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Read Ebook: Festländer und Meere im Wechsel der Zeiten by B Lsche Wilhelm

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Ebook has 263 lines and 37972 words, and 6 pages

Wenn unser kambrischer Segler nach dem vergeblichen Versuch, dieser einf?rmigen S?dmauer zu entrinnen, sich aber nun quer ?ber das Mittelst?ck des geheimnisvollen Meeres, in das er bei Panama doch so offen eingefahren war, nordw?rts gewendet h?tte, so h?tte er eine neue eigent?mliche Landerfahrung machen m?ssen. Nach ?berquerung des mittleren Teils des heutigen Atlantischen Ozeans w?re er n?rdlich abermals auf eine ungeheure, ebenso endlos und einf?rmig sperrende K?ste gestossen. Sie kam zun?chst etwa aus der Gegend von Mexiko im Bogen herauf. Offenbar also geh?rte sie hier einem ebenfalls damals schon ?ber Wasser stehenden Teil jetzt von Nordamerika an. Genau folgte sie allerdings zwischen Florida und Neufundland nicht dem gegenw?rtigen K?stenrand, sondern schnitt ein gut Teil noch in das heutige Land selber ein. Man merkt, dass auch hier noch eine grosse Gebirgskette fehlte, die Alleghanys, die f?r diese atlantische K?ste Nordamerika jetzt eine ?hnliche Rolle als sch?tzende Mauer spielen wie dr?ben die Parallelfalten der Felsengebirge f?r die pazifische. Dann aber, jenseits von Neufundland, verliess auch diese nordatlantische Sperrk?ste einfach jede Landgrenze von heute. Sie schritt vor der S?dspitze von Gr?nland und Island her abermals ?stlich quer ?ber den ganzen Atlantischen Ozean auf Schottland und Skandinavien zu! Ein zweites, ganz unfassbar riesiges Festland musste hier liegen, an dem diesmal der vorhandene Teil von Nordamerika als Halbinsel hing, wie S?damerika dr?ben an dem andern.

Mit Absicht habe ich gerade das Erdbild der kambrischen Epoche so ausf?hrlich hier vorgemalt, obwohl es, wie ich ausdr?cklich betonen m?chte, in manchen Umrissen noch besonders schwankt oder erst aus dem folgenden erg?nzt werden muss. Aber wer einmal die grossen Z?ge der urweltlichen Wasser- und Landverteilung sich hier ?berhaupt eingepr?gt hat, der hat damit schon den Schl?ssel und Kern f?r alles Weitere, und dass diese Grundz?ge auch damals schon wenigstens im wesentlichsten vorhanden waren und aufgezeigt werden konnten, dar?ber ist doch kaum ein Zweifel. Man hat wohl gesagt, diese kambrische Zeit mache in vielem den Eindruck, als sei sie nicht der Anfang, sondern bereits der Abend und Abschluss eines unfassbar weiten voraufgehenden Weltalters gewesen, und wir haben ja auch gesehen, wie sie gelegentlich bereits mit ihrem Sand und Ger?ll auf den abradierten Sockeln ?lterer Gebirgsschiebungen fusste, unter denen noch wieder ?ltere lagen. Aber das Kartenbild kann dann auch dort zur?ck schon kein ganz abweichendes gewesen sein.

Merkbar macht sich dagegen auch in ihr schon etwas, das in den folgenden Erdperioden mit der bedeutsamsten Folgerichtigkeit wiederkehrt, n?mlich ein gewisser periodischer Wechsel von Zeiten zunehmender Trockenlegung, Verlandung innerhalb des allgemeinen Grundschemas der Karte mit Zeiten umgekehrt wachsender ?berflutung, sieghafterer Vorw?rtsbewegung des Wassers innerhalb ein und der gleichen Periode. Das kommt und geht, ?ndert zeitweise scheinbar schon fr?h sehr stark das Kartenbild, l?sst aber lange doch wieder abflauend die ?hnlichen Grundz?ge durchschimmern; w?hrend dann allerdings auf eine Reihe solcher ganzen Perioden hin auch dieses sich heraussch?lende Grundbild einen gewissen eigenen und dauernden Wechsel zeigt. Speziell in der kambrischen Periode kann man schon ein solches periodisches Auf und Ab besonders gut an Nordamerika verfolgen, von dem eine Weile das ganze Mittelst?ck als grosse Halbinsel an der Atlantis h?ngt, w?hrend sp?ter noch in der Epoche selbst das Meer zeitweise mit seichter ?berschwemmung gerade ?ber dieses Mittelst?ck fortgegangen ist; dieser zeitweise Wechsel hat aber doch Nordamerika deshalb nicht ganz wegwischen k?nnen.

