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Read Ebook: Der Weihnachtsabend: Eine Erzählung zum Weihnachtsgeschenke für Kinder by Schmid Christoph Von

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Ebook has 205 lines and 27798 words, and 5 pages

Der fr?hlichste Tag in der Woche war den Kindern immer der Sonntag. An diesem Tage ging der F?rster nicht auf die Jagd und die Kinder konnten den ganzen Tag um ihn seyn. >>Ich bringe, sprach er, die sechs Tage der Woche unausgesetzt und unverdrossen in herrschaftlichen Diensten zu; allein der Sonntag ist dem Dienste eines gr?ssern Herrn gewidmet. Auch ist mir und meinen Holzhauern nach sechs Arbeitstagen wohl ein Ruhetag zu g?nnen.<< Am Sonntage Morgens gingen Vater und Mutter in der lieblichen Sonntagsfr?he mit den Kindern nach Aeschenthal in die Kirche. Das war den Kindern, besonders im Fr?hlinge und im Sommer, eine grosse Freude. Der Weg f?hrte bald ?ber waldichte Bergh?hen hin, bald durch schmale Wiesenth?lchen, die mit buschigen Felsen und hohen B?umen umgeben waren. >>O wie sch?n ists doch im Walde, sprach dann wohl Anton; wie herrlich gr?nen die B?ume im Glanze der Morgensonne! Ja, am Sonntage kommt mir der Wald noch viel sch?ner vor, als sonst. Mir ists, als h?tten alle B?ume ein freundlicheres Gr?n. Die V?gelein auf den belaubten Zweigen singen viel fr?hlicher. Und ausser ihnen schweigt alles! Man h?rt keine Holzaxt, kein Wagenrad und keinen Schuss; nur die Kirchenglocke ert?nt in der Ferne. Es ist alles so still und ruhig, wie in der Kirche.<<

>>So feyerlich, wie in einem Tempel, sagte der F?rster. Auch der Wald ist ein Tempel des Herrn; Er, der Allm?chtige, stellte diese B?ume wie S?ulen umher, und f?gte ihre Zweige zu einem gr?nen Gew?lbe zusammen. Alles, von der ungeheuren bemoosten Eiche dort bis zu den kleinen Maybl?mchen hier zu unsern F?ssen, verk?ndet uns seine Allmacht und G?te. Ja die ganze Erde, so weit der blaue Himmel sich w?lbt, ist ein Tempel seiner Herrlichkeit. Besonders am Sonntage sollen wir Ihn in diesem seinem Tempel anbethen und diese herrlichen Werke and?chtig betrachten. In diesem prachtvollen Tempel, den Er selbst erbaute, k?nnen wir seine unermessliche, unbegreifliche Gr?sse und Herrlichkeit wahrnehmen; in unsern Kirchen aber, wiewohl sie von Menschenh?nden erbaut sind, l?sst Er seine Rathschl?sse und seinen heiligen Willen uns n?her offenbaren. Auch desshalb wurde der Sohn Gottes ein Mensch, lehrte uns Menschen und ordnete das Lehramt an. In hundert tausend Tempeln und Kirchen der ganzen Christenheit wird an dem heutigen Tage seine Lehre verk?ndet und von Millionen Menschen angeh?rt. Merkt daher auch ihr, meine Kinder, heute in unsrer Kirche and?chtig auf jedes Wort des Lehrers und bewahrt es in eurem Herzen.<< Solche und ?hnliche Gespr?che f?hrte er mit den Kindern auf dem Wege zur Kirche; auf dem Heimwege aber redete er mit ihnen von der Predigt, und sie wetteiferten, ihm zu erz?hlen, was sie daraus sich gemerkt h?tten.

Bey Tische war der F?rster Sonntags immer besonders fr?hlich. >>Die Freude, sprach er, mit euch zu Mittag zu essen, wird mir unter der Woche selten zu Theil; da verzehre ich mein Mittagsmahl meistens gleich im Walde aus der Faust, und es schmeckt mir, Gott sey Dank, immer sehr gut. Aber am Sonntage schmeckt es mir doch am besten, nicht weil die Mutter da eine bessere Mahlzeit bereitet, sondern weil ich die Speisen in eurer Mitte geniessen kann.<< Er legte den Kindern mit dem herzlichsten Wohlwollen selbst vor. >>Esset, Kinder, esset, sprach er, und Danket Gott f?r seine Gaben.<< Nach Tische ging er mit den Kindern im Walde umher, lehrte sie die mancherley B?ume, Str?uche und Kr?uter kennen, und pries ihre mannigfaltige Sch?nheit und Brauchbarkeit. >>So, sprach er dann immer, hat Gott alles, auch das kleinste Kr?utlein, sch?n gebildet und zu dem Nutzen des Menschen eingerichtet. Auch der Wald ist ein Buch, in dem ihr auf allen Bl?ttern von der Weisheit und G?te Gottes lesen k?nnet.<<

Wenn im Fr?hlinge oder im Sommer der Abend sch?n war, so deckte die F?rsterin unter der grossen Linde, nicht weit vom F?rsterhause, wo ein Tisch nebst einigen B?nken angebracht war. Nach dem Abendessen sangen sie noch einige sch?ne und r?hrende Abendlieder. Der F?rster spielte dazu die Harfe, und die V?gel auf allen B?umen des Waldes umher stimmten in den Gesang und das Harfenspiel mit ein.

Anton f?hlte sich unter diesen edlen Menschen, bey denen wahre Fr?mmigkeit, Eintracht und Liebe, Fleiss, Ordnung und Zufriedenheit wohnten, h?chst gl?cklich. >>Gott meynte es doch recht gut mit mir, sagte er ?fter. Er h?tte mich auf der ganzen Welt zu keinen bessern Menschen f?hren k?nnen.<< Der gute Knabe war aber auch die lautere Dankbarkeit und Dienstfertigkeit gegen seine Pfleg?ltern. Wenn der F?rster Abends aus seinem Forstbezirke heimkam, eilte Anton sogleich, ihm den alten hechtgrauen Ueberrock mit gr?nen Aufschl?gen, dessen sich der F?rster als eines Schlafrockes bediente, und die Pantoffeln zu bringen. Wenn die F?rsterin in der K?che am Heerde stand und kochte, trug er ihr ungeheissen Holz zu oder lief, um ihr einige Schritte zu ersparen, in den Gem?sgarten am Hause und holte Schnittlauch, Petersilien oder was sie sonst eben von gr?nen Kr?utern n?thig hatte. Mancher ihrer W?nsche ward, bevor sie ihn aussprach, schon erf?llt.

Seinem guten Pflegvater erzeigte er aber noch ganz besonders gute Dienste. Der F?rster verfertigte von allen ihm anvertrauten Waldungen Risse, und gab ihnen mit Farben ein sch?nes, gef?lliges Ansehen. In der Ecke jedes Blattes war der Namen des Waldes mit grossen Buchstaben geschrieben, und, nachdem es ein Wald war, mit einem Kranze von Tannenzweigen oder Eichenlaube eingefasst. Anton brachte es bald so weit, dass er die gr?ssten Risse nett und genau nachzeichnen konnte. Die Verzierungen aber, die er dabey anzubringen wusste, waren von ihm selbst erfunden und so gut ausgef?hrt, dass der F?rster dar?ber erstaunte. Anton zeichnete zum Beyspiele einen Eichbaum, an dem ein Schild mit dem Namen des Waldes lehnte, und seitw?rts sah man ein Wildschwein, das nach Eicheln suchte. Oder der Name des Waldes stand in einen Felsen eingegraben, der mit Tannen gekr?nt war, und unten am Felsen ruhte ein Hirsch mit zakigem Geweih. Ueberhaupt zeichnete und mahlte Anton in allen seinen freyen Stunden bald Landschaften, bald Thiere, und wo er nur ein Streifchen weisses Papier oder einen leeren Briefumschlag fand, zeichnete er einen Vogel, eine Blume, oder einen Baumzweig darauf. Er konnte keinen Augenblick m?ssig seyn. Der F?rster und die F?rsterin liebten den guten Knaben wie ihr eigenes Kind, ja ihre eigenen Kinder wurden, von Antons Beyspiel aufgemuntert, noch viel dienstfertiger und th?tiger, als sie es zuvor waren.

