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Read Ebook: Adams Tagebuch und andere Erzählungen by Twain Mark

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Ebook has 1009 lines and 53157 words, and 21 pages

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Mark Twains

Humoristische Schriften

Neue Folge. 5. Band

Adams Tagebuch

und andere Erz?hlungen

Von

Mark Twain

Autorisiert

Inhalt:

Adams Tagebuch -- Mein Reisegef?hrte, der Reformator -- Meine T?tigkeit als Reisemarschall -- Von allerhand Schiffen -- Der Roman einer Eskimo-Maid -- Die Erz?hlung des Kaliforniers -- Die Appetit-Anstalt u. s. w.

Stuttgart

Verlag von Robert Lutz

Alle Rechte vorbehalten.

Druck von A. Bonz' Erben in Stuttgart.

Inhalt

Adams Tagebuch 7

Mein Reisegef?hrte, der Reformator 35

Meine T?tigkeit als Reisemarschall 69

Von allerhand Schiffen 107

Der Roman der Eskimo-Maid 143

Die Erz?hlung des Kaliforniers 181

Die Appetit-Anstalt 201

Mein Eintritt in die Litteratur 231

Noch einmal >Gedankentelegraphie< 277

Besuch eines Interviewers 293

Adams Tagebuch.

Mark Twain.

Mein Leben ist nicht mehr so gl?cklich wie fr?her.

Bin darauf in einem Fass ?ber den Fall hinuntergesegelt, -- auch das war nicht nach ihrem Geschmack. Dann in einer Waschbutte, -- sie war noch immer nicht zufrieden. Ich schwamm durch den Strudel unterhalb des Falls und durch die Stromschnellen oberhalb des Falls in einem nagelneuen Schwimmanzug von Feigenbl?ttern, der dabei fast in Fetzen ging. Da bekam ich endlose Vorw?rfe wegen meiner Verschwendungssucht. Ich f?hle mich hier von allen Seiten eingeengt. Ein Ortswechsel wird mir gut thun.

Auch etwas Neues habe ich an ihr entdeckt. Sie kam in einer Art Umh?llung von Zweigen und Laubgewinden, und als ich sie fragte, was dieser neue Unsinn bedeuten solle, ihr das ganze gr?ne Zeug herunterriss und es auf die Erde warf, -- da zitterte sie an allen Gliedern, und wurde rot im Gesicht. Ich hatte noch nie jemanden zittern und rot werden sehen, es schien mir nicht nur unsch?n, sondern geradezu bl?dsinnig. Sie sagte aber auf meine Frage nur: ich w?rde das bald an mir selbst erfahren. Und darin hatte sie recht. Denn trotz meines Hungers legte ich den Apfel halb angebissen beiseite -- es war obendrein der feinste, den ich je gekostet habe, noch dazu bei so vorgeschrittener Jahreszeit -- und fing an, mich selber mit dem Gr?nzeug zu beh?ngen, das ich ihr eben vom Leibe gerissen hatte. Dann sah ich sie an, wie sie so dastand und befahl ihr mit Entr?stung, noch mehr Zweige und Bl?tter zu holen, weil es sonst ein wahrer Skandal sei. Sie gehorchte mir mit Eifer und dann schlichen wir beide nach dem Platz zur?ck, wo die wilden Tiere vorhin die Vernichtungsschlacht gek?mpft hatten und sammelten einige von den Fellen. Ich befahl ihr, daraus f?r uns ein paar Anz?ge zusammenzun?hen, in denen wir uns ?ffentlich zeigen k?nnten. Sie sind hart und unbequem, aber jedenfalls nach der neuesten Mode, und das ist ja schliesslich bei Kleidern die Hauptsache.

Ich finde neuerdings auch, dass sie eine ganz gute Gesellschafterin ist. Ohne sie w?rde ich jetzt recht einsam und traurig sein, nachdem ich meinen Grundbesitz verloren habe. Ueberdies hat sie mir eben gesagt, dass wir nach der neuen Ordnung der Dinge fortan f?r unsern Lebensunterhalt arbeiten m?ssen. Da kann sie sich n?tzlich machen. Sie wird arbeiten und ich werde die Aufsicht f?hren.

