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Read Ebook: Velazquez by Knackfuss H Hermann

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Ebook has 77 lines and 25809 words, and 2 pages

Auch ein Velazquez musste es erfahren, dass das grosse Publikum beim Anblick eines Bildes mehr den Gegenstand als die Kunst ins Auge zu fassen pflegt. In der Mitte der dreissiger Jahre wurde ein Bildnis des Grafen Olivares, das er ?ffentlich ausstellte, vom Volk mit Steinen beworfen. Denn der allm?chtige Minister wurde immer verhasster bei der ganzen Nation. Vielleicht sind manche Bildnisse, die Velazquez nach Olivares, der sich ihm stets sehr zugetan erwies und dem er auch seine Anh?nglichkeit und Dankbarkeit bewahrte, gemalt hat, als Opfer der Volkswut zugrunde gegangen.

Der grosse Meister der Bildniskunst hat in den ihm vom K?nig aufgetragenen Bildnissen dieser freiwilligen und unfreiwilligen Spassmacher Meisterwerke der Charakterdarstellung geschaffen.

Das Portr?t des Zwerges, der bei den Sitzungen des K?nigs in Fraga zugegen war, und der mit dem Namen ~el primo~, ,,der Vetter", bezeichnet wurde, ist ein Prachtbild. Der sehr kleine Mann sitzt im Freien auf einem Stein und bl?ttert mit den H?ndchen in einem grossen Folianten; f?r Aufzeichnungen, die er etwa aus dem alten Buche machen will, sind ein Heft und ein Tintenfass bereit. Er hat den Blick dem Beschauer zugewendet, aber ohne ihn zu fixieren; die schwarzen Augen sind ohne Glanz. Der Ausdruck des Gesichts ist eine Ruhe der Vornehmheit, die kaum komisch wirkt, die vielmehr echt zu sein scheint. Es ist ja wohl denkbar, dass ~el primo~ von guter Herkunft war. Seine tadellose Kleidung ist ganz schwarz; das Gesicht leuchtend hell, warm im Ton, mit dunkelblondem Haar und Schnurrb?rtchen. Die Landschaft ist grau, mit ein paar scharfen Helligkeiten in der Luft und auf den Bergen. Sonst keine Farbe ausser dem Weiss in den aufgeschlagenen B?chern und ein paar br?unlichen T?nen in den Bucheinb?nden und vorn am Boden. Was f?r eine Farbenwirkung mit diesen Mitteln erreicht ist, das ist geradezu wunderbar.

Das Bildnis eines anderen Hofzwergs, der als Don Sebastian de Morra bezeichnet wird, zeigt einen sehr kleinen, schwarzhaarigen und schwarzb?rtigen Mann, der platt auf dem Boden sitzt, die Schuhsohlen dem Beschauer zukehrend. In bunter Kleidung tritt er farbig aus schlichtem graubraunem Grund hervor. Er hat die F?ustchen auf die Oberschenkel gestemmt und mit leicht zur Seite geneigtem Kopf sieht er einen unter den schwarzen Brauen hervor mit einem ganz eigent?mlichen, dunkeln Blick an. Dieser Blick hat etwas Melancholisches und zugleich etwas Wildes, Mitleiderweckendes und Furchterregendes gemischt.

Den Bildern der Zwerge, die durch ihren Witz den K?nig und die Grossen des Hofes unterhielten, reihen sich diejenigen von bedauernswerten Gesch?pfen an, die durch ihre nat?rliche Torheit zur Belustigung dienten. Da ist ,,Das Kind von Vallecas", ein Kretin, mit einer schrecklichen Wahrheit in jeder Einzelheit der Form, des Ausdrucks und der Bewegung gemalt, dabei ein Meisterwerk der Farbenstimmung. Ferner ,,Der Dumme von Coria", noch meisterhafter gemalt als jenes, ein Bl?dsinniger, der lustig ist und ohne Grund lacht. Man kann sich nicht leicht etwas Schrecklicheres f?r die Darstellung denken, als diese h?sslichen, armen Gesch?pfe. Wie gross ist die Macht einer Kunst, die so vollkommen ist, dass sie auch diesen Darstellungen Sch?nheit zu verleihen vermag!

Erfreulicher f?r den heutigen Beschauer ist jedenfalls der Anblick derjenigen ,,lustigen Personen", die sich wenigstens im Besitze der Gesundheit und wohlgewachsener Gliedmassen befinden. Da ist Pablillos von Valladolid, ein stattlicher Mann, der in spreizbeiniger Stellung, das M?ntelchen wie eine Toga umgenommen, wie ein Redner gestikuliert; seine dunklen Augen blicken stier, wie die eines Berauschten -- man weiss nicht, ist er klug oder dumm, oder hat man ihn, was zu den beliebten Scherzen des Hofes geh?rte, betrunken gemacht. Die ganze Gestalt wirkt unsagbar lebendig, man glaubt den blechernen Klang der Stimme des Schwatzenden zu vernehmen . Dann Christ?bal de Pernia, der oberste der Hofnarren, der sich nicht davor f?rchtete, seinen Witz auch an dem gef?hrlichen Olivares auszulassen, und der den Mut und die Kraft besass, als Stierk?mpfer aufzutreten. Er erscheint in einem mit h?chster Schnelligkeit gemalten und unfertig gelassenen, trotzdem aber m?chtig wirkenden Bilde entsprechend seinem Beinamen ,,Barbarroja" in der Maske des wilden Seer?ubers Barbarossa. In t?rkischer Kleidung, rot mit weissem Mantel, steht er mit gezogenem Schwert da, und der zornige Ausdruck seines Gesichts, dem der grosse graue Schnurrbart und der kurze Backenbart ein f?r die Zeit sehr fremdartiges Aussehen geben, scheint einen unsichtbaren Gegner zum Kampf herauszufordern.