Viertes Kapitel.

Antons fernere Geschichte.

Eines Tages schickte der F?rster den Anton mit einem Paar Schnepfen in das benachbarte f?rstliche Jagdschloss Felseck. Der Verwalter hatte eben einen Gast und wollte ihn damit bewirthen. Anton kam unterwegs an einem Wasserfall vorbey, der zwischen schwarzgr?nen Tannen, weiss wie Schnee, von einem hohen Felsen herabst?rzte. Nicht weit davon sass ein fremder Herr in einem dunkelblauen Kleide, der den Wasserfall abzeichnete. Anton ging hin, schaute ?ber die Schulter des Fremden auf das Blatt, und konnte sich nicht enthalten, laut zu rufen: >>O wie sch?n! Ja das heisst gemahlt!<< Er bath um Erlaubniss, das sch?ne Gem?lde n?her besehen zu d?rfen, und erhielt sie. >>Mir ists, sagte er, indem er es betrachtete, als w?re das Blatt da ein Spiegel, in dem sich der Wasserfall, nebst Felsen und B?umen, im Kleinen abspiegelte. Wie silberhell das Wasser aus dem gespaltenen Felsen hervorschiesst und wie sch?n sich der weisse Schaum unten zwischen den bemoosten Steinen kr?uselt! Wie frisch und gr?n das zarte Moos an diesem Steine da ist! Man meynt, man k?nne es wegrupfen. Wie keck diese rauhen Tannen emporstarren! Und da haben Sie ?berdiess noch einen Hirsch hergemahlt, der aus dem Bache trinkt. Wie leicht der auf den F?ssen steht! Man sieht es ihm an, wie fl?chtig er ?ber Stock und Stein wegsetzen kann. Die Hirsche, die ich mahle, stehen so lahm da, als wollten sie alle Augenblicke umfallen. Ich weiss kein rechtes Leben in sie hinein zu bringen.<<

Der Mahler hatte an den ungeheuchelten Lobspr?chen des Knaben und noch mehr an dessen Gef?hl f?r Kunst ein grosses Wohlgefallen. Er sagte l?chelnd: >>Du bist also, wie ich merke, auch ein kleiner Mahler?<< >>Ach, sagte Anton, bisher meynte ich wohl gar, ich sey kein kleiner, sondern ein grosser Mahler. Jetzt sehe ich aber wohl, dass ich gar keiner bin.<< Der Mahler sagte: >>Ich w?nsche deine Mahlereyen doch zu sehen. Ich werde dich n?chstens besuchen, und da musst du mir sie zeigen. Wer sind deine Aeltern und wo bist du zu Hause?<< >>Ach, sprach Anton, ich bin ein armer Waisenknabe. Der Herr F?rster Gr?newald hat mich aber an Kindesstatt angenommen.<< >>Nun, sagte der Mahler, da bist du wohl mit ihm verwandt, ein Bruderssohn oder ein Schwestersohn?<< >>Nein, sagte Anton, ich kam ganz landfremd in sein Haus; er und seine Frau nahmen mich aber sogleich auf und hielten mich wie ihr eigenes Kind.<< >>Das ist viel, sehr viel, sagte der Mahler. Doch wie kam denn diess?<< Anton erz?hlte seine Geschichte ausf?hrlich. Der Mahler h?rte ihm aufmerksam zu und sagte am Ende: >>Der F?rster und seine Frau m?ssen sehr edle Menschen seyn. Gr?sse sie mir, und sage ihnen, morgen des Tages werde ich sie besuchen, um ihnen im Namen der Menschheit f?r die Liebe, die sie dir erweisen, zu danken.<<

Der Mahler hiess Riedinger und war vor einem Paar Tagen auf dem f?rstlichen Jagdschlosse angekommen, um da einige alte Gem?lde aufzufrischen. Er ben?tzte diese Gelegenheit, eine und die andere Waldgegend, die ihm besonders gefiel, abzuzeichnen. Sogleich am Abende des folgenden Tages besuchte er den F?rster. Beyde biedere M?nner fanden bald, dass sie Eines Sinnes waren, und wurden Freunde. Der Mahler wollte nun Antons Zeichnungen sehen. Die F?rsterin lobte sie ausnehmend. >>Glauben Sie mir, sagte sie, sie sind unvergleichlich.<< Allein Anton stand err?thend an der Th?re und sagte: >>Herr Riedinger, Sie werden sehen, dass sie ganz und gar nichts heissen.<< Der Mahler ermunterte ihn aber, sie zu zeigen, und Anton brachte sie. Herr Riedinger betrachtete eine nach der andern sehr bedachtsam und l?chelte einige Male. Wiewohl er vieles daran auszustellen hatte, so gefielen sie ihm dennoch sehr. >>Wahrhaftig, sagte er, es steckt ein Mahler in dem Knaben. Herr Gr?newald, ?berlassen Sie ihn mir. Sie sollen Freude an ihm erleben.<< >>Topp! sagte der F?rster und schlug ein. Ich habe schon lange nachgesonnen, was der Knabe werden solle. Er ist nun bereits in dem vierzehnten Jahre und in der Schule zu Aeschenthal ist f?r ihn weiter nichts mehr zu lernen. Zu einem J?ger ist er zu zart und zu mitleidig. Er artet mehr seiner sanften Mutter nach, als seinem tapfern Vater. Wenn Sie also meynen, er gebe einen guten Mahler ab, so nehmen Sie ihn immerhin in die Lehre. Wie viel verlangen Sie Lehrgeld?<< >>Lehrgeld! sagte der Mahler. Davon kann keine Rede seyn. Sie gaben mir zuerst ein Beyspiel, wie man sich armer Waisen annehmen m?sse. Eine edle That zieht immer andere nach sich, wie eine Kerze andere anz?ndet. Das ergiebt sich alles ganz nat?rlich. Lassen Sie es also gut seyn. Sobald ich mit meiner Arbeit auf dem Schlosse fertig bin, f?hrt Anton, wenn er anders Lust hat, mit mir in die Stadt, und ich werde keine M?he sparen, ihn zu einem K?nstler zu bilden.<< Anton h?pfte fast vor Freude. Als indessen nach einigen Tagen der Mahler in einer Kutsche vor das Haus gefahren kam, ihn mitzunehmen, weinte der gute Knabe doch recht herzlich. Allein der F?rster sprach: >>Weine nicht, Anton. Es ist ja nur ein Sprung in die Stadt. Wir besuchen dich ?fter, und auch du kannst uns an Sonn- und Feyertagen leicht besuchen. -- Ja, das bedinge ich mir noch aus, sprach er zu Herrn Riedinger, dass Anton uns manchmal besuchen, die Weihnachtsfeyertage aber allemal ganz bey uns zubringen d?rfe. Sie m?ssen ihm das erlauben.<< >>O recht gern, sagte der Mahler, recht gern; und wenn Sie und die Frau F?rsterin nichts dagegen haben, so komme ich allemal mit.<< Sie gaben sich darauf die Hand. Anton dankte seinen Pfleg?ltern. Sie ermahnten ihn, seinen Lehrmeister, der so vieles aus lauter G?te f?r ihn thun wolle, als seinen Vater zu ehren. Unter den besten Segensw?nschen seiner Pfleg?ltern und Geschwister stieg Anton in die Kutsche und fuhr mit dem Mahler fort.