Eine Tatsache, die doch recht merkw?rdig ist, m?chte ich zu diesem ?ltesten bekannten Kartenbilde aber auch noch wenigstens erw?hnen. So viele und grosse und zusammenh?ngende Festl?nder damals schon da waren: es scheint, dass sie noch so gut wie gar nicht bewohnt worden sind. W?hrend das Leben im Meer schon recht deutlich und mit Anzeichen l?ngeren Bestehens entwickelt war, fehlen vollst?ndig die Reste von Landtieren und Landpflanzen. Die unabsehbaren Sandfelder und Schutthalden, die in den Landablagerungen dieser fernen Urwelt stecken, sprechen durchaus f?r vegetationslose W?sten, die sich einf?rmig ?ber die riesigen Erdteile hinzogen. Erst in den n?chsten Epochen scheint das Leben auch das Festland ganz allm?hlich vom Meeresrande aufw?rts besiedelt zu haben. Warum hat es aber nicht fr?her diese Landanpassung versucht? Es ist um so auff?lliger, wenn wir schon vor dem Kambrium sicher Millionen von Jahre lang ebenfalls Festl?nder annehmen m?ssen. An besonderen Schwierigkeiten der Eroberung kann es kaum damals gelegen haben. Man hat einzelne Eisspuren bereits aus dem Kambrium, die eine unm?ssige Hitze schon f?r damals unm?glich machen. Andererseits hat damals und auf lange hinaus noch nicht die heutige dauernde Vereisung der Pole geherrscht, so dass selbst die Atlantis ganz bewohnbar gewesen sein wird. Ist das Leben doch vielleicht erst ein weit j?ngeres Erzeugnis gewesen als die Erdkarte mit ihren Landbildungen, das erst landreif wurde, als die L?nder selbst schon viele Jahrmillionen alt waren? Es sind vielerlei Fragen die hier aufgeworfen werden k?nnten.

W?hrend der S?dkontinent, das riesige Gondwanaland, bis auf kleine Grenzschiebungen nach wie vor ohne jeden Bruchkanal zusammenhielt, reckte sich die Nordmasse zu fast unglaublichen Massen noch immer weiter aus. Fast ?berall wuchsen ihre Einzelst?cke zu unabsehbaren Fl?chen aneinander, so dass die Namen der Erdteile belanglos zu werden beginnen. Die Tethys drohte zu ersticken. ?ber Wasser stand fast im ganzen heutigen Umfange Nordamerika; bloss ?ber den Zipfel bei Alaska und seine heutigen arktischen Inseln griffen noch die Wellen des Stillen Ozeans, und durch die Mississippi-Gegend schnitt eine gr?ssere Meeresbucht ein. Nur um so gewaltiger aber ragte daneben die Atlantis, recht zum Zeugnis, dass sie damals ein eigener Erdteil blieb, auch wenn Nordamerika f?r sein Teil noch so vollst?ndig da war. Indem sie aber mit ihm verschmolz, bahnte sich der gr?sste Kontinent an, den die Nordseite je einzeln getragen hat. S?dlich dr?ngte diese Atlantis ihre K?ste immer weiter und weiter auch in das Mittelst?ck der atlantischen Tethys hinunter, bis sie endlich von sich aus ein neues geschlossenes Panama bildete: sich in breitem Landarm mit Brasilien und dem S?dkontinent vereinte, die Tethys mehr als je abfangend. ?stlich fasste sie in voller Breite anr?ckend wieder Europa, und zwar war durch die allgemeine Verlandung diesmal auch hier wesentlich mehr zu fassen. Der letzte Rest der alten englisch-skandinavischen Nordspalte war aufgetrocknet, auch in seiner sp?teren russischen Abzweigung. Irland, Schottland, ganz Skandinavien und Russland mit ihren Zwischenteilen der heutigen Nordsee und Ostsee lagen als gr?sstenteils frisch aufgetauchter nackter Plan in m?chtiger Breite dort ?ber Wasser; w?hrend allerdings das mittlere und s?dliche Europa auch jetzt mehr oder minder in der Macht der Tethysfluten geblieben waren, denen man wohl zutrauen m?chte, dass sie sich bei der unheimlichen Beschr?nkung, die sie auf der westatlantischen Seite erfahren mussten, wenigstens hier durch breiten ?bergriff etwas schadlos gehalten hatten. Indem aber das, was von Europa da war , ohne jeden Zwischenspalt sogleich mit der Atlantis zusammenschmolz, machte sich f?r diese bedeutsamste Ecke der Erdkarte eine neue Sachlage entscheidend geltend. Was im Silur sich zuerst angebahnt, vollzog sich endg?ltig: Europa, westlich mit der Atlantis verm?hlt, riss ?stlich vollkommen von Asien ab!

