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Read Ebook: Velazquez by Knackfuss H Hermann

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Ebook has 77 lines and 25809 words, and 2 pages

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Anmerkungen zur Transkription

Der vorliegende Text wurde anhand der 1905 erschienenen Buchausgabe so weit wie m?glich originalgetreu wiedergegeben. Typographische Fehler wurden stillschweigend korrigiert. Ungew?hnliche und altert?mliche Schreibweisen bleiben gegen?ber dem Original unver?ndert; fremdsprachliche Zitate wurden nicht korrigiert.

Einige Abbildungen wurden zwischen die Abs?tze verschoben und zum Teil sinngem?ss gruppiert, um den Textfluss nicht zu beeintr?chtigen. Das Verzeichnis der Abbildungen wurde vom Bearbeiter der ?bersichtlichkeit halber an den Anfang des Buches verschoben.

Besondere Schriftschnitte wurden in der vorliegenden Fassung mit den folgenden Sonderzeichen gekennzeichnet:

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Liebhaber-Ausgaben

K?nstler-Monographien

von

H. Knackfuss

Professor an der K. Kunstakademie zu Kassel.

Velazquez

Verlag von Velhagen & Klasing

Velazquez

Von

H. Knackfuss

Mit 48 Abbildungen von Gem?lden

F?nfte Auflage

Verlag von Velhagen & Klasing

Von diesem Werke ist f?r Liebhaber und Freunde besonders luxuri?s ausgestatteter B?cher ausser der vorliegenden Ausgabe

veranstaltet, von der nur 100 Exemplare auf Extra-Kunstdruckpapier gedruckt sind. Jedes Exemplar ist in der Presse sorgf?ltig numeriert und in einen reichen Ganzlederband gebunden. Der Preis eines solchen Exemplars betragt 20 M. Ein Nachdruck dieser Ausgabe, auf welche jede Buchhandlung Bestellungen annimmt, wird nicht veranstaltet.

Druck von Fischer & Wittig in Leipzig.

Verzeichnis der Abbildungen.

Abb. Seite

Velazquez.

Unter all den grossen Malern des Jahrhunderts, dem in kunstgeschichtlicher Beziehung vorzugsweise der Name des malerischen zukommt, des siebzehnten, ist keiner, der in seinen Werken unserer heutigen Empfindungsweise und unserer Art, die Formen und Farben in der Natur zu sehen, so unmittelbar nahe kommt, wie der Spanier Velazquez. Wer nach dem Anblick anderer Werke der Malerei des siebzehnten Jahrhunderts vor die Gem?lde des Velazquez hintritt, dem ist es, als ob er aus dem bunten und ger?uschvollen Treiben grosser St?dte mit prunkenden Kirchen, stolzen Pal?sten, menschen?berf?llten Gassen und dumpfigen Wirtsstuben, pr?chtigen Parkanlagen und schmutzigen Vorst?dten hinausversetzt w?rde in die reine, k?hle, frische Luft einer Bergesh?he. So grundverschieden ist der Ton, auf den die Gem?lde des Velazquez gestimmt sind, von der gesamten ?brigen Malerei seiner Zeit.

?ber das Leben dieses ungew?hnlichen K?nstlers ist in zuverl?ssigen Nachrichten Ausf?hrliches ?berliefert worden. In der neuesten Zeit hat ein deutscher Forscher, Karl Justi, durch Sammeln des zerstreuten Urkundenstoffs das Lebensbild vervollst?ndigt und in seinem meisterhaften Buch ,,Diego Velazquez und sein Jahrhundert" bekannt gemacht. Von den Werken des Velazquez ist die gr?sste Zahl der erhaltenen im Pradomuseum zu Madrid vereinigt, und in dieser Gem?ldesammlung ohnegleichen sind unter den Werken der ber?hmtesten Meister nur wenige, die sich neben den seinigen als malerisch ebenb?rtig zu behaupten verm?gen.

Don Diego Rodriguez de Silva Velazquez war von vornehmer Herkunft. Sein Vater Don Juan Rodriguez de Silva stammte aus einem ritterlichen Geschlecht, das seinen Stammbaum bis in das elfte Jahrhundert zur?ckf?hrte und sich eines Ahnherrn r?hmte, in dessen Adern das Blut eines K?nigs von Leon floss. Seine Mutter Do?a Ger?nima Velazquez geh?rte einem Sevillaner Adelsgeschlechte an. Diego wurde zu Sevilla im Juni 1599 geboren; am 6. dieses Monats wurde sein Name in das Taufregister der Pfarrkirche S. Pedro eingetragen. Es erscheint uns befremdlich, dass der Name, unter dem er ber?hmt geworden ist, nicht der Familienname seines Vaters, sondern derjenige seiner Mutter war. Dass jemand zu dem v?terlichen Namen den m?tterlichen annahm, kam wohl ?fter vor. Hier mag es aus dem Umstande, dass die Velazquez in Sevilla einheimisch waren, w?hrend Juan Rodriguez de Silva der Sohn eines dort eingewanderten Ehepaares war, wohl zu erkl?ren sein, dass Diego von seinen Landsleuten mehr mit dem ersteren als mit dem letzteren Namen genannt wurde, bis schliesslich in seiner eigenen Gewohnheit dieser hinter jenem verschwand.

Aus der Kindheit des Diego Velazquez wird berichtet, dass er von seinen Eltern in grosser Fr?mmigkeit erzogen wurde, dass er eine h?here Schule besuchte und dass, als seine k?nstlerische Begabung zutage trat, die Eltern seiner Neigung, Maler zu werden, keinen Widerstand entgegensetzten.

