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Read Ebook: Dürer by Knackfuss H Hermann

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Ebook has 116 lines and 30576 words, and 3 pages

Nebenher malte D?rer in Venedig eine Anzahl von Bildnissen und mehrere kleinere Gem?lde. Das sch?nste von diesen besitzt die Dresdener Galerie in der ergreifenden und malerisch wirkungsvollen Darstellung des Gekreuzigten, die ungeachtet des miniaturartigen Massstabes ein wahrhaft grossartiges Werk ist. Finsternis senkt sich ?ber die Erde herab; nur am Horizont gl?ht ein gelblicher Lichtstreifen ?ber dem Meere. Der Wind macht die Haare und das Lendentuch des Gekreuzigten flattern, dessen hellbeleuchtete Gestalt als das Licht in der Finsternis erscheint. Kein Zucken in dieser Gestalt weist auf die Qual der Schmerzen hin: Ruhe ist ?ber den Dulder gekommen, er hebt das edle Anlitz mit dem Ausdruck ungebeugten Vertrauens empor, und wir vernehmen die Worte: ,,Vater, in deine H?nde befehle ich meinen Geist" . -- In der Barberinischen Sammlung zu Rom befindet sich ein laut Inschrift in f?nf Tagen gemaltes Bild, welches den zw?lfj?hrigen Jesus im Gespr?che mit den Schriftgelehrten darstellt. Es ist die schnelle, wenn auch durch Studien vorbereitete Niederschrift eines Gedankens, zu dem D?rer durch den Anblick von Leonardo da Vincis Charakterk?pfen angeregt worden sein mochte. Das Ganze besteht eigentlich nur aus K?pfen und H?nden; aber diese sind alle gleich ausdrucksvoll . -- Zu den in Venedig entstandenen Portr?ts geh?rt vielleicht das mit der Jahreszahl 1507 bezeichnete Bildnis eines blondhaarigen jungen Mannes im kunsthistorischen Hofmuseum zu Wien, welches bekundet, dass D?rer im Anblick der italienischen Kunstwerke gelernt hatte, alle ihm eigene scharfe Bestimmtheit der Kennzeichnung in ein Gesicht zu legen, ohne dabei die Z?ge so hart zu malen, wie er es in seinen fr?heren Bildnissen gethan hatte . Dieses Bild hat eine besondere Merkw?rdigkeit. Auf die R?ckseite der Holztafel, die vorn den so angenehm aussehenden jungen Mann zeigt, hat D?rer die Avaritia, den Geiz, gemalt in der Gestalt eines h?sslichen, abgemagerten alten Weibes, das einen Sack mit Goldst?cken h?lt und den Beschauer h?hnisch anlacht. Gewiss hat der junge Mann sein Portr?t bei D?rer bestellt gehabt, dann aber nicht bezahlen wollen, und der K?nstler hat seinem ?rger hier?ber Luft gemacht durch die Allegorie, die er breit und mit kr?ftigen Farben auf die R?ckseite des nun in seinem Besitz verbleibenden Bildes hinstrich. -- In dieselbe Zeit mag wohl auch der im Schloss Hamptoncourt befindliche treffliche Bildniskopf eines anderen jungen Mannes mit wollig herabh?ngendem blonden Haar fallen, auf das als ein bisher unbeachtet gebliebenes und durch tadellose Erhaltung ausgezeichnetes Werk D?rers erst k?rzlich die Aufmerksamkeit gelenkt worden ist .

Von Venedig aus machte D?rer eine Reise nach Bologna und Ferrara. Eine begonnene Reise nach Mantua gab er wieder auf, weil der Zweck derselben, die pers?nliche Bekanntschaft des von ihm so hochverehrten Mantegna zu machen, durch dessen Tod vereitelt wurde.

Von D?rers Leben in Venedig gibt eine Reihe von noch vorhandenen Briefen Kunde, die der Meister an seinen Freund Pirkheimer geschrieben hat. Da erfahren wir, dass der deutsche Maler f?r die einheimischen K?nstler ein Gegenstand der Neugierde und des Neides war; dass zwar viele Edelleute, aber wenig Maler ihm wohl wollten; dass unter diesen wenigen aber der achtzigj?hrige Altmeister Giovan Bellini war. Wir sehen das allm?hliche Entstehen der Altartafel; wir h?ren D?rers Klage, dass diese allzu zeitraubende Arbeit ihn zwinge, eine Menge lohnenderer Auftr?ge auszuschlagen, und nehmen teil an seiner Freude ?ber das endliche Gelingen des Werkes und ?ber den Beifall, den dasselbe findet. Wir sehen ihn die Gassen der Lagunenstadt durchstreifen, um f?r den Freund allerlei Besorgungen zu machen. Wir vernehmen, wie er sich's wohl sein l?sst in der Fremde, aber dabei f?r die Seinen in der Heimat z?rtlich besorgt ist und als ein vorsichtiger Hausvater seine Erwerbsverh?ltnisse ?berschl?gt. Mit lustigem ?bermut beantwortet er des Freundes derbe Sp?sse, und bei dem Gedanken an die Heimkehr kann er die Worte nicht unterdr?cken: ,,Wie wird mich nach der Sonnen frieren."

Erst zu Anfang des Jahres 1507 kehrte D?rer nach N?rnberg zur?ck. Der Aufenthalt in Venedig war f?r seine k?nstlerische Bildung von grosser Bedeutung gewesen. Die Ber?hrung mit der italienischen Kunst hatte ihn in seiner eigenen Kunst weitergebracht, ohne dass er den Gewinn mit dem geringsten Opfer von seinem Selbst bezahlt h?tte. Seine Anschauungsweise war gr?sser geworden, sein Formgef?hl hatte sich verfeinert; aber wie sein Empfinden, so blieb seine k?nstlerische Ausdrucksweise durch und durch deutsch. Es geh?rt mit zu den h?chsten Ruhmestiteln Albrecht D?rers, dass das m?nnliche Bewusstsein seiner K?nstlerschaft und das freudig stolze Gef?hl seines Deutschtums ihm jeden Versuch verwehrte, den eigenen festen Halt aufzugeben und sich an die fremdl?ndische Kunst anzulehnen. Die Nachahmung der Italiener hat nach ihm die deutsche Kunst zu Grunde gerichtet.

Nach der R?ckkehr schuf D?rer in rascher Folge mehrere gr?ssere Gem?lde. Das erste war eine Darstellung von Adam und Eva auf zwei Tafeln in lebensgrossen Figuren. In Italien hatte D?rer gesehen, mit welch hoher k?nstlerischen Sch?nheit die nackte Menschengestalt bekleidet werden kann. In diesen beiden Gestalten des Mannes und des Weibes, die eine Vollkommenheit der Formen zeigen, wie sie der Kunst des Nordens bis dahin unerreichbar gewesen war, legte er gleichsam ?ffentlich Zeugnis ab von dem, was sich ihm f?r seine Kunstanschauung Neues in dem Lande der alten Kunst offenbart hatte. Aber man w?rde D?rer grosses Unrecht thun, wenn man die beiden Figuren bloss auf die Form hin, der denn doch noch nordische M?ngel anhaften, betrachten wollte. Das Beste daran ist vielmehr die Feinheit des Gef?hls, mit der die Empfindung der beiden erdacht und ausgesprochen ist. Der Ausdruck liegt nicht bloss in den K?pfen. Hier das mit weiblicher Zur?ckhaltung gemischte schmeichelnde Verlocken, dort scheues Zagen im Verein mit der Unf?higkeit, zu widerstehen: das ist in den ganzen Gestalten, bis in die F?sse und die Fingerspitzen hinein mit einer Meisterschaft, die in dieser Beziehung kaum ihresgleichen hat, zur Anschauung gebracht . Man kann sich vorstellen, welches ungeheure Aufsehen diese beiden Tafeln bei ihrem ersten Erscheinen erregten. Dieselben sind schon fr?h kopiert worden. Um den Besitz der Originale streiten sich die Sammlung des Pittipalastes zu Florenz und das Pradomuseum zu Madrid. Der Streit ist wohl ?berfl?ssig. Man muss unbedingt annehmen, dass der Meister selbst sich zu einer Wiederholung dieses Werkes, in dem er etwas nie Dagewesenes erreicht hatte, entschlossen hat. Die Ausf?hrung durch seine eigene Hand ist bei dem Madrider Exemplar unanfechtbar; aber auch bei dem Florentiner Exemplar, das leider weniger gut erhalten ist, kann wohl nicht an der Eigenh?ndigkeit der Arbeit gezweifelt werden. Die Figuren stimmen hier und dort ganz genau miteinander ?berein. Im ?brigen unterscheiden sich die beiden Ausf?hrungen in ?hnlicher Weise, wie die Zeichnung und der Kupferstich von 1504. In Florenz treten die Figuren, wie es dem Inhalt der Darstellung entspricht, aus einem landschaftlichen Hintergrund, den Tiere beleben, hervor. In Madrid heben sie sich, um ganz unbeeintr?chtigt f?r sich selbst zu wirken, von schlichtem schwarzen Grunde ab; auch der Baumstamm mit der Schlange an der Seite Evas ist hier nicht in malerischer Ausf?hrung, sondern mehr als blosse Andeutung gemalt. An dem unteren Zweig des Baumes h?ngt bei der Eva in Madrid ein T?felchen, worauf zu lesen ist, dass der Deutsche Albrecht D?rer das Bild gemacht habe.

Mehr Arbeit als die beiden lebensgrossen Einzelgestalten machte dem Meister ein Gem?lde mit zahllosen kleinen Figuren, welches Kurf?rst Friedrich der Weise bei ihm bestellte: ,,Die Marter der Zehntausend" . D?rer verwendete den ganzen grossen Fleiss, den er besass, auf dieses Bild, an dem er ?ber ein Jahr arbeitete und das er im Sommer 1508 vollendete . Dasselbe befindet sich jetzt in der Gem?ldesammlung des kunsthistorischen Hofmuseums zu Wien. Vor allem m?ssen wir hier D?rers Meisterschaft in der malerischen Bew?ltigung der grossen Figurenmassen, wobei er der in k?hnen Linien aufgebauten Landschaft eine wesentliche Rolle zugewiesen hat, und in der Erfindung mannigfaltiger Einzelheiten, durch die er den grausigen Gegenstand anziehend zu machen gewusst hat, bewundern. Die urspr?ngliche Farbenharmonie des unglaublich fein ausgef?hrten Bildes ist leider dadurch gest?rt, dass das reichlich angewendete Lasursteinblau im Laufe der Zeit durch die Farben, mit denen es gemischt war, durchgewachsen und an die Oberfl?che getreten ist, so dass es jetzt sehr viel st?rker spricht, als es nach der Absicht des Meisters sollte.

Mit der gleichen Sorgfalt malte D?rer dann die Mitteltafel eines umfangreichen Altarwerks, mit dessen Ausf?hrung ihn der reiche Frankfurter Kaufherr Jakob Heller gleichfalls schon im Jahre 1507 beauftragt hatte. Er selbst schrieb an den Besteller, dass er all seine Tage keine Arbeit angefangen habe, die ihm besser gefiele, und noch nach der Ablieferung im August 1509 war er um die vorsichtige Behandlung des Bildes besorgt. Von seiner fleissigen und gewissenhaften Vorbereitung auf dieses Werk legt eine Anzahl von Naturstudien Zeugnis ab, die in feiner Pinselzeichnung ausgef?hrt sind . Gegenstand des Gem?ldes war die Himmelfahrt Marias. Unten umstehen die Apostel das leere Grab, und oben in den Wolken, in denen sich Scharen kleiner Engel umhertummeln, wird die Jungfrau von Gott Vater und Christus mit der Krone der Himmelsk?nigin geschm?ckt. Die wunderbare Sch?nheit dieser von dem Meister selbst f?r sein bestes Werk gehaltenen Sch?pfung, in der sich mit der liebevollsten Ausarbeitung der Einzelheiten eine grossartige Einheitlichkeit der malerischen Wirkung verband, k?nnen wir nur noch ahnen im Anblick einer alten Kopie, welche mit sechs der von Gehilfen ausgef?hrten Fl?gelbilder im Historischen Museum zu Frankfurt aufbewahrt wird. Das Original, f?r welches Kaiser Rudolf II den Frankfurter Dominikanern, in deren Kirche das Altarwerk aufgestellt war, vergeblich 10000 Gulden bot, und das dann sp?ter von Herzog Maximilian von Bayern erworben wurde, ist im Jahre 1674 bei dem Brande der M?nchener Residenz ein Raub der Flammen geworden.

