Read Ebook: Helianth. Band 1 Bilder aus dem Leben zweier Menschen von heute und aus der norddeutschen Tiefebene by Schaeffer Albrecht
Font size:
Background color:
Text color:
Add to tbrJar First Page Next Page Prev Page
Ebook has 2678 lines and 192795 words, and 54 pages
"Sure," he agreed, yanking at the cinch, "and I'll come a lopin' with the bonnie blue flag, to give aid and succor to the enemy."
"You will not!" she retorted. "You'll just whistle back friendly, and be chums. I think my clothes are dry now, and you'd better travel. If you meet anyone looking for a stray maverick, you haven't seen me."
After he had mounted and passed along the corral to the road, he turned in the saddle and looked back. He could se llenden Wiesen, einem Hain, dem St?ck eines blauen Flusses am Grunde, in der Ferne bl?ulichen H?geln, von violetten Bergr?cken ?berh?ht, all dies gelbgr?nlich im hellsten Sonnendunst verschwimmend und gl?sern. Schr?g ?ber das Bild, diese Landschaft abschneidend, zog sich der obere Teil einer Balustrade von gelbem Marmor, neben der, auf einer lehnenlosen Bank von gleichem Stein, nahezu lebensgross scheinend, ein M?dchen sass, in der rechten Bildh?lfte, den einen Arm auf der breiten Platte der Br?stung. Ihr Antlitz lag, scheinbar aus dem Hinabschaun ?ber die Schulter in die Gegend, flach nach oben gewandt, das Haupt tief im Nacken, die Z?ge fast unkenntlich durch die Verk?rzung. Das, wonach sie zu sehn schien, war selber nicht sichtbar, aber sein Schatten, der eines Schmetterlings, lag bl?ulich und deutlich umrissen dicht vor ihrer Hand auf dem Stein. Ihr Gewand nahm das leichte Violettblau der Berge mit tieferem, r?terem Ton wieder auf, durchsichtig, indem alle Stellen, die am K?rper fest anlagen, r?tlich schimmerten, und das alles, ohne Schwarz gemalt, gl?hte durchscheinend in blendender Hellfarbigkeit, wie von innen erleuchtet.
Keinen Zusammenhang zwischen Bild und Vers bekam Georg heraus. Leise angeweht von der allgemeinen Stille des Gemalten und dem unendlich in sich gekehrten Zauber des Augenblicks -- so fl?chtig und doch, als k?nne sie durch Jahrhunderte so sitzen -- sah er irgendwo das fremde und bedeutende Gesicht des Malers, ?ber welcher Erscheinung er sich nun gen?tigt sah, nach einer Jahreszahl zu sp?hn. In der rechten Bildecke entdeckte er sie neben einem kleinen roten Rad in roten Ziffern, doch war die letzte leider unleserlich, es schien 1897, und nun musste er l?cheln, wie klein er noch gewesen war, als das Bild gemalt wurde, worauf er sich losriss und augenblicks mit dem ?blichen Herzklopfen zur n?chsten, offen stehenden T?re ging, dann weiterhin durch die ge?ffneten Zimmer bis ins letzte, das d?mmrig lag bei geschlossenen Vorh?ngen. Dahinter wars, das schwarze Zimmer, der Turm ... Er schauderte, zauderte leicht, nahm sich zusammen, trat zur verschlossenen T?r, klopfte an, ?ffnete, trat, sich schmal machend, durch den Spalt und schloss hinter sich.
