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Read Ebook: Noa Noa by Gauguin Paul Wolf Luise Translator

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Ebook has 636 lines and 21720 words, and 13 pages

ichts von ihrer antiken Gr?sse, von ihren pers?nlichen und nat?rlichen Sitten, von ihrem Glauben und ihren Legenden bewahrt haben sollte. Aber wie die Spuren dieser Vergangenheit, wenn sie solche hinterlassen hat, allein entdecken? wie sie ohne F?hrung erkennen? Wie das Feuer wieder entz?nden, von dem selbst die Asche zerstreut ist?

So niedergeschlagen ich auch sein mag, pflege ich mein Vorhaben doch niemals aufzugeben, ohne alles, selbst >>das Unm?gliche<< versucht zu haben, um zum Ziele zu gelangen.

Mein Entschluss war bald gefasst. Ich beschloss, Papeete zu verlassen, mich von dem europ?ischen Mittelpunkt zu entfernen.

Ich f?hlte, dass, wenn ich das Leben der Eingeborenen im Busch v?llig mit ihnen teilte, ich allm?hlich das Vertrauen der Maorie gewinnen und -- sie kennenlernen w?rde.

Und eines Morgens machte ich mich in meinem Wagen auf, den ein Offizier mir liebensw?rdig zur Verf?gung gestellt hatte, um >>meine H?tte<< zu suchen.

Meine Vahina namens Titi begleitete mich. Halb englischer, halb tahitischer Abstammung sprach sie etwas Franz?sisch. F?r diese Fahrt hatte sie ihr sch?nstes Kleid angelegt, die Tiar? hinterm Ohr, ihren oben mit Band, unten mit Strohblumen und einer Garnitur orangefarbener Muscheln geputzten Basthut aufgesetzt und das lange schwarze Haar aufgel?st ?ber die Schultern h?ngen. Sie war stolz, in einem Wagen zu fahren, stolz, so elegant und die Vahina eines Mannes zu sein, den sie f?r einflussreich und verm?gend hielt, und war wirklich h?bsch in ihrem Stolz, der nichts L?cherliches hatte, so sehr passt die majest?tische Miene zu dieser Rasse, die im Andenken an die weit zur?ckreichende Geschichte ihrer Herrschaft und eine unbestimmte Reihe grosser H?uptlinge diesen herrlichen Stolz bewahrt. -- Ich wusste zwar, dass ihre sehr berechnete Liebe in den Augen der Pariser nicht schwerer gewogen h?tte als die feile Gef?lligkeit einer Dirne. Aber die Liebesglut einer maorischen Kurtisane ist etwas ganz anderes als die Passivit?t einer Pariser Kokotte -- ganz etwas anderes! Es ist ein Feuer in ihrem Blute, das Liebe, seine eigentliche Nahrung, erweckt, das Liebe atmet. Diese Augen und dieser Mund k?nnen nicht l?gen, ob uneigenn?tzig oder nicht, es spricht immer Liebe aus ihnen.

Der Weg durch die reiche und einf?rmige Landschaft war bald zur?ckgelegt. Zur Rechten immer das Meer, die Korallenriffe und Wasserf?lle, die zuweilen wie Dampf zerstoben, wenn die Wellen in zu ungest?me Ber?hrung mit den Felsen kamen. Zur Linken den Busch mit der Aussicht auf grosse W?lder.

Mittags hatten wir unsere f?nfundvierzig Kilometer hinter uns und erreichten den Distrikt von Matai?a.

Ich sah mich um und fand schliesslich eine leidlich h?bsche H?tte, die der Eigent?mer mir zur Miete ?berliess. Er baute sich daneben eine neue, die er bewohnen wollte.

Am Abend des n?chsten Tages, als wir nach Papeete zur?ckkehrten, fragte mich Titi, ob ich sie nicht mit mir nehmen wolle.

-- Sp?ter, in einigen Tagen, wenn ich eingerichtet sein werde, sagte ich.

Titi hatte in Papeete einen furchtbaren Ruf, nachdem sie mehrere Liebhaber unter die Erde gebracht. Aber nicht das machte mich ihr abwendig. Sie hatte als halbe Weisse, und trotz Spuren tiefer, origineller und echt maorischer Eigent?mlichkeiten durch zahlreiche Beziehungen viel von ihren >>Rassemerkmalen<< eingeb?sst. Ich f?hlte, dass sie mich nichts von dem lehren konnte, was ich wissen wollte, und mir nichts von dem erlesenen Gl?ck gew?hren, das ich begehrte.

