bell notificationshomepageloginedit profileclubsdmBox

Read Ebook: Noa Noa by Gauguin Paul Wolf Luise Translator

More about this book

Font size:

Background color:

Text color:

Add to tbrJar First Page Next Page Prev Page

Ebook has 636 lines and 21720 words, and 13 pages

Meine Nachbarin erwiderte:

-- Sie ist sehr sch?n.

Ich l?chelte ?ber diese Bemerkung, und sie r?hrte mich. Hatte sie denn Verst?ndnis f?r das Sch?ne? Was aber w?rden die Professoren der Akademie der Sch?nen K?nste dazu sagen?

Nach einem f?hlbaren Schweigen, wie es einer Gedankenfolgerung vorauszugehen pflegt, f?gte sie pl?tzlich hinzu:

-- Ist das deine Frau?

-- Ja.

W?hrend sie neugierig einige religi?se Kompositionen der italienischen Primitiven pr?fte, begann ich eilig, ohne dass sie es sah, ihr Portr?t zu skizzieren.

Sie merkte es pl?tzlich, rief schmollend -- A?ta! und lief davon.

Eine Stunde sp?ter war sie in einem sch?nen Kleid, die Tiar? hinterm Ohr, wieder da. -- Geschah es aus Koketterie? aus Freude, nach der Weigerung freiwillig nachzugeben? Oder war es einfach das Lockende der verbotenen Frucht, die man sich selber verwehrt? Oder noch einfacher vielleicht blosse Laune, ohne jeden andern Beweggrund, wie die Maories sie gewohnt sind?

Ohne Z?gern machte ich mich an die Arbeit, ohne Z?gern und fieberhaft. Ich war mir bewusst, dass von meiner Leistung als Maler die physische und moralische Ergebenheit des Modells, eine rasche, stillschweigende, unweigerliche Einwilligung abhing.

Nach unsern Regeln der ?sthetik war sie wenig sch?n.

Aber sie war sch?n.

Ihre Z?ge waren von einer raffaelischen Harmonie, und den Mund hatte ein Bildhauer modelliert, der es versteht, in eine einzige bewegliche Linie alle Freude und alles Leid zu legen.

Ich arbeitete hastig und leidenschaftlich, denn ich wusste wohl, dass auf die Zustimmung noch nicht zu rechnen war. Ich zitterte davor, in diesen grossen Augen Furcht zu lesen und Verlangen nach dem Unbekannten, die Melancholie bitterer Erfahrung, die jeder Lust zugrunde liegt, wie das unfreiwillige, souver?ne Gef?hl der Selbstbeherrschung. Solche Gesch?pfe scheinen uns zu unterliegen, wenn sie sich uns geben, und unterliegen doch nur ihrem eigenen Willen. Sie beherrscht eine Kraft, die etwas ?bermenschliches hat -- oder vielleicht etwas g?ttlich Animalisches.

Jetzt arbeitete ich freier, besser.

Aber meine Einsamkeit qu?lte mich. Ich sah in dieser Gegend zwar junge Frauen und M?dchen mit ruhigem Blick, echte Tahitianerinnen, und einige darunter h?tten vielleicht gern das Leben mit mir geteilt. -- Aber ich wagte nicht sie anzureden. Sie sch?chterten mich wirklich ein mit ihrem sicheren Blick, der W?rde ihrer Haltung und den stolzen Geb?rden.

Dennoch wollen alle >>genommen<<, buchst?blich brutal genommen sein , ohne ein Wort. Alle haben den geheimen Wunsch nach Vergewaltigung: weil durch diesen Akt m?nnlicher Autorit?t der Weibwille seine volle Unverantwortlichkeit beh?lt -- denn so hat es ja nicht seine Einwilligung zum Beginn einer dauernden Liebe gegeben. M?glich, dass dieser erst so emp?renden Gewalt ein tiefer Sinn zugrunde liegt, m?glich auch, dass sie ihren wilden Reiz hat. Ich dachte wohl daran, aber ich wagte es nicht.

Und dann hielt man mehrere von ihnen f?r krank, von jener Krankheit befallen, die den Wilden als erste Stufe des Kulturlebens von den Europ?ern gebracht wird ...

Und wenn die Alten, auf eine von ihnen weisend, zu mir sagten:

-- Ma? t?ra , hatte ich weder die notwendige K?hnheit noch Vertrauen. Ich liess Titi sagen, dass ich sie mit Vergn?gen wieder aufnehmen wolle.

Sie kam sogleich.

Der Versuch missgl?ckte, und an der Langeweile, die ich in der Gesellschaft dieser an den banalen Luxus der Beamten gew?hnten Frau empfand, konnte ich ermessen, welche Fortschritte ich bereits in dem sch?nen Leben der Wilden gemacht hatte.

Nach Verlauf einiger Wochen schieden Titi und ich f?r immer voneinander.

Ich war wieder allein.

Meine Nachbarn sind mir Freunde geworden. Ich esse und kleide mich wie sie. Wenn ich nicht arbeite, teile ich ihr Leben der Einfalt und der Freude, das sich zuweilen j?h in Ernst verwandelt.

