Read Ebook: Vier Jahre in Spanien. Die Carlisten ihre Erhebung ihr Kampf und ihr Untergang. by Goeben August Von
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Ebook has 1329 lines and 191567 words, and 27 pages
Diese wechselseitigen Grausamkeiten mussten Europa's Aufmerksamkeit und Abscheu erwecken. Lord Elliot, vom Tory-Ministerium deshalb entsendet, brachte nach einigem Unterhandeln eine ?bereinkunft zwischen den F?hrern der beiden Armeen zu Stande, nach welcher die Gefangenen als solche behandelt und ausgewechselt, so wie ?berhaupt die unter civilisirten V?lkern herrschenden Kriegesgebr?uche auch auf diesen B?rgerkrieg ausgedehnt werden sollten. -- Jedoch nur in den Heeren, die Navarra und den baskischen Provinzen angeh?rten! -- Die Antr?ge Zumalacarregui's, diesen Vertrag auf ganz Spanien auszudehnen, wiesen die Verk?nder ,,der Aufkl?rung und zeitgem?sser Ideen" entschieden zur?ck.
Die respektive Lage der Armeen war ganz ge?ndert. Bisher hatten die Christinos noch immer die Meister der baskischen Provinzen sich nennen d?rfen, da sie ihnen stets offen und die Hauptpunkte derselben von ihren Truppen besetzt waren; sie bem?hten sich den Aufstand der Bergbewohner zu unterdr?cken. Die Carlisten dagegen bildeten ein wanderndes Heer, welches ohne weitere St?tzpunkte, als die das Terrain ihm bot, in den Provinzen umherzog und dem Feinde so viel Schaden that wie m?glich, ohne f?r sich mehr Vortheile zu erlangen, als welche es mittelbar und f?r die Zukunft durch der Feinde Schw?chung hoffen durfte. -- Nun war jenes Gebiet den Christinos geschlossen; die Royalisten setzten in ihm sich fest wie in dem Kerne ihres Reiches, w?hrend das Hauptstreben der Revolutions-Armee auf lange Zeit sich beschr?nkte, die Ausdehnung des Aufstandes nach den andern Theilen des K?nigreichs zu verhindern.
Lange schon hatte Bilbao, reich durch Handel, wichtig als Seehafen, die Aufmerksamkeit der Carlisten auf sich gezogen. Zumalacarregui, dem schon ein leichter Versuch, der Stadt sich zu bem?chtigen, fehlgeschlagen, wandte pl?tzlich mit seiner Hauptmacht sich nach Vizcaya und betrieb sofort die Belagerung mit h?chstem Nachdruck. Das feindliche Heer war durch die unaufh?rlichen Niederlagen und Verluste so geschw?cht, es war vor Allem so ganz demoralisirt, dass jeder Versuch zum Entsatz zur?ckgewiesen wurde: die Stadt, erst w?hrend des Krieges befestigt, war auf dem Punkte, sich zu ergeben. Da traf der herbste Schlag die carlistische Armee, der mehr als verlorene Schlachten Verderben ihr brachte. Ihr grosser Feldherr ward am 16. Juni 1835 in seinem Logis von einer Flintenkugel leicht im Beine verwundet und starb bald. -- Das Volk schrie ?ber Vergiftung durch bestochene Wund?rzte. Wahrscheinlicher ist, dass die ruhelose, energische Heftigkeit, welche den General charakterisirte, durch Entz?ndung des Blutes die Wunde t?dtlich gemacht. -- Der K?nig ehrte das Andenken des ruhmvoll Hingeschiedenen, indem er den Titel eines Herzogs des Sieges in der Familie erblich machte.
Die n?chsten Folgen schon waren furchtbar. Die Sieges-Laufbahn, welcher die Armee ununterbrochen gefolgt und die unter Zumalacarregui's Leitung zu rascher Beendigung des Krieges sie f?hrte, wurde gehemmt, Muthlosigkeit ergriff die Truppen, da sie den angebeteten F?hrer nicht mehr an ihrer Spitze sahen: es gelang Cordova, der so eben an Valdes Stelle den Oberbefehl ?bernommen, das bedrohete Bilbao zu entsetzen.
Dem greisen Moreno ward das Commando des verwaiseten Heeres anvertraut, der ein lange gedienter und erfahrener General, wenn er Zumalacarregui nicht ersetzen konnte, gewiss der W?rdigste war, ihm zu folgen, da der edle Eraso, schon dem Tode nahe, den Befehl abgelehnt. Doch wie geeignet Moreno zur Vollendung des hohen Werkes sein mochte, welches sein Vorg?nger so gewandt wie gl?cklich durchgef?hrt, sein Commando begann mit Ungl?ck, dem h?chsten Verbrechen in solchem Kriege. Gen?thigt, Bilbao aufzugeben, eilte er auf dem k?rzesten Wege nach dem entgegengesetzten Theile des Kriegstheaters und warf sich auf das feste Puente la Reyna, dessen Wegnahme den Eintritt in das christinosche Navarra und Aragon ihm sichern sollte. Cordova flog zur H?lfe der bedr?ngten Veste; die Schlacht bei Mendigorria wurde geschlagen. ?bermacht trug ?ber die Tapferkeit den Sieg davon, und wohl h?tte dieser Tag von unheilvollstem Einflusse f?r die Sache des K?nigs sein m?gen, wenn der feindliche Feldherr den Vortheil zu benutzen gewusst h?tte, den ein Zufall ihm in die H?nde gespielt. Doch der Sieg war noch den Christinos zu neu; sie geriethen in Unordnung, wagten nicht, die Geschlagenen zu verfolgen und liessen ihnen Zeit, um sich sammeln und den Siegern die Fr?chte ihres Gl?ckes entreissen zu k?nnen. Doch war Puente la Reyna gerettet, und die christinosche Armee hatte erkannt, dass ihre Gegner nicht unbesiegbar waren, sie wagte wiederum Vertrauen in sich selbst zu setzen und dem panischen Schrecken zu widerstehen, der sonst bei dem Anblicke der gef?rchteten Bergbewohner sie ergriffen. Die Cavallerie aber der Christinos datirte von jenem Tage das ?bergewicht, welches sie unleugbar seitdem ?ber die Carlistische der Nordprovinzen behauptete.