Er kam als Sch?ler zu Francisco de Herrera, einem Maler, von dem mehr Merkw?rdiges berichtet wird, als aus seinen erhaltenen Werken zu ersehen ist, und bei dem es wegen seines wunderlichen und rauhen Wesens kein Sch?ler lange aushielt. Auch der junge Velazquez wechselte bald den Lehrer und ging zu Francisco Pacheco, einem Anh?nger der alten Schule, die in der Nachahmung der grossen italienischen Meister des sechzehnten Jahrhunderts das alleinige Heil der Kunst erblickte. Pachecos Namen ist der Mit- und Nachwelt haupts?chlich bekannt geworden durch ein im Jahre 1649 herausgegebenes, mit vielseitiger Gelehrsamkeit geschriebenes Buch: ,,Die Kunst der Malerei", in welchem er seine veralteten Ansichten gegen?ber den auf Naturnachbildung gerichteten Bestrebungen seiner Zeit zu verfechten suchte und in dem er belehrende Auseinandersetzungen mit geschichtlichen Abhandlungen und Lebensbeschreibungen verband. Nachdem Velazquez unter der Leitung dieses als K?nstler sehr unbedeutenden, aber darum doch als Lehrer vielleicht ganz t?chtigen Mannes f?nf Jahre lang gemalt hatte, heiratete er im Jahre 1618 dessen Tochter Juana.

Gleichzeitig mit solchen, vorzugsweise zur ?bung dienenden Bildern malte der junge Meister seine ersten Kirchengem?lde. Eine ,,Unbefleckte Empf?ngnis" und ein ,,Evangelist Johannes auf Patmos", f?r eine Klosterkirche in Sevilla gemalt, befinden sich in einer Londoner Sammlung. Das Pradomuseum zu Madrid besitzt eine ,,Anbetung der heiligen drei K?nige" vom Jahre 1619, ein Gem?lde, das sich trotz der ihm anhaftenden jugendlichen Unvollkommenheiten schon als das Werk eines hochbegabten K?nstlers zu erkennen gibt. Es hat eine gewisse H?rte in der Wirkung, die Helligkeiten stehen fast unvermittelt in einer grossen Finsternis; in der Farbe wiederholen sich -- sicherlich im Anschluss an theoretische Belehrungen Pachecos -- die einfachen Akkorde Blau, Rot, Gelb. Und doch besitzt das Ganze in der Farbe sowohl wie in der Wirkung von Hell und Dunkel einen eigenen Reiz. Die einzelnen Figuren sind ohne sonderliche Vertiefung in den Gegenstand recht und schlecht nach der Natur gemalt, und zwar so gemalt, dass ihre k?rperliche Lebenswahrheit wohl einigen Ersatz f?r den Mangel an Heiligkeit zu gew?hren vermag. In gewissenhafter Befolgung des von Pacheco in seinem Buche mit theologischen Gr?nden gegen die allgemeine Gewohnheit der Maler verfochtenen Satzes, dass man das Jesuskind nicht nackt, sondern in Windeln geh?llt darstellen m?sse, hat Velazquez das auf dem Schosse Marias sitzende Kind bis an das Kinn eingewickelt wie eine Puppe. -- Ein ?hnliches, wenig sp?ter entstandenes Bild besitzt die Londoner Nationalgalerie in einer ,,Anbetung der Hirten" . Auch dieses ist ein Nachtst?ck mit scharf in die Finsternis gesetzten hellen Lichtern. Das Christkindlein liegt gewickelt in der am Boden befindlichen Krippe, ?ber der man, weiter zur?ck, den neugierig vorgestreckten Kopf des herk?mmlichen Ochsen sieht. Maria kniet bei der Krippe und enth?llt das Gesicht des Kindes. Ihre feine, helle Haut und die schlanken, vornehmen H?nde stellen einen lebhaft sprechenden Unterschied her zwischen der heiligen Jungfrau und den Verehrenden: der Alten, die mit vergn?glichem Fraueninteresse den Neugeborenen pr?fend betrachtet, dem betenden Manne und dem Kind, das zu den als Opfergabe dargebrachten gebundenen L?mmern ein paar H?hner und einen Korb mit Brot hinzuf?gt. Von der Dunkelheit verschleiert, werden hinter diesen Personen ein Knabe, der die Fl?te bl?st, und ein kr?ftig gebautes M?dchen, das einen Korb mit Tauben auf dem Kopfe tr?gt, sichtbar. Der heilige Joseph steht, mit den H?nden am Wanderstabe, im Halblicht da und blickt ebenfalls auf das Kind. Alles ist mit dem gr?ssten Fleiss und Geschick gemalt; aber eines verr?t den noch nicht ausgereiften K?nstler: mit Ausnahme der Maria, die ganz des Velazquez geistiges Eigentum ist, sehen alle Figuren so aus, als ob sie von Ribera erdacht w?ren. Neben dem Vorbild der Natur hat sich dem jungen Maler die Kunst des ber?hmten Valencianers als Vorbild vor die Seele gestellt. Sp?ter hat Velazquez niemals mehr sich an irgend etwas anderes als die Wirklichkeit angelehnt.

In demselben Jahre 1627 bekam Velazquez einen Titel, der ihm in der spanischen Hofordnung einen h?heren Platz anwies, als es derjenige eines blossen Hofmalers war, und ihm zugleich eine Gehaltszulage brachte. Der K?nig ernannte ihn zum Ugier de c?mara . Das war, nach der ironischen Erkl?rung, die ein italienischer Gesandter seiner Regierung ?ber diesen Titel gab, ,,etwas mehr als Portier und etwas weniger als Leibadjutant."