Es muss ein ganz junges Exemplar gewesen sein, als Eva es in dem Tannengeh?lz fing, denn es ist seitdem best?ndig gewachsen. Jetzt ist es wohl f?nfmal so gross wie damals, und wenn es etwas haben will und es nicht gleich bekommt, macht es dreissigmal mehr L?rm als fr?her. Zwang und Gewalt verm?gen nichts dagegen auszurichten, im Gegenteil, sie machen die Sache immer nur schlimmer. Darum habe ich das Zwangs-System, mit dem ich es eine Zeit lang versuchte, wieder aufgegeben, zumal ich ihr gegen?ber ohnehin damit einen besonders schwierigen Stand hatte. Sie bes?nftigt es immer mit Zureden und Sch?nthun und meistens damit, dass sie ihm alles giebt, was sie ihm zuerst rundweg abgeschlagen hat.

Wie ich schon bemerkt habe, war ich nicht zu Hause, als sie es brachte. Sie sagte mir, sie habe es im Walde gefunden. Es ist unbegreiflich, dass es das Einzige seiner Art sein sollte, aber ich habe mich die ganze Zeit ?ber m?de und lahm gesucht, um ein zweites Exemplar zu finden, teils um es unserer Sammlung hinzuzuf?gen, teils als Spielgef?hrten f?r unseres. Es w?rde dann gewiss stiller sein und sich leichter z?hmen lassen. Aber ich kann keines entdecken; auch nicht die leiseste Spur habe ich aufgefunden. Merkw?rdig! Es kann doch gar nicht anders leben als auf dem Erdboden und wenn es sich vorw?rts bewegt, m?sste es doch eine F?hrte hinterlassen. Ich habe wohl ein Dutzend Fallen und Schlingen gelegt, aber nichts dadurch erreicht. Alle kleinen Tiere kann ich fangen, nur dieses nicht. Sie gehen meist aus Neugierde in die Falle, nur um zu sehen, wozu die Milch eigentlich dort aufgestellt ist, glaube ich. Trinken thun sie die Milch nie, sie werfen sie h?chstens um.

Das ?ltere von beiden ist auch das weitaus zahmere. Es kann sogar plappern und lachen, wie ein Papagei. Und da auch Papageien so viel um uns herum sind, bin ich ?berzeugt, dass es das alles, und die Gabe der Nachahmung ?berhaupt, von ihnen gelernt hat. Na, wer weiss, -- vielleicht kommt es zuletzt noch heraus, dass es selbst eine Art Papagei ist. Ich w?rde mich gar nicht dar?ber wundern, wenn ich bedenke, was es alles schon gewesen ist seit jenen ersten Tagen, als ich es f?r einen Fisch hielt. Das neue ist grade so h?sslich wie das andere zuerst war; es hat gelblich-rote Fleischfarbe und auf dem Kopf nur hier und da einen ganz leisen Ansatz von Pelz. Sie hat ihm auch schon einen Namen gegeben -- Abel nennt sie es.

Abel ist ein guter Junge. Aber wenn Kain ein B?r geblieben w?re, so w?rde das besser f?r ihn gewesen sein.

Was mich anlangt, so sehe ich nach allen diesen Jahren ein, dass ich Eva im Anfang unrecht gethan habe. Es ist besser, ausserhalb des Gartens mit ihr zu leben, als im Garten ohne sie. Ich meinte zuerst, sie spr?che zuviel. Aber jetzt w?rde es mich aufs tiefste betr?ben, wenn diese Stimme verstummen und ich sie mein Lebtag nicht mehr h?ren sollte. Gesegnet sei der Apfelbiss, der uns zuerst einander so nahe gebracht hat, dass ich ihre Holdseligkeit und die G?te ihres Herzens erkennen lernte!

Mein Reisegef?hrte, der Reformator.

Es war im Fr?hjahr 1893; ich reiste nach Chicago, um die Weltausstellung zu sehen, sah sie zwar nicht, aber mein Ausflug war doch nicht ganz fruchtlos -- ich fand Ersatz f?r die Ausstellung. In New York machte ich die Bekanntschaft eines Majors von der Armee, der mir sagte, er wolle ebenfalls nach Chicago gehen; wir verabredeten uns, die Reise zusammen zu machen. Ich hatte vorher noch etwas in Boston zu tun, aber das machte ihm nichts; er sagte, er wolle den Umweg machen und mitkommen. Er war ein sch?ner Mann, von einem K?rperbau wie ein Gladiator, indes seine Manieren waren ruhig, seine Sprache war sanft und hatte etwas Ueberzeugendes an sich. Er war ein unterhaltender Gesellschafter, aber ungemein ruhig; dazu ohne jeglichen Sinn f?r Humor. Er nahm Interesse an allem, was um ihn herum vorging, allein sein Gleichmut war unersch?tterlich; nichts brachte ihn aus der Ruhe, nichts regte ihn auf.