Es macht den Beschluss in der richtigen Landentfaltung von damals, dass trotz des Umstandes, dass dieses westsibirische Kanalmeer f?r sein Teil doch ein altes St?ck aus Zentralasien wieder herausschnitt, auch die asiatische Landmasse damals eine ganz betr?chtliche blieb. Der Stille Ozean hatte allm?hlich ganz Ostsibirien und den gr?ssten Teil von China freigeben m?ssen; die Tethys scheint zeitweise in dieser Devon-Periode sogar bloss in einem schmalen Ausgang, etwa im Amurgebiet, durchgebrochen zu sein. Einzig in der ganzen Nordseite des Festlandgebietes damals der Atlantis nicht angegliedert, bildete dieser asiatische Block eine Insel f?r sich, etwa so gross oder gr?sser als das heutige S?damerika. Fremdartig genug kam das im Kartenbilde: Nordamerika und Europa Halbinseln der Atlantis, Asien dagegen eine einsam fern gelagerte Insel am Stillen Ozean!

Der Name geht auf ~carbo~, die Steinkohle; Steinkohlen sind aber versteinte Pflanzenreste, und so ist es eben das Ereignis jenes durch die Luftfeuchte beg?nstigten grossen Pflanzenaufschwungs selber, das dieser ganzen Epoche bei uns den Namen gegeben hat. W?hrend ihrer langen Dauer unterlag aber nat?rlich auch die Karte wieder f?r sich Wandlungen. Die geschilderte extreme Verlandung des Devon hatte sich in dieser Weise schon im Verlauf dieser Epoche nicht dauernd halten lassen. Noch im Devon selbst eroberte der Stille Ozean grosse Teile von Nordamerika zur?ck und griff jener >>obische Kanal<<, sich machtvoll verbreiternd, nach Russland wie nach Ostsibirien hinein, zwischen Europa und die asiatische Insel zeitweise einen Meeresarm setzend, der ungef?hr so breit wie der heutige Atlantische Ozean zwischen Amerika und Europa war. Ein Kolumbus h?tte damals ?ber einen Monat lang ostw?rts fahren m?ssen, um von Europa aus endlich Asien zu entdecken. Mit Eintritt des Karbon trat aber dann erneut st?rkere Verlandung ein, die sowohl in grossen Teilen von Nordamerika wie in ganz Asien nicht nur den Verlust deckte, sondern die Festlandumrisse des ?lteren Devon sogar hier und da noch verst?rkt wieder herausbrachte. Nur die auch inzwischen ?berschwemmte Panamabr?cke von der Atlantis nach Brasilien stellte sich nicht wieder her, die Tethys str?mte wieder frei vom und zum Stillen Ozean durch. Dieses Auf und Ab hat zun?chst nicht viel Interessantes. Man erh?lt den Eindruck, dass in dieser Gegend der Erdgeschichte das Kartenbild sich im grossen und ganzen eine lange Zeit hindurch gleichsam sehr z?h immer wieder verteidigte. Wenn man nur die Hauptlinien verfolgen will, kann man einzelne Bl?tter ganz ?berschlagen. Immerhin bieten sich wenigstens in der zweiten H?lfte der Steinkohlenperiode ein paar lehrreiche Einzelheiten dar.