Ein g?nstigeres Geschick hat ?ber dem n?chsten grossen Gem?lde gewaltet, welches D?rer schuf. Es ist das Allerheiligenbild, auch Dreifaltigkeitsbild genannt, das er f?r die Kapelle des sogenannten Landauerklosters oder Zw?lfbr?derhauses in N?rnberg, einer wohlth?tigen Stiftung zweier dortigen B?rger, malte und im Jahre 1511 vollendete. Als die Kapelle geweiht wurde, erhielt sie ihren Namen zu Ehren aller Heiligen; dadurch war die Wahl des Gegenstandes f?r das Altargem?lde bestimmt: die in der Anbetung des dreifaltigen Gottes vereinte Gesamtheit der Heiligen . Wohlerhalten und unversehrt schm?ckt diese Tafel die kaiserliche Gem?ldegalerie zu Wien. Nur die Farbenwirkung hat auch hier durch das Durchwachsen des Blau, sowie ferner durch das Verblassen der Schattent?ne in den gr?nen Gew?ndern ihren Einklang einigermassen eingeb?sst. Aber die hohe Vollkommenheit der Zeichnung und der Ausf?hrung k?nnen wir bei diesem unvergleichlichen Meisterwerk in ihrer ganzen urspr?nglichen Herrlichkeit bewundern. Wohl in keinem anderen Erzeugnis der deutschen Malerei ist so viel Grossartigkeit mit so viel Poesie vereinigt. Man darf unbedenklich behaupten, dass diese Meistersch?pfung D?rers das erhabenste Werk der kirchlichen Kunst diesseits der Alpen ist. Es entr?ckt den Geist des gl?ubigen Beschauers in die Sph?ren der Seligen. Von Engelch?ren umschwebt, deren Reigen sich in ungemessener Ferne verliert, erscheint in lichtdurchstrahltem Gew?lk die heilige Dreifaltigkeit: Gott Vater in Krone und K?nigsmantel auf dem doppelten Regenbogen thronend, h?lt mit den H?nden das Kreuz, an dem Gott Sohn sich der Menschheit opfert, und ?ber seinem Haupte schwebt der heilige Geist in Gestalt der Taube. Zu beiden Seiten knieen die Auserw?hlten des alten Bundes und die Heiligen der Christenheit, mit der Jungfrau Maria und Johannes dem T?ufer an der Spitze. Ihnen reiht sich auf einem niedrigeren Wolkenkranze die ungez?hlte Schar der namenlosen Seligen aller St?nde an, von Kaiser und Papst bis zu Bauer und Bettelfrau. Tief unten liegt die Erde in weiter, vom Himmelslicht rosig ?berstrahlter Landschaft. -- Zwischen den Seligen ist in einer dem?tigen Gestalt -- links am Bildrande, neben dem mit einer Geb?rde der Ermutigung sich umwendenden Kardinal -- der Stifter des Gem?ldes, Matth?us Landauer, abgebildet. Unten auf der Erde aber steht Albrecht D?rer, bescheiden in die Ferne ger?ckt den Himmlischen gegen?ber, doch mit gerechtem Selbstbewusstsein hinausblickend zu dem sterblichen Beschauer, dem er sich als den Urheber des Gem?ldes nennt. Auch auf dem Bilde der zehntausend M?rtyrer und auf der Hellerschen Altartafel hatte er, wie er es beim Rosenkranzfest zuerst gethan, sich selbst in den Hintergrund gemalt und dabei voll Vaterlandsgef?hl seinem Namen den Zusatz ,,ein Deutscher" beigef?gt. Auf der Inschrifttafel des Allerheiligenbildes nennt er sich mit Heimatsstolz als einen Sohn der Stadt, welche das Bild bewahren soll. -- Das Allerheiligenbild, dessen Massstab im Verh?ltnis zu seinem grossen Inhalt sehr klein ist, wurde in einem pr?chtig geschnitzten Holzrahmen, f?r den D?rer selbst den Entwurf gezeichnet hatte, an seinem Bestimmungsort aufgestellt. In einer Zeit, wo die N?rnberger ihren D?rer nicht mehr geb?hrend zu sch?tzen wussten, gelang es dem eifrigen D?rersammler Kaiser Rudolf II, das Gem?lde zu erwerben. Der leere Rahmen blieb in N?rnberg zur?ck und befindet sich, leider durch grauen Anstrich entstellt, jetzt im Germanischen Museum. Es ist ein Aufbau, der sich aus einem schmuckreichen Sockel, verzierten S?ulen an den Seitenw?nden, einem von diesen getragenen Geb?lk und dar?ber einem halbkreisf?rmigen Aufsatz zusammenf?gt. In dem Bogenfeld des Aufsatzes und in dem Fries des Geb?lkes ist das J?ngste Gericht in geschnitzten Figuren dargestellt; an den Seiten des Aufsatzes befinden sich als freistehende Figuren Engel mit Posaunen und auf dem Scheitel desselben ein Engel mit dem Kreuz.

In der Erfindung dieser reichen architektonischen Einfassung seines Gem?ldes hat D?rer sich als einen echten Renaissancek?nstler zu erkennen gegeben in dem Sinne, dass er an die Stelle sp?tgotischer Gebilde die wiederbeseelten Formen des klassischen Altertums setzte. In Venedig hatte er Kunstwerke gesehen, in denen die Formenwelt der antiken Bau- und Zierkunst sich wiederspiegelte, und er huldigte dem tonangebenden Geschmack seiner Zeit, indem er versuchte, in seinen eigenen Sch?pfungen derartige Formen anzubringen. Schon vor der venezianischen Reise hatte er ja bisweilen -- besonders im Marienleben -- sich bem?ht, aus unklaren Vorstellungen heraus Geb?ude, die der Antike gleichen sollten, zu ersinnen. Jetzt besass er, wenn auch kein wirkliches Verst?ndnis, so doch immerhin einige, durch die Anschauung von Erzeugnissen der oberitalienischen Renaissance gewonnene Kenntnis von der Baukunst des Altertums. Wohl das h?bscheste Beispiel von seinen Versuchen, dasjenige, was er sich in dieser Beziehung angeeignet hatte, selbst?ndig zu verwerten, finden wir in einer Zeichnung vom Jahre 1509, die im Baseler Museum aufbewahrt wird. Es ist eine mit Wasserfarben leicht bemalte Federzeichnung, die in einer Komposition voll Reiz und Anmut die heilige Jungfrau mit dem Jesuskinde zeigt, die dem Spiel kleiner Engelskinder lauschen, w?hrend hinter ihnen der N?hrvater Joseph arbeitsm?de am Tisch eingeschlafen ist; ?ber der wunderlieblichen Gruppe w?lbt sich eine offene Halle, deren reiche Formen den gr?ssten Teil des Bildes einnehmen. Hier hat D?rer mit sichtlicher Lust und mit feinem Sch?nheitsgef?hl eine Architektur nach antiker Art, mit korinthischen S?ulen und kassettiertem Tonnengew?lbe, entworfen .

Im Jahre der Vollendung des Dreifaltigkeitsbildes gab D?rer seine ,,drei grossen B?cher" als ein zusammenh?ngendes Werk heraus: n?mlich die inzwischen fertig gewordenen Folgen des Marienlebens und der Passion und eine neue, um ein Titelbild vermehrte Auflage der Apokalypse.

An der Spitze dieses grossen Holzschnittwerkes steht das neugezeichnete Titelbild zum Marienleben. In diesem reizvollen Bild, das, um Platz f?r den Titel zu lassen, nur einen Teil der Blattseite ausf?llt, sehen wir die Jungfrau Maria mit dem Kinde an der Brust zugleich als das Weib der Apokalypse dargestellt: mit dem Mond unter den F?ssen, von der Sonne umgeben und mit einer Krone von zw?lf Sternen ?ber dem Haupt. Es ist wunderbar, wie D?rer es verstanden hat, mit schwarzen Strichen den Eindruck von strahlendem Licht hervorzubringen . Dem Titel folgen die vorher genannten sechzehn Bilder. An diese reihen sich zwei herrliche, im Jahre 1510 hinzugef?gte Bl?tter, aus denen man, wenn man sie mit den fr?heren vergleicht, deutlich sieht, wie D?rer sich in der Zwischenzeit vervollkommnet hatte. Das erste der beiden f?hrt uns in das Sterbegemach Marias. Man f?hlt die feierliche Stille, das D?mpfen der Schritte und der Stimmen im Kreise der Apostel, die das Bett umgeben, auf dem die Mutter Christi mit dem Ausdruck seligen Friedens auf dem vom Tod versch?nten Antlitz eben den letzten Atemzug gethan hat . Dann kommt die Aufnahme Marias in den Himmel in einer Darstellung, welche im allgemeinen der Anordnung dem Hellerschen Altarbild ?hnlich, in allen Einzelheiten aber wieder in neuer Weise erdacht ist. Unten sind um den Steinsarg, der den K?rper Marias bergen sollte, die Apostel versammelt und blicken voll Staunen ?ber das Unbegreifliche zum Himmel empor. Dort oben kniet im strahlendurchfluteten Lichtraum ?ber Wolken und Regenbogen die dem Grab Entr?ckte in verkl?rter und verj?ngter Gestalt und empf?ngt von dem dreifaltigen Gott die Himmelskrone . Darauf folgt noch ein ?beraus liebensw?rdiges Schlussblatt, das der Art seiner Zeichnung nach bereits vor der venezianischen Reise entstanden sein muss und gleichsam ein Nachwort zu der Erz?hlung von ,,Unserer Lieben Frauen Leben" bildet. Da sitzt Maria als Himmelsk?nigin, mit dem Jesuskind auf dem Schoss, von Engeln und Heiligen verehrt; aber sie sitzt nicht auf einem Himmelsthron, sondern in einem traulichen irdischen Gemach, den Sterblichen zug?nglich als holde F?rbitterin.

Auf dem Titelblatt, welches D?rer zur Passion zeichnete, nachdem er sich zur Ver?ffentlichung dieses so lange zur Seite geschobenen Werkes entschlossen hatte, erscheint Christus als ,,Schmerzensmann," das heisst in einer in der Sp?tzeit des Mittelalters aufgekommenen Darstellung, welche das ganze Leiden des Heilandes zusammenfassend zeigt: entbl?sst, gegeisselt, mit Dornen gekr?nt, verspottet, an H?nden und F?ssen mit N?geln durchbohrt, dem Grabe verfallen, so heftet der Heiland einen Blick voll tiefen Schmerzes auf den Beschauer . In der Passion ist der Unterschied zwischen den ?lteren Kompositionen und den mit der Jahreszahl 1510 bezeichneten vier neuen, bei denen auch die Schnittausf?hrung gut gelungen ist, sehr gross. Eines dieser Bl?tter bildet den Anfang der Bilderfolge: das letzte Abendmahl. Das Wort: ,,Einer unter euch wird mich verraten" versetzt die Apostel in Aufregung; Judas kriecht in sich zusammen, versteckt seinen Geldbeutel und thut, als ob ihn dieses Wort am wenigsten ber?hre. Das n?chste der Bl?tter von 1510 f?hrt in einem Bilde voll leidenschaftlich bewegten Lebens die Gefangennahme Jesu vor. Noch haften Hand und Lippen des Verr?ters am Haupte des Verratenen, und schon ist dieser mit Stricken gefesselt, und die wilde, l?rmende Rotte schickt sich an, das Opfer fortzuzerren, das in diesem schrecklichen Augenblick, wo die Erf?llung des Leidensgeschickes zur Thatsache wird, einen hilfeflehenden Blick menschlichen Entsetzens zum Himmel sendet. So begreiflich wie nutzlos erscheint der grimme Zorn des Petrus, der das Schwert ?ber dem mit Ungest?m zu Boden geschleuderten Knecht Malchus schwingt . Die beiden anderen neuen Kompositionen bilden den Schluss der Passion: Christi Hinabfahrt zur H?lle und Auferstehung. Mit gewaltiger Dichterkraft f?hrt uns der Zeichner in die Vorh?lle, wo Christus unter dem ohnm?chtigen Toben greulicher Teufelsgestalten die Seelen der V?ter aus einem tiefen Verliess hervorholt; hinter den Befreiten sieht man das offene Thor der H?lle, das dem Blick nichts weiter enth?llt als ein grenzenloses schwelendes Flammenmeer, dessen ausstrahlende Glut die Siegesfahne des Erl?sers emporwehen macht. Nicht minder grossartig ist das Auferstehungsbild. Eine starke Wache von Bewaffneten umgibt das Grab. Einige von ihnen schlafen, ein alter Kriegsmann sch?ttelt unsanft einen der Pflichtvergessenen; einer erwacht eben und ?ffnet g?hnend die Augen, er sieht, ohne noch zu begreifen; andere aber erkennen das Wunder, das sich vollzieht. ?ber dem geschlossenen Steindeckel der Gruft, an der man das von der Obrigkeit angelegte Siegel unverletzt sieht, schwebt der Heiland empor, von einer Wolke aufgenommen und von Cherubimscharen begr?sst. Er hebt das von dem dreiteiligen Lichtschein der Gottheit umstrahlte Antlitz zum Himmel empor, in der Linken h?lt er die Siegesfahne, mit der Rechten segnet er die durch das vollbrachte Leidenswerk erl?ste Welt .

Die Zeichnung, welche D?rer der Apokalypse als Titelbild hinzuf?gte, stellt den Evangelisten Johannes dar, dem die Mutter Gottes als das mit der Sonne bekleidete Weib der Offenbarung erscheint.

Es ist bemerkenswert, dass D?rer f?r den Druck des Textes zum Marienleben und zur Passion -- es waren lateinische Verse, welche der ihm befreundete Benediktiner Chelidonius verfasst hatte -- die neu aufgekommenen Schriftzeichen der Renaissance, die von den italienischen Druckern der alten r?mischen Schrift nachgebildeten sogenannten lateinischen Buchstaben, verwendete. F?r den Text zur Apokalypse behielt er die sp?tgotischen Lettern der ersten Ausgabe bei.