Der treffliche Mahler hielt in allen St?cken Wort. Es war ihm eine Herzenslust, einen so f?higen Sch?ler zu unterrichten. Auch kam er mit ihm zu dem F?rster ?fter auf Besuch; ja manchmal blieben sie mehrere Tage, um in dem gebirgigen Walde sch?ne Gegenden abzuzeichnen. Der Meister konnte seinen Sch?ler jedesmal nicht genug loben. >>Unter uns gesagt, sprach er zum F?rster, er wird ein K?nstler, dem ich das Wasser nicht biethen darf.<<

Nach einigen Jahren kam Herr Riedinger mit Anton, der nunmehr ein bl?hender J?ngling war, wieder einmal zu dem F?rster in die Weihnachtsfeyertage. Herr Riedinger blieb nach dem Abendessen mit dem F?rster und der F?rsterin etwas l?nger auf. Anton und die Kinder des F?rsters hatten sich l?ngst zur Ruhe begeben. Der F?rster und die F?rsterin merkten wohl, dass der Mahler etwas auf dem Herzen habe, und es ihnen sagen m?chte. Endlich fing er an: >>Was Anton bey mir lernen konnte, hat er gelernt. Er muss nun reisen; er muss Italien sehen. Allerdings wird das nicht wenig kosten; allein es lohnt sich der M?he. Kein Kapital k?nnte besser angelegt werden. Ich stehe Ihnen daf?r, es wird auch reichliche Zinsen tragen und seiner Zeit wieder ersetzt werden. Was eine solche Reise kostet, ?bersteigt freylich das Verm?gen eines Privatmannes. Allein ich habe mir die Sache so ausgedacht: Es versteht sich, dass Anton nicht ganz auf fremde Kosten reise. Er muss selbst etwas verdienen. Indess braucht er doch immer ansehnlichen Zuschuss; denn er muss auch f?r sich noch freye Zeit behalten, um in der Kunst weiter zu kommen. Was nun mich betrifft, so werde ich das Meinige redlich dazu beytragen. Ich habe mir es, von Ihrem Beyspiele ermuntert, nun einmal in den Kopf gesetzt, den Anton umsonst zu einem Mahler zu bilden. Seine Arbeiten, die er bisher lieferte, sind mir sehr gut bezahlt worden. Dieses Geld habe ich zur?ck gelegt, und werde es zu seiner Reise verwenden. Allein es reicht bey Weitem nicht zu. W?ren Sie nun nicht geneigt, das noch Fehlende, das freylich eine nicht geringe Summe betragen kann, darauf zu legen? Ein gutes Werk, das man angefangen hat, muss man auch vollenden.<< Er both dem F?rster die Hand hin, erwartend, er werde einschlagen. Der F?rster hatte an Antons Wohlverhalten und seinen Fortschritten in der Kunst hohe Freude. Er besass ein ziemliches Verm?gen. Er blickte seine Hausfrau an. Sie nickte. Der F?rster schlug ein und sagte: >>Nun wohl, wenn die Summe mein Verm?gen nicht ?bersteigt, so will ich sie ausbezahlen.<< Es wurde ein Ueberschlag gemacht, was die Reise kosten k?nnte, und einm?thig beschlossen, Anton sollte k?nftigen Fr?hling die Reise antreten.

Der Mahler fuhr am n?chsten Morgen mit Anton im Schlitten zur?ck in die Stadt. Der F?rster und die F?rsterin machten aber den Winter ?ber Anstalten zu Antons bevorstehender Reise. Der F?rster kaufte Tuch ein, um seinen Pflegsohn hinreichend mit wohlanst?ndiger Kleidung auszustatten. Auch suchte er seinen eigenen Reisekoffer hervor, und liess ihn mit Rehfell neu ?berziehen. Die F?rsterin und ihre zwey T?chter n?hten und strickten sehr emsig, den Anton reichlich mit Leinenzeug zu versehen. Zu Anfang des Fr?hlings musste Anton noch einige Tage bey seinen Pfleg?ltern zubringen. Sein Pflegvater gab ihm in dieser Zeit noch viele gute Ermahnungen und Klugheitslehren, und war gegen ihn ganz ungemein liebreich. Der gute Mann nahm sich selbst die M?he, den Koffer zu packen. So oft ihm die F?rsterin ein neues Kleidungsst?ck hinreichte, wurde Anton aufs neue ger?hrt. >>Ach wie vieles -- wie gar so vieles thun Sie an mir! sagte er. Meine eigenen Aeltern, wenn sie noch lebten, k?nnten nicht mehr f?r mich thun!<< Der Koffer wurde an einen ber?hmten Mahler, dem der Herr Riedinger den Anton empfohlen hatte, voraus geschickt. Denn Anton wollte die ganze Reise zu Fuss machen. Christian, Antons Herzensfreund, hatte aber noch f?r ein kleines Felleisen gesorgt, in dem Anton das Nothwendigste zum t?glichen Gebrauche mitnehmen konnte.

Endlich kam der Abschiedstag; Anton wollte nach Tische zu Herrn Mahler Riedinger in die Stadt gehen, und von da aus dann weiter reisen. Die F?rsterin bereitete ein Abschiedsmahl, und alle speisten noch einmal mit einander zu Mittag. Es war ein freundliches, r?hrendes Familienfest. Der F?rster blickte in dem kleinen Kreise umher. Es herrschte eine wehm?thige Stille. >>Nicht doch, meine S?hne und T?chter, sprach er, seyd nicht so traurig; und auch du, gute Mutter, trockne diese Thr?ne da ab. Es ist nun einmal so! Die S?hne, zumal wenn sie bereits erwachsen sind, m?ssen hinaus in die Welt; und auch ihr, meine T?chter, seyd bald in dem Alter, wo ihr vielleicht das v?terliche Haus verlassen werdet. Doch, wenn uns auch Berg und Thal dem Leibe nach trennen, im Geiste bleiben wir immer vereinigt. Und so traurig der Abschied immer seyn mag, das Wiedersehen, das uns hier oder dort nie ausbleibt, ist dann desto freudiger!<< Der edle Mann wusste durch fr?hliche Gespr?che alle wieder zu erheitern. Er liess eine Flasche guten Wein bringen, von dem er sonst nur an Festtagen trank. Er schenkte der Mutter und den beyden T?chtern, obwohl alle drey sich weigerten, davon ein. >>Den Traurigen gieb Wein!<< sagte er l?chelnd. Anton und Christian bothen ihre Gl?ser her, ohne sich lange n?thigen zu lassen. Am Ende der Mahlzeit nahm der F?rster sein Glas und sagte: >>Nun, Anton, stoss an -- auf eine gl?ckliche Wanderschaft und ein fr?hliches Wiedersehen!<< Das gebe Gott, sagte die F?rsterin, stiess an und trank ein klein wenig. Christian, Katharine und Luise stiessen auch mit an. Allen standen die Thr?nen in den Augen. Anton war am ger?hrtesten. Er konnte die Thr?nen nicht mehr zur?ck halten und sagte: >>O meine liebsten Aeltern, wie vielen Dank bin ich Ihnen schuldig! Was w?re ich ohne Sie! Ach, ewig kann ich es Ihnen nicht vergelten, was Sie an mir gethan haben. Gott wolle Ihr Vergelter seyn! Er wolle mich einst in den Stand setzen, f?r das unaussprechlich viele Gute, das Sie an mir thaten, Ihnen und meinen lieben Geschwistern meinen Dank durch die That zu bezeugen.<<

