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Read Ebook: Siebeneichen: Roman aus dem Alt-Meißner Land by Hildebrand Gustav Windisch Josef Illustrator

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Ebook has 1728 lines and 60182 words, and 35 pages

Illustrator: Josef Windisch

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Siebeneichen

Siebeneichen

Roman

aus

von

Gustav Hildebrand

Mit Federzeichnungen von Josef Windisch

Karl Voegels Verlag G. m. b. H., Berlin

Alle Rechte, insbesondere das der ?bersetzung, vorbehalten

~Copyright by Karl Voegels Verlag G. m. b. H., Berlin 1912

~Inhalt

Kapitel Seite

Erstes Kapitel

Vor f?nf Jahren

Zu alten Zeiten bedeckte das heutige Sachsen dichter Wald. N?heres ?ber seinen damaligen Zustand wissen wir nicht. Das Land ist viel sp?ter als der Westen Germaniens in die Geschichte eingetreten. Tacitus verwechselte die Elbe mit der Saale, indem er diese als Hauptstrom bezeichnete, w?hrend er die Elbe f?r einen Nebenstrom hielt. Der erste r?mische Feldherr, der vom Rhein her am tiefsten in das unwegsame Land der Germanen eindrang, war Drusus; er erblickte den mittleren Lauf der Elbe. Den Boden Sachsens aber werden die Legionen der R?mer wohl niemals betreten haben.

Nach ihm n?herte sich erst Germanicus wieder dem Herzen des Landes. Seine Abberufung vereitelte das weitere Vordringen. Die Hand der Geschichte zog sich schon wieder zur?ck, nachdem sie den Saum des Schleiers kaum ber?hrt hatte, der ?ber diese Gegend gebreitet war.

Jahrhunderte vergingen. Da kam die V?lkerwanderung. Ihr Strom riss die an der oberen Elbe sitzenden germanischen St?mme s?dwestlich mit fort. Das freigewordene Land besetzte ein slawisches Volk, die Daleminzier. Ihrem weiteren Vordringen nach dem Westen trat das Germanentum hartn?ckig entgegen und warf die Slawen ?ber die Saale zur?ck. Zur Befestigung dieser Grenzscheide wurden l?ngs des Stromes deutsche Burgen errichtet.

Unter Karl dem Grossen begannen dann die erbitterten K?mpfe zur Wiedergewinnung des verlorenen Landes zwischen Saale und Elbe. Seine Nachfolger setzten den blutigen Streit mit immer geringeren Erfolgen fort. Zuletzt stockten die K?mpfe ganz. Streitigkeiten unter den deutschen St?mmen und Kriege gegen andere Feinde lenkten davon ab. Nur die der slawischen ?berlegene deutsche Kultur stritt friedlich weiter.

Da kam K?nig Heinrich der Erste zur Regierung. Nach Unterwerfung seiner Feinde und Einigung aller deutschen St?mme trieb nunmehr dieser tatkr?ftige F?rst seine Reiterscharen siegreich gegen die Slawen vor. Der Entscheidungskampf brach an, als die Daleminzier alle Streitkr?fte dicht vor der Elbe zusammenzogen und in ihre feste Burg Gana bei Lommatzsch im heutigen Sachsen warfen. Nach zwanzigt?giger Belagerung wurde die Feste unter grossen Opfern erst?rmt. Was an wehrf?higer Mannschaft vorhanden war, musste ?ber die Klinge springen. Der Rest des Slawenheeres wich ?ber den Strom zur?ck. Das Land bis zur Elbe war wieder deutsch!

Nun befestigte K?nig Heinrich die Stromlinie durch Anlage starker Burgen. So entstand im Jahre 928 die Burg Meissen, benannt nach dem vorbeifliessenden Bache Misni. Ihr zu F?ssen erbl?hte der Burgflecken gleichen Namens. An die Spitze der jungen Mark setzte K?nig Heinrich einen Markgrafen. Zudem wurde Meissen Bischofsitz. Der Dom wurde etwa dreihundert Jahre danach errichtet. Arnold von Westfalen baute sp?ter das Schloss von Grund neu auf.

Die Albrechtsburg zu Meissen wurde als eine Hochwacht des Deutschtums gegen die andr?ngenden Slawen gebaut. Sie erz?hlt die Geschichte des Landes von den entfernten Zeiten an, in denen das Bandum am Wurfspiess des deutschen H?uptlings flog, bis herein in unsere Tage, wo die weissgr?ne Flagge des s?chsischen Volkes auf ihren T?rmen weht.