Cordova erkannte bald, dass er nicht hoffen d?rfe, durch Befolgung des bisherigen Systems endlichen Sieg ?ber die Carlisten zu erringen, dass im Gegentheil dadurch sein Heer dahinschwinden und seine numerische ?berlegenheit endlich ganz verlieren m?sse, da selbst die einzelnen Siege, die es davon trug, es schw?chten, ohne entsprechende Vortheile herbeizuf?hren. Er adoptirte daher eine andere Methode. Die Carlisten sollten in dem Gebiete, welches sie inne hatten, blockirt, jede Zufuhr ihnen abgeschnitten und sie so, ganz auf sich reducirt, durch Mangel zur Unterwerfung gezwungen werden. Er umringte zu diesem Zwecke die Provinzen mit den sogenannten Linien -- festen Pl?tzen, die von Distance zu Distance und aus jedem strategisch wichtigen Punkte errichtet, seinen Truppen als St?tzpunkt dienen, dem Feinde, soutenirt wie sie waren durch mobile Colonnen, das Ausbreiten seiner Herrschaft ?ber ihre jetzigen Gr?nzen hinaus erschweren und ihn hindern sollten, ?ber sie hinaus in die fruchtbaren Niederungen Streifz?ge wie bisher zu unternehmen. Diese Linien erstreckten sich von der Gr?nze Frankreichs nach Pamplona , l?ngs der Arga zum Ebro und diesem Strome entlang nach Alava; von dort sollte sie durch das Gebirge bis an das Meer fortgesetzt werden, doch gelang es den Christinos nie, diesen Theil des Werkes ganz zu vollenden, da die Befestigungen, welche sie wiederholt in Valmaseda und andern Punkten versuchten, stets wieder zerst?rt wurden. Dann besassen sie alle Hafenpunkte bis San Sebastian, von wo eine Linie durch das Bastan-Thal zur Vereinigung mit der von Zubiri auf sp?tere Zeiten projektirt wurde, die dann die Umschliessung vollendet h?tte.
W?hrend Cordova mit der Ausf?hrung seines Lieblings-Projekts besch?ftigt war und deshalb von Pamplona nach Vitoria und zur?ck hin und herzog, allenthalben die zu errichtenden Werke zu dirigiren und gegen den Andrang des Feindes zu decken -- waren neue Massen hinzugekommen, das treue Bergv?lkchen zu bekriegen und die verhasste Herrschaft der Tochter Ferdinand's ihm aufzudringen. Schon am 22. April 1834 hatten England, Frankreich und Portugal mit der revolutionairen Regierung Spaniens den Quadrupel-Vertrag abgeschlossen, durch den jene Nationen sich verbindlich gemacht, n?thigen Falls Isabella zu unterst?tzen. Die Christinos hatten dringend diese H?lfe reclamirt, ohne die sie nicht l?nger dem wachsenden Strome sich widersetzen zu k?nnen glaubten. Louis Philipp sendete daher die franz?sische Fremden-Legion, welche acht Bataillone und einige Escadronen stark bisher die Araber bek?mpft, von Algier nach Catalonien, von wo sie langsam nach Navarra sich in Marsch setzte. Sie zeichnete sich aus durch die nordische Bravour, der der Spanier nie staunende Bewunderung versagen kann. -- Zugleich hatte Oberstlieutenant de Lacy Evans die Erlaubniss des britischen Ministeriums erlangt, um in den vereinigten K?nigreichen ein H?lfscorps anzuwerben, welches auch, da Versprechungen nicht gespart wurden, rasch errichtet war. Die Leute bestanden aus dem Abschaum des P?bels der drei K?nigreiche; die Officiere dagegen, unter denen Viele der englischen Armee angeh?rten, verdienten desto mehr Auszeichnung, dass sie mit solchem Stoffe so viel leisten konnten.
Evans, der mit den Erg?nzungen, die nach und nach von England anlangten, etwa 16000 Mann nach Spanien f?hrte, landete mit seinem noch undisciplinirten Haufen in San Sebastian, von wo er, bei einer Recognoscirung gegen Hernani von General Gomez zur?ckgewiesen, nach Bilbao aufbrach, welches wiederum bedroht war. Nach dessen Entsetzung zog er langsam nach Vitoria, wo die Legion w?hrend des Winters gr?sstentheils unth?tig blieb, mit ihrer Organisation besch?ftigt. Krankheiten rissen ein, durch die unm?ssige Lebensart der Leute hervorgerufen, und rafften viele Hunderte in entsetzlichem Elende hin; dazu gesellte sich schon Unzufriedenheit, veranlasst durch den h?ufigen Mangel an Sold und selbst an den ersten Bed?rfnissen, zu deren Befriedigung, wie Engl?nder sie mochten erwartet haben, den spanischen Beh?rden oft der Wille, stets die Mittel fehlten.
Zu diesen beiden Legionen kam bald eine portugiesische Division unter dem Baron das Antas, 6000 Mann stark, die, nachdem sie in Castilien operirt, im n?chsten Jahre in Vitoria anlangte, wo sie fast ohne Kampf blieb, bis sie kurz vor ihrer Zur?ckrufung den Versuch, sich einmal th?tig und n?tzlich zu zeigen, mit einer Niederlage b?sste.
Moreno, dessen Bedachtsamkeit, durch die Schw?che des Alters oft in Zaudern ausartend, die Thatenlust der Carlisten nicht befriedigte, war durch den Grafen Casa Eguia ersetzt, welcher alsbald das carlistische Gebiet nach S?den hin zu sichern und durch Wegnahme der K?stenpl?tze die Verbindung zur See zu er?ffnen, den R?cken sich zu decken suchte. San Sebastian war schon eng blockirt, es ward mit Parapeten eingeschlossen, und wenn es auch den Basken ganz an den Mitteln zur Belagerung einer so starken Festung gebrach, brachten sie sie doch in grosse Gefahr, da sie weder wohl verproviantirt, noch mit dem n?thigen Kriegesmaterial versehen war. Da sandten die franz?sischen Beh?rden von Bayonne aus das Fehlende. -- Die andern Forts aber fielen eines nach dem andern w?hrend des Winters. Guetaria und Plencia, Mercadillo, das zum St?tzpunkt der Linie in Vizcaya bestimmte Valmaseda, endlich Lequeytio fielen trotz aller Anstrengungen der Christinos, mit den Forts eine herrliche Artillerie und Tausende von Gefangenen, in den ersten Monaten 1836 in die Gewalt der Carlisten. Umsonst hatte Cordova zu Vitoria seine Streitkr?fte vereinigt und von dort aus Demonstrationen zur Rettung der bedr?ngten Vesten versucht. Am 16. und 17. Januar griff er, mit Evans vereinigt, 28,000 Mann stark in drei Colonnen die verschanzte Stellung von Arlaban an, um nach dem Innern von Guipuzcoa auf O?ate zu dringen. Er nahm und zerst?rte die Verschanzungen, ward aber am dritten Tage kr?ftig angegriffen und mit schwerem Verluste nach Vitoria ganz ohne Erfolg zur?ckzukehren gezwungen. Die Verschanzungen waren nach wenigen Tagen wieder errichtet. Cordova aber wusste einen pomp?sen Bericht ?ber die Schlacht von Arlaban zu geben, die so ganz seine Unf?higkeit gezeigt hatte, da w?hrend der beiden Tage, welche seine Truppen im entsetzlichsten Wetter auf der genommenen H?he campirten, nur wenige Stunden von Vitoria entfernt, auch das Nothwendigste ihnen mangelte.