Ein um diese Zeit entstandenes Meisterwerk der Bildniskunst bewahrt das Pradomuseum in dem Bild in ganzer Figur des Infanten Don Carlos, des Bruders des K?nigs . Es ist wieder ein Gem?lde von grossartiger Vornehmheit in der Einfachheit seiner Wirkung. Der Prinz, etwa zwanzigj?hrig, sieht seinem ?lteren Bruder sehr ?hnlich, macht aber den Eindruck einer von Natur bedeutenderen Pers?nlichkeit. Man sieht ihm an, dass er sich wider Willen langweilt; ein Ausdruck von L?ssigkeit geht durch bis in die Fingerspitzen der schlaff herabh?ngenden Hand, die den abgestreiften Handschuh an einem Finger baumeln l?sst. Dieses matte, verdriessliche Aussehen erweckt Mitleid, wenn man weiss, dass der begabte Prinz durch Olivares, der seine F?higkeiten f?rchtete, in einem dauernden Zustand der Unterdr?ckung gehalten wurde. Als er im Jahre 1642 f?nfundzwanzigj?hrig starb, bezeichnete die Volksstimme Olivares als die Ursache seines Todes.

Velazquez hatte schon seit l?ngerer Zeit den Wunsch, das Kunstland Italien kennen zu lernen. Durch die Gespr?che mit Rubens mag dieses Verlangen zu noch gr?sserer Lebhaftigkeit angefacht worden sein. Im Juni 1629 erhielt er vom K?nig den erbetenen Urlaub. Alle italienischen Gesandten am spanischen Hofe bekamen die Anweisung, dem Maler Empfehlungsschreiben an ihre Regierungen mitzugeben. Ausserdem gab ihm Olivares viele Empfehlungsschreiben an hohe Personen mit.

In Rom selbst erinnert an den Aufenthalt des Velazquez ein im kapitolinischen Museum befindliches Brustbild, das mit Recht als Selbstbildnis des Meisters gilt. Dass er damals sich selbst abmalte, wird durch Pacheco berichtet. Das kapitolinische Bildnis ist mit der ?ussersten Schnelligkeit in wenigen T?nen hingestrichen, erzielt aber dabei eine so schlagende Wirkung, dass es gleich beim ersten Anblick den Beschauer ganz gefangen nimmt und sich unvergesslich einpr?gt; es gibt nichts Lebendigeres, als diese funkelnden, kohlschwarzen Augen .

Zu den in Italien gemalten Studienarbeiten mag man auch den in der Brera zu Mailand befindlichen Kopf der aufgebahrten Leiche eines Franziskanerm?nchs rechnen. Die Urheberschaft des Velazquez bei dieser pr?chtig gezeichneten und gemalten Skizze ist freilich nicht unzweifelhaft; aber das Werk w?re seiner Hand wohl w?rdig .

Velazquez' Hauptarbeit in Rom war die Anfertigung zweier gr?sseren Gem?lde, in denen er wohl seinem K?nig einen Beweis von dem Erfolg seiner italienischen Studien, namentlich in bezug auf die Kenntnis des Nackten, geben wollte. Den Stoff entnahm er f?r das eine der beiden Gem?lde dem Alten Testament, f?r das andere dem Homer. Das erstere, das die Br?der Josephs darstellt, wie sie ihrem Vater unter Vorzeigung des blutigen Rockes die falsche Todesnachricht von dessen Liebling bringen, befindet sich im Escorial. Es ist wohl nur seines verdorbenen Zustandes wegen nicht in das Pradomuseum ?bergef?hrt worden. Die urspr?ngliche Farbenwirkung ist ganz verloren gegangen. Was man noch voll w?rdigen kann, ist die einfache und nat?rliche Veranschaulichung des Vorgangs und der sprechende Ausdruck einer jeden Figur. Man sieht, der Meister hat es mit einem wunderbaren Scharfblick verstanden, den innersten Seelenregungen im Spiel der Gesichtsmuskeln nachzusp?ren. Von der Gewaltsamkeit und den ?bertreibungen, durch welche sonst die Kunst jener Zeit in Bewegungen und Mienenspiel zu wirken suchte, ist nicht die leiseste Spur vorhanden. Diesem ungew?hnlichen Sinn f?r Naturwahrheit entspricht die schlechtweg nat?rliche Bildung der K?rperformen. -- Das andere Gem?lde versetzt uns in die Schmiede Vulkans, in dem Augenblick, wo Apollo dort erscheint, um die Untreue der Venus zu verraten . Es ist durch die n?mlichen Eigenschaften ausgezeichnet, wie sein Gegenst?ck, und dar?ber hinaus -- bei tadelloser Erhaltung -- durch einen Farbenton von grossartiger Sch?nheit. Man kann sich nichts Vollkommeneres von Malerei vorstellen. In der grauen, russigen Schmiede stehen die braunen Gestalten des Vulkan und seiner Gesellen. Alle Blicke h?ngen an dem Ank?mmling, der, hell von Haut, blondlockig, mit einer goldfarbenen Toga bekleidet, durch seine ganze Erscheinung einen lebhaften Gegensatz zu jenen bildet. Hinter seinem von einem Strahlenschein umgebenen Haupt sieht man durch eine Fenster?ffnung das tiefe Blau des Himmels. Mit Apollo kommt gleichsam das Licht in die Werkstatt. Das Licht spiegelt sich blitzend in dem Harnisch, der auf der anderen Seite am Boden liegt. Apollo spricht mit Mund und H?nden; er erz?hlt seine ?ble Nachricht mit geflissentlicher Wichtigkeit. Vulkan h?lt starr inne im Bearbeiten des gl?henden Eisenst?ckes, das er vor sich auf dem Amboss hat; sein Mund findet keine Worte, aber sein K?rper kr?mmt sich in einer unwillk?rlichen Bewegung der Wut, und seine Augen -- solche schwarze Augen, wie sie nur Velazquez malen konnte -- rollen. Die beiden Gesellen mit den Zuschlagh?mmern erstarren auch, aber ohne Aufregung, nur in Verwunderung ?ber die interessante Neuigkeit; in dem Kopf des einen, der Mund und Augen aufsperrt, malt sich das h?chste Staunen eines beschr?nkten Menschen. Der dritte Gesell ist in Anspruch genommen durch die nicht so pl?tzlich zu unterbrechende Arbeit, ein St?ck Eisen durchzukneifen; der Ausdruck der k?rperlichen Anstrengung spielt noch in seinen Gesichtsmuskeln nach, w?hrend er sich aufrichtet, um zu lauschen. Der im Hintergrund beim Blasebalg besch?ftigte Gesell aber vernimmt mit heimlicher Bosheit und Schadenfreude die Nachricht von der Schlechtigkeit der Frau Meisterin.

