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Read Ebook: Meeresfische by Floericke Kurt

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Ebook has 493 lines and 61379 words, and 10 pages

Kosmos, Gesellschaft der Naturfreunde, Stuttgart

Die Gesellschaft Kosmos will die Kenntnis der Naturwissenschaften und damit die Freude an der Natur und das Verst?ndnis ihrer Erscheinungen in den weitesten Kreisen unseres Volkes verbreiten. -- Dieses Ziel glaubt die Gesellschaft durch Verbreitung guter naturwissenschaftlicher Literatur zu erreichen mittels des

$Kosmos$, Handweiser f?r Naturfreunde

J?hrlich 12 Hefte. Preis M 2.80;

ferner durch Herausgabe neuer, von ersten Autoren verfasster, im guten Sinne gemeinverst?ndlicher Werke naturwissenschaftlichen Inhalts. Es erscheinen im Vereinsjahr 1914 :

Gesch?ftsstelle des Kosmos: Franckh'sche Verlagshandlung, Stuttgart.

Meeresfische

Von

Dr. Kurt Floericke

Mit zahlreichen Abbildungen nach Originalaufnahmen und Zeichnungen von Oberlehrer W. Koehler, Fr. Ward, R. Oeffinger u. a. und einem Umschlagbild von Willy Planck

Stuttgart

Kosmos, Gesellschaft der Naturfreunde Gesch?ftsstelle: Franckh'sche Verlagshandlung 1914

Alle Rechte, besonders das ?bersetzungsrecht, vorbehalten.

STUTTGARTER SETZMASCHINEN-DRUCKEREI HOLZINGER & Co., STUTTGART

Furchtbar zugleich und fruchtbar ist das Meer. Mit heiliger Scheu erf?llt uns der endlose Ozean, wenn er, aufgew?hlt und aufgepeitscht von heulenden Sturmwinden, tobend und brausend hohe, weissgekr?nte Wogenk?mme wie eine finstere, verderbenbringende Todesmauer zum Lande w?lzt, Leichen auf seinem R?cken tr?gt und alles Lebende mit wuchtigem Wellenschlag zu vernichten droht; mit and?chtiger Bewunderung aber, wenn er sich wieder bes?nftigt hat, wenn an der nur leicht gekr?uselten, sanft und ruhig atmenden Oberfl?che im glitzernden Sonnenschein Scharen silberner Fischlein in ?berm?tigem Spiel sich tummeln und das kristallklare Wasser an felsiger K?ste ungeahnte Einblicke tun l?sst in die Tiefe mit ihrem so eigenartigen, geheimnisvollen, mannigfaltigen Weben und Leben; mit warmer Liebe endlich, wenn wir gedenken, wie unendlich viel von jeher der reiche Ozean beigetragen hat, die menschlichen Bewohner des Erdballs zu ern?hren, die entlegensten V?lker mit einander zu verbinden, ihnen einen leichten und bequemen Austausch ihrer Erzeugnisse zu erm?glichen, ihre Phantasie zu befruchten und ihre k?nstlerische Schaffenskraft anzuregen. Neptun gebietet ?ber das weiteste und ausgedehnteste Reich auf unserem Planeten, und die Zahl und Mannigfaltigkeit der seinem strengen Szepter unterstehenden Tierwelt, ihre grotesken Formen, ihre erstaunliche Fruchtbarkeit und ihre weitgehenden biologischen Anpassungen an die Eigenart der verschiedenen Meeresteile finden auf dem Festlande kaum ihresgleichen. Voll ungeahnter Wunder ist des Meeres dunkler Schoss, aber nur langsam und z?gernd enth?llen sie sich dem rastlos forschenden Menschengeiste. Kaum vermag unser Auge die verwirrende F?lle der Erscheinungen noch zu ?berschauen. F?hren doch allein an 10000 Fischarten in all den Erdenmeeren ein unseren Blicken mehr oder minder verborgenes Dasein. Gerade dieser Umstand erscheint in hohem Masse geeignet, unsere Kenntnis von den Lebensgewohnheiten der Seefische zu erschweren; so sehr sie auch w?hrend der letzten Jahrzehnte durch die ?berraschenden Fortschritte der Meeresforschung gef?rdert worden ist, so wenig ist doch ausf?hrlichere Kunde davon in die grosse Masse der heutigen Kulturmenschheit gedrungen, wenn auch anderseits die Fischerbev?lkerung der K?stenl?nder schon im eigensten Lebensinteresse geradezu gezwungen war, praktische Fischkunde zu lernen. Aber wie viele sonst hoch gebildete Bewohner des Binnenlandes gibt es doch, die selbst die allergew?hnlichsten Seefische lediglich von genossenen Tafelfreuden oder aus den Bottichen der Marktweiber her kennen, von ihrer merkw?rdigen Lebensf?hrung dagegen kaum mehr wissen als von der hochinteressanten Art und Weise ihrer Erbeutung. Und doch ist diese von tief einschneidender Bedeutung nicht nur f?r das gesamte Wirtschaftsleben unserer K?stenprovinzen, sondern auch f?r die Fleischversorgung unseres gesamten Vaterlandes, da bei den st?ndig steigenden Schlachtviehpreisen einerseits und den erheblich verbesserten Transportmitteln anderseits der Verbrauch von Seefischfleisch auch im Binnenlande eine fortw?hrend zunehmende Wichtigkeit erh?lt.

