Read Ebook: Die Frauenfrage im Mittelalter by B Cher Karl
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Wie alle Vereinigungen des Mittelalters, mochten sie sonst zu gewerblichen, geselligen oder Unterst?tzungszwecken errichtet sein, standen auch die Samenungen von Anfang an in n?herer Beziehung zur Kirche. Ein Dominikaner, Friedrich von Erstein, hatte ihre ersten Satzungen verfasst; sein Orden nahm auch fernerhin die Schwestern in seine sorgsame Obhut. Nach jenen Satzungen lebten im ersten Jahrhundert ihres Bestehens die Samenungen in voller G?tergemeinschaft. Zur Aufnahme war erforderlich, dass die Eintretende so viel eigenes Verm?gen besass, um davon leben zu k?nnen. Schied sie aus, ehe sie das 14. Lebensjahr zur?ckgelegt hatte, so musste sie f?r jeden im Hause zugebrachten Monat 40 Pfennige Kostgeld bezahlen und zur?ckerstatten, was sie von den Schwestern an Kleidungsst?cken u. dgl. erhalten hatte. Trat sie erst nach dem vierzehnten Jahre aus , so durfte sie nur Kleider und Bettwerk mitnehmen, musste aber ihr eingebrachtes Verm?gen zur?cklassen; wollte sie in ein Kloster gehen, so gab man ihr f?nf Pfund von ihrem Verm?gen wieder. Ungeb?hrliche Reden, Streitsucht, das Ankn?pfen von Beziehungen zu M?nnern zogen die Ausschliessung nach sich. Man darf daraufhin nicht etwa meinen, dass die Mantelfr?ulein das kl?sterliche Gel?bde der Ehelosigkeit abgelegt h?tten; es ist ja klar genug, dass auch heute noch die Mitgliedschaft einer derartigen Vereinigung mit der Ankn?pfung eines Verh?ltnisses zu M?nnern oder der Brautschaft einer Beteiligten aufh?ren m?sste. Bei einer etwaigen Aufl?sung der Samenung sollte das Vereinsverm?gen unter die Schwestern gleichm?ssig verteilt werden.
Sp?ter ?nderte sich das. Der Geist der Eintracht und Schwesterliebe schwand mehr und mehr aus den Samenungen. Es wurden sehr eingehende Satzungen notwendig, welche die Verm?gensgemeinschaft teilweise aufhoben und die Hausordnung bis in die kleinsten Einzelheiten vorschrieben. Die Schwestern behielten ihr Sondereigentum und konnten jederzeit aus der Vereinigung treten, wenn sich ihnen Gelegenheit zur Verehelichung bot. W?hrend das Verm?gen der Einzelnen vielleicht nicht zur Fortf?hrung eines selbst?ndigen standesgem?ssen Haushalts ausgereicht h?tte, zeigte die gemeinsame Wirtschaft einen gewissen Luxus. Es fehlte nicht an einer ganz annehmbaren Speisekarte, an Silbergeschirr und Kleinodien; Dienerinnen wurden gehalten, G?ste zu Tische geladen; man wohnte den Turnieren und den Tanzfesten auf den Trinkstuben der adeligen Gesellschaften bei; ja man konnte sich den Besuch der damaligen Luxusb?der im Schwarzwald und in der Schweiz gestatten. Im Jahre 1414 wurde angeordnet, dass jede neu aufzunehmende Pfr?ndnerin dem Hause 60 Pfund geben und dass die, welche in die Welt zur?ckkehrte, die H?lfte ihres Hausrats zur?cklassen sollte.
Durch solche Einrichtungen, sowie durch die ihnen zufallenden Schenkungen und Verm?chtnisse bereicherten sich die Samenungen immer mehr; aber sie verfielen dadurch auch um so rascher. Ihr inwendiger Ernst sei erloschen, berichtet Rulman Merswin; statt zu beten und fromme B?chlein zu lesen, unterhielten sie sich mit allerlei weltlichem Klatsch; Missgunst, Eifersucht, gegenseitiges Misstrauen beherrschten das h?usliche Leben. Die alte Tracht, ein wollenes Gewand und langer Schleier, die sie noch immer trugen, bewahrte sie nicht vor Weltlust und Hoffart; selbst vor dem Weihkessel, meint Geiler von Keisersberg, k?nnten sie nicht vor?bergehen, ohne sich darin zu beschauen. In ihren H?usern lebten sie herrlich und in Freuden; in der Stadt wurden sie zu Gaste geladen; sie fehlten bei keiner Belustigung. Kein Wunder, dass sie die Reformation, wie manche ?hnliche Vereine, rasch vom Erdboden wegfegte.