Nach Erledigung dieses Auftrages schiffte Velazquez sich ein und langte im Anfang des Jahres 1631 wieder in Madrid an. Er begab sich -- so berichtet Pacheco -- nach einem freundlichen Empfang durch den Conde-Duque sogleich zum Handkuss Seiner Majest?t und dankte dem K?nig sehr daf?r, dass er sich in diesen anderthalb Jahren von niemand anders habe malen lassen; und Seine Majest?t war sehr erfreut ?ber seine R?ckkehr.

Eine lange Reihe von Jahren hindurch malte Velazquez jetzt im k?niglichen Schloss zu Madrid im Dienst seines Herrn. Seine Lebensgeschichte berichtet von Zeit zu Zeit von der Verleihung eines neuen Hofamts oder eines Titels, wodurch er in seinem gesellschaftlichen Range erh?ht oder in seinem Einkommen besser gestellt wurde. Bei seiner in der Tat gl?nzenden Stellung musste er doch zeitweilig die Finanznot des spanischen Staates mitempfinden; so sah er sich im Herbst 1638 gezwungen, dem K?nig eine Bittschrift um Auszahlung einer r?ckst?ndigen Summe von 15803 Realen einzureichen, mit dem Bemerken, dass er sich in grosser Bedr?ngnis befinde.

In das Jahr 1634 f?llt ein h?usliches Ereignis. Im Januar dieses Jahres gab er seine noch nicht ganz f?nfzehnj?hrige Tochter Francisca dem Maler Juan Bautista Martinez del Mazo zur Ehe, der bei dieser Gelegenheit zum Amtsnachfolger des Velazquez als Ugier de c?mara ernannt wurde, und der sp?ter auch als Hofmaler seinem Schwiegervater, dem bewunderten und nachgeahmten, aber unerreichbaren Vorbild seiner Kunst, nachfolgte.

Hier m?gen einige Bildnisse erw?hnt werden, die, wenn auch ohne sichere Begr?ndung, als Bilder der Familienmitglieder des Meisters angesehen werden. F?r die Gattin des Velazquez h?lt man in Madrid eine in der Seitenansicht dargestellte Dame mit echt spanischer, der Wangenr?te fast ganz entbehrender Hautfarbe und tiefschwarzem, gekr?useltem Haar. Sie tr?gt ein schwarzes Kleid und einen dunkelgelben ?berwurf; der schleierartige schwarze Kopfputz hat Verzierungen von der gold?hnlichen Farbe des ?berwurfs. In der Hand h?lt sie eine leere Holztafel, ?ber deren Bedeutung der Aufschluss fehlt, und welche Veranlassung gegeben hat zu der Bezeichnung des Bildes als ,,Sibylle" . Zwei allerliebste Kinderportr?ts, als Gegenst?cke gemalt und dem Farbenton nach um dieselbe Zeit entstanden wie jenes unverkennbar den j?ngeren Jahren des Meisters angeh?rige Frauenbildnis, f?hren im Museumskatalog die -- allerdings als zweifelhaft hingestellte -- Bezeichnung ,,Tochter des Velazquez". Ausser jener Francisca hatte Velazquez noch eine um zwanzig Monate j?ngere Tochter Ignacia, die im Kindesalter starb. In den Bildern erscheinen die beiden kleinen M?dchen in einem und demselben Alter. Sie sind einander so ?hnlich wie Zwillinge, sind auch gleich angezogen, nur mit kleinen Farbenunterschieden im Aufputz der olivengr?nen Kleidchen. Beide haben frische, lebhafte Gesichtchen mit rosigen Wangen; das braune Haar, mit rosafarbiger Schleife verziert, h?ngt in zwei Z?pfen an den Seiten des Kopfes herab. Die eine h?lt Nelken in den H?ndchen, die andere hat Rosen im Schoss . Mit mehr Wahrscheinlichkeit als die ,,Sibylle" -- n?mlich auf Grund einer auf der R?ckseite der Leinwand befindlichen alten Namensaufschrift --, doch gleichfalls nicht mit Gewissheit wird das herrliche Damenbildnis, welches aus der Dudley-Galerie in das Berliner Museum gelangt ist, als Portr?t der Do?a Juana Pacheco bezeichnet . Keine klassische Sch?nheit, aber eine sehr anziehende Erscheinung von reinster spanischer Rasse, liebensw?rdig und vornehm, mit klug und freundlich blickenden braunen Augen und feinem, charaktervollem Mund; der eigent?mliche Reiz der bleichen s?dl?ndischen Haut kommt in der Umrahmung durch das r?tlich blonde, hochaufget?rmte und an den Seiten in krausen L?ckchen herabfallende Haar in besonderer Weise zur Geltung. Die Dame ist sehr reich gekleidet; sie tr?gt eine Robe von tadellosestem Modeschnitt aus gepresstem schwarzem Sammet mit Kragen und Unter?rmeln aus blauem, golddurchwirktem Stoff, mit Goldspitzen am Kragen, dazu mit schmalen Spitzenr?ndchen besetztes Weisszeug an Hals und Handgelenken; im Haar blitzt der aus Diamanten gebildete Kopf einer Nadel, unter den L?ckchen kommen grosse Perlen zum Vorschein, die von den Ohrringen herabh?ngen, eine Perlenschnur umgibt den Hals, an dem Kleid glitzert eine mehrfach umgeschlungene, durch einen edelsteinbesetzten Schmuck zusammengehaltene Goldkette; kostbare Ringe schm?cken sowohl die linke Hand, die zwanglos herabh?ngend den geschlossenen F?cher h?lt, als auch die auf die Lehne des rotbezogenen Stuhls gelegte Rechte. Alles ist mit dem gew?hltesten Geschmack zusammengestimmt, und der Reichtum bewahrt eine vornehme Einfachheit der Gesamtwirkung, die der schlichte hellgraue Hintergrund aufs feinste hervortreten l?sst. -- Velazquez fand nicht h?ufig Zeit, Privatpersonen zu malen. Ein drittes nichtf?rstliches Damenbildnis von seiner Hand befindet sich in einer englischen Sammlung. Auch dies ist eine Vollblutspanierin, nicht mehr ganz jung, aber des Eindrucks ihrer unergr?ndlichen Augen und ihrer gl?henden Lippen sich wohl bewusst; die in grossen Handschuhen steckenden H?nde spielen mit der schwarzen ,,Manta" und dem F?cher, den Werkzeugen der Koketterie . Als nichth?fisches M?nnerbildnis sei daneben der wirkungsvolle Rassekopf im Pradomuseum genannt, aus dessen brennend roten Lippen und gl?nzend schwarzen Augen eine verzehrende Glut spricht .

