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Read Ebook: The Boot and Shoe Manufacturers' Assistant and Guide. Containing a Brief History of the Trade. History of India-rubber and Gutta-percha and Their Application to the Manufacture of Boots and Shoes. Full Instructions in the Art With Diagrams and Scales Etc. by Richardson William H Of Boston Editor

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Ebook has 54 lines and 2148 words, and 2 pages

G?sta Berling

Erz?hlungen aus dem alten Wermland

von

Selma Lagerl?f

Im Insel-Verlag zu Leipzig

Einleitung

Der Pfarrer

Endlich stand der Pfarrer auf der Kanzel. Die Leute in der Kirche hoben die K?pfe in die H?he. Er war also wirklich da! So fiel denn die Predigt diesen Sonntag doch nicht wieder aus wie am letzten Sonntage und an vielen Sonntagen vorher.

Der Pfarrer war jung, von hohem Wuchs, schlank und strahlend sch?n. Wenn man ihm einen Helm auf den Kopf gesetzt und ihm ein Schwert und einen Harnisch umgehangen h?tte, so w?re er der beste Vorwurf f?r eine Marmorstatue gewesen, die man getrost nach dem sch?nsten aller Griechen h?tte benennen k?nnen.

Der Pfarrer hatte die tiefen Augen eines Dichters und das feste, runde Kinn eines Feldherrn. Alles an ihm war sch?n, ausdrucksvoll -- durchgl?ht von Genialit?t und geistigem Leben.

Die Leute in der Kirche f?hlten sich eigenartig bedr?ckt, als sie ihn so erblickten. Sie waren daran gew?hnt, ihn schwankenden Schrittes aus der Schenke herauskommen zu sehen in Gesellschaft lustiger Kameraden wie Oberst Beerencreutz mit dem dicken weissen Schnurrbart und Kapit?n Bergh mit der gewaltigen K?rperkraft.

Er hatte sich derartig dem Trunk ergeben, dass er mehrere Wochen hindurch sein Amt nicht mehr hatte versehen k?nnen, und die Gemeinde ?ber ihn hatte Klage f?hren m?ssen, erst bei seinem Propst und dann bei dem Bischof und Domkapitel. Jetzt war der Bischof gekommen, um Visitation in der Gemeinde abzuhalten. Er sass im Chor mit seinem goldenen Kreuz auf der Brust. Die Prediger aus Karlstad und den Nachbargemeinden sassen rings um ihn herum.

Es unterlag keinem Zweifel, dass das Benehmen des Pfarrers die Grenzen des Erlaubten ?berschritten hatte. Zu jenen Zeiten -- diese Geschichte spielt in den zwanziger Jahren dieses Jahrhunderts -- nahm man es nicht so genau, wenn die Leute tranken; dieser Mann aber hatte infolge seiner Trunksucht sein Amt vernachl?ssigt, und nun sollte er es verlieren.

Er stand auf der Kanzel und wartete, w?hrend der letzte Gesangvers gesungen wurde.

W?hrend er so dastand, kam die Gewissheit ?ber ihn, dass er in der ganzen Kirche, in allen St?hlen lauter Feinde hatte. Die Herrschaft oben in der Loge, die Bauern unten in der Kirche, die Konfirmanden im Chor -- sie alle waren seine Feinde. Ein Feind spielte die Orgel, und ein Feind trat die B?lge. Alle hassten ihn, von den kleinen Kindern, die in die Kirche getragen wurden, bis hinab zu dem Kirchendiener, einem steifen, strammen Soldaten, der die Schlacht bei Leipzig mitgemacht hatte.

Der Pfarrer h?tte sich auf die Knie werfen und sie um Barmherzigkeit anflehen m?gen.

Aber gleich darauf ?berkam ihn ein dumpfer Groll. Er entsann sich sehr wohl, wie er gewesen war, als er vor einem Jahr die Kanzel zum erstenmal bestieg. Damals war er ein unbescholtener Mann, und jetzt stand er da und schaute auf den Mann mit dem goldenen Kreuz herab, der gekommen war, um ihn zu richten.

W?hrend er das Gebet sprach, rollte eine Blutwelle nach der andern ?ber sein Gesicht -- das war der Groll.

Freilich hatte er getrunken, aber wer hatte ein Recht, ihn deswegen anzuklagen? Hatte jemand den Pfarrhof gesehen, auf dem er leben sollte? Der Tannenwald reichte finster und unheimlich bis dicht an die Fenster. Die Feuchtigkeit tropfte von den schwarzen Decken und trieb an den schimmligen W?nden herab. Bedurfte er nicht des Branntweins, um den Mut aufrechtzuerhalten, wenn der Regen oder der treibende Schnee durch die zerbrochenen Fensterscheiben zu ihm eindrang, wenn das schlecht bestellte, vernachl?ssigte Erdreich nicht Brot genug hergeben wollte, um den Hunger fernzuhalten?

