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Read Ebook: Das Sternenkind und andere Geschichten: Naturgeschichtliche Märchen by Ewald Carl Kiy Hermann Editor Planck Willy Illustrator

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Ebook has 2231 lines and 69588 words, and 45 pages

,,Scher dich weg!" sagte der Wald. ,,Du bist mir im Wege. Gib acht, dass du nicht an meine Hecke r?hrst!"

,,Ich geh dr?ber weg," war die Antwort der Heide. ,,Ich geh hinein in dich, ich fresse und zerst?re dich."

Da lachte der Wald, dass alle seine Bl?tter bebten.

,,Soso, also das ist deine Absicht!" sagte er. ,,Wenn du's nur fertig bringst! Ich f?rchte, ich bin ein zu grosser Happen f?r dich. Du glaubst wohl, ich bin dasselbe wie so ein bisschen Wiese oder Feld, wor?ber man im Nu hinwegspazieren kann. Aber ich bin der M?chtigste und Vornehmste in der ganzen Gegend, musst du wissen. Ich will dir einmal mein Liedlein vorsingen, dann kommst du vielleicht auf andere Gedanken."

Und der Wald begann zu singen. Alle V?gel sangen, und die Blumen erhoben ihre K?pfe und sangen mit. Das kleinste Blatt summte mit den andern, der Fuchs hielt inne mitten im Genuss eines fetten Huhns und schlug den Takt mit seinem buschigen Schwanz, und der Wind lief zwischen den Zweigen umher und bildete die Orgelbegleitung zu dem Liede des Waldes:

,,Ein sch?ner' Fest ich niemals sah, als da der Wald zu Gaste lud: Waldmeister duftet', dem Veilchen ganz nah, und die Rose leuchtet in wilder Glut.

Es flog das V?glein auf und ab und flog niemals allein. Der Bauer den wehenden Buchenzweig gab dem holden Liebchen sein.

Es freuten sich Hase, Fuchs und Reh, der kleine Wurm unterm Bl?tengewimmel. Es tanzte gross und klein im Klee, es tanzte die Sonne am Himmel."

,,Was sagst du nun?" fragte der Wald.

Die Heide antwortete nicht. Aber im n?chsten Jahr ?berschritt sie die Hecke.

,,Bist du toll?" rief der Wald. ,,Ich hab' dir ja verboten, her?berzukommen."

,,Du bist nicht mein Herr," erwiderte die Heide. ,,Ich tu', wie ich gesagt habe."

Da rief der Wald den roten Fuchs und sch?ttelte die Zweige, so dass eine Menge Bucheckern und Eicheln hinabfielen und in seinem Pelz h?ngen blieben.

,,Lauf in die Heide hinaus, lieber Fuchs, und leg die Samen dorthin!" bat der Wald.

,,Will sehn, was sich machen l?sst!" sagte der Fuchs und trabte davon.

Und es halfen Hase, Hirsch, Marder und Maus. Auch die Kr?he unterst?tzte aus alter Freundschaft die Sache, und der Wind fasste ordentlich zu und r?ttelte an den Zweigen, dass die Bucheckern und Eicheln weit auf die Heide hin flogen.

,,So," sagte der Wald, ,,nun wollen wir mal sehn, was draus wird!"

,,Ja, das wollen wir!" meinte die Heide.

Es verging eine Zeit, der Wald wurde gr?n und wieder welk, und die Heide dehnte sich immer mehr aus. Man redete nicht mehr zusammen. An einem sch?nen Fr?hlingstage aber guckten rings im Heidekraut ganz winzige neugeborene Buchen und Eichen aus der Erde hervor.

,,Was sagst du nun?" fragte triumphierend der Wald. ,,Jahr auf Jahr sollen meine B?ume wachsen, bis sie gross und stark werden. Dann sollen sie ihre Kronen ?ber dir zusammenschliessen; keine Sonne soll scheinen, kein Regen soll auf dich herabfallen, und um deines ?bermuts willen sollst du sterben."

Aber die Heide sch?ttelte ernst ihre schwarzen Reiser. ,,Du kennst mich nicht," sagte sie, ,,ich bin st?rker, als du glaubst. Niemals werden deine B?ume bei mir gr?nen. Ich habe die Erde unter mir fest wie Eisen gebunden, und deine Wurzeln k?nnen nicht hindurch. Wart nur bis zum n?chsten Jahr! Dann sterben die kleinen Wichte, ?ber die du jetzt so froh bist."

,,Du l?gst," entgegnete der Wald. Und doch war er in grosser Angst.

Im n?chsten Jahr kam es, wie die Heide gesagt hatte. Die kleinen Buchen und Eichen gingen samt und sonders ein. Und nun folgte eine entsetzliche Zeit f?r den Wald. Die Heide dehnte sich immer weiter aus. ?berall sah man Heidekraut statt der Veilchen und Anemonen. Kein junger Baum wuchs, die Str?ucher verwelkten, die alten B?ume begannen am Wipfel abzusterben, dass es ein rechtes Ungl?ck war.