W?hrend der Monate M?rz und April waren einzelne Gefechte in Vizcaya erfolgt, so bei Ordu?a am 6. M?rz, dem die Wiederbesetzung von Balmaseda durch Ezpeleta folgte, wo er jedoch bald angegriffen wurde und bedeutende Verluste erlitt. Evans aber, dessen Legion w?hrend der Winterruhe exercirt und organisirt war, zog in den ersten Tagen des Mai's nach San Sebastian, welches, auf Flintenschuss-Weite von den Parapeten der Belagerer umgeben, t?glich mehr bedr?ngt wurde. Kurz vorher hatte die englische Flotte an der spanischen K?ste Befehl erhalten, th?tig gegen die Carlisten mitzuwirken. Am 5. Mai griff Evans die Verschanzung von San Sebastian an; die vier Bataillone, welche sie vertheidigten, fochten mit L?wenmuth, der auch der Gegner Bewunderung erregte. Sturm auf Sturm ward abgeschlagen. Erst als ein gerade anlangendes englisches Dampfschiff mit seinem schweren Gesch?tze eine Bresche in die schwachen Werke ge?ffnet, als dann der brave Anf?hrer der Carlisten, General Segastibelza, gefallen, konnten die ?berm?chtigen Briten die Linie und in ihr drei Gesch?tze nehmen.
Die Carlisten liessen der Bravour der Engl?nder Gerechtigkeit widerfahren, da sie gestanden, dass solche Todesverachtung ihnen unbegreiflich sei; auch ich, so oft ich gegen sie gefochten, musste bedauern, dass solche Soldaten nicht f?r eine bessere Sache starben. Auch hier erkauften sie theuer den Sieg: sechszehnhundert Mann war der Verlust der Christinos -- mehr als die H?lfte davon Engl?nder -- w?hrend ihre Feinde nicht ganz dreihundert Mann verloren hatten.
Evans drang dann bis Passages vor, welches er besetzte und durch Schanzen deckte, w?hrend die Carlisten, jetzt zu schwach, theils ihm gegen?ber leichte Brustwehren errichteten, theils die Vorbereitungen zu kr?ftigem Angriffe trafen, so wie Verst?rkung anlangen w?rde. Eguia war auf die Nachricht von der Action bei San Sebastian von Vitoria, wo er Cordova's Armee beobachtete, nach Hernani geeilt, ward jedoch durch die Demonstrationen dieses Generals sogleich nach Alava zur?ckgerufen. In der That drang Cordova am 21. Mai nach Guipuzcoa vor und nahm mit schwerem Verluste die schon fr?her eroberten H?hen von Arlaban; er bedrohete O?ate, besetzte Salinas und Villareal de Alava, zu dessen Befestigung er alles N?thige mit sich f?hrte, ward zwar geworfen, drang aber nochmals in Salinas ein, bis er, von Eguia mit zwei Colonnen in Flanke und R?cken bedroht, sich zur?ckzog und am 25. wieder in Vitoria anlangte, ohne das geringste Resultat erlangt zu haben. Die reiche Stadt Villareal und mehrere D?rfer hatte er in Schutthaufen verwandelt. Er befand sich wenige Tage sp?ter in Madrid, der Regierung, die gerade eine bedeutende Ver?nderung getroffen, die Lage der Dinge und die bei dem Mangel an jeder Resource t?glich zunehmenden Schwierigkeiten selbst darzulegen.
Die royalistische Armee bestand, da ich in Spanien anlangte, aus neun und dreissig Bataillonen, welche zwanzig bis zwei und zwanzig tausend Mann enthielten, und etwa f?nfhundert Pferden. Die Bataillone der Carlisten waren immer sehr schwach, gew?hnlich f?nf oder sechshundert Mann z?hlend, oft auf dreihundert sinkend, wof?r der Grund wohl in dem Streben liegt, ihre Zahl dem Feinde gr?sser scheinen zu machen, als sie es war. Auch scheute ein solches Bataillon sich nie, ein feindliches, oft doppelt starkes anzugreifen: war die Zahl der Bataillone auf beiden Seiten dieselbe, so wurden die Corps von gleicher St?rke gesch?tzt. -- Bisher hatten die carlistischen Feldherren sich bem?het, von den baskischen Provinzen als Grundlage ausgehend, nach und nach sich auszudehnen, so die Mittel zu fernerem Kampfe zu vermehren, bis das ?bergewicht der Macht bei Schw?chung des Gegners den entscheidenden Sieg m?glich machte. H?tten sie nie diesen Plan verlassen! Doch schon verzagten sie an der M?glichkeit seiner Ausf?hrung, und glaubten durch die befestigten Linien und die ?bermacht der Feinde auf das Gebiet sich beschr?nkt, welches sie nun besassen, und das freilich als unnehmbare Veste musste angesehen werden; wenig belehrt durch die Erfahrung, die doch der ungl?ckliche Ausgang der Expedition ihnen aufgedrungen, welche Guergue's Division im Jahre 1835 nach Catalonien versucht, sprachen sie von der Nothwendigkeit, durch die Aussendung kleiner Corps die baskischen Provinzen, so hart gedr?ckt, zu erleichtern, den Aufstand nach den andern Theilen Spaniens zu tragen und ihn, wo er schon ausgebrochen, zu ermuntern oder doch die H?lfsquellen der Monarchie durch solche Kriegesz?ge auszubeuten und den Feinden zu entreissen. Da Casa Eguia diesen Expeditionen ganz entgegen war, arbeiteten ihre Vertheidiger an seinem Sturze.
Im Halbkreise um die aufgestandenen Provinzen her bewegten sich die Schaaren, welche Isabella's Herrschaft aufrecht hielten; f?r den Augenblick beschr?nkten sie sich, der Carlisten Vordringen zu verhindern. Sie z?hlten ?ber hundert und zwanzigtausend Mann, von denen fast die H?lfte in den zahllosen Garnisonen zersplittert war, welche Cordova um die Provinzen errichtet hatte. ?ber etwa funfzig spanische Bataillone, durchschnittlich neunhundert Mann stark, nebst den fremden Corps konnte der Obergeneral f?r seine Operationen verf?gen. Eine mobile Colonne -- ~de la rivera~, des Flussthales, genannt -- stand in Navarra, bald st?rker, bald schw?cher, doch nie unter sechstausend Mann z?hlend; ihr war die Deckung der Arga-Linie aufgetragen, w?hrend die franz?sische Legion, von Pamplona aus operirend, die Linie von Zubiri sch?tzte und oft heisse K?mpfe mit dem unternehmenden Befehlshaber Navarra's, General D. Francisco Garcia, bestand. Diese Legion war mit Ausnahme einiger Compagnieen ganz aus Deutschen, grossen Theils Deserteuren, zusammengesetzt, und wie niedrig sie auch moralisch standen, bew?hrten sie dem Feinde gegen?ber sich doch so deutsch, dass endlich der nahende Schall ihrer Trommeln hinreichte, um die navarresischen Bataillone, so oft sie etwas gegen die Linie unternommen, durch Zur?ckf?hrung der schweren Gesch?tze zum Weichen sich vorbereiten zu machen; und die Navarresen sind nicht feig. Aber furchtbar blutig erkaufte die Legion den Ruf solcher Tapferkeit.
