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Read Ebook: Frank Reade Jr. With His New Steam Man in Central America by Senarens Luis

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Ebook has 1326 lines and 25601 words, and 27 pages

Anmerkungen zur Transkription:

Die Originalausgabe enth?lt einige Druckfehler und Unregelm?ssigkeiten in der Zeichensetzung. Korrekturen sind im Text durch geschweifte Klammern gekennzeichnet, wie zum Beispiel . Einzelheiten zu den Korrekturen sowie weitere Anmerkungen befinden sich am Ende des Textes.

AN HEILIGEN WASSERN

Roman aus dem schweizerischen Hochgebirge

von

J. C. Heer

Stuttgart und Berlin 1910 J. G. Cotta'sche Buchhandlung Nachfolger

Alle Rechte vorbehalten

D?rfer und Flecken, selbst eine kleine Stadt, deren Wahrzeichen zwei altersgraue Ruinen auf kahlem Felsen sind, erheben sich mit s?dlichen Silhouetten am Strom, der seine grauen Wellen aus dem Hochgebirge w?lzt.

Im Thalwind erzittern die schlanken Ruten der Silberweiden und die Bl?tter der Pappeln, welche die Wasser s?umen, ?ber die H?tten neigen sich der Kastanien- und der Feigenbaum, die Rebe klettert ?ber das Gestein, das Land ist licht und ?ppig, als w?r's der Traum eines italienischen Malers.

Von Stelle zu Stelle aber schaut durch gr?ne Waldeinschnitte ein fernes, in sonniger Sch?nheit aufleuchtendes Schneehaupt in die Stromlandschaft und erinnert den Wanderer, dass er just da im Hochgebirge geht, wo es seine Zinken und Zacken am h?chsten erhebt.

Emsige Wildwasser, die aus dunklen Schluchten hervorbrechen, reden von stillen Seitenth?lern, die hinter tr?umenden L?rchenw?ldern versteckt bis an die ewigen Gletscher reichen.

Fast unvermittelt ber?hren sich in dieser Gegend Nord und S?d.

Vom alten Flecken Hospel, auf den ein graues Schloss niederschaut, f?hrt eine schmale, doch fahrbare Strasse in eines dieser Seitenth?ler, in das vier Stunden lange Glotterthal, aus dessen Hintergrund die Krone, eines der erhabensten Bergbilder des Landes, mit dem Licht ihrer Firnen bis zum Strome herniedergr?sst.

Ein heisser, br?melnder Junimittag. Auf dem Glotterweg, der sich zuerst in manchen Kehren durch die Weinbergterrassen von Hospel windet, f?hrt ein leichter Leiterwagen langsam bergan. Der Mann, der neben ihm geht, ein halb sonnt?glich gekleideter Vierziger, der f?r einen Gebirgsbauern zu vornehm aussieht, tr?gt im glattrasierten Gesicht, das ein dunkler Filz ?berschattet, und in der ganzen Erscheinung doch das Wesen der Gebirgsbewohner dieser Gegend: h?nenhafte Kraft, Ruhe und eine gewisse Verschlagenheit.

>>Guten Tag, Presi,<< rufen die Frauen, die mit umgeschlagenen roten T?chern im Sonnenbrand der Reben stehen. >>Wohl, wohl, das langt wieder eine Weile!<< Und sie deuten lachend auf das F?sschen, das auf einer Strohunterlage im W?gelchen liegt.

>>Ja, es thut's!<< erwiderte er den Gruss kurz, doch mit freundlichem Wort. Er bl?st die Rauchwolken einer Zigarre in die Luft und t?tschelt den Hals des Tieres: >>Kleiner, es geht bergan, wehre dich, am Schmelzwerk wartet die Galta auf dich, wehre dich.<<

Als habe das struppige z?he Pferd Verst?ndnis f?r seine Zurede, reisst es mit jeder Liebkosung st?rker an den Str?ngen, aber von Zeit zu Zeit n?tigt es der steile ausgewaschene Weg, mit dem W?gelchen stille zu stehen und Atem zu sch?pfen. Dann fliegt ein Zug der Ungeduld ?ber das Gesicht des Mannes, doch er fasst sich, legt einen Stein unter das Rad und wartet ruhig, bis das Tier von selber den m?hsamen Zug wieder aufnimmt.

