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Read Ebook: Rules and Directions for the Employment of Injections in Various Diseases by Lewis Thomas

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Ebook has 422 lines and 13580 words, and 9 pages

Verlangt man von einer, sie solle machen, dass man sich selbst vergisst -- wahrscheinlich darf man auch von ihr nichts wissen? Im Parkett sass eine Fremde, ein sch?nes, starkes Profil unter der Samtschleife des grossen Hutes. Eine wehende Kravatte h?llte sie bis an den Mund in rosige Gaze . . .<<

Mario Malvolto tr?umte noch, als er auf den Platz von Settignano einbog. Der niedrige, flach geschweifte Kirchengiebel war von Mond bl?ulich gepudert. Eine einsame Laterne erblindete in der weiten Sternennacht, in deren Mitte auf seinem H?gel das St?dtchen schlief.

Ein Ger?usch verlor sich irgendwo. Mario Malvolto sah dahinten in der langen Gasse etwas Dunkles sich bewegen. Gewiss, es war der Wagen von vorhin; das Verdeck war aufgestellt. Ein Mondstreif fiel pl?tzlich dar?ber; etwas Weisses hatte sich herausgebeugt. Wo in der Umgegend war dieses Gef?hrt zu Hause? Nirgends, sagte der Kutscher. Es verschwand im Schatten.

Sie verliessen die Gasse und fuhren ein St?ck bergab. Mario Malvolto stieg aus, machte ein paar Schritte zwischen Hecken, elf Stufen hinan; da stand er vor seiner T?r. Sie war offen. Sein Diener lag schlafend davor.

Mario Malvolto schritt ?ber ihn weg, er nahm im Vestib?l die Lampe vom Tisch, ging die Treppe hinauf und betrat sein Arbeitszimmer. Auf der Bibliothek die Frauenb?sten in ihrer schmalen alten Tracht l?chelten weiss, verschlossen, aus steilen Tr?umen; und auf ihren Stirnen die grosse Perle schien im Mondlicht an ihrer Kette zu schwanken.

Das Zimmer war so hell, dass Malvolto die Lampe l?schte. Er lehnte sich in die offene Terrassent?r. Wie weiss war der Garten! All dies schwere dunkle Laub ?ber den ganzen H?gelr?cken hin und bis unter die Mauer mit ihrem Baldachin von Steineichen, alles blitzte in bleicher und kostbarer Verzauberung. Als ein silberner Mantel hingen die Glycinien um die starre, tote Zypresse. Und die Kamelien in den Tiefen versenkter B?sche bluteten nur wie Geister.

Er sah ins Zimmer zur?ck, und er erschrak. Einen Augenblick hatte es ihm geschienen, der ?berlebensgrosse Mensch dort auf der grellen Wand reisse sein Schwert in die H?he. Mario Malvolto sagte in Gedanken zu ihm, zu diesem Bilde, dem einzigen, das t?glich auf seine Arbeit herniedersah:

>>So finden wir uns wieder. Als ich dich heute abend verliess, war ich kampfesfroh, gespannt auf einen lauten Sieg oder eine derbe Niederlage. Es ist Sieg gewesen. Bei Wein und Reden ist er angeschwollen. Ich gehe, seiner sicher, davon. Ich brauche ihn nur aus der Brust zu ziehen und zu betrachten, nicht wahr? Und unterwegs, in einer Mondnacht voll gespenstigen Besinnens, wird eine Niederlage daraus -- o, eine stille, blasse Niederlage, und eine schlimmere, als w?re ich l?rmend ausgepfiffen.

Hast auch du einmal einen Sieg, wenn er am lautesten scholl, pl?tzlich umwenden und davonfahren gesehen? Krieg und Kunst, das ist dieselbe ?bermenschliche Ausschweifung. Kennst du den Ekel nach der Orgie? Antworte, Pippo Spano!

Da stehst du, aufgereckt, die eisernen Beine gespreizt, das riesige Schwert quer dar?ber in H?nden, die aus Bronze sind. Du hast schmale Gelenke, bist leicht, bereit zu Sprung, Jagd, hitzigen Umarmungen und kalten Dolchst?ssen, zu Wein und zu Blut. In den Lauten deines Namens selbst geschieht ein Pfeifen von geschwungener Waffe, und dann ein breiter Schlag. ?ber deiner breiten Brust w?lbt sich Eisen, um deine feinen H?ften kreist ein goldener G?rtel, auf dem fr?hlichen Blau des R?ckchens. Du hast einen kurzen, zweigespitzten Bart, dein Mund steht gewaltt?tig heraus aus deinem magern Gesicht, und d?ster blonde Locken umzotteln es. Es blickt zur?ckgeworfen ?ber die Schulter, mit aufgerissenen Augen, wach und furchtbar. Wenn man l?nger hinsieht, l?chelt es. Das ?bermass von grausamer Selbstsicherheit bringt dieses L?cheln hervor, das sich nicht nachweisen l?sst, das man nur ahnt, das tief verwirrt, in Grauen st?rzt, fesselt, dem man sich widersetzt, und das man schliesslich verehrt!

