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Read Ebook: Die Bären von Hohen-Esp: Roman by Eschstruth Nataly Von

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Ebook has 3250 lines and 102107 words, and 65 pages

>>Ich begreife eigentlich deinen Geschmack nicht, Herzlieb!<< lachte Friedrich Karl, als sie eines Abends auf der Zinne des Turmes standen, weit hinab ?ber die Wipfel des Buchenwaldes auf das ferne, blaue Meer zu schauen, in welches der gl?hende Sonnenball langsam, durch violette Dunstschleier tauchend, herniedersank. >>Ich begreife dich nicht, dass es dir hier in der entsetzlichsten aller vermoderten und verr?ucherten B?renh?hlen so gut gef?llt! So sch?n, wie Hohen-Esp seinerzeit als Sitz der ersten unseres Geschlechts gewesen sein mag, so v?llig ?berlebt hat sich sein mystischer Zauber in unserer heutigen Zeit voll Komfort, Eleganz und Leichtlebigkeit! Ich hatte im stillen eigentlich gehofft, Gundula, du w?rdest beim Anblick all der grausigen Untiere, welche schier zudringlich hier auf Schritt und Tritt verfolgen, schleunigst Reissaus nehmen! >Alle Tage Feldh?hner< ist kaum so greulich, wie >alle Tage B?ren!< -- B?ren, wo man sie sich nur denken kann, -- man kann keinen L?ffel in die Hand nehmen, ohne den B?r darin graviert zu finden, kein Glas, kein Sessel -- kein Teppich ... keine Wand ... brr! Was zu viel ist, ist zu viel! Unsere Altvorderen sind mit diesem B?renkultus schliesslich langweilig geworden!<<

Beinahe erschrocken sah die Gr?fin den Sprecher an. >>Langweilig? und das sagst du, Friedrich Karl, der Nachkomme dieses herrlichen Geschlechts, f?r den jeder Zoll dieses Grund und Bodens heilig sein sollte? -- Sieh, ich trage erst seit wenigen Wochen den Namen Hohen-Esp -- und doch ist es mir, als sei mein Herz und Sinn schon ganz und gar verwoben mit ihm, als w?chse ich empor zu einer neuen, ungeahnten Gr?sse, als neige sich jedes dieser B?renh?upter mir zu mit trautem Gruss und Segenswunsch! Ich kann nicht satt werden, durch R?ume zu schreiten, wo ringsum die Andenken von V?tern und Ahnherren sprechen, wo alles davon zeugt, was sie einst waren und was wir Gl?ckseligen jetzt sind, -- wo ihr Geist uns umweht und ihre Namen zu uns sprechen! O du lieber Mann, -- ich habe zuvor nie dar?ber nachgedacht, wie sch?n es wohl sein m?sse, die Mutter eines Sohnes zu sein, hier aber in der Burg deiner V?ter, da ?berkommt es mich wie eine heisse, ehrfurchtsvolle Sehnsucht, wie eine jauchzende Begeisterung bei dem Gedanken, dass ich berufen sein m?chte, diesem alten, trotzigen B?rengeschlecht einen Erben zu schenken, es fortzupflanzen in einem Sohn, welcher dereinst so edel, so ritterlich und herrlich sein wird, wie alle jene heldenhaften M?nner, welche ehemals in diesen R?umen gehaust, welche ihren Wahlspruch in die grauen Quadersteine gemeisselt, ihn hoch auf ihr Banner geschrieben und in seinem Sinne lebten und starben --

Christe Kyrie ... Zu Land und See, Schirmherr der Not -- Das walt' Herre Gott!<<

Mit entz?cktem, schier staunendem Blick sah Graf Hohen-Esp auf die Sprecherin.

Wuchs sie tats?chlich neben ihm empor, oder t?uschte ihn sein Auge, dass er ihre schlanke Gestalt pl?tzlich so hoch und stolz, so b?renhaft markig neben sich sah?

Und dieses sch?ne, begeisterte Angesicht, diese leuchtenden Augen ... geh?rten sie wahrlich seiner ernsten, tr?umerisch stillen Gundula? --

Fester schlang er den Arm um sie, heisser noch k?sste er ihre Lippen.

