Read Ebook: Führende Denker: Geschichtliche Einleitung in die Philosophie by Cohn Jonas
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Ebook has 315 lines and 47064 words, and 7 pages
Anmerkungen zur Transkription
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Die Sammlung
>>Aus Natur und Geisteswelt<<
In den Dienst dieser Aufgabe haben sich darum auch in dankenswerter Weise von Anfang an die besten Namen gestellt, gern die Gelegenheit benutzend, sich an weiteste Kreise zu wenden, an ihrem Teil bestrebt, an der >>Sozialisierung<< unserer Kultur mitzuarbeiten.
So konnte der Sammlung auch der Erfolg nicht fehlen. Mehr als die H?lfte der B?ndchen liegen, bei jeder Auflage durchaus neu bearbeitet, bereits in 2. bis 7. Auflage vor, insgesamt hat die Sammlung bis jetzt eine Verbreitung von fast 5 Millionen Exemplaren gefunden.
Alles in allem sind die schmucken, gehaltvollen B?nde besonders geeignet, die Freude am Buche zu wecken und daran zu gew?hnen, einen kleinen Betrag, den man f?r Erf?llung k?rperlicher Bed?rfnisse nicht anzusehen pflegt, auch f?r die Befriedigung geistiger anzuwenden. Durch den billigen Preis erm?glichen sie es tats?chlich jedem, auch dem wenig Beg?terten, sich eine B?cherei zu schaffen, die das f?r ihn Wertvollste >>Aus Natur und Geisteswelt<< vereinigt.
Leipzig, im September 1920.
B. G. Teubner
Aus Natur und Geisteswelt
Sammlung wissenschaftlich-gemeinverst?ndlicher Darstellungen
F?hrende Denker
Geschichtliche Einleitung in die Philosophie
Von
Jonas Cohn
ao. Professor a. d. Universit?t Freiburg i. Br.
Vierte, durchgesehene Auflage
Mit 6 Bildnissen
Verlag und Druck von B. G. Teubner in Leipzig und Berlin 1921
Inhaltsverzeichnis.
Seite
Zur Einf?hrung 3
Erster Vortrag: Sokrates 5
Zweiter Vortrag: Platon 25
Dritter Vortrag: Descartes 40
Vierter Vortrag: Spinoza 56
F?nfter Vortrag: Kant 71
Sechster Vortrag: Fichte 94
Register 117
Schutzformel f?r die Vereinigten Staaten von Amerika
Alle Rechte, einschliesslich des ?bersetzungsrechts, vorbehalten.
Zur Einf?hrung.
Hervorgegangen ist diese Absicht aus der festen ?berzeugung, dass die Philosophie im Laufe ihrer Entwicklung mehr als eine Summe geistreicher Einf?lle hervorgebracht hat. Gerade wenn man auf die Hauptz?ge der Entwicklung allein sieht, erkennt man, dass auch in der wichtigsten aller Wissenschaften Wahrheiten von grundlegender und ewiger Bedeutung gefunden worden sind, Wahrheiten, wohl geeignet, als St?tze des Lebens zu dienen.
Die folgenden Vortr?ge wurden im Dezember 1906 in Freiburg i. Br. vor H?rern jedes Standes und Geschlechts gehalten. Der Eifer, mit dem zahlreiche Teilnehmer, vielfach nach anstrengender Tagesarbeit, meinen Ausf?hrungen folgten, zeigte mir, wie weit das Bed?rfnis nach Philosophie verbreitet ist. Auch die gedruckten Vortr?ge m?chten weitesten Kreisen dienen. Deshalb habe ich absichtlich den Ton der m?ndlichen Rede im wesentlichen festgehalten. Nur die Wiederholungen des Vortrags, die der Leser durch Zur?ckschlagen ersetzen kann, wurden gek?rzt und daf?r einige Abschnitte eingef?gt, die etwas tiefer in die behandelten Fragen hineinf?hren, bei einmaligem H?ren aber unverst?ndlich geblieben w?ren.