Da du so ungeheuerlich zu triumphieren verstehst -- wie entsetzlich musst du manchmal geschlagen sein! Ja! wie musst du gelitten haben, du und dein Maler, der so stark war wie du. Grosse Kunstwerke -- dein Leben oder dein Bild -- haben so leuchtende H?hen nur, weil sie so grausige Tiefen haben. Ach, du T?rkensieger, verstell' dich nicht -- ich h?re dennoch deinen tollen Aufschrei, wenn ein Schlag dich traf. Ich seh' dich bluten, wenn ein Freund dich verriet. Ich versuche den Rausch von Schmerz zu ahnen, den du erlebt hast, so oft eine Frau ihre spitzen Finger in dein Herz grub!<<

Mario Malvolto verschr?nkte die Arme. Er kam n?her, die Augen auf dem Gesicht des Condottiere. Er fl?sterte:

>>Siehst du, nach solchem Rausche schmachte nun ich! Ich bin zu zerbrechlich daf?r und zu n?chtern; darum erdichte ich Menschen, die anders sind. Darum stehst du hier, als mein Gewissen, als mein Zwang zur Gr?sse. Du sollst mir ?berdruss machen an der m?ssigen Lust und dem haush?lterischen Leiden, womit wir unzul?nglichen Sp?tgeborenen uns bescheiden. Unsere Kunst befruchtet sich mit einem mattfarbenen Rokokoleiden, geziert und ohne Gr?sse. Belanglose Neurastheniker-Geschicke dehnen sich aus ?ber ein b?rgerliches Dasein von siebzig Jahren, w?hrenddessen man t?glich f?r einige Kupferm?nzen Leid verzehrt und f?r einen Nickel Behagen. Der K?nstler gr?bt umst?ndlich in seiner verstopften Seele umher, immer nur in seiner eigenen, und f?rdert Traurigkeiten zutage, die er eitel herumzeigt. Mit feindseliger Ironie blinzelt er ?ber alles weg, was stark ist und in ganzen Farben lebt.

So aber will ich leben! Ich will verschwenden; innerhalb meiner kurzen Jahre soll meine Kunst mir ein zweites, m?chtigeres Leben schaffen. Nichts will ich wissen von mir, dem Schwachen; er lehrt mich immer noch genug von sich. Ich will fremde Sch?nheiten erleben, fremde Schmerzen. Recht fremde. Geopferte Frauen; Vornehme, die zu viel begehren; Meister, die einen vollen Schmerz an einem St?ck Marmor austoben. Sie schlagen die Gestalten der H?lle aus dem Block heraus, und ihr Schmerz ist der Wirbelwind, der die Seelen durch purpurne Finsternis treibt . . . Zu Denen will ich auswandern, in Die hinein, die noch nicht auf die Launen ihrer Nerven lauschen; deren Schicksal noch nicht in ihrem armen Blut gefangen sitzt. Nein, draussen in freier Welt erwartet es sie zum Kampf, und sie d?rfen hinst?rmen!

In ihr Leben dringe ich ein, wie in eine mit Dornenhecken umstellte, ?ppigere und j?here Welt, wo Gewalt ge?bt wird und trunkene Hingabe; wo namenlose Unterg?nge ausgekostet werden und unfassbare Herrlichkeiten; wo man ganz lebt und auf einmal stirbt.

Und die Frau, die du lieben k?nntest, Pippo Spano, die ist der Preis aller meiner Sehnsucht. Die tritt mir als die Letzte aus der von mir entzauberten Welt entgegen. Nicht wahr --<<

Und Mario Malvolto vergass sich, er redete lauter.

>>Nicht wahr, sie tritt mir entgegen? Glaubst du es, Pippo Spano? Sie tritt --<<

Er brach ab: da stand sie.

Sie stand auf der Schwelle des kleinen weissen Salons, den ein paar Mondstrahlen pl?tzlich aus seinem Schatten hoben. Sie war selber weiss und bedeckt mit Mond. Ihr bleiches, kurznasiges Gesicht mit starken Lippen umrahmten schwere schwarze Flechten. Von ihrer kleinen, schmalen Gestalt, von Schultern und Nacken l?sten sich gestickte Silberblumen bei jedem ihrer Atemz?ge; sie lebten mit ihrem Atem. Sie hob ihren Arm zum Vorhang an der T?r -- und der ?rmel aus lauter Blumenkelchen fiel auseinander in viele blasse Bl?tter. Ihr Arm stand darin als Bl?tenstempel, schimmernd von Mond.

