Read Ebook: Erinnerungen einer Überflüssigen by Christ Lena
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Ebook has 1186 lines and 72051 words, and 24 pages
Erinnerungen einer ?berfl?ssigen
Lena Christ
Erinnerungen einer ?berfl?ssigen
Albert Langen, M?nchen
Copyright 1912 by Albert Langen, Munich
Oft habe ich versucht, mir meine fr?heste Kindheit ins Ged?chtnis zur?ckzurufen, doch reicht meine Erinnerung nur bis zu meinem f?nften Lebensjahr und ist auch da schon teilweise ausgel?scht. Mit voller Klarheit aber steht noch ein Sonntagvormittag im Winter desselben Jahres vor mir, als ich, an Scharlach erkrankt, auf dem Kanapee in der Wohnstube lag; es war dies der einzige Raum, der geheizt wurde.
Der Grossvater war in seinem geblumten Samtgilet, dem braunen Rock mit den silbernen Kn?pfen und dem blauen, faltigen Tuchmantel in die Kirche vorausgegangen, w?hrend die Grossmutter in dem sch?nen Kleide, das bald bl?ulich, bald r?tlich schillerte, noch vor mir stand und mich ansah, wobei sie immer wieder das schwarze seidene Kopftuch zurechtr?ckte. Neben der T?r aber stand in Hemds?rmeln der alte Hausl und wollte eben den Sonntagsrock vom Nagel nehmen, als sich die Grossmutter umdrehte und zu ihm sagte: >>Geh, Hausl, bleib du heunt dahoam und gib aufs Kind Obacht und tus Haus h?ten; i m?cht aa amal wieda in d' Kirch geh'.<<
Darauf liess der Hausl seinen Rock h?ngen und zog wieder seinen blauen, gestrickten Janker an, und die Grossmutter ging zu dem Wandschr?nklein, das in die Mauer eingelassen war, nahm daraus das Weihbrunnkr?gl und wollte gehen. In der T?r aber wandte sie sich noch einmal um und sagte zu mir: >>Also, dass d' sch? liegn bleibst, Dirnei; i bet scho f?r di, dass d' wieda g'sund wirst.<<
Als sie fort war, ging der alte Hausl in seine Kammer, sich zu rasieren. Da fiel mir ein, ich k?nnte wieder einmal zu unserer Nachbarin, der alten Sailergrossmutter, gehen. Geschwind stand ich auf und lief hinaus in den Schnee und vor ihr Haus. Ich fand aber die T?r zugesperrt und niemanden daheim; denn sie waren alle in der Kirche. Und da ich nun lange im Hemd und dem roten Flanellunterr?ckl barfuss im Schnee gestanden war und vergebens gewartet hatte, schlich ich wieder heim; denn es war bitter kalt. Als der Hausl mich kommen sah, machte er ein ganz entsetztes Gesicht und kopfsch?ttelnd nahm er mich auf den Arm und legte mich wieder nieder. Alsbald fiel ich in ein heftiges Fieber und soll darauf viele Wochen krank gelegen sein, und man hat geglaubt, dass ich sterben m?sste. Aber der Grossvater hat mich gepflegt, und so bin ich wieder gesund geworden.
Der Grossvater n?mlich verstand sich auf alles, und wo man im Dorf eine Hilfe brauchte, da wurde er geholt. Er war Schreiner, Maurer, Maler, Zimmermann und Kuhdoktor, und manchmal hat er auch dem Totengr?ber ausgeholfen. Und weil er so ?berall zur Hand war, hiess man ihn den Handschuster, und der Name wurde der Hausname und ich war die Handschusterleni.
Der Grossvater war bartlos und gross und gerade gewachsen und hatte trotz der mannigfachen schweren Arbeit schlanke sch?ne H?nde. Die hab ich in sp?terer Zeit oft betrachtet, wenn er am Abend auf der Hausbank sass und ?ber irgend etwas nachdachte.