Unter den Bildern, welche Velazquez in den ersten Jahren nach seiner R?ckkehr von Italien f?r den K?nig malte, werden neben verschiedenen Stillleben und Landschaften ein Bildnis der K?nigin und ein solches des im Jahre 1629 geborenen Prinzen Don Baltasar Carlos genannt. Dieses letztere ist in einem wundervollen Kinderbild vorhanden, das in eine englische Sammlung gelangt ist. Da sieht man den dreij?hrigen Infanten, mit einem niedlichen, aber ausdruckslosen Gesichtchen, schon mit Grandezza in seinem steifen Kleidchen aus silberdurchstickter hellgrauer Seide dastehen, mit Kommandostab, Sch?rpe und Degen. Ein dunkler Hintergrund mit einem zum Teil emporgezogenen schweren Vorhang hebt die ganze zarte Gestalt als eine Lichterscheinung hervor; seitw?rts liegt auf einem Kissen der grosse Federhut . Ein anderes ebenfalls in England befindliches Bild aus derselben Zeit zeigt das n?mliche Fig?rchen mit einem Zwerg als Gesellschafter, der es mit dem Geklingel einer Schelle zu unterhalten sucht.

Die Krone von Velazquez' Reiterbildnissen ist dasjenige des Prinzen Don Baltasar Carlos, das er, nach dem Alter des Kindes zu urteilen, um 1636, ebenfalls f?r Buen Retiro malte . Es ist ein entz?ckendes Bild, neben dessen lichterf?llter Farbenpoesie alle Gem?lde anderer Meister, die es umgeben, schwarz erscheinen. Der sattelfeste kleine Reiter, der schon ganz fr?h unter des Grafen Olivares, als Oberstallmeisters, Aufsicht Reitunterricht bekommen hatte und der im Alter von vier Jahren sich bereits auf einen Pony setzen durfte, der als ein Teufelchen bezeichnet wurde, sprengt im Galopp auf einem st?mmigen andalusischen Pony daher. Don Baltasar Carlos ist ein h?bscher Junge geworden; gross und lebhaft blicken die schwarzblauen Augen, die denen seines Vaters gleichen, aus dem etwas blassen Gesichtchen; das lichtblonde Haar hat einen w?rmeren Ton bekommen. Er tr?gt eine Jacke von Goldbrokat mit gr?nem, goldgesticktem ?rmelaufschlag, Kollett und Beinkleid von dunkelgr?nem, mit Gold verziertem Stoff, schwarzen Hut mit schwarzem Ausputz, Stiefel und Handschuhe von hellbraunem Leder. Wie ein k?nftiger Feldherr tr?gt er eine Sch?rpe, rosenrot mit Goldfransen, und schwingt einen Kommandostab in der Rechten. Das feiste Pferdchen ist ein Rotschimmel mit braunem Kopf und schwarzen F?ssen; Schweif und M?hne sind dunkel und sehr dicht und lang, wie man es damals als unentbehrliches Sch?nheitserfordernis eines edlen spanischen Pferdes ansah. Sattel- und Zaumzeug sind mit Goldstoff ?berzogen, die Metallteile des Geschirres vergoldet. Das K?nigskind galoppiert so stolz und freudig dem Bergr?cken entlang, von dem man weit in das spanische Land hinaussieht. Das ganze Bild ist sozusagen auf einen freudigen Ton gestimmt. Der Himmel ist sonnig blau, von silberiggrauen und von hell durchschienenen weissen W?lkchen belebt. Die Fernsicht schwimmt in blauen, weisslichen und gr?nen T?nen, zu denen nur ganz wenig R?tliches und Br?unliches im Vordergrund kommt. Diese Luft und diese Landschaft geben eine charakteristische Stimmung der spanischen Landschaft in so treffender Weise wieder, dass man sich versucht f?hlt, hier von einer absoluten Wahrheit des Farbentons zu reden.