Als der K?nig im Jahre 1645 sich abermals nach Saragossa begab, nahm er den Infanten Baltasar Carlos mit, damit dieser in seiner Eigenschaft als Thronerbe die Huldigung der aragonischen St?nde entgegenn?hme. Der Kronprinz war in guter Gesundheit herangewachsen. Das im Pradomuseum befindliche letzte Bildnis, welches Velazquez nach ihm malte, zeigt ihn als einen geweckt aussehenden schlanken Knaben im Alter von vierzehn bis f?nfzehn Jahren; die in Schwarz gekleidete Figur steht auf einem dunkelgrauen Hintergrund, den nur ein auf die Lehne des seitw?rts stehenden Stuhls herabfallender roter Sammetvorhang belebt, und bei der ?ussersten Einfachheit der Wirkung prangt das Bild doch wieder in einem vornehmen Velazquezschen Ton, durch den es zwischen allen anderen Gem?lden sich schon von weitem als ein Werk des Meisters kenntlich macht. Bei jener Reise nach Aragonien liess der K?nig zum Andenken an die Anwesenheit des Kronprinzen ein Bild der Stadt Saragossa malen. Mazo, der Schwiegersohn des Velazquez, wurde mit dieser Aufgabe betraut, und Don Baltasar Carlos selbst bestimmte den Standpunkt, von dem aus die Ansicht aufgenommen werden sollte. Dieses Bild des Mazo, jetzt im Pradomuseum befindlich, zeigt unter duftig bew?lktem Himmel die Stadt in hellem Lichte jenseits des Ebro. Der Vordergrund ist durch eine buntfarbige Menge von Figuren belebt, in deren meisterhafter Ausf?hrung man wohl mit Gewissheit die Hand des Velazquez erkennen darf. -- Als ein Studienblatt zu derartiger Staffierung eines vorwiegend landschaftlichen Gem?ldes -- sei es eine Stadtansicht, wie die von Saragossa, sei es eine Schilderung einer als ?ffentliches Schauspiel dienenden Hofjagd, wie Velazquez deren mehrere f?r den K?nig malte, -- muss man die Zusammenstellung von dreizehn spanischen Kavalieren auf einer kleinen Leinwand ansehen, die sich im Louvre befindet und mit den Titeln ,,Die Unterhaltung" oder, unbegreiflicherweise, ,,K?nstlervereinigung" bezeichnet wird; die Tracht der Dargestellten weist auf die Zeit gegen 1640 .

Velazquez war bei der Ankunft der jungen K?nigin in Spanien, bei den Verm?hlungsfeierlichkeiten und bei dem gl?nzenden Einzug in Madrid im Sp?therbst 1649 nicht zugegen. Er hatte damals im Auftrage des K?nigs eine Reise nach Italien angetreten, die ihn zum zweitenmal l?ngere Zeit an das alte Kunstland fesselte.

Velazquez' zweiter Aufenthalt in Italien hatte ?ber zwei Jahre gedauert. Es scheint, dass er gern noch l?nger geblieben w?re. Wenigstens bekam er schliesslich einen ausdr?cklichen Befehl zur R?ckkehr von seiten des K?nigs. Er verzichtete auf eine geplante Reise durch S?dfrankreich, schiffte sich in Genua ein und landete im Juni 1651 in Barcelona.

Zu seinen ersten Aufgaben nach der Ankunft in Madrid musste es nat?rlich geh?ren, das Bildnis der jungen K?nigin zu malen. Marianne von ?sterreich war h?bsch, eine lichtfarbige deutsche Blondine, noch ganz Kind. Schade, dass die von Natur anmutige Erscheinung durch einen so f?rchterlichen Anzug entstellt wurde. In der weiblichen Hoftracht hatte die spanische Mode zu dieser Zeit mit das Ungeheuerlichste hervorgebracht, was jemals ausschweifender Ungeschmack ersonnen hat. Ein Reifrock von abenteuerlichem Umfang, daf?r desto engere Einpressung des Oberk?rpers, ?rmel, welche die nat?rliche Bildung der Arme verleugnen; dazu eine mit Hilfe k?nstlicher Haare hergestellte Frisur, die durch seitlich angeordnete Lockenmassen den Kopf die Halbkugelform des Reifrocks wiederholen liess, und eine wagerechte Reihe von Schleifchen in den Locken. Gesicht und H?nde waren so ziemlich das einzige, was verriet, dass in diesem verwunderlichen Aufbau ein menschliches Wesen steckte. Wenn Velazquez Damen in dieser Hoftracht zu malen hatte, so fand er sich damit ebenso k?nstlerisch ab wie mit den Bildnissen von Zwergen und Bl?dsinnigen. Er malte alles mit einer unbedingten Naturtreue, mit der sch?rfsten Kennzeichnung der Formen, in der denkbar vollkommensten Wahrheit, und er malte alles mit einem solchen malerischen Reiz, mit einem so wunderbaren Zauber der Farbe, dass diese malerische Sch?nheit st?rker auf die Empfindung des Beschauers einwirkt, als die von der Wirklichkeit gegebene gegenst?ndliche H?sslichkeit. Im Pradomuseum befinden sich zwei fast ganz ?bereinstimmende Gem?lde, welche Marianne von ?sterreich in ganzer Figur in grosser Hoftracht zeigen. Die unglaubliche Kleidung ist hier wom?glich noch steifer als sonst. Die ?sterreichische Prinzessin, an ganz andere Kleidung und ganz anderes Benehmen gew?hnt, als wie es das spanische Zeremoniell vorschrieb, musste es sich wohl gefallen lassen, wenn die Oberhofmeisterin, die, wie sie dem K?nig klagte, die gr?sste M?he hatte, der jugendlichen Herrin ,,das ungenierte deutsche Benehmen" abzugew?hnen, sie in der Kleidung wenigstens zu einem Prachtmuster des strengsten Hofstils gestaltete. Man bekommt Mitleid mit dem jungen Wesen, das da so hilflos in dem gr?nlichschwarzen, mit Silbertressen besetzten und an den ?rmeln mit roten Schleifen verzierten Prunkkleid steckt, das h?bsche Gesichtchen eingerahmt von der denkbar geschmacklosesten Per?cke, unter der nur auf der Stirn ein widerspenstiges L?ckchen des eigenen Haares zum Vorschein kommt, und in der eine geradlinige Reihe roter Schleifchen die Farbe der auf die Wangen gelegten Schminkeflecken in gleicher H?he mit diesen vielf?ltig wiederholt. Eingezw?ngt und beengt durch Kleid und Etikette, macht die K?nigin kein Hehl aus ihrem Unbehagen; sie hat die Unterlippe aufgeworfen, und der ganze Ausdruck ist der der Verdriesslichkeit und furchtbarer Langeweile. So hat sie dem Maler gestanden, und so hat der grosse Naturalist sie der Nachwelt ?berliefert .