Er war ?berhaupt anders als die Leute im Dorfe; denn er sprach wenig, ging nicht ins Wirtshaus und war bei keiner Wahl, wie er auch sonst allem ?ffentlichen Wesen fern blieb. Statt dessen erz?hlte man, dass er oft im Verborgenen geholfen habe; und wo einem Armen das Haus abgebrannt war, da habe er beim Aufbau mit zugegriffen, ohne lang nach dem Lohn zu fragen.
Damals, im Fr?hjahr nach meiner Krankheit, war es nun mein gr?sstes Vergn?gen, mit ihm auf dem Wagen, vor den unser Ochs gespannt war, aufs Feld hinauszufahren. Von den ?ckern, die auf den H?hen rings um das Dorf lagen, konnte man die fernen Berge sehen, und der Grossvater sagte mir von dem h?chsten, dass es der Wendelstein sei.
W?hrend er nun pfl?gte oder s?ete, brockte ich Blumen und betrachtete sie und die Welt dahinter durch bunte Scherben, die ich vor dem Hause des Glasers aufgelesen hatte; oder ich lief mit dem Sturm ?ber die Wiesen und suchte ihn zu ?berschreien.
Abends auf dem R?ckweg setzte mich dann der Grossvater rittlings auf den Ochsen, und so sah ich schon von weitem die bl?ulichen Rauchw?lklein ?ber unserem Dache, die uns anzeigten, dass die Abendsuppe schon auf dem Feuer stand.
Waren wir daheim angekommen, so sprang ich rasch in die K?che, steckte, wenn die Grossmutter in der Speis war, die Nase in alle Hafen und Tiegel, zu sehen, was es Gutes g?be, und lief dann hinter dem Grossvater drein, der vom Hausfl?z durch den Stall in die Scheune ging, dort die Ackerger?te verwahrte und hierauf in dem Schuppen Holz f?r den Herd herrichtete. Ich tummelte mich derweilen in der Tenne, die wie der Stall und Schuppen an das kleine, freundlich mit bl?ulicher Farbe get?nchte Wohnhaus angebaut war und mit ihm unter einem Dache stand, das sauber mit Holzschindeln eingedeckt und mit Felsbl?cken beschwert war. Rings um das H?uschen zog sich ein saftiger Grasgrund, und von den Fenstern der Wohnstube, an denen reichbl?hende Geranien und Menschenleben standen, sah man im Sommer ein zierliches Gem?seg?rtlein, dessen Beete mit feurigen Nelken, Dahlien, fliegenden Herzlein und buschigen Rosenstr?uchern eingefasst waren. Am Eingang des G?rtleins stand ein grosser Rosmarinstrauch, den der Grossvater bei seiner Heirat selbst gepflanzt hatte.
Von der Tenne nun schl?pfte ich des ?ftern in den H?hnerstall und durchsuchte ihn nach Eiern. Besonders als Ostern nicht mehr fern war, trieb es mich immer wieder dahin; denn um diese Zeit gab es unter uns ein grosses Vergn?gen, das Oarscheiben. Da zogen alle Kinder des Dorfes zu den grossen Bauernh?fen, und dort wurden wir bewirtet und bekamen G'selchts, Osterbrot und bunte Eier. Diese aber wurden nicht gegessen, sondern zum Oarscheiben aufgehoben. Dabei teilten wir uns in zwei Parteien, und die einen standen h?ben, die anderen dr?ben; dazwischen aber waren in schr?ger Lage zwei Rechen aneinander gelegt, und auf dieser Bahn liessen wir unsere Eier hinunterrollen. Die Partei nun, auf deren Seite das Ei fiel, hatte es gewonnen, und wo am Schluss die meisten Eier lagen, war der Sieg. Freilich begann dann oft erst der eigentliche Kampf, und die Eier, die zuvor gerollt waren, flogen jetzt.
W?hrend aber die andern sich noch rauften, sammelte ich, ohne mich besonders sichtbar zu machen, mit flinker Hand die also zu Waffen gebrauchten Eier und lief alsdann mit meinem vollen Sch?rzlein heim, wo ich dem Grossvater die Beute vor die F?sse kugeln liess.