Ausser diesem sind von den J?gerbildnissen, die Velazquez f?r das Jagdhaus im Pardowald und auch noch f?r ein mit Jagdst?cken ausgeschm?cktes Zimmer im Palast malte, noch zwei vorhanden: eines, das den K?nig, und eines, das dessen j?ngsten Bruder, den Infanten Ferdinand, darstellt. Der K?nig steht in weiter Bergeinsamkeit, ?ber der sich ein lichtbew?lkter Abendhimmel ausspannt, unter einem dichtbelaubten Baum auf dem Anstand, das lange Gewehr in der herabh?ngenden Rechten. Neben ihm sitzt ein gelbbrauner Hund, starkknochig mit feinem Kopf und klugen Augen. Das Bild scheint gleichzeitig mit demjenigen des Prinzen Baltasar gemalt zu sein. Der K?nig befindet sich also im Alter von dreissig Jahren. Gestalt und Gesicht haben sich nur wenig ver?ndert, seit Velazquez die erste Aufnahme machte; l?ngere Haartracht und ein in die H?he geb?rsteter Schnurrbart sind die einzigen Ver?nderungen, die einem beim ersten Anblick auffallen. Die Kleidung ist in Schnitt und Farbe derjenigen des kleinen Prinzen ganz ?hnlich. Der Infant Don Ferdinand, in der n?mlichen J?gertracht, steht mit dem gespannten Gewehr im Arm da. Aus dem blassen Gesicht schauen hellblaue Augen ruhig und aufmerksam in die Ferne. Vor seinen F?ssen sitzt ein sch?ner hellbrauner Sp?rhund. Hinter ihm dehnt sich ein grauer Bergr?cken aus, den die blauen Zacken einer fernen Sierra ?berragen; der Himmel ist von d?nnem Gew?lk ?berzogen. Dieser Prinz, der an Liebe zum Weidwerk seinen k?niglichen Bruder wom?glich noch ?bertraf, ist der unter dem Namen ,,Kardinal-Infant" bekannte Statthalter der Niederlande; den Kardinalstitel hatte er schon als Kind bekommen, nachdem ihm zuvor der mit grossen Eink?nften verbundene Titel eines Erzbischofs von Toledo erteilt worden war. Da er Spanien im Jahre 1634 verliess, um sich nach Flandern zu begeben, so muss das sch?ne Bild vor diesem Jahre gemalt sein oder doch auf einer vorher gemachten Aufnahme beruhen .

Unter den wenigen Werken des Velazquez, welche Deutschland besitzt, ist das Bildnis des Kirchenf?rsten, der die Taufe der Prinzessin Maria Teresa vollzog, eines der vorz?glichsten. Es befindet sich im St?delschen Institut zu Frankfurt am Main. Es ist nur ein frisch nach dem Leben gemaltes Brustbild, das uns das gelbliche Gesicht und die schwarzen Augen des Kardinals Gaspar Borja -- aus dem ber?hmten, in Italien Borgia genannten Geschlecht -- durch die Purpurkleidung in eigent?mlicher Farbenwirkung hervorgehoben zeigt; aber diese einfache Naturabschrift ist unter Velazquez' Hand zum vollendeten Meisterwerk der Bildniskunst geworden, so gross durch malerischen Reiz wie durch Kraft und Wahrheit des Lebens.

Ganz anders als hier, wo er in einer ertr?umten Heldenrolle prunkt, sieht Olivares auf dem wenige Jahre sp?ter entstandenen Bildnis der Dresdener Galerie aus. Da zeigt er die ver?nderten Z?ge, die dem Beobachter auffielen, als er Misserfolge ?ber Misserfolge erleben musste, unter denen er k?rperlich und geistig niederbrach.

Als der K?nig die Ausschm?ckung des Palastes von Buen Retiro mit Gem?lden anordnete, bestimmte er f?r den ,,Saal der K?nigreiche" eine Folge von grossen Bildern, in denen die kriegerischen Erfolge seiner Regierung verbildlicht werden sollten. Sieben Maler erhielten den Auftrag, in zw?lf Bildern die ruhmreichsten Begebenheiten aus den Feldz?gen in Flandern, Deutschland, Italien und Amerika darzustellen. Velazquez, den der K?nig mit Bildnismalen f?r die verschiedenen Neueinrichtungen in Besch?ftigung hielt, war nicht bei dieser Aufgabe beteiligt. Aber er fand nachtr?glich Veranlassung, einen der hier zur Darstellung gelangenden Stoffe gleichfalls zu behandeln. Der betreffende Vorwurf war die ?bergabe von Breda am 5. Juni 1625. Spinola hatte die vielumstrittene Festung nach zehnmonatiger Belagerung zur ?bergabe gezwungen; in Anerkennung der tapferen Verteidigung gew?hrte er dem Kommandanten, Justinus von Nassau, und s?mtlichen Offizieren und Truppen freien Abzug mit allen kriegerischen Ehren; als der holl?ndische Befehlshaber vor dem Sieger erschien, begr?sste ihn dieser in freundlichster Weise und pries ihn wegen der Tapferkeit und Beharrlichkeit des geleisteten Widerstandes. Als Velazquez vier Jahre nach diesem Ereignis mit Spinola auf dessen Galeere nach Italien fuhr, m?gen die Unterhaltungen w?hrend der langen Reise ihm wohl auch Gelegenheit gegeben haben, aus dem eigenen Munde des Generals Ausf?hrliches ?ber die Begebenheiten des niederl?ndischen Feldzugs zu vernehmen. Es unterliegt wohl keinem Zweifel, dass hierin der innere Grund f?r die Entstehung von Velazquez' ,,?bergabe von Breda" zu suchen ist. Denn in dem Gem?lde des Jos? Leonardo, der um das Jahr 1635 die ?bergabe von Breda f?r den Saal der K?nigreiche malte, sah Velazquez die Pers?nlichkeit des ihm befreundet gewordenen -- inzwischen verstorbenen -- Feldherrn und den Hergang, den er von diesem selbst hatte erz?hlen h?ren, in einer Weise geschildert, die der Wahrheit nicht entsprach. Das Bild des Leonardo, der ein Sch?ler des Eugenio Caxesi war, zeigt in konventioneller Historienbild-Komposition den Marquis Spinola in hochm?tig stolzer Haltung auf einem Schimmel sitzend und vor ihm auf den Knieen den holl?ndischen Kommandanten, der die Schl?ssel mit beiden H?nden emporhebt, um sie jenem zu ?berreichen. Diese jetzt im Vorsaal der Gem?ldegalerie des Prado befindliche Malerei, deren Urheber ?brigens noch in sehr jugendlichem Alter stand, ging dem gewissenhaften Velazquez gegen seine Wahrheitsliebe. Er mag es f?r eine Pflicht der Ehrlichkeit gehalten haben, solcher Darstellung gleichsam eine Berichtigung zu malen, nach seiner besseren Kenntnis von dem Charakter und Wesen der Hauptperson und von dem Tats?chlichen des Hergangs. -- In welchem Jahre Velazquez das Gem?lde ausf?hrte, ist nicht bekannt; wahrscheinlich doch nicht allzu lange nach der Ausschm?ckung des Saales der K?nigreiche in Buen Retiro mit jener Folge von Geschichtsbildern. Sein Werk fand ebenfalls Platz im Palast von Buen Retiro.