Viel h?rter war das Los der +armen+ Frauen, die ihres Ern?hrers beraubt waren und weder in der Erwerbswirtschaft noch in den Kl?stern eine Stelle finden konnten. Zur Verheiratung bot sich ihnen meist nur dann sichere Gelegenheit, wenn sie dem Manne als Tochter oder Witwe eines Meisters das Zunftrecht in die Ehe brachten. Freilich gab es zahlreiche Stiftungen und Verm?chtnisse, die auch ihnen zu Gute kamen -- Verteilungen von Geld und Brot, von Suppe und Fleisch, von Holz und Kleidern. Das Betteln war im Mittelalter keine Schande, das Almosengeben wurde als religi?se Pflicht angesehen; man brauchte sich um so weniger zu scheuen, Spenden und Geschenke zu heischen, als von den Almosenempf?ngern eine Gegenleistung, bestehend in Kirchenbesuch und Gebet f?r das Seelenheil des Spenders, gefordert wurde. Alte und gebrechliche Leute fanden wohl auch als Pfr?ndnerinnen in Spit?lern eine Aufnahme.
Aber diese Mittel boten keine dauernde und ausgiebige Hilfe; sie versagten am meisten, wenn sie am n?tigsten gewesen w?ren, in Zeiten allgemeiner Teuerung und Bedr?ngnis.
Man pflegt die Institution der Bekinen und Bekarden gew?hnlich nur von ihrer religi?sen Seite zu betrachten und sie da mit den Tertiariern zusammenzustellen, jenem ausgedehnten Anhang der Bettelorden aus dem Laienstande. Es ist ja bekannt, dass dieser von den Dominikanern und Franziskanern gestiftete >>dritte Orden der Reue<< aus Weltleuten beiderlei Geschlechts bestand, welche, ohne der Ehe und ihrem b?rgerlichen Berufe zu entsagen, sich der Aufsicht der Orden unterworfen hatten, an ihren Uebungen und Gebeten teilnahmen, der Weltlust entsagten, ernste, einfache Kleidung trugen und sich verpflichteten, Barmherzigkeit zu ?ben, die Gebote Gottes und die Vorschriften der Kirche zu halten. In ?hnlichen Beziehungen, wie diese Minoriten, standen allerdings auch die Bekinen und Bekarden zu den Bettelorden. Sie trugen ein dem geistlichen ?hnliches schlichtes Gewand und nahmen gewisse religi?se Verpflichtungen auf sich. Allein sie hatten darum nicht mehr Verwandtschaft mit dem Nonnen- und M?nchswesen als etwa die Br?derschaften der Handwerksgesellen, der Auss?tzigen, der Blinden und Lahmen. Ja wir k?nnen sogar beobachten, wie die st?dtischen R?te mit allen ihnen zu Gebote stehenden Mitteln dahin strebten, den weltlichen Charakter der Bekinen aufrecht zu erhalten.
Das Aufkommen der Bekinen kn?pft sich -- wenigstens in den deutschen St?dten -- ?berall an die Stiftung der Gottesh?user. Unter letzteren versteht man H?user, welche von reicheren Laien, M?nnern und Frauen, dem Zwecke gewidmet wurden, eine bestimmte Anzahl armer, verlassener Frauen und M?dchen aufzunehmen. Sie hiessen auch wohl +Einungen+ oder +Sammlungen+ , +Seelh?user+ , +Regelh?user+ , +Maideh?user+ , +Konvente+ , unter Umst?nden auch +Klausen+ -- das letztere namentlich auf D?rfern und in einsamen Gegenden. Oft begn?gten sich die Stifter nicht mit der Gew?hrung der Wohnung; sie sorgten auch durch Verschreibung von Renten und sonstigen Gef?llen f?r die Unterhaltung der Geb?ude, f?r Holz und Licht, manchmal auch f?r einen Teil der Nahrung. Die Bewohnerinnen solcher H?user nannte man allgemein +Schwestern+, in Strassburg auch +gewillige oder arme Schwestern+, in Frankfurt a. M. +geistliche Schwestern+, +Kinder+ oder +arme Kinder+, in M?nchen +Seelnonnen+, in Konstanz +M?ntlerinnen+; sp?ter wurde der Name Bekinen, Beguinen, hier und da auch Begutten, durchweg gebr?uchlich.
Die +Zahl+ der Frauen, welche in ein solches Gotteshaus Aufnahme finden konnten, war meist nicht sehr gross und wurde insgemein schon von dem Stifter festgesetzt. Sie schwankte in Worms zwischen 2 und 6, in Frankfurt zwischen 2 und 15, in Strassburg war die am h?ufigsten vorkommende Anzahl 20; aber es gab auch H?user mit 3, 4, 6, 8, 10, 12, ja selbst mit 22 und 26 Schwestern. Sogenannte Bekinen+h?fe+, d. h. mit Mauern umgebene Hofst?tten, welche mehrere Wohn- und Wirtschaftsgeb?ude f?r eine gr?ssere Zahl von Schwestern enthielten, finden wir vorzugsweise in den niederrheinischen St?dten und in Belgien. In den +Klausen+ lebte meist nur je eine Bekine oder Klausnerin.
Die meisten dieser Gottesh?user wurden zwischen 1250 und 1350 gestiftet. Es ist bezeichnend f?r ihren weltlichen Charakter, dass sie durchweg nach dem Namen ihres Gr?nders benannt werden. Ihre Zahl war in den einzelnen St?dten und deren Umgebung sehr gross. In Frankfurt sind ihrer 57 dem Namen nach bekannt, in Strassburg 60, in Basel ?ber 30, in Speier 6; f?r M?nchen sind ihrer nur 7 nachgewiesen.