>>Ja, lieber Anton, sagte der F?rster, ich kann es dir nicht verhehlen, wir thun viel an dir; und wenn ich deine Geschwister hier so ansehe -- so m?chte ich fast sagen, zu viel. Denn was mich und meine geliebte Hausfrau betrifft, so brauchen wir wohl wenig mehr. Unsere Haare sind bereits grau. So lange wir noch leben, haben wir wohl noch Brod. Allein, mein lieber Anton, wenn eines oder das andere deiner Geschwister einmal in Noth kommen sollte, so vergiss nicht, wie wir dir aus der Noth geholfen haben, und lass sie nicht in der Noth stecken. Gieb mir die Hand darauf, Anton! Nicht wahr, du verl?sst deine Geschwister nicht?<< >>O lieber Vater, rief Anton, indem er dem F?rster die Hand reichte, ich m?sste ja der undankbarste Mensch von der Welt seyn, wenn ich Ihrer Wohlthaten je vergessen k?nnte. O gewiss -- Ihre Liebe ist mir ewig unvergesslich. Meine gr?sste Gl?ckseligkeit auf der Welt soll es seyn, Ihnen, lieber Vater, meiner besten Pflegmutter oder meinen lieben Geschwistern Gutes erweisen zu k?nnen.<<

>>Ich glaube dir, Anton, sagte der F?rster; doch -- nun ist es Zeit, dass wir scheiden.<< Er stand auf und sprach: >>Knie nieder, lieber Sohn, damit ich dir noch den v?terlichen Segen gebe.<< Anton kniete nieder. Der F?rster erhob seine Augen zum Himmel; es war etwas Ehrw?rdiges und Feyerliches in seinem Angesichte und seiner Gestalt. Er segnete den J?ngling und sprach: >>Gott begleite dich auf allen deinen Wegen, bewahre dich vor S?nde, und f?hre dich gut und unverdorben wieder in unsere Arme zur?ck.<< Die Mutter und die Kinder standen alle mit gefalteten H?nden und weinenden Augen and?chtig umher, und sagten mit ger?hrtem Herzen: >>Amen!<< Der F?rster hob den Anton auf, schloss ihn in die Arme und sagte: >>Nun -- zieh hin und Gott sey mit dir! Habe Ihn stets vor Augen -- und vergiss nicht, dass sein allsehendes Auge dich ?berall sehe. Halte dich f?r zu gut, etwas B?ses zu thun. Die G?ter und L?ste dieser Erde sind es nicht werth, dass wir ihrethalben unser Gewissen beschweren. Gedenke, dass wir nicht f?r diese kurze Zeit, die wir auf Erden zu leben haben, geschaffen sind und dass eine Ewigkeit sey. Meide nicht nur das B?se, sondern auch jede Gelegenheit, B?ses zu thun. Besonders fliehe solche Menschen, die ?ber den frommen Glauben unserer Vor?ltern spotten und sich ?ber reine Sitten lustig machen. Noch einmal -- lebe wohl und Gott sey mit dir.<<

Die F?rsterin sagte mit Augen voll Thr?nen: >>Anton! Sieh diese meine rothgeweinten Augen, diese meine nassen Wangen! Um dieser Thr?nen willen bleibe Gott ergeben, gut und rechtschaffen. Gedenke dieser Thr?nen, wenn du in Versuchung kommest, B?ses zu thun. Bisher hast du uns nur Freude gemacht; betr?be uns nie. So herzlich ich jetzt weine, so f?hle ich dabey doch vielen Trost! Aber wenn wir je etwas Unrechtes von dir h?ren sollten, dann w?rden ich, und wir alle, die bittersten Thr?nen weinen. Vergiss unserer treuherzigen, v?terlichen und m?tterlichen Ermahnungen -- und der letzten Ermahnung deiner seligen Mutter -- in deinem Leben nicht, und lebe wohl.<<

Die ganze Familie begleitete den tief ger?hrten, traurigen J?ngling noch eine weite Strecke Weges, fast bis zu Ende des Waldes. Endlich sagten sie ihm alle noch einmal Lebewohl! Anton ging -- sie aber blieben stehen. Er sah noch sehr oft um, und winkte ihnen mit dem Hute. Der F?rster und Christian winkten ihm auch mit ihren H?ten, und die F?rsterin und die zwey T?chter mit ihren weissen T?chern, bis er endlich mit seinem Wanderstab in der Hand und seinem Felleisen auf dem R?cken hinter einem waldichten H?gel verschwand.

F?nftes Kapitel.

Ein Weihnachtsgeschenk.

Der heilige Weihnachtsabend war, seit Antons Abreise bereits das dritte Mal, wieder angebrochen. Der F?rster kam heute mit seinem Sohne Christian fr?her aus dem Walde nach Hause. Es war sehr kalt. Der Abendhimmel strahlte gl?hendroth durch die Fenster in die Stube. Die runden Scheiben fingen schon an zu gefrieren und schimmerten in dem r?thlichen Abendschein wie Edelsteine. Der F?rster setzte sich in seinen Lehnsessel neben dem grossen Ofen. Er legte mehr Holz zu; denn der Ofen war so eingerichtet, dass man ihn auch in der Stube ?ffnen konnte. Die Flamme loderte bald hoch auf, verbreitete einen wallenden Schimmer durch die Stube, spiegelte sich in den Fenstern und vermehrte das Funkeln der gefrornen Fensterscheiben.

Jetzt kam die F?rsterin in die Stube. >>Ist kein Brief von Anton da?<< fragte der F?rster. >>Nein!<< sagte sie mit betr?btem Angesichte. >>Wunderlich! sprach der F?rster und sch?ttelte den Kopf. Auf den Weihnachtsabend war sonst allemal richtig ein Brief von ihm da. Er schrieb immer sehr ausf?hrlich und seine Briefe waren mir immer die angenehmste Weihnachtsfreude. Was treibt der Junge, dass er nicht schreibt?<<

Kaum hatte der F?rster dieses gesagt, so trat ein Bothe mit weissangeduftetem Haare in die Stube. Er hatte einen Brief in der Hand und eine neue Kiste von Tannenholz auf dem R?cken, die zwar nur ganz flach, aber ziemlich breit und so hoch war, dass der Mann sich b?cken musste, um in die Stube zu kommen. >>In dem Kistchen wird wohl ein Spiegel seyn!<< sagte Katharine. Der Bothe ?berreichte dem F?rster den Brief und lud die Kiste ab. >>Der Brief ist von dem Herrn Mahler Riedinger, sagte der F?rster. Wie kommt das? Nun glaube ich bald, dass dem armen Anton ein Ungl?ck begegnete.<< Er riss den Brief eilig auf, und durchlief ihn am Glanze des Feuers, das aus dem Ofen strahlte, mit begierigen Blicken. >>Denkt nur, rief er freudig, Anton schickt uns bis aus Rom ein Gem?lde zum Weihnachtsgeschenk. Er hat es, zusammengerollt, an Herrn Riedinger ?bermacht, und ihn ersucht, es in eine reiche goldene Rahme fassen zu lassen, und daf?r zu sorgen, dass wir es auf den heiligen Abend sicher bek?men. Das Gem?lde sey ein wahres Meisterst?ck, schreibt Herr Riedinger. Der Anton ist doch ein trefflicher Junge; ich m?chte ihn sogleich umarmen.<<

>>Katharine! rief er jetzt, bring doch dem ehrlichen Bothen, bis das Essen kommt, einstweilen ein Glas Wein. Das wird ihm gut thun; denn es ist draussen wirklich grimmig kalt.<< Der Bothe nahm den Wein mit Dank an; verbath sich aber das Abendessen. Er habe, sagte er, zu Aeschenthal Anverwandte, und wolle bey diesen den Weihnachtsabend und den heiligen Tag zubringen. >>Auch gut!<< sprach der F?rster, hiess den Bothen austrinken, beschenkte ihn reichlich und entliess ihn.