Wenn man vor Velazquez' ,,?bergabe von Breda" steht, so f?hlt man sich versucht zu glauben, es habe ?berhaupt niemals irgendein anderer ein wirkliches Geschichtsbild gemalt. Der geschichtliche Hergang ist so klar und so einfach, so nat?rlich veranschaulicht, dass man denkt, so m?sse es und es k?nne nicht anders gewesen sein . Von einem erh?hten Standpunkt aus -- ~? vue de chevalier~, wie der damals gebr?uchliche Kunstausdruck lautet -- sieht man in die flache niederl?ndische Landschaft, f?r die dem Maler offenbar milit?rische Aufnahmen als Anhaltspunkte gedient haben. Wasserl?ufe blinken in der blaugr?nen, von br?unlichem Schimmer durchflimmerten Ebene; hin und wieder steigt der Rauch von Lagerfeuern und von brennenden D?rfern oder Geh?ften auf: die Rauchwolken verschwimmen vor der schweren Wolkendecke des Himmels, die ?ber dem Horizont in dicken bl?ulichen Massen lagert und sich weiter oben zu weissges?umten Streifen verd?nnt. Wo in der Mitte des Bildes ein kleiner Durchblick nach dem Mittelgrund frei bleibt, sieht man in dem Raum zwischen den Festungswerken und der schwachen Erh?hung des Gel?ndes, auf der die Begegnung der beiden Heerf?hrer stattfindet, spanische Pikeniere aufgestellt; ein paar geschulterte Piken und Fahnen deuten die vorbeimarschierende holl?ndische Infanterie an. Die Feldherren begr?ssen einander in dem schmalen Zwischenraum, der die beiderseits aufgestellten Gefolgschaften voneinander scheidet. Beide Herren sind vom Pferde gestiegen; auf beiden Seiten haben alle Offiziere ihre H?upter entbl?sst. Justin von Nassau geht mit grossen Schritten auf Spinola zu und ?berreicht mit einer Verneigung, seine Augen in die des Gegners heftend, den Torschl?ssel als Sinnbild der ?bergabe. Der Spanier neigt sich ihm entgegen, vornehm und freundlich, das Musterbild eines formgewandten ritterlichen Mannes, und legt ihm die Hand wohlwollend auf die Schulter; man sieht seinem Gesicht an, wie verbindlich die Worte sind, die er an den Besiegten richtet, dem er seine Bewunderung nicht versagt. Spinola ist blass von Farbe, sein dunkles Haar ist stark mit Grau gemischt. Er tr?gt eine schwarze, goldverzierte Eisenr?stung und dar?ber die hellrote Sch?rpe. Eine ebensolche Feldherrensch?rpe umgibt die Schulter des gleichfalls geharnischten Offiziers, der am n?chsten bei Spinola steht und dem sich weitere Offiziere, die alle einen bildnism?ssigen Eindruck machen, anreihen. Bei den Offizieren stehen die F?hnriche; von den beiden sichtbaren Fahnen ist die eine blau und weiss gew?rfelt mit rosenrotem Schr?gbalken, die zweite rosenrot mit blauem Schr?gbalken. Unmittelbar hinter den Offizieren steht dicht gereiht eine Abteilung Pikeniere, breitrandige Filzh?te auf den K?pfen, die Piken senkrecht aufgerichtet. Dieser starre Wald von Spiessen ?bt eine eigent?mliche, m?chtige Wirkung auf den Beschauer aus, die f?r den Gesamteindruck des Bildes so bedeutsam ist, dass dasselbe hiernach im Volksmunde den Namen ,,~las lanzas~" bekommen hat. Im Vordergrunde bildet das Pferd Spinolas eine grosse ruhige Dunkelheit. Der m?chtige Braune steht ungern still; damit er nicht st?rend nach den beiden Herren hindr?nge, l?sst ihn der Stallmeister, der ihn h?lt und der sich mit begreiflicher Schaulust nach jenen hingewendet hat, durch einen r?ckw?rts mit der Gerte gegen den linken Hinterfuss gegebenen leichten Schlag nach rechts zur Seite treten. Diese Bewegungen des Dieners und des Pferdes tragen, so nebens?chlich sie an sich auch sind, durch ihre schlagende Lebenswahrheit doch nicht unwesentlich mit bei zu der grossartigen Nat?rlichkeit des Ganzen. Neben der dunklen Schulter des Pferdes und unter den lebhaften Farben der Fahnen wird noch ein Soldat sichtbar, der mit silbergrauer Kleidung an dieser Stelle einen ruhigen und vermittelnden Abschluss bildet. Die Niederl?nder sind in Gesichtsbildung und Wuchs, in der Art sich zu kleiden und zu bewegen, mit treffender Charakteristik von den Spaniern unterschieden. Der Oranier, br?unlichrot von Gesichtsfarbe, mit dunklem, grau gemischtem Haar, tr?gt einen Anzug von hellbraunem Sammet, mit schmalen Goldtressen und goldenen Kn?pfen verziert; seine Sch?rpe und die Federn auf seinem Hut zeigen die Orangefarbe, welche die abgefallenen niederl?ndischen Staaten zu ihrer Nationalfarbe erw?hlten, als der grosse Schweiger Wilhelm von Oranien sie zur Selbst?ndigkeit gef?hrt hatte. Die warmen T?ne der Figur Justins heben sich in starker Wirkung von vorwiegend blauen T?nen ab: die im Mittelgrund sichtbare spanische Pikenierabteilung in hellblauen R?cken, dann die holl?ndische Trikolore, blau-orange-weiss, und vorn der dunkelblau gekleidete semmelblonde Reitknecht, der den mit einer grossen Bless gezeichneten Braunen des Oraniers h?lt, bilden f?r ihn den Hintergrund. Die Wimpel an den Spontons der holl?ndischen Offiziere, die Quasten an den Hellebarden der Sergeanten, die ?rmelaufschl?ge und andere Kleidungsteile der Soldaten sind wieder orangefarbig. Die holl?ndischen Ober- und Unteroffiziere scheinen nicht das ehrerbietige Schweigen zu beobachten, das in den Reihen der Spanier herrscht. Ein vor dem Pferde Justins stehender Kavalier in weissem, mit roten Schleifchen verziertem Seidenwams und silbernem Bandelier macht eine zum Stillsein auffordernde Geb?rde gegen seine Umgebung, um besser horchen zu k?nnen auf das, was die beiden Feldherren in einer ihm vielleicht nicht ganz gel?ufigen Sprache miteinander reden. Pr?chtige Typen niederl?ndischer Kriegsleute stehen im Vordergrund: ein Offizier in Lederkoller und Reitstiefeln und ein Arkebusier in blaugr?nem Anzug. -- Das ganze Bild ist ?beraus reichfarbig, aber dabei vom tiefsten Ernst. Es ist so gediegen und so gross gemalt, wie es kaum etwas anderes gibt. Alle Kleinigkeiten sind da, und nirgends ist etwas Kleinliches. Die Farbenstimmung ist vollendet naturwahr; aber noch vollkommener als ihre Wahrheit ist ihre Sch?nheit. Wenn irgendwo, so ist es hier am Platze, von hohem Stil in der Farbe zu sprechen.

