Read Ebook: Das Recht der Hagestolze: Eine Heiratsgeschichte aus dem Neckartal by Wolff Julius Storch K Illustrator
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Ebook has 2447 lines and 91260 words, and 49 pages
>>Wie alt ist er denn schon?<<
>>Neunundvierzig Jahr.<<
>>Neunundvierzig erst? noch nicht f?nfzig?<< rief der Doktor lebhaft, >>nun, dann ist ja noch nichts verloren und verdorben! Denn wisset, edler Herr, das Hagestolzenrecht gewinnt erst Kraft und G?ltigkeit, wenn der Erblasser f?nfzig Jahr drei Monat und zwei Tage alt ist.<<
>>Das ist mir auch gesagt worden, aber was hilft's?<<
>>Euer Bruder muss heiraten!<<
>>Heiraten!<< lachte der Gast, >>der und heiraten!<<
>>Ja, wenn er nach ?berschreitung vorgemeldeter Altersgrenze als lediger Mann stirbt, so ist sein Hab und Gut rettungslos f?r Euch verloren. Er kann sich aber auch noch sp?ter beweiben, und wenn er sich dann auch keiner Nachkommenschaft mehr erfreuen sollte, so beerben ihn doch seine n?chsten Blutsverwandten und nicht der Pfalzgraf.<<
>>Seid Ihr dessen sicher und gewiss?<<
>>Ohne allen Zweifel und Irrung!<<
Der Fremde stand auf, machte nachdenklich in dem kleinen Gemach ein paar klirrende Schritte auf und ab, zog dann ein Leders?ckchen unter der Kutte hervor und legte zwei blanke Goldgulden auf den Tisch: >>Ich sage Euch allen schuldigen Dank, Herr Doktor Christoph Wiederhold!<< sprach er dann, >>gehabt Euch wohl!<< Und die Kapuze wieder ?ber den Kopf ziehend, schritt er zur T?r hinaus, es gern zulassend, dass ihm der Magister mit der Lampe zur Treppe hinunter leuchtete und selber die Haust?r aufschloss.
Missmutig und so schnell es die fast v?llige Dunkelheit erlaubte, eilte der Vermummte dem Tore zu und klopfte den W?chter heraus. Dieser kam mit den Schl?sseln aus seinem St?bchen und beleuchtete den Auslassfordernden mit einer mattbrennenden Hornlaterne. >>Ach, Ihr seid es, ehrw?rdiger Bruder! Nun, habt Ihr Euer Gesch?ft in unserer guten Stadt zu Eurer Zufriedenheit zu Ende gebracht?<< frug er in Erwartung eines guten Schliesspfennigs mit unterw?rfigem Tone, w?hrend er das Schl?sselloch der kleinen Nachtpforte suchte, die sich f?r Fussg?nger in dem grossen Torfl?gel ?ffnen liess.
>>Was schiert dich meine Zufriedenheit?<< fuhr ihn der M?nch an, >>ich bin nicht in der Laune, dir Rede zu stehen. Vorw?rts! T?r auf! oder ein Kreuzhageldonnerschlag soll dir --<<
>>-- in die Kniekehlen fahren!<< fiel ihm der W?chter lachend ins Wort, indem er das Pf?rtchen aufsperrte. >>Das Spr?chlein kenn' ich, Herr Bligger Landschad von Steinach!<<
>>Woher, du Schuft?<<
>>Von manchem Fuhrmann hab' ich's gelernt, dem Ihr die Fracht unterwegs ohne seinen Dank erleichtert habt, Herr Ritter!<< entgegnete der W?chter trotzig.
>>Dir geb' ich noch was zu!<< sprach der also Geh?hnte, und der W?chter f?hlte einen Faustschlag im Nacken, dass er taumelte, w?hrend der andere durch die Pforte ins Freie entwich.