Zu Vortrag I:
Zu Vortrag II:
Zu Vortrag IV:
Zu Vortrag V:
Zu Vortrag VI:
Der Absicht dieser Vortr?ge gem?ss habe ich nirgends die Forscher zitiert, denen ich Tatsachen oder Anregungen verdanke. Der Sachkundige bemerkt ohnedies, welchen neueren Philosophen, Geschichtschreibern und Biographen ich mehr oder minder folge. Es braucht kaum gesagt zu werden, dass eine allgemeinverst?ndliche Einf?hrung nicht den Anspruch erhebt, neue Ergebnisse mitzuteilen. ?berhaupt bitte ich alle, die gleich mir ihr Leben der Arbeit an philosophischen Problemen gewidmet haben, zu bedenken, dass dies Buch nicht f?r sie geschrieben wurde, wiewohl sie allein seine zust?ndigen Richter sind.
Jede neue Auflage habe ich genau durchgesehen, die vierte besonders auch auf die Verst?ndlichkeit und Einsichtigkeit des Gedankenfortschritts hin. Das B?chlein ist hier und da im philosophischen Unterricht unserer h?heren Schulen gebraucht worden; ich habe Winke eines Lehrers dankbar benutzt und bitte herzlich, mir weitere Erfahrungen mitzuteilen. Den Plan des Ganzen glaubte ich beibehalten zu sollen, insbesondere konnte ich mich nicht entschliessen, ihn durch die -- von manchen Beurteilern gew?nschte -- Aufnahme anderer Philosophen zu sprengen. >>F?hrende Denker<< -- darunter verstehe ich hier solche, die geeignet sind, zur Philosophie hinzuf?hren. Die grossen Systematiker aber, ein Aristoteles, Leibniz, Hegel setzen zu ihrem Verst?ndnis schon geschultes philosophisches Denken und ?berdies, da sie das ganze Wissen ihrer Zeit verarbeiten, zahlreiche sachliche und geschichtliche Kenntnisse voraus. Gerade weil ich diese umfassenden Geister verehre, widerstrebt es meinem Gef?hl, ihnen durch eine abgek?rzte Darstellung Unrecht zu tun. Anders steht es mit Denkern, deren Gr?sse mehr in der Fragestellung und in der Entdeckung einiger grossen Grundgedanken besteht. Diese allein scheinen mir auch geeignet zu sein, das Verst?ndnis f?r Philosophie zu wecken.
Erster Vortrag.
Sokrates.
Nicht neue Ergebnisse der Wissenschaft, sondern alte Weisheit will ich Ihnen vortragen. Sollte einer oder der andere dadurch sich entt?uscht f?hlen, so m?sste ich mit einer Anekdote antworten. Ein leutseliger K?nig besuchte einst eine Sternwarte und fragte den leitenden Astronomen: >>Was gibt's Neues am Himmel?<< Der schlagfertige Gelehrte antwortete mit der Gegenfrage: >>Kennen Majest?t schon das Alte?<<
So bildete sich der einzelne durch den Staat und f?r den Staat. Das bedeutete aber keine Unterdr?ckung pers?nlicher Kraft und Eigenart. Im Gegenteil, jeder irgendwie Begabte bem?hte sich, im Staate Macht, Ansehen, Ruhm zu erringen. Gerade die ?ffentlichkeit des Lebens machte auch die Ehrungen besonders verlockend; jede T?tigkeit wurde so zum Wettkampf. In den festlichen Auff?hrungen zu Ehren des Gottes Dionysos rangen dramatische Dichter um den Preis, die Volksversammlungen bildeten den Schauplatz rednerischen Wettstreites um die Gunst des Volkes. Es konnte nicht ausbleiben, dass die starken, selbstbewussten Pers?nlichkeiten, die sich f?r den Staat gebildet hatten, auch gegen?ber dem Ganzen ihre Anspr?che geltend zu machen suchten.