Die +Statuten+ der Gottesh?user, welche gew?hnlich schon in dem Stiftungsbriefe gegeben wurden, waren in der ersten Zeit ?beraus einfach. Erst sp?ter, als sich Uebelst?nde herausstellten, wurden sehr eingehende Satzungen und Hausordnungen f?r die Schwestern aufgestellt. Diese sind nat?rlich je den besonderen Verh?ltnissen angepasst. Ich darf mich hier damit begn?gen, die wichtigsten gemeinsamen Z?ge aus ihnen auszuheben.
Ausserdem sollten die Bekinen Liebeswerke verrichten, Arme speisen, Kranke besuchen, Tote zur letzten Ruhest?tte geleiten. In M?nchen war das Warten der Kranken und die Besorgung der Toten ihre ausschliessliche Aufgabe; in Augsburg hatten sie die Krankenpflege in den Spit?lern; in anderen St?dten pflegten sie, wie heute die barmherzigen Schwestern und Diakonissinnen, vorzugsweise in den H?usern. In Frankfurt wurden ihnen wohl Findlinge, in Wesel auch andere arme Kinder zur Erziehung und Unterweisung im Lesen, Schreiben und in Handarbeiten ?bergeben. Ausserdem hatten sie den Todestag des Stifters und der Wohlt?ter ihres Hauses durch Gebet f?r deren Seelenheil in der Kirche zu begehen.
Die +Aufnahme+ der Schwestern erfolgte bei der Gr?ndung eines Gotteshauses durch den Stifter oder die Stifterin, sp?ter meist durch Abstimmung aller vorhandenen Schwestern. Brachte die Aufgenommene eigenes Verm?gen mit, so behielt sie die Verf?gung ?ber dasselbe und wurde daf?r auch zur Steuer herangezogen, wenn es einen bestimmten Betrag ?berstieg; nach ihrem Tode wurde es in Strassburg den Erben ?bergeben; in Frankfurt fiel es an das Gotteshaus. In vielen niederl?ndischen Beguinereien wurde ein Einkaufsfeld und der Bau des zu bewohnenden H?uschens gefordert; der Nachlass verstorbener Mitglieder fiel dem Gesellschaftsverm?gen zu. Hier und da war ein Probejahr vor der endg?ltigen Aufnahme Vorschrift. Der Austritt zum Zwecke der Verehelichung oder aus anderen Gr?nden war jederzeit gestattet. Ausschliessung erfolgte wegen schlechter Auff?hrung, wegen Ungehorsams, wegen St?rung der Eintracht, wegen Umhertreibens und wegen verbotenen Umgangs mit M?nnern. Meist musste dabei der weltliche Pfleger des Gotteshauses oder der Beichtvater der Schwestern zu Rate gezogen werden.
Die +Leitung+ des gemeinsamen Haushalts der Bekinen war einer Meisterin, mitunter auch mehreren anvertraut. Im ersteren Falle erfolgte die Ernennung durch allgemeine Wahl, im letzteren durch Zuwahl. In Strassburg wechselten die Vorsteherinnen alle Jahre, in Frankfurt waren sie meist auf Lebenszeit eingesetzt. Die Schwestern waren zum Gehorsam gegen die Meisterin verpflichtet. Unbotm?ssige Elemente scheinen indessen nicht selten vorgekommen zu sein. Wenigstens sind zwei F?lle bekannt , wo in gr?sseren Bekinenh?usern Gef?ngnisse eingerichtet wurden, um die Widerspenstigen zu strafen.
Die +Tracht+ der Bekinen schloss sich im Schnitt der Gewandung einfacher B?rgersfrauen an. Sie bestand aus einem Gewand von grauem, schwarzem oder blauem Wollenstoff mit einer weissleinenen Kaputze und weissem Schleier, ?ber die sie beim Ausgehen noch ein schwarzes Wollentuch schlugen. Daher auch die Benennungen graue oder schwarze oder blaue Schwestern. Die +Kost+ war gew?hnlich sehr einfach. Reichere Gottesh?user konnten auch in dieser Hinsicht einigen Aufwand gestatten. In manchen Strassburger Anstalten dieser Art erhielten die Schwestern t?glich ihren Wein, und dies in gar nicht kleinen Quantit?ten. An den Jahrestagen des Stifters und anderer Wohlt?ter pflegte der Tisch etwas reicher besetzt zu sein. Der +Hausrat+ nahm sich meist ?rmlich genug aus; insgemein brachten die Schwestern nichts mit als ihr Bett und ihre Kleidung.