Von jenen zwei Bildern der K?nigin Marianne hat das eine, das im Format etwas h?her als das andere und wahrscheinlich das sp?ter entstandene ist, ein Bild des K?nigs in schwarzem, goldverziertem Harnisch zum Gegenst?ck . Das Gesicht Philipps hat angefangen welk zu werden; ein Zusammenziehen der Brauen ver?ndert den Ausdruck. Unver?ndert ist des Malers Meisterschaft geblieben, alles mit einem Ton von unbeschreiblicher Vornehmheit zu durchdringen. Velazquez' malerische Behandlungsweise ist nach dem zweiten Aufenthalt in Italien, der ihm eine grosse Erfrischung gew?hrt zu haben scheint, noch leichter und freier geworden, als sie es vordem schon war. --

F?r die Wohnung der neuen K?nigin malte Velazquez zum Schmucke des Betzimmers ein Andachtsbild, die Kr?nung Marias darstellend . Dieses Gem?lde, das unter den Werken des Meisters durch seinen kleinen Massstab auff?llt -- die Figuren haben nur zwei Drittel Lebensgr?sse -- ist der merkw?rdigste Beweis f?r die einzig dastehende Begabung des Velazquez, gleich der Natur selbst in jede beliebige Farbenzusammenstellung die vollkommenste Harmonie zu bringen. Hier stehen Farben nebeneinander, die unter der Hand irgendeines anderen Malers sich zu einer das Auge des Beschauers verletzenden Wirkung vereinigen m?ssten. Die beiden in Menschengestalt erscheinenden Personen der dreieinigen Gottheit haben violette R?cke und karminrote M?ntel, Maria karminrotes Kleid und blauen Mantel. Diese zusammenh?ngende blaurote Masse schwebt in einem silberigblaugrauen, weiss durchleuchteten Gew?lk, in welchem die hellgoldigen Strahlenscheine und die K?rper und K?pfchen der kleinen Engel die einzigen -- und dazu nur wenig kr?ftigen -- Gegensatzfarben zu all den violetten T?nen enthalten. Es scheint unbegreiflich, und doch wirkt das Ganze harmonisch; es flimmert so viel goldiges Licht in dem Bilde, dass den schweren kalten Farben dadurch ihre Schwere entzogen wird und dass die miteinander unvertr?glich scheinenden T?ne zu einem feierlichen Zusammenklang gestimmt werden. Die ungew?hnliche Farbenwirkung ist so feierlich und erhaben, dass man gar nicht dazu kommt, zu bemerken, was erst die Photographie einem zeigt, dass die K?pfe der Himmlischen in der Form wenig oder nichts von ?bermenschlicher Hoheit besitzen.

Im Jahre 1652 erhielt Velazquez die Stelle des k?niglichen Schlossmarschalls, ein hohes Amt, dem zwar grosse Wichtigkeit und Ehre beigemessen wurde, das aber seinen Inhaber so sehr in Anspruch nahm, dass dem Maler nicht mehr viel Zeit zum Malen blieb. Dem Schlossmarschall war die Ordnung und Ausschm?ckung der R?ume, die der K?nig bewohnte, unterstellt; er f?hrte einen Schl?ssel, der alle T?ren ?ffnete, und musste in der k?niglichen Wohnung stets dienstbereit zugegen sein; er ?berreichte den Kammerherren ihre Schl?ssel und wies den Hofdamen ihre Gem?cher an; bei ?ffentlichen Mahlzeiten des K?nigs hatte er den Beginn der Tafel zu bezeichnen dadurch, dass er dem K?nig den Stuhl hinstellte, und er hatte die Tafel aufzuheben; Festlichkeiten jeglicher Art hatte er anzuordnen. Diese Aufgaben machten schon genug zu tun, wenn der K?nig in seinem Palast zu Madrid in ruhigen und geregelten Verh?ltnissen lebte. Aber der Schlossmarschall hatte die n?mlichen Verrichtungen auch zu erf?llen, wenn sich der Hof auf Reisen befand. Velazquez bewarb sich, was einem befremdlich vorkommt, um dieses Amt, als die Stelle frei wurde. Die Gesuche anderer Bewerber wurden vom Majordomus und dessen R?ten st?rker bef?rwortet als das seinige. Aber der K?nig schrieb an den Rand des Berichts nur drei Worte: ,,Ich ernenne Velazquez."

