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Read Ebook: Aus dem Reiche des Buddha: Sieben Erzählungen by Dahlke Paul Steig Ber Bruno Illustrator

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Ebook has 1097 lines and 43400 words, and 22 pages

mit ?ngstlicher Scheu sah er grosse, h?ssliche Eidechsen auf ihnen, die den Kopf erhoben, das Maul ge?ffnet, regungslos dasassen, wie bezaubert von dieser grimmigen Sonne. ,,Gewiss, es sind b?se Geister" dachte der Knabe und blickte starr vor sich.

So mochten sie wohl zwei Stunden gewandert sein, da kamen sie an die ersten H?user eines anderen Ortes. Hinter dem erhob ein zweigipfeliger Fels sich hoch in die Luft. Beide Gipfel aber waren gekr?nt mit einem Dagoba.

Der Knabe wusste wohl, das war Mihintale, das heilige Mihintale, aber nie vorher war er hier gewesen.

An einem lieblichen Weiher, voll von Lotus, vorbei schritt der M?nch auf diesen Berg zu. Die geisterhaften Schrecken des Waldes waren vor?ber. Machtvoll wehte der Wind ?ber die Wasserfl?che. Von weitem schon winkte eine m?chtige Eingangspforte. Durch sie schritt der M?nch; Suriyagoda eng hinterdrein. Sie waren pl?tzlich wie in einer anderen Welt. Grosse und kleine Dagobas, Hallen f?r Gebet und Speisung, heilige Feigenb?ume, von Mauern umrahmt, Steintafeln mit Inschriften, B?der in sch?n behauenen Stein gefasst. Zwischen dem allen eine Treppe, deren Stufen grosse Steinquadern bildeten, flach und so breit, dass wohl vier Elefanten nebeneinander auf ihr gehen konnten. Diese Flucht von Stufen verlor sich nach oben zu im geheimnisvollen Halbdunkel des Urwaldes: die heilige Treppe von Mihintale.

So verlebte Suriyagoda in Mihintale, dem heiligsten Platze, Jahr f?r Jahr. Fr?h vor Sonnenaufgang erhob er sich zusammen mit den anderen Klostersch?lern. Dann wurde der Hof gefegt, Bl?ten von den B?umen gesch?ttelt, um sie vor dem Buddha-Bilde nieder zu legen. Die M?nche sangen im Vihara, auf der Erde vor dem Buddha-Bilde knieend, Ges?nge, die in ihrer Monotonie dem Klange tiefer Glocken glichen; Ges?nge zum Preise des Buddha, zum Preise des Gesetzes, zum Preise der M?nchsgemeinde. H?rte der Gesang dann pl?tzlich auf, so t?nte es von den geschlossenen Lippen der M?nche noch ein Weilchen weiter, wie das Nachschwingen in Erz.

Schon fr?h wurden die Knaben angehalten zum Meditieren ?ber Menschenliebe, ?ber Wohlwollen gegen alles Lebende, ?ber die Allverg?nglichkeit, ?ber die Unreinlichkeit alles K?rperlichen und ?ber den Tod. Auch mussten sie sich fleissig ?ben die Gedanken zu regeln durch achtsames Ein- und Ausatmen. Auch die heiligen Schriften wurden gelesen, indem ein ?lterer M?nch vorsprach und die Sch?ler nachsprachen, vorl?ufig freilich ohne Sinn und Bedeutung zu verstehen. Am Abend sangen die M?nche wieder vor dem Buddha-Bild im Vihara.

Wie lieblich aber waren die Festtage an den Neu- und Vollmonden, wenn alle Anh?nger kamen, schon fr?h am Tage, lautlos, in bl?tenweissen Kleidern, alle M?nner, Weiber und Kinder, ganze K?rbe voll gelber und weisser Bl?ten brachten und vor dem Buddha-Bilde aufh?uften, so viel als ob es die ganze Nacht Blumen geregnet h?tte; wenn dann alles still niederkniete und ein M?nch die Satzung rezitierte.