Die Maiensonne schien warm auf den Marktplatz von Meissen herab.

Am Vormittag hatte hier gesch?ftiges Treiben geherrscht, denn es war Markttag gewesen. Wie von alters her waren die Landleute von Zehren, Meisa und C?lln hereingekommen, um Fleisch, Gefl?gel, Kraut und Obst feilzubieten. Neben ihnen hatten H?ndler ihre St?nde errichtet, auf denen allerlei ausgebreitet war: Tuchballen, Schuhe von derbem Leder, wollene Hauben und bunte T?cher. Die Hausfrauen waren von einem zum andern gegangen, um das Gewebe der wollenen Waren sorgf?ltig zwischen Daumen und Zeigefinger zu pr?fen oder nach dem Marktpreis der Lebensmittel zu fragen. Auch die liebe Jugend hatte sich wie immer beizeiten eingestellt, das Gewirr vermehrend und den L?rm, den die Ausrufenden und Feilschenden verursachten, durch ihr Geschrei erheblich steigernd. Denn der junge Nachwuchs hat es zu allen Zeiten verstanden, sich bei mancherlei Gelegenheit unn?tz zu machen.

Neue K?ufer hatten die mit beladenen K?rben nach Hause zur?ckkehrenden ersetzt, bis die F?lle der Waren allm?hlich arg zusammengeschmolzen war. So war der Vormittag hingegangen. Und als gegen die Mittagstunde die am Rathaus ausgesteckt gewesene rote Fahne weggenommen wurde, das Zeichen, dass f?r die Verk?ufer das Marktrecht erloschen war, hatten diese die zur?ckgebliebenen Vorr?te eingepackt und die Stadt zu Fuss oder zu Wagen wieder verlassen.

Jetzt war der Marktplatz menschenleer.

An einem Hause zwischen Kirche und Burggasse lehnte ein junger Mann und sah mit versonnenen Blicken den schreienden Spatzen zu, die um die verstreuten Abf?lle k?mpften. Der J?ngling war schlank gewachsen wie eine Haselrute, und seine feinen Glieder steckten in einem zierlich gearbeiteten Gewand von rotem, lundischem Tuch. Das edel geschnittene Gesicht von blasser Farbe war nur wenig gebr?unt. Das weiche, braune Haar, das bis auf den gestickten weissen Schulterkragen sich herabkr?uselte, liess erkennen, dass der J?ngling aus einem vornehmen Geschlecht stammen musste. Ein schwarzsamtnes Barett, auf der linken Seite mit einem kurzen Reiherstutz verziert, vervollst?ndigte seinen Anzug.

Gegen?ber dem ehrw?rdigen Rathaus in gotischem Stil, mit seinem m?chtigen, spitzen Dach, stand auf der andern Seite des Marktes ein breites Haus mit reichverziertem, hohem Giebel. Es war eines der sch?nsten und stolzesten Geb?ude der Stadt, und sein Besitzer musste zu den angesehensten B?rgern Meissens geh?ren.

Auf diesem Hause hafteten wie gebannt die Augen des J?nglings. Er kannte die reiche Portalbekr?nung unter der sich das Bogenprofil der kunstvoll geschnitzten Haust?r etwas nach vorn neigte, verziert mit Blumen und Fr?chten, die eines Meisters Hand aus dem Elbsandstein herausgemeisselt hatte. Er kannte auch den Spruch, der um den runden Bogen lief:

>>~Wir haben nichts mit in die Welt gebracht, Wir nehmen auch nichts mit hinaus!~<<

Die Erinnerung des J?nglings eilte um ein paar Jahre zur?ck.

Draussen vor dem Lommatzscher Tor war es gewesen! Und ein strahlender Sommertag, der ihn verlockt hatte, oben auf der H?he zu lustwandeln. Ach, es war ja sein letzter Tag, bevor er auf Jahre hinauszog! Seine Augen hatten noch einmal in Wehmut an dem sch?nen Bilde gehangen, das dem Beschauenden von dieser Stelle wird: -- den scharfen Umrissen der altersgrauen Markgrafenburg mit ihren k?hnen Zinnen, und auf dem ehrw?rdigen Dom mit seinen schlanken, himmelragenden T?rmen, deren Hintergrund die rebenbedeckten Weinberge des Spaargebirges bilden. Just wie heute war die Luft ein unermessliches Strahlenmeer gewesen. In der Ferne, wo die Bergesgipfel dichter Wald bedeckte, waren dessen Farben sanft in das helle, sonnendurchflimmerte Himmelsblau geflossen. Und tief unter seinen F?ssen hatte der Elbstrom gerauscht. Diese Sch?nheit hatten seine Blicke durstig eingesogen, damit er Jahre hindurch von der Erinnerung zehren k?nne.