Auf dem linken Fl?gel der christinoschen Armee im westlichen Vizcaya stand gleichfalls ein abgesondertes Corps, den Umst?nden nach aus zehn bis vierzehn Bataillonen bestehend, oft durch eine zweite Division verst?rkt; dennoch konnte es seinen Auftrag, die dort projectirten Forts zu errichten und zu decken, nie durchf?hren. General Cordova mit der Hauptarmee zog bald den Bewegungen der Carlisten folgend in der reichen Rioja, s?dlich vom Ebro, und in Unter-Navarra umher, bald stellte er sich beobachtend und drohend zugleich in der Hochebene Alava's auf, bereit, nach Navarra sich zu wenden oder den bedr?ngten Garnisonen Vizcaya's zu H?lfe zu eilen. Die Configuration des Kriegsschauplatzes liess ihn nicht selten zu sp?t zur Rettung kommen. Etwa dreitausend Pferde, welche am Ebro standen, schlossen sich entweder dem Hauptcorps oder der Colonne der Rivera an.
Evans verstand nicht solche Vortheile zu w?rdigen, die der Werth seiner Truppen noch unendlich ihm erleichtern musste.
Diese Hanfsandalen, ~alpargatas~, werden in dem gr?ssten Theile Spaniens von den unteren Classen statt der Schuhe getragen und bilden, mit farbigen B?ndern am Beine befestigt, eine eben so niedliche wie in der trockenen Jahreszeit passende Fussbekleidung. In einigen Provinzen tragen die Bauern auch Sandalen aus einem viereckigen St?cke gegerbten oder rohen Ochsenfelles; diese wurden jedoch von den Soldaten nur im Falle augenblicklicher Noth getragen, w?hrend die alpargatas in der Armee allgemein waren.
?brigens war die carlistische Armee sp?terhin oft sehr gut uniformirt; so stets die Divisionen beim Ausmarsch zu Expeditionen. Die Uniform bestand aus dem ?berrock, der ohne Jacke etc. getragen wurde, rothen Beinkleidern, dem Barett mit wollenen Quasten; die Officiere trugen dunkelblaue ?berr?cke und dar?ber die beliebte ~zamarra~, eine elegante Jacke aus schwarzem L?mmerfell mit seidenen Schn?ren; die Quasten ihrer Baretts waren von Gold oder Silber. Das Gep?ck der Soldaten, wie der Officiere war sehr einfach, da selbst diese Effecten von den Bedienten getragen werden mussten: nur die Capitains durften ein Pferd mit sich f?hren. -- Die christinische Armee war eben so uniformirt; trug aber gr?sstentheils weisses Lederzeug und, oft einzige Unterscheidung der streitenden Corps, Czako's oder franz?sische M?tzen. -- Die Bekleidung der spanischen Armee in Friedenszeit ist ?usserst geschmackvoll. W?hrend des Krieges fehlte es oft an Allem.
,,K?nigliche Freiwillige": unter Ferdinand etablirt, den National-Garden der christinischen Regierung entsprechend, aber mit gerade entgegengesetzter Richtung, ?brigens weit zahlreicher als diese, wiewohl sie alle freiwillig, die liberalen Nationalen grossentheils gezwungen die Waffen trugen.
Die baskischen Provinzen und Navarra werden in Spanien gew?hnlich nur durch ,,~las provincias~" bezeichnet.
Er ist erbitterter Feind Espartero's.
Sie durchzogen Frankreich, die Waffen auf Wagen mit sich f?hrend.
Von einigen Freiwilligen geleitet trat ich am Morgen des 26. Mai's den Marsch nach Irun an, wobei wir das franz?sische Gebiet, dessen Gr?nze unserer Richtung im Allgemeinen parallel lief, mehrfach auf kurze Strecken durchkreuzten, augenscheinlich mit vieler Vorsicht und Scheu meiner Reisegef?hrten. Der Weg schien absichtlich ?ber die schroffsten und zerrissensten Theile des Gebirges gef?hrt zu sein und ward bisweilen so steil, dass er wie eine Treppe mit Stufen in den Felsen gehauen war. Mit M?he nur konnte ich, des Bergsteigens noch ganz ungewohnt, den r?stigen Guiden folgen und die Erm?dung ihnen verbergen, welche mich fast besiegte. Da f?hlte ich mich denn recht ~? mon aise~, als ich, in dem zum Nachtquartier ausersehenen D?rfchen mit der echten Gastfreiheit der Gebirgsbewohner vom Alcalde aufgenommen, im h?lzernen Lehnstuhl auf dem Balkon mich dehnte und von der freundlichen Wirthin kredenzt den Apfelwein im bunten Glase mir dargereicht sah.
Fr?h am folgenden Tage, da ich zum Aufbruch mich r?stete, ?berraschte mich der Anblick eines langen Zuges schwarzgekleideter Weiber: es waren die Bewohnerinnen des Dorfes, welche, wie ich sp?ter erfuhr, stets zur Messe die niedliche schwarze Mantilla von Seide sich anlegen. Der Marsch brachte eben die M?hseligkeiten wie am Tage zuvor, bis wir am Mittag auf den Gipfel der letzten von Irun uns trennenden Kette anlangten. Vor uns dehnte eine kleine, reich bebaute Ebene sich aus, von dem Meere begr?nzt, welches in unabsehbare Ferne einem leuchtenden Spiegel gleich sich erstreckte; zur Rechten entwand sich die Bidassoa den engenden Felsw?nden und erschien rasch erweitert als m?chtiger Meeres-Arm. Dort ward die Br?cke von Behobia sichtbar, deren von den Christinos besetzte Caserne die Unsrigen so oft vergebens angegriffen, da die unmittelbare N?he des franz?sischen Bodens die Entfaltung der n?thigen Angriffsmittel nicht erlaubte. Links erhoben sich wieder die Gebirge, welche die Aussicht nach San Sebastian und in das Innere Guipuzcoa's schlossen, w?hrend zu unseren F?ssen das reiche Irun lag und einige tausend Schritt entfernt, n?her der M?ndung der Bidassoa, Fuenterrabia, die ~fons rapida~ der R?mer, in dem die Carlisten ein festes Geb?ude als Fort eingerichtet, da die regelm?ssigen Befestigungen des einst bedeutenden Platzes von den Kriegern der franz?sischen Republik gesprengt wurden.
In Irun, wo ein guter Gasthof sich findet, musste ich einige Tage mich aufhalten, bis ich die Erlaubniss aus dem k?niglichen Hauptquartier zur Weiterreise erhielt. Da ward mir die erste Lection praktischer Menschenkenntniss und Klugheit, die dem Unerfahrenen in Spanien so oft zufallen sollte. Die Stadt war durch eine einfache Mauer geschlossen, und auf einer unbedeutenden H?he, welche die grosse Madrid-Pariser Strasse beherrscht, ward gerade eine Schanze angelegt, deren Einrichtung, da mir damals die Befestigungsart der Carlisten noch nicht bekannt war, mich nothwendig in das h?chste Staunen versetzen musste. Man denke sich ein regelm?ssiges Sechseck, dessen Seiten durch eine sechs oder sieben Fuss starke Brustwehr mit vorliegendem Graben gebildet sind; auf der Brustwehr sind unendlich viele Schiessscharten f?r das Infanterie-Feuer in Stein errichtet und vertikal, horizontal und schr?g, in jeder Gr?sse und Gestalt durcheinander geworfen. Das Sechseck ist so auf der H?he angelegt, dass weite Strecken unmittelbar am Fusse derselben ganz unbestrichen bleiben, damit der st?rmende Feind dort zur letzten Kraftanstrengung gedeckt sich sammeln und ordnen kann, w?hrend doch die Gestalt des H?gels eine Befestigung erlaubt, deren Theile sowohl sich wechselseitig flankiren und sch?tzen, wie den ganzen Abhang und Fuss bestreichen k?nnen.