Zur Ausf?hrung religi?ser Gem?lde fand der Hofmaler verh?ltnism?ssig selten Gelegenheit. Gegen Ende der dreissiger Jahre ist, wie man vermutet, das Bild des Gekreuzigten entstanden, das sich urspr?nglich im Benediktinerinnenkloster S. Placido zu Madrid befand . Es ist ein m?chtig ergreifendes Bild. Auf einem Hintergrund, der keinerlei Formen enth?lt, sondern leere Finsternis ist, schwarz mit leichtem br?unlichen Anflug, ragt der sch?ne K?rper in das goldige Licht hinein, das ihn oben voll ?berflutet, w?hrend die Beine in einem Halbton verschleiert bleiben. Das Haupt des g?ttlichen Dulders ist im Tod vorn?ber gesunken; dabei ist auf der einen Seite das lange Haar nach vorn gefallen. Diese m?chtig wallende Masse von dunklem Haar, die fast die H?lfte des Gesichts verdeckt, bringt etwas sehr Eigent?mliches in die Wirkung des Ganzen. Aber weder hieraus, noch aus dem allm?hlichen Hineinwachsen der Gestalt aus dem Schatten in das Licht ist das Ausserordentliche des Eindrucks, den das Gem?lde auf den Beschauer aus?bt, zur Gen?ge zu erkl?ren. Vor allem wirkt das Bild dadurch, dass der Maler f?r die Tiefe seiner religi?sen und k?nstlerischen Empfindung in der gr?ssten Schlichtheit den st?rksten Ausdruck gefunden hat. Der gr?sste Meister der naturalistischen Kunst hat es verschm?ht, hier irgendeines der sonst gerade im siebzehnten Jahrhundert bei diesem Gegenstand so sehr beliebten naturalistischen Hilfsmittel, um auf das Gem?t des Beschauers einzuwirken -- die Kennzeichnung des qualvollen H?ngens, des Zuckens im Schmerz, des Zusammensinkens im Tode --, anzuwenden. Das Bild ist mit der gr?ssten Sorgfalt und Liebe gemalt. Die Ausf?hrung des Holzes der Kreuzbalken und der Inschrifttafel ist wahrhaft r?hrend. Bemerkenswert ist, dass Velazquez die altert?mliche Darstellungsweise wieder aufgenommen hat, dass jeder Fuss des Gekreuzigten durch einen besonderen Nagel angeheftet ist. Er ist hierin der Vorschrift seines Schwiegervaters gefolgt, der in seinem Buch ?ber die Malkunst mit Eifer gegen die im dreizehnten Jahrhundert aufgekommene Darstellungsweise zu Felde zieht, welche, wie es seitdem im allgemeinen gebr?uchlich geblieben ist, eine Dreizahl von N?geln an die Stelle der alt?berlieferten vier N?gel setzte.

Auch ein Velazquez musste es erfahren, dass das grosse Publikum beim Anblick eines Bildes mehr den Gegenstand als die Kunst ins Auge zu fassen pflegt. In der Mitte der dreissiger Jahre wurde ein Bildnis des Grafen Olivares, das er ?ffentlich ausstellte, vom Volk mit Steinen beworfen. Denn der allm?chtige Minister wurde immer verhasster bei der ganzen Nation. Vielleicht sind manche Bildnisse, die Velazquez nach Olivares, der sich ihm stets sehr zugetan erwies und dem er auch seine Anh?nglichkeit und Dankbarkeit bewahrte, gemalt hat, als Opfer der Volkswut zugrunde gegangen.

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