So erscheint das Meer als der denkbar ergiebigste Acker, dessen planm?ssige Bebauung und zielbewusste Bewirtschaftung sich durch reiche Ertr?ge lohnt, aber leicht ist die Hebung seiner Sch?tze nicht, und vom Meeresgrunde bis zur Feinschmeckertafel in einem Berliner Luxushotel ist ein gar weiter Weg. Fabelhaft fast erscheinen die Fruchtbarkeit und der Reichtum der See, aber unersch?pflich sind sie nicht, und r?cksichtsloser Raubbau muss sich schliesslich auch hier bitter r?chen wie ?berall. Namentlich in der Nordsee, wo heute allj?hrlich 600 Dampfer und 5000 Segler auf Fischfang ausziehen, machen sich schon bedenkliche Anzeichen von ?berfischerei bemerkbar, weil dem Meere zu viel unbrauchbare Jungfische entzogen oder diese, wenn man sie auch wieder ins Wasser wirft, doch nicht schonend genug behandelt werden. So sind grosse Seezungen und Schollen schon recht sp?rlich geworden, ja es steht zu bef?rchten, dass von den bevorzugten Speisefischen ?berhaupt nur noch wenige das laichf?hige Alter erreichen und f?r die Fortpflanzung ihrer Art sorgen k?nnen. Eckert sch?tzt den Gesamtertrag der Weltfischerei auf 4 Millionen Tonnen im Werte von 1 Milliarde Mark; das erscheint verh?ltnism?ssig wenig, dabei ist aber zu ber?cksichtigen, dass ausgedehnte und zweifellos sehr ergiebige Fischereigr?nde in den afrikanischen, s?damerikanischen und australischen Gew?ssern der Fischereiwirtschaft ?berhaupt noch nicht erschlossen sind. Nahezu 70% der ganzen Ausbeute entfallen auf den Atlantik, wobei die Nordsee mit 1/5-1/4 beteiligt ist, keine 30% auf den Stillen Ozean und kaum 1% auf den Indischen. Was die einzelnen Staaten anbelangt, so kommen auf die von Nordamerika 23%, auf England 22%, auf Kanada und Norwegen je 13%, auf Russland 6%, auf Frankreich 4%, auf Holland 3%, auf Spanien und Portugal 2-1/2%, auf Italien 1-1/2%. W?hrend das kleine Japan mit 10-1/2% recht stattlich dasteht, spielt Deutschland mit nur 2-1/2% in dieser Liste noch immer eine ziemlich kl?gliche Rolle, obgleich sich der Ertrag unserer Hochseefischerei durch die dankenswerten Bem?hungen einer einsichtigen Regierung innerhalb 15 Jahren um das Zehnfache gesteigert hat. Auch ?sterreich-Ungarn erweist sich trotz der herrlichen, fischreichen Adria mit ihrem pr?chtigen Klima und ihren zahlreichen ruhigen Buchten in bezug auf die Entwicklung der K?sten- oder gar der Hochseefischerei noch als recht r?ckst?ndig, wie ja fast auf allen Gebieten. Das Fett sch?pfen dort die benachbarten Italiener ab, und die K?stenbev?lkerung von Triest und Fiume ab bis nach Spalato und Cattaro hinunter begr?sst allj?hrlich mit Freuden die buntbemalten Segel der anfahrenden Chioggioten-Flottille, weil sie gesunde und wohlfeile Nahrung auf den Markt bringt. Tausende von ?rmeren Familien in Istrien und Dalmatien leben dann nur von Fischen und Polenta und sehen ?usserst selten anderes Fleisch in ihren T?pfen. Der auf Backhuhn und Gulasch eingeschworene Wiener dagegen, der selbst die k?stliche Forelle barbarischerweise in gebackenem Zustande geniesst, hat dem Seefischfleisch noch immer keinen Geschmack abzugewinnen vermocht, und daran sind alle Bem?hungen zur Schaffung eines grossz?gig eingerichteten Seefischversands im Reiche des Doppeladlers mehr oder minder gescheitert.

Gl?cklicherweise z?hlt unsere fast ?berall mit Grundnetzen erreichbare Nordsee n?chst den nordamerikanischen Gestaden des Atlantik zu den fruchtbarsten Meeren der Erde, ?ber ihren zahlreichen B?nken und Untiefen wimmelt es fast buchst?blich von Fischen, nur dass sich diesen Segen in fr?heren Zeiten fast ausschliesslich die Engl?nder zunutze zu machen verstanden, w?hrend mehr als 2 Meilen von der K?ste ?berhaupt kaum ein deutscher Fischkutter anzutreffen war. >>Das deutsche Meer<<, so heisst es in einem englischen Gutachten, >>ist ertragsf?higer als unser Ackerland; unsere reichsten Felder sind weniger fruchtbar an Nahrungsstoffen, als diese Fischereigr?nde. Ein Morgen guten Landes liefert etwa 20 Zentner Getreide j?hrlich oder 3 Zentner Fleisch und K?se; auf einer ebenso grossen Wasserfl?che mit Fischereigrund aber kann man dasselbe Gewicht an Nahrungsmitteln jede Woche ernten. F?nf Fischereiboote zogen in einer einzigen Nacht aus einer kaum 50 Morgen grossen Fl?che des deutschen Meeres den Wert von 50 Ochsen und 300 Schafen in Form von leicht verdaulichen und schmackhaften Fischen. Und was das Wichtigste ist, diese Ochsen und Schafe sind kostenlos und ohne alle M?he im Wasser entstanden, erzogen und gem?stet worden.<< Mag dieses Urteil auch ein ?bertriebenes und allzu optimistisches sein, Tatsache ist jedenfalls, dass man bei uns lange Jahrhunderte hindurch den Meeressegen nicht zu w?rdigen verstand und sich erst in neuester Zeit allm?hlich seiner ungeheuren volkswirtschaftlichen Bedeutung bewusst geworden ist. Selbst die der Nordsee angrenzenden Kleinstaaten waren und sind uns in dieser Beziehung weit ?ber, denn Holland verdankt seinen Reichtum dem Heringsfange, und Norwegen, wo ein grosser Teil der Bev?lkerung ohne Fischerei gar nicht bestehen k?nnte, gewinnt aus ihr weit mehr Taler, als es Einwohner z?hlt. Nun ist ja endlich auch bei uns ein vielversprechender Anfang zur Ausbeutung der feuchten Schatzkammern gemacht worden, aber die ersten Jahre deutscher Hochseefischerei waren doch kaum etwas anderes als blindlings unternommene Pl?nderungsz?ge, Raubbau schlimmster Art, f?rmliche Seer?uberei, und erst neuerdings beginnt man sich eines Besseren zu besinnen und die Sache planm?ssiger zu gestalten. Das ist auch dringend n?tig. Wir m?ssen lernen, die fl?ssige, sich selbst befruchtende Fl?che ebenso rationell zu bewirtschaften, wie den Acker, wir m?ssen hier wie dort pfl?gen, hegen und ernten lernen, m?ssen ebenso gute Wasser- wie Landwirte werden, um die von dem schaffungsfrohen Meere in Form von schmackhaften und leicht verdaulichen Fischen erzeugten Proteinverbindungen und Kohlehydrate all den Millionen zug?nglich zu machen, denen anderes Fleisch nur sehr knapp zugemessen ist. Die rasch erbl?hte Wissenschaft der Meeresbiologie weist uns ja den Weg, wie wir die Billionen Lebenskeime, die die Natur in unverw?stlichem ?bermut im Meere fortw?hrend auswirft, aber mit demselben ?bermute ebenso massenhaft wieder verderben und verschlingen l?sst, erhalten und zu einer unersch?pflich reichen Nahrungsquelle umwandeln k?nnen. Freilich geht die Zeugungskraft des Meeres ?ber unsere k?hnsten Vorstellungen hinaus, aber schon die ungeheure Zahl von Eiern, die weibliche Heringe oder gar Schellfische in ihrem Leibe bergen, ist Beweis daf?r, dass eine so ausserordentliche F?lle des Lebens unm?glich sich voll entfalten kann, denn sonst w?rde es sehr bald dem weiten Weltenmeere selbst an Raum fehlen zur Unterbringung so zahlloser Gesch?pfe. Wenn auch jeder Augenblick das Leben im Meer millionenfach wieder erzeugt, so f?llt es zum weitaus gr?sseren Teil doch ebenso schnell der uners?ttlichen Gier der Meeresr?uber zur Beute, sodass nur ein geringer Bruchteil zur Entwicklung gelangt und dem Menschen sp?ter zur Speise dienen kann. Daher sichert uns auch die unersch?pflich erscheinende F?lle des Lebens im Meer nicht vor einem Ende mit Schrecken. Die Menschen haben auch einst gedacht, dass die W?lder nie alle werden und die Fruchtbarkeit der Erde nie abnehmen k?nne, und sind doch auf recht bittere Weise eines anderen belehrt worden. Aber trotz der gemachten herben Erfahrungen w?sten wir in der gleich tollen und r?cksichtslosen Weise auf die Sch?tze des Meeres los, nach dem alten, leichtsinnigen Worte >>Nach uns die Sintflut<<. Erst in letzter Zeit machen sich Anzeichen zur Besserung geltend, denn die Wissenschaft hat ja durch Aufhellung der fr?her so r?tselhaften Wanderz?ge der Fische und die Erforschung ihrer Ern?hrungsverh?ltnisse, insbesondere durch die Planktonlehre, einen gangbaren Weg zur planm?ssigen Bewirtschaftung des Meeres gewiesen. Schl?gt man diesen zielbewusst und unter Zuhilfenahme aller technischen Behelfe der Neuzeit ein, so wird der Meeresacker auch in Zukunft ohne wirklichen D?nger und eigentliche Aussaat goldene Ernten bringen.