In der That war dieses Werk das Erzeugniss der vereinigten Talente des Gouverneurs und einiger dort garnisonnirender Officiere, die, da sie vor dem Aufstande nie daran gedacht, dass das Vaterland je ihrer F?higkeiten zu seiner Vertheidigung bed?rfe, nun den Mangel an militairisch-wissenschaftlicher Ausbildung schwerlich durch ihren Eifer ersetzen konnten -- wie brav sie auch, darin +allen+ carlistischen Officieren gleich, dem Feinde gegen?ber sein mochten. Der Gouverneur, so wie er erfahren, dass ich preussischer Officier, f?hrte mich zu der sogenannten Befestigung mit der Bitte, ihm meine Meinung ?ber +sein+ Werk zu geben. Da ich nun aus nat?rlicher Sch?chternheit wie in der Furcht, Zweck und Plan desselben wohl nicht zu verstehen, zur?ckhaltend und billigend dar?ber sprach, ward ich sofort von dem Gouverneur f?r ein wahres Talent erkl?rt und gl?nzend fetirt. Als ich aber am n?chsten Tage, nach ?berlegung dieses f?r meine Pflicht haltend, einige der krassesten Fehler ihm andeutete und, da er widersprach, klar aus einander setzte, erkannte der gute Herr seinen gestrigen Irrthum, entschied pl?tzlich ?ber meine Unwissenheit und Impertinenz und behandelte mich demnach mit der kalten, geringsch?tzenden H?flichkeit, die so sehr gegen seine vorige Herzlichkeit abstach.
Am 31. Mai hatte ich die Ehre, Seiner Majest?t vorgestellt zu werden. Der K?nig empfing mich mit der Huld und Leutseligkeit, die einen Hauptzug seines Characters bilden, und die, da sie die Verehrung seines Volkes ihm erworben, doch gegen den Verrath Derer ihn nicht sichern konnte, die mehr als Alle seiner Gnade sich erfreut. Er ist klein, regelm?ssig und kr?ftig gebaut, das Gesicht tr?gt den Stempel hoher G?te, das graue Auge verr?th tiefes Gef?hl, aber auch viele Sorgen, vielleicht Schmerzen; ein starker blonder Bart bedeckte den Mund. Die Stimme des K?nigs ist sanft und voll Melodie, er unterhielt sich mit mir in franz?sischer Sprache, wie er gern mit allen Fremden es that, wenn sie selbst des Spanischen kundig waren. Er trug einfache Civil-Kleidung.
Nachdem ich auch dem Infanten Don Sebastian mich vorgestellt und seine Frage, ob ich gutes Wetter auf der Reise gehabt, beantwortet hatte, marschirte ich nach Hernani, da ich, zum Generalstabe von Guipuzcoa bestimmt, dort bleiben sollte, bis ich mich einigermassen in der spanischen Sprache vervollkommnet. Es war mir angeboten, in das Genie-Corps zu treten, welches gerade gebildet wurde, und dem es noch sehr an brauchbaren Officieren gebrach. Mit dem Zustande des Geniewesen, wie es damals war, ganz unbekannt und nicht glaubend, dass ein preussischer Infanterie-Officier nothwendig ein guter spanischer Ingenieur sein m?sse, wie aus Vorliebe f?r meine Waffe, lehnte ich den Antrag ab und b?sste so die Vortheile ein, welche ich durch den Eintritt in ein Corps gewinnen musste, dem mehrere Jahre sp?ter die Verh?ltnisse mich dennoch angeh?ren machten.
Ich eilte die ber?hmte Linie zu sehen, welche unser Gebiet von dem der Festung San Sebastian trennte, und die durch die Ankunft der englischen Legion und den Kampf, in dem Oberst-Lieutenant Evans unsere ?ber jener Festung errichteten Werke genommen, neues Interesse gewonnen hatte. Von Linien war da freilich wenig zu sehen. Sie beschr?nkten sich auf niedrige, von lose ?ber einander gelegten Steinen gebildete M?uerchen, welche Parapete genannt wurden und ?brigens nur stellenweise sich vorfanden, so dass sie h?chstens das offene Vordringen einer Streifparthie erschweren konnten, w?hrend sie bei ernsterem Gefechte sofort mussten ?ber den Haufen geworfen werden. Hinter ihnen standen in einzelnen H?usern unsere Vorposten, die jedoch mit Posten nur den Namen gemeinschaftlich hatten. Das Terrain war dabei sehr zerrissen, von Schluchten und Felsz?gen durchschnitten, und es w?re dem Feinde, h?tte er je die Idee eines Handstreiches zu fassen gewagt, leicht gewesen, zwischen diese sogenannten Linien ganze Colonnen zu schieben oder die Vorposten aufzuheben. Doch wurde die Linie sp?ter den Regeln der Kunst gem?ss angelegt.
Die der Feinde, von englischen Officieren construirt, st?tzte sich rechts auf San Sebastian und seine Forts, links auf Passages, oder besser auf die Redoute, welche auf der H?he von Passages errichtet und mit der Artillerie der englischen Marine garnirt war. Die Linie bestand aus einzelnen dem Terrain nach angelegten Schanzen und Parapeten, die sich wechselseitig vertheidigten, und ein Theil derselben ward von den Gesch?tzen der englischen Kriegsschiffe flankirt, die bei allen Gefechten vor San Sebastian von so unheilvollem Einflusse gegen uns waren.
Meine Sehnsucht, endlich die Kugeln der Christinos pfeifen zu h?ren, sollte bald befriedigt werden. Indem ich einige Skizzen des Terrains aufnahm, passirte ich eines unserer Wachh?user und fand, um die Ecke eines Busches tretend, einen Felsenvorsprung, der die trefflichste Aussicht darbot, wesshalb ich bewundernd stehen blieb; ein Unterofficier, der offenen Mundes von dem Hause mir gefolgt war, blieb hinter einer nahen Hecke verborgen. Ich betrachtete die durch eine schmale Schlucht von meinem Standpunkte getrennten Brustwehren der Feinde und erg?tzte mich an dem regen Treiben in dem St?dtchen Passages, dessen Hafen, zwischen zwei steile Felsw?nde wie in einen Riss eingezw?ngt und kaum auf beiden Seiten Raum f?r eine Reihe H?user lassend, mehrere Schiffe enthielt und malerisch tief unter mir dem Blicke offen lag, w?hrend der L?rm der Seeleute mit dem Brausen des Meeres vermischt zu mir herauft?nte. Da h?rte ich pl?tzlich ein langes Zischen, von einem leichten Schlage auf den Felsen neben mir begleitet, dann rasch einen Knall von der andern Seite der Schlucht. ?berrascht sah ich mich um und erblickte den guten Unterofficier in vollem Laufe nach seiner Wache begriffen. In rascher Folge zischten die Kugeln, hinter mir in den Busch schlagend oder Staub und Felsensplitter zu meinen F?ssen losreissend.