>>Nun, sprach der F?rster, sitzt alle um mich her! Da ist in des Herrn Riedingers Brief auch noch ein Brief von Anton eingeschlossen; den will ich euch vorlesen.<< Luise sagte: >>Ich will nur noch zuvor ein Kerzenlicht holen.<< >>Wohl, sprach der F?rster; ich kann dann den Brief mit mehr Bequemlichkeit lesen. Aber eile!<< Luise brachte die brennende Kerze sogleich auf einem gl?nzenden Leuchter von Messing. Alle sassen bereits begierig im Kreise umher. Der F?rster las:

>>Liebste, beste Aeltern und Geschwister! Sie erhalten hier ein Weihnachtsgeschenk, ein Gem?lde, das ich mit vielem Fleisse gemahlt habe. Es stellt den neugebornen Heiland in der Krippe vor. Mehrere K?nstler versicherten mich, das Bild sey mir sehr gut gelungen. Ich w?nsche, dass es Ihnen nur halb so viel Freude machen m?chte, als mir die Vorstellung des Kindes Jesu in der Krippe machte, da ich das erste Mal in Ihr Haus trat. Gewiss w?rden Sie dann keine geringe Freude daran haben.<<

>>Ach, dass ich doch mit dem Bilde selbst zu Ihnen reisen, und es Ihnen ?berreichen k?nnte! Es ist zwar dahier ein herrliches Land! Jetzt, im Monate November, da ich dies schreibe, ist es bey Ihnen wohl schon l?ngst Winter, und Ihr Dach und die Tannen und Eichen umher seufzen unter der Last des Schnees. Aber hier prangen die Zitronen- und Pomeranzenb?ume noch mit silberhellen Bl?then und goldenen Fr?chten. Dennoch sehne ich mich unter all diesen Herrlichkeiten nach Ihrem l?ndlichen Kaminfeuer zur?ck, an dem ich die seligsten Stunden meines Lebens zugebracht habe.<<

>>Ihrer G?te habe ich es zu danken, dass ich unter dem milden Himmel Italiens lebe, dass ich, wenn ich je diesen Namen verdiene, ein K?nstler bin. Jene gem?thliche Vorstellung der Krippe Jesu f?r Kinder, so unvollkommen sie auch seyn mochte, weckte mein Talent zuerst. Immer steht sie mir noch vor Augen, und was ich auch, allerdings ohne Vergleich Herrlicheres, von Kunstwerken sehe, so werde ich doch nicht so, wie damals, davon entz?ckt. Ach, die seligen Jahre der Kindheit gehen doch ?ber alles! Da erblicken wir alles umher wie verkl?rt vom goldenen Glanze der Morgenr?the. Schade, dass sie so schnell vor?ber sind!<<

>>Jetzt, in diesem Augenblicke, da Sie diesen Brief lesen und meine Mahlerey betrachten, bin ich im Geiste unter Ihnen zugegen. Ich erinnere mich mit ger?hrtem Herzen, wie ich halb erstarrt unter Ihr l?ndliches Dach kam, wie mich die gute Mutter mit warmen Speisen erquickte, wie Sie mich zu Ihrem Kinde aufnahmen, wie Christian, Katharine und Luise ihre Weihnachtsgeschenke so freudig mit mir theilten. O liebster Vater! ich k?sse dankbar Ihre und meiner Pflegmutter ehrw?rdige H?nde. Ich umarme alle meine Geschwister. Ich freue mich jetzt schon im Voraus, Ihnen nach einigen J?hrchen nicht blos im Geiste und aus weiter Ferne, sondern von Angesicht zu Angesicht sagen zu k?nnen, wie von ganzem Herzen ich sey -- Ihr dankbarer, Sie innigstliebender Anton. Rom, den 15. November 1756.<<

>>Das ist ein Brief, sagte der F?rster und wischte sich die Augen; was wir auch an den Jungen gewendet haben, es ist alles noch zu wenig. Ich setzte zwar immer keine kleinen Hoffnungen auf ihn; allein er ?bertrifft sie alle bey weitem. Niemals h?tte ich geglaubt, eine solche Freude an ihm zu erleben. Doch, sagte er jetzt l?chelnd, ich denke, das Nachtessen wartet auf uns. Nach Tische wollen wir das Gem?lde besehen.<< >>O nein! riefen alle einm?thig, jetzt gleich!<< >>Das geht nun ?ber das Essen!<< f?gte Luise noch bey; >>ich will nur geschwind noch eine Kerze holen, damit wir das Gem?lde besser betrachten k?nnen.<<

Christian brachte Stemmeisen und Hammer, und ?ffnete die Kiste. >>O wie sch?n! Wie lieblich! riefen alle. Welche himmlische Gestalten! Welche unvergleichlichen Farben!<< Der F?rster stellte das Gem?lde auf ein Wandtischchen und die zwey hellleuchtenden Wachskerzen darneben. Aller Augen waren auf das sch?ne Bild gerichtet. Die F?rsterin faltete and?chtig die H?nde und sagte: >>Wahrhaftig, man kann nichts Sch?neres sehen! Mir wird es, als w?re ich wirklich bey der Krippe Jesu zugegen! Wie freundlich, wie holdselig das g?ttliche Kind uns anblickt, als wollte es bey seinem Eintritte in die Welt uns alle willkommen heissen! Wie Maria, an der Krippe kniend, so z?rtlich und liebreich auf das Kind niederblickt, es mit einem Arme umfasst, die andere Hand auf ihr tiefger?hrtes Herz legt, und ?ber dem holden Kinde aller D?rftigkeit des armen Stalles vergisst! Wie ehrw?rdig Joseph da steht und wie fromm er mit gefalteten H?nden zum Himmel aufschaut! Wie den Hirten die Redlichkeit aus den Augen sieht; wie ehrerbiethig und and?chtig sie auf die Knie gesunken sind! Und die Engel oben, wie himmlisch sch?n! Wie leicht und schwebend! Und welch ein heller Glanz das Kind umgiebt, alles umher erleuchtet, und selbst den Schimmer der Engel ?bergl?nzt. Wahrhaftig, wer sich da der Geburt des Erl?sers nicht freuen und mit den Engeln Gott loben und preisen wollte, der m?sste ein Herz von Stein haben.<<

Der F?rster hatte das Bild bisher mit unverwandten Augen stillschweigend betrachtet, ohne ein Wort zu sagen. Endlich sprach er, wie aus einem Traume erwachend: >>Ja, du hast Recht! Wenn wir diese heilige Geschichte, so sch?n gemahlt und in eine Rahme gefasst, vor Augen haben, so macht sie einen neuen, ganz eigenen Eindruck auf unser Herz. Ich will es einmal versuchen, ob ich es euch sagen kann, was ich alles darin finde und wie es mir um das Herz ist.<< Er schob seinen Lehnsessel herbey, setzte sich in einer kleinen Entfernung von dem Bilde, in der es sich am besten ausnahm, und sprach dann:

