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Read Ebook: Die Hochzeit der Esther Franzenius: Roman by Schwabe Toni

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Ebook has 1220 lines and 33841 words, and 25 pages

Da kam eine pl?tzliche Energie in die Haltung des blassen M?dchens, und sie richtete ihre, sehr sch?nen, ausdrucksvollen Augen auf Esther: >>Wer auch zu mir k?me, ich wollte niemand als dich. Du bist gut zu mir gewesen wie sonst kein Mensch. Und ich habe alles von dir bekommen -- alles!<<

Esther dachte: Ich habe ja so wenig zu geben -- es ist alles so fest in mich eingewachsen, dass nicht Wort und nicht Geb?rde es l?sen k?nnte. -- Ich geh?re ja zu denen, die schweigen m?ssen. Weshalb glaubt sie nur an mich? -- Und sie sagte: >>Wenn du nur nicht einmal siehst, dass ich dir nicht gen?ge.<<

>>Ich will nichts von dir. Ich will dich nur lieb haben d?rfen,<< sagte die andre.

Und sie sassen nieder an einer H?gelb?schung. Vor ihnen lief der Fluss, und das Wasser war so blank wie Glas. Dr?ben am andern Ufer wurde Heu gemacht. Das Uferschilf rasselte manchmal in die Stille hinein, wie ein wohlbewaffnetes Heer, das unversehens aus seinem Versteck brechen will. --

Ganz pl?tzlich kam ihr der Wunsch wohlzuthun. Sie nahm die Hand des h?sslichen M?dchens und k?sste sie.

Sp?ter, zum Fr?hling hin, geschah es.

Da war Esther einmal im Nebenzimmer, wie Maria und Lothar in der D?mmerung zusammensassen. -- Ja, es war in der D?mmerung, wo sich die Seelen n?her kommen, wo jenseits alles Fremden und Irreleitenden ein Ich zum andern findet.

Esther h?rte es.

Sie h?rte ihre freien, gl?cklichen Z?rtlichkeiten und ihre Worte der Zusammengeh?rigkeit.

Da streifte Maria das leichte Gewand der Melancholie herunter, und sie zeigte sich ihm, wie sie im Grunde war: die Gl?ckspendende -- die Priesterin der Seligkeit.

Sein Herzschlag musste sich jetzt mit ihrem einen -- --

Wie denn? -- Er lachte -- denn er konnte mit all seiner Schwermut und Herbe versinken in ihrem leichten Gl?ckswagemut.

Esther f?hlte ihm nach --

Nein, sie f?hlte ihm nicht mehr nach! Zum erstenmal l?ste sich ihre Pers?nlichkeit von seiner, nicht um zur?ckzutreten, sondern sie stellte sich ihm entgegen. Sie f?hlte, wie es sein m?sste, wenn er zu ihr, zu Esther gefunden h?tte. So ganz anders w?re das gewesen: Schwer und mit Thr?nen m?ssten sie zusammenkommen -- und es w?rde sein wie ein tiefes Leid. -- Und sie w?rden ringen aneinander, weil keiner zum andern f?nde -- weil sie zu ?hnlich waren und keiner den andern ausl?sen k?nnte. --

Und dr?ben h?rte sie seine entz?ckte Stimme. -- >>Maria Liebe -- Liebste du --<<

Da war ihr, als m?sste sie das Gesicht verbergen. Und sie lief hinaus in ihre Kammer. Und sie konnte nicht weinen -- und sass auf ihrem Bett und starrte in das Dunkel. -- Ja, sie sah das Dunkel von Angesicht zu Angesicht, wie es ihr schweigend entgegenblickte.

Und da fand sie einen neuen Willen.

Esther wollte sich Neuland erobern.

Doch es wurde Fr?hling und Sommer, bis sie ihren Plan ausf?hrte. Sie hing so stark an der Heimatserde. Und sie dachte an die s?sse Hilflosigkeit Marias, und auch die praktische Abh?ngigkeit des Vaters, der als Gelehrter jeder ?nderung seiner Gewohnheiten angstvoll, ratlos gegen?berstand, fiel ihr aufs Herz.

Aber ihrer Familie gegen?ber fand sich Ersatz f?r ihre Abwesenheit.

Lydia kam in ihrer bescheidenen Selbstverst?ndlichkeit. Lydia zog ein in Esthers Zimmer, und es war, als h?tte sie nie einen andern Wunsch gehabt, als nun Hintergrund f?r Marias Sch?nheit zu sein.

Am letzten Abend ging Esther mit Lydia durch den Garten. -- Sie strich ganz heimlich mit der Hand ?ber die Zweige der B?sche und sah das Bild ihrer einstigen Heimkehr. Sie sah sich wiederkommen -- getrieben vom Heimweh nach alten Schmerzen -- und wollte doch davon nichts wissen, denn sie ging ja in das neue Leben, um zu ?berwinden.

>>So schwer wird mir das Fortgehen,<< sagte sie m?de.

Und Lydia darauf: >>Ich weiss, du l?sst deine Jugend zur?ck.<< -- -- -- --

Den ganzen andern Tag h?rte sie in sich dieses Wort nachklingen, stiess es zur?ck, holte es mit einer seltsamen heimlichen Lust an seinem Klang wieder hervor und verl?ugnete es um so heftiger.