Nachdem ich schwellenden Herzens an der mir neuen Musik mich erfreut und Zeit gelassen hatte, damit die Spanier die nordische Tollheit, wie ich oft sie sagen h?rte, hinreichend anstaunen k?nnten, kehrte ich langsam zu dem Vorposten zur?ck, dessen Mannschaft vor der Th?r versammelt mich anstarrte. Da ich am folgenden Morgen im Grase ausgestreckt lag, ward ich durch etwas nicht hoch ?ber mir reissend schnell hin Schwirrendes aufgeschreckt und hielt es f?r einen gewaltigen Gebirgsadler: es war eine Kanonenkugel, deren die Engl?nder jeden Morgen zur Begr?ssung einige unsern Vorposten zuzusenden pflegten.
Ich benutzte die Zeit, welche durch die augenblickliche Ruhe mir geg?nnt war, um durch h?ufige Excursionen mit dem Lande, dem Geiste und den Sitten seiner Bewohner mich vertrauter zu machen. Die baskischen Provinzen -- Guipuzcoa, Vizcaya, Alava -- enthalten nebst dem kleinen K?nigreiche Navarra nur 250 bis 260 Quadratmeilen, welche vor dem Kriege etwa 650000 Einwohner z?hlten. Von diesem L?ndchen waren etwa zwei Drittel im Besitze der Carlisten, w?hrend die Feinde, die Herren der spanischen Monarchie, auch die haupts?chlichsten St?dte dieser vier Provinzen, San Sebastian mit seinem Gebiete, Bilbao mit Portugalete, Vitoria, Pamplona, viele andere Forts und die H?lfte von Alava und Navarra inne, alle bedeutenderen St?dte befestigt hatten.
Das ganze Land ist von Osten nach Westen von den Pyren?en durchzogen, welche in vielen Verzweigungen und mancherlei Formen wild durch einander geworfen, ihm den Charakter eines Gebirgslandes verleihen: nur die Hochebene von Alava und das herrliche Ebrothal Navarra's, deren wir nie vollst?ndig und dauernd uns bem?chtigen konnten, zeichnen durch mildere, doch wieder unter sich ganz verschiedene, Gestaltung sich aus. Die Oberfl?che des ?brigen Landes besteht aus furchtbar hohen und schroffen, durchg?ngig mit reichen Waldungen bedeckten Gebirgsmassen, die durch reizende und ?usserst fruchtbare Th?ler in mannigfacher Gestalt intersektirt werden. In ihnen haben nat?rlich die Menschen ihre D?rfer und H?fe erbaut, und diese immer reich bew?sserten Th?ler, in denen jeder Fuss breit Landes mit Sorgfalt benutzt ist, bieten dem Auge und Geiste nach den wild majest?tischen Scenen der Gebirge eine so willkommene wie liebliche Abwechselung.
Die Basken gewohnt, als privilegirtes Volk sich zu betrachten, geschieden von ihren Nachbaren durch die Barrieren, welche Natur, Politik und Vorurtheile so vielfach erhoben, sind stolz auf ihre Abkunft, ihre Unabh?ngigkeit und ihre Vorrechte, sie sehen die ?brigen Spanier wie Fremde an und verachten sie als solche. Sie behaupten von den Ph?niziern abzustammen, was jedoch keinesweges erwiesen ist; gewiss ist, dass sie seit undenklichen Zeiten und in allen den Umw?lzungen, unter die die andern V?lker der Halbinsel so oft sich beugen mussten, in ihrer Gebirgsveste sich unabh?ngig und unvermischt zu erhalten wussten. Ihre Sprache hat gar keine Verwandtschaft mit irgend einer jetzt bekannten, sie soll der grammatischen Bildung nach sehr reich sein und ist gewiss wohlklingend und kr?ftig. Doch sind die Dialekte derselben so mannigfach und so verschieden, dass oft die Bewohner der wenige Meilen von einander entfernten Th?ler mit Schwierigkeit sich unterhalten, w?hrend die Sprache der franz?sischen Basken von der der spanischen und selbst die der nur in den Gebirgen baskisch sprechenden Navarresen von der der Vizcainer so ganz verschieden scheint, dass sie oft sich gar nicht verstehen. Die allgemeine spanische Sprache -- in Spanien die Castilianische genannt -- hat in diesen Provinzen erst w?hrend der letzten Kriegsjahre sich etwas mehr ausgebreitet, doch nur als Luxussprache, und noch immer ist sie in den mehr zur?ckgezogenen Theilen ganz unbekannt.
Die Basken sind ein hohes, kr?ftiges Geschlecht, ernst und zur?ckhaltend, aber edelgesinnt, grossm?thig, in hohem Grade gastfrei und ihrem Worte treu; fest und unbeugsam bis zur Halsstarrigkeit h?ngen sie dem Vaterlande, das heisst: ihren Provinzen, mit schw?rmerischer Begeisterung an. Sie zeichnen sich im Allgemeinen durch Geist und Talent aus, sind k?hn und th?tig, voll Unternehmungsgeist und anerkannt als die unerschrockensten Seeleute und die bravsten Krieger der Monarchie; Viele haben als Hofleute und Staatsm?nner sich gl?nzend hervor gethan. Ausserhalb ihrer Heimath unterst?tzen sie sich br?derlich und erlangen dadurch ein grosses ?bergewicht ?ber die andern Spanier, die, vor Allen die Catalanen, welche fast ihren Unternehmungsgeist theilen, am Hofe wie in allen Zweigen des Staatsdienstes ihre Landsleute so viel wie m?glich fernzuhalten und zu st?rzen pflegen. -- ?berhaupt darf man ohne Z?gern aussprechen, dass die Basken in jeder Hinsicht vor den ?brigen Bewohnern Spaniens sich auszeichnen; selbst Einfachheit und Reinheit der Sitten waren fr?her ganz in diesen lieblichen Th?lern heimisch, und schmerzlich ist es, dass der Krieg auch hier seine gew?hnlichen Folgen, Verderbtheit und Verfall der Sitten, nach sich gezogen hat.