>>Wir wollen, meine lieben Kinder, unsre Augen zuerst auf das g?ttliche Kind in der Krippe richten! Wir wollen aber jetzt auf einige Augenblicke seiner g?ttlichen Abkunft noch nicht gedenken; wir wollen es zuerst nur als ein Menschenkind betrachten. Schwach und h?lflos, in arme Windeln eingewickelt, liegt es auf ein wenig Heu und Stroh. Aber die liebvolle Mutter begr?sst es mit freundlichem L?cheln und voll der z?rtlichsten Sorgfalt, es wohl zu verpflegen; und der treue N?hrvater steht theilnehmend dabey, bereit mit seinem st?rkern Arm Mutter und Kind zu sch?tzen, mit seiner arbeitsamen Hand beyde zu ern?hren. Ein treuer Vater, eine liebvolle Mutter und ein Kind, das diese treue Liebe, sobald es zur Besinnung kommt, dankbar erwiedert, ist der sch?nste Anblick auf Erden, ?ber den sich Engel erfreuen m?ssen. Dieses liebliche Drey -- Vater, Mutter und Kind -- hat Gott so zusammen gef?gt.<<

>>O meine Kinder, denkt daher bey diesem Kinde in der Krippe: Als ein schwaches Kind bin auch ich einst so dagelegen, wo man mich hinlegte. Ich h?tte verschmachten m?ssen, wenn meine Aeltern sich meiner nicht liebreich angenommen h?tten. Allein mit Freude und Jubel wurde der kleine fremde Gast aufgenommen, und alles war schon zu seiner Ankunft bereitet. Meine Mutter h?llte mich in meine erste Bekleidung, die Windeln, die sie wohl selbst gesponnen, gebleicht und gen?ht hatte. All ihr Sinnen und Trachten Tag und Nacht ging nur darauf, dass mir nichts abgehen m?ge. Sorgsam wachte sie an meiner Wiege, wenn ich schlief; manche Nacht brachte sie schlaflos zu, aus z?rtlicher Liebe zu mir! Der treue Vater theilte ihre Sorge und arbeitete f?r beyde. So denket und danket Gott, dass Er euch gute Aeltern schenkte! Denn Er ist es, der aus Liebe zu euch etwas von seiner unaussprechlichen Liebe in das Herz eurer Mutter pflanzte, und eurem Vater von seinem treuen Vatersinne mittheilte und ihm das Vaterherz gab. Seyd aber auch nicht undankbar gegen eure Aeltern. Ein Sohn, eine Tochter, die es vergessen k?nnten, was die Mutter mit ihnen ausstand, was der Vater f?r sie that, sie zu ern?hren, zu kleiden, zu erziehen, w?ren ohne alles menschliche Gef?hl.<<

>>Lasst uns nun, meine Kinder, nachdem wir die heilige Familie betrachtet, zu den heiligen Engeln, die dort oben schweben, hinaufblicken -- und einen Blick auf die Thiere des Stalles werfen. Da wird uns die W?rde und die Bestimmung des Menschen klar. -- Schaut erst noch einmal der heiligen Jungfrau in das milde Angesicht voll himmlischer Unschuld und unaussprechlicher m?tterlicher Z?rtlichkeit! Betrachtet die aufrechte Gestalt des ehrw?rdigen Josephs, wie er so voll Geist und Andacht die Augen zum Himmel erhebt! Sehet das holde Kind an, dessen Angesicht so lieblich l?chelt, dessen Augen wie Sterne leuchten! Und nun schauet auf die rauhen haarigen Thierk?pfe -- des Ochsen und des Esels hin. Wie dumm und vernunftlos sie darein sehen! Wie das Maul hervorsteht, und uns zu erkennen giebt, dass sie nur auf Futter bedacht sind und von nichts H?herem und Besserem wissen. Sie sind nicht einmal eines freundlichen L?chelns f?hig! O, wem erscheint bey dieser Vergleichung der Mensch nicht als ein h?heres Wesen? Wahrhaftig, er geh?rt einer h?hern Reihe von Gesch?pfen an. Der roheste Mensch hielte sich ja f?r beschimpft, wenn man zu ihm sagte: Du bist um nichts besser, als der Ochs, der deinen Pflug zieht, als der Esel, der deine S?cke zur M?hle tr?gt und dann verfault. Nein, der Mensch gleicht vielmehr den heiligen Engeln Gottes, die ihren Sch?pfer erkennen, sich Seiner freuen und Ihm lobsingen. Der Mensch ist das einzige Gesch?pf auf Erden, der diess auch kann. Sey es, dass er einige Aehnlichkeit mit den Thieren hat; er ist doch den Engeln des Himmels n?her verwandt. Sey es, dass er weinend und wimmernd zur Welt kommt, dass er vieles ausstehen, vieles leiden muss, bis er in seiner vollen Bl?the dasteht, dass er dann nach kurzer Zeit wieder gleich einer Blume dahinwelkt, gleich den Thieren dahin modert -- nur seine Erdengestalt zerf?llt zu Staub. Es ist ein unsterblicher Geist in ihm; er ist ein Engel in schwaches Fleisch und Blut verh?llt. Sobald diese H?lle abf?llt, ist der Engel vollendet -- wenn anders der Mensch seine Bestimmung auf Erden erf?llt und dem Willen des Sch?pfers gem?ss gelebt hat.<<

>>Sehr gut hat der Mahler, ausser den gr?ssern Thieren noch ein Lamm und ein K?rblein voll Fr?chte angebracht, die man als ein Geschenk f?r das neugeborne Kind am Fusse der Krippe erblickt. Dem Menschen sind alle ?brigen Gesch?pfe der Erde unterworfen. Er bez?hmt die st?rksten Thiere und sie m?ssen ihm dienen; ihm giebt das Schaf Milch und Wolle; ihm bringt die Erde ihre sch?nsten Fr?chte hervor. Nur ein weniges hat Gott den Menschen den Engeln nachgesetzt, hat ihn mit Ehre und Hoheit gekr?nt, hat ihn zum Herrn seiner Werke gemacht und alles ihm zu F?ssen gelegt.<<

>>Auch der Ort, an dem wir dieses Kind und seine Aeltern erblicken, die arme Krippe und der d?rftige Stall, sind nicht ohne Bedeutung. Der Mensch bedarf keines Palastes, um hier auf Erden seine Bestimmung zu erreichen. Er kann in der elendesten Strohh?tte zufrieden leben und selig sterben. Wir erblicken in dem Stalle nur Armuth und Mangel. Allein um wahrhaft gl?cklich, aller wahren Ehre w?rdig und von ?chtem Menschenadel zu seyn, braucht der Mensch weder Sammet noch Seide, weder Gold noch Silber. Gerade im Wichtigsten hat Gott keinen Unterschied unter den Menschen gemacht. Ein armer Stall beherbergt hier die heiligsten, die seligsten, die ehrw?rdigsten Menschen, die je auf Erden gelebt haben.<<

>>Doch -- meine Kinder, was ich euch bisher gesagt habe, ist f?r uns wohl sehr erfreulich und tr?stlich. Allein es gilt nur von dem Menschlichsch?nen dieser Geschichte. Die g?ttliche Abkunft und die hohe Bestimmung dieses g?ttlichen Kindes ist erst das Allerwichtigste. Denn Jesus Christus, der menschgewordene Sohn des Allerh?chsten, ist in diese Welt gekommen, die Menschen, die von Gott und ihrer urspr?nglichen W?rde abgefallen und desshalb verloren waren, zu retten. In Ihm erschien uns die Menschenfreundlichkeit Gottes sichtbar; in Ihm erblicken wir Gott in Menschengestalt. Er ward zwar in tiefster Armuth geboren, lag als ein Kind in einer Krippe, hatte in dieser Welt nicht so viel Eigenes, wo er nur sein Haupt hinlegen konnte, und starb gleich einem Uebelth?ter am Kreuze. Allein ohne alle irdische H?lfsmittel, ohne Reichth?mer und bewaffnete Macht, hat Er durch seine g?ttliche Weisheit, Liebe und Allmacht die Gestalt der Erde ver?ndert, das Menschengeschlecht erleuchtet, veredelt, dem Verderben entrissen -- und so seine g?ttliche Abkunft bew?hrt. Darauf wird in diesem Gem?lde, so wie in der Geschichte, sehr sch?n gedeutet.