,,Hier im Walde ist's nicht mehr gem?tlich," sagte die Nachtigall. ,,Ich glaube, ich baue anderswo mein Nest."

,,Hier ist ja kaum noch ein ordentlicher Baum, wo man wohnen k?nnte," sagte die Kr?he.

,,Die Erde ist so hart geworden, dass man sich keinen anst?ndigen Gang mehr bauen kann," murrte der Fuchs.

Der Wald wusste sich keinen Rat. Die Buche reckte ihre Zweige zum Himmel auf und flehte um Hilfe, und die Eiche kr?mmte die ihren in stiller Verzweiflung.

,,Sing doch noch einmal dein Lied!" sagte die Heide.

,,Ich hab' es vergessen," antwortete der Wald betr?bt. ,,Meine Blumen sind verwelkt, und meine V?gel sind fortgeflogen."

,,Dann will ~ich~ singen," sagte die Heide. Und sie sang:

,,Es geht von der Heide ein Liedlein gut: Wenn die Sonne im Osten steiget, dann flammt die Heide wie Feuer und Blut, w?hrend zum Herbst der Wald sich neiget.

Das Wollgras webt den langen Tag im Moor sein weisses Linnen, und die Natter gleitet mit ruhigem Schlag unter Heidekrautwipfeln von hinnen.

Der Regenpfeifer jammert, die Lerche schl?gt, und der Kiebitz wippt auf der Erde. Der krummr?ckige Bauer sich bewegt im Heidehaus mit stiller Geb?rde."

Die Jahre vergingen, und um den Wald war es immer schlechter bestellt. Die Heide dehnte sich weiter und weiter aus, bis sie das andere Ende des Waldes erreichte. Die grossen B?ume starben ab und st?rzten um, sobald der Sturm sie ordentlich anpackte. Dann lagen sie da und verfaulten, und das Heidekraut wuchs ?ber sie weg. Nun war nur noch ein Dutzend von den ?ltesten und st?rksten B?umen ?brig, aber sie waren alle hohl und hatten ganz d?nne Wipfel.

,,Meine Zeit ist um, ich muss sterben," sagte der Wald.

,,Habe ich es dir nicht vorhergesagt!" rief ihm die Heide zu.

Aber nun bekamen die Menschen einen grossen Schreck, weil die Heide so ungest?m gegen den Wald vorging.

,,Woher soll ich Bretter f?r meine Werkstatt nehmen?" rief der Tischler.

,,Woher soll ich kleines Holz bekommen, um mein Essen zu kochen?" klagte die Frau.

,,Woher sollen wir Brennscheite holen f?r den Winter?" seufzte der alte Mann.

,,Wohin soll ich im Fr?hling mit meiner Braut spazieren gehen?" schalt der junge Mann.

Und die Menschen betrachteten eine Weile die armen alten B?ume, mit denen nichts mehr anzufangen war; und dann nahmen sie ihre Hacken und Spaten und liefen auf die H?gel hinauf, dahin, wo die Heide begann.

,,Ihr k?nnt euch die M?he sparen," rief die Heide, ,,in mir k?nnt ihr nicht graben."

,,Ach nein!" seufzte der Wald. Aber er war jetzt so schwach, dass niemand mehr h?ren konnte, was er sagte.

Die Menschen k?mmerten sich auch nicht darum. Sie hackten und hackten, bis sie durch die harte Schale hindurch waren. Dann fuhren sie Erde und D?nger herbei und f?llten die L?cher damit aus, und dann pflanzten sie junge B?umchen. Die pflegten sie und freuten sich ihrer und h?teten sie vor dem Winde, so gut sie vermochten.

Und Jahr auf Jahr wuchsen die kleinen B?ume. Wie helle, gr?ne Flecke standen sie mitten in dem schwarzen Heidekraut; und als eine Zeit vergangen war, kam ein V?gelchen und baute sein Nest in einem der B?umchen.

,,Hurra! Nun haben wir wieder einen Wald!" riefen die Menschen.

,,Gegen die Menschen kommt niemand an," murrte die Heide. ,,Da ist nichts zu machen. Also gehn wir weiter!"

Von dem alten Walde aber stand noch ein einziger Baum, der nur einen einzigen gr?nen Zweig am Wipfel hatte. Auf den setzte sich ein kleiner Vogel, und er erz?hlte von dem neuen Walde, der dr?ben auf dem H?gel emporwuchs.

,,Gott sei Dank!" sagte der alte Wald. ,,Was man selbst nicht fertigbringt, muss man den Kindern ?berlassen. Wenn sie nur t?chtig sind! Sie sehen ein bisschen d?nn aus!"

,,Du bist selber auch einmal so d?nn gewesen," erwiderte der Vogel.

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