Von da ab malte Velazquez seine Bilder in einer hastigen Weise, die das Ergebnis seines Mangels an Zeit war, mit einer Technik, an der nur die Sicherheit des Erfolgs bewunderungsw?rdiger ist als die K?hnheit, mit Pinselhieben, die unfehlbar trafen.

Um die n?mliche Zeit, in der er das Brustbild des alternden K?nigs und die ,,Meninas" malte, und in der n?mlichen Vollkommenheit des Tons und der malerischen Behandlung f?hrte Velazquez f?r das mehrerw?hnte k?nigliche Jagdhaus im Walde von Pardo zwei k?stliche Charakterfiguren aus, die mit den Namen ?sopus und Menippus bezeichnet sind. Mit den geschichtlichen Tr?gern dieser klassischen Namen haben die beiden sonderbaren Gestalten, die wie aus dem Leben gegriffen dastehen, weiter nichts gemein, als dass in ihnen der Gegensatz zwischen dem weinenden und dem lachenden Philosophen vorgef?hrt werden soll. Beide erscheinen als fragw?rdige Existenzen, die durch die Besitzlosigkeit auf den Standpunkt gekommen sind, in t?richter Weisheit Betrachtungen ?ber die Verr?cktheit der Menschen anzustellen. Der Mann, der den Namen des wegen seines satirischen Zynismus ber?chtigten Sch?lers des Diogenes tr?gt, steht in einen verschossenen schwarzen Mantel geh?llt da, unter dem eine br?unliche zerrissene Beinbekleidung hervorkommt; seine Schuhe haben durch Mangel an Pflege eine Farbe bekommen, die gar keine Farbe mehr ist, und dasselbe ist der Fall mit dem sch?bigen Filzhut, der formlos auf dem Kopfe sitzt. Am Boden deuten herumgeworfene Schriften und ein Wasserkrug geistige Besch?ftigung und k?rperliche Bed?rfnislosigkeit an. Das von weichem, schw?rzlichem Haar und grauem Bart eingerahmte Gesicht, dessen ger?tete F?rbung darauf hinzudeuten scheint, dass in besseren Zeiten Wasser nicht das einzige Getr?nk des ,,Menippus" war, ist halb ?ber die Achsel dem Beschauer zugewendet und schaut zwischen Hut und Mantel wie aus einem Versteck mit einem unvergleichlichen Ausdruck innerlichen Lachens heraus. Dieser Mann ist ein unbarmherziger Sp?tter . ,,?sopus" ist von Natur weniger Lump, ?usserlich aber wom?glich noch mehr heruntergekommen. Ein weiter, kaffeebrauner Rock, den ein St?ck ehemals weiss gewesenen Zeugs an G?rtels Stelle zusammenh?lt -- Kn?pfe oder sonstige Schliessvorrichtungen sind nicht mehr vorhanden --, dient als Ober- und Unterkleid zugleich; wo er am Halse offen steht, verr?t er, dass die W?sche mangelt. Str?mpfe sind allerdings noch da; die weitere Fussbekleidung besteht aus formlosen, ausgetretenen Dingern, Ruinen von Schuhen. Indessen verraten ein am Boden stehender K?bel klaren Wassers mit einem Waschlappen und die sorgf?ltige Rasierung von Lippe, Kinn und Wangen, dass der Tr?ger dieser Kleidung noch nicht auf jeden Luxus der Lebensgewohnheiten verzichtet hat. W?hrend bei ,,Menippus" die ganze Gestalt ein lebhaftes Temperament verr?t, ist hier alles von melancholischer M?digkeit durchdrungen. Das bleiche, welke Gesicht, ?ber dem das wirre graue Haar wie von gewohnheitsm?ssigem Durchfahren der Finger in die H?he gerichtet ist, richtet mit glanzlosen Augen, die von den herabh?ngenden Lidern halb verdeckt werden, und mit festgeschlossenen Lippen einen Ausdruck wortlosen Bedauerns auf uns. Der Kopf h?ngt schlaff ein wenig zur Seite; diese Neigung erspart zugleich die M?he, ihn in der Richtung des Blickes zu drehen. Schlaff und matt h?lt die herabh?ngende Rechte ein grosses Buch, in dem wohl Belehrungen niedergeschrieben sind, von denen ,,?sop" selber ?berzeugt ist, dass sie, so wie die Menschheit nun einmal ist, vergeblich bleiben m?ssen .

In dem n?mlichen Raum, f?r den ,,?sopus" und ,,Menippus" gemalt wurden, fand ein Bild seinen Platz, das den Kriegsgott darstellt. Dieser Mars ist in der Hauptsache nur eine Aktstudie, die das Modell so wiedergibt, wie es war, und selbst von der H?sslichkeit des sehr gew?hnlichen, schnurrb?rtigen Gesichts uns nichts schenkt. Von g?ttlicher Idealit?t ist also keine Rede, derartiges lag auch ganz ausserhalb der Absichten des Malers. Die Studie ist in gewissenhafter Benutzung der verh?ltnism?ssig seltenen Gelegenheit, Nacktes zu malen, mit grossem Fleiss sorgf?ltig durchgebildet, muss daher wohl vor der ?bernahme des Schlossmarschallamtes entstanden sein. Ein sonnverbrannter K?rper mit sehr kr?ftiger, ausgearbeiteter Muskulatur, spiegelblanke, blitzende Waffenst?cke, ein hellblauer Schurz und ein auf den weissen ?berzug des Lagers, auf dem der Kriegsgott sitzt, herabgesunkener karminroter Mantel: alles das ist bewundernsw?rdig gemalt, erzielt aber nicht die unbedingt vollkommene Harmonie der Farbenwirkung, an die man sonst bei Velazquez gew?hnt ist. Doch muss das Bild mit seinen lichten, bunten Farben in der urspr?nglichen Aufstellung zwischen den beiden Philosophen eine treffliche Wechselwirkung mit der schlichten, dunklen T?nung dieser Gem?lde hervorgebracht haben, und solche Wirkungen wusste Velazquez beim Aufh?ngen der Gem?lde in den k?niglichen Gem?chern sicherlich wohl in Rechnung zu ziehen.