Reizvoll, anregend und voll ungeahnter Abwechslung ist die Seefischerei, in ungleich h?herem Grade jedenfalls als die Binnenfischerei, wo ja in weiten Kreisen namentlich der Angelsport als ein Ausbund von Langeweile gilt, wenn er es auch in Wirklichkeit keineswegs ist. Versetzen wir uns einmal im Geiste auf einen Fischdampfer! Schon beim ersten Morgengrauen erdr?hnt donnerndes Gepolter auf dem Deck. Die Vorbereitungen zum Ausbringen des Netzes haben begonnen. L?ngs der Reeling liegen an Back- und Steuerbord zwei riesige Baumst?mme, an denen das Fang- und das Reservenetz befestigt sind; an ihnen sind m?chtige eiserne B?gel von ?ber Mannesgr?sse angebracht, dazu bestimmt, beim Schleifen ?ber Grund den Baum freizuhalten und seine Bewegungen zu erleichtern. Immer lebendiger wird das Bild, die Mannschaft steht bereit, der Kapit?n ist auf seinem Posten am Ruder -- alles klar! Jetzt luvt er an, d. h. dreht das Schiff so, dass der Wind von ihm wegstreicht, -- kr?ftige F?uste packen das Netz und werfen es ?ber Bord, allm?hlich treibt es auf und seitw?rts nach hinten, einige Mann erfassen den B?gel am Vorderende des Baumes, und polternd schl?gt das Unget?m ?ber die Reeling in die hoch aufspritzende Flut, schnell abtreibend. In dem Augenblick, in dem der Baum quer steht, wird auch das hintere Ende mit seinem B?gel ?ber Bord geworfen -- einige Schwingungen hin und wieder, dann liegt er wagerecht -- die Stahltrosse wird ausgesteckt und saust rasselnd hinaus -- das Schiff f?llt ab und nimmt seinen alten Kurs wieder auf -- das Man?ver ist beendigt, und es beginnt nun der eigentliche Fischzug, w?hrend dessen der Dampfer mit nur 2 Meilen Fahrt 6-8 Stunden lang vor seinem Netze durch die See zieht. Dieses wird also von einem etwa 16 Meter langen und sorgf?ltig f?r diesen Zweck ausgew?hlten Buchen- oder Eichenstamm geschleppt. An ihm ist ein 4 Zoll starkes Grundtau befestigt, daran eine sogenannte Bolzleine, und von dieser aus verlaufen fliegende, vierkantige Maschen, an die sich dann die eigentlichen Netzmaschen ansetzen. Nur der beste Manilahanf kommt dabei zur Verwendung, wird ?berdies noch mit Karbolineum getr?nkt, h?lt aber trotzdem selten l?nger als ein halbes Jahr aus. Das Netz hat eine L?nge von etwa 75 Metern und ist nach Art der Mausefallen gebaut. In die durch den Baum weit ausgereckte ?ffnung streichen die Fische hinein, bis in das Hinterende, den sogenannten Sack, den eigentlichen Beh?lter, der vorn durch einen lose aufliegenden Netzteil nach innen geschlossen wird, so dass die Fische wohl hinein, nicht aber heraus k?nnen. Die ganze Vorrichtung wird an einer Stahltrosse ?ber den Grund geschleppt .