Kaum aber war der Ritter auf der Br?cke, auf die aus den zerreissenden Wolken etwas helleres Licht fiel, als er hinter sich den lauten Notruf des W?chters vernahm, den dieser auf seinem Horne blies. Er beschleunigte seine Schritte und streifte im Gehen die M?nchskutte ab, sie ?ber den Arm h?ngend. Im Panzerhemd, das er trug, konnte er nun freier und rascher ausschreiten und tat dies auch, die linke Hand am Schwertgriff. Jetzt liess er einen gellenden Pfiff auf dem Finger erschallen, worauf aus nicht zu grosser Entfernung derselbe Ton als Antwort klang. Dann n?herte sich schnell doppelter Hufschlag, und bald hielt ein gleichfalls gepanzerter und bewehrter Reiter vor ihm, der noch ein leeres Pferd am Z?gel f?hrte.
>>Nun, wie steht's?<< frug der Reiter.
>>Er muss heiraten, anders kein Ausweg!<< erwiderte Herr Bligger, w?hrend er sich in den Sattel schwang. >>Aber jetzt vorw?rts! Der Torwart hat mich erkannt und schl?gt L?rm; wir werden sie bald hinter uns haben, und da kommt schon der Mond hervor.<<
Die Reiter gaben ihren Rossen die Sporen und preschten die Strasse stromaufw?rts am Neckarufer dahin. --
Der Torwart hatte sich nicht geirrt und den scheinbaren M?nch bei seinem rechten Namen genannt, der in Heidelberg sehr wohl bekannt war, aber nicht sonderlich gut angeschrieben stand, was der Tr?ger dieses Namens auch ganz genau wusste.
Die Herren von Steinach waren ein ritterliches Geschlecht, dessen Ursprung zwar, wie der so vieler Adelsgeschlechter, in Dunkel geh?llt war, von dem aber schon Urkunden aus der ersten H?lfte des zw?lften Jahrhunderts reden. Sie genossen eines weit verbreiteten Ansehens, erfreuten sich eines grossen Besitzes und hatten vielfach Hof?mter und hohe Kirchenw?rden inne gehabt. Einer der ihrigen, auch ein Bligger von Steinach, war ein ber?hmter Minnes?nger gewesen, der im ersten Viertel des dreizehnten Jahrhunderts bl?hte. Wahrscheinlich ihm zu Ehren f?hrten die Nachkommen eine schwarze Harfe in goldenem Felde im Wappenschilde. Der Ruhm aber, den sich die Enkel erworben hatten, war etwas zweifelhafter und anr?chiger Natur, denn sie lebten zumeist aus dem Stegreif, und manches Schiff, das auf dem Neckar, mancher Frachtwagen, der auf der Landstrasse von Heilbronn nach Heidelberg oder in umgekehrter Richtung fuhr, hatte ihre dreist zugreifende Hand f?hlen m?ssen. Einer von ihnen, namens Ulrich, hatte das R?uberhandwerk so arg getrieben, dass ihm das Volk, weil er dem Lande so grossen Schaden zuf?gte, den Schimpfnamen >>Landschaden<< beilegte und der Kaiser die Reichsacht ?ber ihn verh?ngte. Vogelfrei, wie er nun war, nahm er an einem Kriegszuge gegen die Ungl?ubigen teil, schlug einem gef?rchteten Anf?hrer der Sarazenen das Haupt ab und brachte es dem Kaiser zur S?hne, so dass dieser ihn wieder zu Gnaden aufnahm und ihm erlaubte, einen gekr?nten Sarazenenkopf als Helmzierde im Wappen zu f?hren. Den Namen Landschaden aber behielt er und sein Folgegeschlecht f?r alle Zeiten bei, und die tapferen Degen sorgten auch ferner durch ihr Tun und Treiben daf?r, dass die Bedeutung dieses Namens nicht in Vergessenheit geriet.