Da gab's dann andern Tags ein gutes Gericht, den Oars?lot, zu dessen Bereitung ich schon am fr?hen Morgen mit der Grossmutter den wildwachsenden Feldsalat von einer nahen Anh?he brocken musste, w?hrend der Grossvater derweil daheim die Eier fein zerhackt und zerr?hrt hatte, was er alle Ostern selber tat, da keins ihm dies Gesch?ft recht machen konnte.
Auch sonst war er oft in der K?che draussen und half der Grossmutter R?ben sch?len oder Semmeln schneiden f?r die Alltagskost, die Kn?del; denn diese durften keinen Tag fehlen. Auch am Sonntag kamen sie, freilich viel gr?sser und schw?rzer, als Leberkn?del auf den Tisch.
Das Wasser, in dem die Kn?del, die neben ihrer Schmackhaftigkeit auch noch den Vorzug der Billigkeit hatten, gesotten wurden, wurde bei uns nie weggesch?ttet, sondern in einer grossen bemalten Sch?ssel aufgetragen. Dazu stellte die Grossmutter ein Pf?nnlein mit heissem Schmalz und braunen Zwiebeln und im Sommer auch ein Sch?sselchen voll Schnittlauch. Der Grossvater langte dann den von der Mutter selbstgebackenen Brotlaib, der mittels unseres grossen Hausschl?ssels ringsum mit einem Kranz von ringf?rmigen Eindr?cken verziert war, aus dem Wandschr?nklein und begann langsam und bed?chtig Schnittlein um Schnittlein in die Br?h zu schneiden. Danach goss er die Schmelz dar?ber, w?rzte gut mit Salz und Pfeffer und r?hrte mit seinem L?ffel etliche Male um. Alsdann sagte er: >>So Muatta, jatz ko'st betn.<<
Fleisch kam bei uns nur zu ganz besonderen Gelegenheiten auf den Tisch, und selbst am Sonntag gen?gten meinen Grosseltern die Leberkn?del mit dem Tauch, einem Gem?se von Dotschen, R?ben oder Kohlraben. Nur der Grossvater erhielt als Feiertagsmahl ein St?ck gesottenes Rindsfett, das er gesalzen und gepfeffert nur mit einem St?cklein Brote ass.
An Ostern aber liessen sich's die Grosseltern nicht nehmen, ein ordentliches St?ck Geselchtes und dazu noch einen Tiegel voll von unserm selbstgemachten Kraut aufzustellen, nebst einem K?rblein Eier, die samt dem mit viel Zyperben und Weinbeerln gebackenen Osterbrot schon in der Fr?h des Ostertags vom Grossvater zur Weih' getragen wurden.
Auch sonst gab's allerlei Vergn?gungen und Kurzweil f?r die Grossen und die Kleinen, und es war auch um die Osterzeit, dass die Kinder, die ungef?hr in meinem Alter waren, anfingen, etwas Heimliches untereinander zu treiben. Der Schlosserflorian und die Ropferzenzi hatten im Stall bei der Wagnerin die Zicklein angeschaut, und hierbei hatte der Florian der Zenzi, die vor ihm hockte, unter den Rock gesehen und hatte ihr darauf auch etwas gewiesen. Dabei ?berraschte sie die Wagnerin, und alsbald wusste es das ganze Dorf. Die Kinder aber, die f?nf- und sechsj?hrigen, hatten nichts anderes zu tun, als dies sofort nachzuahmen, und alsbald sassen auf den Heub?den oder hinter der Planke vom Huberwirt die P?rlein im Gras und betrachteten einander.
Diese Vorf?lle wurden nun von einem alten, frommen Fr?ulein dem Herrn Pfarrer hinterbracht, der dann am darauffolgenden Sonntag von der Kanzel herab wetterte ?ber die Zuchtlosigkeit der Eltern, die nicht acht gehabt h?tten auf das Heiligste der Kinder, auf ihre Unschuld. Viele von den Eltern hatten es aber in der Sorge um das Ihre ?bersehen, manche wohl auch ?bersehen wollen.