Wenn aber abends der ganze Vihara vom Glanz der Lichter strahlte, dann kam es dem Knaben wohl vor, als ob die bewegungslose Ruhe des Buddha-Bildes Leben bek?me. Das Gesicht schien im Ausdruck zu wechseln, die Lippen sich zu regen, die zum Predigen erhobene Hand sich zu bewegen. Eine inbr?nstige Ehrfurcht wallte dann im Herzen des Knaben. Er musste sich Gewalt antun, hier nicht anzubeten, wie er es im Hause seines Vaters gewohnt war. Denn das muss man ja wissen, dass man zu einem Buddha nicht beten kann; dass man ihm nur Dank und Ehrfurcht erweisen kann daf?r, dass er den Weg, den er selber gefunden, auch uns, der Welt, gezeigt hat. Es war die mit der Muttermilch eingesogene Gottsucht, die noch in dem Knaben arbeitete und seine Einsicht hinderte.

Am Abend sp?t begann dann das Predigen, das oft bis tief in die Nacht dauerte. Gepredigt aber wurde von der Verg?nglichkeit, dem Leiden, der Wesenlosigkeit aller Dinge; dem Unbefriedigenden, Leiden z?chtenden der Lust, dem Segen des Entsagens. Wovon sonst sollte auch wohl ein Mensch dem andern predigen!

Am Tage nachher aber folgte dann das Beichten der M?nche. Mit gefalteten H?nden knieten sie vor dem Abte nieder und sprachen mit diesen tiefen, klangvollen Stimmen:

,,Herr, wenn wir unwissentlich mit einer der drei Pforten gefehlt haben, so vergib uns." Worauf der Abt erwiderte:

,,Ich habe vergeben. So vergebt auch ihr mir."

So wird im Orden des Erhabenen gelebt, den der Erhabene selber ,,das unvergleichliche Feld um Verdienst zu erwerben" nennt. Und wirklich sind ja diese M?nche, indem sie st?ndig allem Lebenden in einem Wohlwollen zugetan sind, die gr?ssten Wohlt?ter der Menschheit. Ein einziges Herz voll heiterer Entsagung tr?gt ja zum Wohle der Menschheit mehr bei als ein ganzes Leben voll rastloser Philantropie.

Es war nun die Zeit gekommen, dass Suriyagoda mit der Robe bekleidet, d. h. selber M?nch wurde. Wie die anderen machte er von da ab alle Vormittage seinen Almosengang, indem er, das Gewand schicklich geordnet, gefassten Sinnes, gesenkten Auges von Haus zu Haus ging und an den T?ren schweigend wartete, bis ihm der Reis in die Almosenschale getan wurde. Kam dann der Geber, hatte den Reis in die hingehaltene Sch?ssel hineingetan und auf der Erde kniend, die gefalteten H?nde vor dem Gesicht, seine Ehrfurcht erwiesen, so ging der M?nch schweigend weiter zur n?chsten T?r, bis die Schale zur Gen?ge gef?llt war. Dann trat er den R?ckweg zum Kloster an und verzehrte dort, stets unter dem gleichen Schweigen, sein Mahl an einem einsamen Orte.

Eines Tages nun, als Suriyagoda schweigend dastand, gesenkten Blickes und auf die Gabe wartete, trat pl?tzlich ein Mensch auf ihn zu, der war nackt bis auf einen Eulenfl?gel, der seine Scham notd?rftig deckte. Die Haut war Asche beschmiert und sah aus wie graues Leder; die Haare verfilzt wie eine schmutzige Kokusmatte; der Blick wirr und unheimlich.

Der sprach leise aber heftig zum M?nch:

,,Du, es ist mir gegeben, in deiner Zukunft zu lesen. Ehre und Lob dem Allm?chtigen! Du musst durch eine grosse Liebe gehen."

Dann dicht vor Suriyagoda hintretend fuhr er lauter fort:

,,Wolltest du deine Augen nur einmal heben, so k?nnte ich dir sagen, wo und wie."

Suriyagoda verharrte unbeweglich. Es ?berkam ihn etwas Unheimliches, einer jener Schauer aus unbekannten Regionen, unter denen er als Knabe so oft gelitten hatte; jene Schauer, die den in Weisheit noch nicht gefestigten immer wieder fragen lassen: ,,Gibt es doch wohl etwas hinter dieser Welt hier, das ?ber uns herrscht?"