Tag?ber hielten sich die Schwestern in einer gemeinsamen Wohnstube auf, der einzigen, die im Winter geheizt wurde. In Strassburg war ihnen nicht erlaubt, in diesem Zimmer am Rade zu spinnen, damit diejenigen, welche gerade in frommer Betrachtung begriffen waren, nicht durch das Schnurren des Rades gest?rt w?rden. In dem Konvent auf dem Sande zu Wesel war auch ein gemeinsames Schlafzimmer vorgeschrieben. Nur die >>Kranken und die alten Glatzk?pfe<< konnten gesondert untergebracht werden. In der Verf?gung ?ber ihre Zeit zum Arbeiten und Schlafen scheinen sie an keine besonderen Vorschriften gebunden gewesen zu sein. Aber keine Schwester sollte ohne Erlaubnis der Vorsteherin ausgehen, und nie allein, sondern stets zu zweien, auch nicht vor Sonnenaufgang und nicht nach Sonnenuntergang, es sei denn, dass um einer redlichen Ursache willen die Vorsteherin es gestattet habe.
>>Ach werent sy zu Portugall, Ach werents an derselben statt, Do der pfeffer gewachsen hatt, Und nymmer m?chten her gedenken! Ich wollt in gern das weggeld schenken.<<
Die Reformation hat denn auch sehr rasch mit der ?berlebten Einrichtung aufger?umt; sie hat die Gottesh?user gew?hnlichen Zwecken zur?ckgegeben oder sie in Krankenanstalten, Schulen u. dgl. verwandelt; nur in den Niederlanden haben sich die Bekinenh?fe bis auf die neueste Zeit erhalten.
Hart neben einander lagen darum im t?glichen Leben der mittelalterlichen Gesellschaft toller Lebensgenuss und b?ssende Entsagung; heute schl?rfte man den Becher der Lust bis zur Neige, um morgen in bitterer Reue sich der Welt abzukehren, das Fleisch zu ert?ten, mit Fasten und Beten, mit Geissel und Bussg?rtel sich zu kasteien. Von der Kirche zum Tanzhaus, von der Kutte zur Fastnachtsmummerei, von der B?ssergeissel zur Schellenkappe war oft nur ein kleiner Schritt.
Himmelhoch jauchzend, Zu Tode betr?bt --
das ist die Stimmung des ausgehenden Mittelalters, welche mit ergreifender Naturwahrheit die Kunst in den Totent?nzen mit ihrem schneidenden Sarkasmus und ihren packenden Kontrasten wiedergespiegelt hat.
Erw?gen wir dies alles, so wird uns auch das zahlreiche Auftreten und das wunderliche Gebaren der +fahrenden Leute+ verst?ndlicher, unter denen wieder die Frauen massenweise vertreten waren. Diese fahrenden Frauen finden wir zun?chst in der Gesellschaft jener Gaukler- und Possenreisserbanden, jener Spielleute und Bettler, die wir das ganze Mittelalter hindurch ?berall da erscheinen sehen, wo ein grosser Zusammenstrom von Menschen stattfand. Sie traten hier auf als Spielweiber und herumziehende K?nstlerinnen, als Gauklerinnen und T?nzerinnen, als Leier- und Harfenm?dchen. In mancher Hinsicht ber?hren sie sich mit dem leichten Volk der fahrenden Sch?ler und wandernden Kleriker, gegen welche die Konzilien vergeblich eiferten. Sie erscheinen in grossen Scharen am f?rstlichen Hoflager, bei den Kaiserkr?nungen, auf Reichstagen, Turnieren, Kirchenversammlungen, auf Messen und M?rkten. >>Man kann sich nichts Widerlicheres denken<<, sagt Weinhold, >>als diese entsittlichten hungernden und lungernden Banden, welche zu Hunderten durch das Land streiften, wo sich nur ein Fest zeigte, den Raben gleich sich sammelten und ihre durchl?cherte Hand frech fordernd hinhielten.<<
So befremdlich und widerw?rtig uns diese Erscheinung auch anmuten mag, so kann doch der Versuch nicht allzu schwer fallen, sie zu erkl?ren und uns menschlich n?her zu r?cken.
>>Och metgen, wat hait dir der rocken gedain, dat du niet me machs spinnen? du suist in over die aesselen an recht wolstu mit eime kinge.<<
Und die Tochter antwortet:
>>Och moder, ich haven ein eit gesworn, dat ich niet me mach spinnen, ich haven ein lantsknecht lef und wert, licht mir in minen sinnen. Hi drinkt so gerne den k?len win, hi sluit mich in sin blanke armelin den awent zu dem morgen.<<
In einem andern stellt die Mutter dem M?dchen die Wahl frei zwischen einem Ritter, einem Bauern und einem Landsknecht, und die Tochter antwortet:
>>Boeren, dat sijn boeren, si drinken so selden den wijn, so en doet die vrome lantsknecht niet, hi schencter so dapperlic in.<<
Manchmal mag auch die Verf?hrung das ihrige getan haben, wie in dem bekannten Liede:
>>Nun sch?rz dich, Gredlein, sch?rz dich! wolauf, mit mir darvon! das korn ist abgeschnitten, der wein ist eingeton<< ...
Do nam ers bei der hende, bei ir schneweissen hant, er f?rets an ein ende, do er ein wirtshaus fand.