Zurzeit lebten drei Br?der des Geschlechtes, Bligger, der ?lteste, Konrad, der j?ngste, beide verheiratet und mit Kindern gesegnet, und, dem Alter nach in der Mitte zwischen diesen beiden, Hans, jener Hagestolz, um dessentwillen Bligger sich in die ihm feindlich gesinnte Stadt hinein gewagt hatte. Diese drei Br?der besassen vier Burgen, die nahe beieinander ?ber dem St?dtchen Neckarsteinach auf den Bergen des rechten Flussufers standen. Bligger wohnte in der gr?ssten, der Mittelburg, die mit der kleinen Vorderburg durch eine Zugbr?cke verbunden war; Konrad hauste auf der Hinterburg und Hans endlich auf Burg Schadeck, vom Volke auch das Schwalbennest genannt, weil sie hoch, frei und keck ?ber dem Tale wie ein angeklebtes Nest an einem schroffen Felsen hing.
Dort lebten sie keineswegs einsam und abgeschieden, ohne ebenb?rtige und gleichgesinnte Nachbarn; vielmehr waren innerhalb der n?chsten vier oder f?nf Meilen von Neckarsteinach stromaufw?rts die bewaldeten H?hen zu beiden Seiten des vielgewundenen Tales mit stattlichen und von ritterlichen Geschlechtern bewohnten Burgen besetzt, wie sie in solcher Zahl auf so kleinem Raume nirgend anders, auch nicht am Rheine, zu finden waren. Neckarsteinach gegen?ber lag auf hohem Kegel die Veste Dilsberg, der Sitz des kurpf?lzischen Gaugrafen ?ber den Kraich-, Enz- und Elsenzgau; dann folgten stromauf die Burgen Hirschhorn, Eberbach, Stolzeneck, Zwingenberg, Minneburg, Dauchstein, Hornberg, Horneck, Guttenberg und Ehrenberg, eine immer gewaltiger, als die andere, und jede mit D?rfern und H?fen und weiten Waldungen als Eigentum versehen oder als erbliches Lehen bedacht.
Die m?chtigsten, reichsten, aber auch gef?rchtetsten aller Burgherren des Neckartales waren die Landschaden von Steinach, und wenn sich Herr Bligger auch nur bei Nacht und als M?nch verkleidet in die Stadt Heidelberg hineinschlich, so war das immerhin schon ein sehr gewagtes Spiel f?r ihn, denn er hatte eine b?se Rechnung bei ihr auf dem Kerbholz. Darum suchten jetzt die beiden Br?der m?glichst rasch von dannen zu kommen und ritten in schlankem Trabe durch die vom Monde mehr und mehr erhellte Nacht heimw?rts, ohne miteinander zu reden, ein jeder mit seinen eigenen Gedanken besch?ftigt.
Des verwegenen Ritters heimlicher Besuch in Heidelberg hatte aber folgende Veranlassung. Am gestrigen Tage hatte in Bliggers Abwesenheit ein Jude, der sich Isaak Zach?us von Ingolstadt nannte, in Begleitung seines Sohnes, eines h?bschen, dunkel?ugigen J?nglings, auf der Mittelburg vorgesprochen, sich als Arzt f?r Menschen und Vieh ausgegeben, gefragt, ob hier etwa die einen oder das andere seiner Kunst und seines vielerprobten Rates bed?rftig seien, und sich schliesslich erboten, den Burgbewohnern das Horoskop zu stellen, denn er sei auch in Astrologie und h?herer Geometrie