Ein Prachtwerk ersten Ranges in bezug auf Farbenreiz und malerische Wirkung, ein wunderbares Meisterst?ck der unglaublich flotten Behandlung, in der Velazquez in seinen letzten Jahren die denkbar h?chste Vollkommenheit erreichte, ist das Bildnis eines Hofzwergs, der einen Jagdhund an der Leine h?lt . Das stolz aussehende M?nnchen, dessen Kleinheit durch die Gr?sse der neben ihm stehenden, weissgefleckten schwarzen H?ndin noch mehr hervorgehoben wird, tr?gt eine reiche, vornehme Kleidung aus Goldbrokat mit Weisszeug aus feinem niederl?ndischen Batist; der graue Hut ist mit pr?chtigen weissen Straussenfedern geschm?ckt: in das wallende kastanienbraune Haar ist auf der linken Seite eine auf die Schulter fallende rote Schleife eingebunden. Die ganze Tracht ist keine spanische, sondern entspricht einer f?r das gesamte mittlere Europa massgebend gewesenen, in den f?nfziger Jahren des Jahrhunderts allerdings schon veralteten franz?sischen Mode. Wer diese Pers?nlichkeit ist, weiss man nicht, man vermutet in ihr, eben wegen der ausl?ndischen Tracht, einen Zwerg, der den Namen Don Antonio el ingl?s f?hrte.

Auch mit der Ausf?hrung von Landschaftsbildern wurde Velazquez wieder besch?ftigt. Auf Befehl des K?nigs malte er 1657 eine Ansicht des in eben diesem Jahre im Park von Aranjuez aufgestellten Tritonenbrunnens. Das Bild, das sich nebst einer zweifellos gleichzeitig gemalten anderen Ansicht aus dem n?mlichen Park im Pradomuseum befindet, zeigt den weissmarmornen Brunnen mit seinem spiegelnden Becken im schattigen Gr?n, zwischen den efeuumsponnenen St?mmen schlanker B?ume. Es ist mit echter Empfindung f?r den Reiz einer solchen Parkanlage aufgefasst, und diese Empfindung gibt ihm eine grosse Sch?nheit, obgleich es ohne sonderliche Liebe ausgef?hrt ist . Das Gegenst?ck gew?hrt einen Blick in die stundenlange gerade Ulmenallee, die den Namen ,,Strasse der K?nigin" f?hrt. An der einen Seite sieht man das Wasser des Tajo, an dessen Rand sich wildes Geh?lz von Pappeln und Erlen erhebt. Das Ganze sieht im wesentlichen ebenso aus, wie heute. Sehr sch?n ist die Stimmung: d?mmeriges Dunkel liegt unter den B?umen, w?hrend draussen die Luft in hellem Tagesblau leuchtet; der Wind treibt graue Wolken ?ber den Himmel und bewegt leise die Zweige. Beide Bilder sind im Vordergrund mit mehreren Figuren staffiert, die aber auffallenderweise viel zu klein sind; man f?hlt sich versucht, sie auf Rechnung von Mazos mangelhafter perspektivischen Kenntnis zu setzen.

Nur die geradezu an das Unbegreifliche grenzende Leichtigkeit und Schnelligkeit der Malweise macht es erkl?rlich, dass Velazquez in diesen Jahren neben der Ausf?hrung der vom K?nig befohlenen Gem?lde und neben seiner sonstigen Amtst?tigkeit noch Zeit und Kraft fand, einen Stoff nach freier Wahl in einem grossen Bild zu behandeln. Man muss doch annehmen, dass er selbst, und nicht der K?nig es war, der auf den Einfall kam, einen Blick in den Arbeitsraum der Spinnerinnen in einer Teppichfabrik in lebensgrosser Darstellung zu verewigen.