Diese Theorie sieht zun?chst weltfremd und ungef?hrlich aus; auch war ihr Urheber ?berzeugt, dass sie mit politischen und zumal mit religi?sen Umw?lzungen nichts zu tun habe, erkl?rte vielmehr, ?ber die G?tter verm?ge er ?berhaupt nichts auszusagen. Da es sich auf religi?sem Gebiete also nicht um ein Wissen handeln konnte, ?bte er ruhig den gebr?uchlichen Kultus aus und folgte den herrschenden Sitten. Der Widerstreit indessen zwischen seinem Bekenntnis der Unwissenheit und dem festen Glauben eines echten Anh?ngers der alten Religion, trat, so sehr er ihn vor sich und anderen zu verschleiern suchte, bei einigen seiner Sch?ler entschieden hervor. Keck verachteten sie die Vorsicht und Zur?ckhaltung des Meisters und meinten, dass jeder einzelne sich ?ber Gesetz, Sitte, Religion hinwegsetzen d?rfe, wenn nur der Erfolg seiner Kraft oder Schlauheit recht gebe. Als Hauptgegenstand ihres Unterrichts betrachteten sie die Kunst der ?berredung; wer sich ihnen anvertraute, sollte lernen, anderen die Meinung beizubringen, die ihm selbst vorteilhaft sei. Nach ihrer eigenen Handlungsweise beurteilten sie auch die Staatsm?nner der Vorzeit, in denen sie die Urheber nicht nur der politischen, sondern auch der religi?sen und moralischen Gesetze und Sitten sahen. Diese Machthaber waren nach ihrer Meinung schlaue M?nner, gewissermassen Vorl?ufer der Sophisten, gewesen und hatten es verstanden, der Masse die ?berzeugung beizubringen, dass es gut sei, den Gesetzen zu folgen, die sie nur zum Vorteil der Herrscher erdacht hatten. Nichts ist wahr, alles ist erlaubt -- das wird dann die Lebensregel f?r den starken Geist. H?ten wird er sich freilich, sie vor den auszubeutenden Herdenmenschen offen zu bekennen.
Gleichzeitig mit dieser Entwicklung der Sophistik entartete das politische Leben. Die von alters her erbitterten Parteik?mpfe verwilderten mehr und mehr, selbst die Verbindung mit dem Landesfeinde wurde nicht gescheut. Der unparteiische Betrachter wird sich fragen m?ssen, ob die radikalen sophistischen Theorien Ursache oder blosse Spiegelung dieser politischen Entartung waren, er wird ihnen sicher nicht die Hauptschuld zuschreiben. Aber viele Zeitgenossen urteilten anders, zumal seit in dem grossen Entscheidungskampf um die Herrschaft ?ber Griechenland, in dem Peloponnesischen Kriege, Not und Bedr?ngnis ?ber Athen kam. Viele glaubten damals, dass die neumodische Bildung schuld an allem Ungl?ck sei; es entstand eine Partei, die in der R?ckkehr zu schlichtem altv?terlichem Glauben und Handeln das einzige Heil sah.
Ganz besonders bem?hte sich Sokrates, begabte junge Leute an sich heranzuziehen und zu tieferem Nachdenken anzuregen. Zum Nachdenken anzuregen, sage ich; denn Sokrates will nie fertige Weisheit mitteilen, betont vielmehr immer wieder, er wisse nichts und unterscheide sich nur dadurch von den anderen, dass er um sein Nichtwissen wisse. Erst durch die gemeinsame Untersuchung soll die Wahrheit gefunden werden. Kein Wunder, dass oft ein positives Ergebnis nicht gewonnen wurde, sondern die Teilnehmer am Gespr?ch zuletzt sich nur insofern gef?rdert sahen, als sie nun mit Sokrates um ihr Nichtwissen wussten.
Sokrates wusste die verschiedenartigsten Menschen zu gewinnen und zu fesseln, er besass die Kunst, auf jeden seiner Eigenart gem?ss zu wirken; daher schilderte ihn jeder seiner Sch?ler anders. Viele unter den B?chern der Sokratesj?nger sind verloren, aber wir besitzen noch die Werke von zwei sehr verschiedenartigen Anh?ngern.
Dem Historiker freilich hat gerade Platons Gr?sse seine Aufgabe erschwert; Platon war kein blosser Spiegel des empfangenen Gutes, in seinem Geiste bildete sich jeder Gedanke eigenartig um, und er nahm in treuer Verehrung des Meisters die Gewohnheit an, auch eigene ?berlegungen und Einsichten dem Sokrates in den Mund zu legen, sie so gleichsam seinem Lehrer zuzueignen. Doch gilt dies von den sp?teren platonischen Dialogen mehr als von den fr?hen, die bald nach Sokrates' Tode entstanden sind. Aus ihnen lassen sich die Grund?berzeugungen des Sokrates recht wohl feststellen.
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