Auf den Amtsreisen, wenn er in seinem d?nnen Mantel viele Meilen lang ?ber die gefrorenen Seen gesaust war, wo alle Winde sich Stelldichein gaben, auf seinen Fahrten ?ber diese selben Seen in offnem Boot bei Sturm und Platzregen, im Schneegest?ber, wenn er hatte vom Schlitten steigen m?ssen, um seinem Pferd einen Weg durch haushohe Schneeschanzen zu schaufeln, oder wenn er durch die grundlosen Waldmoore hatte waten m?ssen -- da hatte er es gelernt, den Branntwein zu lieben.

Ein Tag nach dem andern hatte sich finster und schwer dahingeschleppt. Bauer und Edelmann waren gleichsam an den Staub der Erde gefesselt, am Abend aber hatte der Geist seine Fesseln abgesch?ttelt, befreit durch den Branntwein. Die Inspiration war gekommen. Das Herz wurde warm, das Leben strahlend, Gesang ert?nte, und Rosen dufteten. Da war ihm die Schenkstube zu einem Rosengarten unter s?dlichem Himmelsstrich geworden. Trauben und Oliven hingen ?ber seinem Haupt, Marmorstatuen schimmerten durch das dunkle Laubwerk, Philosophen und Dichter wanderten unter Palmen und Platanen.

Nein, er, der Pfarrer dort oben auf der Kanzel, wusste, dass das Leben in dieser Gegend des Landes ohne Branntwein nicht zu ertragen war; alle seine Zuh?rer wussten das, und nun wollten sie ihn richten.

Sie wollten ihm den Talar abreissen, weil er betrunken in das Haus ihres Gottes gekommen war. Hah! -- Alle diese Menschen, hatten die denn -- wollten die sich denn etwa einbilden, dass sie einen andern Gott hatten als den Branntwein! --

Er hatte das Einleitungsgebet gesprochen und beugte sich jetzt herab, um das Vaterunser zu beten.

Es herrschte atemlose Stille in der Kirche w?hrend des Gebetes. Pl?tzlich griff der Pfarrer mit fester Hand nach den B?ndern, mit denen der Talar zusammengehalten war. Es war ihm, als wenn die ganze Gemeinde mit dem Bischof an der Spitze die Treppe zur Kanzel heraufgeschlichen kam, um ihm den Talar abzureissen. Er lag auf den Knien und wandte den Kopf nicht um, aber er konnte f?hlen, wie sie an den B?ndern zerrten, und er sah sie so deutlich, die Pr?pste, Pfarrer, Kirchenvorsteher, den K?ster und die ganze Gemeinde in einer langen Reihe, aus Leibeskr?ften zerrend und ziehend, um den Talar herunterzubekommen. Und er konnte es sich so deutlich vorstellen, wie alle die, die jetzt so eifrig zerrten, einer ?ber den andern die Treppe hinabpurzeln w?rden, sobald das Gewand nachgab, und die ganze Reihe da unten, die nicht mitzerren konnten, die einander nur an den Rocksch?ssen zupften -- sie alle w?rden mitfallen.

Er sah das so deutlich, dass er nahe daran war, laut zu lachen, w?hrend er dort auf den Knien lag, aber zu gleicher Zeit trat ihm der kalte Schweiss auf die Stirn. Das war doch zu grauenhaft!

Um des Branntweins willen sollte er jetzt ein verworfener Mann werden! Ein abgesetzter Pfarrer -- gab es etwas Schimpflicheres hier auf der Welt?

Er konnte ein Bettler auf der Landstrasse werden, betrunken am Grabenrande liegen, in Lumpen gekleidet gehen, sich zu den Landstreichern halten. -- -- --

Das Gebet war beendet. Jetzt sollte er seine Predigt halten. Da kam ein Gedanke ?ber ihn, der ihm das Wort auf der Zunge zur?ckhielt. Er musste daran denken, dass er heute zum letztenmal auf der Kanzel stehen und Gottes Lob und Ehre verk?nden durfte.

Zum letztenmal -- das bewegte den Pfarrer tief. Er vergass den Branntwein und den Bischof. Er musste die Gelegenheit ergreifen und von Gottes Ehre zeugen.

Es war ihm, als versinke der Fussboden der Kirche in einen tiefen Abgrund, als werde das Dach der Kirche abgehoben, so dass er direkt in den Himmel schauen konnte. Er stand allein, ganz allein auf seiner Kanzel, und sein Geist bekam Fl?gel und flog zu dem offnen Himmel empor, seine Stimme wurde stark und gewaltig, und er verk?ndete die Ehre Gottes.

Er war ein Mann der Inspiration. Er liess die ausgearbeitete Predigt liegen, die Gedanken flatterten zu ihm herab wie ein Schwarm zahmer Tauben. Es war ihm, als rede ein anderer, aber er f?hlte gleichzeitig, dass dies das H?chste war, was es auf Erden gibt, und dass niemand in Glanz und Herrlichkeit h?her gelangen k?nne, als er, wie er so dastand und Gottes Ehre verk?ndete.