In dem n?mlichen Jahre 1511 gab D?rer ein kleines Buch heraus, welches eine bildliche Schilderung des Leidens Christi in wieder anderer Auffassung, von Gedichten des Chelidonius begleitet, enth?lt. Auch dieses Buch tr?gt den Titel Passion , und es ist von jeher gebr?uchlich, seine Bilderfolge und diejenige des grossen Buches durch die Bezeichnungen ,,die Kleine Passion" und ,,die Grosse Passion" zu unterscheiden. Die Kleine Passion besteht aus siebenunddreissig Holzschnitten: einer Titelzeichnung, welche Christus als Schmerzensmann auf einem Stein sitzend darstellt, und sechsunddreissig Bl?ttern in dem kleinen Format von ungef?hr 9 1/2 zu 12 1/2 Centimetern, welche in Kompositionen von meistens nur wenigen Figuren das Erl?sungswerk mit Ausf?hrlichkeit und in einer mehr volkst?mlichen Weise erz?hlen. Die s?mtlichen Bildchen, von denen einige mit der Jahreszahl 1509, andere mit 1510 bezeichnet sind, scheinen schnell hintereinander gezeichnet zu sein. Die Erz?hlung beginnt mit dem S?ndenfall und der Vertreibung aus dem Paradies, als der Vorbedingung der Erl?sung. Nachdem die Menschwerdung des Erl?sers durch die Verk?ndigung und die Geburt verbildlicht worden ist, bildet der Abschied Jesu von seiner Mutter die Einleitung zu den Ereignissen der mit dem Einzug in Jerusalem beginnenden Leidenswoche. Vor und nach dem letzten Abendmahl sind die Vertreibung der Wechsler aus dem Tempel und die Fusswaschung eingef?gt. Das Gebet am ?lberg, wo Christus im Seelenkampf die vor die Stirn gehobenen H?nde zusammenpresst, ?berbietet an Gr?sse und ergreifender Tiefe der Auffassung das entsprechende Bild der Grossen Passion. Die Begebenheiten zwischen der Gefangennahme und der Verurteilung werden in allen Einzelheiten geschildert, von der Vorf?hrung vor Annas bis zur H?ndewaschung des Pilatus. Auf die Kreuztragung folgt Veronika, die mit dem Abdruck von Christi Antlitz auf dem Schweisstuch zwischen Petrus und Paulus dasteht, als besonderes Bild. Wir sehen, wie Christus an das Kreuz angenagelt wird, und wie er am Kreuze die letzten Worte spricht; dann wie er in die Unterwelt hinabsteigt; wie sein Leichnam vom Kreuze abgenommen, dann am Fusse des Kreuzes beweint und darauf in das Grab gelegt wird. Auf die Auferstehung folgt die Erscheinung des Auferstandenen vor seiner Mutter, vor Maria Magdalena -- ein Bild von hochpoetischer Stimmung --, vor den J?ngern zu Emmaus und vor Thomas. Darauf folgt die Himmelfahrt, bei der das Entschwinden Christi in befremdlicher, aber wirksamer Weise dadurch veranschaulicht ist, dass man nur noch seine F?sse sieht. Die Herabkunft des heiligen Geistes und die Wiederkehr Christi am J?ngsten Tage bilden den Schluss.

Nichts spricht mehr f?r die Unersch?pflichkeit von D?rers Gestaltungsverm?gen, als die Thatsache, dass er sich zu derselben Zeit mit der Ausarbeitung einer Folge von Kupferstichen besch?ftigte, welche gleichfalls das Leiden des Heilandes, in abermals anders ersonnenen Darstellungen, behandelte.

Neben den vier B?chern brachte D?rer eine ganze Anzahl von einzelnen Holzschnittbl?ttern auf den Markt. Im Jahre 1510 ver?ffentlichte er auch einige Holzschnitte mit l?ngerem Text in Reimen, den er selbst verfasst hatte und durch Hinzuf?gung des Monogramms als sein geistiges Eigentum kennzeichnete; er gab darin Lebensregeln, Ermahnungen zur Vorbereitung auf den Tod und Betrachtungen ?ber das Leiden Christi.

Die Jahreszahl 1511 findet sich auf mehreren Einzelholzschnitten von besonderer Sch?nheit. Da ist vor allem das grosse Blatt ,,die heilige Dreifaltigkeit" -- eine Nebenfrucht des Landauerschen Altargem?ldes --, ein erhabenes Bild von wunderbar ?berirdischer Stimmung. ,,So sehr hat Gott die Welt geliebt, dass er seinen eingeborenen Sohn dahingab", ist der Inhalt der Darstellung. ?ber den Wolken, in denen die Winde nach den vier Richtungen blasen, thront Gott Vater im endlosen Raum, den die von der Gottheit ausgehenden Lichtstrahlen erf?llen. Er h?lt den Sohn in der Gestalt des gemarterten und get?teten Dulders auf dem Schosse, und ein Beben des Schmerzes geht durch die Engelscharen, in denen die Zeichen von Christi Marter und Tod getragen werden . -- Das Blatt ist ein Meisterwerk der Formschneidekunst, es bringt jeden Strich des Zeichners klar zur Geltung. D?rer hatte die Kr?fte, deren er sich zum Schnitt seiner Holzzeichnungen bediente, jetzt so geschult, dass er ihnen Aufgaben anvertrauen konnte, die, wie dieses Blatt, die volle Wirkung und die Linienfeinheit eines Kupferstiches erreichten.

Ein anderer grosser Holzschnitt aus demselben Jahre, ,,die Messe des heiligen Gregor", geh?rt ebenfalls zu den grossartigsten Erzeugnissen von D?rers dichterischer Gestaltungskraft. Da sehen wir, wie vor den Augen des messelesenden Papstes Gregor der Altaraufsatz zum Sarge wird, aus dem der Schmerzensmann emporsteigt, umgeben von den Marterwerkzeugen und den ?brigen bekannten Wahrzeichen seines Leidens; wehklagende Engel verneigen sich vor der r?hrenden Gestalt, die mit einem Blick uns?glicher Bek?mmernis den Zweifler anschaut. Dahinter verschwimmt alles in dunklem Nebel, der sich wie ein Schleier vor die ministrierenden Bisch?fe legt, sich zu dichten Wolkenmassen ballt und mit dem Weihrauchdampf zusammenfliesst. Es ist wunderbar, mit welcher Vollkommenheit hier das Traumhafte einer Erscheinung zur Anschauung gebracht ist: mit greifbarer K?rperlichkeit steht das Gesicht vor dem Schauenden da, aber im n?chsten Augenblick wird es verschwinden, der Nebel wird zerrinnen, und der Begnadete und Bekehrte wird nichts anderes erblicken, als seine unbeteiligte reale Umgebung .

Eine innige Poesie heiligen Erdendaseins erf?llt das Blatt, welches die heilige Familie umgeben von ihren Verwandten, die sogenannte ,,heilige Sippe" darstellt. Jede dieser Pers?nlichkeiten ist ein Charakter, und ein paar Baumst?mme und der R?cken eines H?gels zaubern den Eindruck einer reizvoll behaglichen Landschaftsstimmung hervor .

Die Gem?lde, welche D?rer zun?chst nach der Landauerschen Altartafel ausf?hrte, erforderten kein so ungeheures Mass von Arbeitskraft, wie der Meister sie bei seiner feinen und gewissenhaften Art der Ausf?hrung auf die Altarbilder der letzten Jahre verwendet hatte. Es sind Werke von grossem Massstab bei erheblich geringerem Umfang. Die Gem?ldesammlung im Wiener Hofmuseum besitzt ein liebensw?rdiges kleines Marienbild vom Jahre 1512, das nach einer angeschnittenen Birne, welche das auf den H?nden Marias liegende nackte Jesuskind im H?ndchen h?lt, benannt zu werden pflegt . D?rers italienische Zeitgenossen haben in ihren Madonnen ein Mass von sinnlicher Sch?nheit, in deren Vollkommenheit sie, gleich wie die K?nstler des klassischen Altertums, das Ausdrucksmittel f?r geistige Vollkommenheit sahen, zur Anschauung gebracht, das ?ber dasjenige, was der deutsche Meister in dieser Hinsicht zu schaffen vermochte, sehr weit hinausgeht. Aber keiner von ihnen reicht an diesen heran in Bezug auf die Verbildlichung heiligster Jungfr?ulichkeit. Keine Formensch?nheit verm?chte so nachhaltig auf den Beschauer zu wirken, wie der unfassbare Zauber vollkommener Herzensreinheit, der ?ber dem s?ssen M?dchengesicht dieser D?rerschen Madonna schwebt.

Ferner malte D?rer im Jahre 1512 im Auftrage seiner Vaterstadt, die ihn 1509 durch Ernennung zum Ratsmitgliede geehrt hatte, zwei lebensgrosse Kaiserbilder zum Schmucke der ,,Heiltumskammer", eines zur Aufbewahrung der Reichskleinodien bestimmten Gemaches. Die darzustellenden Kaiser waren Karl der Grosse als der Gr?nder des Kaisertums und Sigismund als derjenige, welcher der getreuen Stadt N?rnberg das ,,Heiltum" anvertraut hatte. F?r diesen benutzte D?rer ein ?lteres Bildnis; in seinem Karl dem Grossen schuf er das Idealbild des gewaltigen Herrschers, das seitdem in der Vorstellung des deutschen Volkes lebt . Ziemlich stark ?bermalt, befinden sich diese Gem?lde, von denen sich die Stadt niemals getrennt hat, jetzt im Germanischen Museum.

Danach liess D?rer mehrere Jahre hindurch das ?lmalen fast vollst?ndig ruhen. In wie verh?ltnism?ssig kurzer Zeit er auch die aufs sorgf?ltigste vorbereiteten und bis ins kleinste durchgearbeiteten Gem?lde entstehen liess, ihm selbst ging ,,das fleissige Kl?ubeln", wie er schon 1509 in einem Briefe an Heller klagte, nicht rasch genug von statten; er wollte lieber ,,seines Stechens warten".

Die Kupferstiche, die ihm zumeist am Herzen lagen, als er jene Worte schrieb, waren die schon erw?hnten Passionsbilder. Einen Teil dieses Werkes hatte er schon w?hrend der Arbeit an dem Hellerschen Altargem?lde ausgef?hrt, wie die Jahreszahlen 1508 und 1509 auf mehreren Bl?ttern beweisen. Die Mehrzahl der dazu geh?rigen Stiche vollendete D?rer im Jahre 1512, und im folgenden Jahre gab er die aus siebzehn kleinen Bl?ttern bestehende abgeschlossene Folge an die ?ffentlichkeit. Die Kupferstichpassion beginnt mit einem Titelbild, welches den an der Marters?ule stehenden Schmerzensmann zeigt, aus dessen Seitenwunde Strahlen des erl?senden Blutes sich auf die H?upter von Maria und Johannes -- die als Vertreter der ganzen erl?sten Menschheit hier stehen -- sich ergiessen , und erz?hlt dann die Geschichte von Christi Leiden und Tod und Sieg ?ber den Tod in fein ausgef?hrten Bildchen, deren besonderer Charakter, entsprechend der hingebenden, liebevollen Arbeit des Kupferstechers, ein inniges Versenken in das Dargestellte ist. Wenn man die Kleine Holzschnittpassion eine volkst?mliche Erz?hlung nennen kann, so darf man die Kupferstichpassion mit einer Reihe stimmungsvoller Gedichte vergleichen . Wer diese Bl?ttchen mit einer Hingabe betrachtet, die derjenigen ?hnlich ist, mit der sie geschaffen sind, der wird eine Quelle nie versiegenden Genusses in ihnen finden.

Die im Jahre 1512, wo D?rer sich dieser Arbeit mit reichlicherer Musse hingeben konnte, entstandenen Bl?tter der Kupferstichpassion ?berbieten die fr?her gestochenen ganz erheblich an Feinheit. ?berhaupt machte D?rer in dieser Zeit die schnellsten und bedeutendsten Fortschritte in der Handhabung des Grabstichels. Das Kupferstechen war jetzt in ausgesprochener Weise seine Lieblingsbesch?ftigung, und die stete ?bung und das rastlose Bem?hen, immer mehr zu erreichen, f?hrten ihn zu ausserordentlichen Erfolgen. Bl?tter, wie die im Jahre 1513 gestochene herrliche Komposition der zwei klagenden Engel, die der Welt das Bild des dornengekr?nten Erl?sers vor Augen halten , sind auch in technischer Beziehung so sch?n, dass man eine weitere Vervollkommnung dieser Art von Kupferstich kaum f?r m?glich halten sollte. Und doch gelangte D?rer, der im Kupferstich das Mittel suchte, seinen innersten Empfindungen gel?ufigen Ausdruck in vollendeter Form zu geben, noch weiter. In den Jahren 1513 und 1514 schuf er die drei Bl?tter, die den H?hepunkt der deutschen Kupferstecherkunst bezeichnen und die zugleich in rein k?nstlerischer Beziehung, als Mitteilungen aus dem tiefsten Inneren der K?nstlerseele, in denen Gedanken und Form eins sind, zu D?rers vollendetsten Werken geh?ren. Es sind die drei Bl?tter, die zu allen Zeiten nur ungeteilte Bewunderung gefunden haben: ,,Ritter, Tod und Teufel", ,,Melancholie" und ,,St. Hieronymus im Geh?use ".