wohl bewandert und erfahren. Darauf war die Burgfrau mit Freuden eingegangen, und der Sterndeuter hatte sie nach Tag und Stunde der Geburt s?mtlicher Familienglieder gefragt, um danach seine Berechnungen zu machen. Nun besass Frau Katharina ein altes Gebetbuch der Mutter ihres Gemahls, in welche diese alle wichtigen Familienereignisse, also auch die Geburten ihrer Kinder, eigenh?ndig verzeichnet hatte. Das holte sie hervor und ging dem landfahrenden Weisen aus dem Morgenlande mit den n?tigen Zeitangaben zur Hand. Dieser hatte darauf in einsamem Gemache bei guter Verpflegung den ganzen Tag geschrieben, gerechnet und allerlei seltsame Figuren gezeichnet, bis er der Burgfrau die Ergebnisse seiner Nachforschungen mitteilen konnte. Es war aber nicht viel dabei herausgekommen; lauter g?nstige oder nichtssagende Prophezeiungen f?r die Zukunft aller ihrer Angeh?rigen hatte der Hebr?er der Burgfrau verk?ndigt, Prophezeiungen, nach denen sich weder ein ungew?hnliches Gl?ck erhoffen, noch ein besonderes Unheil bef?rchten liess. Nur ?ber ihren Schwager Hans hatte er einen seltsam lautenden Ausspruch getan, denn er behauptete: >>Junker Hans wird einmal sein Gl?ck in einem Kloster finden.<< Daraufhin hatte Frau Katharina den Wahrsager gr?ndlich ausgelacht. Hans, der ritterlichste, lebenslustigste der drei Br?der, der am liebsten im Sattel oder beim Becher sass oder im Forste pirschte und von seinem Freunde, dem Abt des Benediktinerklosters Sinsheim und dessen Konventualen, die er oft tagelang besuchte, die erbaulichsten und abenteuerlichsten Geschichten erz?hlte, der, der gerade sollte selber einmal in ein Kloster gehen? unm?glich! ganz undenkbar! Aber Isaak Zach?us war ihren launigen Einwendungen gegen?ber k?hl und ernst bei seinem Ausspruch geblieben und hatte hinzugef?gt: >>Junker Hans ist neunundvierzig Jahr alt, und wenn er nicht binnen Jahr und Tag heiratet, so verf?llt nach dem Recht der Hagestolze all sein Hab und Gut als Erbe Eurem gn?digsten Pfalzgrafen.<<
Das hatte die Burgfrau stutzig gemacht; sie hatte von einem solchen Rechte noch niemals geh?rt, forschte n?her danach und liess es sich von dem Juden genau erkl?ren. Kurz darauf war Herr Bligger nach Hause gekommen und war ebenso erstaunt ?ber die unerh?rte Neuigkeit wie seine treffliche Hausfrau.
Was wussten diese unerschrockenen, allezeit derb zufahrenden Ritter, Junker und Knappen vom Recht und von Rechtsgewohnheiten. Allenfalls k?mmerten sie sich ein wenig um das Lehnsrecht, im ?brigen aber liessen sie nur das Faustrecht gelten und schlichteten alle H?ndel mit dem Schwerte. Der Fall, dass einer ihrer Genossen als Junggeselle gestorben w?re, war im ganzen Bereiche ihrer Bekanntschaft seit Menschengedenken nicht vorgekommen, und so hatten sie keine Ahnung von einem sogenannten Recht der Hagestolze.