>>Schade, dass mein guter Vater dich nicht sprechen h?ren kann, du w?rest wahrlich eine Schwiegertochter nach seinem Herzen! Ja, der alte Herr war in der Tat noch der alte Schirmvogt der Not und Schwachheit, wie ihn der alte Wappenspruch verlangt; er hat viel Gutes getan, und wenn auch nicht mit gewappnetem Arm gegen die Seer?uber hier von dem B?renhorst aus, so doch als moderner Mann im Reichstag und von der Ministerkanzel aus; du weisst, wie man sein Andenken in Ehren h?lt! -- Ja, ein moderner Mann! -- Hohen-Esp bewohnte er selten, fast nie; es lag ihm zu abgelegen, zu weltfern und unbequem, die Telegraphendr?hte hatten ihr Netz allzu gebieterisch um ihn gesponnen. -- Da hatte er sich Schloss Walsleben f?r den Sommeraufenthalt zurechtmachen lassen, -- auch ein von den V?tern ererbter >heiliger< Boden, aber doch etwas behaglicher und komfortabler wie hier die alte B?renh?hle! Garnison in der N?he, flotte Kavallerie -- elegante und distinguierte Gutsnachbarschaft -- kurzum ... man kann da ein paar Wochen aushalten! Und siehst du, Herzlieb, diesem h?bschen Besitz m?chte ich mein wonniges Weib auch einmal zuf?hren! Wir waren nun drei Wochen hier, -- die Walslebener d?rfen doch nicht eifers?chtig werden?!<<

Wie innig er sie an sein Herz dr?ckte, wie schmeichelnd seine Stimme klang, wie unwiderstehlich war der strahlende und heitere Blick seiner Augen, welche in letzter Zeit doch oftmals recht m?de und gelangweilt in die Waldeseinsamkeit hinausgeschaut hatten!

Ein Gef?hl tiefer Wehmut beschlich Gundulas Herz, wenn sie an Scheiden dachte, -- wie unaussprechlich gl?cklich war sie hier gewesen! -- wie redete jedes Zimmer, jedes Pl?tzchen im Park von einer Zeit berauschend seliger, junger Liebe! -- Nie und nimmer w?rde sie sich in Hohen-Esp langweilen, und m?sste sie ihr ganzes Leben hier zubringen! --

An seiner Seite ... im Verein mit ihm -- w?re es nicht Paradieseswonne gewesen?

Aber was galten ihr die eigenen W?nsche, wenn Friedrich Karl andere Pl?ne hegte?

Ein einziger Blick in sein lachendes Gesicht, ein Kuss von seinem Munde, und die B?rin war wieder die willenlose Taube, welche mit dem?tigem L?cheln nickt: >>So bringe mich nach Walsleben, Liebster! Die Welt ist ja ?berall sch?n, wo du bist!<< --

>>Gut, -- sagen wir: vierzehn Tage noch nach Walsleben! Das gen?gt, dass du dein neues Heim, die Umgegend und Menschen kennenlernst, und dann ... dann machen wir doch noch unsere Hochzeitsreise, Liebchen?!<< --

>>Hochzeitsreise? ich glaubte, die machten wir schon letzt!<<

>>Hierher nach Hohen-Esp?<< er lachte beinahe ?berm?tig: >>Nein, meine kleine Schirmvogtin, diese Extratour war nur ein Beweis meines unbedingten Gehorsams! Du w?nschtest, die B?renburg kennenzulernen, -- und ich war Wachs in deinen H?ndchen, wie ich stets im Leben sein werde! -- Nun aber kommt die Belohnung f?r diesen Separatarrest, obwohl derselbe so s?ss und wonnig war, dass er seinen Lohn schon reichlich in sich selber trug! -- Aber wir Menschen sind nun mal unbescheiden und nimmersatte Kreaturen! Auf das sch?ne Exil in Hohen-Esp folgt ein noch sch?neres in Walsleben, und wie man nach der s?ssen Speise noch Konfekt und Fr?chte verlangt, so lassen wir uns noch eine kleine Spritztour gen Nizza, San Remo -- Monte Carlo -- -- usw. -- servieren!<<