Zu Ihm steht jedem Menschen der Zutritt offen. Er offenbarte sich zuerst armen, einf?ltigen Landleuten -- den Hirten, auch seine Mutter ist arm, sein N?hrvater ein Handwerker, der mit harter Arbeit sein Brod erwirbt. Schon bey der Krippe Jesu wird uns gezeigt, dass Reichthum, hoher Rang und Erdenweisheit vor Ihm nichts gelten. Er will nur Menschen um sich sammeln, die eines guten Willens sind, wie Maria, die heiligste Jungfrau, wie Joseph, der Gerechte, wie die Hirten, diese frommen M?nner voll Gottesfurcht und Rechtschaffenheit. Doch weiset Er auch den gr?ssten S?nder nicht zur?ck, der seine S?nden bereut und sich ernstlich bessern will. Darauf deutet schon der Namen des g?ttlichen Kindes. Desswegen verk?ndete der Engel Marien den g?ttlichen Befehl: >>Ihm sollst du den Namen Jesus geben!<< Desshalb wiederholte er diesen Befehl dem Joseph: >>Jesus, das heisst Erl?ser, sollst du Ihn nennen, denn Er wird sein Volk von S?nden erl?sen.<< Das s?ndige Menschengeschlecht sollte sein Volk, ein heiliges Volk Gottes werden. Desswegen sehen wir ?ber der Krippe Jesu den offnen Himmel. Er wollte den Menschen den verschlossenen Himmel wieder ?ffnen, ein Himmelreich auf Erden gr?nden, und so Himmel und Erde wieder vereinigen. Dar?ber freuen sich die heiligen Engel Gottes, jubeln und frohlocken, preisen Gott in der H?he und w?nschen den Menschen Gl?ck zu dem Heile, das Ihnen durch Christus bereitet ward.<<

Was uns bey der Krippe Jesu verk?ndet wird, das hat Jesus Christus erf?llt, so grosse Hindernisse Ihm auch der Unglaube und die Hartn?ckigkeit der Menschen entgegen setzte; an so vielen seine Geburt und sein Tod verloren war. Er gr?ndete ein Himmelreich auf Erden, und sein Werk bestand. Manche Welteroberer stifteten indessen Weltreiche; allein sie ?berlebten ihre Reiche nicht lange, oder sahen wohl noch lebend sie in Tr?mmer zerfallen. Das Reich Jesu allein -- das wahre Christenthum -- breitete sich immer weiter aus und bestand bis auf diese Stunde. Ganze V?lker kamen zum Glauben an Ihn und K?nige zierten ihre Kronen mit seinem Kreuze. Die alten heidnischen Gr?uel, Menschenopfer und dergleichen, verschwanden aus den christlichen L?ndern der Erde. Eine Menge von Tempeln und Kirchen erhoben sich, in denen der wahre Gott angebethet und g?ttliche Wahrheit gelehrt wird. Unz?hlige Schulen, Armenanstalten, Krankenh?user kamen durch die christliche Liebe zu Stande. Wie viele Kinder, Arme und Kranke m?ssten ohne diese milden Stiftungen in Unwissenheit, Lasterhaftigkeit und Elend umkommen! Millionen von Menschen haben im Glauben an Christus Beruhigung ?ber begangene S?nden gefunden, und sind durch Ihn edle Menschen geworden. Und noch jetzt, so sehr auch der Unglaube und das Verderben ?ber Hand nehmen, schlagen Ihm unz?hlige Herzen und finden in Ihm Trost in Noth und Tod. Noch immer wird das Evangelium, die Freudenbothschaft von Ihm, den Heiden verk?ndet, und wilde V?lker bekehren sich zum Glauben an Ihn, freuen sich der himmlischen Wahrheit und nehmen sanftere Sitten an. Der Geburtstag Jesu ist daher der wichtigste Tag in der Weltgeschichte, und mit Recht fingen die weisen Alten von diesem Tage eine neue Zeitrechnung an. Jede Jahrszahl soll uns daran erinnern, der Geburtstag Jesu sey der Geburtstag des Lichtes und Heiles f?r alle Menschen, die Ihm Augen und Herzen ?ffnen wollen -- der Geburtstag des wahren Menschengl?ckes, der Erleuchtung und Veredlung des Menschengeschlechtes. Lasst uns denn, meine Kinder, an diesem Abende und am morgigen Tage dem Erl?ser aufs neue huldigen und in den Lobgesang der Engel mit einstimmen.<<

So sprach der F?rster; die F?rsterin sagte ger?hrt: >>Ja, Kinder, das wollen wir! Das sch?ne Gem?lde, das Anton uns schickte, ist das sch?nste Weihnachtsgeschenk, das Anton oder irgend ein Mensch -- ja wohl ein F?rst! -- uns h?tte machen k?nnen. Die Andacht, mit der Ihr die frommen Bemerkungen eures Vaters angeh?rt habt, ist die sch?nste Weihnachtsfeyer, mit der wir den heiligen Abend feyern k?nnen. Wir wollen das Heil, das uns Gott durch den neugebornen Heiland bereitete, dankbar annehmen. Dann ist der Geburtstag des Erl?sers auch der Geburtstag unsers Heils.<<

Sechstes Kapitel.

Widerw?rtige Schicksale des F?rsters.

Der treffliche F?rster hatte mit den Seinigen seit Antons Abreise mehrere Jahre in Ruhe und Zufriedenheit verlebt. Seine Kinder waren erwachsen; der Sohn ein r?stiger junger Mann, die T?chter bl?hende Jungfrauen; alle sehr gut erzogen und von untadelicher Auff?hrung. Allm?hlig empfand der gute Vater aber die Beschwerden des herannahenden Alters. Er war darauf bedacht, seinen Dienst dem Sohne abzutreten. Der F?rst des Landes besuchte j?hrlich im Herbste auf einige Tage das f?rstliche Jagdschloss Felseck; denn die Jagd war ihm bey seinen vielen Gesch?ften immer einige Erholung. Er war ein sehr leutseliger Herr; jeden seiner Unterthanen, auch den Geringsten, h?rte er liebreich an und redete freundlich mit ihm. Als der F?rst wieder auf dem Jagdschlosse angekommen, und die Jagd in dem Walde des alten F?rsters besonders gut ausgefallen war, n?herte sich ihm der F?rst, klopfte ihm sehr zufrieden auf die Schulter und sagte: >>Nun wie gehts, mein lieber F?rster?<<