Stunde um Stunde verstreicht in langweiligem Gleichmass, und mit gespannter Erwartung sieht alles dem gegen Mittag stattfindenden Fischzug entgegen. Nichts h?rt man, als das einf?rmig tr?ge, schwerf?llig stampfende Get?n der Maschine. Endlich naht die Entscheidung. Wieder steht der Kapit?n am Ruder -- ein Zeichen -- der Dampfer luvt an, und die durch Dampf getriebene Winde beginnt ihr metallisch dr?hnendes Get?se, indem sie die Stahltrosse einhievt , die, fast bis zum Springen gesteift, durch eine mit Kolben versehene Luke sich am Oberdeck hereinzw?ngt. Jetzt wird der Baum sichtbar, wagerecht hinten und vorn gehievt, dann eine >>Taille<< von m?chtiger St?rke eingehakt, und nun heisst es, ihn hoch holen, was bei einem solchen Koloss nat?rlich auch nur die Dampfkraft zu schaffen vermag. Zun?chst wird das Achterende vorgehievt, dann kommt das Vorderende dran, und nun steigt wie ein triefendes Seeunget?m Baum und Netz allm?hlich ?ber Wasser, h?her und h?her, und endlich donnert, ?bergeholt, der eiserne B?gel auf Deck. Im gleichen Augenblick fasst die Mannschaft ins Netz. Weit nach hinten beugen sich die Leute ?ber und holen mit Anstrengung aller Kr?fte ruckweise St?ck f?r St?ck herauf. Rauher Gesang muss die saure Arbeit erleichtern, und ein graub?rtiger Mecklenburger mit wetterhartem Ledergesicht gibt dabei den Takt an. Das Netz ist an Deck. Weit vorgebeugt stiert der Kapit?n mit langgestrecktem Halse ins Wasser, nicht weniger gespannt die gesamte Mannschaft -- alle nach einer bestimmten Stelle. Pl?tzlich steigen an dieser ganze Massen von Blasen perlend an die Oberfl?che, und darunter aus der Tiefe kommt es gr?nlich schimmernd h?her und n?her: es ist der Sack, der auftreibt, aber er tut dies nur, wenn er reichen Fischsegen birgt. Ein vergn?gtes Schmunzeln wetterleuchtet ?ber das zerknitterte Gesicht des Kapit?ns; er hat guten Grund dazu, denn sein Einkommen besteht haupts?chlich in dem Gewinnanteil. Jetzt ist der Sack so hoch, dass man den weissschimmernden Inhalt erblickt, festgekeilt in gew?lbter Masse, wobei aus den Maschen namentlich die schmalen Leiber der Seezungen herausragen. Wieder beginnt das Dr?hnen der Winde, unendlich langsam und schwerf?llig erhebt sich der pralle Sack triefend in die L?fte, der Dampfer neigt sich merklich nach Steuerbord ?ber unter der Last, die jetzt, hereingeschwungen, ?ber dem Vorschiff schwebt. Vergeblich versucht man, den sch?rzenden Knoten zu l?sen, die strotzende Masse im Netz bekneift ihn; erst als ein Mann aufs Tau springt und mit der ganzen K?rperlast wippend auf und niederschwingt, gibt es nach, und nun -- ein dumpfer Schlag aufs Deck -- mit einem Ruck hat der Sack sich seines Inhalts entledigt, und pl?tzlich ist der Raum von einer weiss schimmernden, glitzernden Masse ?bergossen, die einen Augenblick, als sch?pfe sie Atem nach der furchtbaren Pressung im gestrafften Netz, in Ruhe verharrt und dann zappelnd, springend, schlagend und glitschend, wirr durch- und ?bereinander dr?ngend ein so verbl?ffendes Bild des Lebens oder eigentlich des Sterbens darbietet, dass es jeder Beschreibung spottet.

Die Hauptmasse bildet der Schellfisch, der mit seinem weissen Leibe gewissermassen den Untergrund des ganzen Bildes malt, und der gefr?ssige Kabeljau mit dem gierig glotzenden Auge und dem weit ge?ffneten Rachen. Daneben windet sich ein Steinbutt mit flachen R?ndern, kurzem Schw?nzchen und einem Kopf, der aussieht, als h?tte der Sch?pfer sich verzeichnet. Und was ist das hier? Ein Steinbutt nicht, aber ein ?hnliches Getier mit starken Stacheln auf dem breiten, buntscheckig getigerten R?cken und einem ebenso fleckigen Stachelschwanze -- ein Rochen oder, wie der Fischer ihn nennt, ein >>Franzose.<< >>Rrrruck, rrrruck<< sagt es pl?tzlich neben uns -- das sind Knurrh?hne. Dazwischen schimmert rot und goldfarben das Peterm?nnchen -- >>mecklenburgischer Ritter<< heisst es in der Fischersprache, wohl kaum seiner hohen Denkerstirn, sondern eher der harten, scharfkantigen R?ckenflosse wegen. Weiterhin zarte Seezungen mit schm?chtigen Leibern und graue Schollen, Proletarier im Aussehen, aber nicht im Geschmack. Hallo -- ein Hai? Wahrhaftig -- die dreieckige R?ckenflosse, der weisse Bauch, der zur?ckspringende Unterkiefer -- alles stimmt. In Spr?ngen schiebt sich der meterlange Bursche ?ber die anderen Fische hin. Immer neue Formen unterscheidet man in der wirren Masse, die wie mit einer Art F?llsel durchsetzt ist von schlamm?berzogenen Muscheln und sonderbar traubenartig gestalteten Lebewesen eklen Aussehens, >>Seehenne<< benannt. Da schnellt es auf, ein grosser, schlanker und sch?ner, man k?nnte sagen, eleganter Fisch von gut Meterl?nge mit fadenf?rmigem Auswuchs am Unterkiefer -- der Lengfisch. Daneben ein Seehecht mit dem gef?hrlichen Gebiss, dem man besser im Bogen aus dem Wege geht. Wer z?hlt und nennt sie alle, edle und unedle, seltene und gemeine, Korksohlen, Schaben, Rotzungen, Makrelen und andere mehr? Dazwischen und dar?ber krabbelt und kriecht es -- Seespinnen mit gespenstigem Kopf und langen Beinen, Krebse von teilweise riesigen Ausmassen, auf deren gepanzertem R?cken sich eine ganze Welt von Schmarotzern h?uslich eingerichtet hat. Ein m?chtiger Hummer ?ffnet die gewaltigen Scheren zum Angriff -- mitten aus dem gl?nzenden Weiss der Fischleiber hebt er sich funkelnd schwarz ab, und sein Panzer erinnert in der Wirkung ?berraschend an den eines japanischen Ritters. Einer der Matrosen befreit pl?tzlich mit erschrockenem Ruck seine Stiefel aus einer Umklammerung und f?llt dabei ausglitschend mitten unter die Fische. >>Ein Kater -- ein Kater!<< Richtig -- ein Katfisch war gefangen und hatte den Stiefel eines Mannes erwischt, jedoch nur ein kleines Ende, sonst w?re der Matrose nicht so leicht losgekommen. Ein grauliches, halb mannslanges Tier mit dem Ausdruck gemeinster tierischer Roheit in dem riesigen Kopfe. Ihm entspricht auch alles ?brige -- der K?rper hat keine eigentlichen Schuppen, sondern eine faltige, schlammgraue Haut, der R?cken keine eigentliche Flosse, sondern mehr eine schlammgraue, handbreite M?hne. Das Maul aber ist mit richtigen, stumpfen Menschenz?hnen besetzt, Zunge und Gaumen bilden eine harte Hornmasse. Was zwischen diese Z?hne ger?t, wird rettungslos zermalmt. Ein Mann steckt dem Katfisch einen Besenstiel ins Maul, in den er sich sofort derart verbeisst, dass er daran aufs Achterdeck geschleift werden kann. Auch das Fleisch dieses Untiers wird verkauft, aber in Kotelettenform und der Kopf vorher abgeschnitten, da es der K?ufer sonst wohl mit dem Gruseln bekommen w?rde. Aus der gegerbten Haut werden in Norwegen Stiefel gemacht. Noch ein anderer merkw?rdiger Schlingel ist da -- ein Seehase, jenes sonderbare, kugelig-stachelige Wesen mit den wulstigen Menschenlippen, das man als D?mon der Seekrankheit bezeichnen k?nnte, denn von Zeit zu Zeit speit er den w?sserigen Inhalt seines Bauches mit dem ganzen Jammerausdruck eines von Poseidon geplagten Menschenkindes aus.