Zur Erkl?rung des Blattes ,,Ritter, Tod und Teufel" weiss eine alte Nachricht zu sagen, dass dasselbe sich auf eine Geschichte beziehe, die zu D?rers Zeit von einem Ritter Namens Philipp Rink erz?hlt wurde. Aber das Bild bedarf keiner Erkl?rung, die der unmittelbar packenden Wirkung seiner dichterischen Kraft und Sch?nheit nur Abbruch thun w?rde. In einem wilden Hohlweg reitet auf schl?pfrigem Boden ein Ritter, den Speer auf der Schulter. Es ist Abend; man f?hlt den klaren Ton, der nach Sonnenuntergang die Luft erf?llt, in dem wolkenlosen St?ckchen Himmel, das ?ber dem Rand der Schlucht, von Gestr?pp in schroffen Linien durchschnitten, sichtbar ist; man f?hlt das schwindende Licht, das die fern auf einer Bergesh?he liegende Burg mit einem weichen Ton ?berzieht. In der schaurigen Schlucht aber ist es k?hl und d?ster. Ein verglimmender Abendstrahl, der auf einer Kante des Abhanges ruht, weicht der heraufr?ckenden Dunkelheit. In unheimliche Finsternis f?hrt der sich verengende Weg zwischen h?her steigenden W?nden; -- f?hrt er ins Verderben? Neben dem Ritter reitet als bleiches Gespenst der Tod, und hinter ihm schleicht ein grauenhafter Teufel, der mit schauerlich gierigem Blick aus gl?henden Augen die Krallenhand nach ihm hebt. Des Ritters Ross und Hund ahnen etwas Be?ngstigendes. Er aber kennt keine Furcht; ohne rechts noch links zu sehen, in unersch?tterlicher Haltung, reitet er vorw?rts. Jeder Deutsche wird diesen Rittersmann verstehen, der trotz Tod und Teufel auf dem eingeschlagenen Wege bleibt . Solch einen Mann der entschlossenen That qu?len die gr?belnden Zweifel nicht, auf die das tr?umerische Bild der ,,Melancholie" hinweist. Da sitzt eine Gestalt, welche die Macht des Menschengeistes verk?rpert, mit dem Lorbeer des Ruhmes gekr?nt, von allerlei Zeichen menschlichen Wissens und K?nnens, wie Handwerksger?t und mathematischen K?rpern, umgeben. Wohl mag dieses m?chtige Wesen sich weithin tragen lassen von seinen starken Schwingen; dennoch sinkt es schliesslich in sich zusammen im Gef?hl seiner Unvollkommenheit. Es gleicht dem Kinde, das auf dem M?hlstein sitzt und auf einem T?felchen Schreib- und Rechen?bungen macht. Es m?chte das Tier beneiden k?nnen, dem kein Forschensdrang den Schlaf raubt. Der Schmelztiegel des Alchimisten, durch den die letzten Grundbestandteile der Dinge sich doch nicht ermitteln lassen, die Kugel, deren Inhalt sich nicht in Zahlen ausdr?cken l?sst, sind Zeichen der Beschr?nkung des menschlichen Geistes, Gegenst?cke zu der an den Turm gelehnten Leiter, dem Spottbild auf die winzige Kleinheit der dem Menschen erreichbaren Erhebung ?ber die Erde. Raum und Zeit setzen dem Menschengeist Schranken. Die Sanduhr und das Gl?cklein an der Turmwand, wo ein Zahlenquadrat von zweckloser Spielerei des menschlichen Scharfsinns erz?hlt, verk?nden die Fl?chtigkeit und das Gemessensein der Zeit. Und ?ber dem verschwindenden Horizont des Oceans durchleuchtet die R?tselerscheinung eines Kometen den endlosen Himmelsraum, an dem das unfassbare Gebilde des Regenbogens prangt. Seiner Nichtigkeit dem All gegen?ber sich bewusst, starrt der Genius mit gesenkten Fittichen voll Niedergeschlagenheit vor sich hin, und m?ssig ruht seine Hand auf dem Buch, in dem das Unbegreifliche doch nicht gesagt, und an dem Zirkel, mit dem das Unerreichbare nicht gemessen werden kann . Der Beschauer mag vielleicht finden, das Bild sei mit ausgekl?gelten und schwer verst?ndlichen Beziehungen ?berladen. Aber deren Ausdeutung im einzelnen ist auch gar keine unerl?ssliche Vorbedingung f?r den Genuss des Bildes: das Ganze spricht mit voller Verst?ndlichkeit zu uns durch seine Stimmung. Das ist das Einsehen, ,,dass wir nichts wissen k?nnen". Auch D?rer hat einmal das Bekenntnis niedergeschrieben: ,,Die L?ge ist in unserer Erkenntnis, und die Finsternis steckt so hart in uns, dass auch unser Nachtappen fehlt." Den geraden Gegensatz hierzu bildet jener in seiner Arbeit volles Gen?gen findende Forscher, der im heiligen Hieronymus verk?rpert ist. Ganz in sein Werk versunken, sitzt der grosse Kirchenvater in seiner gem?tlichen Gelehrtenstube; man f?hlt die behagliche W?rme, die das Sonnenlicht, durch die Butzenscheiben ged?mpft, in das Gemach hineintr?gt; in friedlichem Schlummer ruht der L?we des Heiligen neben einem H?ndchen . Auch in diesen beiden Bl?ttern ist D?rer wieder so kerndeutsch. Man braucht kein sogenanntes Kunstverst?ndnis zu besitzen, sondern nur ein deutsches Herz zu haben, um diese Stimmungen mitf?hlen zu k?nnen.

Die Jahre, in denen D?rer aus der innersten Schatzkammer seines Herzens solch k?stliche Juwelen der vollendetsten Stimmungsmalerei hervorholte, brachten ihm den gr?ssten Schmerz seines Lebens, die Krankheit und den Tod seiner Mutter. In einer besonderen Aufzeichnung hat er hier?ber ergreifend und ausf?hrlich berichtet. Die fromme, sanftm?tige und wohlth?tige Frau starb nach mehr als jahrlangem Siechtum am 17. Mai 1514. Wenige Wochen vor ihrem Tode, am Okulisonntag, hatte D?rer sie in einer lebensgrossen Kohlenzeichnung abgebildet. Das Berliner Kupferstichkabinett bewahrt dieses r?hrende Bildnis: ein abgemagertes, vieldurchfurchtes Antlitz mit gottergebener Duldermiene, die den Tod in der N?he sieht . Sicher ist D?rer an keiner Arbeit mehr mit dem ganzen Herzen dabei gewesen, als an dieser sichtlich in kurzer Zeit hingeschriebenen Zeichnung, in der er das Bild seiner Mutter, die in der rastlosen Th?tigkeit der schaffenden, sorgenden Hausfrau fr?her vielleicht niemals eine Stunde er?brigt hatte, um dem Sohn zu sitzen, jetzt in der unfreiwilligen Musse der Krankheit, in letzter Stunde, als ein Jammerbild festhielt. Es mag ihm eine Pein gewesen sein, die Entstellungen, die die Todesn?he in das geliebte Antlitz gegraben, Zug um Zug zu verfolgen. Aber er schenkte sich nichts von dem Schrecklichen: nicht die Erschlaffung der Augenmuskeln, welche die beiden Augensterne auseinander weichen l?sst, nicht das Zusammensinken der Nasenknorpel, noch die entsetzliche Abmagerung, welche die Knochen und die einzelnen Muskelstr?nge des Halses mit f?rchterlicher Deutlichkeit unter der verwelkten Haut hervortreten l?sst. Das ist die Liebe und Ehrfurcht, die D?rer vor der Natur hegte. Wenn er etwas in der Wirklichkeit Vorhandenes nachbildete als das, was es war, so bildete er es so nach, wie es war. Seine Treue und Ehrlichkeit war dann so bedingungslos vollkommen, dass dieser Realismus von keinem unserer modernen Maler auch nur um ein H?rchen ?berboten werden k?nnte. D?rers Studienbl?tter bieten zahlreiche Belege. Ein besonders sprechendes Beispiel ist auch das in Abbildung 80 wiedergegebene, mit schnellen Federstrichen gezeichnete Bildnis einer weiblichen Pers?nlichkeit, deren gutm?tiges, durch eine Anschwellung des rechten Augenlides verunziertes Gesicht auch sonst unter D?rers Zeichnungen vorkommt, -- wahrscheinlich einer Verwandten des Hauses.

Von Gem?lden weist das Jahr 1514 nur einen Christuskopf von zu bezweifelnder Echtheit auf, der sich in der Kunsthalle zu Bremen befindet. Dem Jahre 1515 geh?rt eine Maria als Schmerzensmutter, unter dem Kreuze stehend gedacht, in der M?nchener Pinakothek, an. Beides sind Werke von untergeordneter Bedeutung. Das meiste von D?rers Zeit wurde jetzt durch Aufgaben in Anspruch genommen, die der Kaiser ihm stellte.

Kaiser Maximilian, der sich an der Hervorhebung seiner eigenen Pers?nlichkeit erfreute, ohne deswegen eitel zu sein -- ein Zug, der im Geiste jener Zeit begr?ndet war und der ja auch bei D?rer in den vielen Selbstbildnissen zu Tage tritt --, hatte die Idee zu einer grossartigen bildlichen Verherrlichung seines Lebens selbst entworfen. Das Ganze sollte einen Triumph vorstellen und aus zwei Teilen, dem Triumphbogen oder der Ehrenpforte und dem Triumphzuge, bestehen. Des Kaisers Freund und treuer Begleiter, der Geschichtschreiber, Dichter und Mathematiker Johannes Stabius, ?bernahm die Anordnung und verfasste die Inschriften. Ehrenpforte und Triumphzug sollten jedes in einem riesigen Holzschnittblatt erscheinen, und D?rer war beauftragt, zun?chst die Zeichnung der Ehrenpforte anzufertigen. Im Jahre 1515 war er mit der gewaltigen Bildermasse, aus der sich dieses seltsame Gebilde zusammenf?gte, fertig. Seit drei Jahren hatte er daran gearbeitet. 92 Holzst?cke, deren Schnitt der N?rnberger Formschneider Hieronymus Andre? ausf?hrte, waren zur Herstellung des Blattes erforderlich, das in seiner vollst?ndigen Zusammensetzung ?ber drei Meter hoch und wenig unter drei Meter breit ist. Das Ganze stellt ein Geb?ude von sehr entfernter ?hnlichkeit mit einem r?mischen Triumphbogen dar, ?ber und ?ber mit Bildern aus dem Leben des Kaisers , mit geschichtlichen und sinnbildlichen Figuren, mit Wappen, mannigfaltigem Zierwerk und mit Inschriften bedeckt. An Stelle seines gew?hnlichen Monogramms hat D?rer hier sein Familienwappen, den Schild mit der offenen Th?r, angebracht.