Nach den fr?heren Erfahrungen sollte man f?r diese Zeit abermals eine >>Transgression<<, also ein mehr oder minder starkes Vorr?cken des Meeres, erwarten, und bis zu gewissem Grade erfolgte das auch wirklich. So spaltete sich gelegentlich damals ein ganz riesiger Kanal fast genau auf der Grenze ein, wo Nordamerika seit dem Kambrium an der Atlantis hing. Zweifellos handelte es sich wieder einmal um eine der mehrbesagten n?rdlichen Spalten senkrecht zur Tethys, die aber unmittelbar diesmal nichts mit dem europ?isch-asiatischen Risssystem zu tun hatte. Das Merkw?rdige an ihr ist nur, dass sie auch schon genau in der Linie eines heute am gleichen Fleck noch vorhandenen Kanaleinschnitts lag: als karbonisches >>Davis-Becken<< bezeichnet, zog sie sich n?mlich nahezu grenzgetreu auf der heutigen Davisstrasse und Baffinsbai dahin, die jetzt Nordamerika von Gr?nland scheiden. Das Gebilde war zun?chst nicht dauerhaft, in den n?chstfolgenden Erdperioden schlossen sich allm?hlich Nordamerika und die Atlantis doch wieder ebenso glatt aneinander wie fr?her. Aber sp?t in der Terti?rzeit ist es wiedergekommen und bis heute geblieben. Schwer verschliesst man sich vor solcher Wiederholung der Meinung, es m?sse auch in diesen L?ngsspalten doch irgendeine geheime Gesetzm?ssigkeit der Erdbildung gesteckt haben, die gleiche Pl?tze bevorzugte, also nicht bloss auf der Willk?r regellos zuf?lligen Sinkens oder Steigens der Feste oder der Wasser an beliebigen Schaukelstellen beruhen konnte.

Im Verlauf der langen Epoche stellt sich dann wenigstens die Tethys wieder ganz her, auch sie in der Reinheit ihrer Linie zwischen zwei jederseits l?ckenlos fortlaufenden Ufern vom Stillen Ozean bis wieder zum Stillen Ozean gleichsam noch einmal das Ideal ihrer uralten Versuche und Erfolge seit Jahrmillionen verk?rpernd. Indem sie sich breiter noch durchzusetzen sucht, vereinigt sich eine Weile aller Wechsel zwischen Wasser und Land auf Erden nur bei dem Kampf zwischen ihrer geraden Mittelstrasse und der einheitlichen Nord- und S?dk?ste. Hier, dort greift sie bald etwas mehr, bald etwas weniger ?ber die beiderseitigen Kanten vor. Und in die Abenteuer dieses Spiels wird eine Weile gerade wieder Europa verwickelt.

Auch die Karte gerade des Jura hat in der Geologie eine gewisse Ber?hmtheit erlangt, da ihr einer der fr?hesten wirklich guten Wiederherstellungsversuche solcher geologischen Karten ?berhaupt galt, -- durch den unvergesslichen Melchior Neumayr. Vielen hat die Neumayrsche Jurakarte einen ersten Begriff gegeben, was f?r Wunderdinge solche Urweltskarten uns sagen k?nnten. Tats?chlich versteht man auch sie aber nur dann recht, wenn man sie im Anschluss an die Land- und Meerumrisse der fr?heren Erdperioden betrachtet. Wenn man sich die Verlandung der Perm- und Triasperiode noch einmal vergegenw?rtigt und sich sagt, dass jetzt mit dem Jura im geraden Umschlag eine ganze Periode des mehr oder minder steten Meeresvorr?ckens kam, so muss an gewissen Punkten die zu erwartende Karten?nderung sich nach den fr?heren Erfahrungen in fast selbstverst?ndlicher Richtung ergeben.

Wir haben unsere Betrachtung begonnen mit einem kurzen Hinweis, dass Gondwanaland im Kambrium in der Gegend des heutigen Indischen Ozeans zeitweise nicht ganz geschlossen schien. M?glich, dass das nur eine belanglose seichte ?berflutung war; m?glich, dass es auf eine noch ?ltere, uns unbekannte Urgeographie aus vorkambrischer Zeit wies, die noch kein geschlossene Gondwanaland hatte. Sicher ist jedenfalls soviel, dass jetzt seit sechs grossen Erdperioden, eine endlose Kette von Jahrmillionen lang, Gondwanaland geradezu als der am meisten ruhende Landpunkt der Erdkarte bestanden hatte, unzerst?ckelt, ohne Spalten, ohne versunkene Zwischenteile. Vom oberen Kambrium bis zur Trias bildet es gewissermassen die Signatur der gegen alles heutige abstechenden Alt-Karte. Jetzt aber st?rzte sein erster Grundpfeiler endg?ltig ein.