>>Nun wirtin, liebe wirtin, schaut uns umb k?len wein! die kleider dises Gredlein m?ssen verschlemmet sein.<<
War einmal der verh?ngnisvolle Schritt getan, so gab es so leicht keine R?ckkehr. Die Frauen fast aller St?nde folgten nur zu leicht der eiteln Weltlust. Ueber die hohen Klostermauern, durch die Schl?ssell?cher der eisenbeschlagenen Pforten hielt sie ihren Einzug:
>>Gott geb dem ein verdorben jar, der mich macht zu einer nunnen und mir den schwarzen mantel gab, den weissen rock darunden!<<
So sang und pfiff man um 1359 auf allen Strassen.
Die fahrenden Leute waren im Mittelalter ehr- und rechtlos; um so lieber mochten sich die Frauen den Kriegsheeren anschliessen, wo sie mindestens geduldet und gesch?tzt waren und wo sie in den wilden Ehen, die sie mit den Landsknechten und ihren Offizieren eingingen, einigen R?ckhalt fanden. Endlich bleibt zu erw?gen, dass die Art der damaligen Kriegsf?hrung die Mitnahme zahlreicher Frauenzimmer, wenn auch vielleicht nicht unbedingt n?tig machte, so doch sehr erleichterte. Durch viele Stellen der Landsknechtslieder wird bezeugt, dass nicht leicht einer ohne sein >>Fr?ulein<< auszog:
>>Der in den krieg wil ziehen der sol ger?stet sein; was sol er mit im f?ren? ein sch?nes frewelein, ein langen spiess, ein kurzen tegen; ein herren w?ln wir suchen, der uns gelt und bscheid sol geben.<<
Freilich wurden diese Ehen oft ebenso rasch gel?st als geschlossen. In einem andern Volkslied wird das Betragen der Frauen nach einer Schlacht geschildert:
>>Erst hebt sich an die klag der trewen frawen, ein iede tut nach irem man umb schawen; welcher der ir ist bliben tot, darf nit vor schanden lachen -- biss sie ein andern hat.<<
Mag dieser Uebergang zu >>einem Andern<< die Regel gebildet haben, immerhin finden wir auch Beispiele unwandelbarer Treue, wie in dem sch?nen Liede von den neun Landsknechten und einer j?lich'schen Maid, die ihren in Gefangenschaft geratenen Geliebten zu retten sucht. So f?llt auch auf dieses unserem Empfinden so wenig zusagende Verh?ltnis ein vers?hnender Strahl der alles wagenden und alles duldenden Liebe.
Unstreitig die bedenklichste Erscheinung des Mittelalters bilden diejenigen +fahrenden Frauen+, welche +in den St?dten sich dauernd niederliessen+ und hier nicht wenig zur Lockerung der Sitten beitrugen. Dieselben kommen zwar auch noch unter mancherlei anderen Namen vor; dass sie jedoch vorwiegend +Fremde+ waren, zeigen zahlreiche Bestimmungen der ?ber sie erlassenen Ratsordnungen. Das Mittelalter war in Beziehung auf die ?ffentlichen Dirnen weit entfernt von jener ?belangebrachten Pr?derie, die heute noch so vielfach eine unbefangene Er?rterung dieses ja immerhin sehr heikeln Gegenstandes verhindert. Es nahm ihr Bestehen als ein >>zur Verh?tung gr?sseren Unheils<< notwendiges Uebel hin, dessen Beseitigung kaum je ernstlich in Erw?gung gezogen wurde. In Frankfurt konnten sie das B?rgerrecht erlangen und wurden wie andere Neub?rger in das B?rgerbuch eingetragen. Die Frauen, welche sich dem elendesten aller Gewerbe hingaben, betrachtete man mehr als Ungl?ckliche, Verirrte und Leichtsinnige denn als Lasterhafte. Den M?nnern, welche ihren Umgang suchten, haftete ebensowenig ein Makel an als denjenigen, welche in >>Unehe<< lebten. Bildete doch selbst in den Zeiten des ritterlichen Frauendienstes der eheliche Stand eines von beiden Teilen oder beider f?r die >>Minne<< kein Hindernis.
Oeffentliches Aergernis suchte freilich auch das Mittelalter in diesen Dingen zu vermeiden; aber es fasste diesen Begriff doch noch sehr eng. Die gemeinen Frauen wurden fast ?berall gezwungen, in bestimmten entlegenen Strassen oder in den Vorst?dten zu wohnen; am h?ufigsten suchte man sie in +Frauenh?usern+ zu vereinigen. Die letzteren waren meist von den Stadtr?ten selbst oder den Landesherren errichtet und bildeten dann oft eine vom Standpunkt der st?dtischen Finanzen nicht zu untersch?tzende Einnahmequelle, welche selbst hohe kirchliche W?rdentr?ger ohne Skrupel auspumpten und der Adel gern zu Lehen nahm. Sie wurden von den St?dten entweder in eigenem Betrieb durch Beamte verwaltet oder an Privatunternehmer verpachtet. Die letzteren hiessen Frauenwirte und Wirtinnen oder Frauenmeister, bez. Meisterinnen, und waren durchweg an genaue Vorschriften gebunden. Sie unterlagen hierbei der Beaufsichtigung durch die st?dtischen Beh?rden. Meist war den Ratsknechten, oft auch dem Henker oder St?cker die unmittelbare Ueberwachung der Dirnen anvertraut; die letzteren hatten diesen Bediensteten daf?r gewisse w?chentliche Geb?hren zu entrichten. Die Oberaufsicht lag gew?hnlich in den H?nden des B?rgermeisters oder einer Ratsdeputation, deren Befugnisse fast unbeschr?nkt waren.