Solange die Feuerzunge der Inspiration ?ber ihm gl?hte, redete er, als sie aber erloschen war und das Dach sich wieder auf die Kirche herabgesenkt hatte, und der Fussboden aus dem tiefen Abgrund herausgehoben war, da kniete er nieder und weinte, denn er war sich bewusst, dass ihm das Leben seine sch?nste Stunde geschenkt hatte, und dass die jetzt vor?ber war.

Nach dem Gottesdienst sollte eine Kirchenversammlung und eine Untersuchung abgehalten werden. Der Bischof fragte, ob die Gemeinde Klage ?ber ihren Pfarrer zu f?hren habe.

Der Pfarrer war nicht mehr zornig und trotzig wie vor der Predigt. Jetzt sch?mte er sich und senkte das Haupt. Ach! jetzt sollten diese elenden Branntweinsgeschichten aufgetischt werden!

Aber es kam nicht eine einzige. Es war ganz still um den grossen Tisch in der Gemeindestube.

Der Pfarrer blickte auf, erst zu dem K?ster hin?ber -- nein, der schwieg; dann zu den Kirchenvorstehern, dann zu den Bauern und den Eisenwerkbesitzern -- sie schwiegen alle. Sie hielten die Lippen fest aufeinander gepresst und sahen halb verlegen auf den Tisch nieder.

Sie warten, dass einer den Anfang machen soll, dachte der Pfarrer.

Einer der Kirchenvorsteher r?usperte sich.

>>Ich finde, dass wir einen guten Pfarrer haben<<, sagte er.

>>Der Herr Bischof haben ja selber geh?rt, wie er predigen kann<<, stimmte der K?ster ein.

Der Bischof sagte etwas von h?ufigem Ausfallen der Predigt.

>>Der Pfarrer kann doch ebensogut einmal krank sein wie andere Menschen<<, meinte ein Bauer.

Der Bischof deutete an, dass man in der Gemeinde Anstoss an dem Lebenswandel des Pfarrers genommen habe.

Da verteidigten sie ihn alle wie aus einem Munde. Ihr Pfarrer sei ja noch so jung; dazu sei nichts zu sagen. Nein, wenn er nur immer so predigen wolle wie heute, dann wollten sie ihn selbst f?r den Herrn Bischof nicht hergeben.

Da war kein Kl?ger, kein Richter.

Der Pfarrer f?hlte, wie sein Herz sich erweiterte, wie leicht ihm das Blut durch die Adern str?mte. Er befand sich also nicht mehr unter Feinden, er hatte sie gewonnen, als er es am mindesten dachte, er sollte auch ferner im Amt bleiben!

Nach der Visitation speisten der Bischof, die Pr?pste, die Pfarrer und die Vornehmsten der Gemeinde im Pfarrhof. Eine benachbarte Pfarrersfrau hatte es ?bernommen, die Wirtin zu machen, denn der Pfarrer war unverheiratet. Sie hatte alles aufs beste angeordnet, und zum erstenmal gingen ihm die Augen dar?ber auf, dass der Pfarrhof im Grunde gar nicht so ungem?tlich war. Die lange Mittagstafel war draussen unter den Tannen gedeckt und prangte festlich mit dem schneeweissen Gedeck, dem weiss und blauen Porzellan, den Gl?sern und den k?nstlich aufgestellten Servietten. Zwei Birken waren am Eingang eingepflanzt, die Diele war mit Wacholderzweigen bestreut, vom Dachbalken herab hing ein Blumenkranz, in allen Zimmern standen Blumen, der dumpfe Geruch war vertrieben, und die gr?nlichen Fensterscheiben glitzerten vergn?gt im Sonnenschein.

Der Pfarrer war so herzensfroh, er gelobte sich selber, nie wieder zu trinken.

An der ganzen Tafel sah man nur frohe Gesichter. Die M?nner, die vorhin hochherzig gewesen waren und verziehen hatten, waren froh, und die Pfarrer und Pr?pste waren froh, weil der Skandal gl?cklich vermieden war.

Der gute Bischof erhob sein Glas und sagte, er habe diese Reise schweren Herzens angetreten, denn es seien b?se Ger?chte an sein Ohr gedrungen. Er sei ausgezogen, um einen Saulus zu finden, aber siehe, aus dem Saulus sei schon ein Paulus geworden, der mehr arbeiten werde als alle andern. Und der fromme Herr sprach weiter von den reichen Gaben, die ihr junger Bruder erhalten habe, und pries sie. Er solle nicht hochm?tig werden, sondern alle seine Kr?fte anspannen und acht auf sich geben, wie es dem gezieme, der eine so ?beraus schwere und kostbare Last auf den Schultern trage.

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