Mit dem beginnenden Sommer fingen wir an, zu fischen. Da suchte man sich einen Stecken; daran wurde eine alte Gabel gebunden und mit ihr nach den Dollen oder M?hlkoppen, die sich im Bach unter Steinen, Scherben oder alten H?fen verborgen hielten, gestochen. Mit dem Stecken wurde der Stein zur Seite geschoben, und wenn der Fisch hervorschoss, wurde er angespiesst. Ich war nun so geschickt, dass ich sie auch mit der Hand fangen konnte. Da nahm ich den Rock auf, stieg in den Bach hinein, b?ckte mich, tauchte vorsichtig den rechten Arm ins Wasser und n?herte mich mit der Hand dem Fisch, bis er zwischen meinen Fingern stand; dann griff ich rasch zu. Gegen Abend trugen wir dann in einem alten Hafen den ganzen Fang heim. War die Grossmutter im Stall, so schlug ich in der K?che die Fische mit einem Stein auf den Kopf, nahm heimlich Schmalz aus der Speisekammer und warf die Fische, nachdem ich noch schnell Salz, Mehl und ein paar Eier darangetan, in eine Pfanne. Die gebratenen Dollen brachte ich dann hinaus vors Haus, wo die anderen Kinder im Gras sassen und warteten. Unter dem Essen wurde nun erst die Schwimmblase und was sonst noch im Innern des Fisches war, mit dem Finger herausgeholt.
Einmal freilich w?re ich beim Fischen beinah ertrunken, und das kam so: Da hat die Grossmutter mit unserer Nachbarin, der alten Sailerin, die sehr schwerh?rig war, Wasch g'schwoabt, d. i. W?sche im Bach gesp?lt. Als sie beide mit dem schweren Zuber davongingen, rief mir die Grossmutter zu: >>Lenei, dass d' fei du dahoam bleibst und ja net abi gehst am Bach, net dass d' eini fallst und dasaufst.<<
Ich aber nahm, dem Verbot zum Trotz, meinen Stecken mit der Gabel und einen grossen Hafen und schlich leise hinterdrein.
Die Grossmutter und die Sailerin hatten sich auf die grosse Waschbank, die in den Bach hineingebaut war, gekniet und wuschen und h?rten bei dem Rauschen des Wassers nicht, wie ich mich hinter ihrem R?cken auf die Waschbank legte. Kaum hatte ich mit meinem Stecken einen Stein zur Seite ger?ckt, als schon ein grosser Dollen herausfuhr. Ich ziele und steche mit der Gabel zu; aber die war nicht festgebunden und rutscht ab. Inzwischen war der Fisch zur Seite geschnellt und blieb nahe dem Ufer ?ber dem Sand stehen. Mir schien die Stelle seicht genug, um ihn jetzt mit der Hand fangen zu k?nnen. Ich st?lpe also meinen ?rmel auf, strecke den Arm aus und will den Fisch fassen, versinke aber mit der Hand tief in den weichen Ufersand; dabei verliere ich das Gleichgewicht und st?rze in den Bach, jedoch so, dass die F?sse noch auf der Waschbank blieben. Den Kopf unter Wasser zerre und zapple ich so lange, bis ich die F?sse nachziehen konnte. Derweilen hatte mir aber das Wasser schon alle Kraft genommen, und trieb mich nun unter der Waschbr?cke hindurch grad unter die H?nde meiner Grossmutter.
>>Jess', Mariand Josef, insa Lenei!<< schrie sie und liess das W?schest?ck fahren, packte die alte Sailerin am Arm, sch?ttelte sie heftig und schrie ihr ins Ohr: >>He, Soalerin, hilf, insa Lenei datrinkt!<<
Darauf zogen sie mich heraus und f?hrten mich heim.