Die Mannschaft besch?ftigt sich zun?chst mit dem Auslesen der Fische in eine grosse Anzahl weidengeflochtener K?rbe, deren jeder 50-60 kg fasst. Hand in Hand damit geht auch das Abt?ten und Ausweiden. Kreischende Geschwader von M?wen und Seeschwalben sowie ganze Z?ge von >>Meerschweinen<< folgen dem leckeren Frass versprechenden Schiffe und gieren nach den ins Wasser geworfenen Eingeweiden. Dann treten M?nner mit Schlauch und Besen an, reinigen zun?chst durch einen starken Wasserstrahl den Inhalt der K?rbe und s?ubern dann das Deck, nachdem andere alle minderwertigen oder abgestandenen Fische, Muscheln und dgl. ?ber Bord geschaufelt haben. So h?lt man heute durch strenge Reinlichkeit die widerw?rtigen Ausd?nstungen der Fischr?ckst?nde von den Dampfern fern, die fr?her f?r Menschen mit empfindsamen Geruchsorganen den Aufenthalt auf ihnen zur Qual machten. Schliesslich wird der ganze Fang unter Bord verstaut, und mit vergn?gtem Gesicht tr?gt der Kapit?n die Anzahl der K?rbe in sein Tagebuch ein.

Nicht immer aber liefert der Fischzug eine so mannigfache Beute, nicht immer einen so reichen Ertrag. Gar nicht selten h?ngt der aufgezogene Netzbeutel schlaff und fast leer herab, oder sein Inhalt erweist sich als ein ?rmlich-schrumpeliges P?ckchen minderwertiger Fische. Das ist immer noch besser, als wenn das Netz zwischen die Tr?mmer eines Wracks ger?t, wie es in der stark befahrenen Nordsee oft genug der Fall ist. Dann enth?lt es nur in Tang und Schlick geh?lltes Tr?mmerwerk aller Art mit unkenntlichen, schlammigen Anh?ngseln, ist ?berdies meist zerrissen und macht langwierige und kostspielige Flickarbeit notwendig. So schraubt sich Tag f?r Tag ab in regelm?ssigem Einerlei von Fischzug zu Fischzug. Man h?rt w?hrenddem nur von Fischen, sieht nur Fische, isst nur Fische, und so vermag man schliesslich auch kaum noch etwas anderes zu denken als Fische. Jedermann begr?sst es deshalb als Erl?sung und willkommene Abwechslung, wenn endlich alle K?rbe gef?llt sind und der Kiel heimw?rts gerichtet wird. Mit wehender Reederflagge holt der Fischdampfer durch die Schleusen und vertaut sich im alten Hafen von Bremerhaven, diesem Brennpunkte des deutschen Fischhandels. Hier beginnt sofort das L?schen. In den Fischschuppen ert?nt das Get?se der Eismaschine, die die grossen Bl?cke zu Grus zermalmt. Geb?ckte Gestalten schichten in strohbelegte K?rbe Fische und Eis, Fische und Eis, immerfort, mit erstaunlicher Schnelligkeit . Draussen rollen schon die Eisenbahnwagen herbei, um das seefrische Meeresfleisch als Eilgut ins Binnenland zu tragen. Wenn es dort am n?chsten Morgen auf dem Wochenmarkte angeboten wird, sind die Fischer l?ngst wieder auf hoher See und werfen ihre Netze aus.

?ber die Naturgeschichte des Herings, der eines der friedfertigsten Gesch?pfe ist und sich durch den ungemein zarten Bau seiner Kiemen auszeichnet, weshalb er nur schwer lebend zu versenden und kaum in Gefangenschaft zu halten ist, sind wir noch keineswegs so gut unterrichtet, wie es die ungeheure wirtschaftliche Bedeutung dieses Fisches w?nschenswert machte; sp?teren Forschungen winkt hier noch ein weites und lohnendes Arbeitsfeld. Noch immer wissen wir nicht, worauf eigentlich das pl?tzliche Ausbleiben der grossen Heringsschw?rme aus Gegenden, wo sie Jahrhunderte lang zu Milliarden erschienen, zur?ckzuf?hren ist, wir k?nnen nur annehmen, dass allzu schonungsloser Fang oder uns unbekannte ozeanographische Ver?nderungen die wirksamen Faktoren dabei sind. Nur das steht fest, dass Perioden reichen und sp?rlichen Fangs mit einer gewissen Regelm?ssigkeit in bestimmten Zeitr?umen f?r die einzelnen L?nder abwechseln. W?hrend im verflossenen Jahrhundert Schotten und Norweger die Meistbeg?nstigten waren und sich an den deutschen K?sten nur ein wenig lohnender Fang erm?glichen liess, ja die Ostsee nahezu ausgefischt erschien, will es scheinen, dass das neue Jahrhundert uns wieder einen stark vermehrten Heringssegen bescheren wird. So brachten schon die Jahre 1907 und 1909 ungeheure Heringsschw?rme an unsere K?sten, und der reiche Fang war der hart gepr?ften Fischereibev?lkerung wohl zu g?nnen. Einzelne Fischerd?rfer an der Kieler F?hrde erzielten in einer einzigen Nacht F?nge von 8 Millionen St?ck und mehr. Es war kaum m?glich, die Netze ordnungsgem?ss einzuziehen, denn R?cken an R?cken gedr?ngt erf?llten die Fische in dichten Mengen die Flut. Der Preis f?r R?ucherware, die beliebten B?cklinge, ging aber trotzdem nicht wesentlich herunter, da der Ring der R?ucherer daf?r sorgte, dass der Meeressegen dem Volke keine billige Nahrung bringen konnte. Dagegen wurde auf dem L?becker Markt der Eimer frischer Heringe mit zwanzig Pfennigen verkauft, ein Preis, der stark an die fast sagenhaft gewordenen Zeiten fabelhaften Fischreichtums unserer Meere erinnerte. Mit Vorliebe benutzen die Heringe neuerdings den Nordostseekanal selbst zum Laichen, bekamen hier aber zun?chst infolge der starken Verunreinigung des Wassers einen widerlichen Karbolgeschmack, der jedoch verschwunden ist, seit man in richtiger Erkenntnis der Sachlage f?r eine m?glichste Kl?rung und Unsch?dlichmachung der zahlreichen Abw?sser Sorge getragen hat. Fr?her glaubte man, dass der Hering seinen eigentlichen Wohnsitz in den n?rdlichen Eismeeren habe und von da aus lediglich des Laichgesch?ftes halber die s?dlicheren Meeresteile besuche. Diese Annahme hat sich jedoch als unhaltbar herausgestellt, es scheint vielmehr sicher zu sein, dass der Hering r?umlich nur beschr?nkte Wanderungen vollf?hrt, die mehr in einem Aufsteigen aus tieferen Schichten in flachere Meeresteile bestehen. So sollen grosse Heringsv?lker st?ndig in den tiefen Teilen des Atlantik unmittelbar vor der Westk?ste Irlands und Schottlands wohnen, w?hrend die flache Ostsee von unserem Fisch wohl ?berhaupt nur zur Laichzeit aufgesucht wird. Diese ist nicht streng an eine bestimmte Jahreszeit gebunden, da alte und junge Heringe zu verschiedener Zeit zu laichen scheinen. Auch noch nicht fortpflanzungsf?hige Heringe wandern schon und sind den Fischern als Jungfern- oder Matjesheringe bekannt; sie haben zartes Fleisch, sind aber wenig haltbar.