Die Finsternis, in der er stand, traf ihn fast eisig nach der heissen Luft vorher, er blickte hastig nach oben, um ein Raumgef?hl zu erlangen, sah den d?nnen Lichtfaden weisslich aus der Laterne des Turms herabrinnen, h?rte den grossen Ventilator summen und gleich darauf die leise gleitenden Schritte seiner Mutter. Nun glaubte er auch ihren Schatten, schwarz in der Schw?rze des Raumes, zu sehn, der wie eine Bergh?hle tief und unterirdisch war. Der Schatten glitt n?her, dort musste die Wand sein, der Schein eines weissen Gesichts d?mmerte, schwand pl?tzlich, und der Schatten glitt fort. Er h?rte den Hauch eines Seufzers, der Schatten kam wieder und hielt nach einer Weile in seiner N?he an. Georg dr?ckte seine Stimme herunter:
>>Wie geht es, Mutter?<<
>>Danke, schon besser<<, antwortete sie kaum h?rbar; dann fragte sie:
>>Was giebt es Neues, mein Junge?<<
>>Es ist Besuch gekommen. Der Maler des Bildes im Klaviersaal, Bogner. Vater l?sst es dir sagen, und ob du ihn heut abend sehn k?nntest.<<
>>Ich hoffe. Ist es ein angenehmer Mensch?<<
>>Sehr, Mama. Er spricht nicht viel, aber sein Schweigen scheint so klug und bedeutend. -- Es ist sehr warm heut. Magda und ich wollen etwas reiten.<<
>>Heisse den Maler auch von mir willkommen. Ja, ich denke, ich werde heut abend mit euch essen k?nnen. Wie geht es Papa?<<
>>Gut, Mama, wie immer. Vielleicht giebt es auch ein Gewitter, das w?re doch sch?n f?r dich.<<
>>So, ein Gewitter? Ja, das w?re mir sehr gut. Nun, gr?ss Vater, mein Junge! Und Magda. Geh, mein Junge.<<
Der Schatten war dicht an ihn herangekommen, auf einmal sehr gross und ganz weisslich; er ergriff eine eiskalte Hand, die aus der D?mmerung kam, k?sste sie schaudernd, als w?re es eine Pflanze, und tastete sich nach der T?r. Er wartete wegen des einfallenden Lichts, bis der bleiche Schatten ganz fern von ihm war, ?ffnete die T?r, schl?pfte durch die Spalte und schloss sofort hinter sich wie vorhin. Draussen starrte er geblendet gegen das Lichtviereck der gegen?berliegenden T?r, in dem er nach einiger Zeit einen vergoldeten Sessel, dann unten den roten Zipfel eines Teppichs und oben ein St?ck eines unkenntlichen Bildnisses erkannte, und nun ging er weiter bis vor die Saalt?r, ohne Gef?hl und Gedanken, wie bet?ubt, wie entronnen.
Langsam tr?stete ihn der friedliche Anblick der drei, vor der dr?ben liegenden Schmalseite des Saales stehenden braunen Tafelklaviere, die sich still verhielten wie gute Tiere, und nun erst, da er dachte, dass eines von ihnen ein Geschenk des >>fl?tespielenden K?nigs<< war, wie seine Mutter ihn einmal genannt hatte, tauchte aus allem Unbestimmten und Verworrenen des Gef?hls sie selber und wirklich wieder auf, er f?hlte sie an seiner Hand, f?hlte den Druck ihres ewigen, w?tenden Kopfschmerzes auf der Stirn und trat hastig von der T?r zur?ck ans offne Fenster. Wie warm es nur war! Er beugte sich hinaus.
Weit links sass sein Vater unter dem Sonnenschirm, seinen Stoss Zeitungen auf dem Stuhl neben sich, selber verborgen hinter der papiernen Wand vom >>Manchester Guardian<<, und nicht weit von ihm sass jetzt allein, den R?cken zur Hauswand, Doktor Birnbaum, Onkel Salomon, und fr?hst?ckte. Georg konnte die rechte, im Kauen auf- und niedergehende H?lfte des h?ngenden braunen Schnurrbarts sehn, dar?ber die nicht minder h?ngende, stark gebogene Nase, die rote, feste Wange und die eine der kr?ftigen, hochgezogenen Brauen. Er hatte sein Glas Milch vor sich stehn, schnitt auf dem Teller eine schinkenbelegte Brotscheibe in Streifen und W?rfel und steckte sie in den Mund.
Ach, dachte Georg, nun tief bek?mmert, meine Eltern, meine armen Eltern! Da sitzt nun Papa wie ein Riese, braun wie ein Seefahrer, und nach einer Weile wird Egloffstein mit den St?cken kommen, und auf vier stelzend?rren Beinen wird er weghumpeln, aber -- aber selbst dann ist er wie ein Meermann auf dem Lande, der seinen Fischschwanz hinter sich herschleppen muss, ja, so ist es, als g?be es ein andres Element, in dem er sich frei und herrscherlich ... und es giebt das ja auch, er hat seinen Geist, aber da in ihrem Turm hinter vermauerten Fenstern l?uft meine Mutter in ihrer Finsternis auf und ab, von brennendem Feuer im Kopf gejagt, tagaus tagein, und jahraus jahrein, sie kann nicht einmal denken, vielleicht abends eine Stunde. Vater ist so gelehrt und klug, er erfindet sich Fl?gel f?r die zerschmetterten F?sse, aber meine Mutter, sie hatte doch auch einmal eine sch?n fliegende Seele, oder ist sie noch da, ist sie wirklich noch da? -- Schamvoll den Gedanken zerdr?ckend, meinte er: Vielleicht fliegt sie um mich, wo ich bin, und tr?gt, wenn ich schlafe, meine Tr?ume zu den vollkommenen Sternen.