Eine Frau beginnt, ihre Stimme erhebt sich gleich einem Vogel im Fluge und geht durch alle T?ne bis zum h?chsten der Tonleiter, steigt und singt in starken Modulationen und schwebt schliesslich ?ber den Stimmen der ?brigen Frauen, die ihrerseits nun auffliegen, wenn man so sagen darf, ihr folgen und sie getreulich begleiten. Mit einem einzigen gutturalen, barbarischen Schrei schliessen zuletzt alle M?nner einstimmig den Gesang.

Zuweilen kommt man zum Plaudern oder Singen in einer H?tte zusammen.

Mit einem Gebet wird begonnen, ein Greis spricht es gewissenhaft vor, und alle Anwesenden wiederholen es. Dann wird gesungen, oder es werden lustige Geschichten erz?hlt. Der Inhalt dieser Erz?hlungen ist sehr zart, kaum greifbar, es sind in das Gewebe gestickte, durch ihre Naivit?t so feine Details, die sie belustigen.

Seltener gibt man sich mit der Er?rterung ernster Fragen oder weiser Vorschl?ge ab. Eines Abends wurde folgender gemacht, den ich nicht ohne Staunen h?rte:

-- In unserm Dorf, sagte ein Greis, sieht man hier und dort zerfallene H?user, geborstene Mauern und morsche halboffene D?cher, durch die N?sse dringt, wenn es zuf?llig einmal regnet. Warum? Jedermann hat das Recht, vor Wind und Wetter gesch?tzt zu sein. Es fehlt weder an Holz noch an Laub zur Herstellung der D?cher. Ich schlage vor, gemeinschaftlich ger?umige solide H?tten an Stelle der unbewohnbar gewordenen zu bauen. Wir wollen alle der Reihe nach Hand anlegen.

Alle Anwesenden spendeten ihm ohne Ausnahme Beifall:

Der Antrag des Greises wurde einstimmig angenommen.

Ein kluges und gutes Volk, dachte ich, als ich abends nach Hause kam.

Aber am folgenden Tage, als ich mich nach dem Beginn der gestern verabredeten Arbeit erkundigte, merkte ich, dass niemand mehr daran dachte. Das t?gliche Leben nahm wieder seinen Gang, und die von dem weisen Ratgeber bezeichneten H?user blieben zerfallen wie zuvor.

Auf meine Fragen erhielt ich nur ein ausweichendes L?cheln zur Antwort.

Aber gerunzelte Brauen zogen bedeutsame Linien in diese tr?umerischen Stirnen.

Ich zog mich verwirrt, aber mit dem Gef?hl zur?ck, eine t?chtige Lektion von meinen Wilden erhalten zu haben. Sie taten wahrlich recht, dem Vorschlag des Greises beizustimmen. Vielleicht hatten sie auch recht, dem gefassten Entschluss nicht weiter Folge zu leisten.

Wozu arbeiten? Die G?tter sind da, ihren Getreuen von den G?tern der Natur zu spenden.

-- Morgen?

-- Vielleicht! aber was auch geschehen mag, heiter und wohlt?tig wird die Sonne morgen aufgeben, wie sie es heute getan.

Ist das Sorglosigkeit, Leichtsinn, Unbest?ndigkeit? Oder vielleicht tiefe Philosophie? -- Wer weiss? H?tet euch vor dem Luxus! H?tet euch, unter dem Vorwande der Vorsorge Geschmack daran zu finden und ihn f?r notwendig zu halten ...

Das Leben gestaltete sich t?glich besser. Ich verstehe die Sprache der Maories jetzt ziemlich gut und werde sie bald ohne M?he sprechen k?nnen.

Meine Nachbarn -- drei ganz in der N?he und andere zahlreiche in einiger Entfernung voneinander -- betrachten mich als einen der Ihren.

In der fortw?hrenden Ber?hrung mit den Kieselsteinen sind meine F?sse abgeh?rtet und an den Boden gew?hnt. Mein fast best?ndig nackter K?rper leidet nicht mehr unter der Sonne.

Die Zivilisation verl?sst mich allm?hlich.

Ich fange an einfach zu denken, nur wenig Hass gegen meinen N?chsten zu empfinden -- eher ihn zu lieben.

Ich geniesse alle Freuden des Lebens -- animalische wie menschliche. Bin alles Erk?nstelten, aller Konvention, aller Gewohnheiten ledig. Ich komme der Wahrheit nahe, der Natur. Mit der Gewissheit, eine Reihe freier, sch?ner Tage wie der heutige vor mir zu haben, senkt sich Friede auf mich herab, ich entwickle mich normal und besch?ftige mich nicht mit unn?tzen Dingen.

Ich habe einen Freund gewonnen.

Er ist von selber zu mir gekommen, und ich darf gewiss sein, dass kein niedriger Eigennutz ihn dazu veranlasst hat.

Es ist einer meiner Nachbarn, ein schlichter, sehr sch?ner, junger Bursche.

Meine farbigen Bilder und meine Holzschnitzereien haben seine Neugierde geweckt; meine Antworten auf seine Fragen haben ihn belehrt. Es vergeht kein Tag, an dem er mir nicht beim Malen oder Schnitzen zuschaut ...

Add to tbrJar First Page Next Page Prev Page

 

Back to top