Die Frauenh?user standen als befriedete Orte unter einem ganz besonderen Schutz; Unfug, der dort ver?bt war, wurde doppelt hart bestraft. Die Insassen derselben genossen eines ausschliessenden Gewerberechts; wie die Zunftmeister gegen St?rer und B?nhasen, so gingen sie gegen den unlauteren Wettbewerb der >>heimlichen<< Frauen vor, welche in B?rgerh?usern ihre Schlupfwinkel hatten, und mehr als einmal ?bten sie gegen diese gewaltt?tige Selbsthilfe. Eigentliche Korporationen, wie in Genf und Paris, scheinen sie in Deutschland nur vereinzelt gebildet zu haben; so hatten die ?ffentlichen Frauen in Leipzig eine Verbindung mit eigenen Satzungen, die ihre Vorsteherin selbst w?hlte und j?hrlich auf Mitfasten eine Prozession hielt. Ueberall aber waren sie bei ?ffentlichen Festlichkeiten, namentlich bei F?rstenempf?ngen, neben der k?rperschaftlich geordneten ?brigen Bev?lkerung als besondere Standesgruppe vertreten. Selbst bei den Schm?usen und T?nzen, mit welchen sich die ehrsame B?rgerschaft und der Rat vergn?gten, war ihnen zu erscheinen erlaubt. Sie pflegten bei solchen Gelegenheiten wohl ihre Gl?ckw?nsche darzubringen und Blumenstr?usse zu ?berreichen, wogegen sie eine Ehrung, bestehend in Speise und Trank oder einem Geldgeschenke, empfingen. Bei der Durchreise hoher Herrschaften wurden ihre H?user zu deren Empfang besonders geschm?ckt und beleuchtet; ja sie wurden bisweilen bei solchen Gelegenheiten auch auf st?dtische Kosten gekleidet. In Z?rich herrschte noch 1516 der Brauch, dass der B?rgermeister, die Gerichtsdiener und die gemeinen Frauen mit den fremden Gesandten, welche in die Stadt kamen, zusammen speisten.
Das Tun und Treiben in den Frauenh?usern war durch besondere Ordnungen geregelt, welche einen schlagenden Beweis f?r die eingehende Sorgfalt und die menschenfreundliche Gesinnung abgeben, mit denen das Mittelalter auch jene elendesten aller menschlichen Wesen behandelte. Jedenfalls stechen sie vorteilhaft ab gegen die Massregeln der modernen Sittenpolizei, welche in diesen Dingen noch immer zwischen weitherziger Duldung und radikaler Unterdr?ckung einen nicht sehr w?rdigen Eiertanz auff?hrt. Sie suchen die ?ffentlichen Frauen vor Uebervorteilung und roher Behandlung durch Wirte oder Wirtinnen zu sch?tzen, ihnen die Freiheit der Bewegung, das Recht des Kirchenbesuchs und die Heilighaltung der Festtage zu gew?hrleisten und ihnen die R?ckkehr zu einem geordneten Lebenswandel zu erleichtern. Fr?h finden wir eine gesundheitliche Ueberwachung derselben, und in Ulm gab es sogar eine besondere Badstube f?r ihren Gebrauch. In dem dortigen Frauenhause wurden die Weiber zur Arbeit angehalten; jede Insassin musste dem Wirte t?glich zwei >>Andrehen<< Garn spinnen oder, wenn sie das nicht wollte, ihm f?r jede Andrehe 3 Heller zahlen. Daf?r war der Wirt auch verpflichtet, in die Hilfskasse der Frauen, zu der jede w?chentlich einen Heller zahlte, jedesmal das Doppelte dieses Betrags zu legen. Das gesammelte Geld diente dazu, krank oder brotlos gewordene Frauenhauserinnen zu unterst?tzen. Es bestand also Kranken- und Arbeitslosen-Versicherung, zu der Unternehmer und Arbeiterinnen beitrugen. Ueber Kost und Lohn enth?lt die Frauenhausordnung von 1416 die genauesten Vorschriften; ?berall leuchtet das Bestreben durch, die Gewalt des Wirtes in m?glichst enge und fest bestimmte Grenzen einzuschliessen.