Bei seinem Beruf, die Gem?cher des K?nigs auszuschm?cken, hatte Velazquez sicherlich oft Veranlassung, die Teppichwirkerei von Santa Isabel zu Madrid zu besuchen, wo seit mehreren Jahrzehnten mit Erfolg der Versuch gemacht wurde, durch einheimische Erzeugnisse der Einfuhr flandrischer Gobelins entgegenzuarbeiten. Da hat sich ihm denn einmal beim Durchschreiten der Arbeitsr?ume das Bild dargeboten, das auf sein Malerauge solchen Reiz aus?bte, dass es ihn zur k?nstlerischen Wiedergabe des Gesehenen dr?ngte. So malte er den an sich v?llig bedeutungslosen Vorgang aus dem Alltagsgetriebe einer Fabrik; und er malte das in der Wirklichkeit Vorhandene, ohne irgend welchen Inhalt hineinzudichten, so, wie es in der Wirklichkeit da war; nur dass er es nicht, wie die moderne Irrlehre will, gemalt hat, weil es da war, sondern darum, weil es sch?n war. Sein sch?nheitskundiger Blick hat in dem allt?glichen Vorgang unter den zuf?llig gegebenen Verh?ltnissen von Licht und Farbe eine unendliche F?lle von Sch?nheit erschaut, und diese Sch?nheitsoffenbarung, die er in sich aufgenommen, wusste er in der Sprache seiner Kunst anderen mitzuteilen. Nicht um den Vorgang, sondern um die malerische Sch?nheit von dessen Erscheinung wiederzugeben, hat Velazquez dieses durch die Wahl des Stoffes in jener Zeit ganz vereinzelt dastehende Werk geschaffen, das in Spanien allgemein unter dem Namen ,,Die Spinnerinnen" bekannt ist . Das Ganze ist ein hochpoetischer Farbenzauber. In diesen n?chternen Raum irren Lichter aus sp?rlichen Quellen, die man nicht sieht, von den Lichtern gehen Reflexe aus, und Lichter und Reflexe erf?llen das Gemach mit einem flimmernden goldigen Schimmer und treiben ein belebtes Spiel auf den Gestalten fleissiger Arbeiterinnen. Da sitzt eine ?ltere Frau in weissem Kopftuch und schwarzem Kleid am Spinnrad, dessen schnelle Drehung durch das Verschwimmen der Speichen zu einer durchsichtigen Scheibe in merkw?rdig deutlicher Weise wahrnehmbar gemacht wird. Die unausgesetzte T?tigkeit in dem engen Raum an einem heisssonnigen Tag hat ihr Gesicht ger?tet. Man sieht, wie die arme Person von der Hitze leidet, trotzdem sie sich durch Emporschlagen des Rockes bis ?ber das Knie eine Erleichterung zu verschaffen gesucht hat. Mit einem dankbaren Blick wendet sie sich einer frischen, schwarzhaarigen Dirne in dunkelrotgelbem Rock zu, die hinter ihr mit einem Ausdruck dienstbereiter F?rsorge einen Vorhang aus d?nnem, rotem Stoff beiseite zieht, um mehr Luft einzulassen. In dem durch den Vorhang abgetrennt gewesenen Nebenraum sieht man Vorr?te an Stoffen aufgestapelt liegen; eine dabei stehende Leiter bekundet, dass diese Vorr?te sich zeitweilig noch h?her auft?rmen. An der anderen Seite des Bildes sitzt ein braunes M?dchen in kurzem, dunkelblaugr?nem Unterrock -- ein oberes Kleidungsst?ck aus verschossenem roten Wollenzeug hat sie hinter sich auf den Schemel gelegt -- und windet das gesponnene Garn in Kn?uel; an ihrem entbl?ssten Arm sieht man das Spiel der Muskeln bei der flinken Bewegung der Finger. Neben ihr bringt eine Blondine in braunem Kleid einen Korb herbei, um die Garnkn?uel aufzunehmen. Zwischen der Spinnerin und der Garnwinderin sitzt, mehr in der Tiefe des Bildes, eine Frau in rotem Rock und dunkelbrauner ?rmelloser Jacke, mit Hecheln besch?ftigt. Diese Figur ist, im Gegensatz zu der verh?ltnism?ssig klar beleuchteten sch?nen R?ckenfigur der Garnwinderin, am tiefsten in Schatten geh?llt. Ihren Kopf hat der Maler, mit schlagend richtiger Beachtung einer optischen Erscheinung, in Undeutlichkeit verschwimmen lassen. Denn dieser Kopf wird ?berstrahlt von einer hinter ihm sich ausbreitenden starken Helligkeit. Man sieht hier durch einen Bogendurchgang in einen um mehrere Stufen h?her liegenden Raum, in den ein Sonnenstrahl breit und voll hereinflutet, dessen R?ckstrahlungen auch die ?ussersten Schatten mit Licht durchdringen. In diesem Raum sind an den weisslich-grauen W?nden fertige Teppiche zur Besichtigung aufgeh?ngt. An der Wand, die uns gerade gegen?berliegt, sehen wir einen farbenpr?chtigen Gobelin, der in einer Umrahmung von Blumengewinden auf dem Hintergrunde einer blauen Luft eine irgend woher aus der Sage oder Geschichte des Altertums entnommene Darstellung zeigt. Davor haben sich mehrere vornehme Damen in seidenen Kleidern von lebhaften, heiteren Farben versammelt, um das Kunstwerk zu bewundern. Ein befremdlicher Gegenstand an diesem Ort ist die an einem Stuhl lehnende Bassgeige. Sollte der Besitzer der Fabrik von Santa Isabel auf den genialen Gedanken gekommen sein, bei vornehmem Besuch in seiner Ausstellung die Empf?nglichkeit der Besucher f?r den Reiz der Farbe durch Musik zu erh?hen?