Zwischen Jura und Kreide liegt zun?chst eine kleine Pause im grossen Wassertriumph. In Deutschland, Belgien, England werden die Tethysableger des Jura aus Meer zu Walds?mpfen, in denen sich damals die bekannten k?nguruhhaft auf den Hinterbeinen h?pfenden grossen Iguanodon-Saurier herumgetrieben haben. Die Shetlandstrasse schliesst sich nochmals, Europa h?ngt sich vor?bergehend noch einmal westlich ganz an die Atlantis. Sonst bleibt aber alles wesentlich wie im Jura. Dann aber, unter der allm?hlich heranrauschenden Riesenflut, geht das tollste Spiel los. Die Tethys wahrt nicht nur fast alle Errungenschaften, die sie im Jura erlangt hatte, sondern sie greift neuerdings an ur?ltesten Landbesitz. Sie stellt nicht nur die Shetlandstrasse neu her, sondern ?berschwemmt in ihrer Gegend westlich die ganze Atlantis bis auf den Umriss von Gr?nland und sogar noch ein St?ck in die Davisstrasse hinein; der ganze n?rdliche Atlantische Ozean von heute wogt also schon bedeutsam eine Weile frei her?ber und hin?ber. Ebenso bedeckt sie s?dlich jetzt auch das gondwanische Zwischenland von Afrika und S?damerika ganz oder doch fast ganz. Mehr aber noch: sie zerschneidet in der Gegend des Amazonenstroms S?damerika selbst und dringt mit einer ?hnlichen Schnittspalte von S?d zu Nord durch den ganzen Westen von Nordamerika. Und w?hrend sie ?ber Europa abermals in voller Pracht fortrauschend erst wieder an den Felsufern Skandinaviens brandet, schneidet sie zugleich grosse Teile von Nordafrika und Arabien ab. Wenn sie auch jetzt in ihrem ?ussersten Ostkurs zum Indischen Ozean abbiegt, so ist sie doch sicher auch dort ?ber viel mehr Land weggegangen, ?ber Teile von Hinterindien und den Sundainseln. Australien wurde damals auch von Asien wohl endg?ltig getrennt, nachdem es im Jura von Afrika losgekommen war. Als einsamer Gondwanarest sollte es fortan im Meer ragen, seltsame Tiere der ?lteren Urwelt wie in einem unnahbaren Zauberpark bis auf unsere Tage durchrettend. Manche Forscher glauben freilich, dass Australien gerade damals noch Sonderschicksale von geheimnisvoller Art durchgemacht habe. Die Kreide?berflutung soll eine Art Gegenangriff durch geheimnisvolle Landbildungen im S?dseegebiet erfahren haben, also doch einmal in dem uralt treuen Reinwassergebiet der Erde. Wohl gar w?re ein Landstreifen zeitweise von Australien bis zu einem dunkeln, schon im Jura vermuteten sehr vulkanischen Lande jenseits der pazifischen K?ste von S?damerika gegangen. Doch ist das alles noch sehr, sehr unklar und vielleicht nur ein Traum.

F?r einen k?hnen Seefahrer h?tte es in diesen cenomanischen Wasserw?sten jedenfalls nicht an unheimlichen Abenteuern gefehlt. Die Begegnung mit der >>grossen Seeschlange<< w?re in gewissen Meeresgebieten ein allt?gliches Ereignis gewesen, denn es wimmelte von schlangenhaft langgestreckten Riesenreptilien , die allen verwegensten Phantasieanforderungen an dieses heutige ozeanische Fabeltier Gen?ge taten. Von oben aber schatteten ?ber die unabsehbaren Wasserfl?chen ungeheuerliche >>Flugmaschinen<<, in denen ebenfalls drachenhafte Reptile mit einer Klafterweite bis zu sechs Meter den nicht endenden Ozean frei ?bersegelten.