Als der Grossvater mich sah, meinte er: >>Aba Lenei, gel, jetz hast es; wie leicht kunntst dasuffa sei!<<
Der Hausl aber, der auf dem Kanapee sass, spottete: >>Gel, bist in Bach einig'falln, du Schliffi!<<
Der Hausl, Balthasar Hauser, wie er eigentlich hiess, war im ?brigen mein guter Freund. Im Dorf war er freilich wenig beliebt, weil er recht barsch war und ein grosser Geizhals. Ging er umher, so streckte er die Arme weit hinter sich hinaus; denn er war schon ganz krumm und alt. Er lebte bei den Grosseltern im Austrag und bewohnte die an unsere Wohnstube anstossende Kammer. Darin hatte er aus der Mauer ein paar Ziegelsteine herausgebrochen, das Loch ausgemauert und vor die ?ffnung als T?r ein dickes Brettlein gemacht, das in Scharnieren hing und an das der Schlosser ein Schloss hatte anbringen m?ssen. In diesen Beh?lter tat er sein Geld und seine Kostbarkeiten, schmierte das T?rlein mit Kalk zu und machte mit einem Farbstift einen winzigen Punkt an die Stelle, wo sich das Schl?sselloch befand. So glaubte er seine Habe erst sicher vor den Menschen, denn ausser mir wusste niemand um diesen geheimen Ort. Wenn er nun einige Pfennige brauchte, wie an den Sonntagen zum Bier, so ging er in seine Kammer, zog die Vorh?nge zu, kratzte mit einem Messer den Kalk vom Schl?sselloch, und sobald er das Wenige, das er jeweils brauchte, herausgenommen hatte, strich er alles wieder zu und machte einen neuen Punkt. Das H?flein mit dem Kalk bewahrte er unter dem Bett auf, das Nachtgeschirr dar?bergest?rzt. Damit nun nicht etwa jemand diese Dinge f?nde, putzte er selbst seine Kammer und machte sein Bett. Auch wusch er selber seine W?sche; denn er f?rchtete, der Grossmutter etwas zahlen zu m?ssen; und zwar wusch er immer nur ein St?ck, h?ngte es darauf in die Sonne und setzte sich dazu, damit es ihm nicht etwa gestohlen wurde. Kam ich an solchen Tagen und sagte: >>Hausl, geh mit mir furt!<<, so zeigte er auf sein Sackt?chl und sagte: >>Wart a bissl, bis mei Schneuzt?chl trucka is.<<
Ausser ihm waren bei meinen Grosseltern noch Kostkinder im Hause, die die Grossmutter aufzog.
Sie war eigentlich nicht meine rechte Grossmutter, sondern nur die Schwester derselben. Meine leibliche Grossmutter habe ich nicht gekannt; sie war schon lange tot. Von ihr hat mir die Grossmutter im Winter, wenn sie mit der alten Sailerin und der Huberwirtsmarie am Spinnrad sass, viel erz?hlt. Sie sei eine sehr b?se Frau gewesen, im ganzen Ort gef?rchtet, und alle Leute seien froh gewesen, als sie endlich mit achtunddreissig Jahren gestorben sei. Sie hatte lange an Magen- und Leberkrebs gelitten; darum hatte ihre Schwester schon bei ihren Lebzeiten das Hauswesen beim Grossvater gef?hrt und die Kinder erzogen. Eigentlich aber war sie eine N?hterin.
Als nun der Grossvater Witwer war, wollte er die Schw?gerin heiraten; da sie aber in ihrer Jugend Mitglied und sp?ter Pr?fektin des weltlichen dritten Ordens des heiligen Franziskus geworden war, musste er deswegen sich an den Papst wenden, der ihr unter der Bedingung Dispens erteilte, dass sie mit ihrem Manne eine sogenannte Josephsehe f?hre, das heisst, die gelobte Keuschheit bewahre. Daher kam es wohl auch, dass der Grossvater sie immer mit grosser Achtung behandelte und ihr niemals ein b?ses Wort gab. Nur einmal war eine Geschichte:
Von unsern K?hen gab eine, das Br?undl, zu wenig Milch. Da nahm sich der Grossvater vor, sie nach Holzkirchen auf den Markt zu f?hren und gegen eine bessere umzutauschen. Obwohl nun die Grossmutter dagegen war, hat er sie doch fortgetrieben und daf?r eine wundersch?ne, schwarzfleckige Kuh heimgebracht.