Dieses Vorgehen der Kirche fand unter den B?rgern lebhafte Nacheiferung. Hier und da wurden Verm?chtnisse gestiftet, um denen, welche ein gefallenes M?dchen heirateten, eine Summe Geldes zu gew?hren. Ausserdem wurden aus Privatmitteln zahlreiche +Rettungsh?user+ gegr?ndet, die nach dem Muster der Bekinenh?user eingerichtet waren und von diesen oft schwer zu unterscheiden sind. Schon im Jahre 1302 errichtete ein Speierer B?rger eine solche Anstalt, in welcher ?ffentliche Frauen aufgenommen, gen?hrt und gekleidet wurden. Noch weiter ging 1303 Heinrich von Hohenberg, ein Scholar zu Colmar, der in verschiedenen St?dten Rettungsh?user begr?ndete, in welchen je 10 bis 25 Frauen Aufnahme, Ern?hrung und Bekleidung erhielten. Die Mittel brachte er durch Sammlung milder Beitr?ge auf. Auch in Strassburg stiftete er einen Bussschwesternverein, welchen der Bischof Johann von Dirpheim am 8. Oktober 1309 best?tigte. >>Sklaven<<, sagte er, >>erlangen, wenn sie der Freiheit wiedergegeben werden, alle Rechte freier M?nner; es w?re daher unbillig, wenn Frauen, die Sklavinnen der S?nde gewesen, nicht ?hnlich behandelt w?rden, sobald sie sich zu einem besseren Lebenswandel bekehren.<< Der Bischof nahm sie deshalb in seinen besonderen Schutz und erkl?rte sie von allem Makel frei; ihres fr?heren Standes sollte nie mehr gedacht werden. Die Bussschwestern oder bekehrten Frauen, wie Heinrich von Hohenberg sie selbst nannte, trugen R?cke und M?ntel von Sackleinwand, daher sie auch den Namen Sack-Bekinen erhielten. Die Gunst der B?rger wandte sich ihrer wohlt?tigen Anstalt in reichem Masse zu; indessen wurde sie schon 1315 infolge einer Pest zu einem Spital umgewandelt, in das die Schwestern als Pflegerinnen und Pfr?ndnerinnen aufgenommen wurden.
Eine eigent?mliche Beleuchtung des mittelalterlichen Frauenelends bieten die Statuten des 1497 gestifteten Hauses der Pariser B?sserinnen , welche der Bischof Simon von Champigny selbst aufgesetzt hatte. Nach diesen sollten nur solche M?dchen aufgenommen werden, die unter 30 Jahren alt w?ren und nachweisbar eine Zeit lang ein l?derliches Leben gef?hrt h?tten. >>Um zu verh?ten, dass junge Personen deswegen l?derlich werden, damit sie hernach hier eine Stelle bekommen, so sollen die, welche schon einmal abgewiesen sind, davon auf immer ausgeschlossen sein. Ueberdies sollen diejenigen, welche um die Aufnahme angehalten haben, in die H?nde ihres Beichtvaters einen Eid ablegen, dass sie nicht selig werden wollen, wenn sie aus der Absicht l?derlich geworden w?ren, um mit der Zeit in diese Gesellschaft aufgenommen zu werden, und man soll ihnen sagen, dass, wenn man erfahren w?rde, sie h?tten sich aus diesem Grunde verf?hren lassen, sie von dem Augenblicke an dieses Kloster meiden m?ssten, w?ren sie gleich schon eingekleidet und h?tten ihre Gel?bde getan.<< Der Missbrauch, welchem durch diese Bestimmungen vorgebeugt werden sollte, muss nicht selten gewesen sein. In Deutschland liess man nach dieser Richtung Milde walten; ja viele Reuerinnenkl?ster gingen bald dazu ?ber, auch unbescholtene M?dchen aufzunehmen. Es unterliegt keinem Zweifel, dass sie auf diesem Wege manche von dem Beginn eines schlechten Lebenswandels abhielten, dessen Entstehungsursache ja haupts?chlich die Verlassenheit und das Elend war.
Nach diesen Darlegungen wird es keinem Zweifel mehr unterliegen k?nnen: auch das Mittelalter hat seine +Frauenfrage+ gehabt; es hat sie auch zu +l?sen+ versucht. Und diese mittelalterliche Frauenfrage war weit schwieriger; sie umfasste viel breitere Schichten der Bev?lkerung als das, was heute unter jenem Schlagworte meist verstanden wird. Wie unbedeutend, wie winzig m?ssen uns neben dem Massenelend unter den Frauen des Mittelalters die Schmerzen erscheinen, denen die moderne Frauenbewegung Heilung bringen will!
Und doch, wenn wir +unsere+ Verh?ltnisse mit denen des Mittelalters vergleichen, +unsere+ Hilfsmittel mit denen jener rauhen, an Behagen so armen Zeit -- haben wir dann gegr?ndete Ursache, uns zu ?berheben? Ist das Dasein unserer Fabrikarbeiterinnen und Handlungsgehilfinnen etwa freundlicher gestaltet als das Los der Meistersfrauen und T?chter, die ihren Gatten und V?tern im Gewerbe halfen, ja selbst als das der Spinnm?gde und K?mmerinnen, deren Arbeitsverh?ltnis durch Sitte und Gesetz geregelt wurde? Haben wir Anstalten, welche an Reinheit und Klarheit der Ziele sich mit den Bekinenstiftungen, den Samenungen, den H?usern der Bussschwestern und Reuerinnen vergleichen liessen? Ist die Stellung der Gesellschaft zu den >>fahrenden Frauen<< eine w?rdigere geworden?