Das ge?bte Auge der Fischer und der Fachgelehrten unterscheidet eine ganze Reihe von Lokalrassen, die ihre bestimmten Wanderstrassen einhalten, die sicherlich auch ihre bestimmten Wohnpl?tze haben und sich nicht leicht mit anderen Rassen vermischen. Simroth sucht ihre Entstehung in geistvoller Weise durch seine Pendulationstheorie zu begr?nden. Nach seiner Auffassung entstammt der Hering urspr?nglich dem S?sswasser. Dies geht auch daraus hervor, dass die Charaktermerkmale der einzelnen Rassen sich umso mehr verwischen, je weiter sie in die ja sehr salzarme Ostsee vordringen. Ganz im Sinne des Darwinismus unterscheiden sich die Heringsrassen in der nur graduell verschiedenen Weise, wie die einzelnen Arten der Clupeiden, und man kann von der Entstehung der Variet?ten auf die der Gruppen h?herer Ordnung schliessen. Deren Scheidung hat sich wahrscheinlich unter dem 42. Breitengrade vollzogen, also an der heutigen S?dgrenze der Arten, wo die Geoidform der Erde am meisten von der Kugel abweicht, demnach die Beeinflussung der Organismen am st?rksten sein muss. Von hier ist zuerst die Sardine, sp?ter die Sprotte ins offene Meer mit seinen gleichm?ssigeren Temperatur- und reichlicheren Ern?hrungsverh?ltnissen abgewandert, w?hrend der Hering am l?ngsten die Mitte zwischen S?sswasser- und Seefisch innehielt. Den genannten Arten am ?hnlichsten ist ?brigens der kleine Hering des Weissen Meeres, also die n?rdlichste Rasse. Die Herbstheringe sollen tiefer in die brackigen Buchten eindringen als die Fr?hjahrsheringe. Von der ?berw?ltigenden Massenhaftigkeit der einen wahren Himmelssegen f?r viele K?stenl?nder bildenden Heringsschw?rme vermag sich derjenige, der dieses grossartige Schauspiel nicht mit eigenen Augen geschaut hat, kaum einen richtigen Begriff zu machen. So dicht schwimmen die sich von verh?ltnism?ssig kleinen Meeresorganismen n?hrenden Fische zusammen, dass ein dazwischen gestecktes langes Ruder aufrecht stehen bleibt, dass ein in diese fortpflanzungshungrige Massenprozession geratenes Boot emporgehoben wird und in Gefahr ger?t, dass die >>Milch<< der M?nnchen weithin das Wasser tr?bt. Die Weibchen kleben ihre Eier entweder an Tang oder sie lassen sie einfach frei in die See fallen. Mit atemloser Spannung folgt man am Strande, wo ausser Tausenden von Fischern auch ungez?hlte Salzh?ndler, Fassdaubenverk?ufer, M?dchen, Gaukler, landstreichende Prediger und Seelenerwecker versammelt sind, der Bewegung der Heringsz?ge. >>Wenn die wirkliche Fischzeit beginnt<<, schildert Bertram, >>bem?chtigt sich eine Art Wahnsinn aller Versammelten: alles arbeitet, alles spricht, alles denkt nur vom Heringe.... Junge Herzen beten f?r den Erfolg der Boote ihrer Geliebten, weil dieser Erfolg ihnen des Herzens gr?sstes Sehnen, den Ehering und die Haube bringen soll; aus des Sulzers Augen leuchten gehobene Stimmung und grosse Hoffnung hervor; die Besitzer noch unbenutzter Boote scheinen gl?cklich zu sein; kleine Kinder selbst nehmen an der Erregung vollen Anteil, auch sie sprechen von nichts als vom Heringe. Es wird verglichen und get?ftelt, geweissagt und gewettet, geflucht und gebetet, gezweifelt und gehofft.<< In Norwegen spannt man ganze Buchten, nachdem die Heringe ihren Einzug gehalten haben, mit riesigen Netzw?nden ab und fischt dann die Meeresernte allm?hlich heraus. Dann kann es vorkommen, dass 100 Yachten und mehr mit je 100 Tonnen gefangener Heringe befrachtet werden. Oft ist der Segen so gross, dass auch die vielen Tausende fleissiger H?nde ihn nicht in 2 bis 3 Wochen zu bew?ltigen verm?gen, so dass ein grosser Teil der eingeschlossenen Fische abstirbt und nun weithin Wasser und Luft verpestet, worauf die Heringe einen solchen Platz jahrelang meiden sollen.