Da hatte das Ohr des Schauenden pl?tzlich leises Kichern vernommen. Und als er sich umgesehen, war ihm ein wunderlicher Anblick geworden: unter dicht belaubten alten Buchen und im hohen Grase halb verborgen, hatte ein junges Menschenkind gelegen, das ihn mit den lachenden Blicken eines Koboldes neugierig betrachtete.

Z?gernd war er n?her getreten. Doch hatte ihn die Erscheinung so ?berrascht, dass ihm anf?nglich die Sprache versagte. Es war ein wahrhaftes Engelsantlitz mit grossen, strahlenden Augen, in das er geschaut. Ein schwerer Kranz blonder Flechten, von denen ein sonniges Flimmern ausging, hatte die weisse Stirn umgeben.

Endlich hatte er gesagt:

>>Wer bist du? -- Bist du ein Mensch oder eine Waldfee?<<

Da war das zierliche Wesen auf die F?sse gesprungen, hatte vor Ausgelassenheit in die H?nde geklatscht und hell aufgelacht, dass es geklungen, als wenn silberne Gl?cklein angeschlagen w?rden.

>>Also f?r eine Fee h?ltst du mich?<< hatte sie endlich ausgerufen. >>Du bist ein possierlicher Gesell! Wie heisst denn du?<<

>>Bernhard,<< hatte er geantwortet und sch?chtern hinzugef?gt: >>Und du?<<

>>Sonnhild!<< hatte sie stolz erwidert.

>>Sonnhild?<< war es ihm leise entfahren. >>Wie k?nntest du auch anders heissen als Sonnhild!<<

Da hatte sie wieder gekichert. Und es war ihm noch einmal gewesen, als ob von ihrem goldfarbenen Haar flimmernde Funken aufspr?hten.

>>Aber ich will heimkehren,<< hatte sie gesagt, >>geh' mit mir.<<

Nach Kinderart sich an den H?nden fassend, waren sie unter den B?umen dahingeschlendert. Das sch?ne M?dchen an seiner Seite hatte unerm?dlich geplaudert. Ihren strahlenden Augen war nichts verborgen geblieben, was am Wege lag. Bald zeigte sie ihm einen Durchblick zwischen den dichten Baumkronen, wo man am andern Ufer die rebenbedeckten H?gel sah, bald wies sie auf sch?ne Blumen und bunte Gr?ser, die inmitten des ?ppigen Mooses standen. Oder sie machte ihn verstohlen auf einen scheuen Vogel aufmerksam, der unh?rbar von Zweig zu Zweig h?pfte.

So hatten sie endlich die Stadtmauer erreicht. Als sie durch das Lommatzscher Tor schritten, war hinter dem Fenster das Gesicht des steinalten Torwarts erschienen. Alsdann waren sie durch den tief eingeschnittenen Hohlweg zwischen dem Sankt Afrafelsen und dem m?chtigen Burgberg zur Stadt hinabgegangen. Und als endlich die Burggasse hinter ihnen lag und sie ?ber den Markt gingen, hatte das M?dchen gesagt:

>>Nun bin ich zu Hause. Willst du mitkommen?<<

Eine Weile war er vor dem hohen Haustor mit seinem reichen Holzschnitzwerk und den kunstvollen, schmiedeeisernen Beschl?gen in Bewunderung stehengeblieben und hatte and?chtig den Spruch gelesen, dessen verschn?rkelte Buchstaben tief in den Stein gegraben waren. Dann hatte ihn das M?dchen an der Hand in den Hausflur gezogen.

Der Hausgang stellte eine ger?umige, steinerne Halle dar mit hoher Decke, die, wie der J?ngling heute wusste, ein m?chtiges Kreuzgew?lbe bildete. Die starken Bogen, die dieses gliederten, ruhten seitlich auf herrlich gemeisselten steinernen Konsolen.

Nun hatte sie ihn ?ber die Treppen und durch alle Gem?cher des grossen Hauses gef?hrt.

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