Mario Malvolto war zur?ckgewichen. Er griff sich an die Stirn. Eine Sinnest?uschung? Er hatte viel getrunken und noch mehr geschw?rmt. Aber sein Herz ging ruhig und stark, er f?hlte sich helleren, freieren Geistes als gew?hnlich. Wollte das da noch immer nicht verschwinden? . . . Er machte zwei rasche Schritte darauf zu. Aber es blieb da, es sprach sogar.

Das junge M?dchen sagte leise und einfach:

>>Mario Malvolto, ich liebe dich. Ich bin hergekommen, damit wir uns lieben.<<

Das Wunder

Da erkannte er Gemma Cantoggi.

>>Sie hier? Aber ein Wort, Contessa, h?tte gen?gt,<< stammelte er. >>Ich w?re zu Ihnen geeilt.<<

>>Nun bin ich schon da,<< erwiderte sie.

>>Aber Sie kompromittieren sich!<<

>>Nein nein. Wir haben ja ein Landhaus ganz nahe. Man glaubt, dass ich dort ?bernachte. Ich verlasse manchmal nachts unser Stadthaus, ich habe solche Launen. Meine Gesellschafterin ist mit mir gefahren, sie ist eingeweiht.<<

Er sah sie zweifelnd an. Das war die Cantoggi, die den Lanti heiraten sollte, einen Viveur auf dem Abmarsch; eine der sehr sch?nen Frauen, die eine Zeitlang von allen M?nnern begehrt, von allen Frauen gehasst werden; um die ein Knabe Selbstmord begeht; die zwanzig Jahre lang an der Spitze der Mode t?nzeln, und wenn sie vor?ber sind, Unz?hligen Gl?ck versprochen, ein paar Geliebten ihr Versprechen gehalten, und in dem Ged?chtnis einiger Alten den Rest eines berauschenden Duftes hinterlassen haben. Was waren sie selbst? Was erlebten sie? Er wusste es: Ihre Wirkung, das Martyrium des Mannes und den Applaus der Menge.

Kam diese da als Kollegin, als Kom?diantin zum K?nstler? Wollte sie Rat holen, wie man nach ganz hohen Erfolgen greift? Er hatte von ihren Worten nichts erfasst, glaubte keines; er fragte erregt:

>>Aber was f?hrt Sie her?<<

>>Die Liebe zu Ihnen, Mario Malvolto,<< wiederholte sie, und ihre Stimme zitterte leicht.

>>Contessina, Sie sind ein Kind. Wenn Sie mich liebten, warum haben Sie nicht einen Ihrer Freunde beauftragt, mich Ihnen vorzustellen? Ich h?tte mich Ihnen zu F?ssen gelegt.<<

>>Zu Hause w?ren wir nicht frei gewesen. Um uns lieben zu d?rfen, h?tten wir uns heiraten m?ssen.<<

>>Ah!<<

Er empfand eine b?se Genugtuung.

>>Die Contessina Cantoggi w?rde mich nicht zum Manne wollen!<<

Und sie, ohne zu verstehen:

>>Sie h?tten sich mir versprochen, Mario, ohne zu wissen wer ich bin. Sie h?tten versichert, mich zu lieben, und h?tten vielleicht geheuchelt. Wenn ich das merkte, w?re alles aus. Ich will, dass wir uns lieben, ohne dass jemand darum weiss. Sie k?nnen sich nicht ausmalen: ich werde von der sch?nen Cantoggi geliebt, und ganz Florenz weiss es. H?ren Sie? Das k?nnen Sie nicht.<<

Er murmelte:

>>Glaubst du, ich sei so niedrig eitel?<<

>>Nein, ich glaub' es nicht. Verzeih! Ich bin eifers?chtig im voraus. Ich m?chte dich einschliessen hier!<<

Sie trat lebhaft auf ihn zu, in sein Zimmer hinein.

>>Und ich k?nnte nicht ertragen, dass wir uns vor Fremden sehen, uns mit Zur?ckhaltung sprechen m?ssten. Ich m?chte vor dir immer -- du, ich liebe dich!<<

Sie ?ffnete, ?ber eine letzte Sch?chternheit hinwegspringend, rasch die Arme:

>>Ich m?chte vor dir immer nackt sein!<<

Ihn ?berkam eine Wallung; er griff nach ihr.

>>Wenn ich glauben k?nnte, dass du wirklich da in meinen Armen liegst!<<

Den Mund auf ihrem Haar, st?hnte er. Die seltene Frau, die mit unbedachter Leidenschaft ihn reich machen wollte: da war sie, da war das Wunder. Eines der jungen M?dchen, klar?ugig hervorlugend aus ihrer Welt, in die kein Weg f?hrte: da war es, da war das Wunder.

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