Unten wurde gesprochen. Georg setzte sich auf die Fensterbank, den R?cken rechts gegen den Rahmen lehnend, doch konnte er von drunten nichts verstehn, da Onkel Sal von ihm abgewandt sprach. Langsam drang die W?rme wieder ganz in ihn ein, er dachte, hier zu warten, bis Anna und die Pferde k?men, und nun h?rte er pl?tzlich, w?hrend der obere Zipfel der Zeitung langsam sank und dahinter das b?rtige Gesicht seines Vaters, ruhig mit ein wenig ironischem Blick auf den Sekret?r gerichtet, zum Vorschein kam, ihn sagen:
>>Wenn es sich wirklich um politische Dinge dabei handelte. Sie sehen ja nur die Anl?sse, Bester. Die Gr?nde aber sind schon beinahe metaphysisch.<<
Wovon redet er denn? dachte Georg. Onkel Sals Antwort blieb unverst?ndlich, seines Vaters Gesicht verschwand wieder hinter der Zeitung, und da er so weiterredete, war wieder nichts zu verstehn. ?brigens gen?gte die Sonne, und Georg liess langsam die Lider sinken. Fern, aber deutlich h?rte er die Stimme seines Vaters wieder:
>>Es handelt sich um das Recht der Jugend, das ist das Ganze. Frankreich liess sich von Camille Desmoulins und den andern leider enthaupten ...<<
>>Napoleon --<<, h?rte Georg von der andern Stimme.
>>Napoleon war kein Franzose,<< t?nte deutlicher die Stimme des Herzogs, >>war ein italienischer Abkomme von Condottieres und ?berdies eine jener Gestalten --<< Georg entging das N?chste, er versank tiefer in Wohlsein, Magdas Gestalt erschien ihm.
>>Aber das Recht, wo ist denn das Recht?<< schrie Onkel Sal. >>No -- nun sagen Sie mir ...<<
>>Was f?r ein Recht meinen Sie? Das, zu sein -- aus dem sich als n?chstes ergiebt: vor und ?ber den andern zu sein. Jenes Recht, das -- ich weiss nicht, ob es moralisch ist, aber das jedenfalls den R?mern bei Cann?, den Griechen bei Marathon, den Ungarn vor Wien und den Preussen bei Gravelotte half.<<
Sie sprechen vom Kriege, dachte Georg im Halbschlaf, neunzehnhundertund... es ist zu komisch! Halt, was sagte Onkel Salomon? No, sagte er, er sagte immer no.
>>No -- und das bestreite ich eben!<< Die Stimme kreischte etwas wie schlecht ge?lt. >>Sind wir denn keine christliche Nation?<<
>>Das sind sie alle,<< versetzte der Herzog auflachend, >>was wollen Sie daraus beweisen?<< Ausserdem ist er Jude, der gute Onkel, dachte Georg schl?frig, aber was hat er f?r eine christliche Seele!
Eine Weile schien alles still, lange Zeit sprach jemand mit unterdr?ckter Stimme. Georg wars, als ginge eine T?r, er fuhr pl?tzlich auf, da seines Vaters Stimme unten ganz laut ert?nte:
Pl?tzlich drehte Anna sich um, liess die Blicke suchend ?ber die Hauswand gleiten und nickte herauf, sonderbarerweise aber nicht nach ihm, sondern nach einem Fenster weiter links. Georg stand auf, trat in den Saal hinein, und da sah er hinter dem Vorhang des letzten Fensters ein St?ck von einem Menschen, Bein und Knie, und da wars Maler Bogner, der friedfertig auf der Fensterbank sass und eine kleine Pfeife rauchte, als w?re er zu Hause. Nun sah er Georg still, ein wenig fremd, an und begann langsam und auf unbeschreibliche Weise mit den Augen zu l?cheln. Georg trat zu ihm und sagte verlegen ein paar entz?ckte Worte ?ber das Bild, die der Maler nicht zu h?ren schien. -- Ob es hier K?he g?be, fragte er, und ob es erlaubt sei, sie sich anzusehn. Georg versicherte, es wimmle von K?hen ?berall und der Maler m?sste sich hier wie zu Hause f?hlen. Schon im Forteilen, denn er h?rte die Pferde, wurde ihm das Unpassende seiner Zusammenstellung klar, er wurde rot, suchte eine Entschuldigung, fand keine, glaubte, noch etwas sagen zu m?ssen, und fragte:
>>Wo sind Sie daheim, wenn ich fragen darf?<<
>>Das ist auch verkehrt,<< versetzte der Maler freundlich, >>ich bin nirgend daheim.<<
Georg, dunkler err?tend, f?hlte sich wider Willen in eine neue Frage verstrickt:
>>Aber Ihre Eltern, wenn ich fragen darf, leben doch noch?<<
Bogner versetzte, dass er es hoffe. Dies gab Georg den Rest, er gl?hte, fand kaum die T?r und rannte die Treppe hinunter.