Anziehender als dieser Riesenholzschnitt, bei dem man nur anstaunen kann, wie lebendig sich D?rers Gestaltungskraft auch unter dem Drucke genauer bindenden Vorschriften noch zu bewegen vermochte und wie er in die zahlreichen Darstellungen von Schlachten und Belagerungen immer wieder Abwechselung zu bringen wusste, ist eine andere Arbeit, die er im Jahre 1515 f?r den Kaiser ausf?hrte und in der er nach Herzenslust den Eingebungen seiner von einer Welt von Gestalten erf?llten Phantasie nachgehen konnte. Maximilian hatte f?r seinen pers?nlichen Gebrauch ein Gebetbuch drucken lassen. In einem Exemplare dieses Gebetbuches, das sich jetzt in der K?niglichen Bibliothek zu M?nchen befindet, schm?ckte D?rer 45 Bl?tter mit Randverzierungen in Federzeichnung. Der Reichtum an k?nstlerischem Erfindungsverm?gen, der hier entfaltet ist, entzieht sich jeder Beschreibung. Bald unmittelbar auf die Gebete Bezug nehmend, bald in der Verfolgung eines durch einen Satz oder ein Wort angeregten Gedankens abschweifend, bald auch scheinbar willk?rlichen Einf?llen folgend, hat der Meister auf die breiten R?nder der Pergamentbl?tter die erhabensten himmlischen Gestalten, sowie ernste und scherzhafte Figuren aus dem Leben gezeichnet; Fabelwesen und allerlei Tiere, nat?rliche wie erdichtete, mischen sich hinein; daneben spriesst und sprosst ?berall das k?stlichste Zierwerk von wundervollen Pflanzengewinden hervor, k?hne Federz?ge f?gen sich zu seltsamen Fratzen oder Tierfiguren zusammen, verflechten sich zu regelm?ssigen Ornamenten oder laufen in weitgeschwungene Schn?rkel aus. Bald eng, bald lose schmiegen sich die Randzeichnungen, wie inhaltlich an das Wort, so als Schmuckgebilde an das Viereck des gedruckten Textes an; hier umrahmen sie denselben vollst?ndig, dort bilden sie einen Zierstreifen nur an einer Seite, da schliessen sie ihn von beiden Seiten ein oder umranken eine Ecke; nur in einzelnen F?llen beschr?nken sie sich am Schluss eines Abschnittes auf eine Vignette am Fuss der Seite. Ihr Reiz ist unersch?pflich, und jedes Blatt hat seine eigene einheitliche Stimmung. Das erste der von D?rer geschm?ckten Bl?tter zeigt als Begleitung eines Gebetes, welches die vertrauensvolle Empfehlung in den g?ttlichen Schutz enth?lt, ein freudig heiteres Ornament von Rosenranken, in dem sich Tiere tummeln, w?hrend oben im Geranke ein Mann sitzt, der auf der Schalmei bl?st und dessen Haltung und Ausdruck eine Stimmung vollkommenen Seelenfriedens aussprechen. Dann sind neben Gebeten, in denen der heiligen Barbara, des heiligen Sebastian und des heiligen Georg gedacht wird, die Gestalten dieser Heiligen angebracht: Barbara als eine liebliche f?rstliche Jungfrau, auf einer Blume stehend; Sebastian, von Pfeilen durchbohrt, an einen Baum gebunden, unter dessen Wurzeln der b?se Drache ohnm?chtig faucht und mit dem Schweife Ringe schl?gt; Georg, als ein pr?chtiger geharnischter Ritter, der mit dem aufgerichteten Speer in der Rechten in eiserner Ruhe dasteht und mit der linken Faust den besiegten Lindwurm wie ein erlegtes Wild am Halse in die H?he gezogen h?lt. Weiterhin erscheint bei einem Gebet, das von der menschlichen Gebrechlichkeit handelt, im Zierwerk die scherzhaft aufgefasste Figur eines Arztes, der mit wichtiger Miene durch seine Brille den im Glase befindlichen Krankheitsstoff seines Patienten betrachtet; unter ihm sitzt ein H?schen, und ?ber ihm h?ngt eine Drossel in der Schlinge. Zu einem Gebet, das von der Verwandlung von Brot und Wein in Christi Fleisch und Blut spricht, hat D?rer den Heiland als blutenden Schmerzensmann gezeichnet. Bei einem in Todesnot zu sprechenden Gebet hat er ein sogenanntes Totentanzbild angebracht: der Tod -- hier nicht wie auf dem Kupferstich von 1503 als wilder Mann, auch nicht wie auf dem ber?hmten Stich von 1513 als eine seltsam gespenstische Erscheinung, sondern als ein fast zum Gerippe zusammengeschrumpfter Leichnam gebildet -- tritt mit dem Stundenglas einem prunkhaft aufgeputzten Kriegsmann entgegen, der gegen ihn umsonst das Schwert zu ziehen sucht; dar?ber sieht man eine Wetterwolke und einen vom Falken gestossenen Reiher. Das Gebet f?r die Wohlth?ter hat den Meister zur Verbildlichung der Wohlth?tigkeit angeregt durch eine Darstellung des Pelikans, der sich die Brust aufreisst, um seine Jungen zu f?ttern, und durch einen wohlgekleideten Mann, der einem halbnackten Bettler eine Gabe spendet. Bei dem Gebet f?r die Verstorbenen zeigt er einen Engel, der eine Seele aus den Flammen des Fegefeuers zur Herrlichkeit Gottes emportr?gt, w?hrend kleine Engel denen, die noch weiter b?ssen m?ssen, K?hlung zublasen; als Gegenbild ist dabei auch der B?se, der die Seelen einf?ngt f?r die Qual, angedeutet: unten schiesst aus den Flammen ein Liniengebilde hervor, das sich zur Gestalt eines Drachen entwickelt, der mit langer Zunge einen umherflatternden Schmetterling einf?ngt. Darauf folgt im Text der 129. Psalm, und hier kniet K?nig David mit der Harfe vor dem himmlischen Vater in der H?he. Auf den Psalm folgt der Anfang des Johannesevangeliums. Dabei ist der Evangelist dargestellt, der mit seinem Schreibger?t in der Einsamkeit sitzt und zu der strahlenden Erscheinung der Himmelsk?nigin mit dem Christuskind emporschaut. Nachdem dann der 50. Psalm mit ?berwiegend ornamentalen Gebilden begleitet worden ist, kommt zu einer Anrufung der heiligen Dreifaltigkeit ein Bild des dreieinigen Gottes; oben schwebt eine Schar von Cherubim, und unten verwandelt sich der Kreuzesstamm, an dem Gott Sohn sich zeigt, in einen Weinstock mit Reben. Bei den nun folgenden Betrachtungen ?ber verschiedene Heilige sehen wir den heil. Georg als Ritter zu Ross in voller R?stung, der den Schaft seines Speeres, an dem das Banner mit dem Kreuzeszeichen weht, auf den Lindwurm aufstellt, der ?berwunden unter den Hufen des Pferdes liegt; dann die heil. Apollonia, die Apostel Matthias und Andreas und den heil. Maximilian, diese alle mit Hinzuf?gung von anderen, schm?ckender Raumausf?llung dienenden Bildchen, deren einige sehr bemerkenswerte Tierdarstellungen enthalten. Dann folgt eine pr?chtige Komposition zum 56. Psalm, der mit den Worten ,,Gegen die M?chtigen" ?berschrieben ist. In den Wolken steht Christus mit der Weltkugel in der Linken, die Rechte zum Segen erhoben; ,,er sendet vom Himmel und errettet mich": das ist dargestellt durch den herabst?rmenden Erzengel Michael, der den Satan niederwirft; ,,und ?bergibt der Schmach meine Unterdr?cker": da sehen wir einen K?nig auf einem Triumphwagen, gezogen von einem Bock, den ein Knabe auf einem Steckenpferde am Barte f?hrt. Hierbei fehlt auch eine politische Anspielung nicht, die den Unterdr?cker n?her kennzeichnet: dieser K?nig hat auf seinem Reichsapfel anstatt des Kreuzes den Halbmond. Bei zwei darauffolgenden Psalmen, welche die gemeinschaftliche ?berschrift f?hren: ,,Zu sprechen, wenn man einen Krieg beginnen muss", -- es sind der 90. und der 34. Psalm --, ist unten jedesmal ein wildes Kampfget?mmel dargestellt, und dar?ber, am Seitenrande, schwebt betend ein Engel in himmlischer Ruhe. Auf der n?chsten von D?rer geschm?ckten Seite kommt der Satz vor: ,,Wie die Juden erschreckt zu Boden fielen." Dazu illustriert der K?nstler den Vers des Johannesevangeliums: ,,Als nun Jesus zu ihnen sprach: Ich bin es, da wichen sie zur?ck und fielen zu Boden." Und da ihm bei der Darstellung der Gefangennahme gleich das ganze Leiden Christi in die Vorstellung tritt, zeichnet er dazu an den Seitenrand Maria als Schmerzensmutter. Weiterhin gibt dem Zeichner das im Gebet vorkommende Wort ,,Versuchung" das Thema zu der Einfassung der betreffenden Seite: ein im krausen Rankengeschlinge einherwandelnder Kriegsmann lauscht, halb argw?hnisch, halb begehrlich, auf das Geraune eines seltsamen Vogels; und der Fuchs der Fabel lockt die H?hner mit Fl?tenspiel. Bei den Gebeten zu Ehren der Muttergottes ist die Darstellung der Verk?ndigung auf zwei gegen?berstehende Seiten verteilt; dabei ist hier der Zorn des Teufels, der mit Geschrei und Grimassen fl?chtet, und dort die Freude der Engel, die einen Baum pflanzen, geschildert. Dann sehen wir bei einem Kirchenliede einen im Galopp dahersprengenden Ritter, den der Tod mit der Sense verfolgt und den ein aus den Ranken sich herablassender Teufel bedroht. Bei dem 8. Psalm musizieren die Hirten, und die V?gel jubeln in blumigen Zweigen zu den Worten: ,,Herr, unser Herr, wie wunderbar ist dein Name"; und ein L?we, der unter den Augen eines Eremiten seine ganze Aufmerksamkeit einem schwirrenden Insekt zuwendet, deutet die Unterwerfung der Tiere unter die F?sse des Menschen an. Was aber mag den Zeichner angeregt haben, beim 18. Psalm den Hercules an den Rand zu zeichnen, der die stymphalischen V?gel bek?mpft? Vielleicht nur das Wort: ,,Frohlocket wie ein Riese" --? Deutlicher erkennbar sind die Anregungen bei den n?chsten Psalmenbildern: beim 23. Psalm ein indianischer Krieger, in des K?nstlers Vorstellung getreten aus den Worten: ,,Der Erdkreis und alle, die ihn bewohnen", die ihn an die bis vor kurzem noch unbekannten L?nder jenseits des Oceans denken liessen; beim 44. Psalm ein Morgenl?nder mit einem Kamel, wohl aus dem Gedanken an ,,die Reichen des Volkes mit Geschenken" hervorgegangen. Eine S?ule, ein Engelknabe mit Fr?chten, ein spielender Hund, V?glein in den Zweigen, ein behaglich schlafender Mann: das webt sich zusammen zu einem Stimmungsbild sicherer Ruhe, das die Worte des 45. Psalms einrahmt: ,,Darum f?rchten wir uns nicht, wenn auch die Erde ersch?ttert wird." Nach einem bloss mit Phantasiespielen geschm?ckten Blatt folgen zwei Bilder, welche, ohne dass man bestimmte Ankn?pfungspunkte in den von ihnen eingeschlossenen Psalmentexten finden k?nnte, den Gegensatz zwischen St?rke und Schw?che verbildlichen: hier Hercules und ein am Boden liegender Trunkenbold; dort ein ger?steter Kriegsmann und eine bei der Arbeit eingeschlafene alte Frau. K?stlich ist das Bild zum 97. Psalm: ,,Singet dem Herrn ein neues Lied." Da hat sich eine ganze Kapelle zu feierlicher Musik auf der Wiese vor der Stadt versammelt; und eine freudig bewegte Stimmung klingt in den Schwingungen des emporsteigenden Rankenwerkes nach, das sich aus den Baumst?mmchen, die auf der Wiese stehen, entwickelt. Im Text folgen nun wieder verschiedene Gebete. Bei einer Erw?hnung der Jungfrau Maria hat D?rer diese als eine noch ganz jugendliche Gestalt, die zu kindlich frommem Gebet die H?nde faltet, an den Rand gezeichnet; ?ber ihrem Haupt h?lt ein Engel die Himmelskrone, und vor ihren F?ssen singt ein entz?ckender kleiner Engelknabe zur Laute. Im Gegensatz zu dieser Verbildlichung der reinsten Gottseligkeit erscheint auf dem n?chsten Blatt die Thorheit der Welt unter dem Bilde einer mit Markteink?ufen beladenen Frau, die mit beiden F?ssen in ein Gef?ss mit Eiern tritt, und auf deren Kopf eine Gans mit den Fl?geln klatscht. In dem folgenden Bild ist eine ?hnliche Gegensatzwirkung erzielt durch die Zusammenstellung eines unter Reben zechenden Silen, dem ein Faun auf der Pansfl?te aufspielt, und eines in den Wolken betenden Engels. Dann folgt wieder ein Blatt, das nur Zierwerk enth?lt . Darauf kommt ein wundersch?nes Bild zum Beginn des Hymnus: ,,Herr Gott, dich loben wir." Seitw?rts steht der heil. Ambrosius, eine feierliche Bischofsgestalt, als der Verfasser dieses Lobgesanges; und unten reitet das Christkind, dem ein Engel die Wege bereitet, ?ber die Erde. Das n?chste Bild zeigt einen Engel, der mit Inbrunst das Gebet: ,,Herr, eile mir zu Hilfe" f?r einen geharnischten Ritter spricht, der auf einen sich ihm mit der Hellebarde entgegenstellenden w?sten Krieger einsprengt. Bei diesem Ritter denkt man unwillk?rlich an Kaiser Maximilian selbst, auf dessen pers?nlicher Anordnung sicher die ganze Zusammenstellung der Gebete beruht. Die folgende Seite, auf der wieder Psalmen beginnen, bringt einen herrlichen Christuskopf auf dem Schweisstuch der Veronika. Auf der n?chsten Seite schliessen D?rers Randzeichnungen mit einem Bild voll heiterer Fr?hlichkeit in jeder Linie, mit zum Klange einer Schalmei tanzenden Paaren, das die Anfangsworte des 99. Psalms in Formen ?bersetzt: ,,Jubelt Gott, alle Lande! dienet dem Herrn mit Freuden!" -- Wie in der Eingebung des Augenblickes hingeschriebene Improvisationen voll Geist, Gem?t und Geschmack treten all diese mannigfaltigen Darstellungen vor das Auge des Beschauers. Aus dem leichten Spiel der K?nstlerhand ist Blatt um Blatt ein Meisterwerk hervorgegangen. Wenn man mit Recht D?rers Allerheiligenbild neben Raffaels Disputa stellt, so ist man in gleicher Weise berechtigt, die Randzeichnungen in des Kaisers Gebetbuch das deutsche Gegenst?ck zu den vatikanischen Loggien zu nennen. In ihren fig?rlichen Darstellungen ist eine unersch?pfliche F?lle k?nstlerischer Sch?nheit enthalten. Ihre Ornamentik ist ganz frei und selbst?ndig, von der sp?tgotischen Zierkunst ebenso unabh?ngig wie von derjenigen der damaligen italienischen Renaissance. Die Reinheit der feinen geschwungenen Linienz?ge offenbart eine Leichtigkeit und Sicherheit der Hand, die an das Unbegreifliche grenzt. Man wird an die alte Erz?hlung von Apelles erinnert, der keinen Tag vor?bergehen liess, ohne sich im Zeichnen von Linien zu ?ben. D?rer soll die Fertigkeit besessen haben, mit haarscharfem Strich einen Kreis zu ziehen ohne die geringste Abweichung von der mathematischen Genauigkeit. Wer die Randzeichnungen in Kaiser Maximilians Gebetbuch gesehen hat, hat keinen Grund mehr, eine solche Thatsache zu bezweifeln.