Herr Bligger beschloss indessen sofort, der Sache auf den Grund zu gehen und gleich am n?chsten Tage einen Rechtsgelehrten der jungen Universit?t zu Heidelberg dar?ber zu befragen, den Sterndeuter aber samt dessen Knaben bis zu seiner R?ckkehr auf der Burg festzuhalten. Seiner Hausfrau legte er strenges Stillschweigen, besonders Bruder Hans gegen?ber, auf und weihte anderen Morgens nur seinen Bruder Konrad ein, in dessen Begleitung er den Ritt zur feindlichen Stadt unternahm. Nachdem ihm nun der Magister die Auslassungen des Juden in allen Punkten best?tigt hatte, ging ihm die Angelegenheit schwer im Kopfe herum. Er gr?belte dar?ber w?hrend des ganzen Rittes, und Konrad wollte ihn darin jetzt nicht mit unzeitigen Fragen unterbrechen. Erst dicht vor dem Scheidewege zu ihren Burgen frug Bligger endlich den Bruder: >>Woran hast du unterwegs gedacht, Konrad?<<
>>Nat?rlich an nichts anderes,<< erwiderte Konrad, >>als wie wir das fertig bringen sollen, Hans zu verheiraten.<<
>>Das war auch mein einziger Gedanke,<< sagte Bligger, >>aber ich komme damit zu keinem Ende. Meine Meinung ist, wir rufen unsere Freunde zusammen und beratschlagen, ob wir nicht gemeinschaftlich gegen dieses vermaledeite Hagestolzenrecht etwas ausrichten k?nnen.<<
>>Und Hans?<<
>>Hans ist bei seinen Freunden in Sinsheim und wird hoffentlich noch ein paar Tage ausbleiben; darum leidet die Sache keinen Aufschub, denn er darf nichts davon merken. Reite du morgen nach Hirschhorn und Eberbach und lade Otto und Schenk von Erbach zu einer Zusammenkunft ?bermorgen bei mir ein; ich werde Ernst mit demselben Auftrag nach Zwingenberg zu Engelhard und nach Stolzeneck zu Albrecht von Erlickheim schicken.<<
>>Gut! ich werde reiten,<< sprach Konrad, >>aber die Beratung wird auch zu keinem anderen Schlusse f?hren, als zu dem, den du von dem Heidelberger Doktor mitbrachtest: Hans muss heiraten!<<
>>Ja, aber sage nur wen?!<< erwiderte Bligger. >>Ich hielt in Gedanken schon Brautschau f?r ihn, aber vergeblich. F?r unsere jungen Burgfr?ulein ringsum ist er zu alt; in Heilbronn oder Heidelberg darf er sich nicht blicken lassen, und dazu, dass er auf Werbung im Reiche herumtraben sollte, bringen wir ihn erst recht nicht. Nur Eine w?sste ich, die er sich nehmen k?nnte, wenn er wollte und wenn sie wollte; das w?re --<<
>>Juliane R?dt von Kollenberg, die stolze Burgfrau der Minneburg,<< fiel Konrad ein und brach in ein schallendes Gel?chter aus, in das Bligger herzhaft einstimmte.
Sie sch?ttelten beide den Kopf und schwiegen wieder, bis sie sich trennen mussten und einander gute Nacht w?nschten. Als Bligger schon ein kleines St?ck bergauf seiner Burg zugeritten war, h?rte er von fern noch einmal das laute Lachen seines Bruders Konrad, das durch die Stille der Nacht zu ihm her?ber t?nte, und da musste er auch wieder lachen, dass es der Bruder h?ren konnte, und siehe da, zu gleicher Zeit wieherte sein Ross, weil es sich auf den Stall freute; aber es klang, als wenn auch der Hengst des Ritters lachen m?sste ?ber den Gedanken, dass Junker Hans einmal Frau Juliane R?dt von Kollenberg auf der Minneburg heimf?hren sollte.
Zweites Kapitel.
Noch in der Nacht nach seiner R?ckkehr von Heidelberg machte Herr Bligger seiner edlen Hausfrau Katharina kurze Mitteilung von der Unterredung mit dem Rechtsgelehrten und seiner Absicht, einige befreundete Burgherren aus dem Neckartal zu einer Beratung ?ber gemeinschaftliche Schritte in der Angelegenheit einzuladen; sie m?chte sich auf eine gute Bewirtung der ritterlichen G?ste f?r ?bermorgen einrichten, im ?brigen sich mit ihrer Wissbegierde bis zum n?chsten Tage gedulden und ihn jetzt nichts mehr fragen, sondern ihn schlafen lassen.