>>Alles, was du willst! Die Zwingherrin ist ihrem Herzliebsten gegen?ber Sklavin!<<

>>Dank! Dank, du herrlichste der Frauen! Also reisen wir! -- Hurra ... lass uns sogleich hinab und die Befehle zum Kofferpacken geben --!<<

Sie hielt seine H?nde fest. >>Und der sch?ne Sonnenuntergang?<< fl?sterte sie bittend, mit einem langen, sehns?chtigen Blick nach dem fernen Meer.

>>Scheint die Sonne noch so sch?n -- einmal muss sie untergehn!<< rezitierte er scherzend. >>Du weisst, dass ich f?r Natursch?nheiten leider Gottes sehr wenig Verst?ndnis habe, aber wenn es dir Freude macht ... selbstverst?ndlich, Liebchen, bleiben wir noch bis zum Schluss der Vorstellung hier ... Du weisst ja, die dienstbaren Geister sind gewandt genug im Packen, um uns morgen fr?h noch den Schnellzug erreichen zu lassen!<< --

>>Das kann ich nicht garantieren ... also gehen wir! Jene graue Wolkenwand droht die Sonne doch zu verschlingen, ehe sie den Horizont erreicht ...<<

>>Wie nett von der Wolkenwand!<< --

>>Sch?m' dich, du lieber Sp?tter!<<

Sie gingen Arm in Arm -- hinter ihnen aber erlosch das leuchtende Tagesgestirn, -- es ward Nacht.

In Walsleben fand Gundula alles, was wohl sonst jedes Frauenherz entz?ckt und hoch befriedigt h?tte. --

Gediegene Eleganz, Behaglichkeit und die Erf?llung eines jeden, selbst des anspruchvollsten Wunsches. Es w?rde die junge Frau auch begl?ckt haben, wenn sie mehr Wert auf ?usseren Glanz gelegt, und Sinn f?r all die vielen, h?bschen Nichtigkeiten gehabt h?tte, mit welchen das moderne Wohlleben sich ausstattet und welche einer Reihe von m?ssigen Tagen einen scheinbaren Inhalt verleihen.

Gundula hatte aber seit jeher wenig Passion f?r Geselligkeit und alles, was mit derselben zusammenhing.

Ihre tiefgehenden Interessen wurzelten nicht im Parkett, und die reinste Freude, welche sie empfinden konnte, war diejenige an einer sch?nen Natur, mit all dem stillen Zauber und den unerforschlichen Wundern, welche ihrem Sch?pfer Preis und Ehre geben.

Seit sie in der tiefen innigen Liebe zu ihrem Gatten ein ?bergrosses Gl?ck gefunden, war ihre Neigung f?r die Einsamkeit eher gr?sser, denn geringer geworden, und so wie sie in dem weltvergessenen Hohen-Esp alles gefunden, was sie sch?n und wonnig deuchte, um so weniger entsprach das Walslebener Schloss mit seinem eleganten Leben und Treiben ihrem Geschmack. Dennoch verriet nicht das kleinste Wort, nicht der leiseste Seufzer, wie ungern sie hier weilte. Sie sah es ja dem gl?cklichen Gesicht ihres Mannes an, dass er sich ausserordentlich wohl f?hlte, und was h?tte der selbstlosen und anspruchslosen Seele Gundulas mehr Befriedigung geben k?nnen, als den Geliebten froh und zufrieden zu sehen?

Man fuhr schon am zweiten Tag, als die junge Herrin kaum den eigenen, f?rstlichen Besitz in Augenschein genommen, in die Nachbarschaft, um Besuche abzustatten.