Im Jahre 1516 f?hrte D?rer wieder einige Gem?lde aus. Dieselben sind s?mtlich von geringem Umfang, teils Bildnisse, teils Heiligenbilder. Eines der Bildnisse ist dasjenige von D?rers Lehrer Wolgemut. Da tritt uns der ehrenwerte Meister, der f?r sein hohes Greisenalter noch recht r?stig aussieht und dessen kluge Augen sich eine jugendliche Lebhaftigkeit bewahrt haben, mit einer Lebendigkeit entgegen, die uns die ganze Pers?nlichkeit vergegenw?rtigt . Wolgemut war nie ein grosser K?nstler gewesen, aber ein achtbarer Maler, der reichfarbige Altarbilder in biederer Komposition und fleissiger Ausf?hrung angefertigt hatte. D?rer hatte von ihm eine gediegene Unterweisung in dem Handwerklichen seiner Kunst empfangen und bewahrte ihm eine dankbare Verehrung.

W?hrend hier D?rers realistische Kunst voll in die Erscheinung tritt, zeigt ein in der Gem?ldegalerie zu Augsburg befindliches kleines Marienbild -- ,,Madonna mit der Nelke" genannt --, das aus wenig mehr als den K?pfen der Jungfrau und des Jesuskindes besteht, den bei D?rer seltenen Versuch, zu idealisieren. Es mag sein, dass besondere W?nsche des Bestellers ihn zu einer Ann?herung an das Herkommen der ?lteren Kunstweise veranlasst haben; er hat hier auch, ganz gegen seine Gewohnheit, Lichtscheine um die beiden K?pfe gemalt. Aber befremdlich ber?hren einen in einem D?rerschen Werk diese unnat?rliche Verschm?lerung der Nase, diese Verkleinerung des Mundes. Im seelischen Ausdruck jedoch, in der unendlichen Liebensw?rdigkeit dieser jungfr?ulichen Mutter ist das Bild ganz des grossen Meisters w?rdig.

Als Idealk?pfe kann man wohl auch die beiden Apostelbilder bezeichnen, die sich in der Uffiziengalerie zu Florenz befinden. Aber das Ideale ist in diesen pr?chtigen Greisenk?pfen, welche die Glaubensboten Philippus und Jacobus, den weitgewanderten, vorstellen, nicht in einer vermeintlichen Veredelung der Form gesucht, sondern es ist aus dem Inneren der Pers?nlichkeiten heraus entwickelt; Charakterbilder zu schaffen, war die Aufgabe, die D?rer sich hier gestellt hatte .

Im Jahre 1517 scheint D?rer die Malerei wieder ganz beiseite gelassen zu haben. Wenigstens findet sich diese Jahreszahl auf keinem seiner Gem?lde. Im folgenden Jahre versuchte er sich noch einmal an der Aufgabe, eine lebensgrosse unbekleidete Figur zu malen. Den Vorwurf hierzu nahm er, auf einen zehn Jahre fr?her gezeichneten Entwurf zur?ckgreifend, aus der r?mischen Geschichte, mit der sich in der Renaissancezeit ja jeder Gebildete besch?ftigte. Er malte die Lucretia, die, an ihr Bett sich anlehnend, im Begriff steht, sich mit dem Dolch zu durchbohren . Dieses Bild ist bedeutsam als ein Beweis von D?rers unausgesetztem Arbeiten an seiner eigenen Ausbildung. Denn es ist kaum anzunehmen, dass er zum Malen dieses Bildes einen anderen Grund gehabt habe, als die Absicht, sich zu ?ben durch die Bew?ltigung der Schwierigkeiten, die in der malerischen Wiedergabe der nackten Menschengestalt liegen. Die Bew?ltigung dieser Schwierigkeiten ist ihm indessen hier lange nicht so gut gelungen wie bei den fr?heren Bildern von Adam und Eva, denen die Lucretia in Bezug auf Malerei und Farbe ebensowenig ebenb?rtig ist, wie in Bezug auf den Ausdruck. Doch bleibt die durchgebildete Modellierung der Formen, die dem K?rper volle Rundung verleiht, sowie auch die Sch?nheit dieser Formen immer sehr beachtenswert.

Auch in seiner Lieblingskunst, dem Kupferstechen, schaffte und strebte D?rer immer weiter. Vollkommeneres zu erreichen, als ihm in den Meisterwerken von 1513 und 1514 gelungen war, das war innerhalb der angewandten Herstellungsart der Kupferstiche allerdings nicht mehr m?glich. Aber nun sann er auf ein neues technisches Verfahren, das ihm die M?glichkeit verschaffen sollte, seine Gedanken in noch leichterer und frischerer Weise, als es die Arbeit mit dem Grabstichel gestattete, auf die vervielf?ltigende Platte zu bringen. Schon fr?her, etwa seit dem Jahre 1510, angestellte Versuche mit der sogenannten ,,kalten Nadel", einem spitzigen, ganz feine Linien in das Kupfer einreissenden Instrument, hatten zu keinem befriedigenden Ergebnis gef?hrt. Das Hauptblatt dieser Gattung ist ,,der heilige Hieronymus mit dem Weidenbaum", von 1512. Nur sehr wenige allererste Abdr?cke geben einen Begriff davon, welchen ausserordentlichen malerischen Reiz D?rer hier, mit der scharfen Nadel wie mit einer unendlich feinen Feder zeichnend, erstrebt und erreicht hat. In diesen ersten Abdr?cken kommt die wundervolle Stimmung ganz zur Geltung, die Stimmung der tiefsten Einsamkeit, der Abgeschlossenheit von der Aussenwelt, von der grossen Stadt, die ein Blick durch die schmale Felsenspalte in weiter Ferne ahnen l?sst, des Alleinseins mit Gott, dem der Kirchenvater sich hingibt in diesem verborgenen Winkel ?den Gesteins, wo nur sp?rliches Gras und ein verkr?ppelter Weidenbaum d?rftige Nahrung finden . Die sp?teren Abdr?cke wurden so matt, dass sie von dieser Stimmung und von der Lebendigkeit der Zeichnung gar keine Vorstellung mehr gew?hren. Nach den ungen?genden Erfolgen mit der kalten Nadel kam D?rer auf die Radierung, als deren Erfinder -- wenigstens im Sinne k?nstlerischer Anwendung des Verfahrens -- er wohl angesehen werden muss. Statt die Zeichnung mit dem Stichel in die polierte Metallplatte einzugraben, ritzte er sie mit der Nadel in eine auf die Platte aufgetragene Grundierung und ?tzte sie dann mit S?uren, welche von dem Stoff der Grundierung nicht durchgelassen wurden und daher das Metall nur da angriffen, wo es durch die Striche und Punkte der Zeichnung blossgelegt war, in die Platte hinein. Da das Kupfer dem ?tzverfahren D?rers Schwierigkeiten entgegenstellte, bediente er sich dazu eiserner Platten. D?rers Radierungen fallen, wie es scheint, s?mtlich in die Jahre 1514 bis 1518. Sp?ter kehrte er zum Grabstichel, der ihm doch eine vollkommenere Befriedigung gew?hrte, zur?ck. Das ber?hmteste Blatt unter D?rers Radierungen ist ,,die grosse Kanone", die Darstellung eines N?rnberger Gesch?tzes, das unter der Aufsicht eines St?ckmeisters und unter der Wache strammer Landsknechte auf einem die weite Landschaft beherrschenden H?gel aufgefahren steht und von einer Gruppe T?rken mit sehr bedenklichen Mienen betrachtet wird. Das Blatt war gegen die herrschende T?rkenfurcht gerichtet .

Eine reizvolle Grabstichelarbeit aus dem n?mlichen Jahre 1518, dem die Radierung der grossen Kanone angeh?rt, ist das liebensw?rdige Marienbild, in welchem zwei schwebende Engel eine reiche Krone ?ber dem Haupt der Jungfrau halten, die in stillem m?tterlichen Behagen dasitzt und den Blick von dem Kinde hinweg mit ernstem Ausdruck dem Beschauer zuwendet. In dem landschaftlichen Hintergrund ist hier ein ?beraus anspruchsloses Motiv verwertet, ein einfacher Zaun; aber mit welcher feinen Sch?nheit klingen die Linien dieser Landschaft, deren Ferne zwischen den Zaunstecken durchblickt, mit dem Ganzen zusammen!

Lose Holzschnittbl?tter streute D?rer fortw?hrend in die Welt, in denen er viel Sch?nes bot. Was f?r einen bezaubernd kindlichen, herzinnigen Ton hat er in dem entz?ckenden Mariengedicht gefunden, das er im Jahre 1518 auf Holz zeichnete!

Gem?lde, Radierungen, fliegende Holzschnitte, das waren alles nur Nebenarbeiten in diesem Jahre. Das meiste von D?rers Zeit und Arbeitskraft war durch die vom Kaiser gestellte Aufgabe mit Beschlag belegt. Zwar waren mit den Zeichnungen zu dem Riesenholzschnitt ,,Kaisers Triumphzug", der noch umf?nglicher gedacht war als die Ehrenpforte und daher eine noch gr?ssere Anzahl von Holzst?cken erforderte, ausser D?rer noch verschiedene andere Maler besch?ftigt. Aber seine Aufgabe war schon umfangreich genug. Ihm war die Anfertigung der bedeutsamsten Abschnitte der langen Bilderreihe aufgetragen, die sich aus mancherlei Gruppen zu Fuss, zu Ross und zu Wagen zusammensetzen sollte und f?r die der Kaiser selbst die genauesten Angaben gemacht hatte. Unter anderem f?hrte D?rer diejenige Abteilung aus, welche die Kriege Maximilians verbildlichte; nach der urspr?nglichen Vorschrift des Kaisers sollten hier Landsknechte im Zuge einherschreiten, welche auf Tafeln die betreffenden Kriegsbilder tr?gen; dies erschien dem Meister zu eint?nig, und er gefiel sich daf?r in der Erfindung sch?n geschm?ckter k?nstlicher Fortbewegungsmaschinen, auf denen die Abbildungen der Schlachten, Festungen etc. bald als Gem?lde, bald als plastische Bildwerke gedacht, vorgef?hrt werden. Ein besonders pr?chtiges Blatt schuf er in dem Wagen, darauf die Verm?hlung Maximilians mit Maria von Burgund zur Darstellung kam. Den Mittelpunkt des langen Zuges sollte der grosse Triumphwagen bilden, auf dem man den Kaiser mit seiner ganzen Familie erblickte. Der erste Entwurf, den D?rer zu diesem Wagen vorlegte, hat sich in einer in der Albertina zu Wien aufbewahrten Federzeichnung erhalten . Aber D?rers Freund Wilibald Pirkheimer, der bei der inhaltlichen Ausarbeitung des Triumphzuges mitzuwirken sich berufen f?hlte, fand diesen Entwurf ungen?gend; denn er wollte, dass alle Tugenden des Kaisers in verk?rperter Gestalt auf und neben dem Wagen zu sehen sein sollten. Einen hiernach angefertigten neuen ausf?hrlichen Entwurf schickte Pirkheimer im M?rz 1518 an den Kaiser. Ehe indessen dieses Hauptst?ck geschnitten wurde, fand das ganze Unternehmen einen pl?tzlichen Abschluss, da Maximilian am 12. Januar 1519 starb. -- Vorher war es D?rer noch verg?nnt, den ihm so wohlgesinnten kaiserlichen Herrn nach dem Leben abzubilden. Zu dem Reichstag, den Maximilian im Jahre 1518 nach Augsburg berief, begab sich auch D?rer mit den Vertretern der Stadt N?rnberg. Am 28. Juni sass ihm der Kaiser ,,hoch oben auf der Pfalz in seinem kleinen St?ble". Hier entstand in sichtlich sehr kurzer Zeit jene in der Albertina aufbewahrte geistreiche Kohlenzeichnung, welche der Nachwelt ein so sprechendes Bild des ,,letzten Ritters" ?berliefert hat .

Nach dieser Zeichnung ver?ffentlichte D?rer das Bildnis des Kaisers in dem n?mlichen Massstab, etwas unter Lebensgr?sse, in zwei grossen Holzschnitten. Das eine Blatt gibt das Brustbild ohne weitere Zuthat, nur mit einem Schriftzettel, darauf Namen und Titel des Kaisers geschrieben sind. Das andere, das nach des Kaisers Tode erschien, zeigt dasselbe in einer reichen Umrahmung, von verzierten S?ulen eingefasst, auf denen Greifen als Halter des Kaiserwappens und der Abzeichen des Goldenen Vliesses stehen . Dieselbe Zeichnung legte D?rer dann auch zwei Gem?lden zu Grunde. Von diesen befindet sich das eine, das mit Wasserfarben auf Leinwand gemalt und durch die Zeit sehr getr?bt ist, im Germanischen Museum zu N?rnberg, das andere, das in ?lfarben ausgef?hrt ist, in der Wiener Galerie. Auf ersterem ist der Kaiser im Mantel mit weissem Pelz, mit der Kette des Goldenen Vliesses, auf dem anderen in schlichter Kleidung dargestellt . Beidemal h?lt er einen Granatapfel in der Hand, wodurch auf eine sinnbildliche Bedeutung, die der Kaiser dieser Frucht beilegte, hingewiesen wird. Aus den Inschriften, welche D?rer den Bildnissen des Kaisers beif?gte, f?hlt man heraus, wie schmerzlich ihn dessen Hinscheiden ergriffen hatte.