Obwohl oft auch Millionen Heringe lediglich zum D?ngen der Felder verwendet werden m?ssen, ist die unter Umst?nden so ergiebige Heringsfischerei doch als eine Art Gl?cksspiel zu bezeichnen, denn es ist nicht selten, dass die Kutter in st?rmischen Zeiten ohne einen einzigen Fisch zur?ckkehren m?ssen und vielleicht gar noch ihre wertvollen Netze verloren haben. Bei uns fischt man zumeist mit Netzfleethen, deren jeder Logger zwei f?hrt und damit unter g?nstigen Umst?nden in einer Nacht 70-80000 Heringe zu fangen vermag. W?hrend der Nachmittage erfolgt das umst?ndliche Auslegen der Netze, nur des Nachts fangen sich die Heringe, und am Morgen werden dann die Netze geleert. Ein besonders schnell segelndes Fahrzeug, >>Jager<< genannt, ?bernimmt die bereits an Bord zurechtgemachte Ausbeute der Logger und bringt sie gleich an Land. Kann sich auch die deutsche Heringsfischerei nach Umfang und Ausdehnung noch nicht mit der ausl?ndischen messen, so zeichnet sie sich doch vorteilhaft durch die in ihren Betrieben herrschende Reinlichkeit und durch die sorgf?ltige Behandlung und Zubereitung der gefangenen Fische aus, deren G?te dadurch ganz wesentlich gewinnt. Unter Vollheringen versteht man die im Gegensatz zu den Matjesheringen geschlechtlich voll entwickelten, grossen und fetten Fische, unter Ihlenhering die nach dem Ablaichen gefangenen, unter Wrackhering die Ware geringerer G?te, unter B?ckling den ger?ucherten Hering. In England, dem Lande der R?cksichtslosigkeit, verwendet man leider zum Heringsfang vielfach zu engmaschige Netze, in denen sich auch die wertlosen Jungheringe zwecklos mitfangen, wodurch der Fischerei schwerer Schaden erw?chst und die Meere von diesen n?tzlichen Fischen entv?lkert zu werden drohen. Das englische Parlament plant deshalb jetzt strenge Massregeln gegen eine derartig gemeingef?hrliche Raubfischerei.

Zarter im Fleisch und feiner im Geschmack als der Hering ist die kleinere Sprotte , die in ihrer Lebensweise ganz dem grossen Vetter gleicht. Auch sie wird namentlich in der Kieler F?hrde massenhaft gefangen und ger?uchert als >>Kieler Sprotte<< in den Handel gebracht. In Norwegen dagegen salzt man denselben Fisch ein, und er erfreut sich dann als Anchovis eines guten Rufes. Auch die Sprottenfischerei hat an den guten Heringsf?ngen der letzten Jahre ihren vollgewichtigen Anteil gehabt, und es liegen dar?ber ganz begeisterte Berichte von der Ostseek?ste vor. In der Kieler F?hrde konnten beim Erscheinen der riesigen Herings- und Sprottenschw?rme die Fischer ihre Boote fast alln?chtlich bis zum Rande f?llen, oft die ?berm?ssig schweren Netze gar nicht ziehen, die Bahn vermochte kaum den Transport zu bew?ltigen und musste vor die besonders eingestellten >>Fischz?ge<< noch Vorspannlokomotiven legen, die Kiste Heringe mit 600 St?ck erzielte im Grosshandel nur 50 Pfennig, trotzdem mussten die Fische noch waggonweise als D?nger fortgefahren werden. Solche Tatsachen geben einen Begriff von dem unersch?pflichen Reichtum, von der wunderbaren Fruchtbarkeit des Meeres. Hauptsitz unserer Sprottenr?ucherei ist das unweit Kiel auf der anderen Seite der Bucht gelegene Dorf Ellerbeck. Von einem eigentlich fabriksm?ssigen Betrieb ist aber auch hier kaum die Rede, denn die meisten R?uchereien haben trotz ihrer grossen Leistungsf?higkeit nur recht bescheidenen Umfang. Auch geht das ganze Verfahren unglaublich rasch vor sich, zumal in den Betrieben eine weitgehende und praktische Arbeitsteilung herrscht. Das Sprichwort >>Frische Fische -- gute Fische<< gilt hier mehr als je, und es ist ein gewaltiger Unterschied zwischen den gold- und fettgl?nzenden Fischchen, die noch tags zuvor munter im Meere herumschwammen, und den verschrumpelten, eingetrockneten Sprotten, die in den bekannten flachen Holzkistchen in den Schaufenstern der Delikatessenh?ndler unserer Kleinst?dte prangen. Oft genug sind es trotz ihrer unzweifelhaften Kieler Herkunft auch gar keine echten Sprotten, sondern andere kleine Meeresfische. Man kann sich leicht genug dar?ber vergewissern. Streicht man n?mlich den Fischen mit dem Finger auf der Unterseite des Bauches vom Schwanz nach dem Kopf entlang, so muss es sich rauh anf?hlen, weil dort kleine Stacheln vorhanden sind. Trifft das nicht zu, so sind es auch keine echten Sprotten. Die frisch gefangenen Fischchen werden zun?chst f?r eine Stunde in Salzlake gelegt und dann in wassergef?llten K?beln oder gemauerten Bassins durch Bearbeitung mit Reisbesen entschuppt und gewaschen. Dann kommt das >>Aufspillen<<, indem man die Sprotten auf stricknadelstarke Eisenst?be reiht, und zwar so, dass der Stab durchs Kiemenloch eingef?hrt wird und aus dem Maule wieder hervortritt. Die mit Fischen beh?ngten St?be kommen in rechteckige, h?lzerne, blechbeschlagene, je 2400 St?ck fassende Rahmen und diese auf die R?ucher?fen, zun?chst unten hin, nach einigen Stunden an die oberste Stelle. Innerhalb 10 Stunden k?nnen 2 der kaminartigen ?fen ?ber 10000 Sprotten r?uchern. Die gleichm?ssige Unterhaltung des Feuers ist wichtig f?r die Erzielung hervorragend guter Ware. Man verwendet mit Vorliebe Erlenholz, sch?ttet auch ab und zu Lohe auf oder begiesst mit Wasser, um eine recht kr?ftige Rauchentwicklung hervorzurufen; ?ber die Rahmen und ?fen gespannte Vorh?nge und Leint?cher sorgen daf?r, dass der Rauch den Fischen auch in vollem Masse zugute kommt. Nach Beendigung des R?ucherns werden diese f?r eine halbe Stunde abgek?hlt, dann von den Dr?hten abgestrichen und k?nnen nun sofort zum Versand verpackt werden. Den entsprechenden Betrieb in einer gr?sseren, mehr fabrikm?ssig eingerichteten Kieler R?ucherei veranschaulichen unsere Abbildungen 3 und 4.