Ausserdem sagte ich mir, dass ich auf dem Lande finden w?rde, was ich suchte und nur zu w?hlen brauchte.

Von einer Seite das Meer, an der anderen das Gebirge, zerkl?ftetes Gebirge, ein enormer Spalt, den ein an dem Felsen lehnender, hoher Mangobaum verdeckt.

Morgen.

Auf dem Meere nahe am Strande sehe ich eine Piroge und darin eine halbnackte Frau. Am Strande einen Mann, ebenfalls unbekleidet. Ein kranker Kokosnussbaum mit verschrumpften Bl?ttern gleicht einem ungeheuren Papagei, der seinen vergoldeten Schwanz herabh?ngen l?sst und eine volle Traube in den Krallen h?lt. Mit harmonischer Geb?rde hebt der Mann mit beiden H?nden ein schweres Beil, das oben auf dem silbrigen Himmel eine blaue Spur, unten einen rosigen Einschnitt auf dem abgestorbenen Stamme hinterl?sst, wo die von Tag zu Tag aufgesparte Glut von Jahrhunderten in den Flammen eines Augenblicks wieder aufleben wird.

Lange schlangenartige Bl?tter von einem metallischen Gelb auf dem purpurnen Boden gemahnten mich an die Z?ge einer geheimen, religi?sen, alten Schrift. Deutlich bildeten sie das heilige Wort australischen Ursprungs ATUA -- Gott -- den Ta?ta oder Takata oder Tathagata, der in ganz Indien ?berall herrschte. Und wie eines mystischen Zuspruchs in meiner sch?nen Einsamkeit und meiner sch?nen Armut erinnerte ich mich wieder der Worte des Weisen:

In den Augen des Tathagata ist die herrlichste Pracht von K?nigen und seinen Ministern nichts als Auswurf und Staub.

In seinen Augen ist Reinheit und Unreinheit wie der Tanz der sechs Nagas.

In seinen Augen ist das Suchen nach dem Anblick des Buddha gleich den Blumen.

In der Piroge ordnete die Frau einige Netze.

Die blaue Linie des Meeres wurde h?ufig von dem Gr?n der Wogenk?mme unterbrochen, die an den Korallenriffen brandeten.

Abend.

Ich war an den Strand gegangen, um eine Zigarette zu rauchen.

Die rasch bis zum Horizont gesunkene Sonne versteckte sich schon zur H?lfte hinter der Insel Morea, die mir zur Rechten lag. In dem Zwielicht standen die Berge, deren Vorspr?nge alten, mit Zinnen gekr?nten Schl?ssern glichen, in festen schwarzen Silhouetten auf der violetten Glut des Himmels.

Kein Wunder, dass mich vor diesen nat?rlichen Bauwerken Herrscher-Visionen verfolgen! Der Gipfel dort unten hat die Gestalt eines riesigen Helmes. Die Wogen ringsum, deren Rauschen wie das L?rmen einer gewaltigen Menge klingt, werden ihn niemals erreichen. Unter der Ruinenpracht steht der Helm allein, Besch?tzer und Zeuge, ein Nachbar des Himmels. Ich f?hle von dem Haupte droben einen heimlichen Blick in die Wasser tauchen, die einst das s?ndige Geschlecht der Lebenden verschlungen hatten, und von dem weiten Spalt, der sein Mund sein k?nnte, f?hle ich ein L?cheln der Ironie oder des Mitleids ?ber das Wasser schweifen, wo die Vergangenheit schl?ft.

Die Nacht brach schnell herein. Morea schlief.

Stille! Ich lernte die Stille einer tahitischen Nacht kennen.

Ich vernahm nichts als das Schlagen meines Herzens in der Stille.

Zwischen dem Himmel und mir nichts als das hohe, leichte Dach von Pandanusbl?ttern, in denen die Eidechsen nisten.

Ich bin weit fort von jenen Gef?ngnissen, den europ?ischen H?usern!

Eine maorische H?tte trennt den Menschen nicht vom Leben, von Raum und Unendlichkeit ...

Indessen f?hlte ich mich dort sehr einsam.

Die Bewohner der Gegend und ich beobachteten einander gegenseitig, und der Abstand zwischen uns blieb der gleiche.