Langsam geht die Fahrt, doch wer ins Glotterthal fuhrwerkt, ist sich dessen gew?hnt.

>>Am Schmelzwerk wartet die Galta auf dich,<< wiederholt der F?hrer. Aber von Hospel bis zum Schmelzwerk sind es drei Stunden zu Fuss, mit dem Fuhrwerk noch mehr, und dann ist es noch eine Stunde nach dem Dorfe St. Peter, das weltverloren unter den Firnfeldern der Krone liegt.

Der Weg windet sich, wenn er die Rebberge von Hospel verlassen hat, in eine Felsenschlucht, ?ber der alte F?hren ihre blaugr?nen Schirme halten, dann ber?hrt er in dem sich weitenden Thal die D?rfer Fegunden und Tremis, die mit sonngedunkelten Holzh?usern auf gr?ner Wiesenhalde liegen, und wird eben.

Tief unter ihm gischtet der Fluss in der Felsenschlucht, die altersgrauen L?rchen neigen sich dar?ber und schwanken im Luftzug, Bergnelken hangen ?ber die R?nder und verzieren den Abgrund mit bl?hendem Rot.

Nur das Rauschen der Glotter und das gleichf?rmige Ticktack der Merkh?mmer einer grossen Wasserleitung, die in entlegener H?he dahinf?hrt, unterbrechen die Stille des Thales.

Die Leitung heisst das >>helige Wasser<< und befruchtet die sonnengl?henden Weing?rten, die Aecker und Wiesen Hospels und der f?nf D?rfer, die um den Flecken liegen.

Wenn man drei Stunden bergauf und ebenhin ?ber schmale Mattenstreifen gegangen ist, kommt man zu der alten verwitterten Kapelle der Lieben Frau, wo der Weg auf einem vielhundertj?hrigen vermoosten Br?ckenbogen ?ber die Schlucht nach dem Schmelzwerk St. Peter hin?berspringt.

Um die halb zerfallenen Geb?ude des ehemaligen Bergwerkes dehnt sich des Teufels Garten.

Auf H?geln alter verglaster Schlacken bl?ht der rote Mohn, die K?nigskerze reckt ihre goldigen Bl?tensch?fte, das Singr?n spinnt seine blauen Blumenketten um die Scherben, allerlei bl?hender Wust und viele Brennesseln wuchern zwischen ihnen empor, stahlblaue Fliegen und Schmetterlinge gaukeln ?ber die wilde Pracht.

An einem verkr?ppelten Ahorn stand an jenem Nachmittage, wo Peter Waldisch, der Pr?sident von St. Peter, durchs Thal fuhr, eine Mauleselin angebunden. Sie sch?ttelte den Kopf, scharrte mit dem linken Vorderfuss und erhob trotz dem Schatten, den ihr die Ruine spendete, von Zeit zu Zeit ein kl?gliches Geschrei. Dann tauchte aus der wilden Ueppigkeit der bunt bekr?nzte Schwarzkopf eines M?dchens auf, das auf den blossen braunen Armen ein ?berm?chtiges B?ndel von Blumen trug. >>Ich komme, Galta, ich komme,<< rief sie dem Tier beg?tigend zu, dann verschwand die ganze Gestalt wieder in den Wogen des Sommerwustes, bis sie so viel Blumen an die Brust dr?ckte, als ihr Arm fassen konnte. Da watete sie endlich aus der Wirrnis. Ihr kurzes R?ckchen sch?tzte sie nur bis wenig unter die Kniee, aber gewandt wie ein Wiesel wich sie den vielen Brennesselb?schen aus, die ihre nackten F?sse und Waden bedrohten. Eine lebendig gewordene Bronzefigur, Gesicht, Arme, F?sse sonnengebr?unt, war sie fast so wild wie die Wildnis, die sie durchschritt, im Kopf standen ein paar feurige Augen, wie die einer Zigeunerin; doch sah man dem M?dchen gleich an, dass es kein Bauernkind war, daf?r war alles an ihr zu zart und zu fein.