Im Fr?hjahr 1658 entschloss sich der K?nig, Velazquez die h?chste Auszeichnung, die er ihm verleihen konnte, zuteil werden zu lassen, die Aufnahme in einen der drei alten spanischen Ritterorden. Er erh?hte den Wert der Auszeichnung noch dadurch, dass er dem Maler die Wahl freistellte zwischen den Orden von Alc?ntara, Calatrava und Santiago. Velazquez w?hlte den letzteren. Vor der Bekleidung mit den Ordensabzeichen waren die vorgeschriebenen F?rmlichkeiten zu erf?llen. Gegen die pers?nliche W?rdigkeit des Velazquez als eines vollkommenen Edelmannes wurde in den langen Vernehmungen von mehreren hundert Zeugen keinerlei Bedenken laut. Schwieriger war die Ahnenprobe. Besondere Kommissionen wurden in die Heimatsorte der Geschlechter Silva und Velazquez entsandt, um die Geschichte beider Familien zu pr?fen. Der nach Sevilla abgesandten Kommission boten sich Zweifel hinsichtlich der Adelsreinheit der m?tterlichen Vorfahren des Velazquez dar. Der K?nig soll schliesslich durch das Machtwort, f?r ihn stehe ,,die Qualit?t" der Velazquez fest, den Ordensrat bewogen haben, die Angelegenheit nochmals zu untersuchen, und im April 1659 endlich wurde auch die Ahnenprobe f?r vollg?ltig erkl?rt. Jetzt stand nur noch der p?pstliche Dispens aus, der erforderlich war, weil der Orden von Santiago ebenso wie die beiden anderen urspr?nglich ein geistlicher Ritterorden war und als solcher seinen Mitgliedern die Ehelosigkeit vorschrieb. Am 29. Juli 1659 traf das Einwilligungsschreiben des Papstes ein, und nun fand die ?berreichung des Ordenshabits an Velazquez mit allem grossen Zeremoniell statt; ein Empfang im Palast bildete den Schluss der Feier.

Zu den Gem?lden, die Velazquez im Jahre 1659 auszuf?hren hatte, geh?ren Bildnisse der Infantin Margarita und des im Jahre 1657 geborenen Infanten Philipp Prosper. Diese Kinderbilder wurden an die Grosseltern in Wien geschickt. Sie befinden sich jetzt im kunsthistorischen Hofmuseum zu Wien, neben den fr?her zu verschiedenen Zeiten f?r den ?sterreichischen Hof gemalten Bildnissen des K?nigs und seiner beiden Gemahlinnen und denjenigen der Kinder Philipps aus erster Ehe.

Jener Saal, in dem Grammont empfangen wurde, wird als der Spiegelsaal bezeichnet. An seinen vier Hauptwandfl?chen prangten grosse K?nigsbilder von Tizian, Velazquez und Rubens. Zur Ausf?llung der kleineren Fl?chen, die von den Fenstern und den grossen, zur Architektur geh?rigen Spiegeln freigelassen wurden, kamen Gem?lde mythologischen und biblischen Inhalts zur Verwendung. Velazquez malte f?r diesen Zweck vier mythologische Bilder, vermutlich erst bei jener Veranlassung im Jahre 1659. Von diesen Dekorativgem?lden wird nur eins im Pradomuseum aufbewahrt; zwei sind zugrunde gegangen, und eins ist in eine englische Sammlung gelangt. Das letztere bedarf schon um seines Gegenstandes willen einer besonderen Erw?hnung. Denn es stellt die G?ttin Venus vor und zeigt diese in der Gestalt eines v?llig entkleideten jungen Weibes, das, auf einem Ruhelager ausgestreckt, sein vom Beschauer abgewendetes Gesicht -- die ganze Figur ist vom R?cken gesehen -- in einem Spiegel betrachtet. Wenn auch Gem?lde mit nackten Frauengestalten, von der Hand italienischer und niederl?ndischer Meister ausgef?hrt, in reichlicher Zahl in den Madrider Palast gelangt waren, so hatte bisher doch kein spanischer Maler sich auf diesem Gebiet versucht. Vielleicht waren dazu auch die Modelle in Spanien schwieriger zu haben, als in irgendeinem anderen Kulturland Europas. Velazquez war der erste und auf anderthalb Jahrhunderte hinaus auch der einzige Maler Spaniens, der das Wagst?ck unternahm. -- Das Gem?lde im Pradomuseum stellt die Ermordung des Argos, des W?chters der durch die Eifersucht der G?tterk?nigin in eine Kuh verwandelten Io, durch Hermes dar. Es ist ein ganz dekorativ gehaltenes, aber in seiner wahrhaft unheimlichen Stimmung grossartig wirkendes Bild. Durch die bewundernsw?rdige Anpassung der Komposition an das sehr niedrige, breitgestreckte Format hat der Meister dieses gedr?ckte Format selbst mit heranzuziehen gewusst, um die eigent?mliche, man m?chte sagen be?ngstigende Wirkung zu erh?hen. Argos ist ein armer Kerl, in d?rftiges schwarzes und graues Zeug gekleidet, der seine wenigen Bed?rfnisse f?r die lange Wacht in einem grauen B?ndelchen mit sich f?hrt. Er hat zweifellos die redlichste Absicht, getreulich seine Pflicht zu tun. Er hat sich auch nicht in bequemer Lage der Gefahr des Einschlafens ausgesetzt; sondern wie er da im Schatten eines braunen Felsens sass, mit dem linken Arm auf einen Stein gest?tzt, hat ihn in der bleiernen Gewitterschw?le des Tages der Schlaf unerwartet ?berw?ltigt; die Hirtenfl?te, die nicht ausgereicht hat, um ihn munter zu erhalten, ist seiner Hand entfallen, und sein Kopf nickt auf die Brust. Da kommt -- furchtbar d?monisch, leise wie eine Katze und unentrinnbar wie das Verh?ngnis -- Hermes auf allen Vieren herangekrochen, die scharfe Klinge in der Faust. Dieser Vollstrecker der geheimen Befehle des G?tterk?nigs ist ein g?ttlicher Schurke, bei dem nichts weiter als die Halbnacktheit -- etwas karminrotes und etwas dunkelgelbes Zeug schlingt sich um seinen braunen K?rper -- die urspr?ngliche Idealit?t seines Wesens andeutet; der Fl?gelhut ist auf seinem Banditenkopf zum abgetragenen schwarzen Filz geworden, der mit zerzausten Rabenfedern aufgeputzt ist. Hinter ihm steht am abfallenden Hang des Berges Io als rote Kuh, halb abgewendet von dem W?chter und dem M?rder, aber mit zur?ckgerolltem Auge nach ihnen hinschielend. Dieses Auge ist etwas ganz Wunderbares, es ist ein richtiges Kuhauge, aber es lebt darin die gespannte Angst einer Menschenseele, die den Augenblick gekommen sieht, der ?ber ihr Schicksal entscheiden soll. Der Kopf der langh?rnigen Kuh, der Fl?gelhut und die Schulter des Hermes bilden zusammen eine wilde, scharfzackige Umrisslinie, die grell hervorgehoben wird durch den lichten Dunst der Ferne und schwere, weisse Wetterwolken, die sich ?ber dem Horizont zusammenballen, w?hrend weiter oben die Luft schon ganz schwarz ?berzogen ist.