Als sie nun das erstemal von der Grossmutter gemolken wurde, gab auch sie nur ein paar Liter Milch. Da meinte man, es komme von der Anstrengung; aber es wurde nicht besser. Als sie nach ungef?hr einer Woche nicht mehr als f?nf Liter Milch gab, w?hrend wir sonst von unsern K?hen zehn bis zw?lf Liter hatten, ward die Grossmutter sehr ?rgerlich und fing an, mit dem Grossvater zu streiten und sagte: >>Da h?ttst aa nix Bessers toa k?nna, als wie d?s Viech daher bringa; h?ttst halt's Br?undl g'haltn. Bringst da so an Ranka daher, der oan's Fuada wegfrisst und f?r nix guat is.<<
Da wurde der Grossvater zornig: >>Sei stad! Was vastehst denn du, du Rindviech! D?s ko i da Kuah net o'sehgn, dass koa Milli gibt bei so an Trumm Euter. Na weis i's halt wieder furt in Gott'snam', dass d' an Ruah gibst, alt's Rindviech.<<
Darauf erwiderte die Grossmutter nichts, sondern ging in die Kuchl hinaus.
Als sie aber beim Nachtessen das Tischgebet sprach, fing sie pl?tzlich beim Vaterunser an ganz laut zu schluchzen und lief hinaus. Da sprach ich das Gebet zu Ende und sagte darauf zum Grossvater: >>Gel, jetz hast es, weilst so grob bist. Warum greinst denn a so, wo's es net braucht! Mei Grossmuatta is brav, und balst es no amal schimpfst, nacha mag i di nimma!<<
Darauf sagte der Hausl, der auch mit uns ass: >>Woasst, Handschuasta, d?s sell muass i selm sagn; da hast an schlechtn Tausch g'macht. Da hat d' Handschuasterin scho recht, und i moan, d?smal warst du's Rindviech g'wen.<<
Diese Rede freute mich, und ich liess das Essen stehen, lief zur Grossmutter in die K?che, setzte mich auf ihren Schoss und sagte: >>Grossmuatterl, sei stad und woan nimma. Der Grossvata is dir scho wieda guat und der Hausl sagt's aa, dass der Grossvata 's Rindviech is. Jatz weist er d' Kuah wieder furt und kaaft dir a andere. Und i hab's eahm scho g'sagt, er darf di nimma ausgreina.<<
Da nahm sie mich um den Hals und sagte: >>Du bist halt mei Brave, gel Lenei.<<
Darauf ass ich mit ihr draussen in der K?che zur Nacht, zog sie danach wieder in die Stube und rief: >>So Grossvata, jatz is dir d' Grossmuatta wieda guat und woant nimma; jatz muasst aba versprecha, dass d' es wieda magst und nimma greinst.<<
Da lachte er: >>No, in Gottsnam, Hex, na mag i 's halt wieda.<<
In der Nacht hab ich zwischen ihnen beiden geschlafen und hab ein jedes bei der Hand genommen und ihnen die H?nde gedr?ckt und sie festgehalten.
Auf einmal f?ngt die Grossmutter aufs neue zu schluchzen an: >>Naa, i ko's net vergessn, was d' g'sagt hast, wo i dir g'wiss a bravs, rieglsams Wei' g'wen bin.<<
>>Stad bist ma!<< erwiderte der Grossvater. >>Bevor i harb wer'. D?s ko an jedn passiern; geh nur und kaaf du ei!<<
Jetzt wurde ich wild, stiess den Grossvater mit F?ssen, schopfte ihn bei den Haaren und schrie: >>Jatz werd's ma z' dumm! Jatz lass d' mei Grossmuatta steh, sunst steh i auf und laaf furt und geh zu der M?nkara Muatta; da is scheena, da werd net g'strittn und g'greint!<<
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