Sie eilte mit leichten F?ssen ?ber die Br?cke zu der alten Kapelle, kniete nieder und steckte ihre Blumen in das h?lzerne Vorgitter des kleinen Gotteshauses, so dass es bekr?nzt war wie f?r ein Fest.

>>Das wird die Mutter Gottes freuen!<< sagte sie, ihr Werk betrachtend.

Pl?tzlich horchte sie neugierig und verwundert in die blaue warme Luft. Ein Rollen wie von fernem Gewitter ging durch die Stille des Nachmittags. Es war Lawinendonner, den die Luft von den Bergen herniedertrug. Am schmalen Himmelsband ?ber dem Thal waren weisse F?hnstriche hingeweht, die Schl?ge der Fr?hsommerlawinen und kleinen Gletscherbr?che lebhafter denn sonst.

Jetzt blickte sie von der Kapelle den Weg hinab und legte die Hand zum Schutz gegen die brennende Sonne ?ber die dunklen Augen.

Der Vater kam noch nicht, daf?r zwei Kinder mit Tragkraxen, beide mit Bergst?cken in der Hand.

>>Vroni! Josi!<< Mit lebhaftem Ausbruch der Freude sprang sie ihnen entgegen.

>>Hast schwer, Vroni? Hast schwer, Josi? H?ttet ihr die Last meinem Vater auf das W?gelchen gegeben, er ist heute nach Hospel gefahren, ich erwarte ihn hier mit Vorspann.<<

Josi sch?ttelte nur den Kopf. Die beiden Geschwister stellten ihre Kraxen auf die h?lzerne Bank vor der Kapelle, wischten sich den Schweiss aus der Stirn und setzten sich gelassen hin. Binia, die Blumensucherin, betrachtete die beiden wohlgef?llig. Vroni, unter deren niedrigem altem Strohhut das Goldhaar hervorquoll und in gl?nzenden F?den um die ger?teten Wangen flog, war nur ein Jahr, Josi, der kr?ftige Bursch, der einen ?hnlichen Hut trug, zwei Jahre ?lter als sie. Und sie war zw?lf.

>>Sechzig Pfund hab' ich,<< sagte Josi, die Beine schlenkernd, an denen die schwergenagelten Holzschuhe klapperten, >>die Vroni hat vierzig, ob so viel Mehl wohl reicht bis zur Ernte?<<

>>Es wird schon langen m?ssen, aber dann wird's gut, das Aeckerchen tr?gt dieses Jahr viel Korn,<< erwiderte Vroni hausm?tterlich froh.

Da ging wieder ein langhallender Donner durch die Ruhe des Thales. Josi sprang auf: >>Ja, es ist doch wahr. Die Wildleutlaue geht wieder los! Sieben Jahr ist der Gletscher zur?ckgegangen und sieben Jahr gewachsen, das letzte Jahr war ein schlechter Sommer und jetzt ist ein guter -- da bricht der Eissturz los!<<

Binia liess die Schwarzaugen funkeln, Vroni mahnte ab: >>Sage nichts S?ndiges, schau' doch in die Kapelle, wie viel Marterkreuze von denen an den W?nden stehen, die in die Felsen haben steigen m?ssen, wenn das helige Wasser von der Wildleutlawine zerst?rt worden ist.<<

Die Kinder warfen einen schaudernden Blick in die D?mmerung der Kapelle. Ihre W?nde waren mit h?lzernen und eisernen T?felchen ganz bedeckt, auf denen die Namen von Verungl?ckten und fromme Spr?che standen.

