliebte des Claudio } Tote } Ein Jugendfreund }
Claudios Haus -- Kost?m der zwanziger Jahre des vorigen Jahrhunderts
Studierzimmer des Claudio, im Empiregeschmack. Im Hintergrund links und rechts grosse Fenster, in der Mitte eine Glast?re auf den Balkon hinaus, von dem eine h?ngende Holztreppe in den Garten f?hrt. Links eine weisse Fl?gelt?r, rechts eine gleiche nach dem Schlafzimmer, mit einem gr?nen Samtvorhang geschlossen. Am Fenster links steht ein Schreibtisch, davor ein Lehnstuhl. An den Pfeilern Glaskasten mit Altert?mern. An der Wand rechts eine gotische, dunkle, geschnitzte Truhe; dar?ber altert?mliche Musikinstrumente. Ein fast schwarz gedunkeltes Bild eines italienischen Meisters. Der Grundton der Tapete licht, fast weiss; mit Stukkatur und Gold.
Claudio allein
Er sitzt am Fenster. Abendsonne.
Die letzten Berge liegen nun im Glanz, In feuchten Schmelz durchsonnter Luft gewandet. Es schwebt ein Alabasterwolkenkranz Zuh?chst, mit grauen Schatten, goldumrandet: So malen Meister von den fr?hen Tagen Die Wolken, welche die Madonna tragen. Am Abhang liegen blaue Wolkenschatten, Der Bergesschatten f?llt das weite Tal Und d?mpft zu grauem Gr?n den Glanz der Matten; Der Gipfel gl?nzt im vollen letzten Strahl. Wie nah sind meiner Sehnsucht die ger?ckt, Die dort auf weiten Halden einsam wohnen Und denen G?ter, mit der Hand gepfl?ckt, Die gute Mattigkeit der Glieder lohnen. Der wundervolle, wilde Morgenwind, Der nackten Fusses l?uft im Heidenduft, Der weckt sie auf; die wilden Bienen sind Um sie, und Gottes helle, heisse Luft. Es gab Natur sich ihnen zum Gesch?fte, In allen ihren W?nschen quillt Natur, Im Wechselspiel der frisch und m?den Kr?fte Wird ihnen jedes warmen Gl?ckes Spur. Jetzt r?ckt der goldne Ball, und er versinkt In fernster Meere gr?nlichem Kristall; Das letzte Licht durch ferne B?ume blinkt, Jetzt atmet roter Rauch, ein Glutenwall Den Strand erf?llend, wo die St?dte liegen, Die mit Najadenarmen, flutenttaucht, In hohen Schiffen ihre Kinder wiegen, Ein Volk, verwegen, listig und erlaucht. Sie gleiten ?ber ferne, wunderschwere, Verschwiegne Flut, die nie ein Kiel geteilt, Es regt die Brust der Zorn der wilden Meere, Da wird sie jedem Wahn und Weh geheilt. So seh ich Sinn und Segen fern gebreitet Und starre voller Sehnsucht stets hin?ber, Doch wie mein Blick dem Nahen n?her gleitet, Wird alles ?d, verletzender und tr?ber; Es scheint mein ganzes so vers?umtes Leben Verlorne Lust und nie geweinte Tr?nen Um diese Gassen, dieses Haus zu weben Und ewig sinnlos Suchen, wirres Sehnen.
Am Fenster stehend:
Jetzt z?nden sie die Lichter an und haben In engen W?nden eine dumpfe Welt Mit allen Rausch- und Tr?nengaben Und was noch sonst ein Herz gefangen h?lt. Sie sind einander herzlich nah Und h?rmen sich um einen, der entfernt; Und wenn wohl einem Leid geschah, So tr?sten sie ... ich habe Tr?sten nie gelernt. Sie k?nnen sich mit einfachen Worten, Was n?tig zum Weinen und Lachen, sagen, M?ssen nicht an sieben vernagelte Pforten Mit blutigen Fingern schlagen.
Was weiss denn ich vom Menschenleben? Bin freilich scheinbar drin gestanden, Aber ich hab es h?chstens verstanden, Konnte mich nie darein verweben. Hab mich niemals daran verloren. Wo andre nehmen, andre geben, Blieb ich beiseit, im Innern stummgeboren. Ich hab von allen lieben Lippen Den wahren Trank des Lebens nie gesogen, Bin nie von wahrem Schmerz durchsch?ttert, Die Strasse einsam, schluchzend, nie! gezogen. Wenn ich von guten Gaben der Natur Je eine Regung, einen Hauch erfuhr, So nannte ihn mein ?berwacher Sinn, Unf?hig des Vergessens, grell beim Namen. Und wie dann tausende Vergleiche kamen, War das Vertrauen, war das Gl?ck dahin. Und auch das Leid! zerfasert und zerfressen Vom Denken, abgeblasst und ausgelaugt! Wie wollte ich an meine Brust es pressen, Wie h?tt ich Wonne aus dem Schmerz gesaugt: Sein Fl?gel streifte mich, ich wurde matt, Und Unbehagen kam an Schmerzes Statt ...
Aufschreckend:
Es dunkelt schon. Ich fall in Gr?belei. Ja, ja: die Zeit hat Kinder mancherlei. Doch ich bin m?d und soll wohl schlafen gehen.