>>Eure Durchlaucht, sprach der F?rster, diesen alten Schultern will die Last des Tages zu schwer werden; ich w?nsche sie j?ngern Schultern ?bertragen zu d?rfen.<< >>Nun, sprach der F?rst, doch wohl Eurem Sohne, dem Christian dort? Er ist ein braver J?ger, und, was ich ohne Vergleich mehr sch?tze, ein sehr guter Forstmann. Die Waldungen sind, wie ich auf der Jagd gar wohl bemerkte, im besten Zustande. Verlasst Euch darauf; kein Anderer bekommt den Dienst. Er mag ihn auch einstweilen versehen. Indess ist mirs lieb, wenn Ihr noch eine Zeit die Oberaufsicht und den F?rstertitel beybehaltet. Auch die besten jungen Leute werden leicht ?berm?thig und nachl?ssig, wenn ihr Rockkragen zu fr?he mit goldenen B?rtchen verbr?mt wird. Es ist mein und Euer Vortheil, wenn Ihr noch eine Zeit F?rster bleibt.<<

Der F?rster bezeugte dem F?rsten f?r die gn?dige Zusicherung seinen Dank, und sagte dann: >>Es ist aber noch ein anderer Umstand dabey. Mein Sohn k?nnte sich eben jetzt gut verheirathen -- mit der Tochter meines Jugendfreundes, des l?ngst verstorbenen F?rsters Busch. Das M?dchen hat erst k?rzlich auch ihre Mutter verloren, und weiss nun nicht wohin. Sie ist arm -- aber sehr fromm, fleissig und die lautere Unschuld, G?te und Bescheidenheit.<< >>Nun wohl, sprach der F?rst; ich lobe es sehr, dass ein braver Mann bey seiner Wahl mehr auf Unschuld und Tugend, als Geld und Gut sehe. Ich gebe ihm die Erlaubniss zu heirathen mit Vergn?gen -- und die Anwartschaft auf den F?rsterdienst dazu. Ich werde sogleich Befehl geben, damit das Dekret ausgefertigt werde.<<

Der F?rstersohn, der voll banger Erwartung in einiger Entfernung stand, kam auf den Wink seines Vaters herbey, und dankte dem F?rsten. Die Heirath kam zu Stande. Mit der jungen sanften Frau kam neuer Segen in das Haus; Friede und Eintracht wohnten unter dem Dache des guten F?rsters. Dem alten Manne wurde noch die Freude, seine Enkel auf seinem Schoosse zu sehen, und die alte F?rsterin wurde wie verj?ngt, nun ihre kleinen Enkel pflegen und tragen zu k?nnen. Die T?chter des Hauses lebten mit der jungen F?rsterin wie mit einer Schwester. Alle waren sehr gl?cklich.

Allein bald kam ?ber dieses gl?ckliche Haus eine grosse Widerw?rtigkeit. Sie entspann sich aus einer alten Geschichte, die der alte F?rster beynahe vergessen hatte. Jener junge Herr von Schilf, der ehemals mit dem F?rster ?fter auf die Jagd gegangen war, hatte bald darauf sich herausgenommen, allein und ohne Erlaubniss des F?rsters in den Wald zu gehen, und alles, was ihm zu Gesicht kam, ohne Erbarmen niederzuschiessen. Der F?rster traf ihn im Walde und sagte: >>Das Wildschiessen ist sehr strenge verbothen. Haben Sie, mein lieber junger Herr, Lust zur Jagd, so kommen Sie, wie bisher, zu mir. Ich nehme Sie dann gern mit mir, und weise Ihnen die besten Pl?tze an, wo Sie dann nach Herzenslust schiessen k?nnen. Allein das darf ich nicht zugeben, dass Sie eigenm?chtig in dem mir anvertrauten Forste schalten und walten.<< Wer aber nach wie vor auf die Jagd ging, war der junge Herr. Der F?rster traf ihn wieder, nahm ihm das Gewehr und sagte: >>Gott weiss es, ich thu es ungern. Allein ich muss. Die Befehle sind streng; ich kann nicht anders. Wenn ich Sie nochmals treffe, muss ich weitere Anzeige machen, und dann -- geht es Ihnen nicht gut.<< Der brave F?rster ging ?berdiess noch zu dem alten Herrn von Schilf, und bath ihn, dem jungen Herrn das Jagen zu verbiethen. Der alte Herr liess zwar sonst seinem Sohne alles hingehen. Allein dieses Mal ward er doch sehr aufgebracht; er f?rchtete die f?rstliche Ungnade. Er drohte seinem Sohne mit der Enterbung, wenn er noch ein einziges Mal auf die Jagd gehen w?rde; es sey denn, der F?rster gehe mit ihm. Allein der junge Herr war es schon gewohnt, seinem Vater nicht zu gehorchen. Bald darauf h?rte der F?rster einen Schuss, eilte hin und traf den jungen Herrn bey einem erlegten Hirsch. Der F?rster machte die Anzeige. Der alte Herr von Schilf reisete selbst zum F?rsten und flehte um Gnade. Der F?rst sagte: >>Nach den Gesetzen sollte der junge Herr in das Zuchthaus wandern. Ich will ihn zwar begnadigen; allein l?sst er sich noch einmal treffen, so schicke ich ihn sicher dahin -- und da begreifen Sie wohl, dass ich mir denn einmal keinen Rath oder andern Diener aus dem Zuchthause nehmen kann.<< Die Sache wurde so beygelegt. Der junge Herr von Schilf fasste aber einen grimmigen Hass gegen den ehrlichen F?rster, und gl?hte, wiewohl indess viele Jahre verflossen waren, noch immer von Rache gegen ihn.

Jetzt starb der F?rst sehr unerwartet; der Erbprinz war noch minderj?hrig und befand sich eben auf Reisen. Es wurde eine Vormundschaft angeordnet und in dem Lande ging manche Ver?nderung vor. Der junge Herr von Schilf, der sehr reich war und angesehene Verwandte hatte, wurde Oberf?rster. Mit grosser Pracht zog er in das f?rstliche Jagdschloss Felseck ein, von dem ihm ein Theil zur Wohnung angewiesen wurde. Er war nunmehr der Vorgesetzte des guten F?rsters, und qu?lte den alten Mann uns?glich. Des Tadelns war kein Ende. Der F?rster konnte ihm nichts recht machen.

Der Erbprinz hatte zwar nunmehr die Regierung angetreten. Allein der Oberf?rster von Schilf, der sehr abgeschliffen, gewandt und beredt war, wusste den obersten Forstmeister, der bey dem neuen F?rsten sehr viel galt, ganz f?r sich einzunehmen, und ward nun gegen den guten F?rster noch ?berm?thiger und feindseliger, als zuvor. >>Ihr taugt nicht mehr zum Dienste, sagte er einmal zu ihm; ich werde darauf antragen, einen brauchbareren Mann f?r den sch?nen Forst zu bekommen.<< Der F?rster sagte: >>Herzlich gern lege ich mein Amt nieder. Ich h?tte es schon l?ngst gethan, wenn der hochselige F?rst es zugegeben h?tte. Es ist also mein Sohn F?rster.<< >>Das w?re! sagte Herr von Schilf h?hnisch l?chelnd. Da m?sste ich auch etwas davon wissen.<< Der F?rster berief sich auf jenes f?rstliche Dekret, dem zu Folge sein Sohn geheirathet hatte. >>Pah, rief Herr von Schilf, ich kenne es wohl.<< Er wusste es sehr k?nstlich auszulegen. >>Es ist, sagte er, blos ein Versprechen auf Wohlverhalten; nichts weiter. Der Junge taugt aber nichts. Ich werde meinen Mann besser zu w?hlen wissen.<<

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