Am anderen Morgen gleich nach dem Fr?hmahl ritt Konrad und bald darauf auch Ernst, Bliggers und Katharinas ?ltester, dreiundzwanzigj?hriger Sohn, nach den benachbarten Burgen ab, um dort die Einladungen des Familienoberhauptes auszurichten. Bligger hatte den Sohn nicht eingeweiht, denn in Anbetracht des sehr innigen und vertrauten Verh?ltnisses, das zwischen diesem und Junker Hans bestand, f?rchtete er, Ernst m?chte seinem schw?rmerisch geliebten Oheim einen Wink geben, infolgedessen Hans bei seinem eigenwilligen Wesen durch irgendein unberechenbares Widerspiel Bliggers Pl?ne kreuzen, vielleicht ganz vereiteln k?nnte. Ernst musste nach dem ihm gewordenen Auftrage glauben, dass es sich um die Verabredung einer gr?sseren, gemeinsamen Fehde handelte, die vorl?ufig noch in tiefes Geheimnis geh?llt bleiben m?sste.
Als die beiden Ehegatten allein waren, nahmen sie das in der Nacht abgebrochene Gespr?ch wieder auf, und Frau Katharina begann: >>Also hat uns der wackere Jude mit seinen Mitteilungen ?ber jenes unerh?rte Recht oder Widerrecht doch nicht get?uscht, und wir k?nnen ihn wohl heute seines Weges ziehen lassen mit seinem Knaben.<<
>>Nein, noch nicht!<< entgegnete Bligger. >>Ich habe schon mit ihm gesprochen, dass er noch hier bleiben soll; denn ich habe so eine dunkle Ahnung, als k?nnte er uns in unserer F?rsorge f?r Hans noch gute Dienste leisten, wenn ich auch noch nicht weiss, in welcher Weise.<<
>>Was sollten das wohl f?r Dienste sein?<< sprach Katharina. >>Wenn dir der Heidelberger Doktor nicht raten und helfen konnte, wird es der Sterndeuter erst recht nicht k?nnen.<<
>>Wer weiss, K?the!<< antwortete der Ritter. >>So ein alter Schlaufuchs von Hebr?er ist mit allen Hunden gehetzt.<<
>>Gegen den Pfalzgrafen vermag er doch nichts. Oder soll er vielleicht unserem Bruder Hagestolz sagen, was er bei seinem Horoskop herausgerechnet hat?<<
>>Das Horoskop! ich hab's!<< rief Bligger, >>der Jude muss Julianen das Horoskop stellen und uns sagen, was er findet!<<
>>Wem? Julianen? Julianen auf der Minneburg?<< frug Katharina h?chst erstaunt.
>>Freilich! welcher sonst?<< erwiderte Bligger. >>Das einfachste und sicherste Mittel, diesem nichtsnutzigen Hagestolzenrecht zu entgehen, ist und bleibt, dass Hans heiratet, und nun strenge deinen Witz an, ob du eine andere findest, die er heiraten k?nnte, als Juliane R?dt von Kollenberg!<<
>>Ein tollk?hner Gedanke, Bligger!<< sagte Katharina lachend, >>die Gebieterin der Minneburg sollte sich je dazu verstehen, einem Landschaden von Steinach, einem ihrer bittersten Feinde, die Hand zum Ehebunde zu reichen!<<
>>Aus bitteren Feinden sind schon manchmal die besten Freunde geworden,<< versetzte Bligger. >>Und denke doch den Spass, K?the, wenn Hans seine alte Liebe, die er damals nur aus Furcht vor der Schwiegermutter nicht geheiratet hat, nun doch noch zur Frau bek?me!<<
>>O du brauchst gar nicht so weit zur?ckzugreifen. Es ist vielleicht drei, h?chstens vier Jahre her, dass es mir manchmal scheinen wollte, als st?nde Hans mit der sch?nen Juliane auf einem viel vertrauteren Fusse, als ihr seliger, damals noch in gutem Frieden mit euch lebender Zeisolf wissen und ahnen durfte,<< bemerkte die Hausfrau.
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