Der Diener bringt eine Lampe, geht dann wieder.
Jetzt l?sst der Lampe Glanz mich wieder sehen Die Rumpelkammer voller totem Tand, Wodurch ich doch mich einzuschleichen w?hnte, Wenn ich den graden Weg auch nimmer fand In jenes Leben, das ich so ersehnte.
Vor dem Kruzifix:
Zu deinen wunden, elfenbeinern F?ssen, Du Herr am Kreuz, sind etliche gelegen, Die Flammen niederbetend, jene s?ssen, Ins eigne Herz, die wundervoll bewegen, Und wenn statt Gluten ?de K?lte kam, Vergingen sie in Reue, Angst und Scham.
Vor einem alten Bild:
Gioconda, du, aus wundervollem Grund, Herleuchtend mit dem Glanz durchseelter Glieder, Dem r?tselhaften, s?ssen, herben Mund, Dem Prunk der tr?umeschweren Augenlider: Gerad so viel verrietest du mir Leben, Als fragend ich vermocht dir einzuweben!
Sich abwendend, vor einer Truhe:
Ihr Becher, ihr, an deren k?hlem Rand Wohl etlich Lippen selig hingen, Ihr alten Lauten, ihr, bei deren Klingen Sich manches Herz die tiefste R?hrung fand, Was g?b ich, k?nnt mich euer Bann erfassen, Wie wollt ich mich gefangen finden lassen! Ihr h?lzern, ehern Schilderwerk, Verwirrend, formenquellend Bilderwerk, Ihr Kr?ten, Engel, Greife, Faunen, Phantastsche V?gel, goldnes Fruchtgeschlinge, Berauschende und ?ngstigende Dinge, Ihr wart doch all einmal gef?hlt, Gezeugt von zuckenden, lebendgen Launen, Vom grossen Meer emporgesp?lt, Und wie den Fisch das Netz, hat euch die Form gefangen! Umsonst bin ich, umsonst euch nachgegangen, Von eurem Reize allzusehr gebunden: Und wie ich eurer eigensinngen Seelen Jedwede, wie die Masken, durchempfunden, War mir verschleiert Leben, Herz und Welt, Ihr hieltet mich, ein Flatterschwarm, umstellt, Abweidend, unerbittliche Harpyien, An frischen Quellen jedes frische Bl?hen ... Ich hab mich so an K?nstliches verloren, Dass ich die Sonne sah aus toten Augen, Und nicht mehr h?rte, als durch tote Ohren: Stets schleppte ich den r?tselhaften Fluch, Nie ganz bewusst, nie v?llig unbewusst, Mit kleinem Leid und schaler Lust Mein Leben zu erleben wie ein Buch, Das man zur H?lft noch nicht und halb nicht mehr begreift, Und hinter dem der Sinn erst nach Lebendgem schweift; Und was mich qu?lte und was mich erfreute, Mir war, als ob es nie sich selbst bedeute, Nein, k?nftgen Lebens vorgeliehnen Schein Und hohles Bild von einem vollem Sein. So hab ich mich in Leid und jeder Liebe Verwirrt mit Schatten nur herumgeschlagen, Verbraucht, doch nicht genossen alle Triebe, In dumpfem Traum, es w?rde endlich tagen. Ich wandte mich und sah das Leben an: Darinnen Schnellsein nicht zum Laufen n?tzt Und Tapfersein nicht hilft zum Streit; darin Unheil nicht traurig macht und Gl?ck nicht froh; Auf Frag ohn Sinn folgt Antwort ohne Sinn; Verworrner Traum entsteigt der dunklen Schwelle, Und Gl?ck ist alles, Stunde, Wind und Welle! So schmerzlich klug und so entt?uschten Sinn In m?dem Hochmut liegend, in Entsagen Tief eingesponnen leb ich ohne Klagen In diesen Stuben, dieser Stadt dahin. Die Leute haben sich entw?hnt zu fragen Und finden, dass ich recht gew?hnlich bin.
Der Diener kommt und stellt einen Teller Kirschen auf den Tisch, dann will er die Balkont?re schliessen.
Claudio
Lass noch die T?ren offen -- Was erschreckt dich?
Diener
Euer Gnaden glauben mirs wohl nicht.
Halb f?r sich, mit Angst:
Jetzt haben sie im Lusthaus sich versteckt.
Claudio
Wer denn?
Diener
Entschuldigen, ich weiss es nicht. Ein ganzer Schwarm unheimliches Gesindel.
Claudio
Bettler?
Diener
Ich weiss es nicht.
Claudio
So sperr die T?r, Die von der Gasse in den Garten, zu, Und leg dich schlafen und lass mich in Ruh.
Diener
Das eben macht mir solches Graun. Ich hab Die Gartent?r verriegelt. Aber ...
Claudio
Nun?
Diener
Jetzt sitzen sie im Garten. Auf der Bank, Wo der sandsteinerne Apollo steht, Ein paar im Schatten dort am Brunnenrand, Und einer hat sich auf die Sphinx gesetzt. Man sieht ihn nicht, der Taxus steht davor.
Claudio
Sinds M?nner?
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