Jenseits der Mitte des Terti?r aber ist es dann, als verschwebten nun wirklich auch die letzten Nebel der Urwelt ?ber der Karte -- sie wird ganz modern. Die neue grosse Gebirgsbildung ist da, und ihre entscheidende Tat ist die endg?ltige Vernichtung der Tethys. Die riesenhaften Kettengebirge Zentralasiens, allen voran der Himalaja, als neue Erdfalten zur Schneeregion emporgereckt versperren ihr den asiatischen Ausgang auch zum Indischen Ozean. Die Schlammschichten, die sie in dieser Gegend selbst noch im ersten Drittel des Terti?r abgesetzt, werden im buchst?blichen Sinne bis in das >>Haus des Schnees<< hinaufgedr?ckt. Vorderindien gliedert sich endg?ltig an den neuen Landriegel an. Ein letzter Durchbruchsversuch der Tethys gegen den Persischen Meerbusen misslingt infolge immer neuer Riegelbildungen. ?ber Arabien fort wachsen Asien und Afrika sogar zeitweise breit zusammen. Und erst gegen Ende des Terti?r entsteht durch einen grossen Zusammenbruch wenigstens hier noch einmal eine Spalte, das Rote Meer. Diese sp?te Spaltenbildung nords?dw?rts ist an sich sehr bemerkenswert als ein Zerst?ckelungsversuch im letzten Gefolge der Gondwanalandzerst?rung, der jetzt sogar auf den alten soliden Block von Afrika ?bergreift. Aber den wichtigen Ostausfluss der Tethys kann auch das nicht mehr retten. Neue Gebirgsriegel schieben sich ihr in Gestalt der Balkangebirge, Apenninen, Pyren?en, des Atlas -- vor allem aber der Hauptmasse der Alpen auch im europ?ischen Mittelmeer von allen Seiten entgegen. Eine l?ngere Zeit verstopft sich das ganze Ostmittelmeer mit Land. Auch als das wieder etwas abflaute, blieb doch hier bedenklicher Boden, dessen Unruhe wir bis heute noch an Erdbeben und vulkanischen Folgeerscheinungen besonders im unteritalischen und griechischen Gebiet zu sp?ren bekommen. Vom alten ?stlichen Ausfluten der Tethys konnte aber fortan schon in dieser Gegend keine Rede mehr sein. Wiederum zugleich aber schob sich der neue Riegelverschluss auch zwischen diese Ecke der Tethys und die alte obisch-uralische Verbindung vom Kaspischen Meer zum Eismeer. Das >>Obische Meer<< trocknete aus, zum letzten Mal. Europa und Asien verwuchsen in der Urallinie, zum letzten Mal. Vom Menschenstandpunkt f?r immer. Wir haben es als Geographen wenigstens so und nicht anders gefunden, als wir kamen. Zwischen diese Hauptz?ge schoben sich allerdings, wie verst?ndlich, ?berall noch wechselnde Stufen des Werdens. So, als die Alpen zuerst erschienen, stiegen sie als Zentralmasse noch inselhaft aus der Tethys selbst; nicht bloss im heutigen Mittelmeer, sondern auch n?rdlich griffen die Wasser zun?chst noch darum herum. Lange noch ging ein breiter Meeresarm, immer wieder sich neu f?llend, vom Rhonetal ?ber die Nordschweiz bis nach Ungarn und dem Balkan; zeitweise hatte er sogar im Rheintal noch Abfluss unmittelbar nach Norden. Durch die zunehmende Verlandung des Ostmittelmeers gehemmt, bildeten seine zustr?menden Wasser eine Weile ein grosses Binnenmeer in der Gegend von Ungarn ?ber das heutige Schwarze Meer bis zum Aralsee. Da das Obische Meer schon fehlte, konnte es f?r sein Teil aber dort auch nicht mehr zum Eismeer durchbrechen. Als der Zufluss ?ber die Schweiz doch langsam austrocknete, zerfiel dieses Binnenmeer selber zu Bruchst?cken; teils sammelte es seinen Rest fortan im Kessel des heutigen Schwarzen Meers , teils k?mmerte es in den abflusslosen Senken des heutigen Kaspischen Meeres und Aralsees weiter. Das alles aber waren doch nur hoffnungslose Schlusszuckungen der Tethys. Im letzten Drittel des Terti?r verlor sie den Panamadurchfluss, -- wieder im heutigen Sinne endg?ltig. Auch hier war lange noch Kampf. Die entstehenden Kordilleren gaben dem Hauptteil von Mittelamerika ein unbesiegliches R?ckgrat. Aber eine gewisse Kurve ihrer Faltung liess zun?chst gerade bei Panama noch ein kleines St?ckchen Wasserstrasse offen. Endlich aber verlandete doch auch das, damals noch eine sehr bedeutsame Sache f?r das zeitweise Hin?berwandern der wunderbaren s?damerikanischen Riesenfaultiere nach Nordamerika und umgekehrt der Mastodonelefanten und Wildpferde, die dr?ben noch dauerten, nach S?damerika. Wohl im letzten Ausgang des Terti?r zerbrach dann wirklich auch die isl?ndische Br?cke. Schon vorher hatte sich das ostgr?nl?ndische Meer zwischen Skandinavien und England vorgeschoben, die werdende Nordsee markierend, und die Davis-Baffinstrasse hatte sich zwischen Nordamerika und Gr?nland geschoben. Untergang also der Atlantis! Indem aber so der Nordteil auch des heutigen Atlantischen Ozeans fertig aufriss, wurde der alte Name der Tethys selber wertlos; dieser Ozean trat hier an seine Stelle, wie bei Europa das echte Mittelmeer. Europa aber, das k?nftige Wunderland der Kultur, vollendete im gleichen Augenblick den Kreislauf seiner geologischen Abenteuer: wie einst im Kambrium schloss es sich wieder als Halbinsel an Asien, -- mit der freien Wasserfront nach Westen ?ber die grauen Wellen, in denen das M?rchen der Atlantis endg?ltig versunken lag.