Er f?hlte instinktiv, wenn er den Blick heben und das Auge dieses Menschen treffen w?rde, so w?rde es ihn greifen, ihn ansaugen, er w?rde fallen -- einer grundlosen Tiefe zu.

Indem erschien der Anh?nger, um den Reis in die Schale zu sch?tten. Als er den Fakir sah, winkte er mit der Hand und rief ,,husch, husch!", wie man Kr?hen von einer Sch?ssel scheucht. Worauf der sich eilig abwandte, aber knurrend und schn?ffelnd, wie ein Jagdhund, der eine Spur gewittert hat und sie nicht verfolgen darf.

Am selben Abend, als Suriyagoda, bevor er zur Ruhe ging, vor dem Abt niederkniete und ihm Ehrfurcht bezeugte, bat er ihn um die Erlaubnis, in Zukunft, wenn er den Anh?ngern und Anh?ngerinnen predigte, hinter einem Palmblatt-F?cher sitzen zu d?rfen. Er wollte sich dadurch davor sch?tzen, dass sein Auge auf irgend etwas tr?fe, was ihm Liebe erregen k?nnte, denn er dachte: ,,Wof?r bin ich schon als Knabe in den Orden des Erhabenen getreten, wenn ich doch die Qualen und den Schmutz der Liebe durchmachen muss? Es ist besser, ich sch?tze mich beizeiten."

Nun war Suriyagoda von sch?ner Gestalt, schlank aber kr?ftig, von feinem Gesicht, mit vollem, freiem Auge und von hoher Anmut bei allem was er tat und redete. Daher war die Predigthalle stets am vollsten, wenn er den Anh?ngern und Laien predigte.

So fragte der Abt, weshalb er denn von jetzt ab hinter dem F?cher predigen wolle? worauf Suriyagoda stockte und err?tete, dann aber die Sache mit dem Fakir berichtete.

Der Abt l?chelte ein wenig und gab ihm die Erlaubnis. Dann aber, als leisen Tadel, f?gte er den Spruch des Erhabenen hinzu: ,,Ist dieses, wird jenes; ist dieses nicht, wird jenes nicht," womit er sagen wollte, dass ein jeder Mensch aus dem jetzigen Moment heraus sich das n?chste selber schaffe, je nachdem was er tut, was er redet, was er denkt. Und wie bei einem rollenden Stein ein Moment der Bahn das n?chste bestimmt, und dieses wieder das n?chste, so auch beim Menschenleben. Nicht in den H?nden eines Schw?rmers oder der Gestirne liege unsere Zukunft, sondern in den H?nden dieses Jetzt hier, das ich selber bin.

So predigte von jetzt ab Suriyagoda Jahr f?r Jahr hinter einem Palmblattf?cher. Die Prophezeiung des Fakirs hatte er l?ngst vergessen, aber der F?cher war ihm so zur Gewohnheit geworden, dass er ?berall der F?cherprediger hiess.

Einstmals, am Up?satha-Tage des Vessak-Monats veranstaltete der K?nig eine grosse Feier zu Ehren des Erhabenen. Die ganze Strasse von Anuradhapura bis Mihintale, zwei Wegstunden lang, war mit gelben und weissen Bl?ten bestreut. ?berall am Wege hingen Fahnen und Banner.

Zur festgesetzten Stunde verliess der K?nig seinen Palast in der N?he des Jetavanarama-Dagoba mit dreiunddreissig Elefanten. Auf ihnen ritten die Adeligen, immer je vier in einer Reihe; an der Spitze aber der K?nig auf dem K?nigselefanten, der von Gold und Edelsteinen gl?nzte.

Dieser Elefant war so einer, von dem man sagt: ,,Er hat seinen R?ssel preisgegeben." Denn ehe ein Elefant nicht im Kampf den R?ssel preisgibt, leistet er nicht das h?chste. Hat er aber den R?ssel preisgegeben, so kann ihm nichts mehr widerstehen.

Hinter den Elefanten folgte die M?nchschaft vom heiligen Bo-Baum und der anderen Kl?ster Anuradhapuras in S?nften; dahinter aber das Volk zu Fuss.

Wie ein einziger Sadhu-Ruf ging es von der Hauptstadt bis hin nach Mihintale.