Die Wohnungen der Basken stechen durch bequeme Einrichtung wie durch gr?sste Reinlichkeit hervor, und es macht einen besonders angenehmen Eindruck, diese blendend weissen Geh?fte ?ber alle Th?ler hingestreut zu sehen. Die Weiber, ihren M?nnern an Sch?nheit nicht nachstehend, wissen ihre Reize durch den h?chst sittigen Anzug noch anziehender zu machen und sind in Erf?llung ihrer ehelichen und h?uslichen Pflichten fast allen andern Spanierinnen weit ?berlegen; ihr Wesen erinnert wie ihre Gestalt an die nordischen Weiber, selbst das blonde Haar der k?lteren Climate ist ganz vorherrschend. Oft h?rte ich die leicht Feuer fangenden spanischen Officiere bewundernd ihr Bedauern ausdr?cken, da sie diese hohen, edlen Gestalten alle die schweren und unzarten Arbeiten des Ackerbaues verrichten sahen, die sonst den st?rkeren H?nden des Mannes vorbehalten sind. Denn ausser Greisen und Kindern wurden wohl nur Verst?mmelte oder sonst zur Vertheidigung des Vaterlandes Untaugliche in den D?rfern gesehen, so dass die Frauen und M?dchen gen?thigt waren, hinter dem Pfluge die Stelle des Gatten oder der Br?der einzunehmen. Dabei ert?nte ihr schwerm?thiger Gesang, den schrecklichen Krieg beklagend und die Ehre und Treue der Nation verk?ndend; enthusiastisch wurden die fernen M?nner aufgefordert, ihr Vaterland gegen die Wuth der Schwarzen zu sch?tzen, die Thaten der Vorfahren und der Gefallenen wurden besungen, und der oft wiederholte Name ihres grossen Feldherrn zeigte, wie Zumalacarregui's Andenken seinen Landsleuten theuer, wie seine Thaten ein Gegenstand des Stolzes f?r die Basken waren.
Der Reichthum dieser Provinzen muss vor dem Kriege auf einen erstaunlich hohen Grad gestiegen sein. W?hrend zwei Heere auf so kleinem Gebiete sechs Jahre lang k?mpften und das eine wie das andere haupts?chlich aus ihm seine Bed?rfnisse zog, verarmte das Land doch nur nach und nach und ward bis zum Ende des Krieges nie ganz ersch?pft. Wirklich haben die Provinzen alle Elemente des Reichthumes in sich, wie ihre Bewohner wohl den m?glichen Vortheil daraus zu ziehen wissen. Der Boden ist ?usserst ergiebig an Fr?chten jeder Art; Getreide, Taback, im S?den feurigen Wein erzeugt er im ?berfluss; die Gebirge, mit sch?nen Waldungen in unendlicher Menge bedeckt, bef?rdern die Viehzucht, die Haupth?lfsquelle w?hrend des Krieges, w?hrend die Minen ausgezeichnete Metalle liefern, besonders viel Eisen, welche in den Fabriken des Landes trefflich verarbeitet werden. Die Lage desselben, die Ber?hrung mit Frankreich und die sichern H?fen sind f?r den Handel sehr vortheilhaft, und die Privilegien, deren die Basken bis vor wenigen Monaten sich erfreuten, liessen alle jene Vorz?ge noch herrlicher hervortreten. Sie verdienen deshalb und als hervorstechende Ursachen des Krieges n?here Betrachtung.
Die Heftigkeit und Entschiedenheit des ganzen Volkes in der Vertheidigung seiner Privilegien spricht f?r deren Wichtigkeit. In der That sind die daraus den Basken entspringenden Vortheile unsch?tzbar: sie werden nicht sowohl von dem Madrider Gouvernement als von den durch sie und aus ihnen gew?hlten Provinzial-St?nden regiert, der K?nig ist ihr Herr nur in so weit seine Verf?gungen mit ihrem Willen ?bereinstimmen. Die Basken sind n?mlich von aller Conscription und Truppen-Aushebung frei, es d?rfen selbst mit Ausnahme des Kriegsplatzes San Sebastian gar keine Truppen ohne Genehmigung der Junta dorthin gesendet werden oder sie durchziehen; daf?r unterhalten die Provinzen auf eigene Kosten ein Regiment, im Falle der Gefahr ist jeder Baske Soldat zur Vertheidigung derselben. Eben so wenig hat der K?nig das Recht der Besteuerung oder der Gesetzgebung. Die Basken werden gerichtet von den M?nnern, die sie selbst aus ihrer Mitte dazu gew?hlt, so wie die ganze Verwaltung durch sie selbst nach ihrer Wahl geschieht. Daher bestimmte die Provinzial-Deputation den Bed?rfnissen des Landes gem?ss die Abgaben, deren Ertrag ganz im Lande bleibt; wenn die Madrider Regierung einer besondern H?lfe bedarf, wird sie ihr zuweilen als Geschenk und unter jedesmaligem Vorbehalte der Rechte bewilligt. -- Die Legislatur der Provinzen ist ganz unabh?ngig und verschieden von der der andern Theile der Monarchie, und sie kann nur durch das Volk ver?ndert werden: die Inquisition konnte daher, da sie im ?brigen Spanien in der h?chsten Bl?the stand, hier nie Fuss fassen. Dann ist jeder Baske Edelmann und hat in den andern Provinzen und den Colonien die Rechte eines solchen, was f?r die Erwerbung von Militair- und Civil?mtern, bei Hofe u. s. w. fr?her von hoher Wichtigkeit war.
Das Recht aber vor allen andern, welches die Unzufriedenheit der Regierung und den Neid der andern Theile des K?nigreiches erregte, ist die Zollfreiheit. W?hrend Spanien unter ungeheuren Aus- und Einfuhrz?llen seufzte, die den Handel l?hmten und das Volk verarmten, war dieser gl?ckliche Winkel nicht nur ganz frei von ihnen, er bereicherte sich auch durch den Zwischenhandel auf Kosten der ganzen Halbinsel. Freilich wurden die baskischen Provinzen und Navarra in R?cksicht auf Spanien ganz wie fremde behandelt, ihre Gr?nzen mit Zoll-Linien und Douaniers umg?rtet; aber trotz aller Vorsichts-Massregeln konnte der Schleichhandel, an dem die ganze Nation, so das Beschimpfende ihm nehmend, Theil nahm, nicht verhindert werden. Die Lage am Meere mit zahlreichen Hafenst?dten und die N?he Frankreichs erlaubte den Basken, die Waaren aus der ersten Hand zu empfangen, w?hrend die lange Ebro-Linie, da der Fluss dort im Sommer allenthalben Furthen hat, mit seinen beiden Fl?geln bis zur Gr?nze und zum Meere, ihnen tausend Wege bot, um von Norden aus die verbotenen Waaren noch weit mehr durch Spanien zu verbreiten, als es im S?den von Gibraltar, etwas weniger von Portugal aus geschieht. So bildete sich in diesen Provinzen ein vollkommenes Schleichhandel-System, in dessen Folge dort die Reichth?mer in noch gr?sserem Masse sich anh?uften, als die Monarchie t?glich mehr verarmte und in tieferes Elend versank.