Es scheint vielleicht kein ganz erfreulicher Gedanke, dass mit der sich ?ndernden Erdkarte, mit dem Erdteil, der sich wieder aufl?st, und dem Ozean, der kommt und geht, zuletzt auch die Heimatsscholle, mit der unser tiefstes Empfinden so verwachsen ist, dem Strom der Verg?nglichkeit verfallen bleibt. Vom Fels, an dem unsere Vaterlandsgef?hle h?ngen, zum Meer rinnt diese nicht endende Sanduhr der Zeiten und zieht im Massstab der Jahrhunderttausende den heiligen Boden unter unseren F?ssen weg. Aber der Massstab dieser geologischen Dinge ist in Wahrheit nicht der des erh?hten St?cks Natur, das in uns arbeitet. Die paar Jahrtausende, auf die wir in der Geschichte eines starken und seiner Heimaterde treuen Volkes zur?ckblicken, umspannen in dem ver?nderten Tempo unseres Geisteslebens eine ganze Welt an Reichtum und innerstem Gehalt, und noch einmal so ein paar tausend Jahre, auf die Zukunft gew?hrt, verheissen eine wahre Unendlichkeit, unfassbar sch?ner Entwicklung und Erf?llung voll. Vor diesem intensiven Tagesleben bleiben die Aeonen der Geologie mit all ihrem Wechsel ein fernes Riesenm?rchen, von dem wir uns gern erz?hlen lassen, das aber unsere Kreise in Wirklichkeit nicht st?ren kann. Wenn eine uralte Bergruine oder ein morsches Felsentor auch in unserer historischen Zeit gelegentlich vor unsern Augen einst?rzt, wenn wir in der Nacht das Rauschen der Welle h?ren, die unabl?ssig an unserm Festland nagt, wenn wir die Waffe unseres Vorfahren schon tief begraben finden unter Sand und Moor oder dem langsam wachsenden Tropfstein einer feuchten H?hle, -- dann mag uns auf einen Augenblick der Schauer anr?hren auch von diesem ungeheuren Gang des Geologischen, der zuletzt auch uns wie alles um uns besitzt und umfasst. Doch den Mut unserer Arbeit sch?pfen wir aus einer zugleich bescheideneren und doch innerlich reicheren Anteilnahme an den Dingen.

Register

Adelsberg 20 f.

Afrika 38, 56, 58, 99

Alaska 51, 66, 77, 89

Algonkium 44, 45

Alleghanys 53, 73

Alpen 13, 41, 73, 83, 99

Antarktis 38, 40, 79

Arch?opteryx 88

Arldt, Theodor 35, 49, 67, 72, 82, 87, 95

Asien 57, 65, 69, 82, 99

?thiopisches Meer 90

Atlantis 31, 36, 55, 62, 96, 100

Atolle 88

Australien 38, 58, 94, 97

Axenstrasse 30

Baffinsbai 54, 72, 100

Beringstrasse 51, 77, 83, 89

Buntsandstein 45, 84

Cabral 52

Ca?on 44 ff.

Cenoman 92 ff.

Cykadeen 88

Davis-Becken 72, 77, 82

Davis-Strasse 37

Devonperiode 31, 43, 66 ff.

Diluviale Eiszeit 5, 100

Diluvialmenschen 13, 55

Diluvialzeit 6, 100 f.

Dolmen 29

Dolomiten 31, 83

Frech 35, 46, 49, 67, 70

Felsenmeere 21, 25

Gebirge, Armorikanisches 73

--, Variskisches 73

Glossopteris 80

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