Sie reiste ganz nach dem Norden von D?nemark. Die Fahrt von Hamburg nach der kleinen K?stenstadt machte sie in der Nacht.

Sie konnte nicht zum Schlafen kommen, sass die ganze Nacht ?ber am ge?ffneten Fenster und sp?rte den tragischen Reiz der hellen nordischen Sommernacht.

Lange, lange Wiesen mit dem weidenden Vieh, das jetzt zum Schlafen hingestreckt lag, aber gleich darauf vom L?rm des Zuges geschreckt in die d?mmernde Ebene hineingaloppierte.

Und am Himmel wechselte ein leuchtendes Farbenspiel. Dort gl?hten die sehns?chtigen W?nsche ?ber der verhaltenen Resignation der Ebene.

Nach Mitternacht wehte Seeluft her?ber. Und dann lag im Morgennebel der bl?uliche Fjord mit seinen vertr?umten gr?nen Ufern.

Weiter noch gen Norden bl?hte die Heide, wie in einem weiten, jubelnden Ton des Erwachens.

Nun kamen die kleinen Ortschaften, alle durch eine hohe gr?ne Baumhecke gegen die Windseite gesch?tzt, zuweilen aus ihrer Mitte den kahlen und n?chternen Bau einer Missionskirche f?rmlich ausstossend. -- Und einzelne Bauernh?fe lagen am Weg mit den tiefgedachten H?usern, die sich ganz niederkauern im ?ppigen Gr?n ihrer G?rten, die in Wohllustschlaf versunken scheinen ob all dem Bl?hegeruch ringsum.

Endlich, gegen Mittag kam das Reiseziel.

Vor dem Bahnhof waren gr?ne Anlagen, in die man beim Einfahren hineinsah. Und ganz pl?tzlich kam bei diesem Anblick die wunderliche Vorstellung einer Heimkehr ?ber Esther. Sie f?hlte einen Augenblick lang diese Ankunft im fremden Land wie eine Wiederkehr zu alt vertrauter Umgebung. Ja, sie glaubte sogar die Wege schon zu kennen, die hinter den verdeckenden B?umen in die Stadt hineinf?hren mussten.

Sie stieg aus und wurde von fremden Menschen empfangen, und ging doch lange noch wie von einem Traum verwirrt.

Esther verstand reichlich wenig von der Tischunterhaltung, obschon ihre Mutter eine D?nin gewesen und fr?her zuweilen mit den Kindern in ihrer Muttersprache geredet hatte. -- Es war so ein grosser l?rmender Kreis, und es lag wie Kinderlust ?ber den Menschen, eine Atmosph?re der Harmlosigkeit und leichtesten Lebensfreude, die Esther nicht sogleich aufzufassen vermochte. Doch das alles kam ihrem Herzen nahe.

Da gab es noch f?nf G?ste ausser ihr, und sie alle waren mit einer schier unglaublichen Ess- und Lachlust angethan.

Neben Esther sass Louise, die Tochter des Hauses. Sie hatte einen feinen, leicht vorgebeugten Nacken und eine liebliche Art, sich zu bewegen. -- Esther sah immer wieder zu ihr hin, und dann war es, als ob eine ganz leise Melodie zwischen ihnen anhebe -- durch all den frohen L?rm hindurch eine ganz heimliche, einsame Melodie der Harmonie. -- -- -- --

Esther wachte auf und h?rte Musik.

Es war ganz ruhig im Haus und schon d?mmerig. Sie erinnerte sich, nach Tisch auf ihrem Bett eingeschlafen zu sein.

Ein feiner, klagender Singsang erf?llte die Stille, und sie besann sich vergeblich, von welchem Instrument der wohl herr?hren mochte.

Dann ging sie den Kl?ngen nach: durch den d?mmerigen Hausflur, eine Treppe hinauf und zu einer angelehnten Th?r hinein. Da stand sie nun in einem Zimmer voll altv?terischer M?bel, zwischen denen ein Spinett, an dem Louise sass und spielte.

Es war, als l?gen die Erlebnisse weiter Vergangenheiten in diesem Raum, und wer auch zu den Fenstern hinaus auf das Meer sah, bekam ganz unwillk?rlich den Blick gereifter Erfahrung in die Augen. --

Luise brach pl?tzlich und scheu ihr Spiel ab, wie sie Esther kommen h?rte.

Sie sagte: >>Oh, ich glaubte mich allein im Haus,<< und strich mit einer verlegenen Bewegung ?ber die Tasten, gleich als h?tte sie einen entbl?ssten K?rper zu verdecken.

>>Und wolltest du nicht spielen, wenn jemand es h?rte?<<

>>Doch -- ja -- nur zuweilen darf niemand zuh?ren.<<

Esther antwortete nicht. Sie setzte sich an das Fenster, von dem aus man so weit ?ber das Meer sehen konnte, dass es den Leuten einen gereiften Blick gab. Sie sagte erst nach einer Weile: >>Was f?r ein Lied hast du gespielt -- wenn du mir das sagen magst --?<<

>>Ein ganz altes Volkslied ist es -- das Lied vom >Herre Peder< und der Helelide.<<

>>Willst du mir sagen, wie es geht?<<

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