Seit dem zweiten Tage waren meine Vorr?te ersch?pft. Was tun? Ich hatte geglaubt, f?r Geld alles Notwendige zu finden. Ich hatte mich jedoch get?uscht. Sobald man die Stadt verlassen hat, muss man sich an die Natur halten, um zu leben, und sie ist reich, sie ist freigebig und verweigert keinem einen Anteil an ihren Sch?tzen, die unersch?pflich an B?umen, in den Bergen und im Meere aufgespeichert sind. Aber man muss verstehen, auf die hohen B?ume zu klettern, die Berge zu besteigen und mit schwerer Beute beladen zur?ckkehren, man muss Fische fangen, tauchen, auf dem Meeresgrund die fest an den Steinen haftenden Muscheln losreissen k?nnen, -- man muss wissen, muss k?nnen.

Ich, der Kulturmensch, stand in dieser Hinsicht weit hinter den Wilden zur?ck. Ich beneidete sie. Ich sah ihr gl?ckliches, friedliches Leben um mich her, ohne gr?ssere Anstrengung, als die t?glichen Bed?rfnisse es erforderten -- ohne die geringste Sorge um Geld. Wem sollte man etwas verkaufen, wo die Erzeugnisse der Natur jedem zu Gebote stehen?

Da, als ich mit leerem Magen auf der Schwelle meiner H?tte sass und betr?bt an meine Lage und die unvorhergesehenen, vielleicht un?berwindlichen Hindernisse dachte, die die Natur zwischen sich und den Kulturmenschen stellt -- bemerkte ich einen Eingeborenen, der mir gestikulierend etwas zurief. Die sehr ausdrucksvollen Geb?rden ersetzten die Worte, und ich verstand, dass mein Nachbar mich zum Essen einlud. Mit einem Kopfsch?tteln lehnte ich ab. Dann ging ich besch?mt, ich glaube ebensosehr, weil ich das Anerbieten zur?ckgewiesen, wie wenn ich es angenommen h?tte, in meine H?tte zur?ck.

Nach einigen Minuten stellte ein kleines M?dchen, ohne etwas zu sagen, gekochtes Gem?se und sauber von frisch gepfl?ckten gr?nen Bl?ttern umh?llte Fr?chte vor meine T?r. Ich war hungrig. Und ebenfalls ohne ein Wort zu sagen, nahm ich es an.

Kurz darauf ging der Mann an meiner H?tte vor?ber und fragte l?chelnd, ohne stehen zu bleiben:

-- Pa?a?

Ich erriet: Bist du zufrieden?

Das war der Beginn gegenseitiger Vertraulichkeit zwischen mir und den Wilden.

>>Wilde!<< dieses Wort kam mir unwillk?rlich ?ber die Lippen, als ich diese schwarzen Wesen mit den Kannibalen-Z?hnen betrachtete. Doch bald erkannte ich ihre echte, ihre fremdartige Anmut ... Wie jenes braune K?pfchen mit den sanften niedergeschlagenen Augen, jenes Kind unter B?schen grosser Bl?tter des Giromon mich eines Morgens ohne mein Wissen beobachtete und entfloh, als mein Blick dem seinen begegnete ...

Wie sie mir, war ich ihnen ein Gegenstand der Beobachtung und eine Ursache des Staunens, einer, dem alles neu war, der nichts kannte. Denn ich kannte weder ihre Sprache, noch ihre Gebr?uche, selbst nicht die einfachsten notwendigen Handgriffe. -- Wie jeder von ihnen f?r mich, war ich f?r jeden von ihnen ein Wilder.

Und wer von uns beiden hatte recht?

Ich versuchte zu arbeiten, machte allerlei Notizen und Skizzen.

Aber die Landschaft mit ihren starken, reinen Farben blendete mich, machte mich blind. Ich war immer unentschieden, suchte und suchte ...

Und dabei war es so einfach zu malen, wie ich es sah, ohne viel ?berlegung ein Rot neben ein Blau zu setzen! Vergoldete Gestalten in B?chen und am Strande entz?ckten mich, warum z?gerte ich, diesen Sonnenjubel auf meine Leinwand zu bannen.

Oh! diese alten europ?ischen ?berlieferungen! die furchtsame Ausdrucksart entarteter Rassen!

-- Wie gef?llt dir das? fragte ich sie.

Meine Nachbarin erwiderte:

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