Der St?r ist jedoch nicht nur ein wirtschaftlich hochwichtiger Fisch, sondern auch ein naturgeschichtlich besonders interessanter, da er als letzter Rest eine der ?ltesten und sonst ausgestorbenen Ordnungen aus dem Reich der Fische verk?rpert und uns lebende Kunde gibt vom Aussehen und Bau der Wirbeltiere in den Urzeiten der Tierwelt. Sein K?rper ist schlank, die unterst?ndige Schnauze gestreckt und vorgezogen, die Kiefer zahnlos, und das Schuppenkleid wird ersetzt durch 5 L?ngsreihen eigenartiger Knochenschilder, die aussehen wie chinesische H?tchen und bei jungen St?cken sch?rfer gekantet sind als bei alten. Auch haben die dem Laich schon nach 3 Tagen entschl?pfenden Jungen w?hrend ihrer ersten Lebensmonate noch Z?hne. Sie streben schon fr?hzeitig dem Meere wieder zu, aber ?ber das dortige Leben und Treiben der St?re wissen wir eigentlich herzlich wenig.

Guitel bestreitet auf Grund von Aquariumsbeobachtungen diese bisher allgemein verbreitete Ansicht und glaubt, dass der Angler seine Opfer durch rasche Vorst?sse nach oben erhasche, sich aber ?berwiegend von Aas und unbeweglichen Seetieren n?hte .

Der Umstand, dass Flugfische nur in den warmen Meeren vorkommen, muss zu der Vermutung f?hren, dass die dortigen klimatischen Verh?ltnisse die Ausbildung des Flugverm?gens irgendwie besonders zu beg?nstigen vermochten, und vielleicht haben wir wenigstens einen dieser Faktoren in der Gleichm?ssigkeit zwischen Luft- und Wasserw?rme zu suchen, durch welche auch bei empfindlichen Gesch?pfen der pl?tzliche ?bergang von einem Medium ins andere wesentlich erleichtert wurde. Die Frage nach den ?usseren Gr?nden und treibenden Ursachen, die zur allm?hlichen Ausbildung des Flugverm?gens bei Fischen gef?hrt haben, ist von den Forschern sehr verschieden beantwortet worden. Manche meinen, dass dadurch nur ?bersch?umender Freude am Dasein Ausdruck gegeben werden solle, dass es sich also nur um eine Art Spiel handle, andere glauben, dass das zeitweise Bed?rfnis nach sauerstoffreicherer Atemluft die Fische zu den Ausfl?gen in ein fremdes Element veranlasse. Ich m?chte es aber doch mit denen halten, die in dem Auffliegen nichts als eine Flucht vor gr?sseren Raubfischen erblicken, denn das ganze Benehmen der Tiere spricht zu deutlich und zu unverkennbar f?r diese Auffassung, und das ganze Leben der Fische ist ja ein ewiger Krieg, ein unabl?ssiges W?rgen und Gew?rgtwerden. Dann aber ist das pl?tzliche Verschwinden in einer anderen Welt, in die der Gegner nicht zu folgen vermag, sicherlich ein pr?chtiges, in seiner naiven Einfachheit schier verbl?ffendes Ausfluchtsmittel, und nachdem die Natur einmal darauf verfallen war, leuchtet es ein, dass unter dem Einflusse der nat?rlichen Zuchtwahl das Flugverm?gen rasch bis zu einem gewissen notwendigen Grade sich entwickeln musste. Wenn die Fische dabei manchmal aus dem Regen in die Traufe geraten, indem nun Scharen von M?wen, Albatrossen, Fregattv?geln und anderen beschwingten Fischfressern in der Luft sich ?ber sie hermachen, so ist dies doch noch lange kein Gegenbeweis, denn einmal ist die zun?chst gegenw?rtige Not doch immer die gr?sste und ausschlaggebende, und sodann sind derartige F?lle doch nicht allzu h?ufig, indem die fischfressenden V?gel im allgemeinen mehr in der N?he der K?sten sich aufhalten, die Flugfische dagegen meistens in freier See sich tummeln.

Die Farben, Sehwerkzeuge, Leuchtlaternen und phosphoreszierenden Organe der Fische in den verschiedenen Meeresschichten stehen offenbar im engsten Zusammenhange mit der Verteilung und dem Hinabreichen der Sonnenstrahlen ins Meereswasser. Es ist also im Meere eine unverkennbare, wenn nat?rlich auch ?berg?nge aufweisende Trennung der Fauna nach Tiefenschichten und in engster Abh?ngigkeit von den Belichtungsverh?ltnissen durchgef?hrt. Ausserdem haben aber auch die Tiefseefische noch ihre geographische Verbreitung, denn die Annahme w?re grundfalsch, dass etwa in den tieferen Wasserschichten ann?hernd gleiche Verh?ltnisse herrschen und deshalb auch ihre Bewohner mehr oder minder gleichm?ssig ?ber den ganzen Meeresboden verbreitet seien. Vielmehr gibt es auch in der Tiefsee verh?ltnism?ssig eng begrenzte faunistische Bezirke mit scharfen Schranken in Temperatur, Salzgehalt, Nahrungsverh?ltnissen und Bodenbeschaffenheit, die dem Ausdehnungsbestreben und der Vermischung der einzelnen Arten Grenzen setzen. Die auffallende Tatsache, dass manche Tiefseefische an beiden Polen vorkommen, ist wohl dahin zu erkl?ren, dass diese Formen urspr?nglich w?rmeren Gegenden entstammen und beim ?bergang ins k?ltere Gebiet, sei es nach diesem, sei es nach jenem Pole hin, durch gleiche Einfl?sse auch die gleiche Umbildung erfuhren.

Sachregister.

Die mit einem Sternchen bezeichneten Ziffern verweisen auf eine Abbildung im Text.

Blauhai 57 Bonite 38, 72 Bremerhaven, Brennpunkt des deutschen Fischhandels 18 B?cklinge 20

Igelfisch 80, 81

Vipernfisch 47

Weisshai 57 Weltfischerei 9

Naturwissenschaftliche Bildung ist die Forderung des Tages!

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$ 2. Dieses Ziel sucht die Gesellschaft zu erreichen: durch die Herausgabe eines den Mitgliedern $kostenlos$ zur Verf?gung gestellten naturwissenschaftlichen Handweisers ; durch Herausgabe neuer, von hervorragenden Autoren verfasster, im guten Sinne gemeinverst?ndlicher Werke naturwissenschaftlichen Inhalts, die sie ihren Mitgliedern $unentgeltlich$ oder zu $einem besonders billigen Preise$ zug?nglich macht, usw.

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? 5. Siehe vorige Seite.

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