Da man nur so kurzbemessene Zeit in Walsleben weilte, dr?ngten sich die Einladungen; man besuchte Feste und sah wiederum G?ste bei sich, und Gundula empfand es bei all ihrem Widerwillen gegen eine derartige Vergn?gungshetze doch mit unendlicher Wonne, dass Friedrich Karl eine stolze Genugtuung darin fand, der Welt sein junges Weib zu zeigen, dass er sich beneidenswert und gl?cklich in ihrem Besitze f?hlte. --

Zwischen all dem Trubel fanden sich doch noch sch?ne, stille Stunden, wo der Geliebte ihr allein geh?rte, wo er sich ihr voll z?rtlicher Ritterlichkeit auch ausschliesslich widmete!

Daf?r dankte sie ihm durch eine stets liebensw?rdige Bereitwilligkeit, ihm hinaus in das laute, bunte Leben zu folgen, und als die f?r Walsleben festgesetzte Zeit abgelaufen war und der junge Graf voll ungeduldiger Sehnsucht nach neuen Zerstreuungen verlangte, da gab sie gern Befehl, die Koffer zu packen.

Welch ein ruheloses Hin und Her, Kreuz und Quer durch die Welt!

Gundula hatte zuvor wenig von ihr gesehen, die Krankheit des Vaters f?hrte sie allj?hrlich in dasselbe Bad, und Tante Agathe liebte es nicht, sich in einem >>rollenden Sarge<< durchsch?tteln zu lassen.

Monte Carlo!

Anf?nglich hatte Gundula gar nicht geahnt, welch ein H?llenabgrund in diesem Paradiese g?hnte. Sie sah voll naiver Verst?ndnislosigkeit dem Spiel zu, bis es ihr allm?hlich klar ward, was dasselbe eigentlich bedeuten wollte.

Da erschrak sie zum erstenmal bis in das tiefste Herz hinein.

Sie stand hinter ihrem Gatten und sah, wie die Glut fieberischer Erregung immer dunkler und heisser in sein sch?nes Antlitz stieg, wie die Banknoten in seiner Brieftasche mehr und mehr zusammenschmolzen.

>>Herzliebster<< -- fl?sterte sie in sein Ohr --: >>lass uns gehen -- ich sterbe vor M?digkeit!<<

Er sprang sofort auf, raffte noch ein paar Goldst?cke zusammen und bot ihr den Arm.

Sie f?rchtete, dass er sie heimbegleiten und noch einmal an den gr?nen Tisch zur?ckkehren werde, aber er tat es nicht, er sagte nur lachend: >>Heute habe ich infames Pech gehabt! Das kommt von allem Gl?ck in der Liebe, Schatz! Na, morgen hole ich mir die Dukaten alle wieder zur?ck.<<

Am folgenden Tage verspielte er noch eine weit gr?ssere Summe.

>>Ich muss an meinen Bankier telegraphieren,<< sagte er, >>unser Reisegeld ist auch schon futsch!<<

Da fasste sie flehend seine H?nde, und ihre blauen Augen schauten voll Angst in sein sch?nes, sorgloses Antlitz. --

>>Friedrich Karl ...<< fl?sterte sie, >>ach, lass uns fort von hier!<<

Er lachte hell auf und k?sste sie: >>Ich glaube, du hast Angst, dass ich uns hier bankrott spiele!<< scherzte er. >>Unbesorgt, du liebes N?rrchen! Die paar tausend Franken reissen noch kein Loch in unsern Geldbeutel, und einmal muss ich doch auch wieder gewinnen!<<

Er gewann aber nicht, sondern verlor auch die n?chsten Tage unaufh?rlich. -- Die namhafte Summe, welche sein Bankier ihm angewiesen, schmolz dahin wie der Schnee im Sonnenschein. Der junge Graf lachte noch immer, aber es war ein etwas gewaltsames und nerv?ses Lachen.

>>Friedrich Karl ... lass uns fort von hier!<< flehte Gundula abermals, und diesmal rollten ein paar grosse Tr?nen ?ber ihre Wangen und netzten seine Hand.

Er zuckte zusammen.

>>Wenn du befiehlst, sofort, mein Liebling! O, du glaubst doch nicht etwa, der Spielteufel habe mehr Gewalt ?ber mich, als dieser s?sse Engel, welchen ich mir selbst zum W?chter meines Gl?ckes gesetzt habe?<<

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