Eines seiner letzten Bilder malte Velazquez f?r Buen Retiro. Der ausgedehnte Park dieser Besitzung enthielt neben Pl?tzen f?r jede Art von Lustbarkeiten auch Orte stiller Zur?ckgezogenheit f?r Buss?bungen und Gebet. An dem einen Ende der Anlagen befand sich eine sogenannte Einsiedelei mit einem auf den Namen des heiligen Eremiten Antonius geweihten Bethaus. Hier wurde gegen Ende des Jahres 1659 das Gem?lde des Velazquez aufgestellt, das den Besuch des heiligen Antonius bei dem heiligen Einsiedler Paulus zum Gegenstand hat . Der Inhalt der Legende, welche den Vorwurf abgegeben hat, ist folgender: Paulus lebte als der erste christliche Eremit in der theb?ischen W?ste; ein Rabe brachte ihm t?glich ein halbes Brot, von dem er sich ern?hrte. Als er nach neunzig Jahren des Aufenthalts in vollst?ndiger Einsamkeit sein hundertunddreizehntes Lebensjahr erreicht hatte, kam, infolge einer g?ttlichen Eingebung, der neunzigj?hrige Antonius, der in einer anderen Gegend der W?ste wohnte, zu ihm, um ihm in der Sterbestunde als Priester zur Seite zu stehen. W?hrend dessen Anwesenheit brachte der Rabe ein ganzes Brot. Als Paulus verschied, kamen L?wen herbei, um ein Grab zu scharren, in das Antonius dann den Leichnam bettete. -- In dem Gem?lde des Velazquez ist der Landschaft ein grosser Raum zugemessen; die Figuren haben nur wenig mehr als halbe Lebensgr?sse. Wir werden in die grossartige Wildnis einer spanischen Gebirgsein?de versetzt. Vorn schroffe, graue Felsen mit br?unlichen T?nen in ihren Vertiefungen; in der Ferne kahle H?henz?ge, in denen sich die blauen und weissen T?ne der bew?lkten Luft wiederholen. Unter einer Silberpappel, deren Stamm mit Efeu bewachsen und deren Fuss von Brombeerranken umsponnen ist, sitzen die beiden ehrw?rdigen Greise. Paulus in schmutzigweisse Wolle gekleidet, faltet seine d?rren H?nde zum Gebet, w?hrend er den ergreifend sch?nen Kopf mit leuchtenden, glaubensfrohen Augen nach dem Raben emporhebt. Antonius, den die Legende zum Begr?nder des M?nchtums macht, und der daher in einer m?nchischen Kleidung, in brauner Kutte und schwarzem Mantel, erscheint, ist ganz von Staunen erf?llt ?ber das Wunder der ?bernat?rlichen Speisung. Im Hintergrund sind, in Aufnahme jener alten Weise bildlicher Erz?hlung, die in der Sp?tzeit des Mittelalters allgemein, vielfach aber -- so namentlich in Deutschland -- bis in das siebzehnte Jahrhundert hinein gebr?uchlich war, Begebenheiten des Vorher und Nachher zur Anschauung gebracht: wie Antonius auf der Wanderung durch die Ein?de einem Faun begegnet; wie er an dem Holzgitter, das die Felsenwohnung des Paulus verschliesst, anklopft; wie er bei der Leiche betet, w?hrend die L?wen das Grab auswerfen.

Velazquez nahm an allen Feierlichkeiten dieser Tage teil. Seine Pers?nlichkeit erregte Aufsehen, nicht nur durch die Vornehmheit und Anmut seines Auftretens, sondern auch durch den auserlesenen Geschmack, den er in seiner Kleidung an den Tag legte. Gleich am 8. Juni begann seine anstrengende T?tigkeit als Schlossmarschall des reisenden Hofes von neuem. Die R?ckreise wurde auf einem anderen Wege genommen wie die Hinreise. Wurde irgendwo ein l?ngerer Halt gemacht, so f?llten Feste die Zeit aus. So ging es ohne Rast und Ruh, bis man am 26. Juni wieder in Madrid eintraf.

Es unterliegt wohl keinem Zweifel, dass Velazquez durch das ?bermass von T?tigkeit, das diese Reise ihm auferlegte, ?beranstrengt wurde, und dass sich hier der Keim zu der Krankheit bildete, die bald darauf seinem Leben ein Ende machte.

Die Spanier nennen Velazquez den K?nig der naturalistischen Malerei. Das ist nicht zu viel gesagt. Seine Vornehmheit und sein feiner Geschmack im Naturalismus sind von keinem anderen auch nur ganz von ferne wieder erreicht worden.

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