Gewiss hat das Mittelalter seine Frauenfrage nicht endg?ltig gel?st. Es hat sie nicht endg?ltig l?sen +k?nnen+, weil es die Quellen nicht zu verstopfen vermochte, aus denen das Uebel sich in fortw?hrender Wiederkehr erneuerte. Aber die Anstalten, welche es geschaffen hat, gen?gten doch Jahrhunderte lang dem Bed?rfnisse der Zeit, von der man mit Unrecht mehr verlangen w?rde, als ihre Mittel erlaubten. Absolute L?sungen f?r soziale Fragen sucht man nur im Lande Utopia. Wir Menschen der wirklichen Welt m?ssen zufrieden sein, wenn das, was wir schaffen, auch nur einer oder wenigen Generationen gen?gt. M?gen die Nachkommenden es mitleidlos einreissen, sobald sie Besseres an die Stelle setzen k?nnen!
Gewiss waren es altj?dische Gedanken, denen Luther in seinem >>Lob eines frommen Weibes<< in freier Uebertragung Ausdruck verliehen hat: >>Ein fromm gottesf?rchtig Weib ist ein seltsam Gut, viel edler und k?stlicher denn eine Perle. Der Mann verl?sst sich auf sie und vertraut ihr alles. Sie erfreuet den Mann und machet ihn fr?hlich, betr?bet ihn nicht, tut ihm Liebes und kein Leides sein Lebenlang. Geht mit Flachs und Wolle um, schafft gern mit ihren H?nden, zeuget ins Haus und ist wie eines Kaufmanns Schiff, das aus fernen L?ndern viel Ware und Gut bringt. Fr?he stehet sie auf, speiset ihr Gesinde und gibt den M?gden, was ihnen geb?hret. Wartet und versorget mit Freuden, was ihr zusteht. Was sie nicht angeht, l?sst sie unterwegen. Sie g?rtet ihre Lenden fest und streckt ihre Arme, ist r?stig im Hause. Sie merkt, was frommt und verh?tet Schaden. Ihre Leuchte verlischt nicht des Nachts. Sie streckt ihre Hand nach dem Rocken und ihre Finger fassen die Spindel; sie arbeitet gerne und fleissig. Sie breitet ihre H?nde aus ?ber die Armen und D?rftigen, gibt und hilfet gern. Ihr Schmuck ist Reinlichkeit und Fleiss. Sie tut ihren Mund auf mit Weisheit, auf ihrer Zunge ist holdselige Lehre; sie zieht ihre Kinder fein zu Gottes Wort. Ihr Mann lobet sie, ihre S?hne kommen auf und preisen sie selig.<<
Denn das muss vor allem festgehalten werden: durch die ganze Geschichte, und namentlich durch die Geschichte unseres Volkes geht ein m?chtiger Zug, der darauf hinf?hrte, die Frau mehr und mehr von der schweren, aufreibenden M?hsal des Erwerbs zu entlasten und diese auf die st?rkeren Schultern des Mannes zu laden, dem Manne die schaffende, die werbende Arbeit der G?tererzeugung, der Frau die verwaltende und erhaltende T?tigkeit in der Hauswirtschaft, dem Manne den waglichen Kampf ums Dasein, der Frau die behagliche Gestaltung desselben zuzuweisen. Diesen Zug der Entwicklung nach M?glichkeit zu f?rdern, erschien den letztvergangenen Jahrhunderten als die Aufgabe einer gesunden, historisch aufbauenden Sozialpolitik. Als Gehilfin des Mannes im Rahmen der Familie mochte die Frau zum eigenen und allgemeinen Besten auch in der eigentlichen Erwerbswirtschaft t?tig sein, nimmermehr jedoch als Konkurrentin des Mannes ausserhalb dieses Rahmens.
Diese Entwicklung, die von der Urperiode unseres Volkes bis auf die neueste Zeit herab sich m?chtig wirksam erwiesen hat und der wir unsere heutige Familienverfassung und unser in der Sitte begr?ndetes Ideal der Ehe verdanken, hat im letzten Jahrhundert einen R?ckschlag erlitten durch den gewerblichen Grossbetrieb mit seiner massenhaften Frauenarbeit. Von den Fabriken hat letztere immer mehr auf den Handel sich ausgedehnt und greift schon m?chtig auf andere Berufsgebiete ?ber. Sie macht die Frau vom Erwerbe des Mannes mehr oder minder unabh?ngig; aber sie macht sie nicht ?konomisch selbst?ndig wie einst im Mittelalter. Vielmehr bedingt sie in der Regel Abh?ngigkeit von einem Unternehmer. Darin besteht ihre Gefahr. Ihre Folgen liegen klar zutage: Entw?rdigung des weiblichen Geschlechts, Erschwerung der Familiengr?ndung f?r die mit billiger Frauenarbeit konkurrierenden M?nner, Aufl?sung der h?uslichen Bande, Verk?mmerung und Verwilderung der heranwachsenden Jugend. In vielen Arbeiterhaushalten ist die auf der Ehe und v?terlichen Gewalt beruhende Familie verlassen und an ihre Stelle ein auf allerlei Vertragsverh?ltnissen beruhendes Gebilde getreten.
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