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Read Ebook: Siebeneichen: Roman aus dem Alt-Meißner Land by Hildebrand Gustav Windisch Josef Illustrator

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Ebook has 1728 lines and 60182 words, and 35 pages

Nun hatte sie ihn ?ber die Treppen und durch alle Gem?cher des grossen Hauses gef?hrt.

Zuerst kamen sie in die Prunkstuben im ersten Stockwerk. Hier waren die W?nde bis zur Decke hinauf mit Holzwerk get?felt oder mit kostbaren Tapeten geschm?ckt. Mannsgrosse venetianische Spiegel standen in den Ecken, feingewebte Vorh?nge waren an den Fenstern aufgeh?ngt, und prachtvolle Teppiche schm?ckten die Fussb?den und W?nde. Auf dem schweren Hausger?t, mit kunstvollem Schnitzwerk versehen, standen allerlei wunderliche Kuriosit?ten, wie Waffen und bemalte Ger?te fremder V?lker, ein ausgeblasenes Straussenei, polierte Muscheln, kunstvoll geschnitzte Kirschkerne, T?pfe mit Bildern versehen und marmorne Gliedmassen, die in Italien ausgegraben sein sollten.

Des M?dchens flinke Zunge war nicht m?de geworden, die Herkunft jedes Gegenstandes zu erkl?ren.

Hier wieder standen Becher aus gemasertem Ahornholz, daneben feine Gl?ser oder Tongef?sse und vielerlei Ger?t von Sinn, das schon damals den Stolz der Hausfrau bildete. Dort waren schwere Weinkannen und breite Obstschalen, Teller, worein Figuren gegraben, hohe und vielarmige Tischleuchter, kunstvoll verzierte Trinkgef?sse und Salzf?sslein. Und von der Decke der Stuben herab hingen messingne Lichthalter mit sechs oder acht Dillen.

Dies alles war geschickt und sinnig aufgestellt gewesen, nach dem alten Bed?rfnis der deutschen Frauen, auch das Leblose gem?tlich herzurichten.

Das M?dchen hatte des J?nglings wachsendes Erstaunen beobachtet und sich heimlich daran gefreut.

>>Ist es bei dir zu Hause nicht ebenso?<< hatte sie gefragt.

>>So sieht es wohl nur bei reichen B?rgern aus,<< war seine Antwort gewesen.

>>Ja, bist du denn kein B?rgerkind?<< war es der Erstaunten entfahren.

Da hatte er gef?hlt, wie zum erstenmal ein fl?chtiges L?cheln auf sein ernstes Gesicht getreten war, als er kurz erwiderte:

>>Nein, das bin ich nicht.<<

Dann war ihm im n?chsten Stockwerk auf dem Treppenabsatz eine Handspritze gezeigt worden, neben einem grossen Wasserfass, und eine Anzahl Feuereimer, die an der niedrigen Decke hingen, ferner eine alte R?stung, gekr?nt mit einem zerhauenen Streithelm. Auch eine m?chtige Lade stand dort, ?ber der ein Pirschrohr hing samt der Pulverflasche.

In einer der Schlafstuben war ihm ein ?bergross, gelb Himmelbette aufgefallen, zu dem eine Trittleiter hinauff?hrte, und in der K?che gl?nzten an der Wand kupferne Kessel und Sch?sseln, Bratspiesse, Pfannen und W?rmflaschen.

Hier hatte eine alte Frau auf den Knien gelegen und den Fussboden gescheuert. Sie war d?rr wie ein Zaunstecken, und in dem strengen Gesicht sass eine spitzige Nase.

>>Was f?r ein fremdes Gesicht ist das?<< hatte sie m?rrisch gefragt.

Noch bevor er hatte antworten k?nnen, war das M?dchen der Frau auf den R?cken gesprungen und hatte ihr die Arme um den Hals geschlungen. Da war die Alte b?se geworden und hatte versucht, das Kind abzusch?tteln. Aber in der keifenden Stimme war soviel Z?rtlichkeit gewesen, dass niemand die Entr?stung h?tte ernst nehmen k?nnen. Bis endlich der Schelm von der Alten gelassen und ihn wieder aus der K?che gezogen hatte.

>>Das ist unsere Hanne,<< hatte sie erkl?rt.

Darauf waren sie durch Kammern gegangen, in denen Wolle hochgestapelt war.

>>Dort ist die Werkstatt.<< Mit diesen Worten hatte das M?dchen auf eine T?r gezeigt. Und als er sich umgeschaut, war in der offenen T?r die hohe Gestalt eines Mannes erschienen, der das M?dchen geliebkost und seinen Wildfang genannt hatte.