Auf dem Augsburger Reichstag portr?tierte D?rer auch den Kardinal Albrecht von Brandenburg, Primas und Kurf?rst des Reichs, Erzbischof von Mainz und Magdeburg. Das mit Kohle gezeichnete Originalbildnis des erst 28j?hrigen Kirchenf?rsten besitzt ebenfalls die Albertina. Im folgenden Jahre f?hrte D?rer das Portr?t in Kupferstich aus. Denn der Kardinal war eine bekannte und beliebte Pers?nlichkeit, deren Bild mancher gern besitzen mochte. Mit diesem pr?chtigen Blatt er?ffnete D?rer die herrliche Reihe seiner Kupferstichbildnisse. Die Bildnisdarstellung besch?ftigte ihn ?berhaupt von nun an am meisten. Es ist, als ob der Meister die ganze gesammelte Kraft seiner reifsten Jahre auf das eine Ziel gerichtet h?tte, das menschliche Antlitz als den Spiegel des Charakters zu ergr?nden. -- Von anderweitigen Arbeiten, die aus seiner nimmer rastenden Hand hervorgingen, zeichnet sich unter den Werken des Jahres 1519 noch der kleine feine Kupferstich aus, der eine reizvoll ausgef?hrte Ansicht einer Feste, welche an die Burg von N?rnberg erinnert, und davor im Vordergrund den heiligen Einsiedler Antonius zeigt; das Stadtbild, das sich in vielgliederigem Umriss von dem wolkenlosen Himmel abhebt, und das Bild des tiefsten Versunkenseins in dem Einsiedler, der den Kreuzstab neben sich in den Boden gepflanzt hat, klingen zu einer eigent?mlich tr?umerischen Stimmung zusammen .

Im Sommer 1520 trat D?rer eine Reise nach den Niederlanden an, die sich ?ber Jahr und Tag ausdehnte. Den Anstoss zu diesem Unternehmen gab ihm zweifellos der Wunsch, mit Kaiser Maximilians Nachfolger Karl V, dessen Landung in Antwerpen bevorstand, zusammenzutreffen. Denn durch den Tod Maximilians war der Fortbezug einer Leibrente von 100 Gulden j?hrlich, die dieser ihm gew?hrt hatte, in Frage gestellt. Die Auszahlung eines Betrages von 200 Gulden, den der Kaiser ihm auf die N?rnberger Stadtsteuer angewiesen hatte, verweigerte der Rat von N?rnberg trotz der schon ausgestellten kaiserlichen Quittung und trotz aller Bem?hungen D?rers. In diesen Angelegenheiten erhoffte er von dem neuen Kaiser Hilfe, wenn es ihm gel?nge, demselben pers?nlich nahe zu kommen und sein Wohlwollen zu erwerben. Daneben trieb ihn sicherlich das Verlangen, die niederl?ndische Kunst durch eigene Anschauung kennen zu lernen.

Am 12. Juli brach D?rer auf, von seiner Frau und einer Magd begleitet. Am 2. August traf er in Antwerpen ein. Gegen Ende des Monats begab er sich nach Br?ssel, um sich der Statthalterin der Niederlande, Kaiser Maximilians Tochter Margareta, vorstellen zu lassen, damit diese sich bei dem jungen Kaiser, ihrem Neffen, zu seinen Gunsten verwende. Nach Antwerpen zur?ckgekehrt, wohnte er dem gl?nzenden Einzug Karls V bei. Er folgte dann, um eine Gelegenheit zum ?berreichen seiner Bittschrift an den Kaiser zu finden, dem Zuge desselben zur Kr?nung nach Aachen und weiter nach K?ln. Hier erlangte er am 12. November die kaiserliche Best?tigungsurkunde f?r den Fortbezug seines Jahrgehaltes. Auf die Auszahlung desjenigen Betrages von Kaiser Maximilians Schuld, die dieser auf die N?rnberger Stadtsteuer angewiesen hatte, musste er indessen verzichten. ?ber Nymwegen und Herzogenbusch kehrte er nach Antwerpen zur?ck. Von hier machte er im Dezember einen Ausflug nach Seeland; im Fr?hjahr 1521 besuchte er Br?gge und Gent und im Juni Mecheln. Im Juli trat er darauf die Heimfahrt an. -- In einem kleinen Skizzenbuch, aus dem noch manche Bl?tter in verschiedenen Sammlungen bewahrt werden, und in einem ausf?hrlichen Tagebuch hat der Meister die Eindr?cke dieser Reise festgehalten. D?rers Reisetagebuch ist ein unsch?tzbares Verm?chtnis, nicht nur in Hinsicht auf die Pers?nlichkeit des K?nstlers, sondern auch auf die Kulturgeschichte seiner Zeit.

Der Meister f?hrte einen grossen Vorrat von Kunstware, das ist von Holzschnitten und Kupferstichen, bei sich. Wir erfahren aus seinen Aufzeichnungen, wie er gleich nach Antritt seiner Reise sich das Wohlwollen des Bischofs von Bamberg durch das Geschenk eines gemalten Marienbildes, zweier seiner grossen Holzschnittwerke und mehrerer Kupferstiche erwirbt; wie der Bischof ihn darauf in der Herberge als seinen Gast behandeln l?sst und ihm drei Empfehlungsbriefe und einen Zollbrief, der sich bei der Weiterreise als sehr n?tzlich erweisen sollte, mitgibt. In Frankfurt bekommt er von Jakob Heller Wein in die Herberge geschickt. Auch an vielen anderen Orten findet er Bekannte und Bewunderer, die es sich angelegen sein lassen, ihm Freundlichkeiten zu bezeigen. Von Frankfurt an wird die Reise zu Schiff fortgesetzt. Auf dem Rheinschiff f?hrt Frau Agnes eigene K?che. D?rers Name ist ?berall so bekannt, dass ihn in Boppard sogar der Z?llner frei passieren l?sst, obgleich der Freibrief des Bischofs von Bamberg hier nicht mehr galt. Von K?ln geht die Reise im Wagen auf der k?rzesten Strasse nach Antwerpen. In Antwerpen wird D?rer gleich am Abend seiner Ankunft von dem Vertreter des Augsburger Hauses Fugger zu einem k?stlichen Mahl geladen. Am darauf folgenden Sonntag geben ihm die Antwerpener Maler ein gl?nzendes Fest, bei dem er wie ein F?rst geehrt wird und zu dem ihm auch der Rat von Antwerpen den Willkommstrunk sendet. Er besucht gleich in den ersten Tagen den Maler Quentin Massys; dann auch den gelehrten Erasmus von Rotterdam. In allen Kreisen erf?hrt er die gr?sste Liebensw?rdigkeit, besonders nehmen sich mehrere reiche Kaufleute verschiedener Nationalit?t seiner an. Er besichtigt die stolzen Bauwerke Antwerpens und bewundert die grossartigen Vorbereitungen, die f?r den Einritt des neuen Kaisers getroffen werden. Ein Schauspiel, das ihn entz?ckt, ist die grosse Prozession am Sonntag nach Mari? Himmelfahrt mit ihren prunkvollen Aufz?gen von Wagen und Schiffen mit lebenden Bildern, mit Reitern und mannigfaltigen Gruppen, deren Beschreibung D?rer schliesslich mit den Worten abbricht, dass er alles das in ein ganzes Buch nimmer schreiben k?nnte. -- In Br?ssel, wo er von der Statthalterin mit der gr?ssten Leutseligkeit empfangen wird, staunt er die kostbaren Wunderdinge an, die aus dem neuen Goldlande jenseits des Oceans f?r den Kaiser geschickt worden sind, und sein Herz erfreut sich dabei ?ber ,,die subtilen Ingenia der Menschen in fremden Landen". Er bewundert das herrliche alte Rathaus und die Werke der grossen Maler des vergangenen Jahrhunderts. Mit seinen lebenden Kunstgenossen tritt er auch hier in freundlichen Verkehr. Der Maler Bernhard van Orley gibt ihm und einigen vornehmen Herren vom Hofe ein Essen, dessen Aufwand den deutschen Meister in Staunen versetzt. -- Beim Einzuge Karls V in Antwerpen weidet sich das Auge des Malers daran, wie der Kaiser ,,mit Schauspielen, grosser Freudigkeit und sch?nen Jungfrauenbildern" empfangen wird. Bei der Kaiserkr?nung zu Aachen ist er zugegen und bewundert ,,all die k?stlichen Herrlichkeiten, dergleichen kein Lebender etwas Pr?chtigeres gesehen hat". Auf der Fahrt von Aachen nach K?ln ist er der Gast der N?rnberger Gesandtschaft, welche die Kr?nungsinsignien nach Aachen gebracht hat. In K?ln wohnt er dem gl?nzenden Fest bei, welches die Stadt zu Ehren Karls V veranstaltet, und sieht den jungen Kaiser auf dem G?rzenich tanzen. D?rer vergisst aber auch nicht zu vermerken, dass es ihm ,,grosse M?he und Arbeit" gemacht habe, die Bewilligung seines Bittgesuches zu erlangen. Von den Sehensw?rdigkeiten K?lns erw?hnt er das Dombild von Meister Stephan besonders, f?r dessen Aufschliessen er zwei Weisspfennige entrichtete. -- Die Winterreise nach Seeland unternahm D?rer lediglich, um einen gestrandeten Walfisch zu sehen; doch vers?umte er auch hier das Aufsuchen der Kunstwerke nicht. Bei dieser Reise kam er einmal in Lebensgefahr. Er erz?hlt in sehr anschaulicher Weise diese Begebenheit, wie in Arnemuiden das Boot, in welchem er gekommen, durch ein grosses Schiff vom Anlegeplatz losgerissen wird in dem Augenblick, wo die Mannschaft und die Mehrzahl der Passagiere dasselbe schon verlassen haben, w?hrend er sich mit noch einem Reisenden, zwei alten Frauen, einem kleinen Jungen und dem Schiffsherrn noch an Bord befindet; wie nun das Boot bei starkem Wind in die offene See hinaustreibt und eine allgemeine Angst entsteht; wie er dann dem Schiffsherrn zuredet, die Hoffnung auf Gott nicht zu verlieren, und wie sie vereint mit unge?bten H?nden ein Segel so weit hoch bringen, dass der Schiffsherr dadurch die Lenkung des Boots wieder einigermassen in die Hand bekommt, so dass es mit Hilfe herbeirudernder Schiffer wieder gelingt, das Land zu erreichen. -- W?hrend des nun folgenden mehrmonatlichen ruhigen Aufenthalts in Antwerpen f?hrt D?rer ein geselliges, aber auch th?tiges Leben. In der Fastnachtszeit wohnt er mit seiner Frau mehreren Lustbarkeiten bei, und Anfang Mai nimmt er an der Hochzeitsfeier des ,,guten Landschaftsmalers" Joachim de Patenier teil, bei welcher zwei Schauspiele -- das erste ,,sehr and?chtig und geistlich" -- aufgef?hrt werden. -- Die Reise nach Br?gge und Gent dient ausschliesslich dem Zwecke des Kunstgenusses; die Gem?lde von van Eyck, Roger van der Weiden, Hugo van der Goes und Hans Memling finden geb?hrende W?rdigung, besonders die ,,?berk?stliche, hochverst?ndige Malerei" des Genter Altars; auch das marmorne Marienbild von Michelangelo wird besichtigt. In beiden St?dten veranstaltet die K?nstlerschaft Festbankette zu Ehren D?rers. Ebenso wird er sp?ter in Mecheln gefeiert, wohin er sich haupts?chlich zu dem Zweck, die Erzherzogin Margareta noch einmal zu sprechen, begeben hat; er wird von der F?rstin sehr freundlich aufgenommen, findet aber mit einem Bild des Kaisers, das er f?r sie gezeichnet hat, nicht ihren Beifall. Nach der R?ckkehr nach Antwerpen macht er die ihn sehr interessierende Bekanntschaft des als Kupferstecher mit ihm wetteifernden holl?ndischen Malers Lucas van Leyden. -- Am Ende seines Antwerpener Aufenthalts widerfuhr ihm noch eine grosse Ehre. K?nig Christian II von D?nemark, Schweden und Norwegen, der, aus seinem Reich vertrieben, bei dem Kaiser, seinem Schwager, Hilfe suchte, schickte nach D?rer, um sich von ihm portr?tieren zu lassen. D?rer bemerkt, dass der K?nig als ein sch?ner und mutiger Mann ein Gegenstand der Bewunderung f?r die Antwerpener ist. Er zeichnet das Bildnis desselben in Kohle, speist mit dem hohen Herrn und begleitet denselben nach Br?ssel, wo der Kaiser und die Statthalterin den K?nig festlich empfangen. Darauf gibt K?nig Christian dem Kaiser und der Statthalterin seinerseits ein Bankett, und D?rer ist geladener Gast in dieser hohen Gesellschaft. Zwischen den Festlichkeiten malt er das Bildnis des K?nigs in ?l mit geliehenen Farben.