So ist es leicht erkl?rlich, wie die Basken und Navarresen mit h?chstem Interesse ?ber die Beobachtung so ausgedehnter und wichtiger Rechte wachten. Das mit der Abneigung der Regierung stets wachsende Misstrauen und die Schritte, welche langsam aber augenscheinlich dem Endzwecke, Aufhebung der fueros, zuf?hrten, hatten entz?ndbaren Stoff in unendlicher Menge in dem L?ndchen angeh?uft: es bedurfte nur eines Funkens, um die Flamme wild ausbrechen zu machen und das Volk, argw?hnisch, stolz, auf sein Recht, seine Kr?fte und seine Berge vertrauend, zu k?hnem Aufstande zu verm?gen. -- Ferdinand's Tod beschleunigte den Sturm.
Dieser brave Officier starb den Heldentod in der kr?ftigsten Vertheidigung eines andern ihm anvertrauten Posten. -- In den letzten Jahren des Krieges waren ?brigens die Genie- und Artillerie-Corps der carlistischen Nordarmee auf einen hohen Grad der Vollkommenheit gelangt und z?hlten sehr viele ausgezeichnete Officiere, unter denen mehrere Fremde, Deutsche besonders.
Zwei Deutsche, die Capitains Roth und Strauss, waren seit Kurzem in das Corps getreten und hoben es sehr. Sehr schmerzte es mich damals, die Landsleute nicht kennen gelernt zu haben.
Zwei grosse Ortschaften Guipuzcoa's, Azpeytia und Ascoytia, zeichnen sich so durch die herrlichen Gestalten ihrer M?nner wie Weiber aus, dass es schwer sein m?chte, in ihnen irgend ein junges M?dchen aufzufinden, welches nicht in jedem andern Punkte den Namen einer Sch?nheit erhalten w?rde.
~Negros~, Schwarze, wurden die Constitutionellen schon zur Zeit Ferdinand's schimpflich benannt, wogegen in jener fr?heren Epoche die k?niglich Gesinnten sich als ,,Weisse" bezeichneten, welche Benennung jedoch nicht wie jene bestand.
Es ist bekannt, wie Espartero, nachdem er im Vertrage von Bergara von Neuem die Aufrechterhaltung der fueros zugesagt, nun mit ihrer Vernichtung besch?ftigt ist.
Mehrere Truppen-Abtheilungen waren angekommen, Munition ausgetheilt und alle die Vorbereitungen getroffen, welche dem Soldaten anzeigen, dass bald sein Muth wird in Anspruch genommen werden. In der Nacht des 5. Juni weckte mich der dumpfe L?rm, der stets den Abmarsch der Truppen begleitet, und im Augenblick gekleidet und bewaffnet eilte ich den Bataillonen nach, deren Marschrichtung die Absicht, die feindlichen Stellungen anzugreifen, nicht bezweifeln liess. Da mein Pferd noch nicht angelangt war, konnte ich meine Functionen bei dem General nicht versehen, weshalb ich dem 2. Bataillon von Guipuzcoa mich anschloss, dessen Grenadier-Compagnie von einem Schweizer, mit dem ich n?her bekannt geworden war, commandirt wurde. Noch vor Tagesanbruch standen -- oder besser lagen -- wir, hinter dem Kamm einer Anh?he auf der Erde ausgestreckt, den Vorposten des Feindes gegen?ber, die in ihre buntgestreiften wollenen Decken geh?llt rasch auf- und abschritten, die Morgenk?lte abzuwehren, die selbst in jener Jahreszeit ihnen empfindlich blieb; die wild wehm?thigen ~playeras~ -- Meeresufer-Ges?nge --, die Kinder des s?dlichen Andalusien verrathend, wurden vom leichten Winde in abgerissenen Kl?ngen zu uns her?bergetragen. Hinter den Vorposten erhoben sich die Verschanzungen ?ber Passages, augenscheinlich zum Ziel unseres Angriffes bestimmt. -- Ein zweites Bataillon lagerte etwas zur Rechten hinter uns.
In lautloser Erwartung lagen wir da. Wer verm?chte die Gef?hle zu schildern, die in der Brust des J?nglings st?rmisch wogen, da er die Stunde des ersten Kampfes nahen sieht! Stolz und Beklommenheit, Vertrauen und Ungeduld wechseln gleich m?chtig: der Augenblick ist ja da, den er so lange herbeigew?nscht, der bew?hren soll, dass er w?rdig ist, um den Preis der Tapferkeit mit Kriegern zu ringen.
Weithin zur Linken ert?nte ein Schuss, ihm folgten Tausende; die J?ger-Compagnie des Bataillons st?rzte auf das Signal, in Tirailleurs sich aufl?send, gegen die Vorposten-Linie der Feinde, welche langsam zur?ckwich, bald aber durch bedeutende Massen unterst?tzt wurde, gegen welche zu schwach auch unsere Tirailleurs gelegentlich verst?rkt werden mussten. Ungewiss hin und her wogten nun die Feuer-Linien, ohne dass lange etwas Entscheidendes unternommen w?re; zu unserer Linken aber ert?nte fortw?hrend lebhaftes Flintenfeuer, von h?ufigen Kanonensch?ssen ?bert?ubt. Ich verfluchte schon die Idee, welche diesem Bataillone mich anschliessen machte, da es dem Anschein nach nur den Feind zu besch?ftigen bestimmt war. In der That musste es niederschlagend sein, regungslos hinter der H?he zu liegen und nur von Zeit zu Zeit Verwundete, in tiefem Schmerze ?chzend, zur?ckgef?hrt zu sehen; mein erstes Feuer k?hlte nach und nach ab, wie die Sonne h?her stieg, Hunger und Durst, immer gleich tyrannisch, machten sich sehr f?hlbar, und ich ?usserte schon gegen meinen Schweizer den Wunsch, dass das Gefecht aufh?ren oder wir zu th?tiger Mitwirkung bestimmt werden m?chten.
Da sprengte ein Stabsofficier heran -- ohne Zweifel bringt er die Ordre zur Bewegung, sei sie vor- oder r?ckw?rts --; Aller Augen, finster vor Ungeduld gl?hend, wandten dem Reiter sich zu. Er wechselte einige Worte mit dem Chef des Bataillones, welches einen Augenblick sp?ter in Masse gebildet stand, w?hrend eine zweite Compagnie die noch immer in Tirailleurs aufgel?seten J?ger verst?rkte. Nachdem der Commandeur seinen Guipuzcoanern wenige Worte der Aufmunterung, mir unverst?ndlich, zugerufen, erstiegen wir rasch die Anh?he, die bisher uns gedeckt, und sahen vor uns eine kaum vollendete Verschanzung, ihr zur Seite mehrere kleine Colonnen, deren Scharlach-Uniform weithin in der Sonne gl?nzend die Engl?nder kund gab. Die andalusischen Sch?tzen zogen sich schnell vor unsern Tirailleurs zur?ck und stellten sich, die Fronte der Schanze frei lassend, hinter den nahen Felsen auf, die allein der kahlen H?he, auf der wir fechten sollten, Abwechselung verliehen. Das uns folgende Bataillon wandte sich gegen die Truppen, welche neben dem Werke aufgestellt waren, zu dessen Nahme die in Masse gebildeten sechs Compagnien des unsrigen, die Grenadiere an der Spitze, vorr?ckten.
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