>>O, wie traurig,<< sagte Vroni, >>da ist es kein Wunder, wenn die Leute bei uns nicht so laut singen und lachen m?gen, wie draussen im grossen Thal und alle so still und ernst sind.<<

Aber die anderen hatten keine Lust, ihren Betrachtungen zu folgen.

>>Du, Vroni, erz?hl' uns doch wieder einmal die Geschichte von den heligen Wassern, du erz?hlst sie so sch?n,<< schmeichelte Binia, indem sie sich flink zwischen die Geschwister dr?ngte und an die Freundin schmiegte.

>>Das ist eine lange Geschichte,<< warf Vroni ein, es war aber, als gehe von den dunklen Augen Binias ein Zwang auf sie, sie l?chelte und streckte die rote Sch?rze zurecht: >>Ja, nun so, wir kommen schon noch heim.<<

Von ihrer Mutter hatte Vroni den Ruf einer geschickten Erz?hlerin ?berkommen. Ihre blauen Augen gingen tr?umerisch ins Weite, sie ?berlegte, faltete die H?nde ?ber dem Knie und begann: >>Also, das ist so lange her, dass es nirgends in den B?chern aufgeschrieben steht. Da gab es neben uns rechten Leuten im Glotterthal noch Wildm?nnlein und Wildweiblein, die in den W?ldern wohnten. Es geschah nun, dass einer von den rechten Hirten ein Wildm?dchen Namens Gabrisa, das m?chtig sch?n war, lieb gewann. Ihr dunkles Haar reichte bis auf den Boden, ihr Gesicht war weiss und ihre Stimme t?nte wie Glockenspiel. Allein ihrem Geliebten missfiel es, dass sie jedesmal, wenn Vollmond war, zu den Ihrigen in den Wald verschwand. Einmal brachte er nun am Tag vor dem Vollmond Wein von Hospel herauf. 'Trink, Gabrisa,' sagte er. 'Ist das g?ldenes Wasser?' fragte sie, denn sie kannte den Wein nicht. Und er antwortete: 'Ja, das ist g?ldenes Wasser.' Da trank Gabrisa und der Wein schmeckte ihr gut. Als sie in den Wald eilen wollte, trugen sie die F?sse nicht, sie schwankte, fiel und schlief ein; als sie aber erwachte, sprang sie in den Wald, wandte sich noch einmal nach dem Geliebten um und sang ihm mit ihrer sch?nen Stimme zu:

'G?ldenes Wasser, das macht mir Pyn, Ich darf nit mehr dine Liebste syn!'

Das M?dchen war verschwunden. Aus Zorn ?ber den Schimpf, der Gabrisa und damit sie alle getroffen, bannten die Wildleute die Wolken, dass sie ihr Nass nicht mehr ?ber Hospel und die f?nf D?rfer ausleeren konnten, wo der Wein, den sie getrunken hatte, gewachsen war. Die Rebberge verdorrten, Aecker und Wiesen standen ab, es trat eine grosse Hungersnot und ein grosses Sterben ein, das nicht mehr aufh?ren wollte.<<

Die Erz?hlerin ruhte einen Augenblick, als ob sie sich sammeln wollte, sie war so mit sich selbst besch?ftigt, dass sie nicht sah, wie Josi, ihr Bruder, die Augen unverwandt auf das blumenbekr?nzte Haupt Binias geheftet hielt, auch diese selbst sp?rte es nicht, denn sie hatte ihre Lebhaftigkeit geb?ndigt und hing mit ihren Blicken an Vroni.

Ehe diese den Faden ihrer Geschichte wieder aufnehmen konnte, schrie Galta, das arme Vieh, das die Kinder ganz vergessen hatten, so stark, dass die pflichtvergessene Binia aufsprang und ?ber die Br?cke zu ihr hin?bereilte.

Da sagte Josi unvermittelt, als h?tte er von der Geschichte seiner Schwester gar nichts geh?rt: >>Bini ist aber ein sch?nes M?dchen!<<

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