>>Wie heisst du?<< hatte ihn der Mann gefragt.

>>Bernhard.<<

>>Und wer ist dein Vater?<<

>>Ernst von Miltitz!<<

>>Soso,<< hatte da der Mann langsam erwidert, >>also des Herzogs Hofmarschall ist dein Vater.<<

Damit war die T?r zugefallen, und die beiden Kinder waren wieder allein gewesen.

>>Wer war dieser Mann?<< hatte er gefragt.

Da hatte sie gel?chelt.

>>Das weisst du nicht? Das war mein Vater, Georg Waltklinger, -- der Burgemeister der Stadt!<<

An uralten, geschnitzten Truhen vorbei, waren sie alsdann auf die h?lzerne Galerie getreten, die in jedem Stockwerk rund um den Hof lief und Lustg?nglein hiess. Hier sass eine Magd und schabte M?hren, und die alte Hanne h?ngte W?sche auf die Leine.

Nun gingen sie wieder in das Haus zur?ck, und das M?dchen ergriff wie draussen im Wald seine Hand und lief mit ihm treppauf, treppab und durch vielerlei Gelasse, deren Decken von starken Balken getragen wurden.

Der J?ngling empfand noch heute den unausl?schlichen Eindruck, den das alte Haus mit seinen breiten Treppen, den Kreuzgew?lben, den eisenbeschlagenen T?ren und den geheimnisvollen, dunklen Winkeln und vergitterten Fenstern auf ihn gemacht.

In einer der Stuben war er pl?tzlich stehengeblieben und hatte das Kind gefragt:

>>Was ist das f?r ein gemalet Bildnis dort ?ber der Stubent?r? Wer ist dieser Mann, der mit so klugen Augen herabschaut?<<

Daraufhin hatte das M?dchen mit mitleidigen Blicken geantwortet:

>>Die alte Hanne schilt mich oft unwissend. Ich glaube aber, Bernhard, du bist es noch mehr als ich. Dieses Bildnis ist das des Doktors Martin Luther!<<

Da war er aufgefahren:

>>Derselbe Mann, der von Wittenberg aus die abscheuliche Lehre verbreitet, so gerichtet ist wider die hohen Sakramente der heiligen Kirche?<<

Kaum hatte er diese Worte gesprochen, als das M?dchen mit funkelnden Augen dicht vor ihn getreten war.

>>Du bist hier in einem gut lutherischen Hauses,<< hatte sie schroff gesagt. >>Und wenn wir Freunde bleiben wollen, darfst du niemals wieder so garstig sprechen!<<

Darauf war er still gewesen, da er nicht wusste, was er h?tte entgegnen sollen.

>>Es ist Abend geworden, nun muss ich heimkehren,<< sagte er endlich.

Da war sie bereit, ihn zu begleiten.

Die Sonne war mittlerweile tief hinabgesunken, und ihre Strahlen vergoldeten nur noch die obersten Simse und Fenster der alten H?user am Markt. Auf den Gassen war es lebhafter geworden. In den H?usern bereiteten die Hausfrauen das Nachtmahl, und die M?nner sassen nach vollbrachtem Tagewerk vor den T?ren und plauderten mit den Vor?bergehenden oder mit dem Nachbar dr?ben ?ber der Gasse.

Er war mit dem Burgemeisterskind langsam die Fleischgasse hinabgeschritten, beim Hundewinkel vorbei und durch das Fleischtor ins Freie. Kaum dass ein Erwachsener ihrer sonderlich geachtet.

>>Es ist bald Sonnenuntergang,<< hatte das M?dchen draussen gesagt. >>Dass ich nicht den Torschluss vers?ume!<<

>>Wie alt bist du?<< hatte er sie gefragt.

>>Zw?lf Jahre. Und du?<<

>>Dreizehn.<<

Mit einem Male war sie ihm entsprungen, nachdem sie noch den Letzten auf seine Schulter geschlagen. Aber im Nu war er hinterdrein gewesen und hatte sie gefangen und aus ?bermut umschlungen. Und da sie sich lebhaft dagegen gewehrt, waren sie zusammen auf die Wiese gefallen, gerade am absch?ssigen Uferrand der Triebisch. Zwar hatte er die Umarmung rasch gel?st, doch zu sp?t. Sie waren den Abhang hinabgekollert. Am Rande des Baches hatten sie sich aufgesetzt und ?ber das kleine Abenteuer lustig gelacht. Bis das M?dchen pl?tzlich gemeint:

>>Nun muss ich aber heimkehren. Wollen wir morgen wieder zusammen spielen?<<

Aber er hatte wehm?tig den Kopf gesch?ttelt und gesagt:

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