Bevor indessen der Tag zu Ende war, bemerkte ich, dass er tief im Innern trotz all seiner Ruhe eine Leidenschaft hatte -- eine Leidenschaft f?r die Abstellung kleiner Missst?nde im ?ffentlichen Leben. Er schw?rmte f?r B?rgerpflicht -- das war sein Steckenpferd. Er war der Meinung, jeder B?rger der Republik m?sse sich selber als nichtamtlichen und unbesoldeten Polizisten betrachten und ?ber den Gesetzen und ihrer Beobachtung treue Wacht halten. Seiner Ansicht nach waren die Rechte der Allgemeinheit auf wirksame Weise nur zu wahren und zu sch?tzen, wenn jeder B?rger f?r sein Teil dazu half, dass jeder Verstoss, der zu seiner pers?nlichen Kenntnis kam, verhindert oder bestraft wurde.

>>Da muss man also den S?nder erst zur Anzeige bringen und dann den Vorgesetzten bitten, ihn nicht zu entlassen, sondern ihm nur einen t?chtigen R?ffel zu geben und ihn zu behalten?<<

>>Nein, so ist es nicht gemeint; Sie d?rfen ihn ?berhaupt nicht anzeigen, denn damit bringen Sie sein t?glich Brot in Gefahr. Sie k?nnten so tun, als ob Sie ihn anzeigen wollten -- wenn alles andre nichts hilft. Aber nur im ?ussersten Notfall. Das ist schon eine Art von Gewalt, und Gewalt taugt nicht. Diplomatie -- das hilft! Wenn nun jemand Takt besitzt -- wenn er Diplomatie anwendet ...<<

Seit zwei Minuten waren wir vor einem Telegraphenschalter gestanden, und die ganze Zeit ?ber hatte der Major sich bem?ht, die Aufmerksamkeit eines der jungen Beamten zu erregen; aber von denen hatte keiner Zeit, weil sie alle Maulaffen feil hielten. Schliesslich machte sich der Major bemerklich und bat einen von ihnen, ihm sein Telegramm abzunehmen. Er bekam zur Antwort:

>>Sie k?nnen wohl 'ne Minute warten, was?<<

Und der junge Mann sah wieder aus dem Fenster.

Der Major sagte ja, er h?tte es nicht so eilig. Dann schrieb er ein zweites Telegramm:

>>Pr?sident der Western Union Telegraph Company. Bitte, speisen Sie heute abend bei mir. Kann Ihnen etwas davon erz?hlen, wie in einem Ihrer Bureaus der Dienst gehandhabt wird.<<

Der junge Mann, der eben vorher so schnippisch geantwortet hatte, streckte die Hand aus und nahm das Telegramm; als er es las, wurde er ganz blass und begann sich zu entschuldigen. Er sagte, er w?rde seine Stellung verlieren, wenn dieses furchtbare Telegramm abginge, und vielleicht bek?me er keine andre wieder. Wenn es ihm nur noch diesmal so hinginge, so w?rde er in Zukunft keinen Anlass zur Klage mehr geben. Daraufhin wurde der Friede geschlossen.

Als wir weitergingen, sagte der Major:

>>Nun, sehen Sie, das war Diplomatie -- und Sie haben bemerkt, wie sie wirkte. Es h?tte gar keinen Zweck gehabt, L?rm zu machen, wie die Leute fortw?hrend tun -- der junge Mensch kann einem mit gleicher M?nze heimzahlen, und man zieht fast immer den k?rzeren dabei und ?rgert sich bloss ?ber sich selber. Aber, wie Sie gesehen haben, gegen Diplomatie kann er nichts machen. Freundliche Worte und Diplomatie -- das sind die Werkzeuge, mit denen man arbeiten muss.<<

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