Einen grossen Raum nimmt in dem Tagebuch die Aufz?hlung der Geschenke von Kunstwerken ein, welche D?rer nach allen Seiten hin verteilt, bald als Gegengabe f?r etwas Empfangenes, bald auch, bei H?herstehenden, zu dem Zwecke, sich deren Wohlwollen zu gewinnen. Nicht ohne Bitterkeit ist in den Aufzeichnungen vermerkt, dass ,,Frau Margareth", die Statthalterin, f?r das viele, das sie von ihm bekommen, gar nichts wiedergeschenkt habe. Sonst werden die mannigfaltigsten, zum Teil kostbaren Geschenke als von ihm empfangen aufgez?hlt; auch seiner Frau, die sich in Antwerpen ganz h?uslich eingerichtet hat, fliessen bisweilen Geschenke zu. D?rer erweist sich als ein leidenschaftlicher Sammler von Merkw?rdigkeiten. Die Erzeugnisse einer fremdartigen Natur, die ihm die Kaufleute, welche mit ?berseeischen L?ndern in Verkehr stehen, darbringen, sind ihm willkommene Gaben; auch benutzt er manche Gelegenheit, derartige Dinge k?uflich zu erwerben. Aber auch Kunstwerke schafft er sich an. So tauscht er mit Lucas van Leyden eine grosse Anzahl seiner Bl?tter gegen dessen ganzes Kupferstichwerk aus. ,,W?lsche Kunst", das heisst italienische Kupferstiche, kauft er gern, und nachdem er die Bekanntschaft eines Sch?lers von Raffael, Vincidor von Bologna, der ihn aufsuchte, gemacht, ?bergibt er demselben sein gesamtes Werk an Holzschnitten und Kupferstichen mit dem Auftrag, ihm daf?r ,,das Werk Raffaels", n?mlich die Stiche des Marcantonio, aus Italien kommen zu lassen. Bei einem Besuch in der Werkstatt des ber?hmten Antwerpener Illuministen Gerhard Horebout erwirbt er eine von dessen Tochter gemalte Miniatur und bemerkt dazu: ,,Es ist ein gross Wunder, dass ein Frauenzimmer so viel machen kann." -- Seine ,,Kunstware" f?hrt er ?brigens nicht bloss zum Verschenken und Vertauschen mit sich, sondern er treibt auch einen lebhaften Handel damit; und nicht nur mit der eigenen, sondern er hat auch den Vertrieb von Bl?ttern seiner Freunde, unter denen er den ,,Gr?nhans" -- Hans Baldung Grien -- besonders nennt, ?bernommen. Wir erfahren aus dem Tagebuch, zu welch niedrigen Preisen die jetzt so kostbaren Stiche D?rers damals verkauft wurden. Denn ?ber alle Einnahmen und Ausgaben -- unter den letzteren eine wahre Unmenge von Trinkgeldern -- ist sorgf?ltig Buch gef?hrt; dabei sind einige kleine Verluste im Spiel ebensowenig vergessen, wie der Verlust, der dadurch entstand, dass Frau Agnes einmal der Geldbeutel abgeschnitten wurde. -- Auch ?ber D?rers k?nstlerische Th?tigkeit ist Buch gef?hrt. Von Malger?t hat er nur Wasserfarben, mit denen er sowohl auf Papier, als auch auf ,,T?chlein" malte, mitgenommen. Aber schon bald nach dem ersten Eintreffen in Antwerpen sieht er sich gen?tigt, sich von Joachim de Patenier ?lfarben und einen Gesellen zu leihen. Seine Kunstfertigkeit wird nach allen Seiten hin in Anspruch genommen; nicht nur durch das Zeichnen und Malen von Bildnissen, sondern auch durch mancherlei anderes: so muss er dem Leibarzt der Erzherzogin Margareta den Plan zu einem Haus anfertigen, den Goldschmieden in Antwerpen macht er Vorlagen f?r Schmucksachen und einer Kaufmannsgilde eine Vorzeichnung f?r eine in Stickerei auszuf?hrende Heiligenfigur, er zeichnet Wappen f?r vornehme Herren und entwirft Maskenkost?me zu dem Fastnachtsmummenschanz.

D?rers Aufzeichnungen sind im allgemeinen ganz knapp und kurz gehalten, und doch ist bisweilen in den wenigen Worten ein lebendiges Bild von einer Person oder einem Vorgang gegeben. Zu ausf?hrlicherem Bericht reizen ihn manchmal die Festlichkeiten; so schildert er namentlich das erste grosse Fest, das die Antwerpener K?nstlerschaft ihm gab, mit vielem Behagen.

?berall blickt in dem Tagebuch der beobachtende Maler durch, dessen Augen immer besch?ftigt sind. Bald ist es die Ansicht einer Stadt, bald die Aussicht von einem Turm, hier eine Gartenanlage, da ein Geb?ude, was die Aufmerksamkeit des Meisters fesselt; hier h?lt er ein h?bsches Gesicht und dort die zu Markte gebrachten stattlichen Hengste der Erinnerung f?r wert. Als echter Renaissancek?nstler bemerkt er im Aachener M?nster sogleich, dass die dort ,,eingeflickten" antiken S?ulen kunstrecht nach des Vitruvius Vorschrift gemacht seien.

Auch die weltgeschichtlichen Ereignisse, die damals Deutschland bewegten, nehmen seine Aufmerksamkeit in Anspruch. Durch die Nachricht von Luthers Gefangennahme wird er tief ersch?ttert. An dem Tage, wo er hiervon geh?rt hat, flicht er ein langes inbr?nstiges Gebet in seine Aufzeichnungen ein. Er l?sst erkennen, dass er mit der ganzen Aufrichtigkeit und tiefen Fr?mmigkeit seines Herzens dem Unternehmen der Reformation zugethan ist, doch ohne zu ahnen, dass eine Kirchentrennung daraus hervorgehen w?rde.

Wenn wir lesen, wie unglaublich viel Albrecht D?rer w?hrend seines Aufenthaltes in den Niederlanden, zwischen all den Festlichkeiten, den Besuchen bei hoch und niedrig, dem Betrachten der Sehensw?rdigkeiten, dem Hin- und Herreisen zu Wagen, zu Ross und zu Schiff, immer und ?berall f?r andere zeichnete und malte, so erscheint es uns kaum begreiflich, dass er immer noch Zeit fand, an sein eigenes Studium zu denken. Und doch hat er ausser dem mit zum Teil h?chst sorgf?ltigen Zeichnungen wohlgef?llten Skizzenbuch auch eine Anzahl mit allem Fleisse ausgef?hrter gr?sserer Studienbl?tter mit heimgebracht. Treffliche Proben von D?rers Th?tigkeit auf der Reise geben die in den Abbildungen 100, 102, 107 vorgef?hrten Bl?tter: die schnelle und scharfe Federzeichnung, durch die D?rer sich die Z?ge eines Mannes aufbewahrte, dessen Lautenspiel er bewundert hatte und mit dem er, wie eine sp?tere nochmalige Ausf?hrung von dessen Bildnis beweist, n?her bekannt wurde; die mit breitem Metallstift in grossem Massstabe kr?ftig ausgef?hrten K?pfe einer alten und einer jungen Seel?nderin; die feine Stiftzeichnung, in der er die seltene Gelegenheit, eine Negerin zu zeichnen, mit eingehender Beobachtung ausgenutzt hat. Die Krone von D?rers auf der Reise gesammelten Studien ist der in schwarz und weiss, mit dem Tuschpinsel und der Schnepfenfeder auf grau get?ntes Papier gezeichnete lebensgrosse Kopf eines dreiundneunzigj?hrigen Alten , der ihm zu Antwerpen mehrmals Modell gesessen hat. Es ist bezeichnend f?r des Meisters unerm?dlichen Arbeitstrieb, dass er, wenn sich ihm gerade nichts anderes darbot, zu dem N?chstliegenden gegriffen und seine Frau portr?tiert hat: eine grosse, mit dem Metallstift auf dunkel grundiertem Papier ausgef?hrte Zeichnung im Kupferstichkabinett zu Berlin zeigt uns Frau Agnes in dem niederl?ndischen Kopftuch, das der Gatte ihr von der Reise nach Seeland mitgebracht hatte . Aber nicht bloss K?pfe waren es, die er seinen Studienmappen einverleibte, sondern auch mancherlei andere Dinge zeichnete er auf, wie Ansichten des Hafens und der Kathedrale von Antwerpen oder auffallende Landestrachten oder einen L?wen, den er im Zwinger zu Gent beobachtete. Selbst auf der Fahrt blieb er nicht m?ssig. Ein Skizzenbuchblatt zeigt eine vom Rheinschiff aus gezeichnete Ansicht der Uferh?hen bei Andernach und davor das Brustbild eines Reisegef?hrten; ein anderes, bei Boppard gezeichnet , zeigt wiederum Frau Agnes, dieses Mal in dichte Kopft?cher eingemummt. -- Von den Gem?lden, welche D?rer in den Niederlanden anfertigte, haben sich das Wasserfarbenbildnis eines alten Herrn mit roter Kappe und das mit ?lfarben gemalte Portr?t des Malers Bernhard van Orley erhalten.

Als D?rer im Sommer 1521, wohlversehen mit Geschenken f?r seine Freunde, heimgekehrt war, wurde ihm alsbald ein Auftrag von seiten seiner Vaterstadt zu teil. Der Rat ?bertrug ihm die Anfertigung der Entw?rfe zur Ausmalung des Rathaussaales. Die dreifache Bestimmung des Saales, zu Reichstagen, Gerichtssitzungen und Festlichkeiten, war massgebend f?r die Wahl der Gegenst?nde. Die kaiserliche Majest?t ward verherrlicht durch jene f?r Maximilian angefertigte Komposition des ,,Grossen Triumphwagens", die D?rer jetzt dahin ver?nderte, dass der Kaiser allein, ohne seine Familie, in der allegorischen Umgebung erschien. In dieser Gestalt gab er den ,,Triumphwagen" im Jahre 1522 auch in Holzschnitt heraus . F?r die n?chstgr?sste Fl?che der zu bemalenden Saalwand entwarf der Meister als Warnung vor vorschnellem Richterspruch eine Allegorie der Verleumdung, nach einer vielgelesenen Beschreibung eines Gem?ldes des Apelles. Dieser Entwurf, eine ausgef?hrte Federzeichnung von 1522, wird in der Albertina aufbewahrt. F?r das kleinere Mittelfeld zwischen den beiden grossen Bildern ward eine lustige Darstellung bestimmt, die unter den Namen ,,der Pfeiferstuhl" bekannte Gruppe von sieben Stadtmusikanten und sieben anderen volkst?mlichen Figuren. -- D?rer lieferte bloss die ,,Visierungen" zu diesen Gem?lden, die Ausf?hrung geschah durch andere H?nde. Die Wandgem?lde sind noch vorhanden, aber roh ?bermalt und sehr schlecht erhalten.

W?rdig schloss sich diesen herrlichen Kupferstichbildnissen dasjenige des allzeit getreuen Freundes Wilibald Pirkheimer an , der nicht nur als Gelehrter, sondern auch als Staatsmann und Truppenf?hrer seinen Namen ber?hmt gemacht hatte. Im Jahre 1526 entstanden dann die Kupferstichportr?ts des Erasmus von Rotterdam, den D?rer in den Niederlanden zweimal nach dem Leben gezeichnet hatte, und des Melanchthon , der sich damals wiederholt in N?rnberg aufhielt, um die Einrichtung des neugegr?ndeten Gymnasiums zu leiten, und den mit D?rer ein Band gegenseitiger Bewunderung und Zuneigung verkn?pfte. -- Das waren des Meisters letzte Kupferstiche.

In das Jahr 1526 f?llt auch die Entstehung der letzten gemalten Bildnisse D?rers. Darunter ist dasjenige des Johann Kleeberger, des Schwiegersohnes des Wilibald Pirkheimer, das sich in der kaiserlichen Gem?ldegalerie zu Wien befindet, befremdlich wegen der vom Besteller aus gelehrter Liebhaberei f?r das klassische Altertum gew?nschten Darstellungsweise. Kleebergers Bildnis ist, in Anlehnung an altr?mische Darstellungen, als B?ste gedacht, die in einen Steinrahmen eingesetzt ist, und man sieht, dass D?rer mit der L?sung des Widerspruchs, dass er ein naturgetreues Portr?t eines lebendigen Mannes malen und dass dieses Portr?t zugleich den Eindruck eines bemalten Steinbildwerks machen sollte, nicht recht fertig geworden ist . Um so dankbarer war f?r den Meister die Aufgabe, die charaktervollen K?pfe zweier ?lteren Herren zu malen, die in den h?chsten ?mtern der Stadt N?rnberg standen und die beide mit ihm befreundet waren. Das sind die jetzt im k?niglichen Museum zu Berlin befindlichen herrlichen Bildnisse des Jakob Muffel, eines ernsten, bed?chtigen, schon etwas lebensm?de aussehenden Mannes mit glattrasiertem Gesicht , und des Hieronymus Holzschuher, aus dessen gesundfarbigem, von Silberlocken und weissem Bart umrahmten Gesicht die Augen mit J?nglingsfeuer herausblitzen . Beide Bildnisse sind grossartige Meisterwerke; aber die Erscheinung des alten Holzschuher hat f?r den Maler doch einen besonderen Reiz gehabt, so dass er in diesem im vollsten Sinne lebenspr?henden Bilde eines seiner allervorz?glichsten Werke schuf.

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