Als er die Terrasse wieder betrat, sass die Anna schon auf ihrem kleinen, hellbraunen Pferde. Ihr Vater ging um den grossen, schwarzbraunen Hunter des Prinzen, zog am Sattelriemen und beschimpfte den Stallburschen, der statt Vorderzeug Matingal aufgelegt hatte, ob er, Chalyb?us, vielleicht nebenher laufen solle, um den Sattel festzuhalten, ob er, Stallbursch, immer noch nicht wisse, dass das Aas von Unkas den Sattel auf die Hinterhand sch?be. Der Bursche sah wie eine Geraniumbl?te aus, starrte bet?ubt Magda an, wagte es aber, als Georg aufstieg und er sich an den rechten B?gel h?ngen musste, zu fl?stern dass am Vorderzeug eine Schnalle durchgerostet sei.
Georg nickte ihm zu. Am Fr?hst?ckstisch war niemand mehr. Sie trabten nach Westen in den Park hinein. Der Sattel fing an zu rutschen.
Zweites Kapitel
Deich
Georg, innerlich mit ihm selber kaum bewussten Dingen verworren besch?ftigt, schwieg lange Zeit, lachte endlich leicht auf und sagte:
>>Weisst du, was mir einf?llt? Einmal war Onkel Salomon auf einer Dienstreise in Altenrepen, besuchte mich und brachte mich ein St?ck Weges zur Schule. Da kaufte er in einem Zigarrenladen eine besondere Sorte, so ganz grosse, du kennst sie ja, sein einziger Luxus, und wie er aus der T?r kam, hatte ich inzwischen irgendwen von den Jungens getroffen, drei oder vier, ich weiss nicht mehr, der lange Fischbeck war dabei, und schon gab er jedem dreie von seinen Kostbaren, eine einzige behielt er in der Westentasche. Und erinnerst du dich, wie Papa mal erz?hlte, wieviel Existenzen er schon mit seinem bisschen Gelde gegr?ndet hat, Leute, die jetzt Warenh?user besitzen, und er bleibt der unbekannte, kleine Sekret?r, freilich, er wird mit keinem Grosssiegelbewahrer tauschen wollen -- Grosssiegelbewahrer ist doch ein enormes Wort, nicht? Aber -- was ich sagen wollte -- da redeten sie eben vom n?chsten Krieg zusammen, und Papa behauptete unchristlich, es g?be morgen wieder einen, er aber war f?rchterlich dagegen, sagte: No! und sprach von christlichen Nationen. Ich glaube, wenns einen richtigen Christen giebt, dann ist ers. Aber wo sind wir denn eigentlich?<<
Die Pferde standen still auf dem schmalen Fussweg am Weiher, der leuchtend gr?n von Wasserpflanzen in der Sonne lag.
>>Wohin wolltest du denn?<< fragte Anna gleichm?tig.
>>In den Schatten<<, sagte Georg, drehte sein Pferd um, und antrabend ritten sie zur?ck, bogen nach links und traten alsbald in die schattige Eichenallee neben dem W?ldchen ein, zur Linken die Wiesenfl?chen, zur Rechten das undurchdringliche Dickicht von Unterholz, Farnen und Brombeergestr?pp, aus dem hier und da der lichtgr?ne fedrige Wipfel einer Eberesche und die seltenen, riesigen und grauen S?ulen der Eichen aufragten. Lautlos gingen die Pferde, so langsam sie konnten, auf dem weichen Erdboden. Georg, jetzt sehr wach, blinzelte insgeheim nach links, allein Annas zartes Profil schien sehr f?r sich allein. Sie sah vor sich hin. Angenehm beklommen war ihm um die Brust.
>>?brigens<<, sagte er, >>ein merkw?rdiger Mensch dieser Maler.<<
>>Wieso?<<
>>Oben im Saal sprach ich mit ihm. Ob seine Eltern noch leben, weiss er nicht. Wo er zu Haus ist, weiss er nicht. Ob er wohl weiss, was die Verse unter seinem Bilde bedeuten? Warum kommt er auf einmal her und wills abmalen?<<
>>Davon hat dein Papa etwas erz?hlt. Als er vor drei oder vier -- nein, es war in dem Winter, wo ich Lungenentz?ndung hatte, also neunzehn-- na egal! -- Drei Jahre m?ssens her sein, da wurde in Berlin der Nachlass von einem Bankier Oster -- ?sterheld oder so versteigert, und dein Papa fand dies Bild darunter. Als er dann wieder auf Trassenberg war, bekam er einen Brief von Bogner; er w?re zur Zeit der Auktion nicht in Berlin gewesen, sonst w?rde er selber das Bild zur?ckerworben haben, woran ihm aus gewissen Gr?nden besonders viel --<<
>>Na, deine gewissen Gr?nde!<< h?hnte Georg. >>Weisst du nichts Genaueres? Nat?rlich gewisse Gr?nde!<<
>>Dein Vater weiss auch nicht mehr.<<
Add to tbrJar First Page Next Page Prev Page