Als nun der Zug am Ambastalla-Dagoba angekommen war, da stiegen alle, selbst der K?nig, ab; denn hier ist der heiligste Platz Ceylons nahe: die H?hle, in welcher Mahinda, K?nig A?okas Sohn, der Apostel Ceylons, sein Leben in Heiligkeit, d. h. heil von Leidenschaften und L?sten, verbrachte. Das Felsenbett auf dem Boden dieser H?hle ist heute noch zu sehen.

Hier nun stiessen auch die M?nche von Mihintale, Suriyagoda mit ihnen, zum Zuge.

Vom Ambastalla-Dagoba stieg alles, der K?nig an der Spitze, zum Mahasaya-Dagoba hinauf, auf jenen schwarzen Fels, in welchen flache Stufen hineingehauen waren. Wer aber unten die schneeweissen Gew?nder auf dunklem Grunde leuchten und die goldenen Banner und Standarten in der Sonne funkeln sah, der meinte, es w?re das sch?nste Schauspiel, das Menschen ?berhaupt schaffen sowohl wie betrachten k?nnten.

Nun hatte es vor kurzem einen starken Regenfall gegeben und in den L?chern der Steinstufen standen noch Wasserreste. Als nun der K?nig, Upatissa war sein Name, in feierlicher Langsamkeit hochschritt, da sah er in einer dieser Lachen ein Insekt dem Ertrinken nahe. Sofort regte sich Mitleid mit dem Lebendigen in ihm; er machte Halt und, indem er den flimmernden Pfauenwedel in die Pf?tze hineintauchte, rettete er das Tierchen vom Ertrinken.

Als das umstehende Volk das sah, da wurden die Sadhu-Rufe noch viel freudiger. Denn wie der K?nig es liebt, ein frommes gesetzes-freudiges Volk zu haben, so liebt auch das Volk, einen frommen K?nig zu haben.

Mit dem Stillstehen des K?nigs ging eine Stockung durch den ganzen Zug und ein jeder fragte, was geschehen sei, wobei dann, sobald Antwort kam, das Sadhu-Rufen immer wieder aufs neue hochflackerte, wie ein Feuer, das ?ber trocknen Grasgrund h?pft.

Auch Suriyagoda liess seinen Palmblattf?cher, der gross war wie ein Schild und ohne den er nie seine Zelle verliess, sinken und sah sich um. Dabei f?hlte er ein paar Augen auf sich gerichtet und verbarg sich sofort wieder hinter seiner Wehr. Aber einige aus dem Volke hatten ihn gesehen und raunten sich zu: ,,Der F?cherprediger! Es ist der F?cherprediger!" Er stand n?mlich bei diesen Leuten in hoher Achtung. Denn wer einen reinen Lebenswandel f?hrt und sich bez?hmt, der verdient und erh?lt Achtung.

Nachdem nun der K?nig und der ganze Zug den Mahasaya-Dagoba, ihn zur rechten Hand habend, feierlich umwandelt und auf allen Alt?ren Bl?ten niedergelegt hatte, kehrten der Hof nach Anuradhapura und die Mihintale-M?nche in ihre Klausen zur?ck.

Am n?chsten Morgen fand Suriyagoda die Schwelle seiner H?tte mit Blumen bestreut.

Gew?hnt an derartige Ehrfurchtsbezeugungen achtete er nicht darauf. Dieses wiederholte sich Morgen f?r Morgen und Suriyagoda tat nichts als t?glich die Blumen wegzufegen.

Eines Abends gegen Dunkelwerden h?rte er ein Ger?usch vor seiner T?r. Als er ?ffnete, sah er ein junges Weib auf den Knien liegen, die H?nde anbetend vor dem Gesicht.

Suriyagoda verharrte regungslos die schickliche Zeit. Denn der M?nch muss schicklicher Weise warten, bis der Laie seine Ehrfurchtsbezeugung vollendet hat.

Als das Weib aber liegen blieb, sagte er:

,,Was ist?"

Die blieb erst regungslos, dann sagte sie leise:

,,Das Gl?ck, sagt man, Bhante, das Gl?ck."

Einen Moment war es, als ob sie sich aufrichten wollte, aber sofort sank sie wieder zusammen.

Suriyagoda schwieg betroffen. Dann sagte er ruhig:

,,Geh!"

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